On & Off - Nora Wunderwald - E-Book

On & Off E-Book

Nora Wunderwald

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Beschreibung

Wie perfekt muss ich auf Social Media sein? Woran erkenne ich, dass ich süchtig nach meinem Smartphone bin? Und wie sozial sind die sozialen Medien wirklich?

Wir verlieren uns leicht in der Online-Welt, versuchen, unrealistischen Schönheitsidealen und Lebensweisen nachzueifern, haben ständig Angst, etwas zu verpassen, und verbringen zu viel Zeit vor Bildschirmen. Dabei lassen wir leider oft unsere mentale Gesundheit außer Acht. Dieses Buch möchte dir deshalb helfen, Social Media auf eine bewusste und achtsame Weise zu nutzen. Mit Einblicken in ihre Online-Leben sowie praktischen Tipps und Reflexionsübungen zeigen Nora und Lea dir, wie du für dich das Beste aus den sozialen Medien herausholst, um mit einem guten Gefühl online und offline unterwegs zu sein.

Einfühlsames New Adult Sachbuch über den achtsamen und bewussten Umgang mit den sozialen Medien

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Seitenzahl: 277

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Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Widmung

Einleitung

Vorwort

I. Unsere Social-Media-Profile

Meine On-Off-Beziehung mit Social Media | Lea

Digital Na(t)ive | Nora

Social-Media-Plattformen: Mehr als nur ein Like-Button

II. Was wir mit den sozialen Medien machen

Freizeit:

Mut zur Langeweile! | Lea

Kommunikation:

Total emo(ji)tional! | Nora

Freundschaft & Feindschaft:

(A)soziale Medien?

Analoge Freundschaft | Lea

Ungesunde Freundesgruppen | Lea

I forgot that you existed | Nora

Liebe:

Swipe right

Liebst du schon oder schreibt ihr noch? | Nora

Maximaler Reinfall | Lea

Sex:

Risky Pictures & nackte Tatsachen

In the Mood for a Nude | Lea

Polaroid- und Fußbilder | Nora

Selbstdarstellung:

Wer bin ich, wenn das Handy aus ist? | Nora

Festhalten & Erinnern:

Muss das alles in die Cloud? | Lea

Kreativität & Inspiration:

Von Kreationen zu Reaktionen | Nora

Ausbildung & Arbeit:

Lebenslauf? Siehe Insta. | Nora

Bildung & Nachrichtenkonsum:

Was ist wahr, was ist falsch? | Lea

III. Was die sozialen Medien mit uns machen

Ungesunde Gewohnheiten:

Bin ich abhängig? | Lea

Sucht:

#handysuchti – aber echt | Nora

Werbung & Bedürfnisse:

Lieber haben als brauchen | Lea

Körperwahrnehmung:

Wieso kann ich nicht so aussehen wie die Frauen auf Instagram? | Lea

Perfektion & Optimierungswahn:

Wie perfekt muss ich sein? | Nora

Vergleiche & Produktivität:

Don’t Compare Your Life to Someone’s Highlight Reel | Lea

Bewertungsmentalität:

Count Less and Connect More! | Nora

Allein sein:

Vernetzt, aber nicht verbunden | Lea

Fear of Missing Out:

JOMO statt FOMO! | Nora

Zeitwahrnehmung & Konzentration:

TikTok – wie Sekunden verrinnen | Lea

IV. Die Social-Media-Gesellschaft

Meinungsbildung:

Zwischen Datenmacht und Manipulation | Lea

Miteinander:

Wo Liebe und Hass sich die Hand geben | Nora

Zukunft:

Wie können die sozialen Medien der Zukunft aussehen?

Social Media als Spiegelbild der Zeit | Lea

Geld regiert die Social-Media-Welt | Nora

V. Wie geht es weiter – glücklich sein mit oder ohne Social Media?

Das Glück ist nur einen Blick entfernt | Lea

Ein Klick in die Glaskugel | Nora

Danksagung

Die Autor:innnen

Glossar

Quellen- und Literaturverzeichnis

Triggerwarnung

Kostenfreie und anonyme Hilfsangebote

NORA WUNDERWALDLEA SOPHIE GRÜNZINGER

Für einenbewussten Umgangmit Social Media

LYX in der Bastei Lübbe AG

Originalausgabe:

Copyright © 2023 by

Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6–20, 51063 Köln

Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten.

Textredaktion: Carina Rogaschewski

Umschlaggestaltung: © Jeannine Schmelzer, Bastei Lübbe AG, und © Guter Punkt, München, unter Verwendung von Motiven von Shutterstock © wanpatsorn, © Madiwaso, © Norrapat Thepnarin

Satz: two-up, Düsseldorf

eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf

ISBN 978-3-7363-2050-5

Weitere Informationen unter:

lyx-verlag.de

luebbe.de | lesejury.de

Nora:

Für Lea & alle, die ich dank Social Media kennengelernt habe.

Lea:

Für Nora, meine kleine Schwester Merle und die Menschen, die zwischen den Zeilen geliebt sind.

 

Liebe Leser:innen,

dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb findet ihr im Kapitel ›Triggerwarnung‹ eine Triggerwarnung.

Wir wünschen uns für euch alle das bestmögliche Leseerlebnis.

Nora, Lea & euer LYX-Verlag

Vorwort

WIEDER LEUCHTET mein Handy auf, um mich wissen zu lassen, dass du an mich denkst. Du ziehst mich in deinen Bann, ich versinke in deinen Tiefen. Gleichzeitig habe ich schon lange das Gefühl, dass unsere Beziehung mir nicht guttut, dass du toxisch für mich bist. In Nächten wie der heutigen versprichst du mir ein Stimmungshoch, lässt mich dann aber traurig und allein im Bett zurück. Du manipulierst mich, bist unberechenbar und vermittelst mir oft den Eindruck, dass ich nicht gut genug bin. Deinetwegen lasse ich meine Aufgaben links liegen, meine To-do-Listen werden immer länger, und Nachrichten von Freund:innen bleiben unbeantwortet. Du isolierst mich von meiner Außenwelt, beanspruchst meine ganze Energie. Doch immer wenn ich dich schon fast aufgegeben habe, umschließt du mich mit deiner rastlosen Art, versicherst mir, ein Teil von dir zu sein, und schenkst mir Geborgenheit und Inspiration, motivierst mich. Du kannst mich lesen wie niemand sonst. Deswegen fällt es mir schwer, dich loszulassen – selbst wenn ich weiß, dass du gerade nicht gut für mich bist. Ich gebe und gebe und habe das Gefühl, dass kaum noch etwas von mir übrig bleibt. Ich verliere mich in dir. Und deswegen brauche ich erst einmal eine Pause. Ich glaube, ich muss erst einmal wieder zu mir selbst finden. Ohne dich, Social Media.

Wir sind das, was man als »Digital Natives« bezeichnet. Nicht nur wir sind mit dem Internet aufgewachsen, sondern das Internet ist parallel dazu mit uns groß geworden. Wir sind die letzte Generation, die noch eine Zeit ohne ständige Erreichbarkeit kennt, aber gleichzeitig die Geburtsstunde der sozialen Medien hautnah miterlebt hat. Als Steve Jobs das erste iPhone vorstellte, waren wir – Nora und Lea – beide neun Jahre alt. Schnell waren wir gebannt von dem farbenfrohen Schimmern, den Abertausend Möglichkeiten. Rund um die Uhr konnten wir uns plötzlich mit den Menschen in unserem Umfeld und auf der ganzen Welt vernetzen. Die Funktionen waren intuitiv, die Plattformen fesselnd. Doch eigentlich wussten wir gar nichts.

Naiv versuchten wir, auf den ungestümen Wellen des Internets zu surfen, doch wir wurden immer wieder von unberechenbaren Strömungen unter Wasser gezogen. Weder unsere Eltern noch unsere Lehrer:innen kannten die neuen Welten, die bald zu unserem zweiten Zuhause wurden. Dabei veränderte sich so viel. Berührungen wurden zum digitalen Anstupsen, Gestik und Mimik zu Emojis, gesprochene Sprache zum geschriebenen Wort und Komplimente schlicht zum Gefällt-mir-Button. Wir kreierten, teilten und konsumierten Inhalte nonstop. Teilweise 3/7, 5/7 oder 11/7, also drei, fünf oder elf Stunden an jedem einzelnen Tag der Woche. Es gab kaum einen Wunsch, den uns die sozialen Medien unerfüllt ließen – sei es die Suche nach Unterhaltung, Wissen, Inspiration, sexueller Aufklärung, Zugehörigkeit oder Liebe.

Doch es gab auch Schattenseiten des Internets, die ganz still und heimlich unsere mentale Gesundheit, Privatsphäre und unser Verhalten in der Offline-Welt beeinträchtigten. Studien belegen, dass mit der steigenden Social-Media-Nutzung auch das Risiko, an einer Depression zu erkranken, zunimmt. Wir vergleichen uns untereinander, werden mit Hassnachrichten und ungewollten Dickpics konfrontiert und werden abhängig von dem Rausch von Glücksgefühlen, in den uns die sozialen Medien versetzen.

Das alles haben wir am eigenen Leib erfahren. Heute, rückblickend auf unsere Jahre als Heranwachsende zwischen bearbeiteten Selfies und personalisierter Werbung, werden wir uns erst über das Ausmaß des Einflusses der sozialen Medien auf unser beider Leben bewusst. Und so entstand der gemeinsame Wunsch, den jetzigen und nachfolgenden Generationen eine bessere Zeit mit und ohne Social Media zu ermöglichen. Unser Ansatz: ein bewusster Konsum. Darunter verstehen wir den selbstbestimmten Gebrauch von Social Media, der aufgeklärt, zielgerichtet und – im besten Fall – bereichernd ist.

Wir beide sind das beste Beispiel dafür, dass das Internet und die sozialen Medien ein Werkzeug sein können, das verbindet. 2020 haben wir uns über YouTube kennengelernt – dort sprach Nora in einem ihrer Videos die Idee aus, einen Social-Media-Führerschein zu entwickeln. Lea, die sich gerade selbst intensiv mit ihrem eigenen Nutzungsverhalten beschäftigte, entdeckte das Video und nahm direkt Kontakt zu Nora auf. Es folgte ein gemeinsames Brainstorming, wir begeisterten weitere Menschen von unserer Vision und gründeten schließlich unseren Verein: den BewusstSchein e.V.

Zusammen mit unserem Team entwickelten wir das Konzept eines Führerscheins, mithilfe dessen wir Kindern und Jugendlichen die Anleitung für die sozialen Medien bieten wollen, die wir uns früher gewünscht hätten. Und auch hier bieten uns die digitalen Medien bis heute die Möglichkeit, unsere Vereinsmitglieder, die quer verteilt in Deutschland und Österreich agieren, zu vernetzen. Wir beide arbeiten fast ausschließlich virtuell zusammen, was uns zeitlich und räumlich unabhängig macht und wir nicht missen möchten – und stets mit unserer Vision im Hinterkopf: Wir möchten den Umgang mit Social Media grundlegend verändern. In unseren Workshops an Schulen und anderen Bildungsinstituten sensibilisieren wir Kinder und Jugendliche für die damit einhergehenden Gefahren, beleuchten aber auch zeitgleich die Chancen der Onlinewelt. Es ist wie bei so vielen Dingen: Die sozialen Medien sind Fluch und Segen zugleich.

Und da unser Ziel zwar bei der heranwachsenden Generation anfängt, aber dort längst nicht aufhört, möchten wir junge und ältere Menschen – insbesondere fernab der Bildungsinstitutionen – erreichen. Denn wir alle können von einem bewussten Umgang mit den sozialen Medien profitieren. Deswegen widmen wir euch dieses Buch.

Eine Anmerkung vorweg: Trotz intensiver Recherche und Auseinandersetzung mit dem Thema haben wir nicht das eine Rezept oder die eine Lösung für all die Probleme gefunden, die sich auf den sozialen Plattformen wiederfinden. So individuell unsere Nutzung von Social Media ist, so individuell ist auch der Prozess hin zu einem bewussten Konsum. Doch wir hoffen, dass dieses Buch ein Anreiz ist, sich mit all diesen Themen auseinanderzusetzen und das eigene Verhalten zu reflektieren. Viele von euch werden sich in unseren Geschichten und Anekdoten, in unseren Herangehensweisen und Veränderungsvorschlägen wiederfinden. Beim Lesen wird euch an einigen Stellen vermutlich auffallen, wie abwegig manche unserer Angewohnheiten rund um Social Media eigentlich sind – oft wird man sich zwischen darüber schmunzeln und sich dafür schämen nicht entscheiden können. Dabei legen wir unsere gebündelten Erfahrungen und Erkenntnisse aus über fünfzehn Jahren Social-Media-Nutzung, einer Vielzahl an Studien und aus unseren BewusstSchein-Workshops auf den Tisch.

Die Besonderheit bei uns als Autorinnenduo ist, dass sich auch unsere eigenen Erfahrungen mit und Meinungen zu den sozialen Medien an der einen oder anderen Stelle unterscheiden. Lea ist eher kritisch gegenüber den Auswirkungen der Plattformen auf die Gesellschaft, Demokratie und persönliche Entwicklung eingestellt und beleuchtet ihre Tücken und eingebauten Fallen genauer. Nora als kreative Content-Creatorin und mehr oder weniger glückliche Social-Media-Nutzerin weiß, dass sie jenen Netzwerken einen großen Teil ihres bisherigen Lebensglücks zu verdanken hat, und regt dazu an, den bestmöglichen Nutzen aus dem digitalen Angebot zu ziehen.

In einem Punkt sind wir uns dennoch einig: Soziale Medien sind nicht per se gut oder schlecht – als technologisches Werkzeug sind sie vielmehr neutral. So kommt es immer darauf an, wie ihr sie individuell verwendet und was euch wichtig ist, ob sie euch letztendlich Schaden oder Freude bringen.

Am Ende des Buches hoffen wir, Ordnung in das Chaos gebracht und einen Gesamtüberblick über die wichtigsten Social-Media-Themen geschaffen zu haben: Selbstdarstellung, Alleinsein, mentale Gesundheit, Abhängigkeit, Freundschaft, Liebe, Sex, Hate & die Zukunft von Social Media. Das alles und mehr beleuchten wir aus einem sehr (!) persönlichen Blickwinkel und helfen euch, trotz komplizierter Datenschutzerklärungen, manipulierender Algorithmen und geschönter Werbeanzeigen den Durchblick zu behalten. Geschmückt mit Impulsen zum Nachdenken, Reflexionsübungen und konkreten Handlungsempfehlungen wollen wir euch damit ein Bewusstsein dafür vermitteln, wie ihr on- und offline handeln könnt, ohne dabei euer Wohlbefinden und eure mentale wie körperliche Gesundheit zu gefährden.

I. UnsereSocial-Media-Profile

Meine On-Off-Beziehungmit Social Media | Lea

IN DEN UMFRAGEN meiner Abizeitung wurde ich von meiner Jahrgangsstufe an die Spitze der Kategorie »Handysuchti« gewählt. Heute würde ich es vermutlich nicht einmal mehr in die Top 50 schaffen. Doch früher war ich jemand anderes.

Es war 2012 und mein 14-jähriges Ich schlurfte durch den Flur einer neuen Schule. Nach der Scheidung meiner Eltern beschloss meine Mutter, gemeinsam mit ihrem neuen Mann und deren Kindern von der Großstadt aufs Land zu ziehen, und ich musste mit. Aus hohen Betonklötzen und kreischenden Straßenbahnen wurden geordnete Einfamilienhäuser und Stille – so viel Stille, dass ich sie kaum ertragen konnte. Ich betrat eine Klasse, in der sich alle schon seit dem Kindergarten kannten. Neugierige Blicke durchbohrten mich wie Giftpfeile, und ich hätte am liebsten die Klassenzimmertür hinter mir zugeknallt und wäre gerannt. Zurück zu meiner alten Schule, zurück zu meinen Freund:innen, zu meiner Stadt – zu meiner Heimat. Nach Schulschluss trottete ich nach Hause und wurde, sobald ich die Tür öffnete, von Vorwürfen, Erwartungen und der Angriffslust meiner Mutter erwartet. Ich war nicht die Tochter, die sie sich gewünscht hatte. Wie ein ausgefranstes Puzzleteil, das nicht mehr in das neue Lebensbild ihres Familienglücks passte, blieb ich fortan als Überbleibsel einer längst vergangenen Illusion zurück.

Der einzige Lichtblick zu der Zeit leuchtete hellblau und passte in meine Hosentasche. Sobald ich das Smartphone in meiner Hand hielt, trat ich durch ein Portal in ein vertrautes Universum und ließ all das Übel der Offline-Welt hinter mir. Vor allem Tumblr war mein Geheimversteck, wohin ich mich zurückzog, um mich mit all meinen Zweifeln und Gedanken sicher und verstanden zu fühlen. YouTube und Instagram waren meine Musen, die mich dazu inspirierten, meine Kreativität zu entfalten. Und dann gab es noch Facebook und WhatsApp, mit deren Hilfe ich versuchte, den Kontakt zu alten Freund:innen aufrechtzuerhalten und weiter ein Teil ihres Kosmos zu bleiben. Wenn ich heute auf die Zeit zurückblicke, realisiere ich, dass mich die unzähligen Stunden auf Social Media gerettet haben. Ich konnte in meinen sicheren Hafen flüchten, wenn mich das Chaos um mich herum zu verschlingen drohte.

Vier Jahre später sank ich Tausende Kilometer entfernt in warmen Sand, den ich gedankenverloren durch meine Hände rieseln ließ. Das Meeresrauschen versprach mir die Klarheit des Wassers, das neben mir in regelmäßigen Abständen an das Ufer schlug und alles Alte verwischte. Meine Auszeit zwischen Abitur und Studium in Kuba schenkte mir nicht nur eine lang herbeigesehnte Ruhe, sondern zudem eine Reise in ein früheres Zeitalter. Das Internet war hier ein Privileg, denn die autoritäre Regierung fürchtete die Macht des ungehinderten Zugangs der Bevölkerung zu Informationen. Viele Social-Media-Plattformen konnte ich während meines Aufenthalts gar nicht öffnen, einige Inhalte waren beschränkt, und die Kommunikationswege wurden vom Staat überwacht. Überhaupt eine funktionierende Internetverbindung zu erhalten stellte mich vor einige Herausforderungen, da kaum eine Unterkunft einen privaten Internetanschluss hatte.

Vereinzelt fanden sich kostenpflichtige WLAN-Hotspots an öffentlichen Plätzen, an denen mir eine eigenartige Ruhe entgegenschlug. Mit leicht zusammengekniffenen Augen, gekrümmtem Rücken und gesenktem Blick tippte eine Menschentraube versessen auf ihren Tablets, Smartphones oder Laptops. In ihrer Synchronität verschwammen sie ineinander, wurden eins und waren doch meilenweit voneinander entfernt. Doch dieser Anblick blieb eine Rarität, eine Absurdität innerhalb einer Welt, die größtenteils offline lebte. Was sich am Anfang fremd für mich anfühlte, wurde ebenso normal wie das schwüle Wetter, die starken Regenfälle und der Donner, der abends bedrohlich über der Stadt grollte. Zum ersten Mal seit Langem wurde mir bewusst, wie es ist, ein Leben zu führen, in dem ich nicht jederzeit erreichbar war. Und das erzeugte bei mir ein unerwartetes Glücksgefühl.

Zwei Monate später war ich wieder in Deutschland und begann ein Jurastudium in einer neuen Stadt, rund fünf Zugstunden von meiner Vergangenheit entfernt. »Wie heißt du auf Instagram?« war eine der ersten Fragen, die mir die neue Kommilitonin stellte, der ich in einem kleinen Café gegenübersaß. Ich antwortete ihr und beobachte, wie sie durch meinen Feed scrollte, bedeutsame Momente meiner bisherigen Existenz nach einer halben Sekunde beiseite wischte und sie mit leeren Worten kommentierte. Sie verfestigte ihren ersten Eindruck von mir und übersah dabei, dass die dreißig Kacheln in meinem Feed nur ein Bild von dem zeichneten, was ich der Außenwelt präsentieren wollte. Sie sah eine humorvolle, nette, geliebte und unkomplizierte Person, die Leichtigkeit und Lebenslust ausstrahlte. Sie bräuchte nur einmal von ihrem Bildschirm aufzublicken, um zu sehen, wer ich wirklich war. Doch das tat sie nicht.

In einer Podcast-Aufnahme beschrieb die Künstlerin Nina Chuba den Moment, in dem man das letzte Mal mit Playmobil spielt. Von außen betrachtet stellte sie fest, dass sie eigentlich nur Plastikfiguren in einer Plastikwelt bewegte und sich dabei Geschichten ausdachte. Von einem Augenblick auf den anderen war das Spielerlebnis entzaubert, verlor an kindlicher Leichtigkeit und damit an Bedeutung. Diesen Moment erlebte ich kurz nach diesem Treffen im Café. Plötzlich hatte ich keine Lust mehr, an dem Social-Media-Spiel teilzunehmen. Ohnehin war alles online schon da gewesen, jeder meiner Gedanken schon gedacht, jede meiner Ideen schon verwirklicht und jedes meiner Bilder in irgendeiner Form schon zigmal gepostet worden. Eine Endlosschleife an monotonen Wiederholungen, die mir jegliche Hoffnung auf Veränderung raubte. Allerdings fehlte mir noch der Mut, die Sicherheit, die mir diese Welt in den letzten Jahren geboten hatte, komplett aufzugeben.

Als Beobachterin betrachtete ich somit dieses Spiel weiterhin mit einer gewissen Faszination und konsumierte Inhalte auf der Suche nach der Erfüllung, die sie mir einst gaben. Doch ich wurde immer abwesender, während all die lachenden Gesichter, perfekt angerichteten Smoothie-Bowls und Aperol-Spritz-Gläser an mir vorbeizogen. Die Storys wischte ich noch schneller durch – nicht weil sie mich so sehr interessierten, sondern weil es mich beruhigte, wenn sie, nachdem ich sie mir alle angesehen hatte, dunkelgrau in meinem Feed verblassten. Die Befriedigung hielt jedoch nur so lange an, bis ich in der nächsten Sekunde nach unten wischte, um mir neue Inhalte anzeigen zu lassen. Eine neue Story – anschauen – erledigt – und jetzt? Im Entdecken-Modus entdeckte ich eigentlich nichts, bis auf die Tatsache, dass ich mich schlecht fühlte. Es war einfach nicht mehr dasselbe, es hatte seinen Glanz verloren.

Mit Corona begann 2020 für mich – wie vermutlich für viele andere – eine neue Zeitrechnung. Es gab jetzt ein Davor und ein Danach. Es schien, als hätte sich die Welt davor wie ein Karussell gedreht, immer schneller, bis plötzlich die Mechanik versagte und sie abrupt zum Stillstand kam. Nachdem ich das erste bittere Gefühl in meiner Magengegend überwunden und mein Puls sich verlangsamt hatte, schmeckte ich fast Erleichterung. Nach dem Schock, der anfänglichen Verwirrtheit und der lähmenden Machtlosigkeit fand ich seit Langem endlich mal wieder die Ruhe, um nachzudenken. Was wollte ich eigentlich mit der unfreiwillig neu gewonnenen Zeit anfangen?

Das Paradoxe ist, dass mir in stressigen Zeiten immer zahlreiche Dinge einfallen, die ich gern ausprobieren und unternehmen würde. Sie strahlen in meiner Vorstellung wie weit entfernte Sterne, die ich nicht greifen kann. Da ist ein Film, der schon ewig auf meiner Watchlist steht, ein Buch, das in meiner Nachttischschublade verstaubt, und die eine Freundin, die auf meinen Rückruf wartet. Doch wenn plötzlich Zeit da ist, prasseln zahlreiche Sternschnuppen vom Horizont und ziehen mich hinab in eine dunkle Höhle aus Kraft- und Lustlosigkeit. Ich suche mir für gewöhnlich das mit dem geringsten Aufwand erreichbare Glücksgefühl, was meistens in direkter Greifnähe liegt: mein Handy.

Doch diesmal war es anders. Vielleicht lag es an meinen morgendlichen Yoga-Einheiten, vielleicht an dem Ausbruch aus meinem gewohnten Alltag oder einfach nur an dem Gefühl der Veränderung. Kurzerhand beschloss ich, meinen Instagram-Account zu löschen. Ich deinstallierte die YouTube-App von meinem iPad und schaltete mein Handy tagsüber aus. Und plötzlich funkelten wieder zahlreiche Sterne am Horizont, und sie waren zum Greifen nah. In diesem Moment war ich mir sicher: Die sozialen Medien waren der Gegner meines Lebensglücks, und ich hatte die entscheidende Partie gewonnen. Und dann lebte ich glücklich und zufrieden bis …

Heute. Es wäre schön, wenn es so leicht wäre. Ich müsste nur alle Social-Media-Plattformen von meinem Smartphone löschen, und schon würde das graue Leben in bunter Farbe erstrahlen. Für manche mag das funktionieren. Für mich führte meine radikale Social-Media-Abstinenz zwar zu mehr Produktivität, doch das versprochene Glück blieb aus. Ich erlebte zwar Erfolge, hatte jedoch kaum jemanden, mit dem ich sie hätte teilen können. Ich entfremdete mich von vielen Freund:innen, weil ich nicht mehr regelmäßig ihre Nachrichten beantwortete, nicht immer an mein klingelndes Telefon ging, und wir uns nicht zwischendurch mit roten Herzen und lieben Kommentare zeigen konnten, wie gern wir uns doch haben.

Ich erkannte schließlich, dass mein Pendel die letzten Jahre immer zwischen Extremen hin- und herschwankte. Online, dann wieder offline, dann wieder on, off – on, off. Und da sich in Extremen selten das Glück finden lässt, probiere ich es jetzt mit der goldenen Mitte. Es gibt Tage, da bleibt mein Handy unangetastet auf meinem Bücherregal liegen, und ich widme meinen Fokus Dingen in der »realen Welt«. Dennoch verbiete ich es mir nicht, manche Abende damit zu verbringen, ein paar Stunden auf TikTok oder YouTube zu scrollen und zahlreiche inspirierende, lustige oder zum Nachdenken anregende Kurzvideos anzusehen. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass ich Social Media bewusst nutze. Das kann von Zeit zu Zeit anstrengend sein, denn es beinhaltet den andauernden Prozess, mich mit mir selbst, meinen Gewohnheiten und Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Doch es lohnt sich. Die sozialen Medien sind nicht mehr mein Gegner, sondern sind ein Spielpartner auf Augenhöhe geworden. Welche Regeln, taktischen Züge und Strategien mir dabei helfen, das Social-Media-Spielfeld zu beherrschen, möchte ich nun mit euch in diesem Buch teilen.

Digital Na(t)ive | Nora

ICH HABE NACH längerer Zeit mal wieder ein Bild auf Instagram gepostet. Und ich merke direkt, wie es mein Verhalten verändert. Ich will wissen, wer es gelikt hat, ob es neue Kommentare gibt und ob die richtigen Leute die versteckte Message dahinter verstehen. Mein eigenes Verhalten erkenne ich nur, weil ich inzwischen gut darin bin, bewusst auf Instagram unterwegs zu sein. Und das bedeutet für mich, dass ich nur noch selten für ein paar Minuten in die Welt der Influencer:innen, Künstler:innen und Stars eintauche. Das reicht mir vollkommen. Und wenn ich das tue, dann sind es eigentlich nur drei Personen, die mich interessieren. Doch beim Posten eines Fotos sind mir plötzlich Menschen wichtig, die ich nicht einmal kenne. Sie sollen mein Bild liken! Auch wenn es mich ärgert, dass diese Gefühle noch immer in mir aufkommen, so sind sie doch nicht mehr so stark wie früher. Inzwischen erkenne ich schnell, dass das ein selbstzerstörerisches Verhalten ist und mir den Spaß an der Kreativität, ein Posting zu entwickeln, nimmt.

Und das waren soziale Medien eigentlich für mich: Orte, an denen ich mein Selbst auf eine kreative Art und Weise nach außen tragen konnte. Denn mit zwölf, dreizehn Jahren – so empfand ich es – hörte mir niemand im »real life« zu. Das Internet allerdings schon. Also teilte ich mein Innerstes mit der Welt, behandelte Plattformen wie YouTube, Tumblr, Facebook, Twitter und Instagram wie mein Tagebuch. Das Internet gab mir Halt. Es gab mir eine Bestimmung, auch wenn das kitschig klingen mag. Ich habe damals meine Liebe zum Schreiben entdeckt und meinen Wunsch, Menschen etwas Bedeutungsvolles, Inspirierendes mitzugeben. Sei es zum Nachdenken, Nachmachen oder Nachschauen. Ich schätzte ihre Antworten, die Konversationen und die Freundschaften, die dadurch entstanden. Mochte die Aussicht, dass das vielleicht irgendwann ein Beruf werden könnte – denn: die Abozahlen stiegen.

Ich erhielt mein erstes Geld durch Werbung, zwar nur siebzig Euro für zwanzig Stunden Arbeit, aber hey! Bis ich achtzehn bin, kann ich vielleicht davon leben, dachte ich.Dann war ich achtzehn und fing an zu studieren. Wenn das Studium vorbei ist, kann ich vielleicht davon leben. Ich kooperierte mit vielen Marken, die ich mochte und die zu meinen Inhalten passten: Nachhaltigkeit, Tabuthemen wie Essstörungen, Depressionen oder die Periode (damals, 2017, war es noch nicht üblich, darüber zu sprechen), Lifestyle. Es machte mir einfach Spaß, zu erzählen und meine teilweise (sehr) privaten Erfahrungen zu teilen – das Geld war und ist dabei immer zweitrangig geblieben.

Mittlerweile will ich keine Werbemaschine mehr sein. Wenn ich mir Inhalte von anderen anschaue, überspringe ich die Minuten, in denen sie etwas bewerben, immer. Werbung bleibt nun mal Werbung, das habe ich erkannt. Und du merkst, wenn jemand etwas wirklich vertritt. Deswegen habe ich viele Kooperationen aufgegeben und nutze Social Media wieder vermehrt als Tagebuch. Für mich ist der Begriff »Influencer:in« einer, der die (positive) Beeinflussung durch das Ansprechen von wichtigen Themen mit einschließt. Meinem Verständnis nach ist jeder Mensch Influencer:in und hat einen Einfluss auf andere. Damit können wir eine Menge Gutes bewirken – und die sozialen Medien können eine Bühne dafür sein. Ihr seht: Meine Social-Media-Geschichte hat zwei Seiten. Die der Konsumentin und die der Produzentin.

Aber mal ganz zum Anfang: Ich fing sehr früh an, mich für Computer zu interessieren – oder besser für das, was man mit ihnen machen kann. In meinem Fall: Games spielen. Meine erste Berührung damit war das sogenannte Extra einer Pferdezeitschrift Abenteuer auf dem Reiterhof 1. Enttäuscht war ich, als die CD keine Musik abspielte. Bis mein Bruder mir erklärte, dass das eine CD-ROM sei, also ein Computerspiel. Nach einer Runde betteln ließ er mich an seinen PC. Das war, man kann es sich heute nicht mehr vorstellen, eine riesengroße Kiste. Dort saß ich kleine Sechsjährige und bewegte mithilfe der Pfeiltasten Pferde und Menschen von A nach B. Eine Obsession war geboren. Die Liebe für virtuelle Welten, die mich abtauchen ließen. Für Stunden!

Doch das war nur der erste Streich. Mein Bruder installierte auch die weiteren Abenteuer auf dem Reiterhof-Spiele für mich und ließ mich an seinen PC, wenn er nicht da war. Ich kam in sein leeres Zimmer, und der Startbildschirm des Spiels stand schon bereit. Irgendwann kam dann das Lebenssimulations-Spiel DieSims 2 dazu. Sims nahm mich vollkommen ein. Ich lebte in den virtuellen Ortschaften, hegte und pflegte meine Familien. Ich vergaß alles um mich herum und war für Stunden einfach nur glücklich. Das sah auch meine Mama – und ließ mich deshalb einfach machen. Am wichtigsten war für mich der Aspekt des gedanklichen Abschaltens. Ich blendete meinen Alltag, meine Sorgen und meine Langeweile aus. Und nach dem Spielen war ich in Gedanken nur damit beschäftigt, wie es wohl beim nächsten Mal mit meiner Sims-Familie weitergehen würde.

Das ist genau derselbe Effekt, den heute die sozialen Medien auf mich haben. Ich verschwinde in den Zauberwelten der nicht realen Welt, in der die Härte des Alltags wie weggewischt wirkt – und ich liebe die Haptik von technischen Geräten. Ich verstehe sie, ich fühle mich wohl im Umgang mit ihnen. Computer und Smartphones sind ein Wunder für mich, es ist unglaublich, was sie uns alles ermöglichen. Sicher ist an vielen Stellen Vorsicht geboten, und einiges davon werden wir in diesem Buch ansprechen, aber ich finde, das digitale Zeitalter hat uns den Zugang zu unfassbaren Dingen eröffnet. Wir sollten sie nutzen, um unser aller Leben ein Stück besser zu machen – aber niemals zulassen, dass sie es verschlechtern.

Doch leider habe ich genau das im letzten Sommer festgestellt: Meine Freizeitgestaltung bestand nur noch aus Scrollen. TikTok hatte es geschafft, mich vollständig einzunehmen. Und selbst wenn ich mich – nach Stunden – von der App losreißen konnte, schaute ich meistens fern und war nebenbei auf Instagram unterwegs. Irgendwann rechnete ich mir aus, wie viele Stunden am Tag ich vor Bildschirmen verbrachte. Durch meinen Hauptberuf in einer PR-Agentur (sehr viele E-Mails!), mein Ehrenamt bei BewusstSchein (sehr viele Onlinemeetings!) und meine Tätigkeit als YouTuberin (sehr viel Videofilmen, Videoschneiden & Videokommentare beantworten!) allein waren das ungefähr neun Stunden am Tag. Durch meinen Social-Media- und Fernsehkonsum in meiner Freizeit kamen zusätzlich vier bis fünf Stunden dazu. Als ich all das zusammenzählte, kam ich auf insgesamt dreizehn Stunden. Das ist mehr als die Hälfte meines Tages – und damit meines Lebens!!! Weitere acht Stunden schlafe ich. Es blieb also nicht mehr viel von meinem Tag übrig – eine Erkenntnis, die mich wie ein Schlag traf.

So ein Leben wollte ich nicht mehr führen – gibt es doch viel zu viele andere Beschäftigungen, denen ich liebend gern mehr Zeit und Beachtung schenken würde: ins Ballett gehen, selbst Ballett tanzen, lesen, kochen, Yoga machen, mich mit Freund:innen treffen … Schließlich startete ich wenige Zeit nach dieser Erkenntnis ein Social-Media-Detox.

Info

Ein Detox ist eine Art »Entgiftungskur«. Vergleichbar mit dem Fasten nimmt man sich im Voraus meist einen bestimmten Zeitraum vor, in dem man bewusst auf etwas verzichten möchte. In diesem Zeitraum beobachtet man dann genau, wie sich Körper und Geist verändern, ob man die jeweilige Sache vermisst oder ob es einem ohne sie besser geht. Die Vorteile: Es werden neue, gesunde Gewohnheiten geschaffen, Prioritäten für die wichtigen Dinge gesetzt sowie Klarheit und Fokus geschärft.

Und siehe da: Mein Leben hat sich seitdem um 180 Grad gewendet. Ich habe mehr Zeit für andere Beschäftigungen, mehr Freund:innen und mehr Sinn in meinem Leben. Und ich habe erkannt, dass soziale Medien mich zwar geprägt haben, aber nicht weiterhin eine prägende Rolle in meinem Leben spielen müssen. Vielmehr sind sie von nun an ein Werkzeug, um meine Gegenwart und Zukunft so zu gestalten, wie ich sie mir erträume. Und mit diesem Buch wollen wir nun auch euch diesen Werkzeugkoffer in die Hand geben.

Social-Media-Plattformen: Mehrals nur ein Like-Button

EINE KETTE VON höchstens sechs Bekanntschaften verbindet uns mit jedem beliebigen Menschen auf der Welt – das ist die Theorie der Six Degrees of Separation von Stanley Milgram. Während der wissenschaftliche Versuch, diese Theorie zu beweisen, nicht überzeugte, bildete sie den Grundstein für das erste soziale Netzwerk – SixDegrees.com. Bereits im Jahr 1997 wies die Plattform die Funktionen auf, die auch heute noch auf vielen sozialen Netzwerken zu finden sind: Profile, digitale Freundschaften und ein Nachrichtenaustauschsystem.

Heutzutage gibt es Social-Media-Plattformen wie Sand am Meer, und bei den ursprünglichen Funktionen ist es längst nicht geblieben. Doch wie oft nimmt man sich die Zeit zu überlegen, für was man diese Apps nutzen will und welche Funktionen man tatsächlich nutzt? Wir wollen mit euch auf eine kleine Zeitreise zu den Anfängen der aus unserer Sicht relevantesten Plattformen gehen und ihre Funktionen betrachten. Dabei beschreiben wir vor allem, wie wir sie selbst verwenden, und unsere persönlichen Ansichten dazu. Dies ist ganz individuell – überlege doch auch einmal, welchen Nutzen die einzelnen sozialen Netzwerke für dich haben.

Falls du dich (noch) nicht zu den Social-Media-Expert:innen zählst, haben wir die gängigsten Funktionen und Begrifflichkeiten der Plattformen in einem Glossar ab Seite 273 zusammengestellt und dort näher erklärt.

Interessant: Wir haben die Plattformen nach ihrer Popularität sortiert. Je höher die Plattform in der Liste steht, desto größer ist die Anzahl der Nutzer:innen in Deutschland, die sie erreicht.

WhatsApp | Facebook Messenger | Telegram | iMessage

(Nutzung 2022: 88 Prozent)sind eine kleine Auswahl der in Deutschland am häufigsten genutzten Messaging-Dienste. Gemeinsam haben sie alle, dass mit ihnen meist über Smartphone-Apps oder auf dem Desktop Nachrichten, Bilder, Videos, GIFs und Sprachnachrichten via Chat ausgetauscht werden. Darüber hinaus ermöglichen sie Sprach- und Videoanrufe. WhatsApp, das genau wie Facebook und Instagram Teil des Unternehmens Meta ist, bietet seit einigen Jahren zusätzlich eine Story-Funktion an.

LEA | Mittlerweile habe ich einen gesunden Umgang mit Messengerdiensten entwickelt, was eine Zeit lang nicht der Fall war. Die meisten Freund:innen schreiben mir über die Plattformen WhatsApp und Signal und wissen, dass ich dort meine Push-Benachrichtigungen ausgeschaltet habe und nur auf ihre Nachrichten reagiere, wenn es gerade für mich passt und ich mich danach fühle. Mit den fünf Personen, mit denen ich täglich in Kontakt stehe, schreibe ich auf iMessage und antworte da deutlich regelmäßiger. Wenn es etwas Dringendes ist, bin ich telefonisch zu erreichen.

NORA | Ich benutze eigentlich größtenteils WhatsApp, obwohl es nicht als der sicherste Messaging-Dienst gilt. Trotzdem sind die meisten meiner Kontakte dort, was praktisch ist. Es gab Zeiten, da hatte ich die Push-Benachrichtigungen von WhatsApp ausgeschaltet, da ich einfach zu viele Nachrichten erhalten habe. Und wenn es etwas Wichtiges wäre, könnte die Person mich ja auch jederzeit anrufen. Eigentlich halte ich das immer noch für eine sinnvolle Idee und werde es eventuell wieder einführen.

Facebook

(Nutzung 2022: 35 Prozent)wurde im Jahr 2004 gegründet und galt lange Zeit als das größte und wichtigste soziale Netzwerk. Gerade bei jungen Menschen hat die Plattform mittlerweile an Popularität verloren, da Dienste wie Instagram und TikTok schnellebiger und trendiger sind. Bei Facebook findet man Profile von Privatpersonen, Unternehmen, Künstler:innen und anderen Organisationen sowie Gruppen. Hier spielt sich das meiste im persönlichen Feed ab, der gespickt mit Inhalten der jeweiligen Personen und Seiten ist, mit denen man befreundet ist oder denen man folgt. Nicht zu vergessen: Auf Facebook kann natürlich auch via Messenger gechattet werden.

LEA | Ich habe eigentlich nur noch ein Facebook-Profil, weil ich mich bei vielen anderen Apps vor längerer Zeit über den »Über Facebook anmelden«-Button dort registriert habe. Wenn ich also mein Facebook-Konto löschen würde, könnte ich mich nicht mehr auf einigen anderen Plattformen anmelden, z.B. auf meinem Spotify-Profil. Schlau gemacht, Zuckerberg.

NORA | Facebook erhält den Preis für die erste Social-Media-Plattform, auf der ich jemals einen Account hatte. Damals gab es schließlich noch nicht viele andere. Ich postete Statements und Bilder, folgte Disney-Stars und trieb mich in verschiedenen Gruppen herum. Auch der schlimmste Chat meines Lebens fand auf dieser Plattform statt (später mehr dazu). Irgendwann wurde Facebook uncool und altbacken. Wer braucht es heute noch, wenn es Instagram und TikTok gibt? Warum ich trotzdem noch angemeldet bin? Für meine Arbeit und Projekte ist es mitunter wichtig, etwas ältere Zielgruppen zu erreichen – auch wenn Facebook oft totgesagt wird, ist es dafür durchaus noch wichtig. Und auch die Nutzungszahlen (siehe oben) zeigen, dass Facebook definitiv noch eine relevante Plattform ist.

Instagram

(Nutzung 2022: 31 Prozent)wurde 2010 ins Leben gerufen und hat sich seitdem zu einer der beliebtesten Foto-Sharing-Plattformen weltweit entwickelt. Ursprünglich haben Nutzer:innen die App verwendet, um Fotos zu teilen und mit anderen über Likes und Kommentare zu interagieren. Mittlerweile hat Instagram deutlich mehr Funktionen: Storys, Reels, Livestreams, Direktnachrichten, die Entdecken-Seite, Hashtags, Shopping, Highlights, Filter und mehr sind in der App zu finden.

LEA | Instagram war einmal ein Fotoalbum, durch das ich blättern konnte, wenn ich Bilder von meinen liebsten Menschen anschauen wollte. Doch gerade diese sind mit den neuen Funktionen wie den Reels immer mehr in den Hintergrund gerückt, sodass die App mich immer wieder in eine Abhängigkeitsspirale gezogen hat, die meinen Blick aufs Wesentliche verzerrte. Deswegen benutze ich die App heute nicht mehr, auch wenn mir die kleinen Fotoschnipsel aus dem Leben meiner Freund:innen fehlen.

NORA