Paul Mc Cartney Hautnah - Christian Simon - E-Book

Paul Mc Cartney Hautnah E-Book

Christian Simon

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Beschreibung

Fast zwei Jahrzehnte lang pflegte Christian Simon freundschaftlichen Kontakt zu Paul McCartney. Nun gibt der Moderator und Journalist erstmals Gelegenheit, die spannendsten Passagen aus den Exklusivinterviews nachzulesen, die er mit dem großen Musiker und seiner Frau Linda geführt hat. Sichtbar wird ein ganz privater Paul McCartney, sein Blick auf die Beatles, seine eigene Musik, die Popmusik überhaupt, auf Politik und Umwelt und sein Engagement für junge Talente. Nicht zuletzt setzt das Buch auch der Musikerin Linda McCartney ein Denkmal. Eine einzigartige Biografie in Selbstzeugnissen, mit vielen Fotos, unveröffentlichten Dokumenten sowie inklusive CD mit Originalaufnahmen. Mit Grußworten von Geoff Baker, dem ehemaligen Pressemanager von Paul McCartney, und von Mark Featherstone-Witty, dem Direktor des Liverpool Institute for Performing Arts.

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Seitenzahl: 274

Veröffentlichungsjahr: 2020

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© Christian Simon Productions

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Die der Printausgabe beiliegende Audio-CD steht zum Download auf: https://www.herbig.net/paul-mccartney-hautnah-extras/ zur Verfügung: »Paul McCartney im Gespräch mit Christian Simon«. Konzeption und Regie: Christian Simon, Tonbearbeitung: Wolfgang Ort. Gesamtlänge: 24:39 Minuten. Alle Rechte vorbehalten. Unerlaubtes Kopieren, Verleih, Vermietung, öffentliche Aufführung und Sendung sind verboten.

Besuchen Sie uns im Internet unter

www.langen-mueller-verlag.de

© für die Originalausgabe und das eBook: 2020 LangenMüller in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlaggestaltung: STUDIO LZ, Stuttgart

Umschlagmotiv: Christopher Floyd Photography Ltd.

eBook-Produktion: VerlagsService Dietmar Schmitz GmbH, Heimstetten

ISBN 978-3-7844-8369-6

Inhalt

With A Little Help From My Friends

Vorworte von Geoff Baker und Mark Featherstone-Witty

Prolog: Opening Station

Ein ägyptischer Bahnhof, eine musikalische Stadttour und ein Pub-Konzert in Liverpool

1. The Long And Winding Road

Auf dem Weg zu Paul McCartney

2. London Town

Bei MPL in London

3. When I Get Home

Bei Paul zu Hause in Sussex, Filmprojekte und das »Liverpool Oratorio«

4. Here, There And Everywhere

John Lennon, die Beatles und die Freiheit

5. Get Back

Die Hamburg-Premiere

6. Penny Lane

Zum ersten Mal in Liverpool

7. Paperback Writer

Ein Buch und mit Paul im Groucho Club London

8. Off The Ground

Ein Konzert in der London Docklands Arena und mit Paul und Linda in Frankfurt

9. A Shot Of Rhythm And Blues

Ein Treffen mit Linda in Frankfurt

10. Live And Let Die

LIPA-Erfolge und der große Knall bei der New World Tour in Stuttgart

11. A Day In My Life

Pauls Dokufilm »Movin’ On«, eine Klassik-Premiere und die »Anthology«

12. Her Majesty

Die LIPA-Eröffnung und mit der Queen in Liverpool

13. Flaming Pie

Mit Paul in der Abbey Road, ein »Flammenkuken«-Interview und Pauls zweite deutsche Radioshow

14. My Love

Abschied von Linda, ein »teuflisches« Rock-’n’-Roll-Album und mit Paul in Köln

15. Get Back

Wieder in Liverpool und nochmals in Köln

16. Hello, Goodbye

Eine Kündigung, ein »Heather-Erlebnis«, eine neue Liebe und neue Tourneen

Epilog: The End

Die Faszination Paul McCartney, ein wahr gewordener Traum und ein letztes Wort

Silly Love Songs – Was Paul mir über seine Lieder erzählte

With A Little Help From My Friends

Vorworte von Geoff Baker und Mark Featherstone-Witty

During the time that I worked for Paul McCartney – 1989-2004 – Christian Simon became the one person in Germany who most regularly interviewed Paul and Linda. I cannot think of anyone else in Germany who interviewed them more. He was a great supporter of their vegetarian drive, their photography and art, LIPA and, of course, the music and gigs. Christian was always very enthusiastic to help publicise and promote whatever project Paul and Linda were doing and they seemed pleased to see him, relaxed when chatting with him and I believe they appreciated his keenness to help. As a result, Paul's and Linda's interviews with Chris were very interesting and informative and I am sure that this collection of those interviews will now help others to be inspired by their essential good messages: peace, love and kindness to animals.

Geoff Baker, Lyme Regis, 02/10/2018

In der Zeit, in der ich für Paul McCartney gearbeitet habe (1989–2004), war Christian Simon der Einzige in Deutschland, der regelmäßig Interviews mit Paul und Linda führte. Ich kenne niemanden in Deutschland, der sie öfter interviewte. Er war ein großer Unterstützer von ihrer vegetarischen Bewegung, ihrer Fotoarbeiten und ihrer Kunst, von LIPA und selbstverständlich von ihrer Musik und ihren Auftritten. Christian unterstützte immer mit seinen Publikationen und seiner Promotion alle Projekte von Paul und Linda mit vollem Einsatz, und sie waren erfreut, ihn zu treffen und mit ihm zu plaudern. Ich glaube, sie schätzten seine uneingeschränkte Hilfsbereitschaft. Aus diesem Grund waren Christians Interviews immer sehr interessant und informativ, und ich bin mir sicher, dass durch die Zusammenstellung all dieser Gespräche jetzt viele andere Menschen von Pauls und Lindas so wichtigen Botschaften inspiriert werden: Friede, Liebe und Mitgefühl für alle Tiere.

Geoff Baker, Lyme Regis, 02/10/2018

I met Christian when Paul and I were trying to set up The Liverpool Institute for Performing Arts. He was working for a radio station and threw his considerable energies into what he could to make our dream into a reality. This included a special book, radio interviews and audition events. And the all important fund-raising. Without being asked, Christian took part in all of it. For us, he was Mr. Germany.

Ich traf Christian zu der Zeit, als Paul und ich dabei waren, das »Liverpool Institute for Performing Arts« aufzubauen. Er arbeitete fürs Radio, und aufgrund seines beachtlichen Einsatzes konnte er uns helfen, unseren Traum Realität werden zu lassen. Das beinhaltete auch ein spezielles Buch (Anm: »Paul McCartney im Gespräch für Europa«, s. Kapitel 7, »Paperback Writer«), Radiointerviews und öffentliche Aktivitäten, insbesondere die vielen für uns so wichtigen Spendenaktionen. Christian wirkte bei allem aktiv mit, ohne dass wir ihn lange darum bitten mussten. Für uns war er »Mr. Germany«.

Sir Mark Featherstone-Witty OBEFounding Principal/CEO The Liverpool Institute for Performing Arts Learning GroupMount Street, Liverpool L1 9HF2nd October 2018

Prolog

Opening Station

Ein ägyptischer Bahnhof, eine musikalische Stadttour und ein Pub-Konzert in Liverpool

Es ist ein sonniger Herbstnachmittag. Ich sitze an meinem Schreibtisch, arbeite an diesem Buch und höre »Egypt Station«, die neue CD von Paul McCartney. Vor wenigen Tagen, am 7. September 2018, ist Pauls hochgelobtes Album erschienen, das er mit seiner Band zu Hause in der Hog Hill Mill in Sussex, in den Londoner Abbey Road Studios und in Los Angeles produziert hat.

Die beiden vorab veröffentlichten Singles »I Do Not Know« und »Come On To Me« ließen schon erahnen: Hier kommt wieder ein Stück Musikgeschichte auf uns zu. Und so hat die CD wie erwartet Spitzenpositionen in den Charts weltweit erreicht und ist nach »Tug Of War« Pauls erstes Nummer-Eins-Album in den Vereinigten Staaten seit 1982. Die Kritiker sind voll des Lobes, bezeichnen »Egypt Station« als starkes Spätwerk McCartneys und vergleichen es mit dem »Sgt. Pepper«-Album.

Bei Neuveröffentlichungen gibt es immer sogenannte begleitende Promotion-Aktionen, um auf das aktuelle Produkt aufmerksam zu machen. Und da lässt sich Paul meistens etwas Verrücktes einfallen. So spielte er diesmal am Erscheinungstag des Albums ein Gratiskonzert in der berühmten Halle des New Yorker Bahnhofs »Grand Central Station«. Unter den rund 300 Fans sichtete man auch die Schauspielerin Meryl Streep und den Rockstar Jon Bon Jovi.

Aber das absolute Highlight, ein echter Hammer, ist der Film »Carpool Karaoke« für James Cordens Fernsehshow »The Late Late Show«. Ich weiß nicht, wie viele E-Mails und Anrufe ich bekam und immer wieder gefragt wurde: »Hast du schon den Liverpool-Film mit Paul gesehen?« Natürlich hatte ich …

Moderator James Corden fährt zusammen mit Paul durch die Straßen seiner Heimatstadt. Sie sehen die Kultstätten aus alten Beatles-Tagen, machen einen Rundgang durch Pauls Elternhaus, einen Besuch im alten Friseurladen, singen Songs zusammen und landen schließlich in einem Pub. Dort gibt es dann die Überraschung par excellence: Ohne Wissen der Gäste im Lokal wurde hinter einem Vorhang Pauls Soundanlage aufgebaut und die Band platziert. James Corden steht hinter dem Tresen und animiert die Leute, doch mal die Musikbox zu betätigen.

Ein Mädchen geht vor, drückt eine Nummer, der Vorhang öffnet sich, und Paul spielt live »A Hard Day’s Night«. Nach ein paar Takten schließt sich der Vorhang wieder, und die Leute können es nicht glauben – war das jetzt echt, ein Double oder eine Fata Morgana? Wieder drückt jemand eine Nummer auf der Musikbox, und diesmal erklingt »Ob-La-Di, Ob-La-Da«. Ja, er ist es – Paul McCartney & Band geben ein Wunschkonzert »à la carte« im »Philharmonic Dining Rooms«, 36 Hope Street, Liverpool. Ich kenne den Laden, er ist in direkter Nähe zu Pauls alter Schule, dem heutigen »Liverpool Institute for Performing Arts«, kurz LIPA genannt.

Ich schaue aus dem Fenster, und meine Gedanken wandern ein paar Jahre zurück – Kino im Kopf, Bilder in Technicolor. Es ist kein Traum – es sind Erinnerungen an wunderschöne, zum Teil unglaubliche Erlebnisse: meine erste Beatles-Platte, mein BRAVO-Beatles-Starschnitt, meine Radiosendungen über die »Fab Four« und dann mein erstes Treffen mit Paul McCartney bei ihm zu Hause in Sussex, mein erstes Interview mit Linda McCartney, meine Berufung zum »German Link«, die vielen Tage in London und Liverpool, die erlaubte Nähe zu den McCartneys, unsere Treffen und die intensiven Gespräche. Doch bis dahin war es ein langer Weg …

1

The Long And Winding Road

Auf dem Weg zu Paul McCartney

Duisburg, Weihnachten 1964, ich war dreizehn Jahre alt. Unter dem Weihnachtsbaum lagen als Geschenk meiner Eltern ein Plattenspieler und zwei Singles: die »Old Shatterhand-Melodie« vom Orchester Martin Böttcher und »I Want To Hold Your Hand« von den Beatles. Wir wohnten in einem dreistöckigen Nachkriegs-Mietshaus mit vier weiteren Parteien, zu denen allen wir ein sehr gutes Verhältnis hatten. Die Vermieter waren drei alte Damen. Sie waren Schwestern und bewohnten das gesamte Erdgeschoss. Die Geschwister Haberland waren erzkonservativ und der klassischen Musik sehr zugetan. In ihrem Wohnzimmer stand ein großes schwarzes Klavier, das ihnen dazu diente, regelmäßige Hausmusikabende abzuhalten.

Seit meiner frühesten Kindheit hatte es sich irgendwie eingebürgert, dass ich am ersten Weihnachtsfeiertag zu ihnen nach unten ging, um ein frohes Fest zu wünschen und um ihnen meine Geschenke zu präsentieren. In diesem Jahr platzierte ich nun vorsichtig meinen Plattenspieler mit Lautsprecher im Deckel auf ihrem Klavier und legte die erste Platte auf. Die »Old Shatterhand«-Melodie befanden sie als ein eingängiges orchestrales Stück der leichten Unterhaltung, was noch ihre Zustimmung fand. Nun folgte die Single der Beatles – und die vorhersehbare »weihnachtliche Katastrophe« nahm ihren Lauf. Nachdem die Schwestern bei »I Want To Hold Your Hand« die Hände über dem Kopf zusammenschlugen und nach wenigen Takten um Abbruch der Vorführung baten, hatte ich die versöhnliche Idee: Ich erklärte ihnen, dass auch die Beatles durchaus klassische Musik sehr schätzen würden und deswegen die B-Seite der Platte Beethoven gewidmet hätten, neben Wagner der Lieblingskomponist der Geschwister.

Als nun »Roll Over Beethoven«, eine Hommage der Beatles an den Ur-Rock-’n’-Roller Chuck Berry, ertönte, war das Weltbild der Damen nachhaltig erschüttert. »Beethoven würde sich im Grab umdrehen«, dieser Satz ist mir noch gut im Gedächtnis. Ich verließ die unter musikalischem Schock stehenden Schwestern und kehrte in mein Zimmer im dritten Stock zurück, um auf meiner 50er-Jahre Framus Akustikgitarre »Roll Over Beethoven« zu üben, beobachtet von »Winnetou« Pierre Brice, der als Bravo-Starschnitt in Lebensgröße von der Wand auf mich herabschaute.

»Du musst zum Radio!«

Damals wusste ich noch nicht, dass Paul McCartney ein totaler Rock ’n’ Roller war und schon in den 50ern Little Richard und Buddy Holly täuschend echt nachahmen konnte. Fortan sollten mich nun die Beatles und ihre Musik ein Leben lang bis heute begleiten. Nachdem sich meine Gymnasium-Schulband »The Dukes« – unsere Beatles-Versionen klangen den Originalen annähernd ähnlich – aufgelöst hatte, tauschte ich die Gitarre mit dem Mikrofon. Über Tanzschulen suchte die »Tanzillustrierte« mit dem Westdeutschen Rundfunk den besten »Nachwuchs-Discjockey-Champion« Deutschlands. Ich gewann die Duisburger Stadtmeisterschaft, wurde Erster bei der Nordrhein-Westfalen-Ausscheidung und Zweiter beim Deutschland-Championat. Dann hatte ich unzählige Auftritte in Tanzschulen, Diskotheken, bei Beat-Festivals und Konzerten – immer mit Beatles-Platten im Gepäck.

Durch meinen Beruf, Werbekaufmann mit Spezialgebiet Film-Funk-Fernsehen, lernte ich bei einer Werbespot-Produktion den Schauspieler Dieter Eppler kennen, der durch Edgar-Wallace- und andere Kinofilme wie auch als »Tatort-Kommissar« sehr bekannt geworden war. Ich erzählte ihm von meiner »Karriere«, und er meinte: »Du musst zum Radio!« Aber wie? Ich hatte schon des Öfteren Bewerbungen an deutsche Radiostationen geschickt, aber immer fast wörtlich die gleiche Antwort erhalten: »Leider haben wir zur Zeit keine Vakanz …«

Aber Eppler verfügte über gute Kontakte und fuhr mit mir nach Saarbrücken zu Manfred Sexauer, der damals schon ein Star-Moderator war. Doch der lehnte mich mit sehr freundlichen Worten beim Saarländischen Rundfunk ab! Jetzt bloß nicht aufgeben. Dieter kannte auch Frank Elstner, mit dem er früher einmal in Baden-Baden Theater gespielt hatte und der gerade Programmdirektor von Radio Luxemburg geworden war. Er rief ihn an, und Frank wiederum meldete sich eines Abends überraschend bei mir übers Telefon: »Warum nehmen Sie zu mir Kontakt über Dritte auf? Sie können mich auch direkt anrufen …« Er lud mich zum Casting ein.

Das werde ich nie vergessen. Es war ein Sprechertest der Härtestufe eins, und ich schwitzte im Studio Blut und Wasser! Dann musste ich warten, warten, warten … Ich saß in einem Aufenthaltsraum, RTL-Sprecher gingen ein und aus und hielten mich für den Promoter einer Schallplattenfirma. Nach einer Stunde holte mich Frank in sein Büro und sagte: »Wenn Sie wirklich Radiosprecher werden wollen, gebe ich Ihnen einen guten Rat: Fangen Sie am 1. Oktober bei uns an!«

Weltpremiere

Das war 1974, also zehn Jahre nach meinem »Roll Over Beethoven-Erlebnis« mit den drei Schwestern, und aus »Discjockey Hartmut« wurde »Christian von Radio Luxemburg«. Eigentlich heiße ich Hartmut Simon, aber bei RTL gab es schon einen Nachrichtensprecher mit diesem Vornamen, und Frank Elstner taufte mich um in Christian. Seit Langem steht dieser Name auch in meinem Pass.

Radio Luxemburg war in den 60er- und 70er-Jahren der »Star-Sender« und öffnete überall Türen, die normalerweise für viele verschlossen blieben. Auch bei internationalen Künstlern und Managements hatte man stets ein offenes Ohr für RTL, zumal wir europaweit zu hören waren und neben den deutschen Sendungen auch Programme in Französisch und Englisch ausgestrahlt wurden.

Auch in England war Radio Luxemburg sehr beliebt, und einige UK-Discjockeys waren auf der Insel regelrechte Superstars. DJ Tony Prince erzählte mir, dass auch die Beatles und besonders Paul McCartney schon in ihren Anfangstagen den Sender regelmäßig hörten, um in Sachen Rock-’n’-Roll-Platten immer auf dem aktuellsten Stand zu sein. Dies ermutigte mich zu hoffen, Paul zu einer Teilnahme an einer Sendung von mir bewegen zu können.

Am 29. und 30. August 1965 hatten die Beatles erneut einen Mitschnitt ihrer Konzerte in der Los Angeles »Hollywood Bowl« machen lassen, nachdem der erste vom 23. August 1964 von so schlechter Qualität war, dass die Aufnahme nicht veröffentlicht werden konnte. Beatles-Produzent George Martin meinte: »Das Gekreische aus 17 000 gesunden, jungen Lungen hätte sogar einen Jet übertönt.« Erst 1970 baten sie ihn, die Tonbänder von 1965 zu überarbeiten, und es sollte weitere sieben Jahre dauern, bis die LP »The Beatles at the Hollywood Bowl« erschien, das erste und einzige offizielle Livealbum der »Fab Four«.

Veröffentlichungstermin war der 4. Mai 1977. Ich erfuhr davon sehr frühzeitig durch Klaus Schürholz, einen damaligen Promotion-Mitarbeiter der Kölner Schallplattenfirma EMI-Electrola und späteren SWR3-Redakteur, mit dem ich sehr befreundet war und es auch heute noch bin. Mit ihm gelang es mir, eine wahnwitzige Idee Realität werden zu lassen: Ich wollte für RTL die Weltpremiere dieser Beatles-Platte! Klaus hatte sehr gute Kontakte zu den EMI-Bossen, die unser Vorhaben für gut befanden und es unterstützten. Auch aus der Londoner EMI-Zentrale gab es grünes Licht, und ich konnte es kaum glauben, als Klaus mich anrief und mir mitteilte: »Du hast die Weltpremiere und kannst die Platte am 2. Mai 77 bei Radio Luxemburg vorstellen!«

Nun fehlte nur noch ein sogenannter O-Ton, also ein Interview oder ein Statement von einem der Beatles. Paul McCartney bot sich an und wäre am einfachsten gewesen, denn er lebte vorwiegend in England und hatte sein Büro in London. Aber trotz Unterstützung der Electrola, des Musikverlags und der Kollegen vom englischen RTL-Programm waren alle Bemühungen erfolglos. Keine Antwort aus London. Ich war zwar etwas enttäuscht, aber allein schon die Weltpremiere war ein Radio-Highlight und Anlass für eine bundesweite Pressemitteilung.

Pressemitteilung für die Weltpremiere bei Radio Luxemburg.

© Christian Simon Productions

»Das müssen Sie lernen«!

Am Premierentag rief mich am Vormittag mein Kollege Oliver Spiecker an und überraschte mich mit einer Hiobsbotschaft: »Die Platte ist heute Morgen schon beim Südwestfunk gelaufen!« Ich fuhr sofort in den Sender: Krisensitzung! Frank Elstner war auf einer Dienstreise, und der Programmchef Jochen Pützenbacher, der leider 2019 im Alter von 80 Jahren verstarb, entschied: »Wir ziehen das Ding wie geplant durch!« Die Sendung war ein voller Erfolg, und die Resonanz der Hörer war überwältigend.

Zwei Tage später klingelte frühmorgens mein Telefon, und Frank Elstner war am Apparat: »Christian, es geht um Ihre sogenannte Beatles-Uraufführung. Bitte kommen Sie mal sofort zu mir!« Franks Büro war im Turm der Luxemburger RTL-Villa Louvigny, und ich fuhr mit dem Aufzug in den dritten Stock. Mit ernstem Gesicht schaute mich mein Chef an: »Sie haben mir eine Weltpremiere versprochen, wir haben dieses Ereignis in alle Welt proklamiert, und der SWF hat die LP vor uns gesendet. Mit sofortiger Wirkung sind Sie vom Sprecherdienst suspendiert und haben drei Tage Zeit, mir zu beweisen, dass Sie an der ganzen Sache unschuldig sind.«

Geschockt und mit Tränen in den Augen stieg ich wieder in den Aufzug und drückte auf »E«. Doch im ersten Stock stoppte der Fahrstuhl, die Türe öffnete sich und da stand: Frank Elstner. Er war die Treppe hinuntergelaufen, um mich abzufangen. Frank legte den Arm um mich: »Christian, Sie müssen auch mal die harte Seite unseres Geschäfts kennenlernen, denn auch die gehört zu unserem Beruf. Das müssen Sie lernen! Ich bleibe bei meiner Entscheidung, bin mir aber sicher, dass Sie gut aus der Sache herauskommen.«

Ein kleiner Trost, aber ich musste nun reagieren, es ging um meinen Job! Sofort rief ich die EMI-Electrola in Köln an und verlangte den Geschäftsführer Günter Ilgner. Er war schon Anfang der 60er-Jahre als Produktionschef bei der Electrola tätig und hatte damals die grandiose Idee, die Beatles während ihrer Konzerte in Paris die deutschen Versionen von »She Loves You« und »I Want To Hold Your Hand« aufnehmen zu lassen, um die Umsatzzahlen in Deutschland nochmals zu steigern. Die Texte hierzu wurden vom ehemaligen RTL-Chefsprecher Camillo Felgen unter dem Pseudonym »Jean Nicolas« quasi als Schnellschuss über Nacht geschrieben.

»Sie liebt dich« und »Komm, gib mir deine Hand« wurden dann am 29. Januar 1964 im Pariser EMI-Studio »Pathé Marconi« von den Beatles eingesungen. Ich erklärte Ilgner meine Situation, und er versprach mir, der Sache nachzugehen und sich im Laufe des Tages bei mir zu melden. Da es zu dieser Zeit weder Fax, E-Mail, SMS oder WhatsApp gab, saß ich den ganzen Tag vor dem Fernschreiber und wartete auf eine Mitteilung aus Köln. Erst gegen Abend kam die erlösende Nachricht: Günter Ilgner teilte mir mit, dass in den USA vor der offiziellen Veröffentlichung illegale Mitschnitte aufgetaucht waren und aufgrund dessen von der EMI »echte« Musterplatten verschickt worden waren, sodass andere Sender bereits Songs der Platte »The Beatles at the Hollywood Bowl« gespielt hatten. »Somit ist klargestellt, dass Sie in keinem Punkt eine Schuld trifft im Zusammenhang mit der ursprünglich geplanten Uraufführung«, so Ilgner in seinem »Ticker«.

Sofort rief ich Frank Elstner zu Hause an und erfuhr von seiner damaligen Frau Silvie, dass er noch im Büro sei. Wieder fuhr ich mit dem Aufzug in die dritte Etage. In Franks Büro brannte noch Licht. Erleichtert überreichte ich ihm das Fernschreiben. Diesmal schaute er mich lächelnd an und meinte: »Das alles weiß ich schon seit heute Morgen um zehn Uhr. Aber da mussten Sie jetzt durch, und ich hoffe, Sie haben daraus etwas gelernt. Seien Sie nicht so gutgläubig, und sichern Sie sich nach allen Seiten ab, bevor Sie wieder so ein Riesending starten. So, und auf diesen Schreck haben Sie morgen einen Tag frei.«

Kurz darauf erfuhr ich, dass ein bekannter Rundfunkmoderator des Südwestfunks (heute SWR) in der Nacht vor unserer »Weltpremiere« von Baden-Baden zur EMI nach Köln gefahren war, sich dort von einem befreundeten Mitarbeiter eine Muster-LP (man nennt das Weißmuster) aus dem Tresor hatte geben lassen und diese morgens in seiner SWF3-Sendung gespielt hatte, einige Stunden vor RTL. Der EMI-Mitarbeiter wurde entlassen.

In der Sendung, aber nicht live

Radio machen war eine tolle Sache, aber da gab es noch etwas, was mich sehr reizte – das Fernsehen! Das war mein nächstes Ziel. Ich schrieb einige Ideen für Fernseh-Unterhaltungssendungen und schickte sie an Peter Gerlach, den damaligen ZDF-Unterhaltungschef. Ich werde nie vergessen, wie ich einen Brief aus Mainz bekam und ins Sendezentrum auf den Lerchenberg eingeladen wurde. Das ZDF suchte einen Moderator für eine neue Musiksendung. Dafür sollte es ein Casting geben. Neben Radio- und Fernsehmoderator Frank Laufenberg und einem unbekannten Kollegen wurde ich ins Rennen geschickt. Bei der Berliner Funkausstellung folgte der Moderatoren-Test auf einer Open-Air-Bühne vor Publikum und vor laufenden Kameras. Über eine Woche lang, Tag für Tag – und keine Entscheidung.

Dann erschien ein Artikel in der BILD-Zeitung, dass Frank Laufenberg das Rennen gemacht habe. Helle Aufregung bei den Verantwortlichen des ZDF, die davon überhaupt nichts wussten – die Meldung war eine Ente. Wer immer sie auch lanciert hatte, dieser Schuss ging nach hinten los. Am letzten Tag der Probeaufnahmen stieg plötzlich Peter Gerlach zu mir in den Hotelaufzug im »Schweizer Hof« und sagte: »Christian, Sie sind es! Aber bitte noch kein Wort zu niemanden, erst recht nicht zur Presse.«

Ein paar Wochen später titelte die »Bild am Sonntag«: »Simon statt Heck«. Ich bekam den Sendeplatz am Samstagabend von Dieter Thomas Hecks »Hitparade«, die auf den Montag wechselte. Für mich begann damit eine neue Ära. 1978 verließ ich Luxemburg und zog nach München, wo die neue ZDF-Show »Rockpop« produziert wurde. Nun lernte ich auch die internationalen Stars kennen, die sich bei uns die Türklinke in die Hand gaben, zumal »Rockpop« neben dem »WDR-Rockpalast« die einzige Sendung für dieses Musikgenre war.

Und hier sah ich nun nach Radio Luxemburg meine zweite Chance, Paul McCartney vors Mikrofon zu bekommen. Für Juni 79 war die Veröffentlichung der LP »Back to the Egg« angekündigt, für März eine Vorab-Single und für Ende des Jahres eine UK-Tour. Grund genug für Paul, einige Promotion-Termine wahrzunehmen, und für mich der Aufhänger, ihn ins Studio zu holen. Paul McCartney & The Wings live bei »Rockpop« – die beste Werbung für das neue Album im gesamten deutschsprachigen Raum! Pauls Plattenlabel »Columbia Records/Electrola« sah das genauso, aber in England dachte man sich: Warum live mit großem Aufwand, wenn’s auch einfacher geht. Man schickte uns aus London ein Band, und im Mai 79 lief der Videoclip »Goodnight Tonight« über die Bildschirme. Ich hatte Paul in meiner Sendung, aber nicht live. Doch der Gedanke, ihn zu treffen und ein Interview zu bekommen, der hatte sich bei mir festgesetzt. Allerdings vergingen noch Jahre, bis es dazu kommen sollte.

2

London Town

Bei MPL in London

In den darauffolgenden Jahren arbeitete ich für mehrere ARD-Radio- und Fernsehanstalten und wechselte Ende der 80er zu den Privatsendern. 1990 war ich Moderator bei »Radio Victoria« in Baden-Baden und produzierte eine Sendereihe mit dem Titel »Die Beatles Story«. Ich hatte zwar alte Interview-Aufnahmen von Paul, John, George und Ringo und Mitschnitte von Pressekonferenzen, aber jetzt sah ich meine dritte Chance, um ein Treffen mit Paul McCartney zu erreichen. »Jetzt oder nie«, lautete die Devise!

Ich hatte privat mit meiner Frau Moni einen Kurztrip nach London gebucht. Mein Plan: Ich gehe zum Management, erzähle von meiner Beatles-Doku und bitte um ein paar O-Töne. Ich bat die Electrola in Köln um Pauls Londoner Büroadresse. »Die dürfen wir nicht herausgeben«, war die Antwort. Aber so einfach wollte ich mich nicht abspeisen lassen. Kurzerhand rief ich die EMI in London an und bediente mich einer Notlüge: »Ich habe ein paar Radiobänder und soll sie im Büro von Paul McCartney abgeben …« Es klappte – ich bekam die Adresse und Telefonnummer von MPL und rief dort sofort an.

Ich wurde von einer sehr netten Empfangsdame mit Pauls damaligem Manager Richard Ogden verbunden. Ihm erzählte ich die komplette wahre Geschichte um all meine Bemühungen und fügte dann noch an: »Eine Dokumentation über die Beatles ohne Paul ist wie ein Gewitter ohne Blitze!« Solche Metaphern mögen die Engländer … Richard Ogden lachte und sagte: »Na, dann kommen Sie doch erst mal vorbei.«

»Full Power«

Zwei Tage später, am 11. Dezember 1990, stand ich mit meiner Frau am frühen Vormittag im Foyer von MPL am Soho Square. Ich war durch Richard angemeldet, und wir wurden durch Pauls Publizisten Geoff Baker sehr freundlich empfangen. Wir unterhielten uns eine Zeit lang, Geoff übergab mir interessantes Material für meine Sendung und fragte, ob er sonst noch etwas für mich tun könne. »Ich hätte gerne noch ein Interview!« »Paul ist nicht im Haus«, entgegnete Geoff, und ich antwortete: »Nein, ich hätte gerne ein Interview mit dir.« Geoff schien erstaunt und erfreut zugleich!

Ich hatte mein Aufnahmegerät dabei, und über eine schmale Holztreppe gingen wir in einen ruhigen Raum, um ungestört arbeiten zu können. Es war Pauls Büro. Von Fotos her erkannte ich es sofort. Da stand die alte Wurlitzer Jukebox, und da waren die Polstermöbel mit den eingewebten Noten. Es war zugebenermaßen schon ein seltsames Gefühl. Bis hierhin hatte ich es nun geschafft. Ich stand in der Zentrale eines der größten Musiker unserer Zeit. Geoff Baker zündete sich eine Zigarette an und begann zu erzählen:

Ich fing 1989 bei Paul an. Er wollte zu seiner ersten »World Tour« anstatt eines Promoters einen ausgebildeten Journalisten, was ich von Hause aus bin. Ich habe ihn die ganze Tournee über begleitet und seine Pressearbeit gemacht. Jetzt bin ich, frag mich aus welchen Gründen auch immer, glücklicherweise noch im Herzen des McCartney-Imperiums und arbeite weiter für Paul und Linda. Das ist der beste Job, den man sich in meinem Beruf wünschen kann!

Obwohl einige Jahre jünger als ich, war Geoff auch mit der Musik der Beatles groß geworden und verband mit ihren Songs sehr viele Erinnerungen. So wie viele Menschen auf dieser Welt, ganz egal welcher Nationalität und welchen Alters. Jede Generation entdeckt die Beatles für sich neu.

Junge Leute glauben, »Birthday« wäre ein neuer Song, und auf den Straßen singen die Leute »Let It Be«, weil sie es immer wieder im Radio hören. Diese vier Jungs aus Liverpool haben Lieder geschrieben, die revolutionär waren. Ich bin ein echter Beatles-Fan, und jeden Morgen beim Aufwachen kneife ich mir in den Arm und denke, Mensch, du arbeitest für einen Beatle. Was passiert da gerade mit dir … What’s going on?

Es waren nur noch wenige Tage bis Weihnachten, aber Geoff war total beschäftigt, very busy! Die lange Tournee war zwar vorbei – sie hatte am 26. Juli 1989 in London gestartet und am 26. Juli 1990 in Chicago geendet. Aber Pauls ständige Aktivitäten bedeuteten »full power« für seinen Pressemanager:

Morgen bekommt Paul den »Guinnessbuch der Rekorde Award« für das größte Popkonzert eines Solokünstlers, das jemals in der Geschichte des Rock ’n’ Roll stattgefunden hat. (Anmerkung: Damit meinte er das Tour-Konzert im Maracana Stadium in Rio de Janeiro, wo Paul vor über 184 000 Leuten gespielt hatte.) Das war der Wahnsinn! Wir haben auch den »Billboard Award« 90 für den Top Act des Jahres gewonnen. Paul ist die Nummer 1 vor den Rolling Stones. Wir haben Mick Jagger einen Brief geschrieben und ihm herzlichst zum 2. Platz gratuliert.

Zur Tour wurde das Album »Tripping The Live Fantastic« mit drei LPs beziehungsweise als Doppel-CD veröffentlicht, aber für Paul gab es keinen Stillstand:

Er arbeitet zurzeit an neuen Songs und war mit Elvis Costello im Studio. Die beiden haben in drei Tagen vier Songs geschrieben. Paul hat jetzt die Band zusammengerufen. Sie wollen das neue Studioalbum aufnehmen, das Anfang 91 rauskommen soll. Dann werden wir auch wieder auf Tour gehen. Es wird wieder eine Welttournee sein, und wir werden sie »World Tour 2« nennen. Das wird großartig! Natürlich kommen wir auch nach Deutschland. Für Paul ist Deutschland wie eine zweite Heimat. Er liebt es, dort aufzutreten!

»You can’t keep a good man down«

Geoff zündete sich die x-te Zigarette an und schwärmte:

Hamburg war eines der besten Konzerte auf der Tour, auch was die Reaktionen des Publikums betrifft. Es war »magic«! Und es gab ’ne Menge Erinnerungen an die alten Tage, »the old days« … Nicht nur bei Paul. Wir hatten eine Pressekonferenz im Kaiserkeller auf der Reeperbahn organisiert. Horst Fascher, ein Begleiter der Beatles aus alten Kiez-Zeiten, war auch gekommen. Paul lud ihn abends zum Konzert ein, und er stand neben der Bühne. Paul sah ihn und widmete ihm den Song »Ebony And Ivory«. Horst Fascher ist ein harter Kerl, a tough guy … Da stand er, und Tränen liefen ihm übers Gesicht. Dieses Bild werde ich nie vergessen. Einer sagte mir, es käme ihm vor, als wäre ein Beatle wiedergeboren. Der hatte nicht unrecht.

Ich wusste, was Geoff damit sagen wollte. Paul hatte, wie er selber zugab, lange Zeit Probleme damit, die alten Beatles-Songs zu spielen. Jetzt performte er sie wieder live auf der Bühne. Er spielte »Sgt. Pepper«, »Hey Jude« und einiges mehr.

Paul spürt, wie gut das bei den Leuten ankommt, und er plant, auf der neuen Tour weitere Beatles-Hits ins Programm zu nehmen. Er denkt an »Here, There And Everywhere«, »I’m Down« oder »She’s A Woman« … Und dann kommt er eines Tages zu mir und sagt, er würde wieder »Helter Skelter« spielen. Das wundert mich nicht, denn Pauls Leidenschaft ist es zu rocken. Er will auch wieder mehr zur E-Gitarre greifen und nicht nur Bass spielen. Und Paul kann rocken! Die Leute wissen das noch von den früheren Gigs im Liverpooler »Cavern« oder Hamburger »Star-Club«. Wenn man mal überlegt, seine größten Hits waren Balladen, obwohl er von Grund auf ein Rock ’n’ Roller ist, ein sehr lauter noch dazu. Er ist ein »noisy Rock ’n’ Roller«.

Ich spürte während dieses Gesprächs, wie intensiv sich Geoff Baker mit der Person Paul McCartney beschäftigt hatte und wie nah er ihm dabei gekommen war. Geoff war nicht das Sprachrohr seines Arbeitgebers, er war im wahrsten Sinne des Wortes sein Vertreter:

Ich möchte sagen, Paul hat einen neuen Lebensabschnitt begonnen. Sosehr er auch das Landleben mag, die Ruhe, seine Studioarbeit … – so ist das aber auch nicht alles. Das alleine füllt ihn nicht aus. Er braucht die Balance zwischen dem Leben auf dem Land und dem »Life on the road«. Dazu gehört, Live-Rock-’n’-Roll-Konzerte zu spielen. Und das braucht er, das ist ein Teil von Paul McCartney! So war er schon immer – seit den 60ern, als alles begann. Und das hat sich bis heute nicht geändert, er hat nie einen Stopp eingelegt.

Paul hat immer weitergemacht. Er ist das beste Beispiel für den Satz »You can’t keep a good man down« – einen guten Mann kriegst du nicht klein. Dazu kommt, dass alles, was hier passiert, von Paul ausgeht. Ob es die Shows sind, die Tourneen, die Konzeptionen zu den Alben, die Fotos auf den Covern – das alles kommt von Paul. Er ist bei jedem Schritt dabei, ist in alles involviert. Das ist auch mit ein Grund dafür, dass alles Hand in Hand geht und so gut funktioniert. Das ist Pauls Erfolgsgeheimnis!

Und Geoff verriet mir auch noch eine Neuigkeit:

Er hat immer neue Ideen. Gerne würde er etwas über die Beatles machen. Er hat jede Menge Homevideos, die er über die vielen Jahre aufgenommen und gesammelt hat. Er nennt es »The Long And Winding Road«. Es ist so viel über die Beatles geschrieben worden, und vieles davon ist falsch und frei erfunden. Paul möchte die wahre Geschichte erzählen, die echte Beatles-Story aufzeichnen. Darüber hat er auch schon mit George und Ringo gesprochen. Er möchte mit ihnen zusammen das alte Material neu überarbeiten und dazu sogar noch etwas Neues von den Beatles veröffentlichen. Auf jeden Fall gibt es eine Riesenüberraschung!

Aus dieser Idee entstand übrigens das dreiteilige CD-Album »The Beatles Anthology«, das 1995/96 veröffentlicht wurde und 2000 als Buch erschien. Nachdem ich nun von Geoff Baker so vieles über Pauls Pläne erfahren hatte, wagte ich einen erneuten Vorstoß: »Ich würde gerne über die aktuellen Sachen in Deutschland berichten – zum Beispiel über das neue Album, über die Tournee und was sich ansonsten noch so ergibt. Glaubst du, ich bekomme mal ein Interview mit Paul?«

»Why not«, antwortete Geoff, »ich werde sehen, was ich für dich tun kann.« Von diesem Augenblick an wusste ich, dass ich nun mein Ziel nicht mehr aus den Augen verlieren durfte. Jetzt lag es an mir, nicht mehr lockerzulassen und am Ball zu bleiben. Ich hielt engen Kontakt zu Geoff, schickte ihm Kassetten meiner »Radio-Victoria-Beatles-Story« und rief ihn regelmäßig an. Small Talk: Wie geht’s, was macht Paul, was gibt’s Neues … Und: Kann ich Paul treffen?

Countdown vor dem großen Tag

Das ging monatelang so, bis eines Abends im August 1991 mein Telefon klingelte. »Hi, hier ist Geoff. Gute Nachrichten, Chris! Paul ist am 4. September bei MPL in London, und du bekommst dein Interview! Lass uns einen Tag vorher hier treffen und alles besprechen.«