Okkultismus und Mystik - Adolf Martin Oppel - E-Book

Okkultismus und Mystik E-Book

Adolf Martin Oppel

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

Yoga ist ein gewollter Akt, aber er ist Wollen und Wollensstille zugleich. Im Lautlosen stehen ist Meditation. Da öffnet sich dein Auge und sieht und dein Ohr und hört das Allwissen deines Gewissens, das das Herz der Erden und der Himmel weiß und dich selber. Wer nicht zu viele Aufschlüsse von sich fordert, sondern jeweils nur einen, der wird diesen erlangen, und vieles andere wird sich ihm aus dem einen ergeben. Dinge ganz weltlicher und vorübergehender Natur sind nicht wissenswert. Was wichtig ist, ist unsichtbar, ja den niederen Sinnen überhaupt unzugänglich. Gott ist das höchste Wissen. Aber nicht einmal über dieses Höchste hat der mehr zu fragen, der über sein jetziges Dasein hinaus will. Ein solcher hat sein Dasein erkannt. Wollte er alle Einzelheiten davon erkennen, so könnte er sich nie aus ihm befreien, denn es gibt ihrer unzählige, und bis er sie erschöpft hätte, gäbe es wieder neue. Aber nicht Weltflucht, sondern Wunschlosigkeit in der Welt ist die Staffel, von deren oberster Stufe aus man hinübersieht in eine andere Welt.

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Okkultismus und Mystik

 

 

 

A. M. O. (Adolf Martin Oppel)

 

Das ist der Stern der Weißen Bruderschaft

 

 

* * *

 

Verlag Heliakon

 

Titelbild: Pixabay (jedom)

Umschlaggestaltung: Verlag Heliakon

©2022 Verlag Heliakon

 

Vertrieb: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin

 

www.verlag-heliakon.de

[email protected]

 

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verfassers unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

 

Inhaltsverzeichnis

Titelseite

Einführung: Yoga

Teil I

1. Engel und Luzifer

2. Einmal Eins

3. Hochstapler Manas

4.a) Wissenstrieb und Neugier

4.b) »Meister«

5.a) Aus der Vogelschau

5.b) Zweierlei Magier

6. Der kürzeste Weg

7. Die Bürger zweier Welten

8. Das Zubringen des Mystikers

9. Hilf dir selber

10. Der Mensch in einer Sackgasse

11. Suchet den Weg

Teil II

1. Unter astralen Kollegen

2. Das größte Mysterium der Liebe

3. Die Machtsucht der ganzen Schöpfung

4. Der richtige Griff

5. Das Schicksal und Ende des Denkers

6. Daniel in der Löwengrube

7. Im Dienst des Allgemeinen

8. Reif zur Entscheidung

9. Instinktive Allwissenheit

10. Der Helfer in der Not

11.a) Das Wort »Wissender«

11.b) Ein Bedürfnis der Minderheit

11.c) Eingriffe ins göttliche Werden

Teil III

1. Selbstische und selbstlose Meister

2.a) Der beste Lehrer

2.b) Übergänge

3.a) Die Geheimnisse des Mystikers

3.b) Der Magier größter

3.c) Den Wesen in der Form zuliebe

3.d) Golgatha

4. Offensive und Defensive

5. Des Menschen uralte Weisheit

6. Schwarz im Aussterben

7. Ein vampirartiges Verhältnis

8. Hier gilt der Weiße für unfähig

9. Geheimschulen überflüssig

10. Der Sieg des Weißen

11. Das ist Buddha

Einführung: Yoga

 

Wer diese neue Welt sehen will,

muss seine Blicke auf sie richten, statt

rückwärts in seine seitherige Welt.

 

Yoga ist ein gewollter Akt, aber er ist Wollen und Wollensstille zugleich. Im Lautlosen stehen ist Meditation. Da öffnet sich dein Auge und sieht und dein Ohr und hört das Allwissen deines Gewissens, das das Herz der Erden und der Himmel weiß und dich selber.

Wer nicht zu viele Aufschlüsse von sich fordert, sondern jeweils nur einen, der wird diesen erlangen, und vieles andere wird sich ihm aus dem einen ergeben. Dinge ganz weltlicher und vorübergehender Natur sind nicht wissenswert. Was wichtig ist, ist unsichtbar, ja den niederen Sinnen überhaupt unzugänglich. Gott ist das höchste Wissen. Aber nicht einmal über dieses Höchste hat der mehr zu fragen, der über sein jetziges Dasein hinaus will. Ein solcher hat sein Dasein erkannt. Wollte er alle Einzelheiten davon erkennen, so könnte er sich nie aus ihm befreien, denn es gibt ihrer unzählige, und bis er sie erschöpft hätte, gäbe es wieder neue. Aber nicht Weltflucht, sondern Wunschlosigkeit in der Welt ist die Staffel, von deren oberster Stufe aus man hinübersieht in eine andere Welt.

Höhere Mächte, als die dem Wissenden seither schon bekannten, gibt es nicht. Alles, was über das ihm jetzt Erschienene hinaufreicht, hat andere Namen, als der Sprache zur Verfügung stehen. Der Mystiker weiß, dass es dort keine Macht und keine Mächte mehr gibt. Es kann dort nichts geben, als ihn. Wenn er hier schon alles war, als armer Mensch schon darauf kam, dass er alles Erschienene sei, und wenn er sich als Welt und als das All fühlte, wie könnte es dann in dem Zustand, den er als die Einheit erkannte, etwas anderes geben, als ihn? Seine Erkenntnisse dort müssen alles umfassen, was es dort gibt; und dort kann es nur geben, was es hier nicht gab, also nur etwas, was durch Worte schlechterdings nicht ausdrückbar ist, wofür es keine Namen, keine Begriffe gibt. Das Namenlose, das Unaussprechliche wird dieses Jenseits schon jetzt in den Ahnungsstadien, die der Ausfluss eines neuen Wissens sind, genannt.

Jeder suche in sich selbst, und er wird finden. Sein inneres Wesen öffnet sich ihm dann, und dieses ist Geist, reiner göttlicher Geist. Und dieser rein göttliche Geist ist er, ist jeder Mensch, ist die Menschheit, ist Tattwamasi. Alles Sonstige ist Maya.

Insofern aber Maya die Schöpfung des Menschen ist, ist diese auch Tattwamasi, ein erschaffenes Tattwamasi. In diese seine Schöpfung nahm der Mensch etwas von sich, dem Nicht-erschaffenen, mit. Während er, der Erschaffene, auch Maya ist, ist das, was er mit sich nahm, ein Stück Mitgift seines göttlichen Vaters, ein Angebinde, eine Morgengabe Gottes, die jedes erschaffene Wesen mit auf den Weg bekam, sein Wegweiser, das Licht auf den Pfad seiner Pilgerschaft, der Ariadnefaden, an dem es wieder ins Vaterhaus, zur Einheit zurückkehrt nach der langen Wanderschaft durch die Labyrinthe der Maya, der Vielheit.

Jeder, der will, kann lernen, die Heiligen der Erde, jene, die wissen, auszuholen. Er findet ihre Gefühle und das Wissen ihres Wesens offen vor, und ist er wissend genug, richtig zu deuten, so hat er das Recht, ihre Lehren in der Sprache seines Wesens als sein eigenes Wissen weiterzugeben. Dieses Wissen war in ihm schon vorhanden, und er hat jene nur als Spiegel benutzt, sich darin zu erkennen. Ihr Vorzug ist, dass sie eine durchaus staublose und zarte Spiegel fläche für Wiedergabe seines inneren Wissens sind,

— … Wir leben in der Demut. Wer so einfach lebt, wie wir, ohne alle äußeren Wünsche, ohne die Möglichkeit, sie zu befriedigen, abgeschieden von der Welt, der ist an und für sich demütig. Er fragt ja nichts nach dem, was der Alltagsmensch für wertvoll hält, nicht nach Hab und Gut, nicht nach Ruhm und Ehre. Auch erlangt unser Wissen überhaupt nur der, der sich die Demut schon erworben hat. Eitelkeit und Hoffart sind Eigenschaften des Fleisches. Wir aber leben im Geiste und suchen nur Wissen für den Geist. Unsere Einbildung kann also nur auf der Kenntnis und Wertschätzung der Wichtigkeit des göttlichen Wissens beruhen.

Dass wir ein Können erlangen, das ans Wunderbare grenzt und gerade von den gebildetsten Weltmenschen als etwas Unmögliches, also gar nicht Vorhandenes, sondern auf Täuschung Beruhendes verworfen wird, das erscheint uns zu Anfang, wenn sich dieses Können einstellt, auch als ein wunderbarer Vorgang. Erstrebt als solches, hat es keiner von uns. Wir hätten sonst die höchste Stufe, die wir jetzt betreten konnten, nicht erreichen können. Unser Geist wäre am Niederen hängen geblieben. Diese Gefahr droht keinem von uns, da wir überhaupt mit Bewusstsein nur göttliches Wissen anstreben ... —

Wenn der Mensch stets das Höchste, das er sich denken kann, anstrebt, so regt sich unfehlbar das Höchste, das Göttliche in ihm und erwacht. Er erkennt es dann auch alsbald als das Höchste.

Klopfet an, so wird euch aufgetan! Wollet! Jeder erreicht, was er will, nur muss er zuvor gelernt haben, zu wollen. Lernet wollen zu wollen! — das ist das Anklopfen. Man muss also anklopfen lernen wollen, und das lernt jeder, der es lernen will.

Teil I

1. Engel und Luzifer

 

Je nachdem wir ausschließlich

weiße Magier sind, oder uns von

der Lust an der schwarzen Magie

verlocken lassen, werden wir uns

schneller oder langsamer auf diese

Fragen Antwort gehen.

 

Nie kann etwas von einem magisch veranlagten menschlichen Wesen getan oder gedacht werden, ohne dass so und so viele andere Wesen im Astralen oder Physischen oder in beiden zusammen daran teilnehmen. Denkt ein magisch Veranlagter an Wesen aus seinem vergangenen Leben, so leben sie, denn sobald er intensiv an ein Wesen denkt, entsteht es irgendwo — nennen wir dieses irgendwo das Astrale —. Solche Wesen entstehen dann äußerlich und seelisch genau in der Form, wie er sie sich dachte. Haben sie auch den Zeitabschnitt, in den er sie dachte, schon überschritten — mögen sie nun überhaupt und in der von ihm gedachten Form noch auf Erden wallen oder nicht —, so überträgt er trotzdem seine Gedanken auf sie, und zwar im vorliegenden Fall auf sie im Astralreich, wo sie ewig zur Disposition gestellt sind.

Diese seine Einwirkung ist nun weder so schlimm, noch so gut, als man denken möchte, denn es leidet niemand darunter als er. Er rief die Larven, die an und für sich unkamisch sind, auf die Szene, er allein trägt deshalb das Karma dieser von ihm eingeleiteten Ereignisse.

Aber man kann auch noch weiter gehen, man kann, und zwar mit vollem Willen, alle derartigen Wesen tatsächlich beleben und beseelen. Veranlasst man solche Vorgänge nur triebhaft und hat man sie vorher nie in bewusstem Wollen eingeleitet, so bleiben die Wesen sozusagen unwirklich, steigert man aber seine magischen Kräfte, so werden die Wesen unter Umständen wirklich.

Solche Schöpfungen des magisch Veranlagten sind zunächst er selbst. Sie stehen gänzlich unter seinem Willen und verstehen und vollziehen seine leisesten Willensregungen. Obwohl sie da sind, sieht er sie doch nicht, wenn er mit seinen äußeren Augen nicht astral sehend ist. Er könnte sie nach entsprechender Übung so verdichten, dass er sie auch materiell sähe, aber bevor ihm dies gelänge, würde er sie astral sehen. Wer jedoch seine Gedankenschöpfungen astral sieht, den verlangt nicht mehr darnach, sie auch materiell zu sehen und um sich zu haben.

Nur der ganz schwarze und bewusst schwarz wollende Mensch und Magier möchte auch diese Kunst können. Er bedarf dieses Könnens, denn alle seine Lust spielt sich auf dem physischen Boden ab. Im Astralen kann er nicht personifizieren. Er hat die Geistkräfte im Physischen auszuüben gelernt. Danach verlangt ihn. Das Astrale spielt sich sonderbarerweise zum Teil unbewusst für ihn ab. Er braucht nichts davon zu wissen. Er hat physische Personen als Diener und Werkzeuge nötig. Sie zu beeinflussen ist darum auch sein Wunsch und sein Können. Aus dem Astralen holt er sich dazu die unpersonifizierten Kräfte. Diese Kräfte genügen ihm für alle seine Wünsche, die sich, wie gesagt, nur aufs Physische beziehen.

Der schwarze Magier möchte in erster Linie leben, in einem physischen Körper oder noch lieber in physischen Körpern. Nur wenn es ihm gelingt, alle seine Leidenschaften in einem ganz vorzüglichen physischen Körper und Werkzeug auszuüben, begnügen sich seine Wünsche mit diesem einen. Sonst zieht er sozusagen herum und genießt seine Freuden bald da bald dort, bald in diesem bald in jenem Körper.

Am Mord wäre er nicht so interessiert, aber er braucht Blut, sich zu erhalten, sich sein physisches Werkzeug zu erhalten und es möglichst dicht zu materialisieren. Er braucht den Dampf des Blutes, an den Gedanken des Mörders, des grausamen Wüstlings erfrischt er sich. Er braucht Kräfte, hier findet er sie. Ein sonderbares Dasein! Deshalb hält es auch so schwer, darauf zu kommen, was diese Figuren und Kräfte in der Schöpfung eigentlich sind und wollen.

Der Mensch hat auch diese Wesen und Wesenheiten erzeugt, denn es sind Abfälle seiner eigenen Lüste und Vergnügungen. Seine Liebe, sein Hass, alle seine Leidenschaften sind gemischt. Bei seiner sinnlichen Liebe ist ein gut Teil Eigenliebe. Diese schafft Gegenkräfte. Sinnliche Liebe und ihr Genuss hat stets mindestens ein Teil Grausamkeit, Hass, selbst der fürchterlichste, ist generell verwandt mit der rein sinnlichen Liebe.

Deshalb ist es ein Gesetz, dass der Weiße erst zu magischen Kräften gelangt, wenn er alles Sinnliche erkannt und abgelegt hat. Eben dadurch ist er rein weiß geworden. Er muss wissen, dass alles Sinnliche, selbst die reinsten, dem Gemüt und den Sinnen zu Gebot stehenden Gefühle und Empfindungen, stets auch einen Teil von der Gegenkraft einschließt und mit in Szene setzt. Allerdings tritt beim reinweißen Chela das instinktive Ablehnen alles Sinnlichen schon ein, ehe er sich dessen ganz bewusst wird und ehe er die Gründe erkennt, warum es so sein muss. Hernach erst kommt er zum vollen Bewusstsein des gesetzmäßigen Zusammenhangs und damit auch aller Einzelheiten.

Der schwarze Magier hat eine ungeheure Willenskraft. Er richtet sie auch meist auf ganz wenig Ziele. Darunter ist das Dasein fast immer sein höchster Zweck. Er spürt eben, dass es zu Ende mit ihm ist, wenn er nicht mehr da ist. Er geht nicht über ins Astrale als ein Ich, das mehr oder weniger bewusst weiterexistiert. Gerade das weiterlebende Ich besitzt er nicht und vermisst er instinktiv. Er kennt nur das persönliche Ich, das er in Beschlag genommen hat und durch das er sein Bewusstsein und seine Genussfähigkeit, sein Lebensgefühl bekommt. Er strebt also gewöhnlich auch nur oder in erster Linie dieses leben an. Leben will er. Die Freuden, die ihm das Leben bringt, sind ihm im Einzelnen nicht so bewusst, als die Freude, überhaupt da zu sein. Er ist demnach der richtige Wille zum Leben, zum Dasein auf dem Boden der materiellen niederen Erscheinungswelt. Vielleicht ist allein er der reine Daseinswille gewesen, der auch den Weißen verleitete, da sein zu wollen. Er, nicht der Weiße, war lüstern nach dem Genuss des Daseins in der Materie. Die weißen Engel waren zufrieden mit dem, was sie hatten. Die Luzifers wollten in die Materie. Ihr Wissenshunger verlockte sie dazu, und insofern war der schwarze Magier zu Anfang nicht zu tadeln. Zuerst trieb ihn reiner Wissenshunger. Erst nach und nach, und zwar erst in der Materie, suchte, fand und erschuf er sich spezielle Wünsche und Genüsse, die nun der Weiße mit ihm teilen muss und teilen musste, seit es materielle Wesen gibt.

Aber inwiefern kam der Weiße auch auf den Gedanken, herunterzusteigen? — Der Weiße konnte auf seiner damaligen Stufe nicht ohne das Schwarze sein.

Zuerst war unsere Welt der Erscheinung nicht weiß, sondern schwarz. Die Schöpfung war ursprünglich nicht gut, sondern böse. Erst nachdem der Hass geschaffen war und nun seinerseits schuf, konnte es Liebe geben. Dann erst hatte die Liebe etwas zu lieben, vorher nicht. Denn die Liebe kann nicht wieder sich, die Liebe, lieben, wo es sich um die Materie handelt. Sie ist nur existenzfähig, wenn sie liebt, den Hass, das Hassenswerte liebt.

Wäre es nicht so, so wäre unsere materielle Welt stets hassenswert geblieben. Nun aber war der Hass von Anbeginn an vermischt mit Liebe, und schließlich blieb die Liebe Siegerin, denn sie war eine größere Kraft, als der Hass. Der Hass kann nicht selbstständig schaffen. Er war da; der Schöpfungswille zeigte sich auf dieser ersten Stufe als das, was wir Hass nennen, und wurde erst nach und nach zu dem, was wir heute als Liebe kennen. Äonen über Äonen war die Liebe das, was die Menschen heute unter Hass verstehen. Der Schöpfungswille war bei seinem ersten Auftreten etwas Furchtbares, Zerstörerisches. Fürchterliche Kräfte tobten im All, bis etwas da war. Man kann die ersten Kräfte, die aus dem Nichts, aus der Finsternis, aus der Öde und Wüste ein Etwas machten, nur insofern Liebe nennen, als diese Kräfte der Schöpfungswille waren, und als wir dasjenige Liebe nennen, was schafft und das Geschaffene erhält.

Aber bis der Mensch das Wort Liebe in seiner heutigen Bedeutung erkennen konnte, bis etwas so Feines aus dem fürchterlichen Durcheinanderwüten der Elemente, die Leben und Bewegung waren, entstand und sich herausbildete, wie es heute die liebenden Gefühle, die Gefühle eines liebenden menschlichen Ichs sind, — welche Dramen dämonischen und zyklopischen Gefüges mussten sich da zuvor abgespielt haben im All!

Und das, was sich da abspielte, war der Mensch, die Urkraft, der Mensch von damals, der den Anfang der Kraft handhabte, die er heute Fantasie nennt, und die heute noch ebenso die Unterlage seiner weiteren Schöpfung ist. Wir waren dieses Ich, diese Fantasie, die in wildem, lobendem Drauflosfantasieren die Schöpfungsfeuer und Schöpfungsnebel erfand. Die Fantasie, wir, war damals die Kraft, die in bestimmten, klangformenähnlichen Rhythmen Bewegung veranlasste.

Aber es wird zuzugeben sein, dass diese Bewegung damals bloß Dinge zusammenzuschieben und zu materialisieren wusste, die heute vom Menschen als Vernichtung und als vernichtende Kräfte gedeutet werden müssen. Damals war demnach das, was wir heute Vernichtung und Raserei und Tobsucht nennen, das Schaffende; und das, was wir heute als die Furien des Hasses schildern würden, war damals die Liebe, der Schöpfungswille und der Trieb des Erhaltens.

Und aus dieser Hölle, die alles, was der Mensch heute kennt und sich denken kann, vernichten und zerschmettern würde, wurde all das, was wir heute als die Schöpfung kennen: dieser Mischmasch von Erhaltung und Vernichtung, dieses Gewirr von Hass und Liebe, das uns mit der Leidenschaft erfüllt fürs Schöne und fürs Hässliche, mit dem Trieb der Erhaltung und Zerstörung, mit den heißesten Wünschen, zu genießen, und mit den höllischsten Schmerzen im Genuss.

Soweit man das schildern kann, und die Menschen es heute wissen und erkennen können, mag das Gesagte auch seine Richtigkeit haben, es wird ein ganz zutreffendes Bild der Entstehung der Maya sein, unserer Maya. Man kann also in der Tat diese unsere Schöpfung auf obige Weise schildern. Man kann sie aber auch wissenschaftlich in ihren Einzelheiten erforschen. Hiezu benützte die überwiegende Mehrzahl der Menschen immer wieder nur ihre erschaffenen Sinne der Maya, die nach und nach in ihnen entstanden, so wie sie eben die Luzifers, die nach Wissen und Erkennen schmachteten, herausbrachten mithilfe des großartigen, uns großartig erscheinenden Apparats, den sie sich unter dem wahnsinnigen Lärm und Kampf der Elemente nach und nach erschufen und herausbildeten.

Aber einige wenige unter uns sind jetzt bereits so weit, dass sie das Feinste, das unsere Schöpfung aufweist, herausfinden. Sie fangen an, zu erkennen, was unsere damalige Fantasie als Kraft war und vermochte, und was für Hilfsmittel sie hat, wenn sie heute tätig ist.

Diese wenigen sind heute noch die Luzifers. Die Engel, die Weißen, die den Luzifers in die Materie folgten beim Herabsteigen der erkenntnisdurstigen Wesenheiten und die in der Schöpfung der Luzifers stets bestrebt waren, unschöpferisch in der Materie, unegoistisch, weiß, ohne sündige, schwarze Wünsche zu bleiben, sind auch heute noch die Engel. Wie damals, als sie sich mit den Luzifers vermischten, so ist es auch heute noch; auch heute noch sind sie mit den Luzifers vermischt, da sie stets den Hass, also auch die schöpferischen Luzifers liebten und deren Schöpfung. Sie wurden allein von liebender Sehnsucht verleitet, das fürchterliche Tun, das damals die Liebe zur Erkenntnis in ihrem schöpferischen Wollen und Suchen begann, zu teilen. Sie blieben stets, was sie waren, nur waren damals die Luzifers die Anführer, jetzt führen die guten Engel zusammen mit den belehrten und besiegten Luzifers wieder aus der Schöpfung und der Materie hinaus und zurück in den Zustand, den sie und die andern ehedem verlassen haben.

Und das waren und sind wir. In der Hitze des Gefechts und des Wollens hat der Mensch mit solcher Hingebung an den ihm noch unbekannten Zielen gearbeitet, dass er sich seiner Absichten und Ziele erst bewusst werden konnte, nachdem seine Wünsche ihr Ziel erreicht hatten, nämlich die Möglichkeit, sein Tun und sich zu erkennen, sich zu erkennen auf dem Gipfel seiner heutigen Erkenntnis als Tattwamasi.

Dass wir es wirklich so gemacht haben, und dass hier die richtigen Vorgänge geschildert sind, darüber kann kein Zweifel sein, wenn wir von unserer Welt der Erscheinung ausgehen. Denn so ist sie wahrlich erschienen, und so scheint sie uns.

Aber mit derselben Erkenntnis erkennen wir auch das Trügerische an der Sache. Unsere Sinne, die wir uns als Erkenntnismittel erschaffen haben, stehen in leicht ersichtlichem Zusammenhang mit dem Erschaffenen, und das Erschaffene hängt zusammen mit unseren Sinnen. Eines ist ohne das andere nicht denkbar. So weit haben wir etwas Objektives. Reales vor uns. Jedoch dahinter steht das wirklich Reale: wir. Und insofern ist das von uns und unseren Sinnen Erschaffene eben das Trügerische, die Maya. Dahinter stehen wir ohne unsere Sinne, wir, die Schöpfer unserer Sinne.

Ob wir nun imstande sind, von dem errungenen Erfolg aus unsere Erkenntnismittel als das Ding an sich von uns, den Erschaffenen, herauszubilden, davon scheinen noch wenige von uns, die wir auf Erden wandeln, eine Gewissheit zu haben. Werden wir bald unser Selbstbewusstsein über die Maya hinaus ausdehnen können auf die Nichtmaya, die wir auch sind, weil wir sie waren, ehe wir die Maya zu erschaffen anfingen? Wer von uns ist schon so weit, dass er es kann? Für diejenigen, die sich in ihrer Welt von Liebe und Hass genug abgeplagt und vergnügt haben, sind das herrliche Fragen. Und wenn es wahr ist, was wir ahnen, dass jede Frage schon ein Ahnen der Antwort oder der Möglichkeit einer richtigen Antwort in sich schließt, so sind diese Fragen auch nicht so hoffnungslos, wie sie den gebildetsten Mayamenschen. den Männern exakter Wissenschaft, erscheinen.

Dass aber die Antwort auf diese Fragen nicht mit den Augen des Erschaffenen erspäht, sondern mit den Augen dessen erkannt wird, der erschuf, und dass diese beiden etwas gänzlich Verschiedenes sind, das fand zuerst der Mystiker heraus, derjenige Wissenschafter, der sich in dem Gebiete des Schöpfers zu Hause zu fühlen angefangen hat. Wollen wir also diese Themen weiterführen, so schicken wir den Mystiker in uns voran, ob wir nun im übrigen in der Maya Typen der Wissenschaft oder Laien sind.

Magier sind wir alle. Je nachdem wir ausschließlich weiße Magier sind oder uns von der Lust an der schwarze Magie verlocken lassen, werden wir uns schneller oder langsamer auf diese Fragen Antwort geben. Luzifers sind wir auch alle. Aus dieser Erkenntnis leiteten wir das Tattwamasi ab, oder umgekehrt: wir wurden das Tattwamasi und fanden als solches diese Erkenntnis.

2. Einmal Eins

 

Das wird wohl der freie Wille sein!

 

In sieben Zahlen musst du reden lernen, sie müssen dein ganzer Besitz sein. Dann kannst du die Zukunft erschauen und die Gegenwart und Vergangenheit erkennen.

Eins ist dein Gott, ihn brauchst du notwendig. Zwei bist du; ohne dich wärest du nicht und wäre nichts — für dich. Drei seid ihr beide zusammen: die Allmacht. Die weiteren vier Zahlen sind eure Schöpfungen, das Niedere. Aus ihnen muss also die Schöpfung, alle und jede Schöpfung bestehen, außer du würdest nur dich erschaffen. Würdest du nur dich erschaffen, so erschufest du nur Gott — kein Hindernis, keinen Nichtgott.

Nun rechnet aber Gott nicht mit Zahlen. Er ist und bleibt die Zahl, die Zahl Eins. Nur weil der Mensch der Gott und auch der Mensch ist, braucht er die Zwei, ist er sie. Und weil er ohne Gott nicht wäre, braucht er noch die Drei. Das ist seine ganze Sprache, das ist sein Ein und sein Alles, denn alles Weitere ist darin enthalten. Erst als er die Drei zu brauchen glaubte und sie außer sich verlegte, verfiel Gott und der Menschengott der Täuschung, noch mehr Zahlen zu benötigen. Waren einmal die Erde und die Erden und die tote und die lebendige Wesenheit außer den Menschen verlegt, so gab es sehr schnell zum kleinen Einmaleins hin auch das große Einmaleins der Menschen.

Das kleine Einmaleins ist der Menschensohn.

Das große Einmaleins ist die Vielheit, sind die Menschen mit allem, was sie für sich erschufen.

Das große Einmaleins ist völlig die Grundschöpfung des vielheitsbedürftigen Menschenkinds.

Ehe dies geschah, war die Erde wüst und leer. Natürlich; ohne Einmaleins seid ihr nicht da, ihr, das Einmaleins, die Wesen, die etwas empfinden und wissen.

Wie hoch musste das Gehirn schon stehen, das solches kombinieren, in Zahlenbildern ausdrücken und in solchen Gedankenformeln sich und seine Kräfte zum ersten Mal an seine Person mitteilen konnte! Es musste im Großen und Ganzen schon so hoch entwickelt gewesen sein, wie ein Heutiges.

War es aber das Gehirn, das die erste Mitteilung von derartiger Weisheit und derartigem Wissen an seinen Besitzer vermittelte? — Schwerlich, obschon heute die Menschen davon ausgehen, dass sie ihr Wissen auf dem Gehirnweg allein mitteilen können. Was dem Menschen zum ersten Male solche Mitteilungen machte, kann gar kein Gehirn heutiger Art gewesen sein. Eines seiner Organe muss es gewesen sein, wenn der Satz Geltung behalten soll, dass der Schöpfer seine Schöpfung erschaffen hat, und dass nur er — die Eins, Zwei, Drei — davon wissen konnte, und dass niemand und nichts sonst als er dem Menschen und seiner Schöpfung Mitteilung von etwas machen kann, — dass allein der Mensch sich selber etwas Ungewusstes mitteilen kann.

Hier sagen wir nun mit Recht, es habe gar nie etwas Ungewusstes gegeben, der Mensch sei Allwissenheit. Er muss alles wissen. Eine andere Allwissenheit kann es logisch und in Wirklichkeit nicht geben. Außer im Einmaleins gibt es keine Zahlen, außer im Menschen gibt es überhaupt nichts. Gott und seine Allwissenheit und seine Allmacht ist zugleich der Mensch, sind wir, bist du — tat twam asi!

Allgüte. Allweisheit. Allliebe sind Begriffe der späteren Schöpfung, Begriffe der Kritik. Der Mensch schuf und hernach kritisierte und prüfte er das Erschaffene. Gott prüft nicht, er erschafft. Und das nannte der Mensch Allmacht, so nannte es das Gehirn. Gott gab keine Namen, soweit sie Begriffe des Gehirns sind. Aber erschaffen ins Dasein, in unsere Wirklichkeit, konnte Gott auch nicht, das taten wir als die Drei.

Als Gott schuf, machte er es dabei, wie es heute noch die Magier machen. Der vollendete Magier tut nie etwas selber. Er ist die Kraft, die andern Kräften den Anstoß gibt, das und das auszuwirken. Das heißt, er gibt derjenigen Kraft, die gerade das auswirkt, was er auswirken lassen will, den Anstoß, nunmehr nach seinem Sinn zu wirken.

Allmächtig musste hiezu Gott gewesen sein, denn sonst hätte es Kräfte gegeben, die er nicht hätte aufrufen können, also stärkere Kräfte als er. Aber allwissend in unserem Sinn hatte er nicht nötig zu sein. Er hatte nicht nötig, im Sinne unseres Gehirnwissens zu wissen, was er erschaffen wollte, auch nicht nötig, zu prüfen, was er erschuf. Er erschuf noch blind. Er regte bloß die Kraft an. Und hieraus finden wir, dass die Eins an und für sich nur Kraft, nur Allmacht, und erst die Drei auch Allwissenheit nötig hatte. Braucht nun Gott zu seiner Allwissenheit uns, so zeigt das, dass es überhaupt keinen Gott außer uns oder ohne uns gibt, dass es eher noch uns ohne Gott außer uns geben könnte, insofern Gott nicht wir wäre, sondern wir Gott ohne ihn sein könnten, also wir der absolute Gott wären und — sind.

Das Wissen Gottes äußert sich durch uns. Es äußert sich als die Kraft, die wir Fantasie nennen und die wir sind. Wissen in unserm heutigen Sinn, Selbstbewusstsein, brauchten wir zur Schöpfung nicht. Aber das Wissen als Fantasie, die richtige Eigenschaft eines Schöpfers, musste Gott, mussten wir haben. Gott war in einem gewissen Stadium — zeitlich und räumlich gesprochen — nur Fantasie, und da Fantasie eine Eigenschaft von uns ist, war er in einem gewissen Stadium nur wir.

Die Allliebe, Allweisheit brauchte er streng genommen in diesem Stadium noch nicht, außer diese Begriffe wären schon in der Fantasie mit eingeschlossen. Werden sie aber auseinandergehalten, so muss sich obiges Resultat ergeben. Die Fantasie kann eine reine Kraft sein. Allweisheit usw., sind auch schon kritische Kräfte und Eigenschaften. Gott hatte keine Eigenschaft nötig, sondern nur eine Kraft zu Beginn seines Schaffens. Eigenschaften hat dann erst das Erschaffene, haben erst wir ihm beigelegt.

Deshalb ahnten wir, ohne es schon logisch beweisen zu können, dass wir an die Spitze des Systems eine Eins setzen müssen. Diese Eins nannten wir Gott und definierten wir als Geist. Geist aber bedarf schon wieder einer Definition, und so griffen die ersten Wissenden zur Zahl. Eine Zahl braucht keine Gehirndefinition, sie braucht höchstens das, was wir ahnendes Wissen nennen. Ahnen und ahnend handeln oder wirken, ohne im Gehirn davon zu wissen, können wir recht gut, oder vielmehr hat Ahnen mit dem Gehirnwissen gar nichts zu tun. Denn dass wir uns dann von dem Inhalt des Geahnten und ahnend Ausgewirkten Mitteilung machen, ist entschieden etwas Sekundäres. Es ist auch nicht etwas Notwendiges, denn das erstere lässt sich ganz gut ohne das letztere ausführen.

Als welch empfindlicher Abbruch, den wir uns an unserm Gottsein taten, erscheint es uns da zunächst, dass wir uns das Gehirn erschufen und auf seine Weise wissen wollten. Als wie großartig ahnen auch wir das Gottsein ohne denkendes Wissen, ohne Verantwortung und Kritik, gegenüber der unsäglichen Schwierigkeit, die uns das Denken auferlegt. Und daher unsre Ehrfurcht vor Gott.

Dass wir heute Atheisten werden und diese Ehrfurcht sogar unter den größten Unbehaglichkeiten und Gewissensbissen abzustreifen versuchen, kann als Beweis dienen, dass es mit dem Denken doch eine eigene, recht ernste Bewandtnis haben muss, Verfahren wir dabei nicht zu eigenmächtig und beschränkt, so weist uns das Denken zugleich ganz vortreffliche Eigenschaften auf. Es führt uns nämlich nicht sowohl auf uns, die Denker, sondern stetig zurück auf uns, den Gott. Wenigstens weigert es sich nie, mit uns diesen Pfad einzuschlagen, außer wir knechteten es.

Merken wir diesen Sachverhalt, so heißen wir Manas zwar einen geriebenen Verführer, meinen aber damit schon nicht mehr das Denken, sondern uns, die Denker. Wir haben uns dann als die Maya erkannt, als die Schöpfer des großen und kleinen Einmaleins, und erkennen uns dann auch notwendig als die Eins, Zwei, Drei. So weit gekommen sind wir beides und alle Zahlen. Wir sind dann alles in allem und sind vom Wahn befreit. Wir haben freien Willen erlangt und haben eingesehen, dass wir der Wille waren, und dass niemand je etwas gewollt hat, als wir. Das wird wohl der freie Wille sein, und mit dieser Definition des freien Willens können wir beide, wir und der Denker, uns zufrieden erklären, wir als Mystiker, und wir als die Denker und Wissenschafter.

3. Hochstapler Manas

 

Lasst also ruhig und sorgfältig

euer niederes Mauas in eurer alten

Schöpfung zurück.

 

Dem, was wirkt, habt ihr den Namen Kraft gegeben. Alles ist Kraft, was zu wirken, etwas zu bewirken, zu veranlassen imstande ist. Alles, was veranlasst wurde, das wirkt, bewirkt, veranlasst auch seinerseits: ist auch eine Kraft. Alles ist Kraft, alles wirkt, es gibt nichts, das nicht Veranlassung gäbe, nicht Kraft wäre. Euer Reich, so weit, so groß, so unermesslich es sein mag oder euch erscheint, ist also das Kräftereich.

Wo das Kräftereich, wo die Kraft durch eine Kraft zum Selbstbewusstsein gebracht wird, da ist der Mittelpunkt eures Reichs, des Kräftereichs. Diese Kapitale, die Wohnstätte der Kraft, die Kraft selber seid ihr. Ihr seid die Kraft, die zum Selbstbewusstsein gelangt ist durch euch. Ihr seid sie, wenn ihr zum Selbstbewusstsein hievon gelangt seid.

Ihr seid sie auch, ehe ihr zum Selbstbewusstsein hievon gelangt seid. Aber ehe dies von euch vollbracht wurde, seid ihr noch kein Ich, ist die Kraft noch kein Ich. Das ist noch ein halber Zustand. Der letzte Schritt, der in eurer seitherigen Wissensreihe zu tun ist, besteht darin, dieses Ich zu erwerben und zu werden.

Habt ihr es, hat es einer von euch erworben, ist er es geworden, so ist er mit seinem Ich bereits aus diesem seinem seitherigen Reich ausgezogen. Kommt er noch glücklich durchs Tote Meer, so erwacht er zu einem neuen Leben im jenseitigen Leben. Dort kommt er an als selbstbewusstes Ich, als sich bewusste Kraft. Er kann dann von Neuem schaffen. Seine alte Schöpfung wird er nicht wiederholen. Dazu hat er keine Lust. Er wird also eine neue Schöpfung schaffen.

Muss er dies? Etwa um zu leben, irgendwo zu leben? — Doch nicht. Denn um zu leben, kann er in seiner alten Schöpfung als körperloses Ich leben und wirken. Zu schaffen braucht er nicht, wenn er nicht will. Er ist als Kraft selbstbewusst und braucht nicht als Kraft zu schaffen. Aber wirken muss er als Kraft. Er kann also leben und andere Kräfte zu bestimmten Wirkungen veranlassen und dies wissen, sich seines Zustands und Wirkens bewusst sein, selbstbewusst sein. Er ist dann geistige Individualität in seiner seitherigen Schöpfung. Er ist so etwas wie das, was er seither Gott nannte. Nichts ist geschehen, was er nicht veranlasst hätte als Kraft in seinem Kräftereich, nichts geschieht, was er nicht mitbewirkt.

Aber er wirkt jetzt bewusst nichts Böses mehr. Er kennt das Gute und das Böse und wirkt bewusst als Ich, als die selbstbewusste Kraft nur noch das Gute. Er beweist damit, dass sein Begriff von Gott, den er erfunden und erschaut hatte, ganz richtig war, und dass Gott wirklich war und ist und sein wird, solange als etwas ist. Er kann jetzt bewusst sagen: solange als etwas da ist und solange als etwas ist. Das ist seine Errungenschaft, die Errungenschaft seines philosophischen Systems, seiner Theosophie. Sein Gott und dessen Allmacht und Liebe und Ewigkeit haben sich bewahrheitet.

Seine Allwissenheit und Allweisheit aber scheinen sich noch nicht bewährt zu haben, denn seine Frage: warum dies alles? Hat noch keine befriedigende Antwort erhalten in seinem Kräftereich, das hinter ihm liegt, im Reich der Maya.

Nun kann er aber als selbstbewusster Gott keines seiner Attribute entbehren und will es auch nicht. Deshalb muss er weiterschaffen ein neues Reich, eine Schöpfung, wo er gleich von Anfang an die Lösung seiner Frage anbahnt. Er könnte auch noch aus andern Gründen neu schaffen wollen. Andere Gründe aber weiß er nicht. Er liebt seine alte Schöpfung, weil Gottes Hand sie erschaffen hat und sie leiten und zum Guten führen muss, soweit noch andere Wesen darin sind, die noch nicht entfliehen können und noch leiden. Jedoch er selbst fühlt keinen andern Wunsch mehr, darin weiterzuleben, er gibt sich keine sonstige Veranlassung mehr, es zu wünschen.

Aber sein Wissensdurst ist noch der alte. Er weiß und fühlt sich potenziell allwissend, zur Allwissenheit berechtigt und dafür ausgestattet; aber er ist noch nicht allwissend. Kama hat er abgestreift. Aber er will Gott sein, der Gott, den er sich allwissend und allweise gedacht hat.

Um diese Perlen für seine Krone zu erringen, schafft er weiter, ein neues Reich. Er nannte es das Reich des Seins im Gegensatz zum Reich des Handelns. Was er sucht, muss in diesem Reiche sein. Zu wissen, gehört schon ins Reich des Seins, um so mehr, allwissend zu sein. Ein von allen Hüllen freies Ich hat er sich erworben und das Selbstbewusstsein als dieses Ich. Seine seitherigen Errungenschaften und Attribute kennt er. Seine Schöpferkraft hat er erprobt und bewiesen. Nach ihr hat er sich Schöpfer. Gott genannt.

Das Problem ist damit aufgeworfen und auch schon nach allen Seiten abgerundet. Er weiß viel und ist nicht mehr der verzweifelte Mensch von ehedem. Auch sein Zeitbegriff, den er in solchen Betrachtungen weglegt, stört ihn nicht mehr. Voll Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen verlangt er nach keiner Hilfe von außen. Er fährt im Triumphwagen dieser Eigenschaften in sein neues Reich. Sein Geist hat Flügel. Er ist nicht mehr der arme Ikarus. Ihn schädigt seine Sonne nicht, überhaupt nichts mehr von seinem alten Reich, seiner alten Schöpfung.

Nun legt er die Krone nieder. Er betritt sein neues Reich zwar als Gott, als Schöpfer, aber als noch ungekrönter. Das klingt märchenhaft, aber was sich da vollzieht, ist auch ein Märchen. Es ist eurer Fantasie, eurer Intuition entsprungen und noch kein greifbar vorhandenes Tatsachenmaterial. Dieses muss erst geschaffen werden. Soll sich eure Intuition bewahrheiten, so braucht ihr dafür Beweise aus Tatsachen.

So sagt ihr in euerm alten Reich, und mit solchen Ideen muss nun der Schöpfer darangehen, sein neues Reich zu schaffen!

Vor allem hat er zu vergessen. Da er aber tatsächlich allwissend werden will, darf er auch wieder nicht vergessen. Er legt deshalb zuvörderst seine Krone weg, das heißt alles, was seither sein Stolz war. Sein Zepter allein behält er. Die Krone braucht er nicht zur Neuschöpfung, wohl aber das Zepter, nicht als Zeichen, sondern als wirklichen Zauberstab seiner Allmacht. —

Und nun schließen wir diesen Rückblick, der gezeigt hat, wie töricht ihr selbst in dem Stadium, wo ihr schon eure Allmacht kennt und spürt, immer noch meint, ihr seiet nicht allwissend. Ihr habt, Maya hat euch die Mittel eurer Philosophie so zugestutzt, damit ihr euch alles damit erläutern und weismachen könnt. Euer niederes Manas ist ein Hochstapler, ein schlauer Gehilfe der Firma Maya. Spielend macht es euch weis, dass ihr es gar nicht seiet, auf die sich die von euch erfundenen und seit ewig her ausgeübten Attribute beziehen.

Aber ihr habt diesen in allen Ränken kundigen Kameraden nötig, euch von ihm dem höheren Manas zuführen zu lassen und auch dieses in euer Reich zu ziehen. Euer höheres Manas ist dem niederen gewachsen, Das niedere ist der Mensch, der noch nicht allwissend usw. ist. Das höhere ist allwissend und war es immer. Jetzt spricht es darein. Es erklärt, das Wesen, das sich neue Welten, beliebige und beliebig viele schaffen kann, müsse alles wissen, müsse allwissend sein.

Selbstverständlich! Ihr müsst alles wissen, müsst allwissend sein. Lasst also ruhig und sorgfältig euer niederes Manas in eurer alten Schöpfung zurück und alles, was darum und daran hängt, so namentlich auch seinen Zeitbegriff, und erschafft das Zukünftige mit euerm uneigennützigen, allwissenden und allweisen höheren Manas.

Da es uneigennützig ist, könnt ihr es euer Herz nennen. In der früheren Schöpfung war das Herz Wille, rücksichtsloses, alleiniges Wollen. Jetzt ist es Wollen des gereinigten buddhischen Prinzips geworden, euch vermittelt durch den höheren Denker, euer höheres Manas. Und zur Ausführung dieser Pläne braucht ihr die Geistallmacht Atmas. — In dieser Dreiheit heißt es jetzt kämpfen und siegen.

4.a) Wissenstrieb und Neugier

 

Anden, der, der das Gesetz befragt.

 

Von ihren astralen Formen aus gäben die Menschen alles her, was sie besitzen. Trotzdem muss das Begehrte bei ihnen geholt werden, denn sie selber ahnen nicht, was die andern von ihnen wissen möchten.

Bist du schwankend und unentschlossen, wenn du diesen Schritt vorhast, so führt dein Instinkt für dich die Entscheidung herbei. Er ist dein Gewissen. Je höher du es stellst, desto gewissenhafter ist es.

Allwissend ist es nicht, es wächst erst mit dir zur Allwissenheit hinauf. Soviel du von ihm weißt, so viel weiß es von sich — durch dich. Verantwortung und Tat fallen demnach dir zu. Schwankst du, so schwankt dein ganzes Wesen; willst du bewusst, so schwankt nichts, und dein Wille geschieht. Dein Schwanken rührt davon her, dass auch du nicht allwissend bist.