Paxton's Flaw - Kiki Wally - E-Book
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Paxton's Flaw E-Book

Kiki Wally

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Beschreibung

Tauche ein in den zweiten Teil der Fire Wings-Reihe und erlebe die Geschichte von Paxton und Haylie. Mitreißend. Zerstörerisch. Intensiv. Der Vorgängerteil beinhaltet die Geschichte von Phönix und Mila in "Phoenix's Venom - Du bist meine Schwäche." Die Pairings können unabhängig voneinander gelesen werden, aber um vollkommen spoilerfrei zu bleiben, empfiehlt sich die Reihenfolge. "Detroit ist die Stadt der Sünde. Der Schlaflosen. Der Gesetzlosen. Ein Ort, der dich anzieht oder der dich umbringt. Dunkle Geheimnisse umgeben dich. Du bist nicht die Art Frau, die beschützt werden will. Du bist die Frau, die härter kämpfen kann, als jeder Mann, jede Gruppe, jede Nation. Eine Kriegerin, die nichts dem Zufall überlässt und nachts mit offenen Augen schläft. Eine Kriegerin, die ihre Feinde bereits wittert, bevor sie die Fährte aufgenommen haben. Sag mir, Kadazza - bist du hier, um zu sündigen und im Dreck zu baden oder suchst du Schutz? Egal, was es ist - ich werde meine Fährte zu dir nicht verlieren. Jeder Krieger hat einen Schwachpunkt. Du könntest das Schwert sein, dass meine Achillessehne durchtrennt." Haylie ist als abtrünnige Soldatin im Jemen untergetaucht, um sich dort gemeinsam mit ihrem Bruder einer Gruppe von Söldern anzuschließen. Die Jahre dort haben zahlreiche Narben und Wunden hinterlassen - sowohl physisch, als auch psychisch. Die Vergangenheit droht sie einzuholen, weshalb sie aus dem Jemen verschwinden muss. Sie lässt ihren Bruder zurück und entscheidet sich für eine Zukunft in Detroit - in der Hoffnung, in einer Stadt, in der Sünde, Smog und Anonymität herrscht, still und heimlich untertauchen zu können. Doch schon kurz nach ihrer Ankunft fangen die Probleme an, sich zu häufen. Es macht es nicht einfacher, als sie auf Paxton trifft, der etwas in ihr weckt, was sie für ihren Plan überhaupt nicht gebrauchen kann. Sie wird unvorsichtig und es war dumm zu glauben, dass eine neue Stadt ihre Vergangenheit abhängen könnte.

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Seitenzahl: 300

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Vorwort:

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Mein Instagramprofil

Weitere Planung

Bisherige Veröffentlichungen

Impressum

Vorwort:

Dieses Buch ist für alle, die immer wieder kämpfen.

Mit Zweifeln. Mit Ängsten. Mit sich selbst.

Dieses Buch ist für die, die aufgegeben haben, sich selbst gegenüberzustehen und den härtesten Kampf aller zu kämpfen.

Selbstliebe. Das Gute in dir. Deine Stärke.

Dieses Buch ist für jene, die glauben, dass sich dieser Kampf nicht lohnt.

Dieses Buch ist für dich.

Manchmal braucht man jemanden, der dich an die Hand nimmt, dich vor einen Spiegel führt und dir all das an dir zeigt, was so wundervoll ist – innerlich, als auch äußerlich.

Kapitel 1

- Jemen

Söldnerin.

Ein Job, zu dem ich mich vor langer Zeit entschieden habe.

Denn so bin ich einfach.

Ich bin nicht die Frau, die man in ein viel zu enges Satinkleid steckt und abends schick zum Essen ausführt.

Ich bin die Frau, die dir den Arsch aufreißt.

Ohne Skrupel.

Ohne Angst.

Ohne Gewissen.

Die dunkelste Stunde in meinem Leben hat mich in den Jemen geführt.

Eine Stunde, geführt von Finsternis und Erblindung, aus der ich nie wieder herauszufinden drohte.

Gerade stand ich noch auf dem schmalen Geländer der DuSable Bridge in Chicago.

Vereist und rutschig. Mitten im Winter.

Eine falsche Bewegung und ich wäre abgerutscht und in das minus zwanzig Grad kalte Wasser gestürzt.

Es wäre schmerzhaft gewesen – und doch kurz.

Festgeklammert am Brückenpfeiler mit der Entscheidung, es noch in dieser Nacht zu beenden.

Und das nur, weil ich mit der Verantwortung als Soldatin für Vater Staat nicht zurechtkam.

Wenn du erst einmal in der Materie drin bist und wirklich siehst, wie es hinter den Kulissen läuft, bist du dir plötzlich nicht mehr sicher, ob du moralisch wirklich so rein bist, dass du den Befehlen von irgendwelchen Offizieren folgen kannst, obwohl du sie eigentlich infrage stellst.

Dann habe ich einen großen Fehler begangen – ich habe einen Befehl missachtet und habe einen Kriegsgefangenen erschossen. Ich wollte nicht damit leben – mit dem Wissen, dass er Frauen und Kinder im Sudan abgeschlachtet hat, wir ihn verhören und er am

Ende lebenslänglich in einem Staatsgefängnis landet.

So viel Gnade hatte er nicht verdient – denn er hatte den Frauen und Kindern auch keine Gnade geschenkt.

Und dann drohte mir plötzlich der lebenslängliche Gefängnisaufenthalt. Das war etwas, was ich nicht akzeptieren konnte.

Gerade, als ich den letzten Atemzug nahm, um endlich den Brückenpfeiler loszulassen und mich in das nächtlich schwarze und kalte Gewässer zu stürzen, hielt ein Auto mit quietschenden Reifen neben mir.

Und in diesem Auto saß niemand Geringeres als mein Bruder Ford.

Ich erinnere mich noch gut an das Gefühl seiner starken Arme, wie er mich von hinten einfach umklammert und von dem Geländer runtergezogen hat.

Mein Bruder war beim Militär in der gleichen Truppe, wie ich – die Spezialeinheit Green Berets.

Deshalb wusste er über mein Vergehen bestens Bescheid, denn er war mit dabei.

Wenn wir mal ehrlich waren, waren wir doch nur zum Militär gegangen, weil man uns das bisher so vorgelebt hatte.

Unsere Eltern waren bei der US Air Force gewesen, genau wie unsere Großeltern.

Alle hatten ihr Leben im Krieg gelassen.

Einzig und allein unser Onkel Ace war der Einzige, der bisher jegliche Angriffe bei der US Navy überlebt hatte.

Und wir.

Ford hatte mich in sein Auto gezerrt und war mitten in der dunklen Nacht davongefahren, bis er Stunden später irgendwo im Nirgendwo an einem verlassenen Rastplatz hielt und wir in den Laderaum eines Trucks stiegen.

Wir beide waren nicht diese rechtsschaffenden Schoßhündchen, die irgendwelchen Offizieren nach ihrer Pfeife tanzten.

Deshalb kehrte mein Bruder dem Militär ebenfalls den Rücken.

Und das nicht, weil ich eine dumme Tat begangen hatte.

Er plante dies schon länger, weil er als Söldner im Jemen arbeiten wollte.

Er wollte mich an seiner Seite.

Völlig unklar dessen, was mich dort erwarten würde, habe ich zugestimmt und ein geheimer Transport schleuste uns hinaus über die Grenzen.

Es waren mehrere Tage notwendig, bis wir endlich im Jemen ankamen.

Dort ankamen, wo ich auch den Rest meiner Moral beerdigte.

Den Rest meiner Zurückhaltung.

Den Rest meiner Emotionen.

Denn diese waren damals gegangen, als ich an jenem Tag im stürmischen Regen an dem Grab meiner Eltern stand.

Ihre Särge bedeckt von einer amerikanischen Flagge.

Überall Soldaten in ihrer Uniform.

Steif.

Keine Emotion in ihrem Gesicht.

Salutierend.

Um Abschied zu nehmen.

Doch von was?

Keiner von ihnen empfand unseren Eltern etwas gegenüber.

Es war die reine Pflicht, dass sie dort standen, die Hymne sangen und dem obersten Dienstherrn bei jedem Wort beipflichteten.

Es war die reinste Comedyshow gewesen.

Hat einer von ihnen sie beschützt, als die ersten Granaten flogen?

Hat jemand sich um sie gekümmert, als sie durch die Luft geschleudert wurden?

Nein, denn Vater Staat musste die Schlacht gewinnen, egal, wie viele Leute dabei draufgehen würden.

Und nichts von all dem konnte ich jemals wirklich vertreten.

Doch hier im Jemen wurde alles anders.

Wir kämpfen hier für einen fremden Staat.

Und das nicht aus Patriotismus oder Pflichtgefühl heraus, sondern zum Schutz für Zivilisten.

Es ist ein Job für eine befristete Zeit.

Doch, wenn man gut war, konnte man immer wieder jemanden finden, der deinen Söldnerdienst in Anspruch nahm.

Ganz zu schweigen von dem Geld, welches man schnell und unkompliziert in großen Mengen bekam.

Jede andere Familie hätte sich für ihre Tochter vermutlich eine andere Zukunft gewünscht.

Einen umsorgenden Ehemann, Kinder, ein Haus mit Garten. Freunde aus der Vorstadt, die sich für den Schulunterricht und die Tanzgruppen der Kinder engagieren.

Elternabende, um den Kuchenbasar am nächsten Wochenende zu besprechen.

Ehrenamtliche Tätigkeiten beim Football oder Baseball.

All das war ich nicht.

Nichts von alledem.

Ich habe schon immer die Gefahr gesucht.

Den Nervenkitzel.

Das Abenteuer.

Ich bin diejenige, die sich traut, dem Tod ins Gesicht zu sehen.

Zu lächeln und ihm zu sagen: Fick dich.

Ich bin diejenige, der es egal ist, dass es in einem Bundesstaat Gesetze gibt, um jemanden zu verurteilen und zu bestrafen.

Denn jeder von uns weiß doch, dass das Meiste davon viel zu mild ist und nicht dem gerecht wird, was dieser jemand einem anderen angetan hat.

Ich räche lieber auf meine Art.

Brutal.

Ohne Gnade.

Etwas anderes haben Menschen nicht verdient, die aus reiner Lust morden, schänden, vergewaltigen, verstümmeln, rauben.

Vier Jahre sind mein Bruder und ich nun im Jemen.

Vier Jahre, in denen unsere Dienste immer wieder in Anspruch genommen wurden – denn zusammen sind wir unschlagbar.

Vier Jahre, in denen wir Ruhe hatten.

Denn niemand aus den USA war uns bisher auf die Schliche gekommen.

Niemand hatte herausgefunden, wo wir untergetaucht waren.

Bis vorgestern.

Victor Hale – ebenfalls ehemaliger Soldat des US-amerikanischen Militärs hatte bei unserem Operationsleiter Malik Al-Qadhafi angeheuert.

Ford und Malik haben sich über all die Jahre hinweg sehr gut angefreundet.

Mein Bruder hat ihn vor Victor gewarnt – es besteht die Möglichkeit, dass sie uns nun nach vier Jahren doch gefunden haben.

Victor könnte ein eingeschleuster Mann von ihnen sein, nur um mich zu finden.

Ford hat zwar ebenfalls mit Vater Staat gebrochen, aber er ist nicht vor einer Haftstrafe geflohen.

Malik hat ihn vorerst in einem anderen Lager untergebracht.

So, wie wir töten, um andere zu rächen, töten wir allerdings nicht, wenn uns keine Beweise vorliegen.

Entweder Victor wurde auch abtrünnig oder aber er ist hier, um Maliks Söldnergruppe hochzunehmen – mich allen voran.

Gemeinsam mit Ford habe ich mir einen Plan überlegt.

Ich kann nicht mehr im Jemen bleiben.

Mein Dienst ist hier beendet.

Eigentlich ist er das bereits seit einem Jahr.

Vor etwas mehr als 380 Tagen ereilte mich ein Schicksal, welches mich nun seitdem ständig vor Herausforderungen stellt.

In einer Schlacht, in der man versucht hat, ein Viertel nahe der Wüste anzugreifen und ihre Anwohner

hinzurichten, habe ich mein linkes Bein verloren.

Die Krankenhäuser im Jemen sind eine Katastrophe, aber gemeinsam mit unseren eigenen Ärzten, die unter anderem auch aus Amerika oder anderen qualifizierten Ländern kommen, haben wir meine Wundheilungsstörungen in den Griff bekommen.

Immer mal wieder konnte ich kleinere Jobs annehmen, aber ich war nicht mehr die gleiche Waffe für Malik, die ich vorher war.

Einer unserer Ärzte hatte über einen Kontaktmann eine Prothese in den USA anfertigen lassen.

Es war hartes Training notwendig, doch ich wäre nicht ich, wenn ich mich nicht da durch gebissen hätte.

Mittlerweile bewege ich mich mit der Prothese fort, als wäre es nie anders gewesen.

Trotzdem habe ich gewisse Einschränkungen.

Zusätzlich die neu gewonnene Gefahr durch Victor.

Deshalb ziehe ich mich bereits im Morgengrauen an.

Meine Taschen sind gepackt und ich ziehe die Prothese heran, um sie an meinem Bein anzulegen.

Der Reißverschluss an meinem Zelt wird vorsichtig nach oben gezogen, als Ford hineinkommt.

„Du kannst es wohl kaum abwarten, endlich nicht mehr unter den Argusaugen deines größeren Bruders zu sein, was?“, scherzt er mit rauer Stimme.

„Du magst mich um zwei Köpfe überragen, Brüderchen. Aber ich bin immer noch die große Schwester, egal, was du versuchst, dir einzureden.“

Denn es vergeht kein Tag, an dem er nicht meinen Beschützer spielt, obwohl ich sechs Jahre älter bin, als er.

„Der Truck steht bereit. Er bringt dich raus aus dem Jemen. Hast du dich entschieden, wohin du nun gehen willst?“

„Ich denke, Detroit oder Memphis.“

„Im größten Abfuck Amerikas? Ehrlich jetzt, Hales?“

„Ich bin genauso ein Abfuck, Ford. Versuch dir nichts einzureden. Ich werde sicherlich nicht an die reiche Küste von Kalifornien ziehen und mir einen Sugardaddy suchen. Ich muss untertauchen und dafür brauche ich eine Stadt, in der man das auch kann.“

Er kommt zu mir herüber und schließt mich in seine volltattoowierten Arme.

Für einen Moment regt sich etwas in mir, doch ich halte es verschlossen.

Gefühle sind in meiner Welt schon immer tabu gewesen – deswegen werde ich jetzt nicht damit anfangen.

„Und bist du wirklich sicher, dass Amerika die richtige Wahl ist?“

„Falls Victor wegen mir hier ist, werde ich sowie so gejagt, Brüderchen. Von der Jägerin zur Gejagten – fast schon poetisch. Aber sieh´ mich an – die orangenen Haare sind Vergangenheit und mir fehlt ein Bein. Ich bin eine vollkommen andere Person.“, sage ich ironisch.

Meine Haare und Augenbrauen habe ich schwarz gefärbt und das schon seit drei Jahren.

Nicht, dass man mich deshalb nicht mehr erkennen würde, aber vielleicht nicht auf den ersten Blick.

Ford nimmt meine Taschen und gemeinsam treten wir hinaus in das stille Zeltlager.

Nur die Lichter des Trucks spenden etwas Helligkeit.

An den Rändern laufen einige von uns Patrouille, während der Rest in den Zelten noch schläft.

„Lass von dir hören, Hales.“

Noch einmal drückt mein Bruder mich fest an sich.

„Und du reißt Victor den Arsch auf, wenn er sich auffällig verhält.“

Kapitel 2

- Detroit

Erschöpft sitze ich am Tresen im Heels of Wings, während Cade die Zahlen von letzter Nacht prüft.

Der Umsatz stimmt im Moment nicht.

Mir gehen die Tänzerinnen aus und das sicherlich nicht, weil sie schlecht bezahlt werden.

Drei meiner besten Mädchen sind schwanger – es sei ihnen gegönnt, aber für meinen Laden ist das schlecht.

Zwei weitere haben gekündigt, aus unerklärlichen Gründen.

Und wiederum zwei weitere haben eine Grippe angeschleppt, von der ich hoffe, dass sie nicht noch die restlichen Tänzerinnen befällt.

Die Kundschaft läuft mir nach wie vor den Laden ein, aber weil ihnen nicht das entsprechende Programm geboten wird, wie sonst, ziehen sie schon nach ein bis zwei Stunden weiter und geben nicht so viel Geld aus, wie ich es von ihnen gewohnt bin.

„Immerhin zehn Prozent mehr Umsatz, als gestern, aber trotzdem fast fünfzig Prozent weniger, als üblich.“

Cade lehnt sich an den Tresen und sieht mich mitleidig an.

„Scheiße, was guckst du mich jetzt so an, wie ein trauriger Hundewelpe?“, maule ich.

„Du weißt, dass Phönix dir die Hölle heiß machen wird.“

„Dann soll er dafür sorgen, dass neue Frauen hier antanzen, die einen Job brauchen. Und die dazu auch noch gut sind, in dem, was sie tun. Nicht so, wie diese..wie hieß sie noch?“

„Du meinst Amanda von gestern? Die Kleine mit den lilanen Haaren.“

„Ja, genau. Mrs. Purple. Wie schafft man es, sich derart gegen den Takt der Musik zu bewegen? Die Kunden sind quasi vor ihr geflohen. Und dann fängt sie auch noch mitten auf der Bühne an zu heulen.

So etwas kann ich wirklich nicht nochmal gebrauchen.“

Nachdenklich streiche ich über meinen Bart und ziehe die Zigarettenschachtel aus meiner Hosentasche.

„Die Séparées sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Haben die Leute keine Lust mehr auf Sex?“, überlege ich laut.

„Hast du dir die Dinger mal angesehen? Die brauchen definitiv ein Upgrade. Verspiegelte Räume sind nett und heizen die Fantasie an. Aber nur ein Lederbett in der Mitte?“, gibt Cade zu bedenken.

„Fuck, wir sind in Detroit und nicht in Beverly Hills. Hier geben sich die Leute für einen guten Quickie auch mit einer dunklen Straßenecke zufrieden.“

Vermutlich hat er aber recht und es wird mal wieder Zeit, dass das Heels of Wings generalüberholt wird.

Einige Sofas in den Sitzecken sowie der Boden könnten definitiv auch erneuert werden.

Ich klopfe zwei Zigaretten aus der Schachtel, bevor ich Cade ebenfalls eine reiche.

„Also, vielleicht solltest du Phönix vorschlagen, dass einige Erneuerungen notwendig sind.“

Er hat den Satz kaum ausgesprochen, als in meinem Rücken die Tür aufgeht.

„Fuck, wir haben geschlossen..“, murmle ich mürrisch.

„Aber sicher nicht für mich.“

Wenn man vom Teufel spricht.

Hand in Hand kommt Phönix mit Mila herein.

Ein Anblick, an den ich mich immer noch gewöhnen muss, auch, wenn Mila nun fast schon ein Jahr bei uns ist.

„Musst du nicht deinen Ziehsohn zur Schule bringen oder sowas?“, frage ich genervt, denn ich bin gerade wirklich nicht auf dieses Gespräch vorbereitet.

„Was meinst du, woher wir kommen, du Klugscheißer.“

Phönix Hand landet schwer auf meiner Schulter, bevor er sich auf den Barhocker neben mir schiebt und Mila eng an seine Seite zieht.

„Ich denke, ich brauche nicht nach dem Umsatz zu fragen, so deprimiert, wie du aussiehst.“, zieht der Kopf unserer Gruppe mich auf.

„Vielleicht sollten wir dich mal in einen Tanga stecken und an der Stange tanzen lassen.“, knurre ich, weshalb Cade ein Grinsen verstecken muss.

„Um eine Ladiesnight in dem Laden einzuführen sicher keine schlechte Idee“, mutmaßt Phönix und bekommt direkt von Mila einen Schlag zwischen die Rippen, was mich wiederum grinsen lässt.

Der Kerl steht sowas von unter ihrem Pantoffel.

Ob er es zugeben will oder nicht.

Und mal ehrlich – von uns kann sich keiner was Besseres für ihn vorstellen.

Die zwei haben sich nicht gesucht und dennoch gefunden.

Und, dass sie auch noch einen Sohn mit in die Beziehung gebracht hat, macht so viel mit ihm.

So viel Positives.

So viel, was er niemals zugeben würde.

Er tickt eben nicht so, wie ich und Emerson und auch noch einige andere Fire Wings.

Ich liebe das Ungebundene. Das Aufregende.

Hier und da mal naschen, obwohl Emerson deutlich schlimmer in dieser Hinsicht ist und ich gerne auch mal alleine bin.

Phönix hat eine Frau gebraucht, die sein Leben und seinen Kopf aufräumt.

„Okay, lass mich deiner Frau eine Frage stellen..“, überlege ich – denn das wird Mila bald.

Der Verlobungsklunker an ihrer Hand ist nämlich kaum zu übersehen.

„Als ihr zwei es hier getrieben habt..“, beginne ich und Phönix‘ Gesichtsausdruck wird warnend.

„FUCK, Paxton. Was wird das?“, knurrt er leise.

„Beruhige dich und hör einfach mal zu. Also, als ihr in den Séparées wart, Mila. Würdest du sagen, die Séparées sind angemessen oder vermisst du darin etwas?“

In Phönix‘ Augen steht eine einzige Morddrohung,

während Mila ernsthaft überlegt.

Seitdem sie bei uns ist, ist sie viel mehr aus sich herausgekommen.

Sie ist offen und vertrauensvoll – das sollte sie auch, nachdem wir ihren Exfreund für sie um die Ecke gebracht haben.

„Naja, es ist irgendwie..sehr schlicht.“

„Was genau meinst du?“, hakt Cade nach.

„Die Betten sind nett. Es ist viel Platz, um sich auszutoben, aber sicherlich gibt es noch andere Dinge, die die Leute sich eher wünschen würden. Gerade die, die experimentierfreudiger sind. Vielleicht wären einzelne Themen für die Séparées nicht schlecht, damit jeder was für seinen Geschmack findet.“

Nun sieht auch Phönix sie an und auf sein Gesicht hat sich ein verschmitztes Lächeln gelegt.

„Sag mir, Mariposa, was für einen Themenraum wünscht du dir?“, raunt er ihr zu und ich verdrehe die Augen.

„Okay, bitte. Reicht, dass ihr da oben schon eine Show abgezogen habt. Also übertreib die Lage nicht, Phönix.“

Ich erkenne genau die Gänsehaut, die sich an Milas Armen abzeichnet und trotzdem versucht sie sich zusammenzureißen.

„Eine Liebesschaukel wäre nicht schlecht zum Beispiel..“, wirft sie die erste Idee ein.

„Ja Babe, weil du weißt, wie gut es darin ist.“, raunt

Phönix ihr wieder zu und sie läuft hochrot an.

„Fuck, das soll kein Liebesnest für euch zwei Nervensägen werden. Sondern wir überlegen ernsthaft, wie man den Laden attraktiver für andere gestalten kann.“

Mit hochgezogenen Brauen sieht unser Boss mich an, bevor er schwerdurchatmet und nachgibt.

„Schön. Dann sag ihnen, Mariposa, was du noch so denkst.“

„Ein Andreaskreuz, eine Badewanne, vielleicht ein Raum, der komplett mit Kissen und Matratzen ausgelegt ist. Spielzeug sollte vorhanden sein.“

„Dann müssten wir aber bestimme Hygienerichtlinien erfüllen“, gibt Cade zu bedenken.

„Nichts, was sich nicht umsetzen lässt.“, wirft Phönix direkt ein.

„Außerdem müssen ein paar Sofas getauscht werden und der Boden braucht dringend eine Erneuerung.“, plaudere ich nun den ganzen Plan aus.

„Und wir brauchen mehr Personal. Es kann doch nicht so schwer sein, irgendwelche Frauen zu finden, die an der Stange tanzen wollen..“, überlegt Cade laut und Mila stemmt die Hände in die Hüften.

„Was soll das bitte heißen? Wir sind kein Freiwild für

euch!“

„Du weißt doch selbst, was die Vorzüge davon sind, in der Nacht zu arbeiten. Irgendwelche anderen Mütter oder Frauen werden das auch sehen. Also entspann dich.“

„Reiß dich zusammen, C.“, warnt Phönix ihn und er pumpt schwer die Faust, die in seinem Schoß liegt.

„Du holst dir später Jaylen, Derek und Luke ran – dann kümmert ihr euch tagsüber um den Umbau. Der Laden bleibt ausnahmsweise heute Nacht geschlossen. Aber länger nicht. Und wir lassen uns was einfallen für neues Personal.“

Damit rutscht Phönix vom Hocker und zieht Mila mit sich.

„Klar, doch. Dir auch einen schönen Tag.“, rufe ich ihm sarkastisch hinterher, weshalb er einen Mittelfinger über seine Schulter streckt.

Er ist schon immer durch und durch der Geschäftsmann gewesen.

Obwohl uns sonst die Lawless das Leben schwer gemacht haben, lief es vorher trotzdem besser mit meinem Etablissement.

Nach wie vor sind wir uns nicht sicher, ob wir alle von ihnen vernichtet haben oder sich der Rest von ihnen einfach nur zurückzieht.

Zumindest haben wir aktuell eine Sorge weniger, weil von ihnen niemand mehr am Horizont aufgetaucht ist.

„Meinst du, die Lawless könnten der Grund für die Kündigungen sein?“, spreche ich meine Gedanken nun laut aus.

„Scheiße, spinn nicht rum, Paxton. Haben die Looser uns das Leben manchmal schwer gemacht? Ja. Können die nur annähernd irgendwas von dem, was wir haben, auf die Beine stellen? Fuck, nein. Wer will bei denen freiwillig arbeiten? Niemals können die irgendwen vernünftig bezahlen.“

Cade drückt seine Zigarette aus und schnappt sich die Lederjacke vom hinteren Tresen.

„Also, wir sehen uns später. Und du solltest dringend mal ein bisschen pennen. Wirst schon sehen, dass der Laden bald wieder läuft.“

Er umrundet die Bar und salutiert mir zu, bevor auch er das Heels of Wings verlässt.

Auch, wenn den Fire Wings gleichermaßen alle Etablissements gehören und wir im gleichen Boot sitzen, führen wir seit Jahren einen geheimen Konkurrenzkampf aus, wer es schafft, seinen zugeteilten Laden am besten am Laufen zu halten.

Phönix ist immer ganz vorne mit dabei und es kratzt an meinem Ego, dass es bei mir gerade einfach nicht läuft.

Kapitel 3

- Detroit

Nach über fünfzig Stunden komme ich endlich in Downtown Detroit an.

Mitten in der Nacht werde ich von dem Truck an einem Hafenrand abgesetzt und ich schultere meinen Rucksack.

Ein paar Meter entfernt sitzen ein paar Kids, die sich einen Joint hin- und herreichen, wie ich an dem Geruch erkenne.

Sie sind vielleicht vierzehn oder fünfzehn Jahre alt und offensichtlich scheinen sie keine Eltern zu haben, die bemerken, dass ihre Kinder nicht in ihren Betten liegen und noch mitten in der Nacht unterwegs sind.

Wahrscheinlich liegen sie selbst vollgedröhnt auf ihrem Sofa und bekommen nichts mit.

Ich bin genau in dem Smog angekommen, in den ich wollte.

Denn an diesem dämonischen Ort, an dem vielleicht tagsüber irgendwelche Leute von Gangs erschossen werden, wird dich aber niemand verraten.

Das ist das oberste Gebot an solchen Orten.

Und kaum einer hier ist in der Lage, so viel Geld aufzubringen, dass es sich lohnt, ein Geheimnis auszuplaudern.

Vor ungefähr zwei Stunden habe ich mit dem Kontaktmann von meinem Bruder telefoniert.

Jordan ist ein alter Freund, woher er ihn auch immer kennen mag.

Es ist mir aber auch ziemlich egal.

Denn er ist Mittel zum Zweck und hat sein Soll erfüllt.

Zu diesem Soll gehört eine Wohnung und ein Motorrad.

Natürlich hat mein Bruder ihn bereits mit einer verschlüsselten Überweisung dafür bezahlt.

Ich schalte die Mapsfunktion auf meinem Handy ein und laufe die zwei Blocks zu dem Hochhaus.

Andere Frauen würden sich jetzt ein Taxi rufen, um nicht alleine durch die dunkle Nacht zu laufen.

Aber es gibt keine Tageszeit, zu der ich mich wohler

fühle, als mitten in der Nacht.

Die Dunkelheit macht mir keine Angst.

Sie ist wie ein Zuhause.

Sie umhüllt mich mit ihren Armen und ihrer trügerischen Liebe.

Und dennoch entgeht mir nichts, was zu der Uhrzeit noch auf den Straßen los ist.

Ich bin kein wehrloses Püppchen.

Davon zeugen die Schreckschusspistole und der Schlagring in meinem Rucksack sowie das Jagdmesser, welches in meinem Stiefel steckt.Wagt es sich auch nur irgendein Abschaum, seine Hand an mich zu legen, verliert er sie.

Mein Schein trügt vermutlich noch mehr, als der einer anderen Frau – denn würde irgendwer meine Prothese erkennen können, die unter der langen Hose verborgen liegt, wäre ich für sie Freiwild.

„Hey Süße, Lust dich aufzuwärmen?“, werde ich auch direkt angebaggert, als ich um eine Straßenecke biege und an einem Kiosk mit einem leuchtenden Schild „24/7 open“ vorbeikomme.

Die typisch coolen Gangster, die man in dieser Gegend erwartet, sitzen auf Klappstühlen vor dem Eingang und spielen Amateurpoker auf einem Aluminiumtisch.

Bandanas. Dicke silberne Ketten.

Baggys, aus denen ihre halben Ärsche heraushängen.

Basketballtrikots, die fünf Nummern zu groß sind.

Gangtattoos.

Goldzähne.

Lächerlich.

Anders, als sicherlich von ihnen erwartet, bleibe ich direkt vor ihrem Tisch stehen, verschränke die Arme und sehe auf sie hinab.

„Aufwärmen? Bei 25 Grad in der Nacht? Ist dir kein lahmerer Spruch eingefallen?“, frage ich gelangweilt und lege den Kopf schief.

„Uh, Baby. Dein Herz scheint aus Eis zu sein, aber ich tau´ dich in meinen Armen gerne auf.“

Der farbige Afroamerikaner schlägt mit seinem Kumpel ein, als hätte er den krassesten Spruch gerissen, bevor er sich in seinem Stuhl zurücklehnt und gönnerisch auf seinen Schoß deutet.

„Wie wäre es, wenn einer von euch mir einen kühlen Drink besorgt?“

Sofort springen diese beiden Hampelmänner auf, weil sie ernsthaft glauben, in irgendeiner Art und Weise bei mir landen zu können.

Der Jüngere von ihnen verschwindet im Kiosk, während der andere sich wieder genervt auf seinen Stuhl sinken lässt und die fast verbrannte Zigarette aus dem Aschenbecher nimmt, bevor er ein letztes Mal daran zieht

und sie ausdrückt.

„Ist eine Coke okay, Baby? Prickelnd und schwarz, wie ich?“

Gott, ich bin sowas von gelangweilt von solchen Losern, dass ich ihm gerne mein Messer in den Hals rammen würde.

Gibt es wirklich Frauen, die auf so eine Scheiße reinfallen?

Vermutlich nur welche, die kein Geld haben, sich prostituieren und Babys bekommen, dessen Vater sie nicht kennen.

Verzweifelt auf der Suche danach, dass irgendwer sie auffängt.

Aber Kerle, wie diese Spinner hier vor mir, werden sie niemals auffangen.

Im Gegenteil – sie werden sie noch weiter runterreißen, als sie es für möglich gehalten hätten.

Sanft nehme ich dem Typ die Coladose ab und lächle dankend, obwohl ich gerade alles andere bin, als das.

Dann ziehe ich langsam das Messer aus meinem Stiefel, welches gefährlich in der bunten Kioskbeleuchtung aufblitzt.

Beide zucken entrüstet zurück und starren mich an.

Na sowas – plötzlich keine Sprüche mehr auf Lager, die

sie in irgendwelchen Teenagermagazinen aufgegriffen haben?

Ich ramme das Messer in den unteren Rand der Dose, bevor ich den Schlitz an meinen Mund halte und die Coke in ein paar Zügen leere.

Dabei lasse ich keinen der Zwei aus den Augen.

Lässig knülle ich die leere Dose zusammen und schmeiße sie auf den Tisch vor ihnen, weshalb einige Pokerchips auf dem Boden landen.

Wieder einmal zucken sie.

Sie wollen Tupac und ihresgleichen nachahmen, dabei beten sie innerlich gerade vermutlich, dass ihre Mama sie heute Nacht in den Arm nimmt.

„Das nächste Mal überlegt ihr euch besser zwei Mal, wen ihr dumm von der Seite anlabert. Und sollte ich jemals wieder mitbekommen, dass ihr eine Frau, die sich nachts auf dem Nachhauseweg befindet, angraben und abschleppen wollt, schneide ich euch hiermit eure jämmerlichen Schwänze ab.“

Kurz schwinge ich das Messer durch die Luft, bevor ich es wieder in meinem Stiefel verschwinden lasse.

Mit ausdruckslosen Gesichtern sehen sie mir nach, als ich mich abwende und wieder meiner Wege gehe. Sicherlich sind sie noch nie einer so taffen Frau begegnet.

Es wäre gut möglich, wenn der erste Schock gleich nachgelassen hat, dass sie mir hinterherlaufen, um mich

doch noch aufs Kreuz zu legen.

Aber ich wäre nicht ich, wenn ich auf sowas nicht vorbereitet wäre.

Von denen würde keiner auch nur eine Sekunde im Jemen überleben.

Die restliche Strecke bleibt es still, bis auf ein paar vorbeifahrende Autos und ein Obdachloser, der vor einem Einkaufsladen sitzt und betrunken irgendwelche Lieder singt.

Als ich an dem Hochhaus ankomme, gehe ich direkt auf die Tür zu. Über den zwanzig Klingelschildern hängt ein Tastenfeld, auf dem ich den Code eingebe, den Jordan mir genannt hat.

Die Tür surrt laut und ich drücke sie auf, bevor ich in einem muffigen Hausflur stehe.

Die vorderste Deckenlampe flackert, die dahinter ist nicht mehr intakt.

Alte Prospekte fliegen durch die Gegend und Farbe blättert von den Wänden.

Abschaum. Anonymität.

So, wie ich es wollte.

Dann entdecke ich direkt das kleine Metallkästchen, welches an meinem Briefkasten hängt.

Torres.

So heiße ich nicht und doch wird es ab sofort hier mein

Nachname sein.

Das Kästchen ist mit einem Zahlenschloss versehen und ich rolle die Zahlen mit den Fingern an die richtige Position, damit sie den Code ergeben, den ich ebenfalls von Jordan erhalten habe.

In dem Kästchen befinden sich Wohnungs- und Briefkastenschlüssel sowie der Schlüssel für das Motorradzündschloss und ein Zettel.

Das Motorrad steht auf dem Hinterhof. Schwarz, dritter Stellplatz., steht dort in einer kritzeligen Handschrift.

Ich schreite durch den langen Flur, ehe ich die Hintertür aufziehe, die nicht richtig im Schloss hängt und dieses Gebäude für jeden zugänglich macht.

Natürlich ist auch hier das Licht kaputt, aber als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnen, erkenne ich das schnittige Baby.

Gerne würde ich jetzt eine Probefahrt damit machen, aber die letzten zwei Tage haben mich ausgelaugt.

Meine Augen fallen mir fast im Stehen zu, weshalb ich dem Hof den Rücken kehre und wieder im Hausflur verschwinde.

Meine Wohnung liegt im obersten und damit siebten Stockwerk.

Ich schreite auf eine Tür zu, hinter der sich ein Fahrstuhl

verbirgt. In der riffeligen Scheibe prangt ein Loch und dunkelrote Spuren haften an den unebenen Rändern, als wenn jemand mit der Faust hindurchgeschlagen hätte.

Als ich die morsche Tür aufziehe, entdecke ich die Fliegengittertür, die den einzigen Schutz darstellt, wenn dieses nach Pisse stinkende Klappergestell sich in Bewegung setzt.

Nein, danke. Ich verzichte.

Ich kann Stunden durch Schlamm kriechen.

Kilometerweite Märsche auf mich nehmen.

Also kann ich auch die Treppen bis in den siebten Stock nehmen.

Es ist laut in diesem Haus – ich habe nichts anderes erwartet.

Hinter einer Tür bellt ein Hund, hinter einer anderen dröhnt laute Musik.

Hinter der nächsten schreit sich ein Pärchen an und es ist deutlich zu hören, dass es nicht nur bei einer verbalen Auseinandersetzung bleibt.

Wenn es laut ist, kann ich am besten schlafen.

Denn Stille bedeutet immer die Ruhe vor dem Sturm.

Ein Sturm, den niemand gebrauchen kann.

Ich muss zugeben, dass es in meinen Seiten sticht, als ich oben ankomme, aber meine Prothese und mein gesundes

Bein haben mich zuverlässig nach oben getragen.

Ich schließe die Tür auf und verschwinde direkt dahinter,

ehe ich sie hinter mir abschließe und auch noch den Hebel eines Extraschlosses weiter oberhalb umdrehe.

Dann ziehe ich an der Schnur der Stehlampe neben mir und das Apartment wird erhellt.

Ich stehe in einem Raum mit einer Küchenzeile, einem Zweisitzersofa, einem Esstisch mit zwei Stühlen und einem kleinen Röhrenfernseher an der Wand.

Links ist eine Tür zu einem winzigen Balkon.

Gerade aus erkenne ich durch eine andere offenstehende Tür ein großes Bett.

Das wars. Klein und alles, was man braucht.

Im Schlafzimmer stelle ich meinen Rucksack ab und gehe durch die dort angrenzende Tür in das Badezimmer.

Toilette. Waschbecken. Dusche. Kein Fenster.

Ich drücke auf den Schalter an der Wand und das sterile Licht erhellt meine müden Züge, die ich über den runden Spiegel über dem Waschbecken betrachte.

Ich sehe aus, als wäre ich frisch aus dem Krieg gekommen.

Ein wenig fühle ich mich auch so.

Kapitel 4

- Detroit

„Du bist eine verdammte Maschine, Em.“

Schweißgebadet lehne ich mich auf einem der Loungesessel zurück und kippe durstig eine Flasche Wasser in mich hinein.

Wir haben die gestrigen Nachmittag bis zum Abend und die Nacht hindurch gearbeitet.

Während die anderen Lokale von uns gerade von den letzten stocktrunken verlassen werden, sitzen wir hier und machen den letzten Rest.

Zumindest was den Boden angeht, denn Emerson hat in dem Club fast den ganzen verdammten Boden mit Parkett neu ausgelegt, während er Hudson dafür abgestellt hat, heute Nacht das Fire Fly zu leiten.

Unser Countryclub, quasi direkt gegenüber.

Jaylen und Derek haben vorher geholfen, alles rauszureißen, was raus soll.

Was nicht alles so möglich ist, wenn man Phönix heißt, in aller Munde bekannt ist und der somit eine Großbestellung innerhalb von fünf Minuten auf die Beine stellt.

Aber natürlich hat der Boss nicht mitgeholfen. Er hat sich zwischendurch mal blicken lassen, aber das Poison hat ganz normal geöffnet gehabt und da Mila weiterhin dort arbeitet, will er erst recht einen Blick auf den Laden haben.

Keiner verübelt es ihm.

„Wenn ich noch einen fucking Hammerschlag ausführen muss, gebe ich mir die Kugel“, murmelt Emerson vor sich hin, während er die letzte Leiste an der Bar entlang anklebt.

Für den Bereich mit den Séparées haben wir uns für einen schwarzen Teppich entschieden.

Das war Milas Idee, um dem Ganzen eine kuscheligere Atmosphäre zu geben.

Ich glaube, wir Männer haben in dem Moment alle das Gleiche gedacht:

In dem Bereich soll gefickt werden, nicht gekuschelt.

Aber wer wären wir, nicht auf das weibliche Geschöpf zu hören? Denn jeder von uns weiß doch, dass Frauen immer ein wenig Hingabe und Vertrauen benötigen.

Manche selbst dann, wenn sie sich nur auf einen One-Night-Stand einlassen.

Deswegen habe ich geduldig ihre Tipps angenommen.

Die Séparées werden schließlich nicht nur von Männern genutzt, sondern müssen die Frauen genauso ansprechen.

Heute Nachmittag kommt die Lieferung mit dem neuen Interieur.

Auch darum hat sich Mila gekümmert. Es sind genau die Dinge geworden, die sie gestern Morgen vorgeschlagen hat.

Phönix und Logan werden sich um den Lieferanten kümmern, während Mila mit Brandy und Tiffany alles einrichten und den letzten Schliff verpassen wird.

Ich bin wirklich gespannt, was mich heute Abend erwartet.

„Wie wäre es, wenn wir heute Abend mal wieder eine Männerrunde machen?“, schlage ich vor und wische mir mit meinem Shirt den Schweiß vom Gesicht.

„Ich glaube nicht, dass Hudson noch eine Nacht Bock hat, den Aufpasser zu machen.“

„Ach, komm schon, Em. Mittlerweile teilt ihr euch den Laden doch sowieso. Mach ihn zum Teilhaber und Partner. Das hat er sich verdient. Und dann wird er Bock haben. Versprochen.“

Emerson lässt sich auf seinen Hintern sinken und lehnt den Rücken gegen die Bar, bevor ich ihm auch eine Wasserflasche zuwerfe.

„Ich rede später mit ihm. Und ich könnte einen Männerabend echt gebrauchen.“

„Du kannst die Séparées einweihen.“, biete ich ihm an, weil ich genau weiß, dass er auf sowas abfährt.

„Es ist schon fünf Tage her, dass ich meinen besten Kumpel in einer Frau versenkt habe. Meine Eier platzen bald.“, grummelt er erschöpft.

„Scheiße, willst du mich verarschen? So oft haben manche Leute nicht einmal in einer Beziehung Sex.“

„Tja, deshalb führe ich keine. Irgendwo lässt sich immer was für eine kurze Nummer aufreißen.“

Er zuckt mir den Schultern und schraubt die Flasche wieder zu.

„Ach, wirklich. Das ist der Grund?“, hake ich nach.

Denn wir alle wissen, dass das nur vorgeschoben ist.

Es gab mal jemanden in Emersons Leben, vor sehr langer

Zeit.

Da kannten wir uns noch nicht und doch hat er mal in einer Nacht, als er von einem Joint völlig weggetreten war, was angedeutet.

Was auch immer er gemacht hat oder vielleicht auch sie – seitdem schützt er sein Herz.

Mehr, als jeder andere den ich kenne.

„Halts Maul, Paxton. Mach nicht auf Therapeut.“

Ich habe ins Schwarze getroffen.

Da ich mit meinen Bettgeschichten nicht wirklich besser bin, bohre ich nicht weiter nach.

„Wenn du deine Errungenschaft filmst, bleibt dieses Filmchen auf deinem Handy, klar? Wir können das nicht gebrauchen, dass das Heels of Wings direkt den nächsten Dämpfer bekommt, indem irgendwo Schlagzeilen auftauchen, dass der Sex in den privaten Séparées aufgenommen wird.“

„Fuck, entspann dich doch mal. Wann haben die Videos je mein Handy verlassen?“

Kurz lache ich auf, denn was das angeht ist Emerson wie ein verdammtes Pick-me-Girl.

„Hast du die Videos nicht schon oft genug unter den Fire Wings verteilt?“, frage ich mich hochgezogenen Brauen.

„Ihr seid meine Familie. Das geht schon klar.“

Wieder wirkt er vollkommen unbeteiligt.

„Ein falscher Klick und irgendwer versendet das Video plötzlich weiter. Du weißt, dass das schon zweimal passiert ist. Diesmal darf das unter keinen Umständen passieren.“

„Wegen dir habe ich schon gar kein Bock mehr hier zu ficken.“, mault er und richtet sich schnaufend auf.

„Jetzt sei nicht so eine Diva. Es ist wohl nicht zu viel verlangt, dass du ein bisschen besser aufpasst. Und als ob ich dir damit irgendwas verderben könnte.“

Ein Funkeln schleicht sich in Emersons Augen.

Auch, wenn er immer noch etwas angepisst wirkt, spiegelt sich um seinen Mund herum ein laszives Lächeln.

„Wenn der Alkohol nachher fließt, habe ich deine Worte schon vergessen.“

„Besser nicht..“, murmle ich in mich hinein.

Während er das Werkzeug zusammenräumt, was überall verteilt liegt, mache ich einen Rundgang.

Die Veränderungen werden im Dunkeln und bei zuckendem Stroboskoplicht vermutlich kaum erkennbar sein, aber jetzt, wo die Beleuchtung eingeschaltet ist, wirkt das Heels of Wings ganz anders.

Es war wirklich nötig, dass hier und da etwas erneuert wurde.

Ich laufe durch zu den Séparées und zum ersten Mal fällt

mir auf, wie viel Spielraum in den Räumen eigentlich vorhanden ist.

Es stimmt, dass wir ihr Potenzial bisher nicht ausgenutzt

haben.

„Pax, wo steckst du?“, ertönt es plötzlich von vorne und genervt laufe  ich zurück.

Emerson sammelt immer noch alles ein, während Phönix plötzlich am Tresen lehnt.

„Gute Arbeit. Ich glaube, so schnell haben wir einen Laden noch nie auf Vordermann gebracht.“, grinst er breit.

„Wir also?“, frage ich genervt.

Denn mal ehrlich – er stand nur rum, hat Anweisungen verteilt und irgendwelche Kontrollgänge gemacht.

Von Wir kann hier also nicht die Rede sein.

„Warum so empfindlich? Ich habe hier noch ein bisschen mehr zu tun.“

Mit einem Packen buntem Papier in seiner Hand wedelt er aufdringlich.