Öl im Getriebe - Christina Neth - E-Book

Öl im Getriebe E-Book

Christina Neth

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Beschreibung

»Öl im Getriebe« möchte Führungskräften in der Arbeitswelt dabei helfen, ihren Führungsstil zu verbessern und ihre Mitarbeiter zu motivieren. Das Buch fasst langjähriges Praxiswissen thematisch zusammen, gibt konkrete Ratschläge für den Arbeitsalltag und veranschaulicht sie anhand zahlreicher Beispiele.

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Seitenzahl: 275

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Zu diesem Buch

»Öl im Getriebe« möchte Führungskräften in der Arbeitswelt dabei helfen, ihren Führungsstil zu verbessern. Es fasst langjähriges Praxiswissen thematisch zusammen, gibt konkrete Empfehlungen für den Arbeitsalltag und illustriert sie anhand zahlreicher Beispiele.

Über die Autorin

Christina Neth, Übersetzerin mit Zusatzausbildung im Bereich Multimedia, war bereits in verschiedenen mittelständischen Unternehmen in Deutschland im Marketing tätig. Auch in dem von ihr übersetzten Roman »Norden und Süden« von Elizabeth Gaskell spielt das Verhältnis zwischen Führungskräften und Angestellten eine wichtige Rolle.

Für meine Eltern,

von denen ich schon früh lernte,

wie wichtig Konsens und Kooperation sind.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Die Führungsrolle: Rolle vorwärts oder Rolle rückwärts?

Führen versus Arbeiten

3.1 Die geheimen Hobbys

3.2 L'État, c'est moi?

Beziehungsweise

4.1 Bescheidenheit ist eine Zier

4.2 Soziale Plattformen – soziale Plattitüden

4.3 Sie oder Du?

4.4 Locker vom Hocker?

4.5 Neue Besen kehren gut?

4.6 Kooperation

Aufgaben verteilen

Ressourcen bereitstellen

Projekte managen

7.1 Goldene Regeln für das Projektmanagement

7.2 Praxisbeispiel: Späte Nachbesetzung in einem Großprojekt

7.3 Praxisbeispiel: Wer A sagt, muss auch B sagen

7.4 Praxisbeispiel: Ich bin dann mal weg

Hochgesteckte Ziele

Das Grundprinzip

9.1 Gut oder schlecht?

Respekt

10.1 Kinderarbeit?

10.2 Ansprechen

10.3 Geben und Nehmen

10.4 Hey, Alter!

10.5 Willkürherrscher sterben einsam

10.6 Diskretion

Höflichkeit allgemein

11.1 Die Ausnahme bestätigt die Regel

11.2 Was ist üblich?

11.3 Sinn und Zweck der Höflichkeit

Meetings und Termine

12.1 Der zeitliche Aspekt

12.2 Besprechungsteilnehmer

12.3 Meetings ankündigen

Mittagspause

Urlaub

14.1 Die gesetzlichen Regelungen bezüglich des Urlaubs

Gehaltsverhandlungen und Mitarbeitergespräche

Stellenangebote

Bewerbungsgespräche

Neue Mitarbeiter

18.1 Einarbeitung

18.2 Beurteilung neuer Mitarbeiter

18.3 Zeitarbeiter

18.4 Praktikanten

Erweiterungen

Missstände angehen

Tadel

21.1 Methoden

Kündigung

22.1 Kündigung durch den Mitarbeiter

22.2 Kündigung durch die Firma

22.3 Sag beim Abschied leise Servus...

Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser

Motivation wirkt Wunder

24.1 Was treibt uns an?

24.2 Warum sollten Sie motivieren?

24.3 Wie können Sie motivieren?

Betriebsveranstaltungen

25.1 Professionell sein heißt objektiv sein

25.2 Nennt das Runde rund und das Eckige eckig!

Interne Kommunikation

26.1 Kommunikationswege

26.2 Netiquette

26.3 Springen Sie nicht im Dreieck!

26.4 Stiefkinder?

26.5 Bitte um ein persönliches Gespräch

26.6 Meldung von Störungen

26.7 Stehen Sie Rede und Antwort!

26.8 Die Kirschen in Nachbars Garten

26.9 Bitte keine Boten köpfen!

Kommunikation nach außen

27.1 Geschlossene Reihen

27.2 Keine Widerrede!

27.3 Wofür werben wir?

27.4 Wie außen so innen

27.5 Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas!

Weiterbildung

Arbeitsplatzgestaltung

Strategien, die Sie weiterbringen

30.1 Persönliche Arbeitsweise

30.2 Gute Charaktereigenschaften

Menschenkenntnis

31.1 Tendenzen

31.2 Wer sollte welche Aufgabe übernehmen?

31.3 Das Kapital

31.4 Vorsicht vor Narzissten!

Mobbing

32.1 Warum wird gemobbt?

32.2 Arten von Mobbing

32.3 Fallbeispiele für Mobbing

32.4 Was können Sie gegen Mobbing tun?

Schlusswort

1 Einleitung

Liebe Leserin, lieber Leser,

dieses Buch möchte all jenen, die Personalverantwortung tragen, dabei helfen, eine gute Vorgesetzte oder ein guter Vorgesetzter zu sein. Laut meiner Definition sind Sie das dann, wenn Ihre Mitarbeiter gerne für Sie arbeiten, wenn alle mit den Leistungen Ihrer Untergebenen zufrieden sind und wenn Sie sich selbst mit Ihrer Führungsposition identifizieren und sie gern wahrnehmen.

Hier finden Sie Basiswissen aus der Praxis. Dies wird Ihnen besonders dann fehlen, wenn Sie zu Ihrer Führungsposition gekommen sind »wie die Jungfrau zum Kinde«. Allzu oft geschieht es, dass eine Abteilung in einem kleinen Unternehmen eine Größe erreicht, die einen Abteilungsleiter nötig macht, und einer der Mitarbeiter einfach von der Geschäftsleitung dazu ernannt wird. Oder ein Selbstständiger hat mit seiner Firma solchen Erfolg, dass er Mitarbeiter einstellt. Nun steht er plötzlich vor der Frage: Wie gehe ich mit den Menschen um, die meiner Führung anvertraut sind?

Da Zeit und Geld knapp sind, besuchen die Neulinge meist keine Seminare, um mit ihrer ungewohnten Aufgabe klarzukommen. Statt dessen werden sie ins kalte Wasser geworfen und versuchen krampfhaft, nicht unterzugehen. So kommt es, dass der Führungsstil des Betreffenden in vielen Fällen verblüffende Ähnlichkeit mit seiner Persönlichkeitsstruktur hat: der Machtmensch befiehlt, die Unschlüssige verschleppt Entscheidungen, der Introvertierte hält sich aus allem heraus, etc. Das geht aber nur ein Stück weit gut, denn im Job haben Sie nicht Sie selbst zu sein – Sie haben eine Rolle zu spielen: die Führungsrolle.

Dieses Buch möchte Ihnen Prinzipien vermitteln, die Ihnen die Richtung weisen. Anhand von Praxisbeispielen sehen Sie, wie diese Prinzipien konkret angewendet werden können und wie sie Ihnen nützen. Es sind erstaunlich grundlegende Regeln, die im Arbeitsalltag missachtet werden, deren Beherzigung aber zu so viel besseren Ergebnissen führen könnte!

Ein kleiner Tipp für die Lektüre: Um die Bereiche zu finden, in denen Sie sich verbessern können, ist es hilfreich, wenn Sie versuchen, Ihre eigene Vorgehensweise von außen zu betrachten. Besser noch: aus der Sicht Ihrer Mitarbeiter. Insbesondere jenen Führungskräften, die noch nie selbst auf der untersten Stufe einer Firmenhierarchie gestanden haben, mag dieser Perspektivenwechsel schwerfallen. Doch es lohnt sich, dieses Rollenspiel zu wagen. Denn je ernster Sie die Ihnen anvertrauten Angestellten nehmen und je mehr Sie sie respektieren und fördern, desto besser werden sie ihre Aufgaben verrichten.

Die Leserinnen bitte ich um Verständnis dafür, dass ich der Einfachheit halber nur die männliche Form benutze, wo ich die Gattung meine (z. B. »der Chef« oder »der Mitarbeiter«). Meiner Erfahrung nach sind Frauen genauso gute oder schlechte Vorgesetzte wie Männer. Es kommt immer auf die Fähigkeiten der oder des Einzelnen an sowie auf die Bereitschaft, an sich selbst zu arbeiten.

Eine erkenntnisreiche Lektüre und viel Erfolg bei der Umsetzung wünscht Ihnen

Christina Neth

2 Die Führungsrolle: Rolle vorwärts oder Rolle rückwärts?

»Das meiste, was wir als Führung bezeichnen, besteht darin, den Mitarbeitern die Arbeit zu erschweren.« Vielleicht haben Sie dieses Zitat des US-amerikanischen Ökonoms Peter F. Drucker schon einmal gehört. Wenn man einen Querschnitt durch deutsche Firmen verschiedenster Branchen unter die Lupe nimmt, muss man leider feststellen, dass diese Aussage nicht so stark übertrieben ist, wie sie beim ersten Hören wirkt: Entscheidungen werden überstürzt getroffen und erst nach missglückter Ausführung revidiert, hoch motivierte Mitarbeiter werden ausgebremst, gute Vorschläge abgetan. Ganz gleich, ob Sie nur eine kleine Abteilung leiten oder einen Konzern führen: Dieses Buch will Ihnen die Augen für grundlegende Prinzipien öffnen, deren Umsetzung im Tagesgeschäft darüber entscheidet, ob Sie Sand oder Öl im Getriebe Ihrer Firma sind.

Von einer guten Kooperation profitieren alle: die Arbeit wird reibungslos erledigt, was der Firma zugute kommt; Ihre Mitarbeiter haben Erfolgserlebnisse, fühlen sich am Arbeitsplatz wohl und sind motiviert. Sie können stolz auf sich sein, wenn Ihre umsichtige Planung und Ihr Organisationstalent dafür sorgen, dass alles bestens läuft. Die Grundvoraussetzung für Ihren Erfolg besteht darin, dass Sie gern Verantwortung übernehmen. Nur wenn Sie sagen: »Das sind die mir anvertrauten Angestellten, und ich sorge nach bestem Wissen und Gewissen dafür, dass sie sehr gute Bedingungen für ihre Arbeit haben«, werden Sie Ihrer Führungsposition gerecht. Aber selbst, wenn Sie sich von diesem Anspruch im Moment noch überfordert fühlen, kann ich Sie beruhigen: Solange Sie dazu bereit sind, an sich zu arbeiten, sind Sie auf dem richtigen Weg.

3 Führen versus Arbeiten

Der häufigste Fehler, den Führungskräfte machen, besteht darin, zu arbeiten statt zu führen.

Natürlich kann es sein, dass es Teil Ihrer Stellenbeschreibung ist, Ihre Untergebenen bei ihren Aufgaben zu unterstützen, d. h. parallel zu ihnen an denselben Aufgaben zu arbeiten. Ein Buchhaltungsleiter übernimmt also möglicherweise buchhalterische Arbeiten. Dies hat den Vorteil, dass er die Schwierigkeiten und Notwendigkeiten kennt, mit denen sich seine Mitarbeiter auseinandersetzen müssen. Vorrang haben aber immer die Führungsaufgaben, denn während er die buchhalterischen Tätigkeiten jederzeit delegieren kann, ist niemand anderes für die Leitung der Abteilung da. Es ist also extrem wichtig, die Prioritäten richtig zu setzen!

Warum könnten Sie überhaupt der Versuchung erliegen, Ihre Führungsaufgaben zugunsten von Routinearbeiten zu vernachlässigen?

Ein offenkundiger Grund, warum Vorgesetzte oft »Kleinkram« erledigen, anstatt die ihnen anvertraute Abteilung zu führen, besteht darin, dass sie es gewöhnt sind. Gerade jene, die früher Mitarbeiter innerhalb der Abteilung waren, zu deren Leiter sie eines schönen Tages ernannt wurden, klammern sich gern an den vermeintlich rettenden Strohhalm der Routineaufgaben – einfach, weil das etwas ist, was sie beherrschen, während ihnen das Führen der Abteilung niemand beigebracht hat.

Ein weiterer Grund, der mit dem ersten verwandt ist, ist die wundervolle Ausrede, die einem das Erledigen »niedriger Arbeiten« liefert, um sich vor schwierigen Entscheidungen zu drücken. Sie können sagen: »Ich hatte einfach keine Zeit, um über eine Kursänderung nachzudenken. Ich war so mit Rudern beschäftigt.«

Drittens solidarisieren Sie sich durch das Mitrudern mit Ihren Angestellten und verdienen sich so ihre Achtung. Sie sind sich nicht zu schade dafür, dieselben Aufgaben zu erledigen – das muss die anderen doch beeindrucken!

Viertens leben Vorgesetzte manchmal heimlich ihre Hobbys im Beruf aus, indem sie den Fachleuten, die sich mühsam für ihre Arbeit qualifiziert und jahrelang Erfahrung gesammelt haben, ihre Aufgaben wegschnappen (siehe nächster Abschnitt »Die geheimen Hobbys«).

Was geschieht aber, wenn sich der Steuermann zu den Ruderern gesellt? Das Boot wird früher oder später an Klippen zerschellen. Was auf den ersten Blick so edelmütig wirkt, ist in Wahrheit gefährliche Drückebergerei. Das mag im Moment übertrieben klingen, ist es aber nicht. Ich habe Geschäftsführer erlebt, deren Stapel an ausstehenden Rückmeldungen an Untergebene immer höher wurde, während sie sich mit Arbeiten auf unterster Ebene beschäftigten. Eine solche Arbeitsweise multipliziert ihre Bremswirkung auf den Betrieb dadurch, dass nicht nur die Aufgaben einer einzelnen Person (nämlich des Geschäftsführers) liegen bleiben, sondern die Aufgaben all jener, die auf eine Entscheidung dieser Person angewiesen sind.

Bedenken Sie stets: Ihre Hauptaufgabe ist das Führen. Sie tragen die Verantwortung – also stellen Sie sich dieser Herausforderung!

3.1 Die geheimen Hobbys

Nennen wir das Phänomen einmal »Job Stealing«: ein Vorgesetzter nimmt einem Untergebenen eine Aufgabe ab, zu der er sich selbst berufen fühlt.

Diese Art von Raub manifestiert sich beispielsweise dann, wenn ein Geschäftsführer dem Webdesigner bis ins Detail vorschreibt, wie die neue Website auszusehen hat – am besten unter völliger Missachtung des Corporate Design. Alle Gegenargumente des Webdesigners in Bezug auf Farbsymbolik, Benutzerführung und Stilbrüche verhallen ungehört.

Auch Übersetzer haben ihre liebe Mühe, vor ihrem Vorgesetzten einen Konjunktiv zu rechtfertigen, der zwar zugegebenermaßen im Englischen eher selten ist, aber an manchen Stellen einfach stehen muss. Da das Schulenglisch des Vorgesetzten keinen Konjunktiv vorsieht, wird Letzterer gnadenlos in einen sinnentstellenden Indikativ verwandelt. Und der Klügere muss – leider – nachgeben.

Um die Situation mit einem eindrücklichen Bild zu illustrieren: Stellen Sie sich vor, Sie kaufen sich für viel Geld ein durchtrainiertes Springpferd, nur um dieses dann am Gatter anzubinden und selbst im Hürdenlauf über den Parcours zu springen – weil Sie der Meinung sind, Sie könnten das besser.

Das »Job Stealing« hat die negativen Folgen, dass

die Arbeit schlechter gemacht wird, als es mit den Ressourcen der Firma möglich wäre,

die Fachleute demotiviert werden und

den Respekt vor Ihnen verlieren und

Ihre Arbeit liegenbleibt, für die Sie bezahlt werden.

Also: Sie tun gut daran, auf die Argumente Ihrer Fachleute zu hören, wenn es um die konkrete Ausarbeitung einer Aufgabenstellung geht. Wenn Sie nicht selbst vom Fach sind, überlassen Sie die Einzelheiten Ihrem geschulten Personal. Falls Sie ernsthaft daran zweifeln, dass Ihre Leute Fachkenntnisse besitzen, sollten Sie andererseits überlegen, ob Ihre Abteilung richtig besetzt ist. Wofür bezahlen Sie einen Webdesigner, wenn Sie ihm kein gutes Webdesign zutrauen?

3.2 L'État, c'est moi?

Ein Sonderfall des »Job Stealing« besteht darin, dass der Geschäftsleiter einer Firma alle möglichen Funktionen an sich reißt: er ist z. B. Manager, Sicherheitsbeauftragter und Qualitätsmanagementbeauftragter in Personalunion. Am besten auch noch sein eigener Stellvertreter! Wenn er doch einmal ausfällt (was er sich in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen kann), bricht dann buchstäblich alles zusammen. Was nur beweist, was er immer schon wusste: er ist unersetzlich!

Lässt man die eigene Eitelkeit einmal ganz beiseite, muss man zugeben, dass es schon seinen Sinn hat, dass solche Ämter normalerweise auf den Schultern mehrerer Personen ruhen. Wenn man eine dieser Funktionen richtig ausüben will, muss man sich eingehend mit ihr beschäftigen und sie im Tagesgeschäft stets im Auge behalten. Das ist nur möglich, wenn man sich nicht zu viele davon auflädt (am besten nur eine). Selbst jemand, der nie Urlaub nimmt, ist doch irgendwann abwesend, weil er auf Geschäftsreise ist, oder – Gott bewahre! – nach einem Unfall im Krankenhaus liegt. Dann ist es gut, wenn nur eines dieser Ämter nicht bekleidet ist und möglichst ein entsprechender Stellvertreter in der Firma sitzt. Ein Geschäftsführer sollte sogar einen zweiten Stellvertreter benennen. Ist er selbst nämlich unterwegs, wenn sein Stellvertreter plötzlich unter die Räder kommt, ist das Schiff wieder ohne Kapitän.

4 Beziehungsweise

Wie sieht Ihre Beziehung zu Ihren Untergebenen aus? Wir kommen nicht darum herum: Sie sind eine Autoritätsperson. Was nicht heißt, dass Sie sich einen autoritären Führungsstil zulegen sollten. Es heißt aber doch, dass Sie bestimmen, was die Mitglieder Ihrer Abteilung tun, wann sie es tun und auf welche Weise. Man hat auf Sie zu hören, denn Sie tragen die Verantwortung.

Dies impliziert zum einen, dass Sie eine Vorbildfunktion innehaben. Sie sollten das vorleben, was Sie von Ihren Leuten erwarten. Dazu gehören beispielsweise Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. Es wäre für Ihre Mitarbeiter kaum einzusehen, warum sie pünktlich zu Besprechungen erscheinen sollten, wenn Sie es nicht tun. Leben Sie das Verhalten vor, das Sie sich von Ihren Mitarbeitern wünschen – und verlangen Sie dasselbe guten Gewissens von ihnen!

Zum zweiten ist es ratsam, Ihren Mitarbeitern gegenüber nicht zu privat zu werden. Das ist speziell dann schwierig, wenn Sie bis vor kurzem auf derselben Stufe standen und sich vielleicht mit dem einen oder anderen angefreundet haben. Ich rate Ihnen ganz sicher nicht, eine Freundschaft zu beenden, weil Sie plötzlich in eine höhere Position aufgerückt sind. Es kann aber sein, dass Ihre Beförderung eine Belastungsprobe für diese Freundschaft darstellt.

Der Grund, weshalb es einfacher für alle Beteiligten ist, eine rein geschäftliche Beziehung zueinander zu haben, ist folgender: Es ist leichter für Ihre Untergebenen, Sie als Autoritätsperson anzuerkennen, und es einfacher ist für Sie, im Firmenalltag sachlich und objektiv zu bleiben.

Konkret heißt das: Falls Sie sich gerade bei einem Kollegen wegen einer Trennung »ausgeheult« haben, dürfte es Ihnen schwerfallen, ihn wegen eines Fehlers zu tadeln. Falls Sie es dennoch tun, wird er in diesem Moment wiederum ein Problem damit haben, Sie als Respektsperson zu sehen.

Der Supergau wäre es, wenn Sie einem Freund gegenüber eines Tages eine Kündigung aussprechen müssten. Ihre Position könnte dies durchaus erfordern. Sie tun sich also selbst einen Gefallen, wenn Sie Ihren Freundeskreis bevorzugt außerhalb Ihrer Abteilung aufbauen.

4.1 Bescheidenheit ist eine Zier

Eine Empfehlung, die mit dem eben Gesagten verwandt ist, lautet: Bleiben Sie bescheiden! Wenn Sie Bewunderung suchen, tun Sie das in der Familie oder bei Freunden, aber bitte nicht in Ihrer Abteilung! Das kann peinliche Situationen heraufbeschwören und ziemlich negative Folgen haben.

Erstes Beispiel aus der Praxis: Die Vorgesetzte einer kleinen, ausschließlich aus Frauen bestehenden Abteilung kommt eines Morgens mit dem Fahrrad zur Arbeit und erzählt dann ihren Mitarbeiterinnen selbstgefällig, die Autofahrer hätten ihr (im sexy Minirock) an den roten Ampeln bewundernde Blicke zugeworfen. Die Untergebenen sind peinlich berührt, fühlen sich aber verpflichtet, ihrer Chefin Beifall zu zollen. – Mal ehrlich: Haben Sie diese Art von erzwungenem Kompliment wirklich nötig?

Zweites Praxisbeispiel: Der Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens erwähnt in einer größeren Besprechungsrunde, er habe es eigentlich längst nicht mehr nötig zu arbeiten, sein eigenes Leben und sogar das seiner Kinder sei bis zur Rente abgesichert. Unter den Anwesenden ist eine der schlechter bezahlten Angestellten der Firma, die nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten ihr kleines Kind allein durchbringen muss. Wie mag diese Rede auf sie wirken? Ganz sicher nicht motivierend! Und Motivation ist – wie wir noch sehen werden – der wichtigste Aktivposten einer jeden Arbeitskraft.

Insbesondere dort, wo es um Geld geht, bringen Sie sich mit Prahlerei spätestens dann in die Zwickmühle, wenn Gehaltsverhandlungen anstehen. Warum können Sie Ihren Mitarbeitern das Gehalt nicht erhöhen, wenn doch so viel Gewinn in Ihre Richtung fließt? Kann es der Firma denn so schlecht gehen, wie Sie sagen, wenn Sie sich selbst ein Zweimillionenhaus auf die grüne Wiese stellen? Bleiben Sie glaubwürdig und bleiben Sie auf dem Teppich!

Fazit: »Fishing for compliments« nicht bei den eigenen Mitarbeitern! Und wenn möglich überhaupt nicht – denn Zitate machen für gewöhnlich die Runde.

4.2 Soziale Plattformen – soziale Plattitüden

Ebenso wenig sollten Sie versuchen, »modern zu sein« und Ihren Mitarbeitern auf allerlei sozialen Plattformen Freundschaftsanfragen zu senden. Aufgrund des zwischen Ihnen herrschenden Hierarchiegefälles wird sich Ihr Untergebener genötigt fühlen, Ihre Freundschaftsanfrage anzunehmen. Sie werden entzückt sein, haben die Annahme aber selbstverständlich erwartet. Ihr Mitarbeiter hingegen muss von jetzt an extrem auf der Hut sein, was er auf der sozialen Plattform veröffentlicht, was er gutheißt und sogar, wessen Freundschaftsanfragen er sonst noch annimmt. Er sitzt ab jetzt nicht nur bei der Arbeit, sondern auch noch in seiner Freizeit im Glashaus. Wehe, er schreibt, er habe »heute keinen Bock, zur Arbeit zu gehen«! Wehe, er nimmt die Freundschaftsanfrage eines früheren Kollegen an, mit dem Sie ständig im Clinch lagen! Von nun an sind Sie der »Big Brother«, der die Aktivitäten des kleinen Mannes rund um die Uhr kontrolliert.

Sie sollten in jeder Hinsicht eine klare Linie zwischen dem Berufsleben und dem Privatleben der Ihnen anvertrauten Mitarbeiter ziehen. Es geht Sie als Vorgesetzten beispielsweise einen feuchten Kehricht an, warum Ihr Mitarbeiter krank ist. Bedrängen Sie ihn nicht mit Fragen! Wenn Sie vermuten, dass Stress bei der Arbeit die Ursache ist, bekämpfen Sie das Übel an der Wurzel und sorgen Sie – soweit das in Ihrer Macht steht – für eine Verminderung des Stresses. Wenn sich der Mitarbeiter hilfesuchend an Sie wendet, haben Sie ein offenes Ohr für ihn! Aber überschreiten Sie die Grenze zwischen Geschäftlichem und Privatem auf keinen Fall ungebeten!

Falls Sie dringend eine Datei benötigen, die ein kranker Angestellter verwaltet, können Sie versuchen, ihn anzurufen. Besser ist es aber, für eine geregelte Dateiablage innerhalb der Abteilung zu sorgen, sodass sowieso jeder weiß, wo er etwas finden kann, wenn die anderen nicht da sind. Kommen Sie bitte nicht auf die Idee, den kranken Mitarbeiter – über welches Medium auch immer – zu kontaktieren, ohne dass ein Notfall vorliegt! Und falls er so gutmütig ist, nach der persönlichen Abgabe seiner Krankmeldung im Personalbüro an seinem Arbeitsplatz vorbeizuschauen und die wichtigsten Arbeiten zu erledigen (solange die Schmerztablette noch wirkt), haben Sie bitte so viel Anstand, sich ein Jammern im Sinne von »Gerade jetzt musst du ausfallen, wo wir so überlastet sind!« zu verkneifen. Ein kranker Mitarbeiter hat die Aufgabe, schnellstmöglich wieder gesund und leistungsfähig zu werden. Hindern Sie ihn bitte nicht daran! Lassen Sie sich von ihm die wichtigsten aktuellen Informationen bezüglich seiner Arbeit geben und schicken Sie ihn heim.

4.3 Sie oder Du?

In vielen Abteilungen ist es heute üblich, sich zu duzen. Oft schließt das den Abteilungsleiter mit ein. Es gibt Firmen, in denen die Mitarbeiter sogar die Geschäftsführung duzen dürfen. Wenn die Geschäftsführung das so möchte, bleibt es ihr überlassen, den Angestellten das Du anzubieten. Falls es in Ihrem Ermessen liegt, sich von Ihren Untergebenen duzen zu lassen, möchte ich Ihnen raten: Mit ein wenig Distanz (hier verkörpert vom Sie) lässt sich so manches im Job objektiver regeln. Das Du unter Gleichgestellten ist eine feine Sache, denn es signalisiert: wir sind ein Team. Das Sie hilft hingegen sowohl Untergebenen als auch Vorgesetzten, eine respektvolle Grenze zu ziehen. Es erinnert Sie daran, dass Sie das Privatleben Ihrer Mitarbeiter nichts angeht (solange sich Ihre Untergebenen nicht mit privaten Problemen an Sie wenden), und es erleichtert Ihnen das Durchgreifen, wenn Schwierigkeiten auftreten.

Falls Sie in der Firma »groß geworden« sind, in der Sie nun eine Führungsposition bekleiden, sind Ihnen die Gepflogenheiten in Bezug auf die Verwendung von »Du« und »Sie« längst bekannt. Es ist völlig unüblich, sich wieder zu siezen, nachdem man sich eine Zeit lang geduzt hat. Wenn Sie also zum Vorgesetzten Ihrer Kollegen ernannt werden, die Sie bisher geduzt haben, bleiben Sie beim Du! Wenn das Sie üblich war, behalten Sie es bei!

Was aber, wenn Sie in eine neue Firma kommen? Zunächst einmal sind Sie mit allen per Sie.

Die allgemeinen Regeln für das Anbieten des Du sind folgende:

Der

Vorgesetzte

darf dem Untergebenen das Du anbieten.

Der

Dienstältere

darf dem Neuling das Du anbieten.

Die

Dame

kann dem Herrn das Du anbieten.

Der

Ältere

kann dem Jüngeren das Du anbieten.

Die Problematik besteht offensichtlich darin, dass manchmal mehrere widersprüchliche Regeln gelten.

Beispiel: Ein junger Mann kommt neu in eine Firma und wird zum Vorgesetzten einer Frau mittleren Alters, die seit Jahren dort arbeitet. Was tun? Ganz einfach: Haben Sie es mit dem Du nicht zu eilig! Und fallen Sie nicht mit der Tür ins Haus! Es wäre nicht schlimm, wenn sich die beiden siezen würden, bis die Dame in Rente geht. Ein Sie tut nicht weh.

Der junge Mann hat erst einmal eine Probezeit zu bestehen. Wenn er diese erfolgreich hinter sich bringt, das Team von ihm begeistert ist und geschlossen seiner Einladung zu einem »Einstands-Umtrunk« folgt, könnte er das zum Anlass nehmen, allen das Du anzubieten. Das wäre allerdings auch nur dann angebracht, wenn sich bereits alle Teammitglieder untereinander duzen.

Was selbstverständlich sein sollte, was aber trotzdem ab und zu falsch gemacht wird: ein Du wird angeboten, es wird niemandem aufgedrängt und schon gar nicht kommentarlos an den Kopf geworfen! Jemanden ohne Vorwarnung zu duzen, ist eine Dreistigkeit, die fast schon Mobbing-Charakter besitzt. Selbst wenn Sie eine 65-jährige Geschäftsleiterin sind und es für eine freundliche Geste halten, müssen Sie einem jungen neuen Mitarbeiter das Du anbieten, statt ihn einfach zu duzen – allein schon, weil er ja sonst keine offizielle Erlaubnis hat, dasselbe mit Ihnen zu tun. Er wäre irritiert und würde sich respektlos behandelt fühlen. Machen Sie es also offiziell und fragen Sie: »Wäre es Ihnen recht, wenn wir uns duzen?«

Ein angebotenes Du abzulehnen, erfordert – falls das Angebot nicht gegen eines der oben erwähnten ungeschriebenen Gesetze verstößt –ein hohes Maß an Diplomatie. Dennoch halte ich es für besser, ehrlich zu sein, statt sich auf Jahre hinaus einen Zwang anzutun. Angenommen, eine Chefsekretärin bekommt von Ihrem Vorgesetzten das Du angeboten, hält das aber für zu persönlich – gerade weil sie so eng mit ihm zusammenarbeitet. Sie könnte in sehr höflichem Ton sagen: »Das ist überaus freundlich von Ihnen, Herr Meier. Sie haben aber sicher Verständnis dafür, wenn ich aus Gründen des Respekts lieber beim Sie bleiben würde. Trotzdem vielen Dank für Ihr Angebot!« Das kommt sicher nicht häufig vor, da sich die meisten Menschen geschmeichelt fühlen, wenn Sie ein Du angeboten bekommen, und ebenso fühlen sich die meisten auch damit wohl. Wenn sich aber die andere Seite mit dem Du nicht wohlfühlt und das sehr taktvoll zum Ausdruck bringt, muss man das meiner Meinung nach akzeptieren. Das Du signalisiert eine Stufe der Intimität, die für die Arbeit nicht erforderlich ist – sie ist optional.

Fazit: Bleiben Sie im Zweifelsfall beim Sie! Überstürzen Sie das Anbieten des Du nicht! Und brüskieren Sie niemanden durch überraschendes Duzen!

4.4 Locker vom Hocker?

Für den Fall, dass Sie zu den ganz Lockeren gehören, sei hier angemerkt, dass manche Dinge, die Sie in der Familie tun würden, Ihren Mitarbeitern gegenüber unangebracht sind. Seien Sie lieber zu förmlich! Es eckt selten jemand damit an, dass er zu zurückhaltend ist.

Beispiel 1: Sie bekommen an einem anderen Arbeitsplatz spontan etwas Kleingedrucktes gezeigt, haben Ihre Lesebrille aber gerade nicht zur Hand. Bitten Sie keinen Kollegen, Ihnen seine Lesebrille zu leihen! Vielleicht möchte er Ihnen nichts von seinem Hautfett abgeben und auch keines von Ihnen zurückbekommen. Sagen Sie, dass Sie kurz Ihre Brille holen müssen, und kommen Sie gleich wieder zurück. Dafür muss jeder Verständnis haben.

Beispiel 2: Ein Geburtstagskind hat gemischte Gebäckstücke mitgebracht. Gerade als Sie sich eines genommen haben, empfiehlt Ihnen jemand wärmstens eine andere Sorte. Legen Sie das angefingerte Teil nicht auf den Teller zurück! Entweder Sie nehmen sich noch eines der empfohlenen Gebäckstücke oder Sie bleiben schlicht und einfach beim ersten. Berühren verpflichtet zum Verzehr!

4.5 Neue Besen kehren gut?

Es gibt Führungskräfte, die meinen, sie könnten sich beim Eintritt in eine neue Firma damit profilieren, dass sie gleich mal allen zeigen, wo der Hammer hängt. Erfahrungsgemäß weiß das jedoch der Hausmeister besser. Der bleibt allerdings still im Hintergrund, sammelt von Jahr zu Jahr mehr Wissen an und ist zur Stelle, wenn er gebraucht wird. Lernen Sie von ihm! Anstatt in der neuen Firma über einen imaginären roten Teppich zu stolzieren und so zu tun, als hätten Sie bereits alles im Griff, sollten Sie sich lieber

durch ein

freundliches Auftreten

das Wohlwollen der neuen Kollegen (gleich auf welcher Ebene) erarbeiten und

durch

Nachfragen und aufmerksames Zuhören

die Fakten und Vorgehensweisen des Betriebes kennenlernen.

Der Anfang ist eine delikate Phase, und der erste Eindruck bleibt im Allgemeinen haften. Ein Mensch schätzt sein Gegenüber innerhalb von Sekunden ein, und die ersten paar Begegnungen im Unternehmen sind prägend für die weitere Zusammenarbeit. Wenn Sie von Anfang an höflich und umgänglich sind und allen mit Respekt begegnen, werden die Kollegen am ehesten bereit sein, mit Ihnen zu kooperieren. Schließlich sind Sie der Neue, während die anderen ihre Arbeit in der Firma schon seit Jahren – womöglich seit Jahrzehnten – erledigen und die Gegebenheiten kennen. Es ist also von Vorteil, wenn Sie sich erklären lassen, wie die Dinge bisher gehandhabt wurden. Sie können selbstverständlich beschließen, Verbesserungen einzuführen. Das wird sogar von Ihnen erwartet, wenn Sie andere Arbeitsweisen kennen, die langfristig für die Firma besser sind. Aber fallen Sie bitte nicht mit der Tür ins Haus und geben Sie nicht blindlings Anweisungen, sondern verschaffen Sie sich einen genauen Überblick, ehe Sie schalten und walten. Selbst wenn Sie als neuer Geschäftsleiter eingestellt werden, um ein sinkendes Schiff zu retten, sollten Sie zunächst einmal ergründen, welches Verhalten der Mannschaft das Schiff überhaupt in Seenot gebracht hat. Blinder Aktionismus hat noch selten jemandem geholfen. Hier gelten so banale Weisheiten wie »Wer nicht fragt, bleibt dumm« und »Überlegen macht überlegen«. Es geht auch ein wenig in Richtung »Lehrjahre sind keine Herrenjahre«, denn in Bezug auf die Arbeitsabläufe in der neuen Firma sind Sie in den ersten Wochen eine Art Lehrling. Stellen Sie Fragen, hören Sie gut zu und bedanken Sie sich bei den Kollegen für die Informationen.

4.6 Kooperation

An dieser Stelle möchte ich Ihnen auch meinen Standpunkt zu Hierarchien und Machtpositionen nahelegen. Eine Hierarchie ist ihrem Wesen nach weder gut noch schlecht, sie ist eine Struktur. Als Struktur für Firmen hat sie sich bewährt, denn sie gewährleistet es, dass die unterschiedlichen Abteilungen übergreifend zusammengehalten und gelenkt werden. Damit diese Struktur optimal funktioniert, ist es einerseits wichtig, dass die Verantwortungsträger ihre Aufgaben besonders gut erfüllen, denn von ihnen hängen jeweils mehrere Angestellte ab. Andererseits muss jeder Einzelne seine Sache gut machen. Jede Abteilung ist wichtig. Was nützt eine gute Produktion, wenn die Buchhaltung schlampig ist – und umgekehrt? Auch Putzfrauen leisten wichtige Arbeit, denn in einem vernachlässigten Gebäude würde sich niemand wohlfühlen. Das würde die Arbeitsatmosphäre belasten und zur Abwanderung guter Arbeitskräfte beitragen. Wenn ein Mitarbeiter innerhalb einer Abteilung seine Arbeit schlecht macht, kann dies von Kollegen ausgeglichen werden, sodass es nach außen hin nicht auffällt. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass ein solcher Missstand nicht den Unmut der Kollegen heraufbeschwört und langfristig keine negativen Folgen für die Firma hat. Unterm Strich kann man also sagen: Die Arbeit jedes Einzelnen ist wichtig für den Erfolg der ganzen Firma. Es gibt sehr unterschiedliche Funktionen, aber jede einzelne zählt. Daher hat jeder Mitarbeiter den Respekt jedes Kollegen verdient, gleich auf welcher Stufe er steht. Der fähigste und beste Geschäftsleiter kann keinen Gewinn erzielen, wenn er inkompetente Mitarbeiter hat – genauso wenig, wie ein hoch motivierter, hoch qualifizierter Mitarbeiter trotz eines unfähigen Chefs Hervorragendes leisten kann. »Macht« innerhalb der Firma ist gleichzusetzen mit der Entscheidungsfreiheit, die ein Angestellter genießt. Aber im Endeffekt sind alle aufeinander angewiesen.

Wie sieht es nun mit den Machtpositionen in den Geschäftsbeziehungen aus? Überspitzt ausgedrückt wird gerne so getan, als sei der Lieferant der Sklave und der Kunde der König. Die wichtige Position des Kunden erklärt sich daraus, dass es der Kunde ist, der das Gehalt sämtlicher Firmenmitglieder bezahlt. Ist aber der Lieferant nicht auch wichtig für die Firma? Was würde die Firma machen, wenn sie bestimmte Rohstoffe oder Dienstleistungen einfach nicht bekäme? Sie könnte ihre eigenen Produkte oder Dienstleistungen entweder gar nicht oder nur mit Einschränkungen anbieten und wäre dadurch nicht so konkurrenzfähig, wie sie es ist. Es gab Zeiten, in denen eine kleine Zahl von Lieferanten einen so begehrten Rohstoff anbot, dass sie von den weiterverarbeitenden Firmen förmlich umworben wurde. Ebenso wie bestimmte Fachkräfte in Phasen des Arbeitskräftemangels mit Incentives in die Firmen gelockt werden, obwohl sie sich in Zeiten des Überschusses (z. B. während einer »Chemikerschwemme«) mit artfremden Arbeitsstellen begnügen müssen. Was lernen wir daraus? Alles entwickelt sich in Zyklen. Verhältnisse können sich ganz leicht umkehren. Und wir sind alle aufeinander angewiesen.

Natürlich rate ich Ihnen nicht dazu, auf Preisverhandlungen mit Lieferanten zu verzichten. Das Handeln gehört zu dieser Geschäftsbeziehung. Aber tun Sie alles, was Sie tun, mit Respekt! Wenn ich beispielsweise mit Dienstleistern zu tun habe, behandle ich sie genauso zuvorkommend wie Kunden. Denn je besser ich mit einem Dienstleister kooperiere, desto schneller und günstiger kann er mir ein besseres Ergebnis liefern. Bedenken Sie dies im Alltag!

5 Aufgaben verteilen

Eine Ihrer Hauptaufgaben als Vorgesetzter besteht in der Verteilung von Aufgaben an Ihre Untergebenen. Welche Überlegungen spielen hier mit hinein?

Am Anfang steht Ihre Entscheidung, ob eine Sache überhaupt erledigt werden sollte. Überlegen Sie kurz, ob es eine Aufgabe wirklich wert ist, durchgeführt zu werden. Manche Ideen klingen im Moment schön, aber sie sind so weit hergeholt, dass man an sie keine Ressourcen verschwenden sollte.

Wenn sich eine Durchführung für die Firma (!) lohnt, fragen Sie sich, ob die Aufgabe auch wirklich in das Sachgebiet Ihrer Abteilung fällt. Trifft Letzteres nicht zu, sollten Sie mit Ihrem Vorgesetzten oder – je nachdem, wie die Entscheidungswege in Ihrer Firma geregelt sind – mit dem Leiter der zuständigen Abteilung darüber sprechen. Es ist gefährlich, Aufgaben an sich zu reißen, für die Sie nicht zuständig sind. Bleiben Sie realistisch und spielen Sie nur auf Ihrer eigenen Spielwiese!

Betrifft die Aufgabe Ihre Abteilung, so muss ihr nun eine Priorität zugewiesen werden. Behalten Sie jederzeit den Überblick über die laufenden Projekte Ihres Teams. Welchen Stellenwert hat die neue Angelegenheit? Steht sie ganz für sich oder hängt sie mit den übrigen Vorgängen zusammen, wie z. B. die Einführung einer neuen Software, welche die Arbeit erleichtern soll? Planen Sie vorsichtig! Vermeiden Sie insbesondere den fatalen Fehler, eine Wand mit Blümchen bemalen zu lassen, wenn gerade die Bude brennt! Nicht nur, dass die Blümchen mit abfackeln – es gibt kaum eine bessere Methode, die Achtung seiner Mitarbeiter zu verlieren. Wer hat da noch Lust, für einen solchen Träumer Wassereimer zu schleppen?

Die Frage der Priorität hängt eng zusammen mit der Frage, wer die Aufgabe erledigen soll. Denn natürlich muss jener Mitarbeiter, der damit betraut wird, auch Zeit dafür haben. Im einfachsten Fall handelt es sich um eine leichte Tätigkeit, die nicht viel Zeit in Anspruch nimmt und von jedem Abteilungsmitglied gleich gut erledigt werden kann. Im kompliziertesten Fall ist es eine dringende und schwierige Tätigkeit, die nur von einem einzigen Mitarbeiter bewältigt werden kann, der bereits ausgelastet ist und sich vor der Durchführung noch zusätzliche Kenntnisse aneignen muss. Hier hilft nur »Freischaufeln«: so viele Aufgaben wie möglich müssen auf seine Kollegen übertragen, outgesourct oder in die Warteschlange gestellt werden. Der Ausführende muss so gut wie möglich unterstützt werden, damit er die Aufgabe so schnell und erfolgreich wie möglich erfüllen kann. Diese Unterstützung kann sehr vieles umfassen: von der Bereitstellung von Informationsmaterial oder Schulungen bis hin zu der Zusage, dass er Überstunden, die er jetzt zum Wohle der Firma leistet, später abfeiern kann. Wenn Sie Ihrem Mitarbeiter durch derartiges Entgegenkommen signalisieren: »Das hier ist wichtig. Wir brauchen dich! Und dein Engagement soll nicht zu deinem Schaden sein«, wird er am ehesten bereit sein, sich ins Zeug zu legen. Denn behalten Sie bitte stets eines im Sinn:

Die meisten Berufstätigen möchten abends mit dem Gefühl heimgehen, etwas Sinnvolles getan zu haben, für das sie geschätzt werden.