Oscar Wilde - Philipp Aronstein - E-Book

Oscar Wilde E-Book

Philipp Aronstein

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Beschreibung

Oscar Fingal O’Fflahertie Wills Wilde (16. Oktober 1854 – 30. November 1900) war ein irischer Dichter und Dramatiker. Nachdem er in den 1880er Jahren in verschiedenen Formen geschrieben hatte, wurde er in den frühen 1890er Jahren zu einem der beliebtesten Dramatiker in London. Am besten in Erinnerung geblieben sind seine Epigramme und Theaterstücke, sein Roman “Das Bildnis des Dorian Gray” und die Umstände seiner strafrechtlichen Verurteilung wegen grober Unanständigkeit für einvernehmliche homosexuelle Handlungen in “einem der ersten Prominentenprozesse”, seine Inhaftierung und sein früher Tod durch Meningitis im Alter von 46 Jahren. Philipp Aronstein beleuchtet in seiner Biographie des berühmten Künstlers und Dandys alle Facetten und Phasen von dessen Leben und Wirken.

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Seitenzahl: 183

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PHILIPP ARONSTEIN

 

 

 

 

 

OSCAR WILDE

SEIN LEBEN UND LEBENSWERK

 

 

 

 

 

 

BIOGRAPHIE

OSCAR WILDE. SEIN LEBEN UND SEIN WERK wurde zuerst veröffentlicht von der Deutschen Bibliothek GmbH, Berlin 1922.

Diese Ausgabe wurde aufbereitet und herausgegeben von

© apebook Verlag, Essen (Germany)

www.apebook.de

2023

 

V 1.0

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.d-nb.de abrufbar.

 

 

ISBN 978-3-96130-593-3

Buchgestaltung: SKRIPTART, www.skriptart.de

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Oscar Wilde. Sein Leben und Lebenswerk

Impressum

Einleitung

Erstes Kapitel. Wildes Abstammung und Erziehung

Zweites Kapitel. Die Gedichte; der Londoner Ästhet

Drittes Kapitel. Wilde als Vortragender: Der Prophet des Ästhetizismus

Viertes Kapitel. Wilde als Geschichten- und Märchenerzähler

Fünftes Kapitel. Das Bildnis des Dorian Gray

Sechstes Kapitel. Wilde als Ästhetiker: Die »Ziele« und andere Schriften

Siebentes Kapitel. Oscar Wildes Dramen

Achtes Kapitel. Die Katastrophe in Wildes Leben

Neuntes Kapitel. Wildes spätere Gedichte

Zehntes Kapitel. De Profundis

Elftes Kapitel. Ausklang und Schlußbetrachtung

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Zu guter Letzt

Einleitung

Über Oscar Wildes Andenken liegt eine finstere Wolke. »Das Bildnis des Dorian Gray« ist heute noch einer der gelesensten, wenn auch am meisten gescholtenen englischen Romane der Neuzeit. Wildes heitere Gesellschaftsstücke werden auf allen Bühnen der Kulturländer gespielt, wenn auch Pedanten und Philister über ihre Frivolität die Nase rümpfen. Die wuchtige Gewalt der »Salome« wirkt durch das Wort allein und auch verstärkt durch die Musik eines der größten modernen Meister der Tonkunst mit unverminderter Kraft und offenbart dem Hörer und Leser die Abgründe menschlicher Leidenschaft. Die kritischen und theoretischen Schriften fesseln durch ihre vollendete Form, ihre Anmut, ihren Witz und ihren Geist den Kenner und literarischen Feinschmecker, wie kaum andere Schriften dieser Art in der Weltliteratur, und regen zu selbsttätigem Denken an. Und endlich die Märchen! Sind sie nicht ein Kinderbuch geworden wie der »Robinson Crusoe« Daniel Defoes und wie die Reisebeschreibungen jenes genialen unglücklichen Menschenverächters, »Gullivers Reisen« von Jonathan Swift? – Aber der Verfasser aller dieser wunderbaren Bücher ist auf der Höhe seiner Kraft, mit 41 Jahren, in einen schmutzigen Skandalprozeß hineingezogen worden und ist als ein gezeichneter Mann, ein Verbrecher herausgekommen. Er hat zwei Jahre in der Hölle eines Zuchthauses zugebracht, und dort ist seine Lebenskraft geknickt worden, so daß er in freiwilliger Verbannung einem elenden Tode zutaumelte. Und der Schatten seines Vergehens und seiner Schmach liegt auf seinem Namen und will nicht weichen. Die einen schnüffeln geschäftig in allen seinen Schriften nach Spuren der Schwäche und der Gesinnung, die ihn zu Falle brachten, die anderen werfen sich zu seinen Verteidigern auf, erklären, beklagen und klagen die Gesellschaft an, die sich so furchtbar an einem Manne rächte, der sich gegen ihre Gesetze vergangen hatte. Sind diese Betrachtungsweisen, sowohl die des moralisierenden Tugendrichters als die des wohlmeinenden Apologeten gegenüber den Werken eines Dichters berechtigt? Ich glaube nicht. Wir lassen uns den Genuß und die Belehrung des weisesten Buches über Erziehung, das jemals geschrieben worden ist, nicht verkümmern durch die Tatsache, daß sein Verfasser, J. J. Rousseau, seine eigenen Kinder in ein Findelhaus gebracht hat. War nicht dieser selbe Rousseau, der die Welt- und Lebensanschauung von Generationen umgestaltet hat, dessen Bücher Geschichte gemacht haben, wie kaum jemals die Schriften eines Menschen, Rousseau, den Schiller, einer seiner eifrigsten und größten Schüler, mit Sokrates vergleicht, im Leben ein unglücklicher Vagabund, der nirgends Ruhe fand, ein kranker Mensch, dessen Mißtrauen und Reizbarkeit schließlich in Verfolgungswahnsinn ausartete? Sollen wir an Fritz Reuters gemütvollem Humor weniger Freude finden, weil wir wissen, daß er an periodisch wiederkehrendem Säuferwahnsinn litt? Gewiß, der Mensch ist eine Einheit, und Leben und Kunst sind im Grunde nicht zu trennen, wie das Oscar Wilde, der diese Wahrheit leugnete, zu seinem Verderben fand. Man findet bei Rousseau die Spur seiner Schwächen, das Fehlen gewisser Hemmungsvorstellungen in seinen besten Schriften, und in Reuters oft allzu weinerlichem Humor macht sich eine gewisse Säufersentimentalität bemerkbar. Aber warum soll man auf diese Dinge einen besonderen Nachdruck legen, warum sie anders als schonend und zurückhaltend berühren? Der Biograph soll nicht der Kammerdiener der Literaturgeschichte sein, für den es keinen Helden gibt, er soll den Dichter nicht in Unterhosen zeigen und beweisen wollen, daß derselbe ein ebenso armseliges, mit Fehlern und Schwächen behaftetes zweizinkiges Gabeltier war, wie er selbst ist, ja, eben weil sein Genie jenem Helden so große Lasten aufbürdet, um so mehr auch mit den Unvollkommenheiten, die aus der Vererbung, den Umständen und Schicksalen hervorgehen, geplagt war. In den Schriften eines Menschen, wenn sie anders von dauerndem Werte sind, zeigt sich der intelligible Mensch, der Mensch, wie er in der vergänglichen Persönlichkeit angelegt ist und durch äußere Hindernisse und innere Qualen und Kämpfe zur Verwirklichung strebt. Diesen hat der Biograph zu zeigen und nicht in erster Linie den empirischen Menschen, wie er im Leben sich gezeigt hat; denn er geht die Nachwelt allein an. Weil das oft nicht geschehen ist, hat man es vielfach als eine Segnung empfunden, daß wir von Shakespeare nichts wissen, als daß er als Schauspieler in London Geld gemacht, verschiedene sehr prosaische Prozesse um Geld und Land geführt hat und als wohlhabender Landedelmann in seiner Heimatstadt gestorben ist. So ist sein Bild durch Allzumenschliches nicht getrübt, und seine Schwächen, denn auch er wird solche gehabt haben, bleiben der Menschheit, die an seinen Schöpfungen sich für alle Zeiten erfreut, verborgen. Beschäftigen wir uns daher auch bei der Behandlung Oscar Wildes in erster Linie mit seinen geistigen Erzeugnissen, suchen wir den intelligiblen Menschen zu erkennen, behandeln wir sein Leben, ohne etwas zu verschweigen oder zu beschönigen, nicht im Geiste des Kammerdieners, sondern in dem des ruhigen und sympathischen Beurteilers, um so zu vollerem und besserem Verständnis des Menschen und Künstlers in seiner Bedeutung für Gegenwart und Zukunft zu gelangen.

Erstes Kapitel.Wildes Abstammung und Erziehung

Oscar Wilde oder, wie er mit seinem vollen Namen hieß, Oscar Fingal O'Flaherty Wills Wilde war Irländer von Geburt. Er reiht sich der langen Reihe hervorragender englischer Schriftsteller irischer Abkunft an, unter denen Swift, Oliver Goldsmith, der Dichter der irischen Melodien Thomas Moore und als letzter Bernard Shaw die bedeutendsten sind. Von Vater- wie von Mutterseite stammte er von geistig hochbegabten Menschen ab. Sein Vater, William Robert Wills Wilde (1815-1876), war ein ausgezeichneter Augen- und Ohrenarzt. Er war der Gründer einer Klinik, aus der später die Königliche Viktoria-Augen- und Ohrenklinik in Dublin hervorging. Nicht bloß als Arzt und medizinischer Forscher und Schriftsteller war er ausgezeichnet und genoß ein hohes Ansehen – er erhielt englische und ausländische Orden und Ehrungen und wurde im Jahre 1864 in den Ritterstand erhoben –, sondern er sammelte und forschte auch mit Erfolg auf dem Gebiete der irischen Sage und Geschichte. Ein Buch über »irischen Volksaberglauben« ist die Hauptfrucht seiner irischen Studien. Sein Interesse an diesen Dingen war vererbt. Denn wenn er auch väterlicherseits von englischen Einwanderern abstammte, so gehörte doch die Familie seiner Mutter wie die seiner Großmutter der einheimischen keltischen Rasse an. Als ein echter Kelte erscheint er auch in seinem Charakter und seiner Lebensführung, mildtätig und freigebig bis zur Verschwendung, dabei von ungezügelter Leidenschaftlichkeit, dem Alkoholgenuß ergeben und äußerst lax in seinen geschlechtlichen Beziehungen. Er hinterließ neben zwei ehelichen Söhnen eine Anzahl natürlicher Kinder. In seiner Familie finden sich eine Reihe tüchtiger Staatsbeamten, Militärs und Geistlichen. Sie gehörte zur geistigen Aristokratie des Landes.

Auch Oscar Wildes Mutter, Jane Francesca Elgee (1826-1896), war eine durchaus ungewöhnliche Person. Sie entstammte einer angesehenen protestantisch-englischen Familie, die dem Lande viele Männer von Bedeutung, Geistliche, Forschungsreisende, Juristen und Schriftsteller geschenkt hat. Einer derselben, ihr Großonkel, der Rev. Charles Maturin, nimmt einen hervorragenden Platz in der englischen Romantik ein; einer seiner Romane, »Melmoth der Wanderer«, zählte zu seinen Bewunderern Walter Scott, Byron und Balzac. Oscar Wildes Mutter war von großer Schönheit und hochgebildet. Sie las griechisch und lateinisch und beherrschte das Deutsche, Italienische und Französische. In ihrer Jugend begeisterte sie sich für die Sache der irischen Unabhängigkeit und trat dafür in Gedichten und Pamphleten ein. Die Gedichte veröffentlichte sie unter dem Namen Speranza, ihre Prosaaufsätze in der »Nation«, dem Organ der irischen Nationalisten, unter dem Namen John Fenshaw Ellis. Aber nach dem unglücklichen Ausgange der Bewegung von 1848 erlosch das Feuer ihrer Begeisterung für die irische Sache sehr bald, und ihr Interesse wandte sich anderen Dingen zu. Die Zahl der von ihr verfaßten Bücher, Übersetzungen aus dem Französischen, Deutschen und Italienischen und Aufsätze in Zeitschriften ist sehr groß, aber keines ihrer Werke hat eine größere Bedeutung erlangt, wenn auch einzelne, die alte irische Sagen und Heilmittel behandeln und ihrem Inhalte nach von ihrem Gatten herstammen, heute noch gelesen werden. Während des Lebens ihres Mannes war sie der Mittelpunkt der guten Gesellschaft in Dublin; ihr Salon war der Salon der irischen Hauptstadt. Später, als sie bei ihrem ältesten Sohne Willy in London wohnte, behielt sie diese Sitte bei, aber mit dem schwindenden Reichtum wich auch der Glanz von ihr, und ihre späteren Sonnabendempfänge riefen durch eine anspruchsvolle Schäbigkeit den Spott der Besucher hervor. Denn was dieser glänzenden Frau bei allen ihren hohen Gaben fehlte, das war der Sinn für die Notwendigkeiten des Lebens. Sie war schwärmerisch und exaltiert in allem, was sie tat, und haßte nichts so sehr als Trivialität. Es wird erzählt, daß eine Besucherin einst in ihrem Hause, dem Hause des hochangesehenen und vielbeschäftigten Arztes, zwei Gerichtsvollzieher im Vorzimmer gefunden habe, und als sie eilig zu Lady Wilde gegangen sei, um sie in ihrem Unglücke zu trösten, da habe sie diese auf dem Sofa liegend gefunden, den gefesselten Prometheus des Äschylus lesend und einige schöne Stellen mit Pathos rezitierend, ohne sich im geringsten um das Unglück des Hauses zu kümmern. Es ist ein Bild wie aus einem Roman von Dickens, und in der Tat soll dieser Lady Wilde – natürlich in ihrer späteren Londoner Zeit – bei einer seiner Karikaturen im Auge gehabt haben. Auch war sie eitel, legte übermäßigen Wert auf den Schein und die Meinung der Menschen, überlud sich mit Putz und Schmuck und suchte in späteren Jahren die Spuren des Alters auf raffinierte Weise zu verbergen. »Sie gemahnte«, so schreibt eine Besucherin ihres Salons, »an eine Tragödienkönigin in einem Vorstadttheater.«

Das waren die Eltern, als deren zweiter Sohn Oscar am 16. Oktober 1854 in Dublin, Merrion Square 1, geboren wurde. Mancherlei wertvolle Gaben vererbte dem Knaben dieses Elternpaar und diese Familie, geistige Regsamkeit, Empfänglichkeit für alles Schöne der Kunst, wissenschaftlichen Sinn, Freude an geistiger Betätigung und Glaube an ihren Erfolg – bot doch seine Familie ihm auf allen Gebieten ermutigende Beispiele solchen Erfolges –, auch persönlichen Stolz und moralischen Mut, wie ihn Vater und Mutter oft gezeigt hatten, aber eins fehlte ganz, der Ernst der Lebensführung, die Selbstbeherrschung und Selbstbeschränkung, jene weniger glänzenden und unscheinbaren Eigenschaften des Charakters, ohne die alle die anderen Vorzüge und Tugenden so oft ihr Ziel, den Aufbau eines erfolgreichen und glücklichen Lebens verfehlen. Es war, als ob eine mißgünstige Fee durch diesen Mangel jenes Übermaß der Gaben hätte zunichte machen wollen, mit dem die gütigen Feen ihn an seiner Wiege beschenkt hatten. Oscar, der außer mit diesem in Schottland heimischen Namen – man denke an Ossian – noch mit zwei irischen, Fingal und O'Flaherty, und dem Namen einer befreundeten und verwandten englischen Familie geschmückt wurde, hatte außer seinem älteren Bruder Willy, der später als Journalist in London lebte, noch eine Schwester, die als Kind starb, und die er in einem seiner schönsten Gedichte, Requiescat , verewigt hat. Bis zum elften Jahre wurde der Knabe im elterlichen Hause von Privatlehrern erzogen und atmete bei seiner ungewöhnlichen geistigen Regsamkeit und Empfänglichkeit allzufrüh die parfümierte Luft des Salons seiner Mutter ein, in dem man sich mit Geist und einiger Frivolität über die Begriffe der landläufigen Moral und der Prosa des Lebens hinwegzusetzen pflegte. Manches wurde hier in dem Geiste des frühreifen Knaben angelegt, das ihm nicht zum Vorteile gereichte. Er reiste auch viel mit seinem Vater im Lande umher, diesen auf seinen Forschungsfahrten nach irischen Altertümern begleitend. Mit elf Jahren bezog er die Königliche Portora-Schule in Enniskillen, die zur Universität vorbereitete. Hier zeichnete er sich in allen Fächern aus, außer in der Mathematik und im Rechnen, wo er gar nichts leistete. An den körperlichen Spielen beteiligte er sich gar nicht und hielt sich abseits von seinen Schulkameraden, die ihn wegen seines Witzes und scharfen Spottes, der weder Lehrer noch Schüler schonte, fürchteten. Im Jahre 1871 ging er nach Trinity-College Dublin. Bei seiner Aufnahmeprüfung zeigte er hervorragende Kenntnisse im Lateinischen und Griechischen. Für seine Leistungen im Griechischen errang er auch im Jahre 1874 die höchste Auszeichnung der Universität, die von Bischof Berkely, dem bekannten Philosophen, gestiftete goldene Berkely-Medaille, mit der ein Stipendium, bestehend in fast freiem Studium und Leben im College, verbunden war. Aber Oscar Wilde machte von diesen Vorteilen wenig Gebrauch. Er ging im nächsten Jahre zur Universität Oxford an das Magdalene-College, an dem er für fünf Jahre das sogenannte Halbkollegiat, d. h. die Aufnahme zu halbem Preise (£ 95) erlangte.

Wilde bezeichnet selbst später seinen Aufenthalt in Oxford als einen Wendepunkt in seinem Leben. Oxford ist die ältere und vornehmere der beiden alten englischen Universitäten, deren Eigenart und Bedeutung nicht sowohl in ihren wissenschaftlichen Leistungen besteht, als in der Vorbereitung für das Leben, die sie durch das Zusammenleben der Studenten miteinander und mit ihren Lehrern, den Dons, in den Studentenhäusern oder Colleges und die eigentümliche Mischung von Sport, Studium und gesellschaftlichem Treiben den jungen Leuten geben. Ist ja doch ihre Aufgabe auch nicht, wie die der deutschen Universitäten, für einen Beruf vorzubereiten oder wissenschaftliche Forscher heranzubilden, sondern den englischen Gentleman zu formen, der dann später die Führung im öffentlichen Leben zu übernehmen befähigt ist. Deshalb haben ihre Prüfungen, Titel und Ehren auch nicht in erster Linie eine Beziehung zum praktischen Leben, geben keine Berechtigung oder Anwartschaft auf ein Amt, sind nicht Fachprüfungen, sondern Bildungsprüfungen. Unter den beiden Universitäten hat sich die jüngere, Cambridge, stets neueren Einflüssen am zugänglichsten gezeigt, während in der älteren, Oxford, von jeher die bis zum Mittelalter zurückgehende Tradition am mächtigsten gewesen ist. Verkündet doch auch schon die Stadt Oxford mit ihren wunderbaren Kirchen und klösterlichen Hallen, ihren Bogengängen und mit den Bildern berühmter Oxforder geschmückten Refektorien diesen Geist ununterbrochener geschichtlicher Kontinuität, der Verehrung des Alten, dessen greifbares Fortleben in zahlreichen Denkmälern und Erinnerungen in Verbindung mit einer ewig sich erneuernden fröhlichen Jugend, die sich auf der Isis in Booten tummelt oder auf den Wiesen an ihren Ufern sich dem Kricketspiele hingibt, dem Orte und dem Leben dort eine nie versiegende Poesie verleiht. Oxford war daher auch immer der Mittelpunkt der Romantik in England, der rückschauenden, mehr an die Phantasie und das Gefühl als an den Verstand sich wendenden geistigen Bewegungen und Strömungen.

Von dort ging jene sogenannte »Oxforder Bewegung« der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts aus, die das religiöse Leben im romantischen Sinne umzugestalten strebte, ihm im Gegensatze zu der Kahlheit und Strenge des Kalvinismus und der Leere des konventionellen Kirchentums Form und Farbe und Gefühl geben wollte und die bei einigen ihrer Hauptvertreter, besonders dem späteren Kardinal Newman, ebenfalls einem Oxforder Professor, in der Rückkehr in den Schoß der alleinseligmachenden Kirche endete. Hatte diese Bewegung »die Schönheit der Heiligkeit« gelehrt und verkündet, so suchte »die ästhetische Bewegung«, die in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts entstand, die Schönheit in das Leben zurückzuführen.

Als Wilde nach Oxford kam, wirkten dort zwei der hervorragendsten Vertreter dieser neuen Religion der Schönheit, John Ruskin und Walter Pater. John Ruskin, der nicht bloß seine großen kunstkritischen Werke, »Moderne Maler«, »Die Steine von Venedig«, »Die sieben Leuchten der Baukunst« u. a. geschrieben, sondern auch der Welt sein Evangelium der Arbeit in zahlreichen Büchern und Vorträgen, wie Unto this last, Time and Tide, Munera Pulveris usw. verkündet hatte, las im Winter 1874 als Kunstprofessor in Oxford über florentinische Kunst, und Wilde gehörte zu seinen eifrigsten Zuhörern. Er trat auch in persönliche Beziehungen zu ihm, indem er zu jener Schar von Jüngern zählte, die unter des Meisters persönlicher Anleitung eine Straße in dem Dorfe Hincksey bei Oxford bauten, damit sie so den Segen der Arbeit kennen lernten. Der Einfluß Ruskins, der es, wie selten ein anderer, verstand, die Jugend für seine Ideen zu begeistern, ist sicherlich ein sehr bedeutender gewesen. Wilde selbst betrachtete sich lange als einen seiner Jünger, als einen Verkünder und Apostel der Lehren des Meisters. »Einen Lehrer aller edlen Lebenskunst und alles geistigen Wissens« nennt er Ruskin. Später allerdings kam er von ihm los. »Der Grundpfeiler seines ästhetischen Lehrgebäudes«, sagte er einmal, »ist immer bloß ethisch. Er beurteilt ein Gemälde nach der Summe edler sittlicher Gefühle, die es zum Ausdruck bringt+… Für uns aber ist der Maßstab der Kunst nicht der Maßstab der Moral+… Wer in den hohen Tempel der Schönheit eingehen will, den fragen wir nicht, was er allenfalls tun möchte, sondern was er vollbracht hat. Nicht seine pathetischen Vorsätze haben Wert für uns, sondern einzig seine verwirklichten Schöpfungen. Pour moi je préfère les poètes qui font des vers, les médecins qui sachent guérir, les peintres qui sachent peindre. Doch das waren spätere Entwicklungen; für den Augenblick eröffnete der vielgefeierte Meister seinem empfänglichen Geiste neue Perspektiven.

Dauernder und noch bedeutender war der Einfluß Walter Paters. Walter Pater war ein epikureischer Aszet, ein feinsinniger, etwas scheuer, klösterlicher Denker und Genießer der Kunst alles Schönen, ein Ästhet in des Wortes positiver und auch in seiner negativen, den Kampf und Lärm des Lebens ausschließenden Bedeutung. Im Mittelalter wäre er Mönch geworden und wurde in dem lauten, geschäftigen England des 19. Jahrhunderts ein » fellow« von Oxford, ein klösterlich lebender Gelehrter, der etwas unterrichtete, Vorlesungen hielt, etwas schrieb, alles ohne Zwang, da er eine mäßige Pension hatte, und alles in beschränkter Weise, nicht viel, aber mit größter Sorgfalt und Hingebung im einzelnen produzierend. Oscar Wilde war sein Schüler und stand unter seinem persönlichen Einfluß; er bewunderte seine Schriften, besonders seine Essays über die italienische Renaissance, als höchste Muster englischer Prosa und bildete sich an ihnen.

Wildes Leben in Oxford war das eines wohlhabenden, lebensfrohen Studenten. Er bewohnte in dem Magdalene-College, das als eins der vornehmsten der Universität galt, drei schöne Zimmer, die er prächtig mit Bildern und besonders mit wertvollem blauen Porzellan schmückte, und empfing dort seine Freunde. Man trank Punsch und Whisky und Selterswasser und reichte Zigarren dazu. Ein Stoßseufzer Wildes an einem jener geselligen Wende ist mit Recht im Gedächtnis der Zuhörer geblieben: »Oh, könnte ich doch meines blauen Porzellans würdig leben!« Der ganze Wilde liegt in nuce in diesem Ausspruche, der den Studenten sicherlich wie ein Ulk, eine Affektiertheit vorkam. Er ritt gerne aus, nahm aber an den sportlichen Betätigungen seiner Kommilitonen, dem Kricketspiel und Rudern, niemals aktiv, sondern nur als eleganter Zuschauer teil. Eine gewisse Sucht, sich von den anderen zu unterscheiden, und damit zusammenhängend eine Affektiertheit im Auftreten und Reden zog die Studenten an und stieß sie doch wieder ab, so daß sie ihn einmal »schleiften«, d. h. von acht kräftigen »Knoten« binden und auf der Erde einen Hügel hinaufschleppen ließen, wobei er arg geschunden und beschmutzt wurde. Als er oben ankam und man ihn losband, stand er ruhig auf, staubte seinen Rock ab und sagte gelassen: »Ja, der Rundblick von diesem Hügel ist wirklich reizend.« Aus solch einem Verhalten geht doch hervor, daß hinter dem feisten Gigerl, dem Stutzer und Lebemann, der gerne den vornehmen Herrn spielte und die Gesellschaft der Vornehmen mit einem gewissen Snobismus suchte, ein ganzer Mann steckte. In der Tat zeichnete er sich auch wissenschaftlich aus und erfreute sich deshalb der besonderen Gunst des Präsidenten seines Kollegs. Alle Examina bestand er mit Auszeichnung und beendete seine Studien regelrecht mit der Erlangung des Grades eines B. A. (Baccalaureus Artium) am 28. November 1878.

Außer dem, was die Universität ihm bieten konnte, hatten aber auch andere Faktoren mächtig auf ihn eingewirkt. Dazu gehören besonders seine Reisen