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Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen. Immer mehr Elternpaare möchten die Verantwortung für Gelderwerb, Kinderbetreuung und Hausarbeit partnerschaftlich teilen. Dieses Buch informiert darüber, was diese Rollenteilung bedeutet und welche Erfahrungen Eltern und Kinder damit machen. Zehn Paare, die das Modell seit über zwanzig Jahren praktizieren, erzählen aus ihrem Alltag. Eine Literaturstudie informiert über den Forschungsstand zur egalitären Rollenteilung. Zwei Berichte vermitteln Erkenntnisse aus Befragungen von partnerschaftlich organisierten Elternpaaren und ihren Kindern. Die Bilanz der Studien ist ermutigend: Die partnerschaftliche Rollenteilung ist sehr beliebt und auch langfristig erfolgreich.
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Seitenzahl: 512
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Margret Bürgisser
Partnerschaftliche Rollenteilung – ein Erfolgsmodell
ISBN Print: 978-3-0355-0725-6
ISBN E-Book: 978-3-0355-0894-9
Fotos: Reto Schlatter
Das Titelbild zeigt Hildegard und Adrian Kaufmann (unten), Nuria und Marko Ristin-Kaufmann mit Enkel Aljosha Ristin (o. l.) und Ilias Kaufmann mit Cecile Buffenoir (o. r.)
1. Auflage 2017
Alle Rechte vorbehalten
© 2017 hep verlag ag, Bern
www.hep-verlag.com
Zusatzmaterialien und -angebote zu diesem Buch:
http://mehr.hep-verlag.com/partnerschaftliche-rollenteilung
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort
Einleitung
TEIL I ZEHN PORTRÄTS VON ELTERNPAAREN MIT PARTNERSCHAFTLICHER ROLLENTEILUNG
Vorbemerkungen zu den Porträts
Caroline und Urs Mendelin
Rochelle Allebes und Ronnie Gundelfinger
Verena und Peter Voser
Susanne Sorg-Keller und Florian Sorg
Rita Scholl Born und Jürg Born
Jeannette Schwager und René Meier
Hildegard und Adrian Kaufmann
Eleonora Riz à Porta und Ueli Bürgi
Corinne Haffter und Dani Schaffner
Corina Elmer und Markus Brandenberg
TEIL II FORSCHUNGSSTAND ZUR EGALITÄREN ROLLENTEILUNG (Verena Witzig)
Die Ebene der Eltern
Egalitäre Rollenteilung in der Familie – Definition und Bewertung
Die demografische Verbreitung des egalitären Modells
Verbreitung von Teilzeitarbeit in der Schweiz
Mütter im Erwerbsleben
Väter und Teilzeitarbeit
Arbeitsteilung im Haushalt
Familienergänzende Kinderbetreuung in der Schweiz
Betreuung versus Bildung
Gemeinsam Eltern bleiben nach Trennung oder Scheidung
Die Ebene der Kinder
Zum Wandel der Elternrollen im Zeitverlauf
Befunde aus der Elternforschung
Berufswahl von Jungen und Mädchen
Junge Erwachsene und ihr Familienmodell
Institutionen, Politik und Arbeitgebende
Schweizer Familienpolitik: für die Familie oder eher für die Wirtschaft?
Familienrecht
Sozialstaatliche Rahmenbedingungen
Wirtschaft und Vereinbarkeit
Fazit
Literatur Teil II
TEIL III ERGEBNISSE DER ELTERNBEFRAGUNG
Erfahrungen mit der Rollenteilung im Zeitverlauf
Motive zur Wahl der partnerschaftlichen Rollenteilung
Bereitschaft zur Wiederwahl des egalitären Modells
Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Rollenmodells
Aufgaben(ver)teilung im Haushalt
Plädoyer für familienergänzende Kinderbetreuung
Vorbild- und Orientierungsfunktion für andere Paare
Was anders machen?
Entwicklung der Kinder aus Elternsicht
Allgemeine Informationen zu den Kindern
Bisherige Entwicklungen und Bildungsverläufe
Schwierige Entwicklungsverläufe
Unterschiedliche kindliche Charaktere und Interessen
Spezielle Kompetenzen und Fähigkeiten
Ablösungsmuster: Nesthocker versus Nestflüchter
Aktuelle Mitarbeit der Kinder im Haushalt
Eltern-Kind-Beziehung heute
Merkmale der heutigen Eltern-Kind-Beziehung
Vater und Mutter als unterschiedliche Bezugspersonen
Art der Kontakte zwischen Eltern und Kindern
Kinder und Rollenprägungen
Eltern als Vorbilder
Spezifische Rollenprägungen und -wünsche der Kinder
Sympathien für Teilzeitarbeit
Erwerbsarbeit und Existenzsicherung
Berufliche Merkmale der befragten Paare
Erwerbssituation egalitär organisierter Elternpaare
Kontinuität und Weiterentwicklung
Stagnation und Handlungsengpässe
Standortbestimmung und Leistungscheck
Auswirkungen des Strukturwandels
Berufliche Selbstständigkeit
Wünsche und Pläne für die Zukunft
Teilzeitarbeit, Weiterbildung und Karrierechancen
Erfahrungen mit Teilzeitarbeit früher und heute
Grenzen der Teilzeitarbeit
Vorgesetzte als Förderer und Verhinderer
Bildung als Schlüssel zum beruflichen Erfolg
Karrierechancen Teilzeit arbeitender Elternpaare
Zeitverwendung, Pensionierung und Zukunftsperspektiven
Zeitverwendung im Laufe der Zeit
Aufstockung des Arbeitspensums
Pensionierung vollzogen oder bevorstehend
Finanzielle Situation im Rentenalter
Neue Engagements nach der Pensionierung
Engagements für die eigenen Eltern und die Enkelkinder
Scheidungen und Trennungen
Jedes Paar ist ein Einzelfall
Wesens- und Verhaltensunterschiede als Trennungsgrund
Work-Life-Konflikte als Beziehungskiller
Rollenteilung nach der Trennung
Auswirkungen von Trennungen auf die Eltern-Kind-Beziehung
Finanzielle Aspekte rund um Trennung oder Scheidung
War die Rollenteilung für die Trennung (mit)verantwortlich?
Partnerschaftliche Rollenteilung im gesellschaftlichen Umfeld
Rahmenbedingungen für die Wahl des egalitären Modells
Den Bedürfnissen der Kinder gerecht werden
Mehr familienergänzende Betreuungsangebote schaffen
Traditionalisierungstrend bei jungen Menschen
Stärken und Chancen des egalitären Modells
Schwächen und Nachteile des egalitären Modells
Voraussetzungen zur Wahl des egalitären Modells
Zukunftschancen des Modells
Zusammenfassung der Elternbefragung
Literatur Teil III
Teil IV Ergebnisse der Kinderbefragung
Einleitung
Erfahrungen und Beurteilungen
Wahrnehmung der elterlichen Rollenteilung
Weitere als bedeutsam erlebte Aspekte
Von den Eltern erfahrene spezifische Förderung
Nutzen des von den Eltern Gelernten
Egalitäre Rollenteilung – Chance oder Belastung?
Reaktionen vonseiten des sozialen Umfelds
Eltern-Kind-Beziehungen
Bedeutung der Beziehung zu Mutter und Vater
An den Eltern bewunderte Eigenschaften und Verhaltensweisen
Persönliche Ziele und Wünsche
Partnerschaft, Wohnsituation und Hausarbeitsteilung
Wichtige persönliche Ziele, Wünsche und Präferenzen
Beurteilung von Vor- und Nachteilen der Teilzeitarbeit
Gewünschte Formen künftiger Arbeitsteilung
Begründung der persönlich bevorzugten Rollenteilung
Vom Partner beziehungsweise der Partnerin bevorzugtes Rollenmodell
Gleichstellung in der Schweiz
Einschätzung des Gleichstellungsstandes in der Schweiz
Als notwendig erachtete Gleichstellungsmaßnahmen
Zusammenfassung der Kinderbefragung
Literatur Teil IV
SCHLUSSBETRACHTUNGEN
ANHANG
Verzeichnis der Grafiken und Tabellen
Hinweise zum methodischen Vorgehen
Dank
Vorwort
Margret Bürgisser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Thematik rund um die partnerschaftliche Rollenteilung und hat dazu mehrere Publikationen verfasst. Schon für ihr Buch »Beruf und Familie vereinbaren – aber wie?«, das 2011 im hep verlag erschienen ist, habe ich das Vorwort geschrieben. Dies vor allem deshalb, weil ich selbst ein Pionier des egalitären Rollenmodells war und bin: Meine Frau und ich teilen uns Haus- und Familienarbeit.
Im vorliegenden Werk hat die Autorin nach 1994 und 2004 die gleichen egalitär organisierten Eltern nochmals befragt. Die Ergebnisse sind ermutigend und korrelieren mit meinen Erfahrungen. In meinem näheren Umfeld sieht das typische Modell junger Familien heute so aus: Die Frau arbeitet 60 bis 80 Prozent, der Mann 70 bis 80 Prozent, die Kinder gehen je nachdem zwei bis drei Tage in die Kita respektive Tagesschule. Und die Rückmeldungen zum egalitären Modell aus diesen Familien sind durchweg positiv. Es braucht aber den Willen beider Partner, diese Familienstruktur zu leben und daran zu arbeiten. Es gibt nämlich nichts schön zu reden: Wir leben nach wie vor in einer von Männern dominierten Welt, viel zu wenig Frauen sind in Kaderpositionen und Verwaltungsräten. Und viele Männer tun sich immer noch schwer mit der eignen »neuen« Rolle als Hausmann, Vater und Mitverantwortlicher im Haushalt, aber auch mit der »neuen« Rolle der Frau, die nicht mehr nur Hausfrau sein möchte. Sie verschanzen sich nach wie vor gerne hinter fadenscheinigen Argumenten. Dabei gibt es mittlerweile viele Beispiele, die belegen, dass Karriere und Teilzeitarbeit durchaus zu vereinbaren sind. Tatsache ist ebenfalls, dass rechtsbürgerliche und religiös-konservative Kreise weiterhin das traditionelle Frauen- und Familienbild propagieren und auf politischem Weg versuchen, Beiträge für externe Kinderbetreuung zu verhindern. Und genau das ist in der Schweiz ein Knackpunkt: Im Gegensatz zu vielen andern Ländern sind die Kosten für Kitas und Tagesschulen in der Schweiz zu hoch. Da ist bei vielen Politikerinnen und Politikern noch ein Umdenken nötig.
Als überzeugter Befürworter des egalitären Rollenmodells bin ich froh und stolz, auch dieses Werk von Margret Bürgisser im Programm haben zu dürfen. Es passt zum innovativen hep verlag, der genau solche Familienmodelle unterstützt.
Peter Egger
Verleger und Präsident des Verwaltungsrates
Einleitung
Befragt man junge Menschen zu ihrer Zukunft, so äußern viele den Wunsch nach einer Familie. Fragt man weiter, wie sie sich deren Organisation vorstellen, sagen Frauen – immer öfter aber auch Männer –, sie wünschten sich eine egalitäre[1] Rollenteilung. Damit ist die partnerschaftliche Aufteilung von Gelderwerb, Kinderbetreuung und Hausarbeit gemeint. Viele Paare möchten in diesen Bereichen die Verantwortung gemeinsam tragen und dadurch ihre Erfahrungsvielfalt vergrößern.
Diese Wünsche sind bei jungen Menschen seit Jahren hoch im Kurs. Doch nur wenige wagen es, mit der partnerschaftlichen Rollenteilung Ernst zu machen. Traditionelle Rollenprägungen und ungünstige gesellschaftliche Entwicklungen halten sie davon ab. Auch die Bedingungen am Arbeitsplatz erscheinen vielen unvorteilhaft. »Wir würden ja gerne, aber es geht einfach nicht«, meinen sie entmutigt. Aus Angst vor negativen Konsequenzen, zum Beispiel einem Karriereknick, entscheiden sie sich schließlich für eine konventionelle Rollenteilung. Der Mann arbeitet dann Vollzeit, die Frau Teilzeit. Oder sie bleibt ganz zu Hause bei den Kindern. Oft führen solche Konstellationen jedoch zu Unzufriedenheit. Die Mütter klagen, sie würden den Bezug zur Arbeitswelt verlieren. Und die Männer bedauern, zu wenig Zeit für ihre Kinder zu haben.
Das egalitäre Rollenmodell weist einen Ausweg aus diesem Dilemma. Es bietet Frauen wie Männern die Chance, Beruf und Familie zu vereinbaren. Gespräche mit Teilzeit arbeitenden Paaren, die das egalitäre Modell seit zwanzig, dreißig und noch mehr Jahren praktizieren, beweisen, dass es zur Zufriedenheit aller funktionieren kann. Es bietet Eltern die Möglichkeit, sowohl am Erwerbsleben als auch an der Entwicklung der Kinder teilzuhaben. Und es gewährleistet, dass die Hausarbeit – das ungeliebte Stiefkind – auf beide Partner aufgeteilt wird.
Im Rahmen der vorliegenden Langzeitstudie wurden 28 Elternpaare aus der deutschen Schweiz in Abständen von ca. zehn Jahren dreimal zu ihrer partnerschaftlichen Rollenteilung interviewt.[2] 2016 wurden ergänzend auch die inzwischen erwachsenen Kinder über ihre Erfahrungen und Rollenpräferenzen befragt. Die Ergebnisse der beiden Studien sind ermutigend: Nicht nur auf kurze Dauer, sondern auch im Zeitverlauf sind egalitär organisierte Paare mit ihrem Rollenmodell mehrheitlich zufrieden. Praktisch alle würden es wieder wählen.
Die Vorurteile, das partnerschaftliche Rollenmodell mindere Lebens- und Karrierechancen, werden aus Sicht der Befragten weitgehend widerlegt. In den Anfängen des Arrangements haben einige Väter und Mütter solche Nachteile zwar durchaus erlebt. Aus heutiger Sicht beurteilen die meisten Paare ihre familiäre Entwicklung aber als stimmig und bereichernd. Wie einige Beispiele in diesem Buch zeigen, ist eine Karriere – mit zeitlicher Verzögerung – auch für Teilzeit arbeitende Eltern möglich. Wenn die Verantwortung für die Erwerbsarbeit auf zwei Schulternpaaren ruht, verteilt sich zudem die Last der Existenzsicherung.
Dieses Buch vermittelt einen Überblick über die Erfahrungen und Beurteilungen der »Rollenteilungspioniere«, deren Kinder inzwischen herangewachsen sind. Es dokumentiert die Vielfalt an interessanten und berührenden Aussagen aus dem Paar- und Familienalltag. Weiter zeigt es auf, wie die inzwischen erwachsenen Kinder die im Elternhaus erlebte Rollenteilung beurteilen und wie sie sich ihre eigene Zukunft vorstellen. Es ist unverkennbar, dass die jungen Menschen von Vater und Mutter positiv geprägt wurden und mehrheitlich planen, auch die eigene Beziehung partnerschaftlich zu gestalten.
Das vorliegende Werk versteht sich als Mutmacher für junge Paare, die das egalitäre Experiment ebenfalls wagen wollen. Wenn beide Partner eine partnerschaftliche Rollenteilung befürworten und wenn gewisse Rahmenbedingungen gegeben sind, kann das Modell für Eltern wie Kinder sehr bereichernd sein. Das Buch ist aber nicht nur für junge Menschen gedacht, sondern auch für Fachleute, die diese beraten und begleiten: Vereinbarkeitsfachleute, Lehrpersonen, Dozierende, Fachleute in Berufs- und Laufbahnberatung, Gleichstellungsbeauftragte, therapeutisch Tätige, Sozialarbeitende und wissenschaftlich Forschende. Ihnen allen kann das Buch helfen, die Vorzüge der partnerschaftlichen Rollenteilung zu erkennen und bestehende Vorurteile zu korrigieren.
Luzern, April 2017
Margret Bürgisser