Pembrokes Katze - Philip J. Davis - E-Book

Pembrokes Katze E-Book

Philip J. Davis

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Beschreibung

Eine wundersame Geschichte über eine philosophierende Katze, ein altes mathematisches Problem und die Liebe Diese Geschichte ist voll haarsträubender Komik und elegantem Witz, voll akademischem Unsinn und wissenschaftlichem Ernst, ebenso geistreich wie unterhaltend, ebenso bezaubernd wie spannend. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

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Philip J. Davis

Pembrokes Katze

Roman

Aus dem Amerikanischen von Hans J. Schütz

FISCHER Digital

Die wundersame Geschichte über eine philosophierende Katze, ein altes mathematisches Problem und die Liebe

Inhalt

Für H.F.D. [...]»… wie Coelius zu sagen [...]Jede Ähnlichkeit der hier [...]Diese Geschichte handelt von [...]Ankunft1 Wie Thomas Gray nach Cambridge kam2 Wie Thomas Gray zu ihrem Namen kam3 An der Hohen TafelEntdeckung4 Der Gedankenzoo5 Ihr denkender Schwanz6 Die Entdeckung7 Die Quadratwurzel aus Siebzehn8 Sonata AppassionataTriumph9 Geheimsprachen10 George unterhält eine Dame11 Im ›Fitzwilliam‹12 Bei einem Täßchen Mocca13 Le Blanquefort14 Wie man den lauschenden Senat zum Beifall nötigtAngst15 Das Verschwinden16 Philosophen in Waterfen St. Willow17 Bei der Abendandacht18 Eine Mésalliance?Entschluß19 Bei den Arkesdens20 Prüfung der Leidenschaft21 Vom Kauen am Priem der Gelehrsamkeit22 Vorspiegelungen23 Georges Hilfe24 Zwiegespräch zum SchlußNachbemerkung

Für H.F.D.

»Dein Wort ist eine Leuchte meinem Fuß und ein Licht auf meinem Pfade.«

 

Psalmen 119, Vers 105

»… wie Coelius zu sagen pflegte, schämte er sich nicht, wenn er seine Studien ruhen ließ und von eiligen gewichtigen Geschäften befreit war, sich im Spiel mit seiner Katze zu ergötzen, was man wahrlich als den rechten Zeitvertreib für einen müßigen Mann ansehen kann.«

 

Edward Topsell

Geschichte der vierfüßigen Kreaturen (1607)

Jede Ähnlichkeit der hier beschriebenen Gestalten mit wirklichen Personen ist rein zufällig, außer es handele sich um historische Persönlichkeiten wie Sir Kenelm Digby, Whitley Stokes, P.A.M. Dirac u.a.

Diese Geschichte handelt von Thomas Gray, einer Katze und von Lucas Fysst, einem leicht exzentrischen Dozenten am Pembroke College. Ihre Zusammenarbeit verhilft beiden zu hohem Ansehen in der wissenschaftlichen Welt und zieht eine Anzahl metaphysischer Probleme nach sich.

Diese Phantasie spielt in Cambridge, England, und enthält eine Einführung in das englische Universitätsleben, ein altes irisches Gedicht, ein noch älteres mathematisches Problem, sechs Mahlzeiten und außerdem einige Mutmaßungen über die Conditio humana.

Ankunft

1 Wie Thomas Gray nach Cambridge kam

Thomas Gray, die Katze des Pembroke College, stammte nicht aus einer langen Ahnenreihe von Cambridge-Katzen wie die von Huxley oder Thomson. Das Licht der Welt erblickte sie (ja, sie – und das ist ein Teil der Geschichte), zusammen mit vier Geschwistern, in dem kleinen Dorf Waterfen St. Willow in den Niederungen von East-Anglia. Die englischen Marschgebiete sind ein flacher, sumpfiger, torfiger Landstrich, kreuz und quer von vielen winzigen Flüssen und Kanälen durchzogen, dünn besiedelt und nicht gerade ein idealer Aufenthalt für Katzen, deren Abneigung gegen Wasser hinlänglich bekannt ist.

Nachdem Thomas Gray entwöhnt war und ein gewisses Maß an Unabhängigkeit gewonnen hatte, suchte sie den örtlichen Berufsberater auf, eine fette, doch ein wenig machiavellistische alte Katze mit Namen Mevrouw. Mevrouw wurde nicht Mevrouw genannt, weil dies das Geräusch war, das sie unverwechselbar von sich gab (was zutraf), sondern weil sie von einer holländischen Katze abstammte, die im siebzehnten Jahrhundert in die Gegend kam, als ihre Besitzer angeheuert wurden, um die Sümpfe trockenzulegen und Kanäle und Schleusen zu bauen. Ausländische Arbeitnehmer, würden wir heute sagen.

Mevrouw erhob sich aus ihrem Daunenbett und nahm eine Reihe von Tests vor mit dem Ziel, herauszufinden, wo Thomas’ Stärken und Schwächen im Hinblick auf eine Berufslaufbahn lagen.

»Welches ist die größte Zahl, die du kennst?« fragte Mevrouw Thomas Gray. Zu dieser Zeit trug Thomas Gray diesen Namen noch nicht, doch um der Einfachheit willen wollen wir es dabei belassen. Der Name wurde später auf eine Weise verliehen, die erläutert werden wird. Nun kannte Thomas Gray die Zahl vier, und sie wußte, daß sie diese Zahl kannte. Schließlich war das die Zahl der Seelen, mit denen sie das Nest geteilt hatte. Das Wort ›Seelen‹ wird hier natürlich metaphorisch gebraucht. (Haben Katzen Seelen? Dies war ein verzwicktes Problem mittelalterlicher Theologie, das noch heute von Zeit zu Zeit auftaucht.) Sie wußte, daß zwei plus zwei vier ergeben, und sie wußte es auf eine unergründliche Weise. Sie wußte ebenfalls, daß diese Tatsachen für ihre Zeitgenossen Binsenwahrheiten waren, und sie gut daran täte, sich eine pfiffige Antwort einfallen zu lassen. Also erwiderte sie: »Die größte Zahl, die ich kenne, ist um eins größer als die größte Zahl, die du kennst.«

»Eine vorzügliche Antwort, wenngleich ein wenig paradox«, gab Mevrouw zurück. Doch im stillen sagte sie etwas ganz anderes: Dieses Kätzchen ist eine schlaue Göre. Ich sollte zusehen, daß ich sie loswerde. Wegen des Friedens und der Ruhe in der Gemeinde natürlich.

Mevrouw begriff auch – nicht durch logische Folgerung, sondern intuitiv –, daß dieser Balg aus den Sümpfen seine Pfoten auf den Begriff der mathematischen Variablen gelegt und seine Krallen in den spannungsreichen Raum geschlagen hatte, der sich zwischen mathematischer Definition und mathematischer Existenz befindet.

»Damit ist der Intelligenztest abgeschlossen«, sagte Mevrouw. »Nun wollen wir zum Persönlichen kommen. Was für Lebensperspektiven hast du?« fragte sie.

Thomas Gray antwortete: »Ich habe nicht die Absicht, das Dorf Waterfen St. Willow oder dessen Bewohner herabzusetzen. Sie sind das Salz der Erde und so weiter, doch ich spüre, daß mein Leben, bliebe ich hier, von Ratten, Aalen, Enten und einer gelegentlichen Möwe bestimmt sein würde; Heirat, natürlich, Kinderkriegen, einmal, zweimal oder dreimal oder viermal.

Um sich ein wenig Abwechslung zu verschaffen, bestünde jederzeit die Möglichkeit, bei einem der komischen Sumpfmenschen eine Beschäftigung als Hausgenosse oder als Gehilfe bei einem ihrer sonderbaren Rituale anzunehmen. In den echten, alten Tagen und in fernen Ländern, zum Beispiel bei den Sabäern, galt es als ein Zeichen, daß ein Geist in den Körper einer Katze gefahren war, wenn dieser starr wurde. Schlug man der Katze dann den Kopf ab, so sprach und prophezeite dieser. Doch heutzutage werden natürlich Köpfe nicht mehr abgetrennt, und Prophezeiungen sind nur dann respektabel, wenn sie in mathematisches Kauderwelsch verpackt sind. Ich habe nichts gegen das dämliche Mäusefangen. Wenn man über eine Fertigkeit verfügt, sagt man, soll man sie nutzen, wenn man sie nicht verlernen will. Was freilich die herkömmlichen Katzenberufe angeht, so glaube ich, ›für etwas Besseres geboren‹ zu sein. Soweit ich weiß, sagt man das auf holländisch für: Katzen mit Köpfchen verdienen es, mehr zu verdienen.«

»Was das holländische Zitat betrifft, bist du falsch unterrichtet«, sagte Mevrouw, »doch das hat nichts zu sagen. Ich denke, du hast eine recht klare Vorstellung von den Möglichkeiten, in Waterfen St. Willow als Katze zu leben.

Ausgehend von deiner Intelligenz und deinen persönlichen Äußerungen, möchte ich vorschlagen, daß du diese Gemeinde Schwanz über Kopf verläßt und nach Cambridge ziehst. Dieser Test offenbarte ein großes Talent für die Mathematik, und in Cambridge wirst du Mathematiker von überragender Gelehrsamkeit antreffen.

Du wirst feststellen, daß in Cambridge manche glauben, der mathematische Schlüssel zum Universum sei gerade gefunden worden oder sei so gut wie gefunden. Du wirst überdies feststellen, daß in Cambridge der Geist Wittgensteins[*] über nahezu allem schwebt. Und sollte, durch einen glücklichen Zufall, dieser Geist von dir Besitz ergreifen, wärest du in der Lage, jede Menge metaphysischer Streitfragen, die ganz klar sind, in den Griff zu bekommen und sie ziemlich kompliziert zu machen.«

Also setzte Mevrouw Thomas Gray auf den nächsten Lastkahn, der die Cam hinauffuhr, und nach zahlreichen leicht zu bewältigenden Umsteigmanövern fand Thomas nach Cambridge, wo sie, königlich wie Cleopatra, in einem Stakkahn anlangte. Sie sprang bei Silver Street an Land, ging Trumpington Street hinunter und betrat den viereckigen Gebäudekomplex von Pembroke College.

2 Wie Thomas Gray zu ihrem Namen kam

Die Universität Cambridge ist eine der ältesten und berühmtesten der Welt. Das Pembroke College, ein Teil der Universität, ein College unter vielen, wurde 1351 gegründet. Innerhalb der Grenzen von Pembroke finden sich Studenten, Dozenten, Pförtner, Köche, Kellner, Sekretäre, Aufwartefrauen, Hausmeister, Hausburschen, Gärtner, eine außerordentliche Bibliothek mit uralten Büchern, die heutzutage niemand liest, und ein Weinkeller, der allerwenigstens vierzigtausend Flaschen Wein und zwanzigtausend Flaschen Port beherbergt. Außerdem gibt es dort eine Hauskapelle von Christopher Wren – der erste seiner Entwürfe, der ausgeführt wurde –, und einen recht hübschen Glockenturm, der an Big Ben erinnert, jedoch unglücklicherweise auf Ansichtspostkarten zugunsten einiger bemooster, archäologisch angehauchter Backsteine ignoriert wird.

Zur Zeit unserer Geschichte wurde dieses kleine Königreich mit fester und kluger Hand von Lord Eftsoons (eigentlich Ian Dunbar) regiert, dem Rektor des Pembroke College. Lord Eftsoons war zugleich, rein zufällig, Vizekanzler der gesamten Universität, eine Stellung, die zu bekleiden ihn glücklich machte und die er, wie er behauptete, ebensogern wieder losgeworden wäre. Auf die Frage, wie er es fertigbringe, auf so vielen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen, war er geneigt zu antworten: »Fabelhaft«.

Der Schatzmeister von Pembroke war ein gewisser Roderick Haselmere, Magister Artium, der mit Sparsamkeit und Hingabe über die Pounds und Pennies wachte. Der Hauptpförtner von Pembroke und Hüter des Tores war H.J. Stevens, ein entgegenkommender Mann, dessen Radio der Rennergebnisse wegen immer eingeschaltet war. Und diese drei nun wohnten im College: der Rektor, der Schatzmeister und der Pförtner. Und der wichtigste von ihnen war – praktisch genommen – der Pförtner.

Eines strahlenden Morgens, in Cambridge ein metereologisches Ereignis von beträchtlicher Seltenheit, begab sich Roderick Haselmere durch das äußere Tor von Pembroke, schritt durch das innere Tor am Speisesaal vorbei hinauf in sein Amtszimmer im ersten Stock. Und dort, wie wenn sie mit ihm verabredet wäre, erwartete ihn eine junge Katze.

Thomas Gray war nach der Bootsfahrt ein wenig leidend. Sie war hungrig, doch auf keine Weise heruntergekommen, mit anderen Worten: Sie präsentierte sich den kritischen Augen Roderick Haselmeres als eine durch und durch respektable Katze. Der Schatzmeister war ein freundlicher Mann und ließ aus der Küche ein Schälchen Milch bringen; er nahm vielleicht an, die Katze auf diese Weise zu bestechen, so daß sie bald wieder verschwinde. Die Katze dachte aber nicht daran zu verschwinden und schien sich in der Eingangshalle vollkommen wohl zu fühlen; sie rollte sich in einer Ecke zusammen und überließ sich dem Schlaf. Am frühen Nachmittag erwachte die Katze und gab den Sekretären im Erdgeschoß zu verstehen, daß sie hungrig und, um Leib und Seele zusammenzuhalten, für einen Bissen fester Nahrung dankbar wäre.

»Schafft sie rüber ins Peterhouse«, schlug einer der Sekretäre vor, womit er das älteste College von Cambridge meinte, das just auf der anderen Straßenseite lag. »Ich habe gehört, sie könnten dort ein paar Katzen brauchen.«

H.J. Stevens, der Hauptpförtner, wurde hinzugezogen und die Tat heimlich vollbracht. Doch binnen einer halben Stunde fand sich die Katze erneut vor dem Amtszimmer des Schatzmeisters ein, weitaus hungriger als vorher. Der Schatzmeister rief den Chefkoch an, der eine Portion Ragout Montmorency schickte, die alsdann auf kleiner Flamme gewärmt wurde. Diese Mahlzeit mißfiel der Katze, worauf sich eine spürbare Bestürzung ausbreitete. Als dieser Vorfall Monate später zur Sprache kam, verkündete der Chefkoch gebieterisch, daß man einer Katze nicht erlauben dürfe, die Maßstäbe für die Hohe Tafel zu setzen. Der Schatzmeister blieb gelassen, begab sich persönlich zu Smiley’s Delikatessengeschäft in Trumpington Street und kaufte der Katze eine Büchse Kittikid (wobei es sich um die Katzenversion von Dosenfleisch handelt). Diese Speise sagte der Katze zu, und sie war dem Schatzmeister in der Tat zu großem Dank verpflichtet.

Was bei all dem am Ende herauskam, war das folgende: Die Katze richtete sich auf Dauer im Vorzimmer des Schatzmeisters ein und wurde von seinen Mitarbeitern gefüttert. Und für ihren Unterhalt richtete man im Budget einen Haushaltsposten unter ›Verschiedenes‹ ein, dem das Finanzkomitee des College auf der darauffolgenden Sitzung seine Zustimmung erteilte.

Die Katze bezeugte ein ungeheures Interesse am Universitätsleben und erforschte die Umgebung von Pembroke College überaus gründlich. Man ließ sie gewähren, wenn sie über Trumpington Street und Kings Parade spazierte, vorbei an Fitzbillies’ Konditorei, vorbei am Café Kupferkessel bis nach Market Hill, wo sie gelegentlich gesichtet wurde, als sie sich in die Schlange vor der Fischbude einreihte. Sie drang durch das große Tor ins Trinity College und bis in dessen vornehme Bibliothek vor. Gegen zwei Uhr nachmittags war sie jedesmal in das Vorzimmer des Schatzmeisters zurückgekehrt, wo sie sich in ihrem Eckchen einem tiefen Schlaf überließ.

Sie war der Liebling der Studenten, und mehr noch: Bald fiel sie dem ständigen Strom von Touristen auf, die ihre Köpfe in den alten Bogengang steckten, um pflichtschuldigst einen Blick auf die alten Bauwerke zu werfen, die den viereckigen Hof umschlossen. Natürlich blieb es nicht aus, daß die Touristen H.J. Stevens, den Pförtner, nach dem Namen der Katze fragten. Der Portier konnte ihnen lediglich erklären, daß die Katze keinen Namen trage, und das verdroß ihn erheblich. Es war vielleicht die Folge seiner Vorliebe für Rennplätze, daß die Vorstellung von einem Tier ohne Namen so alarmierend auf ihn wirkte. Der Tatsache eingedenk, daß es ein schwieriges Unterfangen ist, einer Katze einen Namen zu geben – es ist weit mehr als eine bloße Wortspielerei – schlug er einer Gruppe von Studenten vor, sich einen geeigneten Namen einfallen zu lassen.

Diese, mit der Geschichte Pembrokes wohlvertraut, dachten an Edmund Spenser, den Verfasser von Fünf Gesänge der Feen-Königin, der dieses College besucht hatte. Sie faßten William Pitt, den Jüngeren, ins Auge – als fünfundzwanzigjährigen Premierminister – einen weiteren Pembroke-Mann. Ein Student wies drauf hin, daß man im Elisabethanischen England Katzen traditionsgemäß nahrungsbezogene Namen wie ›Giermagen‹ oder ›Jollypudding‹ gegeben habe, doch dieser Vorschlag wurde mit der Begründung niedergestimmt, das Tier habe sich als Renaissance-Katze noch keinen Ruf erworben.

Der Name Roger Williams kam ins Gespräch, der sich um die Immatrikulation am Pembroke beworben hatte, nach Westen gesegelt war und in Neu-England die Ansiedlung Providence begründet hatte. Doch dieser Vorschlag wurde wegen einer Reihe von Einwendungen Andersgläubiger zurückgewiesen.

Schließlich einigten sich die Studenten auf Thomas Gray[*], einen weiteren Pembroke-Mann, wenngleich ein Flüchtling aus Peterhouse. Er war der Verfasser der allseits beliebten Elegie, auf einem Dorfkirchhof gedichtet. Was die Entscheidung besiegelte, war die Tatsache, daß Gray überdies eine Ode an eine Lieblingskatze, ertrunken in einem Goldfischglas verfaßt hatte. In seinem Exemplar des Linné hatte er überdies das Wort für Katze in zehn Sprachen zwischen die Zeilen geschrieben und eine prägnante Beschreibung der Katzenpersönlichkeit in lateinischer Sprache geliefert.

Es erhob sich der Einwand (was unvermeidlich war), die Katze sei grau und weiß und dabei überwiegend weiß. Dies wurde freilich durch die Beobachtung aufgewogen, daß Grau und Weiß, im Durchschnitt, ein helles Grau ergeben, so wie das Wetter in Cambridge sich, im Durchschnitt, als ein leichter Nieselregen darstellt. Außerdem wurde betont, daß Thomas als Name für eine Katze Namen wie Edmund oder Roger oder William bei weitem vorzuziehen sei.

Etwa vier Monate nach dieser Diskussion schenkte Thomas Gray, die Pembroke-Katze, in der Zurückgezogenheit eines Gebüsches unmittelbar vor der Tür des Schatzmeisters fünf Kätzchen das Leben.

3 An der Hohen Tafel

Die Küche erhielt die Anweisung, Lord Eftsoons, Rektor von Pembroke, wünsche am folgenden Dienstagabend ein besonders exquisites Festessen zu geben. Der Chefkoch reagierte entsprechend, und der folgende Vorschlag wurde unterbreitet und gebilligt:

PEMBROKE COLLEGE

Dinner Dienstagabend

Bouillon Écossaise

Entrecôtes d’Agneau

Courgettes à la Sauce d’Oignons

Betterave au naturel

Pommes de terre, fermière

Château Beauséjour-Duffau-Lagarrosse ’56

Château Lafite Rothschild ’73

Crêpes à la Reine Elizabeth II.

Die Nachricht verbreitete sich, daß etwas im Gange sei. Lord Eftsoons ließ sich selten an der Hohen Tafel blicken, besonders jetzt, da er als Vizekanzler zusätzliche gesellschaftliche Verpflichtungen hatte. Fellows, die man abends nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte, seit Edward Heath Premierminister gewesen war, befreiten ihre akademischen Roben von den Mottenkugeln, um an diesem Ereignis teilzunehmen. Fünfundzwanzig Gäste saßen an der lange Tafel aus Eiche, die mit dem weißen Tischleinen, dem Silber und den Stielgläsern aus dem Besitz des Colleges gedeckt war. Die Studenten nahmen unten an den Tischen ihr Essen zur Abwechslung einmal ohne Lärm ein, und die Porträts der Honoratioren des College, deren Lebenszeiten zusammengenommen Jahrhunderte umspannten, überblickten die Szene aus ihren Bilderrahmen.

Lord Eftsoons saß der Tafel vor und blickte ernst in die Runde seiner Fellows, die wie folgt um die Tafel gruppiert waren. Am Kopfende saß:

Lord Eftsoons

Träger des Verdienstordens

Komtur des Ordens des Britischen Weltreiches

Dann folgten, zur Linken und zur Rechten:

PROF. SIR GEORGE MARTIN

(Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften; Träger des Ordens des Britischen Weltreiches)

PROF. ADRIAN LONGWOODBEACH

(Mitglied der Königlichen Gesellschaft)

 

 

DEKAN KNOWLTON WESLEY

(Magister Artium; Dr. theol.; Baccalaureus Artium)

DR. J.M.D. REDDING

 

RODERICK HASELMERE

(Magister Artium)

Am unteren Ende der Tafel saßen:

DR. GEORGE APODICTOU

DR. LUCAS FYSST

Einer scharfsinnigen Leserschaft, die daran gewöhnt ist, sich mit geistigen Dingen auseinanderzusetzen, braucht man wirklich nicht zu erläutern, wer diese Männer sind. Doch es wird dem Ganzen ein wenig Substanz verleihen, wenn man hinzufügt, daß Longwood-Beach der spätere Trumpington-Professor für Quadriviumforschung war und daß Dr. Redding erst zwei Wochen vor dem heutigen Essen für seine Arbeit über Quasi-Fragmente, eine Theorie, die wegen ihrer außerordentlich verzwickten Logik bekannt ist, internationale Anerkennung zuteil geworden war.

Der Rektor erhob sich und sagte: »Benedictus benedicat« (Was soviel heißt wie »Möge der Gesegnete uns segnen«), was die Versammlung mit einem gemurmelten »Amen« beantwortete. Die Diener, in historische Kostüme gewandet, trugen die Suppe auf.

Die Gäste waren inzwischen intensiv mit ihrem Lamm beschäftigt, als der Rektor erneut seine Stimme erhob.

»Fellows von Pembroke … ähem. Als Rektor und als Anatom von nicht unbeträchtlichem Ruf … hm … empfinde ich es als höchst peinlich, ja, hm, höchst unangenehm, daß unsere hier ansässige Fauna, sei sie nun männlichen oder, hm, weiblichen Geschlechts … kurz, Sie alle kennen ihn, hm, wollte sagen, sie … Thomas Gray hat vergangene Woche durch einen wirklich schamlosen … ähem, Geburtsakt … wenn ich auch habe sagen hören, daß Kreativität in der heutigen Welt von Verworfenheit begleitet sein darf –, unseren analytischen Fähigkeiten übel mitgespielt, wenn ich so sagen darf.