Phoenix's Venom - Kiki Wally - E-Book

Phoenix's Venom E-Book

Kiki Wally

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Beschreibung

"Downtown Detroit gehört mir. Jeder hier respektiert und fürchtet mich. Ich kenne jeden, der hier ein und aus geht. Doch du bist nicht von hier. Du wirkst verschlossen. Deine Schultern sind angespannt. Deine Augen sind nie nur nach vorne gerichtet. Sie scannen deine Umgebung. Du erwartest, dass jemand kommt. Und doch läufst du erhobenen Hauptes. Du hast keine Angst. Du bist bereit. Wen auch immer du erwartest- mich sicher nicht, Mariposa. Eisen ist die Schwäche eines Phönix und du bist meine - viel zu sehr." Mila kehrt nach Jahren nach Detroit zurück. Es ist der einzige sichere Ort, der ihr bleibt, damit sie und ihre Geheimnisse hoffentlich sicher sind und ihr Exfreund sie niemals findet. Doch in Detroit muss sie sich neuen Herausforderungen stellen. Sie braucht schnellstmöglich einen Job, um das alte Haus ihrer Eltern wieder auf Vordermann zu bringen und ein gutes Leben führen zu können. Sie wird auf einen Club namens Poison aufmerksam, wo sie sich eines Nachts als Kellnerin bewirbt und engagiert. Damit erweckt sie die Neugier des Besitzers, der ihr nicht einen Schritt über den Weg traut und sie trotzdem in seiner Nähe wissen will. Er will wissen, wer sie ist- selbst dann, wenn sie zu seinen Feinden gehört.

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Seitenzahl: 294

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Vorwort:

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Epilog

Meet my Instagramaccount

Kommende Projekte

Weitere Bücher von Kiki Wally

Impressum

Vorwort:

Dieses Buch ist für alle, die schon einmal an eine falsche Person geraten sind.

Dieses Buch ist für die, die in ihrem Leben schlimme Schicksale hinnehmen mussten – sei es von Geburt an oder weil ein anderer sie ihnen zugefügt hat.

Dieses Buch ist für jene, die deswegen glauben, allein zu sein und sich allein durchkämpfen müssen.

Dieses Buch ist für dich.

Denn dort draußen wird es immer jemanden geben, der dich an die Hand nimmt und dich genau wegen deiner Imperfektion liebt – weil du so bist, wie du bist.

Kapitel 1

- Brooklyn

Das Geräusch des alten Ford Capri Motors röhrt durch die Nacht und der Auspuff gibt ein paar ächzende Geräusche von sich. Ich sehe ein allerletztes Mal an der sauberen Backsteinfassade des Apartmentgebäudes hoch.

Hoch zu unserem Wohnzimmerfenster, hinter dem die Dunkelheit liegt.

Genauso, wie ein vollgedröhnter Jamal, der keine Ahnung hat, dass ich meine Drohungen endlich in die Tat umsetze.

Und der keine Ahnung hat, dass ich dafür sein Auto klaue und dafür keinerlei Reue empfinde.

Schon lange hat dieses Auto keine Seriennummer mehr und dank meinem Cousin, der einen Block weiter in einer Autowerkstatt arbeitet, hat das Fahrzeug nun neue Kennzeichen und eine neue Seriennummer.

Jamal kann sich also von seinem heißgeliebten Frauenmagneten in schwarz-roter Lackierung verabschieden – denn es gehört jetzt mir. Das ist das Mindeste, was dieser Schlappschwanz mir schuldig ist, obwohl ich das Interieur gerne ausräuchern würde - denn sicherlich befinden sich in irgendwelchen Ritzen noch Reste von Kokain und Heroin.

Ich kann nur hoffen, dass mich niemand aus seiner erbärmlichen Drogengang beobachtet, die dieses familienfreundliche Viertel mit ihrem chemischen Gepansche verseuchen.

Ein familienfreundliches Viertel, von dem ich dachte, dass es das wilde und ungestüme Wesen von Jamal zähmen könnte, nachdem ich erfahren hatte, dass ich schwanger war. Doch allen Versprechungen zum Trotz hat sich zwischen uns nichts geändert. Im Gegenteil – es ist über die Jahre schlimmer geworden.

Vor elf Jahren war ich mit meinem Dad nach Brooklyn

gezogen, nachdem meine Mum nach jahrelanger Krankheit endlich Frieden gefunden hatte. Mein Dad hatte einen neuen Job angenommen, ohne mit mir darüber zu sprechen und hatte mich einfach von Detroit hierher verfrachtet. Seitdem steht unser altes Haus leer – denn das ist eine Sache, die er nicht über sein Herz bringen konnte: Unser Zuhause an jemand anderen zu verkaufen.

In Brooklyn hatte ich schnell einen Kellnerjob in einer Bar gefunden, genauso wie ein paar Bekanntschaften.

Zu diesen Bekanntschaften zählte auch Jamal, der jeden Abend mit seiner Gang, wie er sie immer nannte, in der Bar aufschlug. Meine Alarmglocken hätten bei ihm alle schrillen und mich warnen müssen, doch dank seiner rauen Art bekam ich ein stückweit das Gefühl von Heimat.

Brooklyn ist eher ruhig. Auch hier gibt es Ecken, in denen man sich besser nicht herumtreiben will, aber es ist in keinster Weise mit Detroit zu vergleichen. Ich bin von den Menschen und den Straßen anderes gewohnt und auch, wenn Brooklyn ein guter Ort ist, um zur Ruhe zu kommen und sich fallen zu lassen, konnte ich es nie hinter mir lassen, dass Detroit in mir weiterlebt.

Damals machte Jamal mir schnell Avancen - ich verliebte mich unsterblich in ihn.

Wenn ich heute darauf zurückblicke, glaube ich, dass das nur geschehen ist, damit ich mich über den Verlust meiner Mum und den einhergehenden Schmerz hinwegtrösten konnte.

Ich zog zu ihm und zwei Jahre später wurde ich ungewollt schwanger, weil die Pille aufgrund eines Magendarminfektes versagt hatte. Jamal wollte keine Kinder. Auch ich war zu diesem Zeitpunkt nicht annähernd so weit, dass ich mir eine Mutterrolle zugetraut hätte. Doch der Zeitraum, in dem eine Abtreibung unbedenklich gewesen wäre, war verstrichen, nachdem mir bei meinem ersten Frauenarztbesuch nach dem Schwangerschaftstest mitgeteilt wurde, dass ich bereits im vierten Monat war. Ich hatte nicht aufgepasst.

Mein Leben bestand nur aus Stress, Kopfschmerzen und Angst. Stress mit Jamal, der nicht aufhören konnte, Drogen zu konsumieren und ständig aus der Haut zu fahren, Angst um meinen Dad, dessen Gesundheit auch anfing, flatterhaft zu werden und Kopfschmerzen, weil ich Nächte lang wach lag und meine Gedanken kreisen ließ.

Bereits in der Schwangerschaft wollte ich mich von Jamal trennen. Knapp zwei Monate hatte ich bei meinem Dad gewohnt, bis Jamal wie ein geprügelter Hund zurückkam, mit den Worten, dass er sich ändern wolle für unser Kind und er ein Apartment weiter Uptown gekauft habe. Und mein hormongesteuertes Herz hatte ihm verziehen.

Anfangs hatte er sich wirklich zusammengerissen. Dann fing er wieder an, nachts heimlich Drogen zu konsumieren. Sein Verhalten wurde immer ausschweifender und die Wahrheit war: er hatte sich nie ändern wollen. Doch aus irgendeinem Grund wollte er mich weiter an sich binden.

Die Jahre vergingen, in denen unser Sohn geboren wurde und wir feststellten, dass gesundheitlich etwas nicht stimmte. Natürlich war für Jamal klar, dass ich daran Schuld war – denn ich hatte ja nicht aufgepasst.

Er wurde mit einer Gehörlosigkeit geboren, weshalb er auch das Sprechen nicht erlernen konnte. An meinen freien Wochenenden besuchte ich deshalb einen Abendkurs an einer Hochschule, um die Gebärdensprache zu lernen. Jamal sah es natürlich nicht ein, weshalb er die Sprache ebenfalls für seinen Sohn lernen sollte.

Seine Kindheit war und ist immer noch schwer und Jamal machte es noch schwerer. Wie zum Beispiel an jenem Tag, an dem unser Sohn fast mit einer benutzten Heroinnadel spielte.

Jamal wurde immer gewalttätiger. Tagelang blieb er teilweise von zu Hause fern, doch wenn er wieder kam, war er wie ein provoziertes Raubtier, was um sich schlug und zuschnappte.

Und als wenn diese Abwärtsspirale mich nicht ohnehin schon mit sich reißen würde, starb vor einem Jahr mein Dad. Ich hatte nichts mehr hier, an was ich mich klammern konnte.

Außer meinen Sohn – er war das einzige Gute und Wertvolle, was mir dieser Nichtsnutz mit seinen Lenden beschert hatte.

Und was unseren Sohn Liam anging, würde ich ihn auch niemals mehr in meinem Leben missen wollen.

Das einzig Gute an Liams Erkrankung ist, dass er unsere ausschweifenden Streitigkeiten nicht mitbekommt, wenn er nicht im gleichen Raum ist. Auch hat er keine wirkliche Bindung zu Jamal aufgebaut, weil dieser sich nicht für die Kommunikation mit seinem eigen Fleisch und Blut interessiert.

Ich sehe in den Rückspiegel und schaue auf genau dieses zauberhafte Wesen, welches friedlich eingehüllt in seiner Supermanwolldecke auf dem Rücksitz schläft. Sein linker Arm liegt über der Decke und ist eingewickelt in einem Verband. Denn heute war der Tag der Tage, an dem Jamal zu weit gegangen ist.

Ich bin seine körperlichen Ausraster gewohnt, doch Liam hat er niemals angerührt – bis heute.

Mit Absicht hat er ihm eine brühendheiße Tasse Kaffee über den Arm gekippt, sodass ich mit Liam ins Krankenhaus musste. Als wir wieder nach Hause gekommen sind, war Jamal weg und für mich war klar: Jetzt oder Nie.

Ich habe alles Nötige zusammengepackt und in unserem Keller versteckt. Gerade noch rechtzeitig, als Jamal abends wieder in der Tür stand und mir aus Frust auf sich selbst eine verpasste.

Mein Blick zuckt von Liam weg und ich betrachte das lilane Veilchen an meinem Auge. Er hat nicht richtig getroffen, weshalb nur der äußere Rand am Auge, nahe der Schläfe, verfärbt ist und doch steht es wie eine Leuchtreklame in meinem Gesicht.

Eine Leuchtreklame, die mich daran erinnert, wie dumm ich gewesen bin, all das in den letzten Jahren mitzumachen.

Und jetzt nehme ich neun Stunden in der Nacht auf mich, um dahin zurückzukehren, woher ich gekommen bin:

Detroit. Meine Heimat. Meine Liebe.

Als mein Vater gestorben ist und ich mich darum gekümmert habe, dass seine Wohnung leergeräumt wird, habe ich alle Papiere sowie die Schlüssel von unserem alten Haus an mich genommen. Auch sie habe ich im Keller versteckt.

Denn aus irgendeinem Grund habe ich Jamal nie erzählt, dass wir nicht schon immer in Brooklyn gelebt haben. Vielleicht, weil ich tief in mir wusste, dass ich irgendwann einen sicheren und bekannten Ort brauchen würde, wenn meine rosarote Brille endlich fällt und ich von ihm wegkommen muss.

Und nach all den Jahren kehre ich nun in unser altes Haus zurück. Ich habe keine Ahnung, in welchem Zustand es sich befinden wird oder ob sich irgendwelche Tiere oder Obdachlose darin breit gemacht haben. Aber es ist die einzige Chance, um hoffentlich nicht von Jamal gefunden zu werden.

Für Liam hätte ich mir gewünscht, dass er seine Freunde in Brooklyn nicht verliert und weiterhin auf die Elementary School Uptown gehen kann, da dort Kinder mit einer Behinderung besonders gefördert werden.

In Detroit gibt es Downtown auch eine Schule mit Inklusionsklassen – nur ist es dort bei weitem nicht so sozial und hygienisch, wie hier in Brooklyn.

Ich hoffe, dass mein Sohn damit zurecht kommen wird.

Und ich hoffe, dass wir uns gemeinsam dort ein Leben aufbauen können, ohne Jamal jemals wieder zu begegnen.

Kapitel 2

- Detroit

Das Poison ist wie jede Nacht gut besucht und kaum bekleidete Körper reiben sich aneinander und genießen die Musik. Genau in dem Zustand will ich meinen Laden sehen: fast ausgebucht, feierwütige Menschen und ein Drink nach dem anderen, der über die Theke geht.

In meinem Ledersessel lehne ich mich zurück und strecke die Beine auf dem Schreibtisch aus, auf dem ich die Knöchel überkreuze.

Eine Zigarette qualmt in meinem Mundwinkel, während ich die Monitore überschaue und mir das nächtliche

Treiben in meinem Club ansehe.

Die Tür in meinem Rücken geht auf und wortlos stellt Brandy mir einen Long Island Ice Tea hin, bevor sie sich wieder zurückzieht.

Sie ist die Barchefin und arbeitet schon am längsten bei mir. Deshalb weiß sie auch, wann ich in der Stimmung bin, gestört zu werden und wann nicht.

In dem Getränk schwimmt eine Zitronenscheibe und jede Menge Eiswürfel. Das Glas schwitzt von außen und tropft die gesamte Holzplatte voll, denn seit zwei Wochen hat die Hitzewelle Detroit fest im Griff.

Selbst in der Nacht sind es noch fucking dreißig Grad und die Klimaanlage in unserem Laden ist nicht die Beste.

Das einzige Gute daran ist, dass die Leute genau deswegen einen Drink nach dem anderen in sich reinkippen müssen, damit man nicht auch noch von innen komplett verbrennt.

Von der Madison Street bis zur Ecke der Gratiot Ave gehört mir fast jeder Laden.

Ich kenne jeden, der bei uns ein und aus geht.

Jedes Gesocks, welches sich in Downtown Detroit wohlfühlt.

Ich bin hier der König und werde von jedem akzeptiert und respektiert.

Mir fällt sofort auf, wenn jemand nicht von hier kommt oder sich in meinem Club herumschleicht.

Meine Männer und ich, die den Fire Wings angehören, eine Gang, die sich über die Jahre hinweg gebildet hat und nun gefürchtet wird, sorgen für Ordnung in Detroit.

Wir kümmern uns um den Schmutz, der nicht hierher gehört.

Und doch ist es genau der Dreck, in dem wir uns wohlfühlen.

Aber nur der eigene, über den wir die Kontrolle haben.

Unser Ruf wird als geheimnisvoll beschrieben. Niemand weiß wirklich, was unsere Geschäfte sind und welche Deals wir gegen Bezahlung annehmen.

Niemand weiß, womit wir uns die Hände schmutzig machen.

Aber es ist egal, ob es eben nur Dreck ist oder auch Blut, was an unseren Händen klebt – wenn die Schicksale und Banknoten stimmen, erledigen wir den Job.

Und das ist genau der Grund, weshalb wir von rivalisierenden Gangs gehasst werden.

Sie können uns nicht einschätzen und trotzdem unternehmen sie immer wieder den billigen Versuch, uns über den Tisch zu ziehen.

Dabei ist unser Hauptgeschäft ganz einfach – wir betreiben einige Lokalitäten.

Und nebenbei dealen wir zeitweise mit teurem Schmuck und Waffen.

Alle anderen bekommen es nur hin, bei irgendwem schlechte Ware zu kaufen und irgendwelchen Süchtigen schlecht produziertes Kokain anzudrehen.

Auch dieser Leute nehmen wir uns gerne an – Leute, die Menschen in den Abgrund reißen. Die dafür sorgen, dass Menschen elendig verrecken, weil sie Glassplitter oder anderes brutales Zeug in ihre Drogen mischen.

Mein Club ist sauber – genau wie alle anderen Etablissements.

Sollte ich hier auch nur einen einzigen sehen, der sich auf der Toilette heimlich eine Line reinballert oder eine Spritze setzt, breche ich ihm das Genick höchstpersönlich.

Sollte ich jemanden sehen, der in einer meiner Läden mit Drogen dealt, frisst er meine Faust.

Selbstverständlich kann ich nicht alles im Blick haben, weshalb fünf Männer der Fire Wings meine Geschäftspartner sind. Sechs weitere sind sowas wie unsere Mädchen für alles, die aber genauso respektiert und loyal behandelt werden, wie alle anderen auch.

Paxton ist der Boss von unserem Stripclub Heels of Wings.

Owen ist der Inhaber der Cocktailbar Wingsflavour.

Colt gehört die Bar Fire Guns, die mittlerweile tagsüber ein Café ist, welches ein Frühstücksbuffet anbietet. Denn seit einem Jahr ist er mit Tiffany verheiratet, die diese Idee umsetzen wollte.

Und wieso sollte ich etwas dagegen haben, dass wir nun auch tagsüber Umsatz machen und nicht nur nachts.

Omar ist der Boss unseres Casinos Lucky Wings am Straßenende und unser Countryclub Fire Fly, der ungefähr nur ein Drittel der Fläche des Poisons hat und welches im Gegensatz dazu nur harte Elektrobässe spielt, gehört Emerson.

All diese Etablissements geben durch ihre Namen zu erkennen, dass sie zu uns gehören.

Die Fire Wings sind überall vertreten, soweit das Auge reicht.

Jaylen, Hudson, Cade, Logan, Luke und Derek sind die Männer, die uns den Rücken freihalten und das Leben einfacher machen.

Aber wenn es um die richtige Drecksarbeit geht, packt jeder von uns mit an.

Einzig und allein das Poison ist mein persönlicher Mittelpunkt und dieser Name hat für mich eine tiefreichende Bedeutung, weshalb es im Namen kein Erkennungszeichen für die Gang trägt.

Doch auch hier findet man an den Wänden den königlichen Phönix, der in roten, lilanen und orangenen Neontönen die Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Wieder geht in meinem Rücken die Tür auf und mein Augenlid fängt an zu zucken.

Kann man in diesem Laden eigentlich nicht einmal seine fucking Ruhe haben und einen Drink genießen?

Doch mit einem Blick auf die Monitore stelle ich fest, dass Brandy und alle weiteren Angestellten versuchen, dem Tumult im Club Herr zu werden, als Logan sich auch schon mit seiner massigen Gestalt in den zweiten Ledersessel neben mir fallen lässt.

„Schon mal was von Anklopfen gehört?“, brumme

ich.

Seine hellgrauen Augen funkeln belustigt, während er sich mit seinem Springmesser imaginären Dreck unter den Fingernägeln entfernt.

„Was geht, Nash? Schon heiße Bräute gesichtet?“

Mit dem Messer zeigt er kurz zu den Bildschirmen, bevor er sich wieder seinen Fingernägeln widmet.

Bei dem Namen stellen sich meine Nackenhaare auf. Niemand nennt mich so.

Niemand darf mich so nennen.

Logan ist der Einzige, bei dem ich noch gerade so ein Auge zudrücke und ihn nicht aus dem Sessel rausprügle, weil er mein ältester Freund ist.

Und mein Bruder Nathan.

Aber das ist eine andere Geschichte und eine intensivere Bindung, an die ich nicht so lange denken darf, denn ich

habe ihn nun seit drei Jahren nicht mehr gesehen.

„Du weißt, dass ich auf diesen Namen nicht höre.

Und auch, dass ich ihn nicht hören w i l l. Kapiert? Übertreib es nicht, Logan.“

„Ich wollte dich bloß ein bisschen ärgern, dafür, dass

du mit deinem faulen Arsch hier rumhängst und Cocktails schlürfst, während ich durch die Hitze renne und einen von den Lawless verfolge. Also reg dich ab, Phönix. Klingt das besser?“

Breit grinst er mich an und ich habe wirklich Lust, ihm dieses verfickte Messer aus der Hand zu schlagen.

Phönix – das ist mein Name.

Darunter bin ich überall bekannt.

Denn in meinem Leben gab es einen Wendepunkt, an dem ich es gerade so geschafft habe, wie Phönix aus der Asche aufzuerstehen.

Seitdem habe ich Nash hinter mir gelassen.

„Und außerdem – wie kann es sein, dass ich keinen

eisgekühlten Drink habe?“

Mit hochgezogener Braue werde ich taxiert, immer noch dreckig grinsend, während ich genervt schnaufe.

Ich drücke auf den Knopf der Anlage, über die die Headsets verbunden sind.

„Hey Brandy, ich brauche hier hinten einen zweiten

Long Island.“

Über die Kameras sehe ich, wie sie sich ans Ohr fasst, um mich besser verstehen zu können und anschließend die Augen verdreht.

„Dafür solltest du sie hart rannehmen“, bemerkt

Logan, der es ebenfalls gesehen hat.

„Du weißt, dass ich nicht mit Angestellten ficke.“

„Ich kann es für dich machen, wenn du willst.“

„Tu, was du nicht lassen kannst. Aber wehe, sie heult mir danach die Ohren voll.“

Aber da auf Brandy Verlass ist, mixt sie sofort den Drink und kommt mit strammen Schritten nach hinten gelaufen.

Diesmal klopft sie und ich brumme willkürlich irgendwas, damit sie eintreten kann.

Sie wirft Logan eines ihrer charmantesten Lächeln zu und überreicht ihm den Cocktail.

Alle angestellten Frauen werfen hin und wieder heimlich ein Auge auf einen der Fire Wings, doch auch sie wissen, dass diese Beziehungen tabu sind.

Und hin und wieder wird darauf geschissen, so wie bei Colt und Tiffany, die dem Ganzen noch mit Ringen und einem Ehevertrag die Krone aufgesetzt haben.

„Und konntest du was rausbekommen?“, frage ich

Logan, nachdem Brandy uns wieder allein lässt.

„Sie planen auf jeden Fall etwas. Seit sechs Abenden

treibt der Typ sich vor dem Lucky Wings rum und fährt danach zurück ins gleiche Viertel, zu dem gleichen Haus, wo offenbar ihr Treffpunkt ist. Denn seine private Adresse habe ich bereits und die ist nicht an besagtem Haus.“

„Schon ´ne Idee, was es sein könnte?“

„Bisher streift er nur herum. Aber sie werden es sicherlich wieder mit einem Feuer oder einer Kofferbombe versuchen.“

So kennt man die Lawless. Egal, wie oft eine ihrer miserablen Versuche schief geht – sie sind nicht in der Lage, sich mal was Neues einfallen zu lassen.

„Beobachte weiter und halt erstmal die Füße still.

Wir werden schon noch früh genug erfahren, was diese Blindgänger vergeblich planen.“

Kapitel 3

- Detroit

Im Morgengrauen erreichen wir endlich das Haus meiner Eltern. Die Fahrt hierher hat mich drei Spazierstopps und fünf Kaffee gekostet, damit ich hinter dem Lenkrad nicht einschlafe.

Aber unter keinen Umständen wollte ich Zeit verlieren und meine Spur so gut verwischen, wie es geht.

Zwischenzeitig bin ich sogar Umwege über kleine Dörfer gefahren, obwohl davon auszugehen ist, dass Jamal immer noch bis oben hin vollgepumpt ist und noch gar nicht bemerkt hat, dass wir nicht mehr da sind.

Vermutlich wird er denken, dass ich Liam zur Schule bringe – nur, dass ich diesmal nicht zurückkomme.

Liam hat die ganze Fahrt über durchgeschlafen. Selbst, als ich zwischenzeitig ausgestiegen bin und ein paar Runden um das Auto gedreht habe, ist er nicht aufgewacht.

Das zeigt wieder einmal mehr, wie fertig ihn der Vorfall mit seinem Versagervater macht.

Ich fahre mit dem Wagen in die Einfahrt und bleibe halb auf dem Gehweg stehen, denn der linke, vordere Pfosten des Carports ist gebrochen und das Dach eingestürzt.

Die erste Sache auf meiner Liste, die hier repariert werden muss.

Ich sehe zum Haus, dessen dunkelbraune Fassade von der Sonne über die Jahre ausgeblichen ist und nur noch ein beige hergibt.

Die Fenster sind nach wie vor von innen mit Pappkarton abgeklebt und auch die Haustür sieht verschlossen aus, was aber nicht bedeutet, dass sich nicht doch jemand Zutritt verschafft haben könnte.

Vorsichtig schnalle ich mich ab und steige aus. Die Tür drücke ich zaghaft ins Schloss, um Liam nicht zu wecken und schließe ab.

Ich muss mir erst einen Überblick verschaffen.

Mit einem Griff an meine Hüfte vergewissere ich mich, dass ich den Revolver von meinem Dad auch wirklich im Hosenbund trage.

Eine weitere Sache, die ich aus seiner alten Wohnung mitgenommen habe.

Ich hoffe, dass ich sie nicht benutzen muss, aber in diesem Viertel in Downtown Detroit kann man sich nie sicher sein.

Noch schläft auch Detroit und im Augenblick wirkt es ruhig und friedlich – doch der Schein trügt.

Ruhigen Schrittes umrunde ich das Haus. Auch an den Seiten wirkt alles ganz normal, doch als ich durch das Tor in den Garten gehe, entdecke ich die offenstehende Terrassentür. Ein Loch wurde in die Scheibe geschlagen und anschließend sicherlich der Hebel umgelegt und die Tür geöffnet.

Ich bleibe stehen und versuche, durchzuatmen.

Ich komme von hier.

Ich habe keine Angst.

Nichts ist schlimmer, als ein gewalttätiger Vater, der seine Frau und sein Kind misshandelt.

Egal, was es ist oder passiert – ich werde es händeln können.

Ich trete durch die offene Tür und die Glassplitter der zerbrochenen Scheibe knirschen unter meinem Schuh.

Auf dem Sofa liegt ein fleckiger, übelriechender Schlafsack.

Wie es scheint, hat ein Obdachloser hier gehaust.

Der Pizzakarton auf dem Wohnzimmertisch, mit zwei verschimmelten Stücken Pizza, auf denen nur noch ein dunkelgrüner Pflaum zu erkennen ist, lässt allerdings darauf schließen, dass dieser jemand nicht mehr hier ist.

Ich durchlaufe das Erdgeschoss und prüfe jeden Raum, bevor ich in das Obergeschoss laufe und auch die beiden Schlafräume kontrolliere.

Erleichtert stelle ich fest, dass ich allein bin.

Im Moment droht mir und Liam keine Gefahr.

Hier oben sind nach wie vor alle Möbel mit weißen Laken abgedeckt.

Demjenigen, der einen Schlafplatz gebraucht hat, hat offenbar das Sofa ausgereicht.

Ich laufe zum Auto zurück und entriegle den Wagen. Neben Liam lehne ich mich auf die Rückbank und streiche leicht über seinen Kopf, um ihn zu wecken.

Er scheint immer noch tief zu schlafen, denn als er endlich aufwacht, sieht er mich mit schreckgeweiteten Augen an.

Der Blick geht mir durch Mark und Bein.

Innerlich hasse ich mich noch etwas mehr dafür, dass ich ihm das angetan habe.

Dass ich nicht stark genug war, um Jamal früher den Laufpass zu geben.

Dass ich nicht dafür sorgen konnte, dass er unbeschwert aufwächst.

Dass ich nicht dafür sorgen konnte, dass er einen liebenden Dad hat, der mit ihm Hausaufgaben macht und mit ihm Fußball spielen geht.

„Alles in Ordnung. Wir sind da.“, zeige ich ihm.

Mit geducktem Kopf sieht er aus dem Fenster und beäugt kritisch das alte, etwas marode Haus, bevor er mich vorwurfsvoll ansieht.

Er bringt mich damit zum Lachen, denn mir ist völlig klar, dass er so eine Umgebung nicht kennt und mich für verrückt hält.

„Du wirst sehen – es wird schön werden. Wir machen es uns gemütlich. Hier habe ich als Kind gewohnt. Es steckt viel Erinnerung darin.“

„Wo sind wir hier?“, deutet er und gähnt ausgiebig.

„Detroit.“

„Detroit? Wie in den Hip Hop Filmen? Das ist cool.“

Nun weicht die Skepsis einem aufgeregtem Glanz in seinen Augen. Er wickelt sich aus der Supermanwolldecke und schnallt sich ab, bevor er aussteigt und die Straße rauf und runter sieht.

Ich habe ihm gesagt, dass wir wegfahren und an einen Ort fahren werden, der mir viel bedeutet.

Aber nicht, wo dieser Ort ist.

„Grandpa‘s Haus?“, fragt Liam und zeigt zum Haus.

Schwach nicke ich.

Wie schön es wäre, wenn mein Dad hier wäre und wir alle zusammen hier wohnen könnten.

Ich öffne den Kofferraum und winke meinen Sohn zu mir heran. Gemeinsam tragen wir ein paar von den Taschen in den Garten und treten durch die offene Terrassentür ein.

Als Liam den Schlafsack entdeckt, hält er sich die Nase zu und wedelt mit der anderen Hand durch die Luft.

Mit zwei Fingern ergreife ich den dreckigen Stoff und schmeiße ihn in den Garten. Und in diesem Moment wird erst offenbart, dass der Eindringling das Sofa auch als Toilette genutzt haben muss.

Die Galle kriecht mir den Hals hinauf und ich kann ein Würgen nicht unterdrücken, worüber mein achtjähriger Sohn mit seiner großen Zahnlücke sich köstlich amüsiert und mich nachmacht.

„Das Sofa muss hier raus.“, zeige ich und fasse unter die rechte Kante. Liam eilt sofort herbei und fasst mit an.

Wir verfrachten das Sofa in den Garten.

Hauptsache raus aus dem Haus.

Um alles Weitere kann ich mich später noch kümmern.

„Nimm deine Taschen und geh nach oben. Links ist dein Zimmer. Du kannst es dir herrichten, wie du möchtest, Schatz.“

Sanft lächle ich meinen Sohn an und er kommt zu mir herüber, bevor er die Arme um meine Hüfte schlingt und seinen Kopf gegen meine Brust drückt.

Ich atme seinen vertrauten Duft ein und schließe einen Moment die Augen.

„Wir sind jetzt in Sicherheit, oder?“, fragt er, als er sich nach ein paar Minuten von mir löst.

Wieder bringe ich nur ein schwaches Nicken zustande und Liam lächelt mich breit an.

Dann nimmt er beschwingt seine Taschen und poltert die Treppen nach oben.

Mein Herz fühlt sich unheimlich schwer in meiner Brust an. Und die Tränen, die sich ihren Weg bahnen, kann ich nicht aufhalten.

Ich lasse einen Moment der Schwäche zu und setze mich auf einen der Küchenstühle, die neben der angrenzenden Küchenzeile im Wohnzimmer stehen.

Wir sind in Sicherheit.

Ich werde so gut es geht dafür sorgen.

Ab jetzt heißt es nur noch wir Zwei.

Ich werde keinen Mann mehr in mein Leben lassen.

Ich werde voll und ganz meine Mutterrolle übernehmen.

Nicht noch einmal werde ich meinen Sohn in Gefahr bringen.

Die einzigen Menschen, die aktuell in unser Leben treten dürfen, sind der ehemalige beste Freund meines Dads und seine Familie.

Mein Dad hatte all die Jahre immer Kontakt mit ihm.

Nach wie vor wohnt Henry nur zwei Blocks weiter.

Deswegen habe ich ihm nach dem Tod meines Dads einen Brief zukommen lassen und aus dem Ganzen entstand eine Art Brieffreundschaft, bis wir schließlich Nummern austauschten, auch wenn wir uns eigentlich noch von früher kennen, als ich noch ein Teenager war.

Irgendwann schrieb er mir, dass einer seiner Enkel auch gehörlos sei.

Es war ein weiterer Wink des Schicksals.

Denn bei ihm und seiner Familie konnte ich Unterstützung finden und einen Ort, an dem Liam sich hoffentlich wohlfühlt, weil sie sich untereinander verständigen können.

Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche und wähle Henrys Nummer, die ich sicherheitshalber unter dem Namen Linda gespeichert habe.

Jamal war immer schon eifersüchtig.

Ich habe ihn nie dabei erwischt, wie er mein Handy

ausspioniert hat, aber ich bin mir sicher, dass er es getan hat.

„Hey Mila, seid ihr gut angekommen?“, begrüßt Henry mich nach ein paar Sekunden am anderen Ende der Leitung.

„Hey, ja..die Fahrt war anstrengend. Aber alles in Ordnung. Mit dem Haus soweit auch.“

„Soll ich mit meinem Sohn vorbeikommen?“

„Nein..nein. Wir kommen erst einmal an und richten uns etwas ein. Aber ich würde später gerne vorbeikommen und euch Liam vorstellen. Und ich würde gerne auf dein Angebot zurückkommen, dass ihr vielleicht ab und an auf ihn aufpasst.“

„In Ordnung, Mila. Mach dir keine Sorgen. Komm einfach vorbei.“

„Okay, bis dann.“

Mit einem mulmigen Gefühl beende ich das Gespräch.

Es fällt mir unfassbar schwer, anderen Menschen zu vertrauen, nach allem, was passiert ist.

Aber Henry war nicht umsonst der beste Freund meines Dads und er ist aktuell die einzige Bezugsperson, die ich habe.

Ich werde nachher durch meine alte Gegend fahren und sehen, was sich in den letzten Jahren getan hat. Und dann muss ich unbedingt die Augen offen halten, ob ich einen Club oder eine Bar finde, in der ich einen Job bekommen kann.

Ich habe Jamal nicht nur um sein Auto betrogen, sondern auch um Geld, mit dem Liam und ich ungefähr eine Woche über die Runden kommen können.

Wenn ich gut haushalte, vielleicht auch etwas länger.

Doch noch bevor diese Woche um ist, sollte ich dringend einen Job gefunden haben.

Ich werde es wie sonst auch machen.

Nachts arbeiten, wenn Liam schläft.

Wenn er zur Schule geht, schlafe ich.

Und wenn er zurückkommt, verbringen wir etwas Zeit zusammen.

So, wie ich es schon mein Leben lang mache.

Ein Beruf, der an die Schulzeit von Liam angepasst ist, wäre sicherlich vorteilhafter. Aber ich habe keine vernünftige Schulbildung oder eine Ausbildung, die ich vorweisen kann.

Und im Nachtleben bekommt man immer einen Job, solange man vernünftig arbeitet, nett zu den Kunden ist, egal, wie betrunken sie sind und keine Gläser fallen lässt.

Kapitel 4

- Detroit

Die letzte Nacht war lang.

Das sind sie immer und ich liebe es.

Ich strecke mich ausgiebig in meinem Lederbett, bevor ich mich aus den Laken schäle.

Es ist bereits Nachmittag, aber heute stehen keine Termine an. Außer, dass ich die Buchhaltung von gestern Abend nachholen muss.

Irgendwas ist ja immer.

Ich bin in meinem Büro mit Logan versackt und Brandy konnte uns einen Long Island nach dem anderen bringen. Irgendwann habe ich von ihr nicht mehr als ein Fick Dich bekommen und die Drinks blieben aus.

Vermutlich war das auch besser so.

Ich steige die Stufe an meinem Podest hinunter, auf dem mein Bett steht und laufe durch das offene Loft, welches direkt über dem Poison liegt.

Man könnte glauben, dass die Bässe des Clubs nachts durch die Decke dröhnen – aber hier ist es still.

Denn dort, wo ich laute Musik begrüße, benötige ich in meinen eigenen vier Wänden Stille.

Als die Fire Wings das Gebäude damals gekauft haben, haben wir alles neu schallisoliert und saniert.

Während der Kaffee durch den Vollautomaten läuft und das feine Aroma der Bohnen sich in der Luft verteilt, checke ich meine Nachrichten.

Auch hier nichts Aufregendes, außer im Gruppenchat.

Heute Abend ist Party angesagt.

Die Fire Wings finden sich im Poison zusammen.

Wie ich bereits sagte: keine Termine.

Ich schicke nur einen Bieremoji, weil ich kurz nach dem Aufstehen wirklich keine Lust auf eine fucking Unterhaltung habe.

Dann nehme ich die Tasse unter den Einspritzdrüsen hervor und stelle mich an die große Fensterfront, um die Madison Street zu überblicken.

Unsere Lokale haben geschlossen – außer das Fire Guns. Hier herrscht immer noch geschäftiges Treiben, denn das Frühstücksbuffett, an dem es auch einige warme Speisen gibt, geht bis 16.00 Uhr.

Eben genau richtig für Nachteulen, wie wir es sind.

Alle Tische, die auf dem breiten Gehweg stehen, sind besetzt und die Leute rekeln sich bei Rührei und Kaffee in der Sonne.

Ein Blick auf das Thermometer, welches außen an der Backsteinmauer hängt, zeigt 33 Grad.

Im Poison wird es Zeit, dass wir im Kellergeschoss den Pool eröffnen.

Aber darum werde ich mich später kümmern.

Ich weiß jetzt schon, dass Brandy fluchen wird, wieder im Bikinioberteil und Hotpan servieren zu müssen.

Aber wir bieten exklusive Partys und dazu noch eine Abkühlung. Die Outfits der Girls müssen stimmen.

Auch, wenn wieder reichlich Männer sabbern werden – Sex sells.

Bei uns sind die Girls immer sicher.

Hier gilt n u r g u c k e n, n i c h t a n f a s s e n.

Oder jemand verliert seine Hand.

Nur im Stripclub Heels of Wings gelten ein paar andere Regeln.

Einige Autos fahren durch die schmale Madison Street.

Doch eines erregt meine Aufmerksamkeit.

Ein schwarzer Ford Capri mit roten Streifen fährt langsam durch die Straße.

Zu langsam.

Ich erkenne nicht, wer am Steuer sitzt, aber die rotmanikürten Fingernägel und der goldene Schmuck, der in der Sonne funkelt, lassen auf eine Frau schließen.

Das Kennzeichen stammt aus Detroit – aber ich kann mich nicht erinnern, es jemals gesehen zu haben.

Genauso wenig, wie das Auto.

Zu allem Überfluss bleibt der Wagen mitten vor dem Poison stehen.

Genervt stelle ich die Kaffeetasse ab und stütze mich mit beiden Händen gegen das Fenster.

Meine Oberarmmuskeln sind angespannt und meine Kiefer aufeinander gepresst.

Die Fahrertür geht auf und eine Frau steigt aus.

Eine fremde Frau.

Ein schlanker Körper kommt in geschmeidigen Schritten um den Wagen herum, gehüllt in ein weißes enges Kleid mit dünnen Trägern, welches nur knapp über ihren Arsch geht.

Wilde blonde Locken in einem Zopf hüpfen bei jedem Schritt, genauso wie ihre Brüste.

Von hier oben wird ein verboten tiefer Einblick in den Ausschnitt geboten.

Die weißen abgewetzten Sneaker zerstören ein wenig das Bild dieser unbekannten Frau.

Sie tritt so nah an das Poison heran, dass ich sie nicht mehr sehen kann.

Allerdings erkenne ich in der Spiegelung des Autos, dass sie mit beiden Händen an der Scheibe lehnt und hineinschaut.

Wer ist sie?

Woher kommt sie?

Schickt sie jemand von den Lawless?

Das wäre äußerst dumm am helllichten Tag – besonders, weil gegenüber im Café reger Betrieb herrscht.

Sie tritt von der Scheibe zurück, dreht sich zum Auto und zeigt jemandem Daumen hoch.

Durch die getönten hinteren Scheiben ist nicht zu erkennen, wer auf der Rückbank sitzt.

Die Nervosität steigt, genauso wie mein Aggressionslevel.

Ist sie gekommen, um uns auszukundschaften?

Aber aus irgendeinem Grund wirkt sie nicht so.

Ihr Gesicht liegt hinter einer großen Sonnenbrille verborgen, weshalb ich kaum etwas von ihrer Mimik erkennen kann.

Als sie wieder in den Wagen steigt, wird auch Tiffany aufmerksam.

Mit einem Tablett voll mit Gläsern bleibt sie stehen und beobachtet die Unbekannte, die nun langsam weiter fährt.

Dann schweift ihr Blick zu mir nach oben, doch ich winke ab.

Jeder weiß, dass alle Läden hier mir gehören.

Feinde müssen gerade am Tag damit rechnen, dass sie definitiv gesehen werden.

Deshalb kann sie unmöglich jemand von den Lawless sein.

Doch, wer sagt mir, dass es nicht doch so ist?

Statt ihr hinterherzufahren, ziehe ich mir das Longsleeve über, welches noch über der Stuhllehne hängt, putze meine Zähne und gehe durch das Treppenhaus, für das nur ich einen Schlüssel habe, direkt in den Club.

Wie immer riecht es hier nach Alkohol und Zigarettenqualm.

Die Reinigungskräfte sind gerade dabei, sauber zu machen und nicken mir nur ergeben zu.

Ich gehe an den Tresor und hole die Bücher und die Geldkassetten heraus, bevor ich mich in mein Büro zurückziehe.

Doch als Erstes öffne ich noch einmal den Gruppenchat:

Wie immer sind diese Trottel mir keine Hilfe.

Aber vielleicht ist der Wagen auch tatsächlich unbekannt.

Das Bild des Chats wird durchbrochen, als ein Anruf von Colt reinkommt.

„Was gibt’s?“ Ich stelle das Handy auf laut und schmeiße es auf den Tisch, bevor ich mir eine Zigarette anzünde und mich zurücklehne.

„Tiffany hat auch von dem Auto erzählt. Meinte, die Kleine sah aus, als würde sie sich für einen Job im Poison interessieren.“

„Hoffen wir es. Wenn sie eine Spionin ist, stirbt sie.“

„Glaubst du wirklich? Mitten am Tag? So dumm sind doch selbst die nicht.“

„Irgendwer saß noch im Auto. Aber man konnte es nicht erkennen. Das gefällt mir nicht.“

„Wir behalten das im Blick. Bis später, Bro. Ich muss noch was besorgen.“

Colt legt auf und ich lehne den Kopf zurück, bevor ich den Rauch gen Decke puste.

Wer zur fucking Hölle ist sie?

Kapitel 5

- Detroit

Im Haus sieht es mittlerweile wohnlich aus.

Wir haben alles ausgeräumt, was wir mitgebracht haben.

Ich war im Baumarkt und habe Besorgungen gemacht.

Ich habe notdürftig die Terrassentür repariert, habe Sicherheitsvorrichtungen mit Extraschlössern an jeder Tür angebracht, genauso wie einen Bewegungsmelder am Eingang und an der Terrasse.

In unserem Schuppen habe ich noch einige Werkzeuge und Materialen gefunden, die ich ebenfalls gebrauchen konnte.

Eingekauft haben wir ebenfalls.

Das Einzige, was nun noch fehlt, ist ein Sofa und ein paar Kleinigkeiten, aber stattdessen haben wir ein Luftbett, welches in der großen Kaufhalle von Detroit im Angebot war, mitgenommen und es aufgestellt.

Sogar der alte Röhrenfernseher im Wohnzimmer existiert noch.