Pension Kleine Möwe Band 5: Und alles wird gut … - Lynda Lys - E-Book

Pension Kleine Möwe Band 5: Und alles wird gut … E-Book

Lynda Lys

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Beschreibung

In der Pension Kleine Möwe gibt es wieder mal eine große Herausforderung zu meistern. Dafür tauscht Wenckes Bruder Piet Arbeitskraft gegen Urlaub in der Pension ein. Aber auch die Gäste halten Wencke weiterhin in Atem.
Da ist Marvin, der nicht begeistert ist, dass Kathi in seine WG einzieht, doch irgendwann geraten seine widersprüchlichen Gefühle arg ins Wanken.
Dennis und seine Dating-Liebe fahren gemeinsam nach Sylt, um sich dort besser kennenzulernen. Doch dieser Urlaub entwickelt sich anders als von ihm erhofft.
Jeder ist selbst dafür verantwortlich, sich täglich zu entscheiden, sein eigenes Leben in eine bestimmte Richtung zu lenken. Man hat immer die Wahl, seine Wünsche, Träume und Ziele zu erreichen, denn – alles wird gut!
Meistens jedenfalls …

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Lynda Lys/Eliza Simon

 

 

Pension Kleine MöweBand 5 

Und alle wird gut …

 

 

 

 

Sylt-Roman

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Steve Mayer, 2022

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

15. Kapitel 

16. Kapitel 

17. Kapitel 

18. Kapitel 

19. Kapitel 

20. Kapitel 

21. Kapitel 

22. Kapitel 

23. Kapitel 

24. Kapitel 

25. Kapitel 

Epilog 

Über die Autoren 

Weitere Romane und Kurzgeschichten von Lynda Lys lieferbar: 

 

Das Buch

 

 

In der Pension Kleine Möwe gibt es wieder mal eine große Herausforderung zu meistern. Dafür tauscht Wenckes Bruder Piet Arbeitskraft gegen Urlaub in der Pension ein. Aber auch die Gäste halten Wencke weiterhin in Atem.

Da ist Marvin, der nicht begeistert ist, dass Kathi in seine WG einzieht, doch irgendwann geraten seine widersprüchlichen Gefühle arg ins Wanken.

Dennis und seine Dating-Liebe fahren gemeinsam nach Sylt, um sich dort besser kennenzulernen. Doch dieser Urlaub entwickelt sich anders als von ihm erhofft.

Jeder ist selbst dafür verantwortlich, sich täglich zu entscheiden, sein eigenes Leben in eine bestimmte Richtung zu lenken. Man hat immer die Wahl, seine Wünsche, Träume und Ziele zu erreichen, denn – alles wird gut!

Meistens jedenfalls …

 

 

***

 

 

1. Kapitel

 

 

Es war früh am Morgen, als Wencke Fries völlig durchgeschwitzt in ihrem Bett erwachte. Sie stütze sich auf ihre Ellenbogen, tastete im dunklen Schlafzimmer nach dem Wecker und betätigte die ›Light‹ Taste. Das schwache Licht zeigte sechs Uhr! Mit einem geflüsterten »Puh« ließ sie sich zurückfallen und blickte auf die andere Bettseite hinüber. Sie vernahm nur die gleichmäßigen Atemzüge ihres Mannes Haro, denn sehen konnte sie nichts. Sie entschloss sich, auf den Piepton ihres Weckers nicht zu warten und stand auf. Sie schob den kleinen Regler der Weckfunktion nach links auf out, tapste leise ins Badezimmer, zog ihr dünnes, kurzes Nachthemd aus und warf es in den Wäschekorb. Gleich darauf begab sie sich unter die Dusche.

Das kühle Nass prasselte auf ihren Körper hinunter und brachte somit ihre Lebensgeister in Wallung. Nachdem sie aus der Dusche gekommen war, sich abgetrocknet und das Badfenster weit geöffnet hatte, lief sie auf Zehenspitzen zurück ins Schlafzimmer. Sie tastete sich bis zum Kleiderschrank und öffnete ihn, als ein Brummen aus der Richtung des Bettes kam.

»Was schleichst du denn in Herrgottsfrühe hier herum?«, fragte Haro verschlafen und setzte sich auf.

»Ach Schatz, habe ich dich geweckt? Entschuldige! Nun war ich schon so leise und trotzdem bist du wach geworden«, antwortete Wencke schuldbewusst.

»Du weißt doch, ich höre sogar eine Ameise husten«, brummte er und kratzte sich am Kopf.

»Der Wecker hätte eh gleich gepiept, also versuche erst gar nicht, dich wieder hinzulegen«, lachte Wencke und lief zum Fenster. Sie zog die Außenjalousie einen Spalt nach oben und der Raum erhellte sich ein klein wenig. Erst jetzt sah Haro, dass seine Frau splitterfasernackt war. Er pfiff leise durch die Lippen, schlug die dünne Sommerdecke zur Seite und sprang aus dem Bett. Er fasste Wencke um die Taille und zog sie fest an sich.

»Hm, wie du duftest. Wie ein frischer Sommermorgen«, flüsterte er und schnupperte an ihren Haaren.

»Haro! Die Kinder …«, flüsterte sie zurück und kicherte dabei.

»Na, was denn? Die schlafen noch«, säuselte er und drängte sie in Richtung Bett.

Noch bevor sie zurück ins Bett fielen, war ein dünnes Stimmchen zu hören.

»Mama, kann eine Ameise wirklich husten?«, kam es noch etwas verschlafen aus der Richtung der Schlafzimmertür. Janis, der fünfjährige Sohn der beiden, musste dort bereits eine Weile gestanden haben. Jetzt stieß er die Tür weit auf und lief zum Bett. Wencke löste sich aus Haros Umarmung und begab sich wieder zum Kleiderschrank. Sie streifte sich ein Shirt über, griff aus der danebenstehenden Kommode einen Slip und zog ihn an. Haro setzte sich mit betrübter Miene auf die Bettkante und nahm Janis an die Hand.

»Na, mein Kleiner, hast du ausgeschlafen?«, erkundigte er sich mit leicht wehklagender Stimme und Janis nickte.

»Ja, Papa, schon ein Weilchen. Hörst du wirklich Ameisen husten?«, wollte der Steppke wissen und schaute seinen Vater mit großen Augen an. Wencke konnte sich das Lachen nicht verkneifen.

»Nein, kann er nicht«, erwiderte sie schmunzelnd. »Und jetzt Abmarsch. Mach bitte deine Schwester Mia wach, dann können wir gleich alle gemeinsam frühstücken.« Janis gehorchte und trollte sich. Wencke strich Haro sanft über das verstrubbelte blonde Haar, küsste ihn liebevoll auf die Wange und zog ihn von der Bettkante hoch.

»Und du, mein lieber Ehemann, ab ins Bad zum Duschen«, befahl sie und gab ihn einen kleinen Klaps auf seinen Hintern.

Die großen Ferien standen vor der Tür und Mia, die die erste Klasse besuchte, war an diesem Morgen besonders aufgeregt. Es gab Zeugnisse und sie wusste, auch wenn es noch keine Noten für sie gab, dass sie ein hervorragendes Zeugnis bekommen würde. Mia war eine sehr fleißige und ehrgeizige Schülerin und ihre Klassenlehrerin lobte sie oft. Das machte Mia stolz und sie konnte es kaum erwarten, die Beurteilung ihren Eltern zu zeigen.

Nach dem Frühstück machte die Kleine sich auf den Weg in die Schule, Haro brachte Janis mit dem Fahrrad in die Vorschule und Wencke richtete das Frühstück für ihre Pensionsgäste an.

Kurze Zeit später war Haro mit dem Rad wieder da. Er tauschte seine Freizeitkleidung gegen eine legere Businesskleidung, denn er hatte noch eine Menge Papierkram in seiner Kanzlei zu erledigen und Mandantenbesuche waren für diesen Tag nicht geplant. Er war froh darüber, denn so war es ihm möglich, ein Poloshirt zu tragen und musste sich nicht bei diesem Wetter in Hemd und Krawatte zwängen.

»Heute wird es nicht so spät werden. Ich denke, zum Mittagessen bin ich wieder da«, rief Haro in die Küche, wo Wencke emsig werkelte.

»Küsschen«, gab sie zur Antwort und warf ihm einen Handkuss zu. Nur Augenblicke später verließ Haro das Haus.

 

 

 

2. Kapitel

 

 

Marvin klopfte seinem langjährigen Freund Christian auf die Schulter, als dieser in seinem großen, fast leeren WG-Zimmer stand und sich wehmütig umschaute. Bis auf die Möbel hatte Chris alles herausgeräumt, hatte sein persönliches Hab und Gut in Kisten verpackt und in sein altes Auto gestopft.

»Nun schau nicht so traurig«, lachte Marvin. »Solange wir keinen neuen Mitbewohner finden, kannst du dein Zimmer wiederhaben, falls es mit deiner Julia nicht klappt. Aber wenn jemand eingezogen ist … Tja, dann hast du Pech gehabt«, belehrte er seinen Freund schmunzelnd und knuffte ihn kameradschaftlich in die Seite. Chris seufzte tief.

»Ach Quatsch, das wird allemal gutgehen. Julia und ich lieben uns und wir sind ja auch schon eine ganze Weile zusammen. Ich sehe es positiv.«

»Was siehst du positiv?«, drang eine helle Stimme von hinten ins Zimmer. Eddie Lee trat an Chris heran, schlang seine dünnen Arme um Christians Brustkorb und schmiegte sein Gesicht auf dessen Rücken.

»Ich werde dich gaaanz doll vermissen«, flüsterte der asiatisch aussehende junge schlanke Mann, dessen Mutter aus Südkorea stammte und hier in Hamburg ihre große Liebe gefunden und geheiratet hatte.

Erneut seufzte Chris, als er seinen Rucksack vom Boden aufhob und ihn sich auf den Rücken schnallte.

»So long Boys«, rief er in alter Westernmanier und tippte sich mit zwei Fingern, die eine Pistole darstellen sollte, zum Abschied an sein Basecap. »Wir sind ja nicht aus der Welt und ich wohne mit Julia nur ein paar Querstraßen weiter, also kein Grund, Trübsal zu blasen. Ich werde mich gelegentlich mal blicken lassen.«

Eddie nickte nur stumm und Marvin gab seinem Freund einen kräftigen Schlag auf den Rücken. Sie begleiteten Chris zur Wohnungstür, als Eddie sich plötzlich gegen die Stirn schlug.

»Der Schlüssel. Du musst mir den Wohnungsschlüssel geben. Wir brauchen ihn, falls wir einen Nachmieter für dich finden.« Chris fasste in die Hosentasche und zog seinen Schlüsselbund heraus. Er öffnete den Karabinerhaken, nahm einen Schlüssel ab und überreichte ihn Eddie.

»Dann wäre das auch erledigt«, sagte er und ging.

 

*

 

Nachdem sich die Wohnungstür hinter Chris geschlossen hatte, begaben sich die beiden in das große gemeinsame Wohnzimmer und Eddie warf sich schwungvoll auf das breite Sofa. Er starrte durch das Fenster auf den wolkenlosen blauen Himmel und das grelle Licht der Sonne ließ winzige kleine Staubteilchen vor den Fensterscheiben tanzen. Es war warm und stickig im Raum, was Marvin dazu veranlasste, die Terrassentür weit zu öffnen. Er trat auf die Dachterrasse hinaus und schaute über die Brüstung. Es herrschte wenig Verkehr auf der Straße, nur zwei kleine Jungen spielten mit ihrem Fußball auf dem Gehweg und eine ältere Dame mit einem Einkaufskorb eilte den Bürgersteig entlang.

Eddie kam hinterher geschlurft. Er schaute ebenfalls auf die Straße und ließ sich anschließend in einen der Rattan-Sessel fallen.

»Wollen wir denn wirklich das Zimmer von Chris wieder vermieten? Du weißt, die Einnahmen bräuchten wir nicht wirklich. Diese schicke Wohnung hier …« Er machte eine Handbewegung in Richtung des Wohnzimmers. »… habe ich meiner Großmutter väterlicherseits zu verdanken. Hätte ich diese Eigentumswohnung nicht geerbt, dann …«

»Ich weiß, Eddie, ich kenne die Geschichte«, unterbrach Marvin ihn lachend, »… dann müssten wir alle ordentlich Kohle abdrücken, um in solch einer Wohnung zu leben«, vollendete Marvin den Satz.

 

*

 

Eddie Lee hatte die Vier-Zimmer-Eigentumswohnung, die im Hamburger Stadtbezirk Niendorf lag, vor fünf Jahren von seiner Großmutter Irmgard geerbt. Sie hatte ihren einzigen Enkel, den kleinen zarten Eddie, abgöttisch geliebt … und umgekehrt war es genauso. Als Eddie mit zwanzig von dem Tod seiner Oma lrmchen erfahren hatte, hatte es ihm den Boden unter den Füßen weggerissen und er war fast durchgedreht. Sie wurde mit einem plötzlichen Herztod im Alter von vierundachtzig Jahren einfach so aus dem Leben gerissen.

Sie hinterließ ihrem Sohn Klaus und ihrer Schwiegertochter Ji-Min eine beachtliche Summe an Geld und ihrem Enkelsohn vermachte sie in ihrem Testament die Eigentumswohnung. Eddie hatte zu diesem Zeitpunkt noch bei seinen Eltern gelebt und eine dreijährige Ausbildung zum professionellen Bühnendarsteller an der Hamburger Stage School absolviert. Bereits mit zehn hatte Eddie sich in den Kopf gesetzt, Tänzer zu werden.

Sein Vater Klaus fand es damals absurd, dass Ji-Min den kleinen dünnen Jungen in eine Tanzschule stecke und ihn Ballettunterricht nehmen ließ. Doch Eddies Mutter ließ sich nicht beirren. Sie erkannte recht schnell das Talent ihres Sohnes und förderte und forderte ihn, wo es nur ging.

Mit dreizehn hatte Eddie seine erste Bühnenerfahrung und tanzte in einem Kindermusical die Hauptrolle. Der kleine, schmächtige Eddie tanzte sich an diesem Abend direkt in das Herz seines stolzen Vaters.

Kurz nach dem Tod seiner Großmutter zog er in die geerbte Wohnung und stellte ziemlich schnell fest, dass diese für ihn allein einfach viel zu groß war. Er hatte nach einem Monat das Alleinsein satt und gab ein Inserat im Hamburger Abendblatt auf, um einen Mitbewohner zu finden.

Marvin, ein Intensivpfleger im 3-Schicht-System eines großen Hamburger Krankenhauses, hatte sich damals auf das Inserat hin gemeldet. Die eigene Wohnung, in der er damals lebte, war ihm als Single einfach zu teuer, obwohl er als Krankenpfleger gutes Geld verdiente, und außerdem lag sie in einem Wohnhaus mit kinderreichen Familien, was ihn besonders störte. Das ständige Gequake und Gekreische der Kinder ging ihm gehörig auf die Nerven. Beide Männer trafen sich zum ersten Kennenlernen in einer Hamburger Szene-Bar und Marvin war ziemlich überrascht, als er Eddie das erste Mal sah. Der drahtige junge Bursche hatte blondgefärbte Haare, was bei den asiatischen Gesichtszügen befremdlich auf Marvin wirkte. Er trug einen Ohrring, seine Mandelaugen waren kaum merklich geschminkt und seine dünnen Beine steckten in einer hautengen Skinny-Jeans, was ihn fast schon zerbrechlich aussehen ließ. Mit dem knallbunten Pullover traf er nun überhaupt nicht Marvins Geschmack und als er die quietschgelben Turnschuhe an Eddies Füßen sah, war es um Marvin geschehen. Er musste laut lachen.

»Du scheinst mir ein kleiner Paradiesvogel zu sein«, sagte Marvin lachend, als er Eddie seine Hand entgegenstreckte. »Da brauche ich wohl keine Angst zu haben, dass meine Klamotten aus Versehen mit deinen vertauscht werden.«

Eddie nahm Marvins Aussage mit Humor und grinste.

»Und du bist ein schöner Mann, wie aus einem Modemagazin. Solltest du den Zuschlag für das WG-Zimmer bekommen, dann kann ich mich getrost überall mit dir blicken lassen und ein klein wenig damit angeben, welch toller Mann bei mir wohnt«, gab Eddie schlagfertig zurück. Sie suchten sich einen freien Tisch, bestellten Getränke und setzten ihre Unterhaltung fort. Eddie machte auch kein Hehl daraus, dass er in der Partnerschaft dem weiblichen Geschlecht nichts abgewinnen konnte, beteuerte aber mit treuem Blick und einem umwerfenden Augenaufschlag, dass er viele Frauen in seinem Freundeskreis hatte.

Das mit dem »tollen Mann«, wie er Marvin betitelte, war auch nicht von weit hergeholt. Marvin war mit einem Meter dreiundsiebzig nicht zu groß und nicht zu klein, hatte einen muskulösen Körperbau, dunkelbraune Haare und strahlend blaue Augen. Er legte sehr viel Wert auf Sport, was er als Ausgleich zu seinem schweren Job als Intensivpfleger nutzte, und behauptete von sich, sehr häuslich zu sein. Marvin hatte keine feste Freundin und das sollte auch noch lange so bleiben. Die zwei ungleichen Männer waren sich auf Anhieb sympathisch und Eddie schlug Marvin vor, sich die Wohnung anzuschauen, was Marvin ohne zu zögern annahm. Kurze Zeit später hatte Marvin seine Mietwohnung gekündigt, war bei Eddie eingezogen und nach drei Monaten stieß Marvins langjähriger und bester Freund Christian dazu. Somit war die Männer-WG komplett.

 

*

 

»Ich habe morgen einen Tanzauftrag in einer Bar auf der Reeperbahn«, wechselte Eddie das Thema und stand auf. »Wie sieht dein Dienstplan aus, kannst du kommen?«, wollte er wissen und schaute Marvin fragend an.

»Morgen ist mein letzter Frühdienst, also hätte ich abends Zeit. Wieder so eine Drag-Queen-Show?«

»Jepp. Gott sei Dank bin ich dort nur Hintergrundtänzer im hautengen Einteiler und muss nicht solche wilden Fummel tragen. Ein klein wenig crazy ist ja o.k., aber diese Glitzerkleider mit viel blink-blink und Federboas ist doch nicht ganz meins. Die Show fängt um einundzwanzig Uhr an. Du kommst also?«

Marvin nickte. »Klar Eddie, ich bin dabei. Was ist denn jetzt mit dem freien Zimmer, willst du es wieder vermieten?«

»Ja, sicher, aber nicht heut’, nicht morgen. Ende nächster Woche werde ich eine Anzeige aufgeben, dann schauen wir weiter.« Damit war das Thema für Eddie beendet.

 

*

 

Drei Wochen später, Eddie und Marvin saßen am Küchentisch und erwarteten den nächsten Bewerber für das freie Zimmer. Soeben hatte ein Vollblut-Veganer den beiden klargemacht, dass er eine Person war, die keine tierischen Produkte aß oder verwendete und niemals mit Leuten zusammenleben konnte, die Tiere oder tierische Lebensmittel verzehrten.

»Schon mal was von Toleranz gehört?«, hatte Eddie spitz gefragt und es nicht glauben können, dass jemand seine vegane Lebensweise als Grund nannte, um nicht mit ihnen in einer Wohnung zu leben. Marvin hingegen sah es etwas pragmatischer. Er hatte nur mit den Schultern gezuckt und stand auf, für ihn war die Sache erledigt.

»Schön, dass du hier warst, aber dann passen wir wohl nicht zusammen.« Er brachte den verdatterten jungen Mann zur Tür und verabschiedete ihn. Er kehrte in die Küche zurück und schaute zur Uhr.

»In zehn Minuten müsste der nächste Kandidat aufkreuzen. Ich bin gespannt, was das für einer ist. Kaffee?«

Eddie nickte. »Mit viel Kuhmilch, bitte«, grinste er und zerknüllte den Zettel, auf dem der Name des Veganers stand.

Marvin ließ den Kaffee durch die Maschine laufen und nahm die Kaffeetassen aus dem Küchenschrank, als es klingelte.

Eddie stand auf, öffnete die Wohnungstür und starrte direkt auf eine behaarte Brust. Ein riesiger Kerl stand vor ihm. Er trug ein T-Shirt mit tiefem V-Ausschnitt, das Gewebe der Ärmel umspannte dessen Oberarme und war so straff, dass Eddie annahm, dass der Stoff sicher gleich zerriss. Er legte den Kopf in den Nacken und schaute in ein bärtiges Gesicht. Die stoppelkurzen Haare waren dunkel und die braunen Augen schauten freundlich drein.

»Moin Moin«, dröhnte die kräftige Stimme des Muskelprotzes durch das Treppenhaus. »Ich bin wegen des Zimmers hier. Bin doch richtig hier, bei Eddie Lee?«

»Ähm, ja, ich bin Eddie. Komm rein«, stotterte Eddie und gab die Tür frei.

»Schuhe aus?«

»Wie bitte?«

»Ich habe gefragt, ob ich die Schuhe ausziehen soll. Hab’ auch saubere Socken an«, lachte das Muskelpaket und zeigte mit dem Finger auf seine riesigen Füße. Eddie schaute zu den Schuhen hinunter und stellte fest, dass seine eigenen im Vergleich zu dessen Schuhe wie kleine Kinderschuhe aussahen; und Eddie trug Schuhgröße zweiundvierzig!

»Nein, ist schon o.k., du kannst sie anlassen.« Eddie ging vor und der Bärtige folgte ihm. Marvin, der gerade die Milch aus dem Kühlschrank nahm, ließ fast die Milchpackung fallen, als er den neuen Gast sah.

»Moin Moin«, grunzte der Riese ein zweites Mal. Marvin hatte sich schnell wieder in der Gewalt. Er grüßte höflich zurück und vermied es, diesem Mann seine Hand zur Begrüßung zu reichen.

---ENDE DER LESEPROBE---