Online-Therapie und -Beratung - Christine Knaevelsrud - E-Book
SONDERANGEBOT

Online-Therapie und -Beratung E-Book

Christine Knaevelsrud

0,0
26,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 26,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Das Internet als Kommunikationsmedium hat sich in den letzten Jahren als wirksame Alternative zur Sprechzimmertherapie erwiesen. Das Manual liefert eine praxisorientierte Darstellung kognitiv-verhaltenstherapeutischer Methoden sowie störungsübergreifender Ansätze im internetbasierten Setting. Ziel des Buches ist es, die Anwendbarkeit von Online-Therapie und -Beratung aufzuzeigen. Damit soll ein praktischer Umgang mit dem Medium Internet als therapeutisches Einsatzfeld ermöglicht werden. Das Buch gibt zunächst einen aktuellen Überblick über das Spektrum der Anwendungsbereiche neuer Kommunikationsmedien in der psychologischen Versorgung sowie über die Wirksamkeit von internetbasierten Therapie- und Beratungsansätzen. Es beschreibt, wie eine internetbasierte Diagnostik und Exploration durchgeführt werden kann. Anschließend wird detailliert und praxisorientiert dargestellt, wie kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden, z.B. kognitive Umstrukturierung, Exposition, sowie störungsübergreifende Ansätze zur Behandlung unterschiedlicher Störungsbilder (u.a. PTBS, Depression, Essstörungen) im internetbasierten Setting zum Einsatz kommen können. Ebenso wird die Umsetzung einer internetbasierten psychologischen Beratung beschrieben. Die dabei verwendeten spezifischen Therapie- und Beratungstechniken werden anhand von Fallbeispielen erklärt. Schließlich wird auf den Umgang mit schwierigen Therapiesituationen eingegangen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Christine Knaevelsrud

Birgit Wagner

Maria Böttche

Online-Therapie und -Beratung

Ein Praxisleitfaden zur onlinebasierten Behandlung psychischer Störungen

Prof. Dr. Christine Knaevelsrud, geb. 1975. 1996–2001 Studium der Psychologie in Amsterdam und New York City. 2004–2015 wissenschaftliche Leitung am Behandlungszentrum für Folteropfer (bzfo), Berlin. Promotion an der Universität Zürich. Psychologische Psychotherapeutin. Professorin für klinisch-psychologische Intervention an der Freien Universität Berlin. Forschungsschwerpunkte: Behandlungsmöglichkeiten von Hochrisikogruppen wie Kriegs- und Folterbetroffenen; Grundlagenforschung zum Einfluss der Versöhnungsbereitschaft; Einsatzmöglichkeiten neuer Medien in der klinischen Versorgung.

Prof. Dr. Birgit Wagner, geb. 1967. Studium der Psychologie an der Freien Universität Berlin. 2006–2009 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Zürich. 2006 Promotion. 2010–2013 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Universitätsklinikum Leipzig. 2012 Habilitation. 2012 Approbation zur Psychologischen Psychotherapeutin. Seit 2013 Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Medical School Berlin. Forschungs- und Therapieschwerpunkte: internetbasierte Psychotherapie; Traumafolgestörungen, insbesondere die komplizierte Trauer.

Dr. Maria Böttche, geb. 1981. 2001–2008 Studium der Psychologie in Berlin. 2008–2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Behandlungszentrum für Folteropfer (bzfo), Berlin. 2015 Promotion. Psychologische Psychotherapeutin i.A. Seit 2015 Leiterin der Forschungsabteilung des bzfo. Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte: Psychotraumatologie, Online-Therapie.

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Copyright-Hinweis:

Das E-Book einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar.

Der Nutzer verpflichtet sich, die Urheberrechte anzuerkennen und einzuhalten.

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG

Merkelstraße 3

37085 Göttingen

Deutschland

Tel.: +49 551 999 50 0

Fax: +49 551 999 50 111

E-Mail: [email protected]

Internet: www.hogrefe.de

Satz: ARThür Grafik-Design & Kunst, Weimar

Format: EPUB

1. Auflage 2016

© 2016 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-8409-2562-7; E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-8444-2562-8

ISBN 978-3-8017-2562-4

http://doi.org/10.1026/02562-000

Nutzungsbedingungen:

Der Erwerber erhält ein einfaches und nicht übertragbares Nutzungsrecht, das ihn zum privaten Gebrauch des E-Books und all der dazugehörigen Dateien berechtigt.

Der Inhalt dieses E-Books darf von dem Kunden vorbehaltlich abweichender zwingender gesetzlicher Regeln weder inhaltlich noch redaktionell verändert werden. Insbesondere darf er Urheberrechtsvermerke, Markenzeichen, digitale Wasserzeichen und andere Rechtsvorbehalte im abgerufenen Inhalt nicht entfernen.

Der Nutzer ist nicht berechtigt, das E-Book – auch nicht auszugsweise – anderen Personen zugänglich zu machen, insbesondere es weiterzuleiten, zu verleihen oder zu vermieten.

Das entgeltliche oder unentgeltliche Einstellen des E-Books ins Internet oder in andere Netzwerke, der Weiterverkauf und/oder jede Art der Nutzung zu kommerziellen Zwecken sind nicht zulässig.

Das Anfertigen von Vervielfältigungen, das Ausdrucken oder Speichern auf anderen Wiedergabegeräten ist nur für den persönlichen Gebrauch gestattet. Dritten darf dadurch kein Zugang ermöglicht werden.

Die Übernahme des gesamten E-Books in eine eigene Print- und/oder Online-Publikation ist nicht gestattet. Die Inhalte des E-Books dürfen nur zu privaten Zwecken und nur auszugsweise kopiert werden.

Diese Bestimmungen gelten gegebenenfalls auch für zum E-Book gehörende Audiodateien.

Anmerkung:

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Zitierfähigkeit: Dieses EPUB beinhaltet Seitenzahlen zwischen senkrechten Strichen (Beispiel: |1|), die den Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe und des E-Books im PDF-Format entsprechen.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 Theoretischer Hintergrund

1.1 Einleitung

1.1.1 Telefon- und Videointerventionen

1.1.2 Smartphones

1.2 Internetbasierte Therapien

1.2.1 Selbsthilfeprogramme

1.2.2 Selbsthilfeprogramme mit Therapeutenkontakt

1.2.3 Internetbasierte Schreibtherapie „Interapy“

1.3 Unterschiede zwischen Online-Therapien und Face-to-Face-Therapien

1.3.1 Therapieadhärenz

1.3.2 Schamerleben

1.3.3 Idealisierungseffekt

1.3.4 Anonymität

Kapitel 2 Wirksamkeit onlinetherapeutischer psychologischer Interventionen

2.1 Wirksamkeit bei Depressionen

2.2 Wirksamkeit bei Angststörungen

2.3 Wirksamkeit der Online-Therapie im direkten Vergleich zur konventionellen Therapie

2.4 Prädiktoren

2.4.1 Geleitete versus ungeleitete Intervention

2.4.2 Strukturierung und Dauer

2.4.3 Patientenmerkmale

2.4.4 Synchronität versus Asynchronität

Kapitel 3 Die therapeutische Beziehung in der onlinevermittelten Psychotherapie

3.1 Die therapeutische Beziehung als Outcomeprädiktor

3.2 Der Therapeut in der Online-Therapie

3.3 Der Patient in der Online-Therapie

3.4 Besonderheiten des therapeutischen Kontaktes in der Online-Therapie

3.4.1 Persönlicher Kontakt

3.4.2 Definierter Kommunikationsmodus

3.4.3 Transparenz

3.4.4 Anpassung des sprachlichen Ausdrucks

3.4.5 Anrede des Patienten

3.5 Umgang mit typischen onlinetherapeutischen Herausforderungen

3.5.1 Abweichung vom manualisierten Vorgehen

3.5.2 Der Patient ist stark belastet

3.5.3 Der Patient meldet sich nicht oder loggt sich nicht ein

3.5.4 Wechsel der Kommunikationskanäle

Kapitel 4 Diagnostik und Exploration

4.1 Einleitung

4.2 Vor- und Nachteile der internetbasierten Diagnostik und Exploration

4.3 Arten der Diagnostik und Exploration

4.3.1 Eingangsdiagnostik

4.3.2 Verlaufsdiagnostik

4.3.3 Therapieevaluation

4.4 Praktische Hinweise zur Art und Weise der Kommunikation

4.4.1 Sicherheit in der Kommunikation

4.4.2 Ausführliche und fundierte Diagnostik

Kapitel 5 Kognitiv-verhaltenstherapeutische transdiagnostische Methoden – Exposition

5.1 Schreiben als Exposition

5.2 Internetbasierte Exposition für die posttraumatische Belastungsstörung

5.2.1 Ablauf der Exposition

5.2.2 Schreibaufgabe als Exposition: Konfrontation mit der schwierigsten Situation in Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis

5.2.3 Therapeutische Rückmeldung auf Konfrontationstexte der Patienten

5.2.4 Schwierige Therapiesituationen bei der Schreibexposition

5.3 Spiegelexposition bei Essstörungen

5.3.1 Schreibanleitung für die Spiegelexposition

5.3.2 Schwierigkeiten bei der Spiegelexposition

Kapitel 6 Transdiagnostische Methoden – Kognitive Restrukturierung

6.1 Schriftliche Formen der kognitiven Restrukturierung

6.2 Internetbasierte kognitive Restrukturierung am Beispiel der posttraumatischen Belastungsstörung

6.2.1 Ablauf der kognitiven Restrukturierung

6.2.2 Schreibaufgabe als kognitive Restrukturierung: Bearbeitung von zentralen dysfunktionalen Annahmen

6.2.3 Therapeutische Rückmeldung auf die Briefe zur kognitiven Restrukturierung

6.2.4 Schwierige Therapiesituationen bei der kognitiven Restrukturierung

6.3 Multimediale Formen der kognitiven Restrukturierung am Beispiel des internetbasierten Negativity Bias-Trainings (NBT)

Kernelemente und Wirkweisen des Negativity Bias-Trainings (NBT) im TK-Depressionscoach

Kapitel 7 Störungsspezifische Therapiemodule

7.1 Depression

7.1.1 Modul „Identifizierung von depressiven Symptomen“

7.1.2 Modul „Tagesstruktur und Aufbau positiver Aktivitäten“

7.1.3 Modul „Lebensziele“

7.1.4 Modul „Kognitive Umstrukturierung“ – Bewusstwerdung und Veränderung von negativen und automatischen Gedanken

7.1.5 Modul „Rückfallprophylaxe und Abschied“

7.2 Bulimia nervosa und Binge Eating-Störung

7.2.1 Bewusstwerdung eines Ess- bzw. Brechanfalls

7.2.2 Das Esstagebuch

Kapitel 8 Biografisches Schreiben im internetbasierten Therapiesetting

8.1 Das autobiografische Gedächtnis

8.2 Ansätze der Arbeit mit biografischen Inhalten

8.2.1 Retrospektiver Ansatz

8.2.2 Umgang mit möglichen Schwierigkeiten in schriftlichen biografischen Therapietexten

8.2.3 Prospektiver Ansatz

Kapitel 9 Online-Beratung

9.1 Einleitung

Definition

9.2 Qualitätsstandards in der Online-Beratung

Methodische Ansätze in der internetbasierten Beratung

9.3 Entwicklung und Umsetzung einer internetbasierten psychologischen Beratung

9.4 Praktisches Beispiel

Literatur

|9|Kapitel 1Theoretischer Hintergrund

1.1 Einleitung

Psychotherapie ist eine anerkannte Methode psychische Erkrankungen zu behandeln. Zahlreiche Studien wurden in den letzten Jahrzehnten zu den verschiedenen Krankheitsbildern durchgeführt, die zu evidenzbasierten Therapieempfehlungen führten. Sowohl die Quantität als auch die Qualität der durchgeführten Psychotherapiestudien nahm zu und sie entsprachen zunehmend dem Stand der klinischen Medizin. Dennoch sind die bisherigen Therapieformen nicht ausreichend, um die Prävalenz und die Krankheitslast von psychischen Störungen einzudämmen (Kazdin & Blase, 2011).

Die hohe Prävalenz von psychischen Störungen hat für die Gesellschaft hohe wirtschaftliche Kosten und für das Individuum persönliche Belastungen zur Folge (Wittchen et al., 2011). Dennoch erhalten nur ein Viertel der Menschen, die an einer psychischen Störung leiden, professionelle Unterstützung. Laut einer Studie werden nur 25 % der Betroffenen, die an einer psychischen Erkrankung leiden, erreicht und erhalten zumindest eine minimale Beratung wie z. B. durch den Hausarzt (Wittchen & Jacobi, 2005). Eine Untersuchung über die ambulante psychotherapeutische Versorgung in Deutschland spiegelt diese mangelnde Versorgung und Zugänglichkeit durch lange Wartezeiten auf einen Therapieplatz wieder (Nübling, Jeschke, Ochs & Schmidt, 2014). So warten in Deutschland Betroffene im Durchschnitt 7.2 Wochen auf ein Erstgespräch und 15 Wochen auf einen Therapieplatz, wie sich bei einer Befragung von Psychotherapeuten mit einer Kassenzulassung und „freien“ Therapeuten zeigte. Am längsten war die Wartezeit auf einen Therapieplatz bei nur kassenzugelassenen Psychotherapeuten in ländlichen Gegenden und mittelgroßen Städten. Hier warteten die Betroffenen im Durchschnitt 20 Wochen auf einen Therapieplatz (Nübling et al., 2014). Aber auch die mittlere Behandlungsdauer eines Patienten mit durchschnittlich 70 Stunden weist darauf hin, dass die Ressourcen eines kassenzugelassenen Psychotherapeuten nur wenigen Patienten zur Verfügung stehen. Die Behandlungsdauer variiert entsprechend den zugelassenen Therapieverfahren. So dauert eine Verhaltenstherapie pro Patient ca. 42 Stunden, im Vergleich zur analytischen Therapie mit durchschnittlich 139 Stunden (Nübling et al., 2014). Neben der schlechten Versorgungslage und schwierigen Zugangsmöglichkeit von Psychotherapie gibt es weitere Gründe, weshalb Menschen keine Psychotherapie aufsuchen. Dazu gehören mitunter Stigmatisierung von Psychotherapie, Schamerleben über psychische Symptome oder Zeitmangel.

Kazdin und Blase (2011) postulieren aus diesen Gründen, dass ein Umdenken in der Psychotherapie stattfinden muss, indem sie sich für neue therapeutische Angebotsformen öffnet, die eine größere Reichweite haben als es bisherige Therapieangebote bieten können. Individuelle, traditionelle Psychotherapie ist zwar nachweislich wirksam, dennoch für das Gesundheitswesen teuer und aus diesem Grund nur einer begrenzten Zahl von Patienten zugänglich. Deshalb bietet die Anwendung von Technologien neue Behandlungswege, Psychotherapie einer größeren Patientengruppe zu ermöglichen. Dazu gehören Telefon- und Videointerventionen, Smartphones und internetbasierte Therapieangebote (Kazdin & Blase, 2011).

1.1.1 Telefon- und Videointerventionen

Telefon- und Videointerventionen spiegeln eine traditionelle Psychotherapie, bei der sich Patient und Therapeut gegenübersitzen, am ehesten wider. Der wesentliche Unterschied zeichnet sich durch die geografische Distanz aus, welche durch das Medium Telefon oder Video überbrückt wird. Mohr und Kollegen konnten in ihrer Metaanalyse zeigen, dass eine Telefonintervention signifikante Symptomreduzierungen der Depression erwirkte (Mohr, Vella, Hart, Heckman & Simon, 2008). Die Abbruchrate von Telefoninterventionen lag mit 7.6 % deutlich niedriger als bei traditionellen Face-to-Face-Therapien mit 46.9 % (Wierzbicki & Pekarik, 1993). Telefonbasierte therapeutische Unterstützung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten die Therapie nicht vorzeitig beenden.

Dieser Befund weist darauf hin, dass telefonbasierte Interventionen offensichtlich Barrieren reduzieren |10|können, die traditionelle Therapien für die Patienten aufweisen. Zu dieser verbesserten Zugänglichkeit gehören eine erhöhte Anonymität, aber auch die Tatsache, dass keine Wegstrecken zurückgelegt werden müssen. Letzteres kann für Patienten, die unter Ängsten oder Antriebslosigkeit leiden, ein Grund sein, die Therapie abzubrechen. Ähnlich wie internetbasierte Therapien holt eine telefonbasierte Intervention Patienten dort vor Ort ab, wo sich diese physisch befinden.

1.1.2 Smartphones

Eine Weiterentwicklung des telefonbasierten Ansatzes ist die Nutzung von Smartphones als psychotherapeutische Unterstützung. Smartphones haben eine Reihe von erweiterten Möglichkeiten, welche die Patienten sowohl bei der täglichen Selbstbeobachtung von Symptomen, bei der Durchführung von Hausaufgaben als auch durch die Kommunikation in Form von SMS unterstützen können. In einem SMS-basierten Nachsorgeprogramm für Patienten, die an einer Bulimia nervosa litten, konnte gezeigt werden, dass die Rückfallrate der Patienten, welche an dem SMS-Programm teilnahmen, signifikant geringer war als die der Kontrollgruppe (Bauer, Okon, Meermann & Kordy, 2013).

Smartphone-Interventionen, welche nicht SMS-basiert sind, sind in der Regel ohne Therapeutenkontakt konzipiert. Häufig folgt nach einer Stimmungsmessung eine entsprechende Verhaltensübung, die automatisiert ausgewählt wird und auf kognitiv-verhaltenstherapeutischen Prinzipien beruht (Morris et al., 2010).

Inzwischen haben Smartphones die Möglichkeit, neben den Selbstbeobachtungsdaten auch Körperfunktionsdaten des Patienten zu erfassen. Diese können sowohl diagnostische Informationen für den Therapeuten bzw. Arzt zur Verfügung stellen als auch im Rahmen des eigenen Selbstmanagements den Patienten unterstützen. So können beispielsweise GPS-Daten Wegstrecken aufzeichnen und rückmelden, es können Schlafzeiten erfasst und Herzraten gemessen werden (Riva, Baños, Botella, Gaggioli & Wiederhold, 2011). Smartphones bieten die Möglichkeit, psychologische Interventionen sehr niedrigschwellig mit einer großen Reichweite zu verbreiten. Dennoch steht die Wirksamkeitsforschung in diesem Bereich erst am Beginn und die Nachhaltigkeit sollte in zukünftigen Studien überprüft werden.

1.2 Internetbasierte Therapien

In kaum einem Bereich der Psychotherapieforschung wurden in den vergangenen Jahren so viele Studien durchgeführt wie für die internetbasierten Psychotherapien. Die durchgeführten Studien basierten bis auf wenige Ausnahmen auf kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansätzen. Das heißt, es wurden Therapiemanuale, welche zuvor in traditionellen Sprechzimmersettings evaluiert wurden, in ein internetbasiertes Format umgesetzt (Barak, Hen, Boniel-Nissim & Shapira, 2008). Inzwischen gibt es Wirksamkeitsnachweise für Depression (Johansson & Andersson, 2012), Essstörungen (Dölemeyer, Tietjen, Kersting & Wagner, 2013), Angststörungen (Calear & Christensen, 2010; Griffiths, Farrer & Christensen, 2010), Traumafolgestörungen (Paul, Hassija & Clapp, 2012) und komplizierte Trauer (Wagner, 2013). Die Behandlungseffekte sind mit traditionellen Psychotherapien durchaus vergleichbar (siehe Kapitel 2). Während im deutschen Sprachraum internetgestützte Therapieangebote aus rechtlichen Gründen (Almer & Warntjen, 2009) bisher fast ausschließlich in Form von Studien oder Modellprojekten durchgeführt werden, ist die internetbasierte Psychotherapie in einigen europäischen Nachbarländern bereits in der Gesundheitsversorgung angekommen und wird von den dortigen Krankenkassen getragen.

Die verschiedenen Interventionen unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Intensität des therapeutischen Kontaktes und der Vermittlung von Psychoedukation bezüglich der Therapie und des Störungsbildes. Andersson und Cuijpers (2009) fanden in ihrer Metaanalyse über 12 internetbasierte Studien für Depression einen starken Zusammenhang zwischen dem Einfluss des therapeutischen Kontaktes und den Behandlungseffekten. Internetbasierte Intervention mit Therapeutenkontakt hatten einen Effekt von d = .61, der mit Face-to-Face-Therapien vergleichbar ist, während Selbsthilfeprogramme mit minimalem oder keinem therapeutischen Kontakt einen sehr viel geringeren Effektwert von d = .25 aufzeigten. In einer neueren Metaanalyse, in die insgesamt 25 Studien eingeschlossen wurden, konnte dieser Befund bestätigt werden (Johansson & Andersson, 2012). Die Autoren kategorisierten die Studien gemäß der Häufigkeit des therapeutischen Kontaktes: Kategorie 0 (kein Kontakt), Kategorie 1 (Kontakt nur vor Beginn der Behandlung); Kategorie 2 (Kontakt nur während der Behandlung) und Kategorie 3 (Kontakt fand vor, während und nach der Behand|11|lung statt). Die Behandlungseffekte lagen entsprechend bei d = 0.21, 0.44, 0.56 und 0.76 (vgl. Abbildung 1). Das heißt, je intensiver der Kontakt in der internetbasierten Behandlung mit einem Therapeuten war, umso größer war die erreichte Symptomreduzierung.

Abbildung 1: Zusammenhang zwischen Behandlungseffekt und Ausmaß des therapeutischen Kontaktes (Johansson & Andersson, 2012)

Entsprechend der Art und Weise des therapeutischen Kontaktes unterscheidet man verschiedene Anwendungsformen der internetbasierten Therapie, welche in Tabelle 1 dargestellt werden.

Tabelle 1: Verschiedene Vorgehensweisen der internetbasierten Interventionen

|12|

1.2.1 Selbsthilfeprogramme

Selbsthilfeprogramme dienen im Wesentlichen der Informationsvermittlung über das jeweilige Störungsbild, können aber auch interaktive Übungen für die Teilnehmer beinhalten (z. B. Online-Esstagebücher, Gedankenprotokolle, Audio-, Videodateien). Sie laufen automatisiert ab und die Teilnehmer entscheiden häufig selbst, inwieweit sie einzelne Therapiemodule tatsächlich durchführen wollen oder auch einzelne Themen des Programms überspringen möchten. Computerisierte Selbsthilfeprogramme basieren auf dem gleichen Wirkprinzip wie die Bibliotherapie und sind ein sehr niedrigschwelliges Therapieangebot. Die Behandlungseffekte sind schwach (vgl. Abbildung 1) und durch den fehlenden Therapeutenkontakt ist die Dropout-Rate relativ hoch – bis zu 41 % (Christensen, Griffiths, Mackinnon & Brittliffe, 2006; Christensen, Griffiths, Groves & Korten, 2006). Reine Selbsthilfeprogramme sind vor allem im Bereich der Präventionsbehandlung von psychischen Störungen zu finden. Im psychotherapeutischen Setting können sie sinnvoll begleitend zu einer Psychotherapie eingesetzt werden oder Patienten dabei unterstützen, Wartezeiten auf einen Therapieplatz zu überbrücken.

1.2.2 Selbsthilfeprogramme mit Therapeutenkontakt

Diese Form der computerisierten Psychotherapie ist die am häufigsten untersuchte Online-Therapie. Der Kontakt mit dem Therapeuten kann dabei stark variieren:

Kontakt findet nur zu Beginn der Therapie als Einführung statt.

Kontakt wird während der Therapie als Unterstützung des Interventionsprogrammes angeboten.

Kontakt findet zu allen Zeiten der Nutzung des Programmes statt.

Die therapeutische Rückmeldung ist bei diesen Programmen in der Regel dennoch vom Umfang her begrenzt und bezieht sich selten auf inhaltlich persönliche Themen des Patienten (vgl. Kasten 1). Die wöchentlichen therapeutischen Feedbacks und die Beantwortung von Fragen dienen der Motivation der Teilnehmer und der regelmäßige Kontakt fördert die Compliance der Patienten. Das Anwendungsgebiet der therapeutengestützten Selbsthilfeprogramme ist sowohl im Präventionsbereich als auch in der Behandlung einer leichten bis mittelgradigen Symptomatik verschiedener psychischer Störungsbilder zu finden.

Liebe Frau …/Lieber Herr …,

ich freue mich sehr, dass es Ihnen gelungen ist, Ihre Essanfälle diese Woche im Esstagebuch so sorgfältig zu protokollieren. Das ist ein erster wichtiger Schritt im Programm. Achten Sie bitte auch in der kommenden Woche darauf, dass Sie Ihre Essanfälle regelmäßig eintragen.

Nun können Sie mit dem nächsten Modul beginnen. In diesem Modul geht es um die Bedeutung von regelmäßigem Essen bei Essstörungen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim neuen Modul!

Kasten 1: Beispiel einer therapeutischen Rückmeldung nach Beendigung eines Moduls

|13|1.2.3 Internetbasierte Schreibtherapie „Interapy“

Interapy heißt die von der Arbeitsgruppe um Alfred Lange von der Universität von Amsterdam entwickelte, wohl bekannteste Online-Therapie (Lange, van de Ven, Schrieken & Emmelkamp, 2001; Ruwaard et al., 2009, 2013; Ruwaard, Lange, Schrieken, Dolan & Emmelkamp, 2012). Der wesentliche Unterscheid zwischen diesem Ansatz des strukturierten Schreibens und den therapeutengestützten Selbsthilfeprogrammen ist, dass es sich um einen „High-intensity-guidance“-Ansatz handelt (Klein & Berger, 2013). Das heißt, die Patienten erhalten störungsspezifische Schreibanleitungen und werden gebeten, einen darauf basierenden Text zu formulieren. Beispielsweise werden Patienten bei der Behandlung einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) gebeten, ein 45-minütiges Essay zu verfassen, in dem sie den schwierigsten Moment des traumatischen Erlebnisses beschreiben sollen. Die Therapeuten geben darauf ein individuelles Feedback, welches in ein strukturiertes Therapiemanual eingebettet ist (vgl. Kasten 2). Die Patienten werden intensiv betreut und die Zeit, die ein Therapeut darauf verwendet, eine Rückmeldung zu formulieren, liegt bei ca. 20 bis 40 Minuten, abhängig von der Erfahrung der Therapeuten mit schreibgestützten Online-Behandlungen (Wagner, Horn & Maercker, 2014).

Liebe Frau …/Lieber Herr …,