Paris für Liebhaber - Olivier Magny - E-Book

Paris für Liebhaber E-Book

Olivier Magny

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Beschreibung

Alles, was Sie schon immer über Pariser wissen wollten, aber nicht zu fragen wagten!

Sie wollen Paris kennenlernen, wie es wirklich ist? Sie wollen die Stadt jenseits der Klischees entdecken? Sie wollen die Tricks und die wichtigen Sätze lernen, um selbst echte Pariser zu blenden? Dann ist dieses Buch genau das richtige für Sie! Es beschreibt alles, was das Leben mit den Parisern und als Pariser so einzigartig macht. Olivier Magny ist ein Eingeborener und in der Stadt der Liebe aufgewachsen. Mit viel Witz und Ironie gibt er uns in seinem Buch nützliche und unbezahlbare Insidertipps und verrät uns alles, was einen richtigen Pariser ausmacht.

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Seitenzahl: 181

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Buch

Es ist schwierig, den Pariser zu definieren. »Hauptstadtbewohner«: zu vereinfacht. »Gewohnheitsnörgler«: zu verallgemeinernd. Die Pariser definieren sich vor allem über die Dinge, die sie mögen, aber ganz besonders darüber, was sie nicht mögen. Über das, was sie tun, aber ganz besonders darüber, was sie nicht tun. Olivier Magny präsentiert eine ausführliche und absolut subjektive Aufstellung der typischen Eigenarten und Eigenwilligkeiten des Parisers. Darin wird alles abgehandelt, von der Dreifaltigkeit der Coolness (iPhone, Converse, Sushi) über »die Wochenenden auf dem Land, die einfach nur guttun«, und die maßlosen Freuden des »Café-Gourmets« bis hin zum Ausruf: »Ich liebe den südfranzösischen Akzent!«. Es werden gewagte Überlegungen angestellt, veranschaulicht durch typische Aussprüche und unterhaltsame Beispiele aus dem echten Leben des Anschauungsobjekts. Auch mit im Programm: spitze Bemerkungen und geistreiche Worte, formuliert von einem 100-prozentigen Pariser, der sich über sich selbst und seine Mitstädter lustig macht.

Autor

Olivier Magny hat BWL studiert und ist ein ausgebildeter Önologe. Nach einigen Jahren in Kalifornien gründete der gebürtige Pariser 2004 eine Firma, die Weinproben in aller Welt anbietet und Interessierte in die Kunst der Weinlehre einführt. Inzwischen hat er über 50 000 »Schüler« unterrichtet. 2010 eröffnete er seine eigene Wein-Bar Ô Chateau in Paris, wo er regelmäßig anzutreffen ist.

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Eine Gebrauchsanweisung für die Stadt und ihre Bewohner

Deutsch von Alexandra Baisch

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel »Dessine-moi un Parisien« bei Editions 10/18, Département d’Univers Poche, Paris.

Das Zitat von Charles Baudelaire stammt aus Charles Baudelaire, Blumen des Bösen/Les Fleurs du Mal - Kapitel 10, übersetzt von Terese Robinson, Georg Müller Verlag, München, 1925

1. AuflageCopyright der Originalausgabe © 2010 by Olivier MagnyCopyright der Originalausgabe © 2010 by Editions 10/18, Département d’Univers PocheCopyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2016 by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Umschlaggestaltung: semper smile, MünchenUmschlagmotiv: © Shutterstock/anna42f und iralu ED · Herstellung: kwSatz: Uhl + Massopust, AalenISBN 978-3-641-17151-3V001www.blanvalet.de

Eines Februarmorgens hat Olivier Magny auf der Website seiner Gesellschaft einen Blog gestartet. Er verfasst ihn auf Englisch und nennt ihn Stuff Parisians Like. Innerhalb kürzester Zeit hat SPLmehrere Tausend Leser auf der ganzen Welt – gewitzte Gleichgesinnte, die amüsiert verfolgen, wie Pariser von einem Pariser augenzwinkernd in die Pfanne gehauen werden. Der kleine Blog wächst. Eines schönen Tages macht der Verlag 10/18 Olivier den Vorschlag, seinen Blog zu veröffentlichen. Kein Bildschirm mehr, keine Klicks, sondern echtes Papier. Voller Begeisterung macht sich Olivier an die Übersetzung seiner eigenen Texte ins Französische. Innerhalb weniger Wochen hat sich Paris für Liebhaber zu einem Bestseller entwickelt. Wenige Monate später erscheint das Buch in English und erlebt seinerseits einen schönen Erfolg. Der von Olivier Magny gezeichnete Pariser lässt die Menschen schmunzeln, weit über den Boulevard périphérique hinaus …

Das Wort »putain«

Die Île Saint-Louis

Schwarz tragen

Der TGV

Jemanden als Fascho bezeichnen

Kino am Sonntag

Salzbutter-Karamell

Freunde

Sushi

Nummernschilder

Roland-Garros – Die French Open

Der Café Gourmand

Die Racailles

Weiße Socken

Englisch sprechen

Die Grandes Écoles

Der Jardin du Luxembourg

So seine Theorie haben

Kirschtomaten

Jeans

Berthillon

Kritik an den Parisern üben

Robert Doisneau

Chinesen

Diäten

Der PSG

Schnee

Amerikaner

Hochzeitsreden

Klassische Musik

Wochenmärkte

Mäßigung

Sterne

Das Wort »sympa«

Fußgänger

New York

Ausstellungen

Der Moelleux au Chocolat

Die Prolls

Leierkästen

Das San Pé

Der Akzent des Südens

Verlan

Le Monde

Der Dreitagebart

Betrunken Auto fahren

Die Originalversion

Belgier

Die netten kleinen Wochenenden

Zweifel

Olivenöl

Parken

Boote

Südamerika

Die Herkunft

Witzige Typen

Unterhaltungen für sich entscheiden

Jacques Brel

Ausländerinnen

Das Wort »klein«

Die Bobos

Aufzählungen

Skifahren

Die schicken Viertel

Sich beschweren

Sonne

Abendgestaltung

Kellner

Genießer

In einer festen Beziehung sein

Touristen

Männer

Die Metro

In Paris ist das Wort putain mehr als nur ein Wort. Es ist eine Krücke. Eine Krücke, die dem Pariser über jede gesellschaftliche Hürde hinweghilft. Es ist ganz unmöglich, sich länger als fünf Minuten mit einem Pariser zu unterhalten, ohne den Klang dieser Krücke zu vernehmen. Es sei denn, man ist selbst ein Sprössling dieser Stadt. Die Pariser haben nämlich die seltene Fähigkeit entwickelt, die Krücke ganz einfach niemals zu bemerken. Das geneigte Ohr des Parisers hört dieses Wort ganz einfach nicht mehr.

Das Substantiv putain verweist auf eine Prostituierte. Der Ausruf putain! verweist auf nichts und niemanden. Üblicherweise werden damit typisch pariserische Gefühle wie Unzufriedenheit, Wut oder Frustration voller Inbrunst zum Ausdruck gebracht. Wie zum Beispiel im Stau: »Putain, das kann doch echt nicht wahr sein!«; oder in Bezug auf den Chef: »Der ist völlig bescheuert, putain …« Unter diesen besonderen Umständen dient das Wort der Hervorhebung – ob nun als Auftakt oder als Schlusspunkt. Das ist bei Weitem auch der häufigste Gebrauch des Wortes.

Doch dem Begriff gelingt es, diese kleine Nische hinter sich zu lassen. Mit putain drückt man in Paris auch Überraschung aus. Beim Anblick eines sonnigen Himmels: »Oh putain! Super Wetter heute!«; ein kurzer Blick auf die Uhr: »Putain, echt schon zwei Uhr?« Etwas kategorischer wird putain als eindringliche Aufforderung verwendet, unverzüglich jedes Drängeln oder Aufschneiden einzustellen: »Putain, jetzt warte doch mal!«, »Putain, echt jetzt?!« Taucht putain ohne irgendeinen Zusatz in Zusammenhang mit einer traurigen Neuigkeit auf, bekundet man damit gleichermaßen Interesse wie Mitgefühl.

Pariser eins: Und dann hat ihr Mann sie verlassen.

Pariser zwei: Putain.

Pariser eins: Ja, und jetzt ist sie allein mit drei Kindern …

Überraschender ist hingegen, dass dieser Begriff auch Bewunderung oder sogar Ermutigung ausdrücken kann. Wenn man zum Beispiel einen Film lobt: »Putain, der war einsame Spitze«; oder die neue Wohnung eines Freundes bestaunt: »Putaiiin«; wenn man verdutzt feststellt, dass ein Bekannter, den man aus den Augen verloren hat, eine Weltreise macht: »Putain …?«; oder wenn man bei einem Fußballspiel einfach nicht mehr an sich halten kann: »Jetzt macht schon, putain!«

Gefolgt von der Präposition »de« wird der Begriff stark hervorgehoben: »Der hat vielleicht eine putain de voiture, ein richtig geiles Auto«, »Das ist ein putain de restaurant.«

Nur diese letzte Verwendung wird in Paris als unflätig erachtet. Es ist auch der einzige Fall, in dem Pariser dieses Wort überhaupt wahrnehmen.

Unterm Strich kann man also sagen, dass mit putain Überraschung, Wut, Ermunterung, Frust, Emphase oder Bewunderung zum Ausdruck gebracht werden. Ganz offensichtlich ist es eine sehr nützliche Krücke. Die häufige Verwendung von Krücken – ob nun physischer oder verbaler Natur – hat aber auch eine unschöne Kehrseite. Der exzessive Gebrauch des Wortes putain in seiner gängigsten Bedeutung zeugt von einem sozialen Drang, Wut, Aggression und Frustration hinauszutrompeten. Wenn Sie angesichts einer Vielzahl alltäglicher Begebenheiten die Ruhe bewahren und nicht automatisch wild losfluchen, dann sind Sie ganz offensichtlich kein Pariser. Letztendlich ist die Verwendung von putain nämlich auch ein Mittel der sozialen Integration. Und ganz dreist auf eine Krücke zu verzichten, wo doch alle eine benutzen, wäre einfach unangebracht. Für den, der in Paris lebt, ist die Alternative recht einfach: entweder in jedem Satz eine Handvoll putains verteilen oder sich eine andere Stadt suchen.

So nützlich Krücken sind, haben sie doch unbestreitbar einen Nachteil: Sie verursachen Ungleichgewicht und Verkümmerung. Die unmittelbare Konsequenz der weitverbreiteten Verwendung des Wortes putain ist eine hartnäckige Form von Denkfaulheit. Einfache Gefühle simpel ausgedrückt. Wahrung des Scheins und kleine Abstriche. Übertünchen der Leere. Abwesenheit kaschiert durch Worte.

Eine Lieblingsbeschäftigung des Parisers besteht übrigens darin, die Leute aus dem Süden Frankreichs nachzuahmen. Versucht der Pariser sich daran, dann verwendet er als Auftakt oder Abschluss seines Anfangssatzes systematisch ein südfranzösisch nasales, lang gezogenes »putainnnggg …« mit Betonung auf dem »g«. Pariser verfügen, das lässt sich nicht von der Hand weisen, über eine erstaunliche Beobachtungsgabe.

Praktischer Hinweis:

Wenn Sie mal nicht wissen, was Sie sagen sollen, dann sagen Sie einfach »Putain …«

Sagen Sie es auf Pariserisch:

»Nein, also ehrlich, putain … ich glaub’s ja nicht!«

In Sachen Immobilien begnügt sich der Pariser mit dem, was er bekommt. Und das ist auch gut so. Könnten sich die Pariser nämlich aussuchen, wo sie leben wollten, dann wäre die Île Saint-Louis ganz bestimmt bereits untergegangen.

Die Île Saint-Louis vereint eklatante Gegensätze in sich: zentral und doch abgeschieden, schön und doch schlicht, voller Leben und doch ruhig. Sie ist der Inbegriff von Paris, sein gemütlichstes Fleckchen, sein charmantestes Lächeln. Die Pariser wissen das und verschreiben sich ihr mit einer so unerschütterlichen Liebe, die letztendlich das eigene Wesen bestimmt.

Es tut gut, über die Insel zu gehen. Abgeschottet von den unliebsamen Makeln der Stadt, besänftigt sie durch ihre schlichte Eleganz. Man fühlt sich dort zu Hause. Spaziert entspannt herum, nimmt die Schönheit in sich auf. Auf dieser Insel kann man sich gut treiben lassen.

Pariser machen die Île Saint-Louis zu einem Ziel einfacher, zeitloser Vergnügungen. Ein Fahrradausflug mit den Kindern, eine Fremde, die man küsst, ein einträchtiger Spaziergang mit der Ehefrau. Im Lauf eines Pariser Lebens wird die Île Saint-Louis jahrein, jahraus zur Bühne von Momenten, die man nicht vergisst. Als wären die wertvollsten aller Fahrradausflüge, Küsse und Spaziergänge die auf der Île Saint-Louis. Sie macht diese Momente schöner, größer, verleiht ihnen Tiefe und Würze. Sie gibt dem Leben etwas Denkwürdiges.

Darum flaniert der Pariser dort auch nur selten: Die Île Saint-Louis hat etwas Überwältigendes an sich; ihre Schönheit kann zu einem lästigen Begleiter werden. Dafür hat der Pariser keine Zeit. Und da Selbstvergessenheit nun einmal nicht gerade zu seinen Stärken zählt, wählt der Pariser seine Momente auf der Insel mit Bedacht. Hauptsächlich, das lässt sich nicht leugnen, für romantische Rendezvous und Schlemmerausflüge zu Berthillon. Manchmal geht es jedoch einfach nur um den Spaziergang. Aber immer wird ihm der bittersüße Duft des Vergänglichen anhaften. Den bittersüßen Duft schätzt der Pariser besonders. Die Île Saint-Louis ist eine Flasche, hineingeworfen in den Pariser Ozean. Ein Spaziergang ist die Gelegenheit, zur Botschaft in ihr vorzudringen. Es ist nicht einfach, diese zu entschlüsseln. Doch jedes Mal scheinen bestimmte Worte aufzutauchen. Und diese Worte verraten uns etwas.

Etwas über eine Insel.

Und über einen Kontinent.

Praktischer Hinweis:

Gehen Sie am späten Abend dorthin.

Sagen Sie es auf Pariserisch:

»Also ganz ehrlich, mein Traum wäre eine Wohnung auf der Île Saint-Louis.«

Paris ist die Hauptstadt der Mode. Vor allen Dingen, wenn diese Mode sich allein auf das Tragen von Schwarz beschränkt. Der Pariser trägt gern Schwarz: schwarze Hosen, schwarze Schuhe, schwarze Socken, schwarze Mäntel … Die Liste ist lang.

Da sich allgemein das Credo »Schwarz macht schlank« durchgesetzt hat und die Pariserin von einem maßlosen Schlankheitswahn befallen ist, ist Schwarz ganz einfach ihr bester Freund.

Der Farbe Schwarz wird nicht nur nachgesagt, sie kaschiere (vermeintliche) Rundungen, sie eignet sich auch ganz hervorragend, um sich in die Pariser Gesellschaft zu integrieren: Schwarz gekleidet fällt man nicht auf. Was könnte angenehmer sein? Pariser lieben es, unbemerkt zu bleiben: Sie möchten ihre Einzigartigkeit nicht zwangsläufig durch ihre Kleidung zur Schau stellen. Dementsprechend schlicht muss diese also ausfallen. Alle Pariser stimmen überein, »Schwarz, das ist schlicht, das passt immer.«

Pariser kennen ihre Farben. Bunt gekleideten Menschen begegnen sie mit Verachtung. Schrilles wird als Affront empfunden: Bei jemandem, der es fertigbringt, Rot oder Gelb zu tragen, stellt sich umgehend die Frage nach seiner Zurechnungsfähigkeit. Blau ist akzeptabel. Insbesondere Marineblau, das den Vorteil hat, häufig für Schwarz gehalten zu werden.

Von der goldenen Regel, immer und überall Schwarz zu tragen, gibt es nur eine Ausnahme. Und zwar eine saisonbedingte Ausnahme. Im Sommer darf der Pariser Weiß tragen. Schließlich gilt: »Weiß, das ist schlicht, das passt immer.« Die Pariserin hingegen wird die Farbe des Sommers wählen. Jeden Sommer geben Frauenzeitschriften ihrem Gefolge die Marschrichtung vor. Kein Aus-der-Reihe-Tanzen. Was Farbe betrifft, hat Originalität ihre Grenzen. Nur zu gern kommen die Pariser Frauen dieser Auflage jedes Jahr aufs Neue nach, entspricht sie doch einem Freifahrschein für zusätzliches Shoppen. In einem »blauen« Sommer könnte beim verblüfften Spaziergänger, der durch die Straßen von Paris schlendert, der Eindruck entstehen, er wandele durch ein merkwürdiges Dorf von Schlümpfen.

Bemängelt ihr Freund rundheraus die Hässlichkeit der Sommerfarbe, betrachtet die Pariserin ihn mit dieser Mischung aus Verzweiflung und Gereiztheit, die langjährigen Beziehungen zu eigen ist: »Die Farbe ist diesen Sommer total angesagt, du hast doch einfach keine Ahnung.«

Tatsächlich hätte sich der Pariser ein kleines bisschen mehr Mühe geben können.

Praktischer Hinweis:

Tragen Sie nicht nur Schwarz.

Ein weißer Kragen oder ein farbiger Schal verleihen dem Ganzen eine elegante und … schlichte Note.

Sagen Sie es auf Pariserisch:

»Ich hab mir da einen schwarzen Pulli gekauft, ganz schlicht, aber ein absolutes Muss …«

Lieben heißt in gewisser Weise eine Schwäche zugeben. Folglich verspüren Pariser keine Neigung, sich lang und breit über das auszulassen, was sie lieben. Allerdings ist es ebenso unangebracht wie taktlos, jemandem nur deshalb mit Verachtung zu begegnen, weil er Züge liebt, schließlich bekennt sich der Pariser nur zu gern zu seinem TGV.

Wenn Pariser sich über die großartigen Dinge unterhalten, die ihren Ursprung in Frankreich haben, taucht der TGV zumeist ganz oben auf der Liste auf, noch vor Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit oder dem Château-d’Yquem. Franzosen lieben den TGV. Alle Franzosen. Pariser sind da keine Ausnahme. Während Provinzler den TGV aber insofern schätzen, als er Paris, und somit die Welt, in ihre Reichweite rückt, ziehen Pariser ganz anderen Nutzen aus dem TGV. Betrachtet man nämlich das Schienennetz des TGV, dann gleicht Frankreich mit seinen Städten einer Planetenkonstellation am Himmel, in deren Zentrum Paris seine Strahlen wie eine Sonne aussendet. Jeder abgehende Strahl spendet den dunkelsten Flecken, die in ihrer Gesamtheit die Provinz bilden, großzügig Licht. Der Pariser surft auf diesen Sonnenstrahlen.

Nichts ist gewöhnlicher als ein Gespräch über den TGV. Alle Pariser sind sich einig, der TGV ist »superpraktisch« und »superschnell«. Für gewöhnlich gipfelt die Unterhaltung in einem »ganz ehrlich, einfach klasse, der TGV«. Allgemeine Zufriedenheit. Da kommt fast Langeweile auf. Bei diesem Thema gibt es nur einen einzigen Streitpunkt: »Fährt man besser mit dem Zug nach Nizza oder sollte man den Flieger nehmen?« Auf diese heikle Frage hat keiner in Paris eine endgültige Antwort. Für den aufmerksamen Zeitgenossen hält auch das 21. Jahrhundert noch ein paar ungeklärte Rätsel bereit.

Auch wenn der TGV hauptsächlich von Geschäftsreisenden genutzt wird, stellt er für eine Mehrzahl der Pariser vor allem eine direkte Verbindung zu schönen Momenten dar. Er ist der heimliche Komplize für gelungene Ferien und Wochenenden: »zwei Stunden zwanzig nach Straßburg«, »drei Stunden nach Marseille«. Der TGV ist schnell und zuverlässig, bietet dem Pariser aber gleichzeitig auch eine nahezu unwiderstehliche Gelegenheit: sich ein Erste-Klasse-Ticket zu gönnen. Für ein paar Euro mehr. Gerechtfertigt werden diese paar Euro in der Regel mit dem unwiderlegbaren Argument: »In der ersten Klasse gibt’s Steckdosen, total klasse, da kann ich meinen Laptop anschließen und was arbeiten oder einen Film anschauen.« Luxus muss auf dem Nützlichen fußen, das Angenehme ist dabei natürlich nur eine unbedeutende Nebensächlichkeit.

Weil eine Liebesgeschichte ohne Haken aber ein Ding der Unmöglichkeit ist, achtet der Pariser schon aus Prinzip – und stets um ein gesundes Maß an Ausgewogenheit bemüht – peinlich darauf, sich über die Sandwichpreise im Zug zu beschweren. Allerdings kennt »das gesunde Maß« keine allgemeingültige Einheit, und so tönt dann ein schneidendes »Das ist ja skandalös« durch den Zug, dem man nichts entgegensetzen kann. Sollte ein TGV Verspätung haben oder gar ausfallen, kommt ein Pariser zu dem übereilten Schluss, wie verdammt »privilegiert« alle Angestellten der SNCF doch sind. Danach fühlt er sich besser.

Welches Privileg regelmäßige kleine Ausflüge durch die bezaubernden Regionen Frankreichs für den Pariser darstellen, daran denkt er gar nicht erst.

Genau wie der Zug, den er über alle Maßen liebt, ziehen die Gedanken des Parisers zu schnell weiter, um sich mit derartigen Überlegungen aufzuhalten.

Praktischer Hinweis:

75 % der TGV-Reisenden haben eine »Ermäßigungskarte«. Und Sie?

Sagen Sie es auf Pariserisch:

»Komm, dieses Wochenende nehmen wir einfach den TGV und fahren irgendwohin.«