Paare in Krisen - Reinhardt Krätzig - E-Book

Paare in Krisen E-Book

Reinhardt Krätzig

4,8

Beschreibung

Alle Paare kennen Krisen: Bei manchen wird es laut, bei anderen läuft alles ganz leise. Schlecht gelöste Konflikte schwächen eine Beziehung und sie kann daran auch kaputtgehen. Mit der Navigationshilfe lernen Sie mit Ihren Paarkrisen vollkommen anders umzugehen. Sie erfahren in verständlicher Weise, was sich in der Psyche der Beteiligten im Hintergrund abspielt, wie das die Konflikte erzeugt und wie Sie darauf einwirken können. Ihnen werden Wege gezeigt, wie Sie in Selbsthilfe ein fruchtbares und gutes Miteinander aufrecht erhalten oder es, falls es schon verloren gegangen ist, wiederherstellen können. Das hier vermittelte Konzept ist in vielen Jahren paartherapeutischer Praxis entstanden und erprobt. Ihre eben noch als pure Belastung erlebten Paarprobleme werden jetzt zu Trittstufen auf ein vollkommen neues Niveau des Miteinanders. Die gewonnenen Einblicke in die unbewusste Dynamik des Miteinanders sind übrigens auch für den Umgang mit Kollegen oder Freunden sehr nützlich.

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Für gute Zeiten zu zweit

Zur zweiten Auflage

Dieses Buch war ursprünglich unter dem Titel: «Streitpaare» veröffentlich worden. Unter dieser Überschrift wurde es allerdings kaum von denen gefunden, für die es in erster Linie geschrieben ist: Ganz normale Paare mit ganz normalen Krisen. Denn jedes Paar gerät irgendwann miteinander in Schwierigkeiten. Dabei ist es gleich, ob laute Streitereien entstehen oder nur eine schwere Stille ins Miteinander einzieht. Konflikte und Krisen gehören einfach zum Miteinander dazu.

Wie man an der seit Jahren zunehmenden Tendenz zum schnellen Partnerwechsel erkennen kann, kommen immer weniger Paare mit ihren Krisen klar. Schnell werden die Probleme als: «doch der falsche Partner» übersetzt und schon geht es auf die Suche nach «dem Richtigen», den man dann auch bald findet … und wenig später steckt man in ähnlichen Schwierigkeiten. Dieses Buch möchte Ihnen dabei helfen, eine glückliche Beziehung zu führen. Die Probleme im Miteinander sind ein guter Ausgangspunkt, um viel über sich selbst und den Partner zu erfahren und dieses Wissen zudem zur Verbesserung der Beziehung zu nutzen.

INHALTSVERZEICHNIS

WARUM DIESES BUCH?

TEIL 1 - ICH-ANTEILE

Zustände innerer Beschränkung

Das »Steuerkind«

Kleiner Theorie-Exkurs

Teilpersönlichkeiten

Ego-State-Therapie

Definition: Ich-Zustand

Ich-Zustände wirken zusammen

Begriffsklärung: »kleiner« oder »junger« Anteil

Was ist ein erwachsener Anteil?

Ich-Anteil und Rolle

So entstehen kleine Anteile

… als Folge von Belastung

Kleine Begleiter – ein Leben lang

Ein kleiner Anteil zerstört beinahe eine junge Familie

Zurückgeworfen ins kindliche Leiden

Die Auslöser

Ursache »technisches« Versagen

Ursache realer Mangel

Häufige Themen kleiner Anteile

Gefühle im Körper unterbrechen

Gefühle durch Denkprozesse bändigen

Flucht in Traumwelten

Sich ablenken

Lebensthema

Der Mangel definiert das Ziel

Scheinlösungen

Lob statt Liebe

In der Falle

Das Lebensthema lauert überall

Die eigene Geschichte als Herausforderung

Ein neuer Blick auf sich selbst

TEIL 2 - ICH-ANTEILE IN DER PAARBEZIEHUNG

Wie Partner zueinander finden

Liebe als Wegweiser

Irrtum Harmonie

Liebe als Resonanzphänomen

Nachfolger der Ursprungsfamilie

Die Beziehungsregeln verändern sich

Die kleinen Anteile beherrschen die Partnerschaft

Groß(patchwork)familie

Vergebliches Bemühen

Kleine Anteile in der Beziehung – Fallbeispiele

TEIL 3 - VOM UMGANG MIT DEN KLEINEN

Drei wertvolle Regeln

Selbstverantwortung

Die eigenen kleinen Anteile

Vier Schritte zum eigenen kleinen Anteil

Schritt 1: Etwas über kleine Anteile wissen

Schritt 2: Den eigenen kleinen Anteil erkennen

Schritt 3: Den kleinen Anteil annehmen

Schritt 4: Dem kleinen Anteil geben, was er braucht

Gebrauchsanleitungen vermitteln

Nicht nur auf den Partner blicken

Das eigene erwachsene Ich ist die wichtigste Instanz

Wie man aus einem kleinen Anteil herauskommt

1. »Merke!« -Notiz

2. Freundin anrufen

3. Den Partner / die Partnerin zum Helfer machen

4. Vorsorge treffen

Der Partner: seine Grenzen, seine Impulse

Der Partner als Anregung für neue Lösungen

Eine gute Erinnerung nutzen

Die kleinen Anteile des Partners

Ein Mindestmaß an Akzeptanz finden

Zentrale Aufgabe: Distanz!

Drei Konfliktkonstellationen

Gemeinsam erarbeiten, was zu tun ist

Die Wünsche erfragen

Beispiele für Ergebnisse solcher Gespräche:

Im Ernstfall: Erproben, was geht

SCHLUSS - DIE ZENTRALEN AUSSAGEN

Szenen geteilten Glücks - Lösungen

ANHANG 1 - AUSGEWÄHLTE PROBLEME

Problem Eifersucht

Problem: Trennen oder nicht trennen?

Problem: Fremdgehen

Problem: Sexualität

ANHANG 2 - PAARTHERAPIE

Vorbereitung

Erste Sitzung: Die Macht der Kleinen

Beispiel für das Befragen eines kleinen Anteils

Einen erwachsenen Anteil hervorlocken

Das Konzept in Kurzfassung für die Therapiesitzung

Den kleinen Anteil anerkennen

… bei »Kontrollmenschen«

… bei »Unsicherheitsmenschen«

Die Grenzen der Klienten wahren

»Der andere ist schuld!«

Die eigene Schwäche annehmen

Mitgefühl für den kleinen Anteil

Wenn zwei kleine Anteile beteiligt sind

Vorteile einer Paartherapie mit Ich-Anteilen

Abbildungsverzeichnis und Literatur

Sie haben keine Zeit für viele Worte, sondern wollen schnell erfahren um was es geht? Dann versuchen Sie eine Abkürzung. Wenn Sie noch keinen Zugang zur Thematik haben, empfehle ich Ihnen mit dem unmittelbar folgenden Abschnitt »Warum dieses Buch« zu beginnen und dann noch die ersten Seiten von Teil 1 – Ich-Anteile zu lesen.

Verschaffen Sie sich danach im Teil 2 einen Eindruck darüber, wie sich Ich-Anteile in der Zweierbeziehung zeigen und auswirken.

Wollen Sie eigene Ich-Anteile kennenlernen, nehmen Sie sich den Teil 3 vor. Den Zugang zu den eigenen Ich-Anteilen bekommen Sie im Abschnitt: »Die eigenen kleinen Anteile« ab Seite →, der Blick auf die des Partners fängt an unter der Überschrift: »Die kleinen Anteile des Partners« ab Seite →.

Die Zusammenfassung auf Seite → zeigt »Die zentralen Aussagen« dieses Buches auf wenigen Seiten.

WARUM DIESES BUCH?

Beim Schreiben dieses Buches war ich in Gedanken immer wieder bei den Paaren, die ich in meiner psychotherapeutischen Praxis erlebt hatte. Viele hatten beim ersten Gespräch schon etliche Krisen hinter sich. Manches konnten sie klären, aber weil vieles ungelöst blieb, fragten sie sich, ob sie überhaupt zusammenpassen. Sie schauen verzweifelt und manchmal auch irritiert auf ihre Zweiergemeinschaft, die von negativen Geschehnissen erschüttert ist. Manche haben noch Zugang zu dem Positiven, das sie zusammengeführt hat oder das sie sich in den vergangenen Jahren erarbeitet haben. Bei anderen ist das Verbindende schon weitgehend unter dem Schutt zerstörerischer Begegnungen begraben. Eine Paartherapie ist für viele der »letzte Versuch«.

Dabei geschehen die meisten Konflikte und Missklänge, weil unbewusste Aspekte der Beteiligten negativ aufeinander reagieren. Nur wenn diese unbewusst bleiben kann man nichts ändern und das Paar dreht sich in endlosen Kreisen um dieselben Probleme. Die verborgenen Hintergründe des Miteinanders sind aber relativ einfach zu erschließen und dann auch zu beeinflussen. Krisen können so zu Ansatzpunkten für ein völlig neues Verständnis der eigenen Beziehung werden. Ich bin überzeugt, dass diese Gemeinschaft letztlich der persönlichen und gemeinsamen Entfaltung dient.

Als Mann, der selber in einer Paarbeziehung lebt und auch davor schon entsprechende Erfahrungen sammeln durfte, sind mir die Lasten einer Paarbeziehung nicht fremd. Tatsächlich waren meine eigenen Erfahrungen als Teil eines Paares letztlich auch der Ausgangspunkt für dieses Buch …

Wie so viele aus meiner Profession war ich zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit als Psychotherapeut davon überzeugt, ich sei dank meiner Ausbildung vor den »Niederungen des Paarlebens« geschützt. Entsprechend verwundert und manchmal auch entsetzt musste ich mit ansehen, wie sehr ich mich, als in Psychotherapie geschulter Mann, immer wieder rettungslos mit meiner Nächsten verstrickte. In den Therapiesitzungen, in denen ich selber als Klient saß, brauchte ich einige Zeit, um meine Rolle in diesem wiederkehrenden Geschehen zu betrachten und zu verstehen. Dabei fand ich es vor allem schwierig, Zugang zu jenem Teil meiner Person zu bekommen, der sich regelmäßig in fruchtlose Auseinandersetzungen begab. Gemäß der Überzeugung »Wenn du etwas lernen willst - studiere es, wenn du etwas wissen willst - lies darüber, wenn du etwas meistern willst - unterrichte es!«1 begann ich, mit Paaren zu arbeiten.

Das, was meine Klienten da vor mir, in immer neuen Varianten ausbreiteten, war mir selbst meist wohlbekannt. Um diesen Menschen - und letztlich auch mir selbst - helfen zu können, suchte ich nach Worten und Bildern, mit denen diese Vorgänge begreifbar würden. Inzwischen ist ein leicht vermittelbares, gut verständliches Gedankenmodell entstanden, das die Zusammenhänge anschaulich macht, aber vor allem eine nützliche Orientierung beim Umgang mit Problemen im Paaralltag liefert.

Bei mir selbst wie bei anderen konnte ich beobachten, dass in den fruchtlosen Streitsituationen stets ein spezifisches Verhaltensmuster hervortrat. Die emotionale Empfindlichkeit war deutlich herauf- und die Fähigkeit, in rationale Distanz zum Geschehen zu gehen, herabgesetzt. Plötzlich waren da Gefühle und Reaktionen, die außerhalb dieser »Konfliktzonen« nicht auftraten. Um diese Diskrepanzen einordnen zu können, bot sich die Vorstellung an, eine Person als die Summe ihrer Teilpersonen zu verstehen. Das deckte sich auch mit meinen eigenen Erfahrungen, denn in solchen Ausnahmesituationen kam es mir – zumindest rückblickend- immer wieder so vor, als wäre ich anders, würde anders denken, anders wahrnehmen, anders empfinden, anders reden und mich auch anders bewegen. Das war zwar immer noch »Ich«, aber eben eine andere Ecke von mir.

Die Idee, eine Person als eine Gruppe von mehreren Teilpersonen zu betrachten, war mir schon aus der psychotherapeutischen Ausbildung bekannt: In der Gestalttherapie war/ist es üblich, verschiedene Teile einer Person auf Stühle zu setzen und dann, durch fleißiges Hinundherswitchen von Stuhl zu Stuhl, ein Gespräch zwischen diesen Teilen herzustellen. Auch in der Hypnotherapie ist die Arbeit mit verschiedenen Aspekten einer Person eher die Regel als die Ausnahme.

Die Verwendung dieses Modells von Teilpersönlichkeiten erlebten viele meiner Klienten als Erleichterung. Vielleicht weil das Zwingende und die scheinbare Unausweichlichkeit des Ablaufs mancher Paarkonflikte für die meisten Menschen etwas sehr Belastendes und bisweilen sehr Irritierendes hat. Doch betrachtet man die eigene Person als eine Gruppe von Teilpersönlichkeiten, dann ist auch der »Störer« nur ein Teil der eigenen Person. »Ich« muss mich also nicht als Ganzes in Frage stellen; schließlich gibt es ja auch andere Teile, die für den Partner so attraktiv sind, dass dieser mit einem eine Beziehung führt. Es ist nur eine »lockere Schraube«, die Probleme macht und um die man sich – gegebenenfalls mit Psychotherapie - kümmern muss. Das Problem wird überschau- und dadurch hoffentlich beherrschbar.

Die Arbeit mit Teilpersönlichkeiten birgt zudem die Möglichkeit, dass all das, was ein Paar an positiven Erfahrungen miteinander gemacht hat, weiterhin Bestand haben darf, während in anderen Bereichen Probleme und Dissonanzen existieren. Die guten Erfahrungen gehören zu den einen Teilpersönlichkeiten, die negativen Erfahrungen zu gänzlich anderen Teilpersönlichkeiten. In der Therapiesitzung können die Konfliktpartner an die guten Aspekte des Miteinanders erinnert werden, was mindestens für einen Moment befriedend wirkt und bestenfalls die Bereitschaft stärkt, sich den Problemen zu stellen statt sofort alles hinzuwerfen.

***

Im Geschehen selbst merkt der Betroffene nichts von Teilpersonen. Er spürt lediglich einen Wechsel der eigenen Stimmung. Irgendetwas, das eben gesagt wurde oder passiert ist, hat die eigene Person betroffen – und nun ist man sauer, beleidigt, verletzt oder … Obwohl kurz zuvor noch alles okay zu sein schien. Von einem wahrnehmbaren Wechsel in einen anderen Persönlichkeitsanteil keine Spur. Man fühlt sich noch als man selbst, jetzt allerdings entsprechend belastet. Erst in der Rückschau lässt sich erkennen, dass das nicht einfach nur ein Stimmungswechsel war. Hier war mehr passiert. Man hatte sich zu Worten oder Handlungen hinreißen lassen, die einem nun vielleicht sogar peinlich sind. Anders ausgedrückt: Wäre ich nicht so betroffen gewesen, hätte ich ganz anders reagiert, vielleicht wäre das ganze Geschehen völlig unproblematisch gewesen …

Stattdessen aber war es zum Streit mit dem besonders nahestehenden Menschen gekommen. Man hatte diesen vielleicht sogar beleidigt, Dinge gesagt, die man sonst nie sagen, vielleicht sogar nicht mal denken würde. Erst rückblickend wird klar: Da gab es etwas Fremdes im eigenen Ich. Eine Seite der eigenen Person, die sich ab und zu zeigt, doch erst aus der Distanz irritierend wirkt.

***

Es stellt sich die Frage, warum diese Teilpersönlichkeiten überhaupt existieren und was sie antreibt, in unserem Erwachsenenalltag herumzuspuken. Aus meinen Erfahrungen etlicher eigener Paarkonflikte lernte ich, dass ich meine Lebenswelt in diesen Momenten anders wahrnahm als sonst. Ich hatte plötzlich keinen Zugang mehr zu den guten Aspekten meines Lebens, insbesondere nicht zu jenen in meiner Beziehung. Vieles, was ich sonst als liebenswert und Kraft gebend erlebte, erschien mir jetzt in einem negativen Licht. Als würde ich meine Welt durch eine gefärbte Brille sehen. Eine Brille, die außerdem vieles, was mir sonst präsent und hilfreich war, ausklammerte. Eine gefärbte Filterbrille, die man sich selbst in der entsprechenden Situation aufsetzt, ohne es zu bemerken.

Bei genauerer Betrachtung wurde mir jedoch schon bald klar, woher ich die Welt kannte, die ich durch die Filterbrille sah. Es war die Erlebenswelt meiner Kindheit. Da waren zwar weiterhin meine Gegenwart samt den Personen und Situationen um mich herum, aber durch meine Filterbrille erlebte ich alles wie damals in der Kindheit: Was ich als Kind an Verlassenheitsgefühlen erlitten hatte, hatte nun meine Partnerin verursacht. Und so ausweglos wie mein Ringen um Veränderung erschien mir mein Bemühen auch jetz.

Bei meinen Klienten finden sich die gleichen Mechanismen. Auch hier sind Handeln und Erleben in den Konfliktsituationen wesentlich durch Kindheitserlebnisse der Beteiligten gefärbt, ohne dass das den Personen selbst ansatzweise bewusst ist. Die meisten sind davon überzeugt, vollkommen im Hier und Jetzt zu sein und sich angemessen (!) mit ganz realen Gegenwartsproblemen herumzuschlagen.

Weil wir es also mit Teilpersönlichkeiten zu tun haben, die innerlich in Kindheitserleben gefangen sind, bezeichne ich diese im Folgenden als kleine (Ich-)Anteile oder kleine Ich-Zustände. In der Therapiesituation deute ich mit der Hand in der Höhe zwischen 80 und 120 cm über dem Boden auf die ungefähre Größe dieses kleinen Anteils. Entsprechend spreche ich auch von einer anderen Teilpersönlichkeit als großer oder erwachsener Anteil. Darunter verstehe ich den Persönlichkeitsaspekt, der auch Zugang zu dem positiven Potenzial der Gegenwart hat: der im Hier und Jetzt verankerte Erwachsene.

***

Im ersten Abschnitt gehe ich vertieft darauf ein, wie sich diese kleinen Anteile im Laufe der Kindheit bilden und welche Bedeutung und Aufgaben sie für die Personen im weiteren Lauf ihres Lebens haben. Deshalb hier nur in aller Kürze: Diese kleinen Anteile sind vor allem damit beschäftigt zu verhindern, dass sich unangenehme Erfahrungen aus der Kindheit wiederholen. Da sich diese Anteile auch in den Eheproblemen und -konflikten der Gegenwart zeigen, muss man sich jedoch nicht zwangsläufig an die eigene Kindheit erinnern, um damit arbeiten zu können. Denn an dem Verhalten, an den Worten und dem Erleben in solchen Situationen lässt sich mit wenig Übung ablesen, was den kleinen Anteil jeweils antreibt, ob er Anerkennung sucht, ob er Angst davor hat, verlassen zu werden, ob er sich überfordert oder bevormundet fühlt … Die individuelle Not ist sehr vielfältig – und nie banal. Meist geht es um den eigenen Wert, seinen Platz auf der Welt, das eigene Recht auf Leben, Glück oder Selbstbestimmung.

Wird nun auch der kleine Anteil des an dem Paarkonflikt beteiligten Partners herausgearbeitet, zeigt sich in der Regel, dass beide Partner sehr ähnliche Kindheitslasten mit sich herumschleppen. Hat der eine ein Problem mit Verlassenheit, hat es auch der andere. Manchmal wird dies nicht sofort deutlich, weil der Umgang mit dem Problem sehr verschieden sein kann. Dann lohnt es sich, tiefer zu schauen. Für die Partner selbst ist diese Erkenntnis meist überraschend. Denn angesichts der erlebten Unterschiede und aktuellen Auseinandersetzungen ist ihnen vor allem das Trennende bewusst. Viele ahnten nicht, wie ähnlich sie sich in ihrer Grundnot sind. Das Erkennen dieser Ähnlichkeit in zentralen Lebensthemen verändert den Blick aufeinander. Im günstigsten Fall münden Zorn und Vorwürfe in Nachdenklichkeit. Dadurch wird es für das Paar auch leichter, wieder einen Bezug zu den positiven Verbindungen in ihrer Beziehung zu bekommen.

Das Paar erscheint folglich als Solidargemeinschaft aus zwei Menschen, die sich auf ihrer Suche nach Lösungen für ein ähnliches Problem zusammengetan haben. Insofern ist es das elementare Ziel meines Ansatzes, die Solidarität füreinander und das Bewusstsein für das Gemeinsame zu stärken. Aus meiner Sicht ist jedes Paar eine Wachstumsgemeinschaft. Sobald beide Partner das verstanden haben, werden die Probleme weniger als Störungen denn als Ansatzpunkte für das individuelle und gemeinsame Wachstum gesehen.

Das Buch wurde für die praktische Verwendung im Paaralltag geschrieben. Ich will Paaren ermöglichen, anders mit den Konflikten in ihrer Beziehung umzugehen. Sie sollen in die Lage versetzt werden, viele (vergebliche) Streitereien gar nicht erst führen zu müssen und jede Reibung in ihrer Beziehung, die alltäglichen Probleme als Herausforderung und Aufgabe für das Wir zu verstehen und ihnen entsprechend zu begegnen. Es geht also darum, das tägliche Miteinander einfacher zu gestalten, weniger oft aneinanderzugeraten und anders mit möglichen Konflikten umzugehen, um dann leichter wieder zusammenzufinden.

***

In Gesprächen mit Kollegen wurde deutlich, dass der hier vorgestellte Ansatz auch für andere Paartherapeuten interessant ist, zum einen weil er leicht zu vermitteln ist, zum anderen weil er vergleichsweise schnell zu konkreten Aufgabenstellungen führt. Der Anhang2 wurde daher insbesondere für psychotherapeutische Kollegen verfasst, obgleich er auch für Klienten, die über eine Paartherapie nach dem »Teile-Modell« nachdenken, hilfreich sein dürfte.

***

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit beschränke ich mich meist auf die männliche Form. Sofern nicht eigens erwähnt, sind jedoch stets Frauen und Männer gemeint.

Die Intensität und Großartigkeit der ersten Liebeswochen sind ein Geschenk. Hier können zwei miteinander erleben, zu was sie gemeinsam fähig sind.

Wollen sie dasselbe auch in Zukunft leben, müssen sie es sich erarbeiten.

Die vor dem Paar auftauchenden Steine (Probleme) weisen den Weg zu diesem Ziel.

1 Dieses Zitat ist auf etlichen Webseiten diverser Yogaschulen zu finden und wird Yogi Bhajan zugeschrieben.

TEIL 1

ICH-ANTEILE

Zustände innerer Beschränkung

Jeder Einzelne von uns hat großartige Fähigkeiten und könnte folglich viele Aufgaben des Lebens ganz allein bewältigen. Tun sich aber zwei Menschen als Paar zusammen, entsteht eine Gemeinschaft mit einem besonderen Potenzial an Möglichkeiten: Die Lebenserfahrungen und Fähigkeiten, das Können und Wissen von zwei Erwachsenen fließen hier zusammen. Allerdings tauchen auch Probleme auf, die ein Einzelner kaum hat. Bisweilen scheinen die beiden Menschen einfach zu komplex und zu verschieden, um problemlos miteinander leben zu können. Und wenn die zusammenfügende Kraft der Hormone beginnt nachzulassen, taucht die Frage auf, ob die Wahl nicht doch auf den falschen Partner bzw. die falsche Partnerin gefallen ist.

Paare, die sich für eine Paartherapie entscheiden, haben gerade wenig Zugang zu dem großartigen Potenzial ihrer Beziehung. Sie leiden stattdessen unter den permanenten Auseinandersetzungen, sie erleben das Miteinander als belastend und kommen auf ihrer Suche nach Lösungen nicht weiter. Oft geht der Kampf schon seit Wochen oder Monaten, manchmal schon seit Jahren. Es dominieren Streit und schlechte Gefühle. Das Miteinander erscheint eher als Beschränkungs- denn als Entfaltungsgemeinschaft. Manchmal ist nur einer der beiden Partner betroffen, oft aber beide: Beide erleben ihre gemeinsame Zeit als negativ und sind in engem Kontakt mit eigenem Leiden, Mangel und/oder eigener Not.

SZENE I

Sie: (beim Geschirrabwaschen) »Wieso bringst du eigentlich nie den Müll runter?«

Er: »Ich bin doch eben erst von der Arbeit gekommen.«

Sie: »Immer hast du eine Ausrede. Alles muss ich allein machen, nie bist du für mich da …«

Er: »Aber ich hatte doch schon gesagt, dass ich morgen zusammen mit dir aufräumen werde.«

Sie: »Morgen, morgen, immer nur morgen. Nie jetzt …«

Und so weiter und so fort. Wer von uns kennt solche Konfliktsituationen in einer Partnerschaft nicht? Für den einen fühlt es sich gerade so an, als wäre der andere auf einen sehr eingeschränkten Aspekt des Lebens fixiert. Dabei leidend, anklagend und überhaupt nicht offen für die eigenen Argumente …

SZENE II

Er: (abends im Bett, rückt in eindeutiger Absicht näher an sie heran)

Sie: »Nein, ich fühle mich nicht wohl, ich mag jetzt nicht.«

Er: (genervtes Seufzen)

Sie: »Was hast du denn? Wieso bist du gleich wieder beleidigt, ich habe doch gesagt, dass ich mich nicht wohl fühle. Das richtet sich doch nicht gegen dich.«

Er: »Heute fühlst du dich nicht wohl, morgen hast du Kopfschmerzen, übermorgen deine Tage. Danach keine Lust. Nein, das hat natürlich überhaupt nichts mit mir zu tun.«

Sie: »Komm, nun beruhige dich mal wieder.«

Er: »Ich soll mich beruhigen? Ich wüsste ein Mittel, um mich zu beruhigen, aber das interessiert dich ja nicht. Es interessiert anscheinend überhaupt niemanden, was ich will.«

Auch hier ist ein Partner in seiner Sicht der Dinge festgefahren und dabei nicht offen für irgendwelche Argumente oder gar Sichtweisen der anderen Seite. Alles Reden führt zu keiner Beruhigung, sondern eher zur Eskalation: Im ersten Beispiel wirft sie ihm vielleicht einen Teller vor die Füße; im zweiten zieht er mit seiner Bettdecke auf die Couch. Schlimmstenfalls verliert auch der zweite Partner seine ruhige Distanz – und es kommt zu einem heftigen Streit.

***

Bei genauerer Betrachtung wird klar, dass beide Szenen einen Vorlauf haben. Vermutlich hat die Frau in Szene I schon seit längerem vergeblich versucht, ihren Partner zur Mithilfe im Haushalt zu bewegen. Und der Mann in Szene II hat offensichtlich schon mehrfach erlebt, dass seine Annäherungsversuche gescheitert sind.

Beide Szenen machen aber auch deutlich, dass es in dem Moment nur einen eingeschränkten Bezug zur Realität gibt: Der Abwaschenden ist es inzwischen vollkommen egal, dass er eben erst die Wohnung betreten hat; und der Mann im Bett ist für die Befindlichkeit seiner Frau überhaupt nicht zugänglich. Der Frau in Szene I geht es wie dem Mann in Szene 2: Beide sind in ihrem Erleben gefangen, fühlen sich persönlich nicht beachtet, und die Auseinandersetzung, die sie gerade führen, hat etwas Auswegloses. Was zudem auffällt: Das Timing für die Auseinandersetzung ist in beiden Fällen schlecht. Der Mann, der gerade von der Arbeit nach Hause kommt, wird sich wahrscheinlich nicht sofort den Mülleimer schnappen und voller Verständnis nach unten bringen. Und die Frau, die sich nicht wohlfühlt, wird kaum plötzlich Lust auf Sex haben.

In der Paartherapie kommen solche vordergründig banalen Situationen recht häufig vor. Durch Nachfragen lässt sich relativ einfach herausbekommen, um was es bei der Auseinandersetzung wirklich geht.

Die Frau, die gerade abwäscht, möchte, dass ihr Partner versteht, wie wichtig ihr hausfraulicher Arbeitsbeitrag ist. Sie will Wertschätzung und Aufmerksamkeit. Sie will nicht immer die zweite Position in der leistungsorientierten Paarhierarchie innehaben.

In Szene II geht es dem Mann vordergründig um Sex, dahinter geht es aber in diesem Fall auch um die Würdigung seiner Arbeitsleistung. Er will ebenfalls gesehen werden und braucht die körperliche Gegenleistung seiner Partnerin als nonverbale Bestätigung seines Beitrags für die Familie. Da diese Bestätigung aus seiner Sicht schon zu lange ausbleibt, ist er entsprechend beleidigt und sauer.

Das Verhalten in beiden Beispielen ist offensichtlich nicht sehr zielführend. Vielmehr besteht die Gefahr, dass ein heftiger Streit entflammt – und das wichtige Ziel, Anerkennung für die eigene Person und Leistung zu bekommen, in weite Ferne rückt. Wieso aber reagieren denn zwei erwachsene Menschen mit solchen wenig dienlichen Hilfsmitteln?

***

Bisweilen erinnern diese Beispiele an das Verhalten einer ganz anderen Klientel, die eine psychotherapeutische Praxis aufsuchen: Angstpatienten. Hat ein Mensch zum Beispiel Angst davor, Fahrstuhl zu fahren, wird er diesen nicht benutzen, auch wenn sein Ziel im zehnten Stockwerk liegt. Vernünftigen Argumenten gegenüber ist diese Person in dem Moment überhaupt nicht offen. Ähnlich unflexibel wie die Protagonisten in den beiden obigen Szenen wird auch der Ängstliche auf seiner Überzeugung beharren, der Fahrstuhl sei ein gefährlicher Ort. Jedes wie auch immer geartete Argument wird einfach weggewischt. Die eigene (von anderen als eingeschränkt erlebte) Sicht auf die Realität setzt sich rigoros durch – auch wenn das eigentliche Ziel, zum Beispiel das zehnte Stockwerk, deshalb nicht erreicht werden kann.

Ebenso wenig ist ein Depressiver durch einen Hinweis auf die ihn umgebende Schönheit aufzuheitern oder der Zwanghafte von der Sinnlosigkeit seines zwanghaften Tuns zu überzeugen. »Du brauchst nicht noch einmal hineinzugehen, um den Herd zu überprüfen«, ist ein Satz, der vielleicht gehört, aber von dem Zwanghaften nie befolgt werden wird. Denn ist der Gedanke erst einmal da, dass der Herd womöglich noch nicht ausgeschaltet wurde, gibt es für den zwanghaft Misstrauischen keinen Ausweg mehr. Er bleibt der einmal in Gang gesetzten inneren Logik treu und wird frühestens dann wieder offen für andere Dinge dieser Welt sein, wenn er den Herd überprüft hat.

Bei all diesen Beispielen ist der Blickwinkel so sehr auf einen begrenzten Focus eingestellt, dass für die Wahrnehmungen und Gedanken anderer Menschen kein Raum bleibt … Derartige persönliche »Ausnahmezustände« sind die Ursache unendlich vieler Paarstreitereien. Dann muss der jeweils andere Partner ein großes Maß an Gelassenheit und innerer Ruhe aufbringen, um nicht sofort auf das angebotene Verhalten einzusteigen und selber »an die Decke zu gehen«.

Das »Steuerkind«

In einem Zustand innerer Beschränkung verhält sich die betroffene Person anders als sonst, sie sieht und empfindet anders und scheint auch anders zu denken. So, als wäre jetzt innerlich ein anderer Mensch am Steuer. Insofern scheitert dann auch jeder Versuch, einen »normalen« Kontakt herzustellen, denn dieser andere Teil hat kaum Zugang zu den Erfahrungen des normalen Alltags bzw. zu den Möglichkeiten erwachsenen Handelns; er agiert unflexibel und uneinsichtig. Irgendein Auslöser hat die Person in die Erlebenswelt der eigenen Kindheit eintauchen lassen. Zwar werden die Gegenwart und die dazugehörigen Personen noch wahrgenommen, doch ist nun alles so gefiltert, dass es wie einst als Kind erlebt wird. Es findet eine Realitätsverschiebung statt. In diesen Momenten ist der Mensch keineswegs fremdbestimmt, sondern mittendrin in diesem anderen Erleben. Alles, was gerade abläuft, wird von einer anderen Warte aus betrachtet. Wahrnehmung, Denken, Empfinden und Handeln unterliegen jetzt anderen Regeln und Bewertungsmustern. Es ist, als würde der Mensch plötzlich durch eine gefärbte Brille auf die Welt schauen: Manches ist nicht mehr zu sehen, anderes tritt besonders hervor. Nur, dass der Mensch nichts von der Brille auf seiner Nase weiß. Er ist davon überzeugt, nach wie vor dieselbe Realität wahrzunehmen. Wenn Sie jetzt versuchen würden, Ihrem Gegenüber beizubringen, dass er die Welt gerade verfremdet sieht, würde er Ihnen nicht glauben - schließlich wurde der Müll ja tatsächlich immer noch nicht runtergebracht … Die tiefergehende Veränderung des eigenen Erlebens ist für die betreffende Person zwar auch wahrnehmbar, wird aber als vollkommen stimmig und passend erlebt. Spricht die Person allerdings rückblickend über ihr Erleben in jenem Moment, ist sie von der Angemessenheit des Erlebens, Denkens und Handelns nicht mehr so uneingeschränkt überzeugt. Vielmehr erkennt sie, dass sie in einer besonderen Gemütsverfassung war, die nicht ihrem Normalzustand entspricht …

Im nächsten Abschnitt gehe ich etwas näher auf den theoretischen Hintergrund ein, kläre was ein Ich-Zustand ist, was ein kleiner und was ein erwachsener Ich-Anteil. Wen das weniger interessiert mag schnell durchblättern zur Seite →, zum Abschnitt: »So entstehen kleine Anteile«.

Kleiner Theorie-Exkurs

Teilpersönlichkeiten

Ich arbeite mit der Vorstellung, dass jede Person auch als Gruppe von Teilpersönlichkeiten beschrieben werden kann. Vermittele ich dieses Modell jemandem, der gerade – dabei vielleicht den Kopf schüttelnd - auf sein Erleben beim letzten Ehestreit zurückschaut, entsteht schon nach wenigen erklärenden Worten ein Konsens darüber, dass der jetzige Normalzustand von einer ganz anderen Teilpersönlichkeit gelebt wird, als es in jenem Streitzustand der Fall war. Auch die Bezeichnung als kleiner Anteil wird gerne akzeptiert.

Lassen Sie mich noch vorwegschicken, dass es sich bei den »Teilpersönlichkeiten« lediglich um eine Metapher handelt, die sich als nützlich erwiesen hat, um damit komplexe Prozesse im Menschen leichter erfassen und beschreiben zu können. Jochen Peichl sagt über Persönlichkeitsanteile, die er in seinem Ansatz als Ich-Zustände bezeichnet, dass diese lediglich »theoretische Konstrukte über die Funktionsweise unseres Gehirns darstellen«. Sie sind »eine Beschreibung der Funktion und der Organisationsstruktur des Ichs oder Selbst« und als solche »nicht subjektiv erfahrbar.«2 Bei jedem Menschen lassen sich somit etliche verschiedene Persönlichkeitsanteile – also verschiedene Erlebens-, Denk- und Verhaltensmuster – ausmachen. Das hat nichts mit Schizophrenie oder multipler Persönlichkeit zu tun. Bei diesen Krankheitsbildern wird zwar auch von Persönlichkeitsanteilen gesprochen, diese sind aber kein »integraler« Bestandteil der Person, sondern von dieser mitunter komplett abgespalten.

In der psychotherapeutischen Tradition wird seit langem mit der Idee gearbeitet, verschiedene Aspekte einer Person getrennt voneinander zu betrachten. So arbeitet schon Sigmund Freuds Modell vom Ich, Es und Über-Ich mit einer Unterteilung der komplexen menschlichen Persönlichkeit. Und Eric Berne, der gemeinsam mit Thomas A. Harris in den 1960er Jahren die Transaktionsanalyse als psychotherapeutisches Verfahren entwickelte, unterschied drei Ich-Zustände: Eltern-Ich, Erwachsenen-Ich und Kind-Ich.3 Friedemann Schulz von Thun wiederum arbeitet mit dem Modell eines inneren Teams mit dem übergeordneten »Ich« als Teamleiter.4

Vermutlich ist Ihnen auch schon mal der Begriff »inneres Kind« begegnet. In diesem drückt sich die Vorstellung aus, das »innere Kind« existiere als unabhängiger Teil in der Person und müsse entsprechend angesprochen und behandelt werden. Auf dem Konzept, des inneren Kindes beruhen viele psychotherapeutische Ansätze5, unabhängig voneinander und aufeinander aufbauend, etwa seit den 1990er Jahren. Im Kern haben wir es hier mit zwei Anteilen der Person zu tun. Dem inneren Kind und einem erwachsenen Anteil, der die Aufgabe bekommt, dieses innere Kind wahrzunehmen, anzunehmen und in die Person zu integrieren. Die verschiedenen Ansätze formulieren das für sich aber jeweils anders und fügen je nach Betrachtungsweise andere Komponenten oder Aspekte hinzu. Therapieansätze, die ein Teile-Modell der Psyche in ihren Konzepten nutzen, zählt zum Beispiel Jochen Peichl auf.6 Aus dieser Liste möchte ich hier lediglich die Gestalttherapie und die Ego-States-Therapie anführen.

Ich selbst bin mit den Modellannahmen von Teilpersönlichkeiten in der Gestalttherapie bzw. einem Nachfolgeansatz, der Integrativen Therapie7, in Berührung gekommen. Dabei waren der »heiße Stuhl« und der »innere Stellvertreter« ebenfalls Ansätze mit verschiedenen Anteilen einer Person.