Outside Insight - Jorn Lyseggen - E-Book

Outside Insight E-Book

Jorn Lyseggen

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Beschreibung

Der norwegische Unternehmer Jorn Lyseggen sieht den wahren Mehrwert für die Strategieentwicklung in der Nutzung "digitaler Breadcrumbs". Informationskrümel, die Unternehmen, Meinungsführer und Privatpersonen hinterlassen - in Kommentaren, Social-Media-Posts, Stellenanzeigen, Patentanmeldungen. Sie zeigen, wie sich der Markt entwickelt und die Konkurrenz bewegt. Lyseggen zeigt anhand von Beispielen, welche externen Daten erfolgreiche Marken schon heute nutzen, um sich einen Informationsvorsprung vor ihren Mitstreitern zu sichern. Darunter Unternehmen wie Apple und Facebook, aber auch Persönlichkeiten wie Barack Obama. Eine Roadmap für all jene, die sich der digitalen Realität stellen wollen und den Mut haben, anders zu entscheiden als bisher. Zeitgemäß, vorausschauend, unkonventionell. Inhalte: - Die neue Daten-Realität: Welche digitalen Informationskrümel existieren und wie sie von Unternehmen genutzt werden können - Das neue Entscheidungs-Paradigma: die Bedeutung externer Daten, Echtzeit-Analysen und Benchmarking - Outside Insight in der Praxis mit vielen aktuellen Beispielen zur Daten-AnalyseDieser Titel ist ein Produkt der Reihe "Professional Publishing for Future and Innovation by Murmann & Haufe".

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 280

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Liebe Leser,

wir leben in einer neuen, digitalen Realität und ertrinken nahezu in Daten. Doch wir bei Meltwater haben erkannt, dass diese Daten nur so wertvoll sind wie die Erkenntnisse, die sie liefern, und die Entscheidungen, die sie beeinflussen.

Unsere KI-Technologie durchkämmt tagtäglich riesige Mengen an Informationen, die im Netz zur Verfügung stehen und fördert relevante Informationen und Erkenntnisse zu Tage. Dadurch erfahren unsere Kunden weltweit quasi in Echtzeit, in welche Richtung sich ihre Branche bewegt.

Ich hoffe, dass dieses Buch auch Ihnen dabei helfen wird, den großen digitalen Schatz zu bergen. Wir sind davon überzeugt: Wer externe Daten nutzt, erlangt nicht nur einen Informationsvorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern. Er wird auch bessere Entscheidungen treffen und Erfolgsgeschichte schreiben in dieser neuen, digitalen Ära.

Vielen Dank für Ihr Interesse und dafür, dass Sie Teil unserer Geschichte sind. Schreiben Sie mir. Teilen Sie mir mit, wie es Ihnen mit Outside Insight ergeht. Ich freu mich darauf.

Jorn Lyseggen

Gründer und CEO von Meltwater

OUTSIDEINSIGHT

Wie man im Datendschungel sein Business von morgen entdeckt

Jorn Lyseggen

Für Kai und Izzy.

Eure Geburt war wie ein Hauptgewinn in der kosmischen Lotterie.Ich bin so stolz auf euch. Ich liebe euch so sehr.

INHALT

Vorwort 9

Einführung 11

TEIL EINSDIE NEUE, DIGITALE WIRKLICHKEIT

01 Digitale Brotkrumen – im Netz hinterlässt jeder eine Spur 17

02 Interne Daten – Blick in die Vergangenheit 47

03 Externe Daten – Blick in die Zukunft 61

TEIL ZWEI EIN NEUES ENTSCHEIDUNGS­MODELL

04 Entscheidungsmodell für die digitale Realität 79

05 Der Wert externer Daten 93

06 Der Wert von Echtzeit 104

07 Der Wert von Benchmark 119

TEIL DREIOUTSIDE INSIGHT IN DER PRAXIS

08 Outside Insight für den Vorstand 131

09 Outside Insight für Marketing 150

10 Outside Insight für die Produktentwicklung 173

11 Outside Insight für das Risikomanagement 190

12 Outside Insight für Investitionsentscheidungen 202

TEIL VIERDIE ZUKUNFT VON OUTSIDE INSIGHT

13 Eine neue Art von Software entsteht 217

14 Lösungen in greifbarer Nähe 223

15 Neue Datenquellen erschließen 238

16 Potenzielle Gefahren mitdenken 245

17 Ausblick: Radikal anders 256

ANHANG

Danksagung 262

Register 267

Über den Autor 276

Impressum 277

VORWORT

Sommer 2001. Ich war im Begriff, ein neues Unternehmen zu gründen. Also versuchte ich, mir einen Überblick über die Makrotrends zu verschaffen: Was wird die Welt in den kommenden Jahren maßgeblich beeinflussen, verändern, formen? Ein Trend, der mich besonders faszinierte, war die Informationsflut im Netz. Wir ertranken förmlich darin. Doch wie all diese Nachrichten, Botschaften, Hinweise sinnvoll nutzen – ohne großen Zeitaufwand? Die Antwort darauf lag für mich auf der Hand: Es bedurfte einer Software, die in der Lage war, all diese Informationen automatisch zu verfolgen und zu analysieren.

Das war der Startschuss für Meltwater. Gard Haugen und ich zogen mit einer Kaffeemaschine und einem Startkapital von 15 000 US-Dollar in einen Bürocontainer in Oslo (unsere Adresse lautete »Container 15«). Wir zwei Männer waren beseelt von unserer Idee: Wenn Geschäftsführer und Manager morgens ins Büro kommen und ihre erste Tasse Kaffee trinken, dann liefert ihnen unsere Software eine Zusammenfassung aller relevanten Informationen, die in den letzten 24 Stunden im Netz aufgelaufen sind: über ihre Konkurrenten, über ihre Kunden, über ihre eigene Marke. Leicht zu lesen, schnell zu erfassen. Unser Slogan lautete »fundierte Entscheidungen«, da wir Managern helfen wollten, die Informationen aus dem Netz für sich zu nutzen – neben all den herkömmlichen Daten, die ihnen sowieso zur Verfügung standen.

Zu dieser Zeit ahnten wir nicht, wie stark der Makrotrend dank Social Media werden würde. Anfangs konzentrierten wir uns auf Onlinenachrichten und Unternehmenswebsites. Doch dann trat 2004 Facebook auf den Markt. 2006 Twitter. 2007 ging es mit der Bloggerei richtig los. All diese neuen Onlineinhalte verlangten nach einer noch besseren, noch ausgeklügelteren Software, die täglich Milliarden von Dokumenten analysieren konnte. Heute kommen dafür intelligente Algorithmen, Spracherkennung, Machine Learning und Big-Data-Techniken zum Einsatz.

Im Laufe der Jahre ist aus Meltwater ein globales Unternehmen mit mehr als 25 000 Firmenkunden in gut 100 Ländern geworden. Die Bandbreite unserer Kunden reicht von mittelständischen lokalen Unternehmen bis zu großen internationalen Konzernen. Wir sind für 50 Prozent der Fortune-500-Firmen tätig. Dabei sind wir für alle Branchen da – zu unseren Kunden zählen sowohl Coca-Cola als auch der Vatikan. Von unseren bescheidenen Anfängen haben wir uns zu einem Unternehmen mit 14 300 Angestellten und 60 Niederlassungen auf sechs Kontinenten entwickelt.

Von unseren Kunden aus aller Welt haben wir gelernt: Auch wenn Informationen über Konkurrenten, Kundenzufriedenheit oder Produktentwicklung naheliegend sind, sie sind bei weitem nicht alles. So ließ ein Fensterhersteller aus Südschweden mit nur zehn Mitarbeitern Nachrichtenmeldungen über Einbrüche in der Region verfolgen, um potenzielle Neukunden zu finden. Eine staatliche Behörde eines europäischen Landes bat uns, Onlinechatgruppen zu analysieren, um einem Verdacht auf Insiderhandel nachzugehen.

Dank des World Wide Web und des Aufkommens von Social Media hat sich das Internet in eine wahre Fundgrube verwandelt. Unternehmen, Kunden, sie alle hinterlassen Informationen im Netz in einem noch nie da gewesenen Ausmaß. Und je mehr sie das tun, je mehr Inhalte im Internet offen verfügbar sind, desto tiefgründiger werden die Erkenntnisse, die sich daraus gewinnen lassen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir vor einer gewaltigen Umwälzung stehen. Unternehmen müssen darum kämpfen, ihre Position in einer immer dynamischeren und temporeicheren Wettbewerbslandschaft zu verbessern. Gewinnen werden diejenigen, die am besten in der Lage sind, Änderungen vorherzusehen und passend darauf zu reagieren. Entscheidend dafür ist die Fähigkeit eines Unternehmens, externe Daten zu nutzen und daraus Erkenntnisse abzuleiten. Die Nutzung von Onlineinformationen wird mehr und mehr die Art und Weise beeinflussen und verändern, wie wir Entscheidungen treffen, Strategien entwickeln, Unternehmen bewerten, Geld verdienen. Diese Aussichten gehen weit über das hinaus, was ich mir vorstellen konnte, als ich im Sommer 2001 in einen Container zog, um Meltwater zu gründen.

Jorn Lyseggen

San Francisco

EINFÜHRUNG

Am 25. April 2016 berichtete der amerikanische Technologieblog VentureBeat, dass sich Apple in der Woche vor der Veröffentlichung seines ersten Quartalsberichts von sämtlichen Personalvermittlern getrennt hatte, die für das Unternehmen tätig waren.1 Dies wurde als schlechtes Vorzeichen gewertet und hatte prompt Auswirkungen: Die Einnahmen gingen zurück 2, Apple musste zum ersten Mal in seiner Firmengeschichte eine negative Entwicklung verkünden, der Marktwert des Technologieunternehmens brach um 58 Milliarden US-Dollar ein – das entspricht in etwa dem Wert von BMW.

Dieses Buch zeigt, welche Erkenntnisse sich aus Informationen ziehen lassen, die Unternehmen und Einzelpersonen im Internet hinterlassen. Ich sage »digital breadcrumbs« dazu, digitale Brotkrümel. Ergiebige Quellen sind neben Blogs auch Stellenangebote, Social-Media-Plattformen oder Patentanmeldungen. Sie offenbaren, wie viel ein Unternehmen investiert, wie zufrieden seine Kunden sind, ja selbst die zukünftige Marktpositionierung. Trotz ihres Potenzials werden diese Informationen heute aber noch kaum genutzt. Was bedeutet, dass diejenigen, die diese Daten beachten, ein besseres Verständnis über ihre Wettbewerbslandschaft erlangen können und dadurch einen Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten.

Ein neues Entscheidungsmodell

Das Internet hat vieles radikal verändert: wie wir kommunizieren, Nachrichten erfahren, einkaufen, Kontakte pflegen, werben, Bankgeschäfte tätigen. Entscheidungsprozesse in Unternehmen sind hingegen statisch geblieben. Anstatt systematisch externe Daten zu nutzen, konzentrieren sich die meisten Unternehmen bei ihren Analysen nach wie vor auf interne Daten, insbesondere auf die eigenen Finanzdaten. Dies ist eine sehr reaktive Vorgehensweise, denn interne Daten sind das Ergebnis früherer Ereignisse. Wenn man ein Unternehmen auf Grundlage vergangener Quartalsbilanzen führt, dann ist das in etwa so, als würde man beim Autofahren ausschließlich in den Rückspiegel blicken.

Das Entscheidungsmodell, das wir in diesem Buch vorstellen, nennt sich Outside Insight. Es erfasst die digitalen Brotkrümel, die Mitbewerber, Kunden, Zulieferer und andere Akteure innerhalb der eigenen Branche online hinterlassen. Dieser Ansatz zur Entscheidungsfindung rückt von dem alten Modell ab, das sich auf interne Leistungsindikatoren (Key Performance Indicators, KPI), Finanzdaten, Jahrespläne und Quartalsbilanzen stützt, und legt den Schwerpunkt auf eine rigorose Echtzeitanalyse externer Daten. Diese Vorgehensweise verlagert das Hauptaugenmerk: Weg von Ihnen und dem, was Sie tun. Hin zu dem, was dieBranche tut.

Eine neue Software

Die Notwendigkeit, die Unmenge an online vorhandenen Informationen zu analysieren, wird zum Aufkommen einer völlig neuen Art von Software führen, die für externe Daten das sein wird, was Business-Intelligence-Software für interne Daten ist. In diesem Buch wird sie ebenfalls als Outside Insight bezeichnet.

Während es bei Business Intelligence vorrangig um unternehmensspezifische betriebliche Messgrößen geht, die meistens rückblickende Indikatoren sind, liegt der Schwerpunkt von Outside Insight darauf, das Auf und Ab des Marktes in Echtzeit zu beobachten, um zukünftige Bedrohungen und Gelegenheiten vorherzusehen.

Die technischen Anforderungen an diese beiden Arten von Software sind sehr unterschiedlich. Während Business-Intelligence-Software hauptsächlich strukturierte Daten verarbeitet, muss Outside-Insight-Software Text verstehen können und in der Lage sein, Muster in riesigen Mengen unstrukturierter Daten zu finden, wozu sie sich sehr stark auf Techniken aus den Bereichen Big Data, Machine Learning und prädiktive Analyse stützt.

Outside Insight fügt dem Instrumentarium für leitende Angestellte ganz neue Möglichkeiten hinzu. Sie können erkennen, wie sich die Branche aktuell als Ganzes entwickelt. Dank enormer Rechenleistung in der Cloud und modernster Technik werden all jene Kräfte in Dashboards und Echtzeitbenachrichtigungen sichtbar gemacht, die Michael E. Porters in seinem Buch Competitive Strategy einst »five forces« genannt hat: bestehende Konkurrenten, neue Anbieter, Lieferanten, Kunden und Substitute – Produkte, die bisherige Produkte überflüssig machen.

Outside Insight zieht seine wertvollen vorausschauenden Erkenntnisse aus einem breiten Spektrum an Daten. Da sie von Dritten stammen, sind sie unbeeinflusst von interner Voreingenommenheit. Sie lassen sich dazu nutzen, Äpfel mit Äpfeln zu vergleichen – das eigene Unternehmen und direkte Mitbewerber. Eine solche Analyse ist sehr wertvoll – sowohl für Vorstände und Geschäftsführer als auch für Angestellte und betriebliche Teams.

Der Aufbau dieses Buches

Teil eins dieses Buches, »Die neue, digitale Realität«, beschreibt, wie sich die Welt verändert hat und wie aus all den neuen Daten, die im Internet zu finden sind, vorausschauende Erkenntnisse gewonnen werden können.

Teil zwei, »Ein neues Entscheidungsmodell«, erklärt, wie Echtzeitinformationen über die eigene Branche Entscheidungsprozesse verändern können.

Teil drei, »Outside Insight in der Praxis«, stellt ein einfaches Konzept vor, wie Outside Insight nach und nach in Ihre Unternehmensprozesse etabliert werden kann. Dafür schauen wir uns verschiedene Ebenen und Bereiche an: Vorstand, Marketing, Produktentwicklung, Risiko- und Investitionsmanagement.

Teil vier, »Die Zukunft von Outside Insight«, zeigt, welche wichtigen technischen Fragen noch gelöst werden müssen, welche neuen Arten von Daten zu erwarten sind und welche potenziellen Gefahren wir mitbedenken müssen.

Fallstudien

Über alle Kapitel hinweg erzähle ich die Geschichten von Unternehmen und Organisationen, die bereits erfolgreich externe Daten verwenden. An dieser Stelle nur eine Handvoll im Schnelldurchlauf:

Eine Sonderkommission der New Yorker Polizei konnte durch Beobachtung von Facebook die Mörder eines Mädchens aufspüren. Der Teenager wurde bei einem Bandenkrieg erschossen, Zeugen gab es keine.

YouTube hat quasi von Anfang an darauf geachtet, wie oft das Unternehmen im Vergleich zur Konkurrenz in den Medien erwähnt wird. Dass YouTube vorne lag, war für sie ein wichtiger Frühindikator: Wir sind auf dem richtigen Weg, wir werden aus dem Konkurrenzkampf der Onlinevideo-Dienste als Sieger hervorgehen.

Der schwedische Uhrenhersteller Daniel Wellington setzt auf Instagram als wichtigsten Marketingkanal und schaffte es aus dem Nichts heraus, in nur vier Jahren mehr Uhren zu verkaufen als Rolex. Damit ist Wellington ein Beispiel für eine neue Generation von Marken, die mit Social Media aufgewachsen sind und die viralen Möglichkeiten der digitalen Welt von heute voll ausschöpfen.

Der indischen Messaging-App Hike gelang es in weniger als drei Jahren, Facebook Messenger zu überrunden und zur zweitbeliebtesten Messaging-App von Indien nach WhatsApp zu werden. Die Geheimwaffe von Hike ist die rigorose Analyse von Social Media. Vorlieben und Wünsche, die Kunden auf den Plattformen äußern, fließen direkt in die Produktgestaltung ein.

EQT gehört zu den führenden europäischen Risikokapitalunternehmen. Um die vielversprechendsten Start-up-Unternehmen in Europa vor seinen Mitbewerbern zu finden, hat EQT Motherbrain entwickelt. Eine ausgeklügelte Software spürt potenzielle Kandidaten auf, indem sie Stellenbörsen, Social-Media-Plattformen, Medien konsequent durchsucht.

Wir leben in einer Welt, die in Daten ertrinkt. Wir haben die Wahl, ob wir sie weiterhin ignorieren und als großes Rauschen abtun oder ob wir sie nutzen wollen. Noch steckt Outside Insight in den Kinderschuhen. Noch müssen wir viel lernen, bevor wir das volle Potenzial ausschöpfen können. Dennoch hoffe ich, dass dieses Buch Sie schon heute dazu anregen wird, Prozesse in Ihrem Unternehmen zu überdenken. Ich bin davon überzeugt, dass die Art und Weise, wie Unternehmen Entscheidungen treffen oder Strategien entwickeln, generalüberholt und an die neue, digitale Realität angepasst werden muss. Nur wer in Systeme und Prozesse investiert, die externe Daten analysieren und auswerten, wird im Datendschungel von heute sein Business von morgen erkennen.

1 Jordan Novet, »Apple Has Laid off All of Its Contract Recruiters, Source Says«, VentureBeat, 25. April 2016.

2 Emil Protalinski, »Apple Sees iPhone Sales Fall for the First Time: Down 16.3% to 51.2 Million in Q2 2016«, VentureBeat, 26. April 2016.

TEIL EINS DIE NEUE, DIGITALE WIRKLICHKEIT

01 DIGITALE BROTKRUMEN – IM NETZ HINTERLÄSST JEDER EINE SPUR

Owen Mundy ist Kunstprofessor an der Florida State University in Tallahassee. Im Juli 2014 machte er über Nacht im Internet Furore. Er launchte die Website IKnowWhereYourCatLives, auf der er den Wohnort von Katzen in aller Welt lokalisierte – einzig und allein anhand der Metadaten, die ihre Besitzer unwissentlich hinterlassen hatten. Mundy schätzt, dass zurzeit mehr als 15 Millionen mit »cat« markierte Bilder auf Instagram, Flickr und Twitpic veröffentlicht sind.3 Deren Urheber wissen meistens nicht, dass Digitalkameras und Smartphones in jedes Foto geografische Koordinaten einbetten.

Laut Prof. Mundy kann jeder auf die geografischen Koordinaten der Bilder zugreifen, wenn die Urheber sich dagegen nicht durch entsprechende Datenschutzeinstellungen absichern. »Das war nicht nur ein Problem, das mich betraf«, so Mundy, »sondern von Millionen von Social-Media-Benutzern, die darüber ebenfalls nicht Bescheid wussten.« Bei ihrem Start zeigte die Website Iknowwhereyourcatlives.com eine Million Katzenbilder mit einer auf acht Meter genauen Ortsangabe. Heute sind es 5,3 Millionen.

Katzenbesitzer sind nicht die Einzigen, die im Netz digitale Spuren hinterlassen. Wir alle ziehen eine Fährte von »Brotkrumen« hinter uns her, wenn wir uns in der digitalen Welt bewegen. Im Gegensatz zu Hänsel und Gretel aus dem gleichnamigen Märchen tun wir dies jedoch meist unbewusst.

Das Internet ist von Fotos geradezu überschwemmt. Im Juni 2015 schätzte Photoworld (das zu CEWE gehört, dem größten Fotounternehmen Europas), dass jede Sekunde 8796 Fotos auf Snapchat veröffentlicht werden.4 Nach demselben Bericht laden die Benutzer von Instagram täglich 58 Millionen und von Facebook 350 Millionen Fotos hoch. Daneben gibt es noch Weibo, WhatsApp, Tumblr, Twitter und viele weitere Websites zum Austausch von Fotos. Die Silicon-Valley-Risikokapitalgeberin Mary Meeker schätzte einmal, dass 2015 jeden Tag durchschnittlich 3,25 Milliarden digitale Bilder ins Internet hochgeladen wurden.5 Bei drei Milliarden Menschen, die heutzutage im Internet unterwegs sind, macht das für jeden 7,6 Fotos pro Woche. Heute dürften es weit mehr sein. Allein die Zahl der Instagram-Nutzer hat sich laut Statista zwischen Juni 2016 und Juni 2018 verdoppelt.

Es gibt aber nicht nur Fotos. Wir hinterlassen öffentlich noch viel mehr digitale Brotkrumen, die Rückschlüsse auf unser Leben erlauben. Wenn wir Tweets senden, teilen wir mit, mit wem wir zusammen sind und was wir gerade tun. Auf LinkedIn führen wir unsere Ausbildung und unsere berufliche Karriere auf. Auf Facebook posaunen wir heraus, wo wir sind, was für Musik wir hören, welche Marken uns gefallen, welche Organisationen wir unterstützen, wofür wir uns einsetzen, was und wo wir gern essen und welche künftigen Veranstaltungen wir besuchen wollen. Dazu kommen all die Informationen, die wir nicht bewusst veröffentlichen. Unsere Handys stecken voller Apps, die aufzeichnen, wo wir uns gerade befinden, mit wem wir telefonieren und Textnachrichten austauschen und für was wir unsere Zeit und unser Geld verwenden.

Jeden Tag senden wir 500 Millionen Tweets 6, laden auf Facebook 350 Millionen Fotos hoch, klicken dort 5,7 Milliarden Mal auf »Gefällt mir« 7, schreiben 100 Millionen Blogposts und laden Videos von insgesamt 432 000 Stunden Länge auf YouTube hoch 8. Allein auf Twitter und Facebook veröffentlichen wir pro Woche zwölf Beiträge. Jeder davon ist ein Datensatz in einem öffentlich zugänglichen Tagebuch, in dem wir ständig Teile unseres Lebens dokumentieren.

In diesem Kapitel sehen wir uns genauer an, welche Einsichten durch die Analyse der digitalen Brotkrumen gewonnen werden können, die wir alle online hinterlassen.

1.1 New Yorker Polizei folgt Facebook-Spur

Auch die Polizei hat erkannt, wie viele wertvolle Informationen Menschen online hinterlassen. Daher nutzt sie zunehmend auch digitale Indizien, um sich ein Bild vom Tathergang zu verschaffen und Verbrechen aufzuklären. Noch vor zehn Jahren haben die Beamten bei einer Ermittlung vor allem Zeugen und Verdächtige befragt. Allerdings sagen Menschen nicht immer die Wahrheit und haben oft Probleme, sich genau an alle Einzelheiten zu erinnern. Heute können Spuren im Netz wichtige Hinweise und Beweise liefern.

Beispielsweise hat eine Facebook-Überwachung durch die New Yorker Polizei geholfen, die Mörder von Tayshana Murphy zu fassen, eine Jugendliche, die 2011 in eine Auseinandersetzung zwischen zwei Banden geriet. Obwohl es keine Augenzeugen gab, konnte die Polizei in den folgenden Jahren ausreichend Beweismaterial für eine Verurteilung von zwei Bandenmitgliedern sammeln: Im Juni 2014 Tyshawn Brockington, 24, wegen Totschlags; zehn Monate später Robert Cartagena, 23, wegen Mordes.

Tayshana Murphy lebte und starb in den Grant Houses – eines der größten Wohnprojekte Manhattans zwischen Morningside Heights und Harlem. Es war das Hauptquartier der 3 Staccs – eine Jugendgang, die sich immer wieder mit gegnerischen Banden aus anderen Wohnprojekten anlegte. Am Tag des Mordes wurden im Facebook-Profil von Carlos Rodriguez alias Loso, der zu einer der rivalisierenden Gruppen gehörte, zwei Meldungen veröffentlicht. Die erste lautete: »Wir hatten den Tag so fünf Schlägereien und sind dann losgezogen.« In der zweiten hieß es: »Einer hat dem Chicken-Mädchen in den Kopf geballert.« »Chicken« war Murphys Spitzname. Viele kannten das Mädchen, sie war eine begnadete Basketballspielerin.

Spätestens nachdem auch Robert Cartagena verurteilt worden war, war klar, welch wichtige Rolle Social Media für Polizeiermittlungen inzwischen spielte. Im Juni 2014 erhob Cyrus Vance Jr., Bezirksstaatsanwalt von New York County, Anklage. Es war der größte Bandenprozess in der Geschichte der Stadt.9 Insgesamt wurden 103 Mitglieder von drei Banden aus dem Gebiet Morningside Heights vor Gericht gestellt. Die Anklagen umfassten zwei Morde, 19 Schießereien ohne Todesfolge sowie 50 andere Delikte mit Schusswaffengebrauch. Alle Angeklagten wurden der Verabredung zur gemeinschaftlichen schweren Körperverletzung beschuldigt, worauf Haftstrafen von fünf bis 25 Jahren stehen.

Um das Beweismaterial zusammenzutragen, hatten die Ermittler und die Strafverfolgungsbehörden die üblichen Untersuchungsmethoden angewendet – die althergebrachte Detektivarbeit mit der Befragung von Zeugen und anderen Personen, die Überwachung von 40 000 Telefonaten aus Strafvollzugsanstalten sowie die Analyse von Hunderten von Stunden Material von Überwachungskameras und abgehörten Telefonen. Darüber hinaus haben die Polizeibeamten aber auch über eine Million Social-Media-Seiten untersucht. Facebook war das bevorzugte soziale Netz der Banden. In der Anklageschrift wurde das Wort »Facebook« 171-mal erwähnt.10

1.2 Auch Unternehmen hinterlassen Spuren

Nicht nur Einzelpersonen hinterlassen online Spuren, sondern auch Unternehmen. Wenn sie in neue Produkte investieren, Marketingkampagnen starten, Partnerschaften eingehen oder Initiativen einleiten, um ihre Konkurrenzfähigkeit zu erhöhen – immer verbreiten sie auch Hinweise über ihre Absichten.

Bei Meltwater haben wir einmal ein kleines Projekt durchgeführt, um zu untersuchen, welche Informationen über die Konkurrenz sich aus Stellenanzeigen gewinnen lassen. Dazu analysierten wir Daten aus allen Stellenanzeigen, die wir selbst sowie drei weitere Unternehmen aus unserer Branche – Cision, Vocus und LexisNexis – vom 15. September bis zum 15. Oktober 2013 auf LinkedIn geschaltet hatten. Wir analysierten die Daten nach Standort, Art der Tätigkeit und Position. Es war erstaunlich zu sehen, wie viel eine einfache Momentaufnahme der Neueinstellungen über die vier Unternehmen verriet, insbesondere über die Unterschiede auf den Gebieten Firmenstrategie, Betriebsschwerpunkt und Unternehmenskultur.

Das Erste, was ins Auge sprang, war der Unterschied in der Wachstumsrate. Obwohl Meltwater, Cision und Vocus zu dieser Zeit etwa gleich groß waren, hatte Meltwater die doppelte Anzahl an offenen Stellen, was auf eine erheblich höhere Wachstumsrate hindeutete. Vocus und LexisNexis wiesen etwa die gleiche Anzahl von offenen Stellen und damit wahrscheinlich ähnliche Wachstumsraten auf. LexisNexis war etwa 20-mal so groß wie Meltwater, hatte aber eine ähnliche Anzahl von Stellenangeboten, was auf ein erheblich geringeres Wachstum schließen ließ.

Eine Untersuchung der geografischen Daten in den Stellenangeboten machte die unterschiedlichen Märkte deutlich. Cision stellte ausschließlich in den USA ein, legte seinen Schwerpunkt also eindeutig auf die Vereinigten Staaten. Vocus hatte die meisten offenen Stellen in den USA, aber auch einige auf den Philippinen. Das war für uns überraschend, allerdings erfuhren wir später, dass Vocus einfachere Tätigkeiten zur Kosteneinsparung auf die Philippinen auslagerte. Zwei Drittel der Jobangebote von LexisNexis betrafen Stellen in den USA, während sich der Rest auf Australien, Kanada und Hongkong verteilte, also lauter englischsprachige Märkte. Unser größter Einstellungsmarkt waren ebenfalls die USA, doch der Rest unserer Stellenangebote war weltweit gestreut mit offenen Positionen in Australien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Hongkong, Japan, Kanada, Malaysia, den Niederlanden und Singapur. Die Daten zeigten, dass Meltwater einen deutlich globaleren Ansatz vertrat als seine Mitbewerber.

Die Untersuchung der Stellenangebote nach Tätigkeitsfeldern brachte ein weiteres bemerkenswertes Muster ans Tageslicht. Die Mehrzahl der Angebote bei Meltwater (80 Prozent), Vocus (80 Prozent) und Cision (60 Prozent) betrafen Vertrieb und Marketing, wohingegen dieser Bereich bei LexisNexis mit 44 Prozent stark abfiel. Bei den Investitionen in die Entwicklung war die Reihenfolge umgekehrt: Hier hatte LexisNexis so viele offene Stellen wie alle anderen zusammen, was auf Investitionen in neue Produkte schließen ließ.

Die Untersuchung der Stellenangebote nach Positionen machte weitere Unterschiede deutlich. Vocus und Cision zeigten sich hier sehr ausgewogen, da sie Personal auf allen Ebenen suchten. Meltwater stellte dagegen hauptsächlich Einsteiger ein, während LexisNexis fast ausschließlich an Personen in mittlerer oder höherer Position interessiert war, was auf kommende Veränderungen hindeutete. Später bestätigte sich, dass LexisNexis in der Tat eine neue unternehmensweite strategische Technologieplattform für alle zukünftigen Inhaltsprodukte entwickelte.

Diese Untersuchung basierte nur auf sehr wenigen Daten und stellte eine Momentaufnahme zu einem eng umrissenen Zeitpunkt dar. Trotzdem vermochte sie faszinierende Geschichten über die sehr unterschiedlichen Unternehmen und ihre jeweilige Ausrichtung zu erzählen.

Stellenangebote eignen sich jedoch nicht nur dazu, Informationen über Mitbewerber zu ermitteln. Wenn Sie die Stellenangebote Ihrer wichtigsten Kunden und Zulieferer sowie anderer Akteure in Ihrem Umfeld systematisch und gründlich analysieren, können Sie damit die Wettbewerbssituation besser verstehen und herausfinden, in welche Kunden Sie investieren, welche Zulieferer Sie auswählen und mit welchen Unternehmen Sie Partnerschaften eingehen sollten.

1.3 Kontakte auf LinkedIn

Weitere Fährten legen Unternehmen durch ihre Kontakte, die sie über soziale Netzwerke wie LinkedIn knüpfen. Wenn der Geschäftsführer eines Unternehmens auf LinkedIn plötzlich eine Reihe von Beziehungen mit Finanzinvestoren eingeht, sollte es nicht überraschen, wenn die Firma schließlich zum Verkauf steht. Baut der Geschäftsführer darüber hinaus noch Beziehungen mit Sell-Side-Beratern auf, wird es noch offensichtlicher. Betreffen die neuesten Beziehungen dagegen Goldman Sachs und J. P. Morgan, dann ist sehr wahrscheinlich ein Börsengang geplant. Neue Verbindungen auf LinkedIn können die Folge einer Zufallsbegegnung auf einer Abendgesellschaft sein. Sie können aber auch eine neue Kundenbeziehung, eine neue Partnerschaft oder ein neues Arbeitgeberverhältnis verraten. Wird mehr als nur eine Beziehung mit einem Unternehmen aufgebaut, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass es hier um mehr geht als nur um eine Zufallsbegegnung.

Ich selbst versuche, bei der Verwendung von Social Media so vorsichtig wie möglich zu sein. Hierzu ein Beispiel: Vor kurzem musste ich abschätzen, ob es sich lohnt, ein Start-up-Unternehmen aus Uruguay für Meltwater aufzukaufen. Einige Monate zuvor schickten mir die Gründer des Unternehmens eine Kontaktanfrage über LinkedIn – ich nahm an, da ich nicht unhöflich sein wollte, aber es widerstrebte mir. Schließlich hätte jeder interessante Rückschlüsse ziehen können, der auf diese Verbindung aufmerksam geworden wäre und das Start-up daraufhin genauer unter die Lupe genommen hätte. Wenn diese Firma für Entscheidungsträger von Meltwater von Bedeutung war, dann hätte man unschwer darauf kommen können, dass eine datenwissenschaftliche Entwicklercommunity eine wichtige Strategieoption für uns darstellte.

Zuerst ging es nur um Outsourcing, doch als wir das Unternehmen besser kennenlernten, überlegten wir, ob wir es nicht lieber ganz kaufen sollten. Im Rahmen der Beteiligungsprüfung reiste ich nach Montevideo, gut 16 Stunden von San Francisco entfernt, und traf mich dort mit einem 30-köpfigen Team. Unterwegs achtete ich sorgfältig darauf, meinen Standort weder auf Twitter noch auf Facebook bekannt zu geben. Während meines Aufenthalts wurden mehrere Gruppenbilder aufgenommen, keines davon wurde auf Social-Media-Plattformen veröffentlicht. Und auch nach der Reise blieb ich sehr vorsichtig und vage, wenn mich jemand fragte, wo ich war und was ich vorhabe.

1.4 Website von Unternehmen

Um zu erfahren, was in einem Unternehmen vor sich geht, bietet sich natürlich auch seine Website an. Man findet dort Meldungen über große Gewinne, Preise und andere bedeutende Errungenschaften. Auch Änderungen beim Vorstand werden erwähnt. Unternehmen investieren viel Mühe darin, die Botschaft ihrer Website zu gestalten. In der Regel sind Kommunikationsprofis am Werk, die genau darauf achten, nicht zu viel zu verraten. Und doch sind die Informationen für Mitbewerber und Zulieferer äußerst hilfreich. Wer sie genau studiert – was wird gesagt, was nicht –, kann viele wertvolle Einsichten über die Konkurrenz erhalten, insbesondere über die Marktposition und die strategischen Absichten eines Unternehmens.

Insofern bestand gleich zu Anfang einer unserer wichtigsten Dienste darin, unsere Kunden darüber zu informieren, wenn Unternehmen Aussagen auf ihrer Website änderten. Sofort erhielten sie von uns eine Nachricht, wenn ein Konkurrent eine Pressemitteilung herausgab, die Preise seiner Produkte erhöhte oder eine neue Werbekampagne startete. Es war eine sehr einfache Dienstleistung, aber unsere Kunden waren davon begeistert und nutzten sie, um ihren Mitbewerbern konsequenter auf den Fersen bleiben zu können als bisher.

Im Folgenden möchte ich einen Blick auf die Websites von vier der größten Technologieunternehmen der Welt werfen, um zu zeigen, was allein die Startseite über ihre Positionierung verrät.

Im August 2016 stellte Apple ein Foto seines neuesten iPhones online, es füllte die ganze Seite. Kein Zweifel, was das Unternehmen damit sagen wollte: Es wollte mehr als je zuvor in erster Linie als die Firma hinter dem iPhone gesehen werden.

Die Botschaft auf der HP-Website lautete: »The 3D printing revolution starts now«, die 3-D-Druck-Revolution beginnt heute. Damit positionierte sich HP als innovatives, zukunftsorientiertes Unternehmen, das auch weiterhin auf seinem Ruf als weltweit führender Druckerhersteller aufbauen will.

Die Botschaft von IBM war etwas sperriger: »IBM X-force, changing the way to act and share on global threat intelligence«. Bei ihrer Positionierung schien diese Firma den Schwerpunkt auf Informationsbeschaffung und ihre eigenen Algorithmen zur Lösung der Probleme ihrer Kunden zu legen.

Microsoft zeigte auf der Website überraschenderweise einen schicken neuen Computer. Die Botschaft lautete schlicht: »Introducing Surface Book«. Das größte Softwareunternehmen der Welt bemühte sich offensichtlich, aus seinem traditionellen Bereich auszubrechen. Mit dem Surface Book zeigte es seine Absicht, es mit dem Mac und dem iPad aufnehmen zu wollen.

1.5 Geschnatter auf Socialmedia

Mit dem Aufkommen von Social Media verloren Unternehmen mehr und mehr die Kontrolle darüber, was über ihre Produkte und Dienstleistungen verbreitet wurde. Dienste wie Twitter oder Facebook erschufen eine ganz neue Realität, in der ein einzelner Kunde die Diskussionsrichtung vorgeben konnte, während die ganze Welt auf dem Logenplatz saß, um sich anzuschauen, wie das betroffene Unternehmen darauf reagierte.

Die Website eines Unternehmens zeigt, wie es vom Rest der Welt wahrgenommen werden möchte. Auf den Social-Media-Plattformen dagegen können Sie unmittelbar den Stimmen der Kunden lauschen. Hier erhalten Sie in Echtzeit Einblicke darin, wie gut sich ein Unternehmen in Sachen Produkte, Kundendienst und allgemeine Kundenzufriedenheit macht. Das folgende Beispiel zeigt den Verlauf der Kundenzufriedenheit bei Tesla und einer Vergleichsgruppe bestehend aus Mercedes, BMW und Audi. Dafür wurde die Kundenzufriedenheit auf den Facebook-Seiten der jeweiligen Unternehmen gemessen. Trotz der umfassenden Berichterstattung in den Medien hinkte Tesla überraschenderweise hinterher, wenn es darum geht, Kunden glücklich zu machen. Allerdings zeichnete sich dann ein sehr positiver Trend ab: Im zweiten Quartal von 2016 lag Tesla auf vergleichbarem Niveau mit seinen Mitbewerbern.

Social Media eignen sich auch sehr gut, um die Stärke einer Marke zu messen. Das folgende Beispiel zeigt die relative Reichweite konkurrierender Fast-Food-Marken auf Twitter und Instagram von Mai 2015 bis Mai 2016. Aus den Ringdiagrammen können Sie ablesen, dass McDonald’s viermal so häufig auf Social Media erwähnt wurde wie sein schärfster Konkurrent Burger King – obwohl die Anzahl der Filialen mit dem gelben M nur doppelt so groß ist. Ähnlich ist es bei Pizza Hut: Das Unternehmen hat 50 Prozent mehr Restaurants als sein Mitbewerber Domino’s – wird aber doppelt so oft auf Social Media genannt.

Social Media kann auch helfen, den Schwerpunkt einer Marke zu erkennen. Die beiden folgenden Begriffswolken wurden aus Social-Media-Erwähnungen der beiden Automarken Aston Martin und Rolls-Royce im Jahr 2015 erstellt. Die Größe der einzelnen Wörter zeigt dabei jeweils, wie stark sie die Unterhaltungen dominierten. Damit lassen sich die unterschiedlichen Prioritäten der beiden Marken auf den ersten Blick erkennen. Während es in der Wortwolke von Aston Martin vor allem um Prominenz und Empfehlungen geht, dreht es sich bei Rolls-Royce vorrangig um Exportmärkte und Industrie. Um diesen Unterschied richtig zu verstehen, ist es wichtig, sich klarzumachen, dass Rolls-Royce mehr ist als nur eine Automarke und daher eine breitere Produktpalette bewirbt, zu der auch Flugzeugtriebwerke, Stromversorgungsanlagen und Nuklearanlagen gehören.

 

1.6 Budget für Onlinemarketing

Interessant sind auch die Ausgaben für Suchmaschinenmarketing. Sie können geschätzt werden, da Onlinesuchbegriffe in Echtzeit versteigert werden und jeder den Marktpreis einsehen kann. Nach Schätzungen von eMarketer beliefen sich die Aufwendungen für Suchmaschinenmarketing auf fast die Hälfte (46 %) der insgesamt 58,12 Milliarden US-Dollar, die 2015 für digitale Anzeigen ausgegeben wurden.11 Ausgaben für Search Engine Marketing (SEM) geben zwar nicht das vollständige Bild wieder, stellen aber trotzdem für viele Unternehmen eine wichtige Messgröße dar.

Wenn Sie verfolgen, was Ihre Mitbewerber für SEM ausgeben und wie sich diese Ausgaben auf Länder und Produktlinien verteilen, können Sie wertvolle Erkenntnisse gewinnen. Die folgende Illustration zeigt die geschätzten SEM-Ausgaben von Tesla und der bereits zuvor verwendeten Vergleichsgruppe »Mercedes, BMW, Audi« im zweiten Quartal 2016. Bemerkenswert ist, dass Tesla praktisch nichts für Onlinewerbung ausgegeben hat, während BMW bei den Ausgaben in fast allen Ländern jegliche Konkurrenten aussticht.

1.7 Webtraffic und App-Downloads

Eine weitere häufig herangezogene Messgröße, um Informationen über Mitbewerber zu gewinnen, ist der Webtraffic. Daten darüber sind nicht so leicht zu bekommen, es gibt jedoch Drittunternehmen wie Comscore, die das Aufkommen von Websitebesuchen schätzen. Auf ähnliche Weise können Sie auch Google AdWords nutzen, um zu sehen, wie oft nach den Marken Ihres Unternehmens gesucht wird. Wenn App-Downloads für Sie wichtig sind, können Sie den weit verbreiteten Dienst App Annie nutzen. Webtraffic, Suchvolumen und App-Downloads sind Messwerte für die Nachfrage nach Ihren Produkten.

Die folgenden Diagramme zeigen die Entwicklung der Rangfolge von Downloads für eine Reihe weit verbreiteter Apps. Die Rangfolge ist ein Maß für die Beliebtheit einer App im Vergleich zu anderen in derselben Kategorie. Die Entwicklung dieser Rangfolge zeigt, ob die App auf dem aufsteigenden Ast ist oder nicht.

Evernote folgt einem Abwärtstrend.

Dropbox ist ziemlich stabil, allerdings könnte es durchaus einen leichten Abwärtstrend seit Anfang 2016 geben.

WhatsApp hat zwischen dem zweiten und dritten Quartal 2015 einen Einbruch erlebt und sich davon noch nicht wieder erholt.

Snapchat macht seit Anfang 2016 eine positive Entwicklung durch.

So ist deutlich zu erkennen, dass es mit Evernote von Mitte 2015 bis Mitte 2016 abwärts ging, von etwa Platz 500 auf 1000. Auch die Beliebtheit von WhatsApp nahm in diesem Zeitraum ab, allerdings nicht so drastisch – sie fiel nur von Platz 10 auf etwa 25. Dropbox hielt sich ziemlich stabil mit einem leichten Abwärtstrend. Die einzige App, die einen positiven Trend verzeichnen konnte, war Snapchat. Mitte 2015 rangierte sie auf Platz 5, durchlief dann eine turbulente Phase mit Aufs und Abs, um sich im ersten Quartal 2016 auf einem sehr guten Niveau zu stabilisieren.

1.8 Von Patentanmeldungen bis Rechtsstreitigkeiten

Neben den bereits erwähnten Arten von Daten gibt es online noch viele weitere Quellen, die wertvolle Informationen vermitteln. Sie hier alle aufzuführen würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Außerdem hängt die Zusammensetzung einer solchen Liste sehr stark von der jeweiligen Branche ab. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass ständig neue Arten von Daten online verfügbar werden. Aus diesem Grund beschränke ich mich hier darauf, nur einige wenige zusätzliche Arten von Daten zu nennen, die für die meisten Branchen interessant sein dürften.

Nehmen wir die Anmeldungen von Patenten und Marken. In den meisten Ländern können Sie problemlos danach suchen, wobei jedoch seit der ersten Einreichung einige Monate vergangen sein können. Warum es so wertvoll ist, Patentanmeldungen zu verfolgen, versteht sich von selbst: Dadurch erhalten Sie Einblicke in die strategischen Absichten Ihrer Mitbewerber. Patent- und Markenanmeldungen erfordern viel Arbeit und Zeit und damit auch viel Geld, weshalb ein Unternehmen sie nur dann vornimmt, wenn sie für die Firma wirklich wichtig sind. Eine Patentanmeldung kann auf einen bevorstehenden Produktstart oder auf das Aufkommen neuer Rivalen hindeuten, die in das eigene Geschäftsfeld eindringen. Durch eine Beobachtung von Patentanmeldungen können Sie auch Firmen finden, die Sie gern übernehmen möchten, und in manchen Fällen bevorstehende Akquisen voraussehen.

Viele Firmen beobachten regelmäßig auch die Bonität oder die Finanzen ihrer wichtigsten Kunden, Zulieferer und Partner. Genauso wichtig ist die Kreditwürdigkeit. Zu den Schwächen von Bonitätsangaben zählt jedoch, dass es sich dabei nicht um eine exakte Wissenschaft handelt und es an Indikatoren mangelt.

Rechtsstreitigkeiten gehören im Geschäftsleben mittlerweile leider schon fast zum Alltag, insbesondere in den USA. Informationen darüber sind oft online zu finden. Aus der Verfolgung solcher Prozesse lassen sich viele mögliche Vorteile ziehen. Erstens müssen die streitenden Parteien Informationen offenlegen, die sonst nicht zugänglich sind. Zweitens kann ein Rechtsstreit ein deutliches Signal dafür sein, dass etwas zu gewinnen ist oder geschützt werden muss. Drittens stellt ein solcher Prozess für eine oder gar beide Parteien ein finanzielles Risiko dar. Wenn Sie geschäftlich von einem Unternehmen abhängen, das in einen Rechtsstreit verwickelt ist, ist es auf jeden Fall wichtig, sich darüber auf dem Laufenden zu halten.

Reedereien und Speditionen müssen Inhalt und Wert der von ihnen transportierten Container in sogenannten Konnossementen aufführen. In den USA sind solche Frachtbriefe öffentliche Dokumente. In komplexen Branchen wie etwa der Automobilindustrie, die auf umfangreiche Lieferungen von Rohmaterial über oftmals weite Entfernungen angewiesen sind, kommt den Import- und Exportdaten große Bedeutung zu. Sie können beispielsweise dazu herangezogen werden, das zukünftige Verkaufsvolumen von Tesla