Perfect Rush. Wahre Liebe - S.C. Stephens - E-Book
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Perfect Rush. Wahre Liebe E-Book

S.C. Stephens

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Beschreibung

Mackenzie Cox und Hayden Hayes haben schwere Zeiten durchlebt. Doch nachdem sie einander ihre tiefsten Geheimnisse offenbart haben, sollte ihrer Beziehung nichts mehr im Wege stehen. Aber etwas lässt Kenzie zögern, Hayden ihr ganzes Herz zu schenken – zu tief hat er sie in der Vergangenheit verletzt. Wird sie ihm je wieder vertrauen können? Auch Nikki, Kenzies beste Freundin, kämpft mit Problemen. Die eine leidenschaftliche Nacht mit Myles Kelley hat dramatische Folgen. Sie ist schwanger. Wird dadurch die Freundschaft zerstört, die sie schon so lange mit dem Rennfahrer verbindet? Oder könnten sie vielleicht mehr als nur Freunde sein?

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Seitenzahl: 386

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S. C. Stephens

PERFECTRUSH

Wahre Liebe

Roman

Aus dem Amerikanischen von Babette Schröder

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »Undeniable Rush«

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Deutsche Erstveröffentlichung April 2019

Copyright © der Originalausgabe 2018 by S. C. Stephens

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2019 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: FinePic®, München

Redaktion: Antje Steinhäuser

MR · Herstellung: ik

Satz: Vornehm Mediengestaltung GmbH, München

ISBN: 978-3-641-22793-7

V002

www.goldmann-verlag.de

Kapitel 1

Bist du schon mal Achterbahn gefahren, nachdem du zu viel getrunken hattest? Und hast dann während der Fahrt gemerkt, dass sich dir der Magen umdreht und du dich übergeben musst? Du wusstest aber, dass du dich auf keinen Fall übergeben darfst, und darum hast du dich bis zum Ende der Fahrt beherrscht?«

Ich blickte zu Hayden hinüber, der neben mir im Truck saß und durch die Windschutzscheibe auf das zweigeschossige Farmhaus meines Vaters starrte. Seine normalerweise gebräunten Wangen waren bleich. »Nein, das ist mir noch nie passiert«, erwiderte ich lächelnd. »Bist du aufgeregt wegen des Abendessens?«

Er schluckte, dann drehte er sich zu mir um. »Ja. Ich weiß, dafür gibt es keinen Grund. Ich meine, ich habe mich schon öfter mit Jordan angelegt, aber obwohl das irgendwie unangenehm war, ist mir davon nie … übel gewesen.«

Ich beugte mich zu ihm und gab ihm einen zärtlichen Kuss. »Weil du dich mit ihm angelegt hast … und nicht als Gast willkommen warst. Es ist leichter, jemandem zu begegnen, wenn man keine Angst hat, nicht gemocht zu werden.«

Er rückte von mir ab und verzog missmutig das Gesicht. »Ich habe keine Angst, dass dein Vater mich nicht mag.« Seine Miene wurde weicher. »Und ich würde nicht sagen, dass ich willkommen bin. Ich werde wohl eher … toleriert.«

Er hatte recht, aber ich hoffte, dass Hayden irgendwann genauso im Haus meines Vaters aufgenommen werden würde wie ich. Insbesondere, wenn man sich überlegte, wie weit die zwei es schon gebracht hatten, seit ich angefangen hatte, mich mit Hayden zu treffen. Dad lächelte schon fast, wenn er sich mit ihm unterhielt. Fast.

»Ach, komm schon. Anscheinend sind wir die Letzten.«

Während ich die Tür öffnete, rieb sich Hayden die Handflächen an der Jeans ab. »Toll … die gesamte Familie versammelt. Das ist überhaupt nicht anstrengend.«

Ich sah ihn mit erhobener Augenbraue an und sagte: »Ich habe schon deine gesamte Familie kennengelernt, darum ist es nur gerecht, wenn du jetzt meine kennenlernst. Und es sind noch nicht einmal alle – nur mein Vater, meine Schwestern und ihre Ehemänner.«

Amüsiert blickte er zu mir herüber. »Danke, das ist natürlich etwas ganz anderes.«

Der Ausdruck in seinen jadegrünen Augen, die sinnlichen Lippen – er war gefährlich attraktiv, und für einen Sekundenbruchteil erwog ich, zurück in den Truck zu steigen, das Abendessen sausen zu lassen und mit ihm zu mir zu fahren. Ich wusste, er würde Ja sagen, wenn ich ihm einen solchen Ausweg bot. Aber nein – allein die Tatsache, dass Dad Hayden heute Abend zu sich eingeladen hatte, war geradezu ungeheuerlich. Dieses Friedensangebot musste ich annehmen. Und außerdem ließen Hayden und ich es langsam angehen. Seit wir zusammen waren, hatte er noch keinen Fuß in mein Haus gesetzt, und die Vorstellung, ihn zu mir einzuladen – mit ihm allein zu sein, intim, nackt … – , schien mir offen gestanden ein bisschen beunruhigend.

»Das wird schon«, sagte ich aufmunternd.

Lächelnd schüttelte Hayden den Kopf und stieg aus dem Truck. »Tja, und wenn nicht, dann habe ich zumindest noch dich. Ich will nie mehr auf dich verzichten.« Der Ausdruck auf seinem Gesicht trieb einen eiskalten Schauder über meinen Körper. Unsere vorübergehende Trennung war für uns beide furchtbar gewesen, und lieber würde ich noch einmal mit meinem Hintern für Benneti Motorsport werben, als Hayden wieder zu verlieren. Doch dieses Gefühl war beängstigend.

»Ich auch nicht«, flüsterte ich.

Einen Augenblick standen wir im Mondlicht, und Hayden sah mich durchdringend an. Dann umfasste er mein Gesicht, zog mich an sich und küsste mich voller Leidenschaft und Sehnsucht. Unter dem Ansturm seiner Gefühle zog sich mein Herz zusammen. Ich spürte, wie viel ich ihm bedeutete. Es war, als wäre seine Liebe greifbar, als würde sie uns umhüllen, uns wärmen und beschützen. Wenn Hayden sich auf jemanden einließ, kämpfte er um ihn. Hingabe und Treue waren tief in seiner Seele verwurzelt. Doch diese Eigenschaften waren auch für unsere Trennung verantwortlich gewesen.

Ich legte die Arme um seinen Hals und zog ihn noch näher zu mir. Je stürmischer wir uns küssten, desto mehr wich die überwältigende Leidenschaft purer Lust. Ich konnte mich kaum noch an das letzte Mal erinnern, als Hayden und ich zusammen geschlafen hatten, und war mir nicht sicher, wie lange ich mich noch beherrschen konnte. Zugleich war ich mir nicht sicher, ob ich schon bereit für den nächsten Schritt war – mein Herz war noch verwirrt und unsicher.

»Hayden«, murmelte ich in den kurzen Pausen, in denen wir die Lippen voneinander lösten. »Ich …«

Ich glaube, ich möchte es versuchen … Ich glaube, ich möchte den nächsten Schritt tun. Komm mit zu mir.

Ehe ich es aussprechen konnte, unterbrach eine schroffe Stimme den intimen Moment. »Mackenzie, hör sofort auf damit und schaff deinen …«

Mein Blick sprang zur Haustür, wo mein Vater stand und gerade tief durchatmete. »Würdet ihr … bitte … hereinkommen?« Seine Stimme klang genauso angespannt wie sein Lächeln wirkte, und vor Scham schoss mir die Hitze in die Wangen.

»Ja, tut mir leid. Wir wollten gerade …« Ich gab den Erklärungsversuch auf, löste mich von Hayden und führte ihn an der Hand ins Haus.

Hayden räusperte sich und ging mit unsicherer Miene auf Dad zu. »Hey, Jordan. Schön, Sie wiederzusehen«, sagte er und strich sich mit der Hand durch das wirre blonde Haar.

Dad musterte Hayden mit hochgezogener Augenbraue. In seinem harten Blick lag sowohl Resignation als auch Verärgerung. »Hey?«, sagte Dad langsam. Er rügte Hayden zwar nicht direkt für seine Wortwahl, doch sein Ton sprach Bände.

Haydens Griff um meine Hand verstärkte sich, und ich merkte, wie er unter Spannung geriet. Fünf Sekunden, und schon hatte Dad ihn verärgert. Ich ging sofort dazwischen. »Dad, du wolltest doch nett sein.«

Nun richtete mein Vater seinen strengen Blick auf mich. »Ich bin nett«, erwiderte er und wirkte ehrlich verblüfft. Ich sah ihn scharf an, woraufhin er sich seufzend wieder zu Hayden umdrehte, ihm die Hand hinstreckte und höflich sagte: »Ich freu mich auch, dich zu sehen, Hayden.«

Hayden ergriff seine Hand nicht gleich, und ich dachte schon, ich müsste meinen Freund genauso zur Raison rufen wie meinen Vater. Sie hatten vielleicht zusammen daran gearbeitet, Cox Racing wieder an den Start zu bringen – und zwar für mich – , aber sie waren wahrhaftig keine Freunde.

Doch als ich Hayden gerade mit dem Ellbogen anstoßen wollte, ergriff er die Hand meines Vaters. Das Schütteln war zu kurz, um als höflich zu gelten, aber zumindest hatten sie sich berührt, ohne sich zu verletzen. Wenn wir dieses Abendessen überstanden, ohne dass einer verprügelt wurde, betrachtete ich es als Erfolg.

Als ich an Dad vorbei ins Haus ging, strich ich mit dem Daumen über Haydens Hand. Hauptsache, er blieb ruhig. Auf dem Weg ins Wohnzimmer hörte ich, wie Hayden tief Luft holte und sie sanft wieder entweichen ließ, und als er lächelte, wirkte es ganz natürlich.

»Oh, gut, dass ihr da seid.«

Meine älteste Schwester Theresa und ihr Mann Nick standen vom Sofa auf, um uns zu begrüßen. Ich schlang die Arme um meine Schwester und drückte sie fest. Als wir uns voneinander lösten, stellte ich Nick und Hayden vor. Sie schüttelten sich die Hände – deutlich länger und herzlicher als Hayden und mein Vater.

»Schön, dich endlich kennenzulernen«, sagte Nick. »Ich habe schon … viel von dir gehört.« Der Blick aus Nicks blassblauen Augen zuckte kurz zu meiner Schwester. Ganz offensichtlich nicht nur Gutes. Doch Nick war ein anständiger Kerl und würde Hayden sicher eine Chance geben. Dass man Nick aber offenbar auf irgendeine Weise gegen Hayden aufgebracht hatte, nervte mich kolossal. Hätten Hayden und ich doch nur die Chance, einfach ein ganz normales Paar zu sein. Wie meine Schwestern und ihre Männer.

Hayden lächelte Nick unsicher an, auch er ahnte, was man Nick erzählt hatte. »Glaub nicht alles, was du hörst«, sagte er.

Nick strich sich durch das dunkle Haar und lachte nervös. Die beiden ließen die Blicke durch den Raum schweifen und mieden es um jeden Preis, sich anzusehen.

Ich seufzte innerlich und fragte Theresa: »Wo ist Daphne?«

Sie deutete hinter sich. »Draußen. Jeff wollte die Rennstrecke ausprobieren.«

Ich musste schmunzeln. Daphnes Mann Jeff wirkte irgendwie … so korrekt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er sich überhaupt auf ein Motorrad setzte. Mit verschmitztem Grinsen fragte ich Hayden: »Willst du die Rennstrecke sehen?«

Sofort hellte sich seine Miene auf. »Ihr habt hier eine Rennstrecke?«

Er drehte sich zu Dad um, der die Achseln zuckte. »Nur eine einfache Trainingsstrecke. Nicht das, was du gewöhnt bist.«

Mit großen Augen starrte ich Dad an. Das war fast ein Kompliment. Hayden nickte Dad freundlich zu. Oh, mein Gott, näherten sich die zwei etwa gerade an? Beinahe übermütig zog ich Hayden in den Hof. Dad, Theresa und Nick folgten uns.

Als ich Jeff auf einer alten Kawasaki 100cc, einer Cross-Maschine, sitzen sah, musste ich unwillkürlich lachen. Ich glaube, auf der war ich mit sechs gefahren. Er sah ein bisschen verängstigt aus, als würde er auf einer Rakete reiten. Daphne gab ihm Hinweise, wie er fahren sollte. Darüber musste ich nur noch mehr lachen. Daphne hatte seit Ewigkeiten nicht mehr auf einem Motorrad gesessen, und als sie es noch getan hatte – nun ja, hatte sie es wie ein Golfmobil gelenkt.

Breit grinsend betrachtete Hayden die Szene. Dad verdrehte seufzend die Augen. Ich war mir allerdings ziemlich sicher, wenn ich nicht Rennfahrerin geworden wäre wie er, hätte er weit mehr Anlass gehabt, Trübsal zu blasen.

Hayden wippte auf den Zehen auf und ab und drehte sich zu mir um. Sein Grinsen war ansteckend. »Darf ich auch mal?«

Ich zeigte auf die Rennstrecke, wo Jeff gerade losfuhr. »Es ist nur ein simples Oval. Warum bist du so scharf darauf?«

Hayden deutete auf eine Maschine, die neben Daphne stand, ein kleines 50cc Pocket Bike, das wie ein Motorrad für Puppen aussah. Es reichte Hayden gerade bis zu den Knien. »Auf so einem wollte ich schon immer mal fahren.«

Dad schmunzelte. Ich war fassungslos gewesen, als er diese »Spielzeug-Maschine« gekauft hatte, doch Jungs blieben eben Jungs, auch wenn Alter und Disziplin sie härter gemacht hatten. Und natürlich hatte Dad damals eine äußerst überzeugende Erklärung parat gehabt. Er sagte, es sei gut, beim Training immer wieder für Abwechslung zu sorgen und den Körper herauszufordern. Aha.

Ich zuckte die Achseln. »Nimm es ruhig.«

Er strahlte wie ein Kind an Weihnachten, schnappte sich einen Helm, der in der Nähe herumlag, und sprang auf das winzige Motorrad. Ein erwachsener Mann auf einer derart kleinen Maschine sah lächerlich aus. Wir mussten alle lachen, als er sie startete, doch ich wusste aus eigener Erfahrung, wie beglückend es war, darauf zu fahren. So nah am Boden änderte sich die gesamte Wahrnehmung – es fühlte sich an, als würde man fünfhundert Meilen pro Stunde fahren.

Hayden fuhr los und sauste Jeff hinterher. Er sah aus wie ein Kind, das einen Erwachsenen jagt. Bei Haydens Tempo und seinem Können dauerte es nicht lange, bis er an Jeff vorbeizog. Zunächst beobachtete Daphne mit finsterer Miene, wie ihr Mann derart schnell überholt wurde, dass es wirkte, als würde er stehen, doch dann musterte sie Hayden mit anerkennendem Blick. Als ich mich umsah, bemerkte ich, dass alle Hayden mit einem anerkennenden Lächeln beobachteten. Sogar Dad wirkte beeindruckt. Hayden fuhr die kleine Maschine wie eine große, neigte sich in den Kurven tief zur Seite und richtete sich beim Herausfahren langsam wieder auf. Selbst auf einem Spielzeug fuhr er makellos.

Dad wandte sich zu mir um. »Ich glaube, es war richtig, dass du ihn in dein Team aufgenommen hast.«

Vor Überraschung blieb mir der Mund offen stehen. Als ich meine Fassung wiederfand, fragte ich Dad: »Und dass ich ihn als Freund genommen habe, war das auch richtig?«

Dads Blick sprang zurück zur Trainingsstrecke, seine Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Jeff warf gereizt die Hände in die Luft, weil Hayden ihn erneut überholte. Dad lächelte. Schulterzuckend drehte er sich wieder zu mir um: »Es widerstrebt mir zutiefst, das zuzugeben, und im Grunde kenne ich Hayden ja gar nicht. Eigentlich ist es zu früh, um etwas zu sagen, aber … bislang gefällt mir, was ich sehe.«

Er beurteilte Hayden genauso, wie er einen neuen Fahrer beurteilen würde, aber meine Güte – dass er das überhaupt zugab, war schon unglaublich. Ich konnte ein heftiges Grinsen nicht unterdrücken. Sofort wurde Dads Miene nachdenklich. »Das heißt nicht, dass ich nicht zu allem fähig bin … wenn er dir wehtut.«

Selbst diese harmlose Drohung konnte meine Hochstimmung nicht trüben. Denn es war noch gar nicht lange her, da hatte Dad darauf gehofft, dass Hayden mich verletzen würde. Er mochte ihn. Er wollte ihn immer noch nicht mögen, aber er konnte mir nichts mehr vormachen. Mein Vater akzeptierte meinen Freund. Wenn sie jetzt nur noch aufhören könnten, sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen.

Nachdem Hayden fertig war, fuhr er zu uns zurück. Er zog den Helm ab und stieg vom Bike. »Mensch, hat das Spaß gemacht!«, rief er. Ich musste über seinen Gesichtsausdruck lachen. Dass er etwas Vertrautes getan hatte – etwas, in dem er extrem gut war – , hatte ihm die Nervosität genommen. Ich bezweifelte, dass ihm immer noch schlecht war.

Ganz von allein und ohne meinen Beistand ging Hayden zu Jeff und streckte ihm die Hand hin. »Hayden Hayes. Nettes Rennen, Mann.«

Jeff grämte sich wegen seiner offensichtlichen Niederlage, aber dass Hayden von einem »Rennen« sprach, als hätte er irgendeine Chance gegen ihn gehabt, hob seine Stimmung. »Jeff. Danke. Du bist gar nicht … so übel auf dem Ding.«

Hayden beugte sich mit verschmitzter Miene zu ihm vor. »Du solltest mich erst auf einem richtigen Bike sehen.« Jeff lächelte, seine dunklen Augen funkelten amüsiert, und Hayden klopfte ihm auf die Schulter. »Komm bei Gelegenheit mal zur Rennstrecke und fahr auf einem großen Bike gegen mich.«

Wie aus einem Mund sagten Daphne, Theresa und mein Vater: »Nein.«

Daphne schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme. »Wage es ja nicht, ihn dazu zu verleiten, Hayden. Du bringst ihn noch um.« Ein besorgter Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht, und sie strich Jeff liebevoll über den Arm. Theresa sah genauso aus. Beide dachten, Jeff würde auf einem Motorrad sterben.

Dad beugte sich zu mir und sagte leise: »Ich mache mir mehr Sorgen um das Motorrad. Der Junge hat kein Talent zum Rennfahrer. Kein bisschen.«

Ich unterdrückte ein Schnauben, während Jeff entmutigt zu Daphne blickte. Hayden beugte sich vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Daraufhin hellte sich Jeffs Miene auf, und Daphne richtete ihren Unmut gegen meinen Freund. »Ich habe Nein gesagt, Hayden!«

Er lächelte sie an und warf Jeff einen verschwörerischen Blick zu. »Ich weiß«, sagte er und hielt Jeff unauffällig eine Ghettofaust hin.

Ich verdrehte die Augen. Und ich hatte mir Sorgen gemacht, dass mein Vater meinen Freund umbringen würde. Wenn er so weitermachte, würde meine Schwester diejenige sein, die ihn unter die Erde brachte. Ich trat zu Hayden, packte ihn am Ellbogen und zog ihn in Richtung Haus. »Wie wäre es, wenn wir reingehen und mit dem Essen anfangen. Hayden hat morgen noch eine Menge zu tun.«

Seufzend ließ Hayden den Kopf hängen. »Gott, ich hasse Umzüge.«

Auf dem Weg zurück zum Wohnzimmer lächelte ich ironisch. »Dein Kram passt doch in ein Auto. So schlimm kann es ja wohl nicht sein.«

Er grinste mich an, dann seufzte er. »Es geht ums Prinzip. Ich habe es satt, immer wieder umzuziehen …«

In seine Stimme schlich sich ein sehnsüchtiger Ton, und ich legte ihm sanft eine Hand auf den Arm. »Das muss nicht ewig so weitergehen«, erklärte ich. Mehr als dieses Fast-Versprechen, dass wir eines Tages zusammenziehen würden, konnte ich ihm nicht geben. Ich konnte nicht verkünden, dass wir für immer glücklich sein würden, wenn wir es langsam angehen lassen wollten.

Theresa, die seine Bemerkung über Umzüge gehört hatte, fragte: »Du und Kenzie zieht zusammen? Das ist ja toll!«

Sofort erlosch der zufriedene Ausdruck in Dads Augen, und er bedachte Hayden mit einem Blick, der deutlich sagte: Vergiss alles, was ich jemals Nettes zu dir gesagt habe. Dad fand es eindeutig zu früh, dass Hayden und ich zusammenzogen.

Ich hoffte, dass Dad freundlich blieb, und erklärte Theresa: »Nein, er zieht zu Nikki.«

Daraufhin verstummte der gesamte Raum. Daphnes Blick glitt zwischen Hayden und mir hin und her, als würde sie plötzlich nicht mehr begreifen, was sie sah. »Er zieht mit einer anderen Frau zusammen und … du hast kein Problem damit?«

Hayden fuhr sich mit der Hand durchs Haar, wieder wirkte er unsicher. »Es ist nicht … Sie ist nicht … Ich helfe ihr nur, und sie hilft mir – es ist rein freundschaftlich.«

Daphne schürzte die Lippen. »So fängt es immer an.«

Dad verschränkte die Arme und durchbohrte Hayden mit seinem Blick. Ich starrte alle im Zimmer wütend an und erklärte: »Nikki ist schwanger und macht sich Sorgen, dass sie nicht mehr mit ihrem Geld auskommt. Hayden zieht bei ihr ein, um sie finanziell zu unterstützen.«

Ich betonte das Wort »finanziell« und warf allen erneut böse Blicke zu, sie sollten meinen Freund ja nicht des Fremdgehens verdächtigen. Leider wussten alle, dass ich diesen Verdacht vor gar nicht langer Zeit selbst gehegt hatte. Sie wussten von der Trennung, und sie wussten von der Person, die das Ganze ausgelöst hatte. Ich setzte eine entschlossene Miene auf, um ihnen klarzumachen, dass ich meinem Partner voll und ganz vertraute.

Die Atmosphäre im Raum war äußerst angespannt, doch seltsamerweise sorgte ausgerechnet mein Vater für Entspannung. »Nikki ist schwanger? Ich wusste gar nicht, dass sie einen Freund hat.«

An der Art, wie er das sagte, merkte ich, dass ihm das Thema im Grunde unangenehm war und er nur ablenken wollte. Ich entspannte mich und erklärte ihm: »Hat sie auch nicht. Es war eine Art … Unfall.«

»Wer ist der Vater?«, erkundigte sich Theresa neugierig.

Ich zuckte innerlich zusammen und biss mir auf die Lippe. »Myles …«

Die Augen meines Vaters verengten sich auf Stecknadelgröße. »Myles Kelley hat sie geschwängert?«

Seufzend hob ich die Hände. »Nicht. Ich kenne diesen Ausdruck bei dir, und ich weiß, dass du ›ein Wörtchen mit ihm reden‹ willst, aber bitte – lass es. Myles und Nikki verstehen sich gut. Sie kommen klar.«

Dad zeigte auf Hayden. »Warum zieht er dann bei ihr ein und nicht Myles? Warum drückt sich Myles vor der Verantwortung?«

»Das tut er nicht, aber mit Myles und Nikki – das ist kompliziert«, sagte ich und wusste genau, dass diese Antwort meinem Vater nicht genügte.

Während ich beobachtete, wie er langsam den Kopf schüttelte, hätte ich mich ohrfeigen können. Ich hätte Nikkis Situation Dad gegenüber niemals erwähnen dürfen. Zweifellos würde er sich Myles demnächst vorknöpfen. Und daraufhin würde Myles ein Wörtchen mit mir reden. Na toll.

Nach dem Essen fuhr ich mit Hayden zu mir, damit er mit dem Wagen, den er sich von Aufreißer, wie sein Freund Tony von den meisten genannt wurde, geliehen hatte, zu Aufreißers Haus in San Diego zurückfahren konnte. Ich war froh, dass er die lange Fahrt, die er zweimal täglich auf sich genommen hatte, nun zum letzten Mal machen musste. Wenn er bei Nikki einzog, war sein Arbeitsweg deutlich kürzer.

»Und? War es so schlimm, wie du befürchtet hast?«, fragte ich.

Er machte ein nachdenkliches Gesicht und ließ sich mit der Antwort einen Augenblick Zeit. »Hmmmm? Das Abendessen? Ach, nein – ich fand es eigentlich ganz nett.«

Als wir uns einer roten Ampel näherten, blickte ich zu ihm hinüber. »Warum siehst du dann so aus, als würde dich irgendetwas beschäftigen?«

Seufzend sah er mich an. »Vermutlich, weil es so ist.«

Gegen meinen Willen wurde mir bang ums Herz. Hatte es mit uns zu tun? »Was ist los?«

Hayden machte ein finsteres Gesicht, was mich nicht gerade beruhigte. »Es ist nur – vielleicht hat dein Dad recht. Vielleicht sollte ich nicht zu Nikki ziehen. Vielleicht will Myles bei ihr einziehen und ist sauer auf mich, weil ich ihm zuvorkomme oder so.«

Erleichtert begriff ich, dass seine Sorgen nichts mit uns zu tun hatten. »Moment, du bist mit meinem Vater einer Meinung?« Hayden lächelte etwas gequält. Ich schüttelte den Kopf. »Myles kommt nicht aus seinem Mietvertrag raus, das weißt du doch. Er kann jetzt nicht mit ihr zusammenziehen.«

Nachdenklich schürzte Hayden die Lippen. »Ich könnte mit ihm tauschen. Der Vermieter würde das wahrscheinlich gar nicht mitbekommen.«

Wieder schüttelte ich den Kopf und erklärte: »Vielleicht – aber Nikki ist noch nicht so weit. Sie muss sich erst an dieses Elternding gewöhnen. Wenn Myles ständig in ihrer Nähe ist, fällt ihr das sicher noch schwerer.«

»Ich dachte, sie wären beste Freunde«, entgegnete er verwirrt.

Als die Ampel auf Grün umsprang, entfuhr mir ein tiefer Seufzer. »Ja – das stimmt, aber momentan ist die Lage etwas angespannt.«

Hayden grinste mich schief an. »Ah, ja – mit Spannungen kenne ich mich ziemlich gut aus.«

Ich lachte, dann fragte ich: »Warum hast du wirklich Bedenken? Du hast doch nicht nur Angst, Myles zu verärgern.«

Hayden antwortete nicht sofort, und als ich ihn verstohlen beobachtete, hielt er nachdenklich den Kopf gesenkt. Schließlich sagte er: »Ich habe gemerkt, wie deine Schwestern mich angesehen haben. Ich möchte nicht, dass du mich jemals so ansiehst.« Er hob den Kopf und blickte mich durchdringend an. »Bist du dir sicher, dass du damit kein Problem hast, Kenzie?«

Ich schenkte ihm ein unbekümmertes Lächeln, um ihm zu zeigen, dass ich wirklich keinerlei Bedenken hatte. »Ich habe dir doch gesagt, dass das für mich okay ist, und das habe ich auch so gemeint.« Nachdenklich fügte ich hinzu: »Und außerdem ist es mir lieber, du wohnst mit Nikki zusammen als in diesem Party-Haus voller Singles. Du und Nikki bereitet mir deutlich weniger Bauchschmerzen.«

Hayden lachte und legte mir eine Hand aufs Knie. »Gut. Ich will nämlich nicht, dass du dir meinetwegen noch mal Sorgen machst. Ich will keine andere.«

»Ich weiß«, flüsterte ich und lächelte angespannt. Oder zumindest hoffte ich, dass ich das wusste.

Als wir schließlich bei mir zu Hause eintrafen, fiel es mir schwer, mich von Hayden zu verabschieden. Mein Kopf sagte mir, ich sei albern und sollte ihn mit reinnehmen. Mein Herz schrie, ich sollte Fenster und Türen verrammeln und mich für den unvermeidbaren Sturm wappnen. Ich war hin- und hergerissen, und eben weil ich so hin- und hergerissen war, wusste ich, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war. Ich musste noch etwas auf Distanz bleiben, nur noch ein bisschen.

Hayden drängte mich nicht, sondern gab mir zärtliche Küsse, die mich atemlos zurückließen. Als ich seine Lippen auf meinen spürte, geriet mein Entschluss ins Wanken. Vielleicht konnte ich es ja doch. Vielleicht, wenn er nur mit ins Wohnzimmer kam. Vielleicht, wenn wir nur auf dem Sofa saßen und uns küssten. Es musste ja nicht weitergehen. Ich musste ihm nicht das Hemd vom Leib reißen, jeden Zentimeter seines Oberkörpers spüren, zärtliche Küsse auf seinem Bauch verteilen …

Sofort rückte ich von ihm ab und stellte erschrocken fest, dass ich schwerer atmete. Hayden musterte mich besorgt, bis er bemerkte, wie erregt ich war. »Kenzie«, murmelte er. »Ich weiß, du willst es langsam angehen lassen – aber wenn du bereit bist, die Dinge ein bisschen zu beschleunigen, brauchst du es nur zu sagen.«

Ich biss mir auf die Lippe und sah ihn an. Gott, ja, ein Riesenteil von mir wollte das Tempo beschleunigen. Aber ihn zu mir hereinzubitten, ihn in mein Herz zu lassen, ihm meine Seele zu öffnen – bei dem Gedanken zog sich mein Magen zusammen. Als ich darüber sinnierte, ob ich einen Schritt weitergehen sollte, schlugen mir all die Lügen, die ich mir von ihm hatte anhören müssen, wie Peitschenhiebe entgegen und erstickten meine Lust. Ich habe gesagt, ich würde dir die Wahrheit sagen. Ich habe nur nie gesagt, wann ich sie dir sage.

Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter und schüttelte den Kopf. »Nein …« Meine Augen brannten, als ich erneut mit jeder Faser den Schmerz über seinen Verrat spürte. Würde ich je ganz darüber hinwegkommen? Gott, hoffentlich. »Noch nicht«, murmelte ich.

Hayden wirkte enttäuscht, doch er nickte verständnisvoll. »Okay, Kenzie.« Ein Moment herrschte angespanntes Schweigen zwischen uns, dann flüsterte er: »Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe.«

Aufsteigende Tränen verschleierten meinen Blick, und ich konnte ihn kaum erkennen. »Ich weiß. Das weiß ich.« Ich drängte die Tränen zurück. Es gab keinen Grund, sich unnötig im Unglück zu suhlen. Wir waren wieder zusammen, wir waren glücklich, wir schauten nach vorn. Ich musste den Schmerz hinter mir lassen – ehe er uns kaputtmachte.

Ich lächelte so strahlend, wie ich nur konnte, und küsste ihn zärtlich auf die Wange. »Bis morgen, Hayden. Ich bin in aller Herrgottsfrühe bei dir – also bleib nicht so lange auf.« Das lange Aufbleiben riss erneut eine Wunde in mir auf. Wir hatten uns voneinander entfernt, weil er bis spät in die Nacht fort gewesen war – mit ihr.

Es ist nichts passiert, er hat es für dich getan. Er hat sich für dich entschieden. Er will nichts von ihr.

Ich hoffte inständig, dass meine Augen trocken blieben, und gab ihm einen letzten Kuss, dann drehte ich mich um und lief eiligen Schrittes zur Haustür. Am besten ging ich schnell hinein, nur für alle Fälle. Als ich gerade den Schlüssel ins Schloss steckte, ließ Haydens Stimme mich innehalten. »Ich liebe dich, Kenzie.«

Ich erstarrte, jeder Muskel in meinem Körper spannte sich. Wir hatten mit diesen Worten gespielt, es aber vermieden, sie direkt auszusprechen. Widersprüchliche Gefühle stürmten auf mich ein, als ich mich zu Hayden umdrehte – Freude … und Schmerz. »Ich liebe dich auch«, flüsterte ich mit einem kleinen, traurigen Lächeln auf den Lippen. Dann eilte ich ins Haus und schloss rasch die Tür hinter mir.

Diese Worte hätten mich in Hochstimmung versetzen müssen, ich müsste mich locker und leicht fühlen, unbesiegbar. Doch so war es nicht. Einerseits ging ich wie auf Wolken, war heiter und beschwingt. Doch meine dunkle, verletzte Seite hatte das Gefühl, als habe sich gerade ein Riesenkrater um mich herum aufgetan und ich könnte jeden Augenblick über den Rand in den Abgrund stürzen. Als erwartete mich nichts als Schmerz. Unausweichlicher Schmerz.

Nein, so muss es nicht sein. Nicht jede Beziehung ist verdammt. Solange Liebe da ist, gibt es Hoffnung.

Und tief in meinem Herzen wusste ich, dass Hayden mich wirklich liebte. Dass seine Liebe für mich fest und unerschütterlich war. Aber genügte das, um den Abstand zwischen uns zu überwinden? Wenn man das Vertrauen zu jemandem verloren hatte, konnte man ihm dann je wieder bedingungslos vertrauen? Oder würde ich von jetzt an bis zum Ende meiner Tage von Zweifeln verfolgt werden? Würden die Dornen in meinem Herzen unablässig neue Wunden reißen, die immer wieder aufs Neue heilen mussten? Das klang ermüdend.

Da ich ein bisschen freundschaftlichen Beistand und Rat brauchte, holte ich das Telefon hervor und rief Nikki an – meine beste Freundin, meine Vertraute, meine weibliche bessere Hälfte. Während es klingelte, hörte ich Hayden davonfahren, was meine widersprüchlichen Gefühle noch verstärkte. Ich wollte Abstand zu ihm, aber ich wollte ihm auch nah sein. Wie diese Gefühle nebeneinander existieren konnten, würde ich nie verstehen.

»Hey, Süße«, sagte Nikki, als sie abhob. »Wie ist es gelaufen?«

Ich wusste, dass sie das Essen bei meinem Vater meinte, und seufzte. »Gut. Erst war es ein bisschen komisch, aber dann … ging es gut.«

»Warum klingst du dann so bedrückt?«, fragte sie.

Erschöpft von dem emotionalen Hin und Her ließ ich mich aufs Sofa fallen. »Hayden hat mir gesagt, dass er mich liebt«, teilte ich ihr melancholisch mit.

»Normalerweise würde ich dir dazu gratulieren – aber irgendwie habe ich das Gefühl, das wäre jetzt nicht angebracht. Warum ist das nicht gut? Willst du ihn doch nicht?«, fragte sie.

Auch wenn Nikki es nicht sehen konnte, schüttelte ich den Kopf. »Nein, ich will mit ihm zusammen sein, nur manchmal … tut es weh, dass das so ist. Manchmal … habe ich Angst. Ich will nicht noch einmal verletzt werden.«

Ein mitfühlender Laut drang an mein Ohr. »Das verstehe ich, Kenzie, ehrlich. Aber wenn du ihn weiterhin auf Abstand hältst, wozu seid ihr dann zusammen? Irgendwann musst du aufhören, nur den Zeh ins Wasser zu stecken, und hineinspringen.«

Ihre Schwimm-Metapher brachte mich zum Lächeln. »Ich weiß. Es ist nur ziemlich schwierig. Ständig habe ich diese schrecklichen Gedanken. Und Träume. Die sind sogar noch schlimmer als meine Gedanken.«

»Wem sagst du das«, entgegnete sie. »Gestern Nacht habe ich geträumt, das Baby wäre ein Alien aus dem Weltall. Es schoss aus meiner Vagina, dann hat es versucht, mich umzubringen.«

Unwillkürlich musste ich lachen. Aus tiefstem Herzen. Nikki schnaubte, als wäre sie beleidigt. »Das ist nicht lustig, Kenzie. Das könnte tatsächlich passieren. Schließlich ist das Baby von Myles.«

Ich wischte mir über die Augen und musste wieder lachen. Anschließend fragte Nikki tonlos: »Besser?«

Und überraschenderweise ging es mir besser. Humor hatte eine verblüffend beruhigende Wirkung auf Angst. »Ja, danke – und bitte ruf mich an, wenn du noch mehr solcher Albträume hast.«

Schließlich lachte Nikki ebenfalls. »Das mach ich.«

Ich fühlte mich wieder ruhig und geborgen und erklärte ihr: »Danke, Nikki, das habe ich gebraucht. Und, nur damit du es weißt, mit dem Baby wird alles gut. Du hast mich, du hast Myles, und du hast Hayden. Du musst das alles nicht allein durchstehen.«

Wieder schnaubte sie, doch diesmal klang es gerührt. »Danke, Kenzie. Mir gehen eigentlich täglich die Nerven durch. Nächste Woche ist meine erste Untersuchung beim Arzt. Kommst du mit?«

»Na klar«, sagte ich und lächelte ins Telefon. »Kommt Myles auch?« Es folgte eine lange Pause, und ich sah vor mir, wie sie an ihrer Lippe nagte. »Oh, meine Güte, Nikki. Ruf sofort den Kindsvater an, wenn wir aufgelegt haben, und sag ihm Bescheid. Okay?«

»Okay«, murmelte sie, ganz offensichtlich nicht glücklich.

»Bis morgen«, sagte ich und legte auf, bevor sie ihre Meinung änderte und eine Ausrede fand, Myles nicht anzurufen. Aus irgendeinem Grund wollte Nikki Myles gegenüber so tun, als existierte das Baby gar nicht. Vermutlich kämpfte auch sie mit ihren Ängsten, und wahrscheinlich gingen sie tiefer als meine.

Ich starrte auf mein Telefon, ich musste etwas tun. Ich musste mir einen Ruck geben, auch wenn ich mich lieber zurückziehen wollte. Ich öffnete meine Kontakte und scrollte zu Haydens Decknamen – Riesenarsch. Ich klickte auf das Nachrichtensymbol und schrieb ihm einen Satz, den ich ihm schon sehr lange nicht mehr geschickt hatte. »Ich liebe dich.«

Nachdem ich die Nachricht abgeschickt hatte, wartete ich mit klopfendem Herzen darauf, dass die widersprüchlichen Gefühle zurückkehrten. Doch das war nicht der Fall. Es ging mir weiterhin gut, und diesen kleinen Fortschritt nahm ich als Sieg.

Hayden antwortete mir, als er nach Hause kam – braver Junge. »Ich liebe dich auch. Bis dann, Süße.« Als ich seine Nachricht las, konnte ich mir leicht vorstellen, wie er dabei zufrieden grinste. Das löste meine Anspannung noch mehr, und als ich in den Schlaf sank, tröstete mich die Tatsache, dass, zumindest heute, die Hoffnung über den Zweifel gesiegt hatte.

Kapitel 2

Wie versprochen machte ich mich früh auf den Weg zu Aufreißer und Hayden. Aufreißer wohnte im Herzen der Stadt, in einer etwas zwielichtigen Gegend. Alle Gärten waren eingezäunt, und überall gab es Graffitis. Aufreißer und Izzy waren in der Nähe aufgewachsen, Hayden später ebenfalls. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie sie als Kinder hier herumgelaufen waren, aber irgendwie gelang es mir nicht.

Als ich Aufreißers Flachbau erreichte, fiel mir unweigerlich auf, dass seine Einfahrt die einzige in der Straße war, in der nur ein Wagen stand. Noch war das ein eher ungewöhnlicher Anblick. Hayden hatte mir erzählt, dass bei Aufreißer bis zu seinem kürzlich eingetretenen Sinneswandel ständig Partys stattgefunden hatten. Dass das Haus jetzt so ruhig dalag, musste auf die Nachbarn besorgniserregend wirken.

Ich parkte hinter Aufreißers Wagen, stieg aus und ging zum Haus. Kurz überlegte ich, ein Weihnachtslied zu klingeln, wie Hayden es oft bei mir tat, überlegte es mir dann jedoch anders. Vermutlich schlief Aufreißer noch.

Anstatt zu klopfen, schrieb ich Hayden eine Nachricht und ließ ihn wissen, dass ich vor der Tür stand. Er sah hinreißend müde und verstrubbelt aus, als er öffnete, um mich hereinzulassen. »Hallo, Zweiundzwanzig«, begrüßte er mich gähnend. »Ich wusste ja, dass du früh kommst, aber mir war nicht klar, dass du mit der aufgehenden Sonne um die Wette fahren würdest.« Er blickte zu dem hellen Sonnenlicht hinauf, dann schüttelte er den Kopf. »Sorry, Süße, aber ich glaube, du hast das Rennen verloren. Ich habe allerdings Donuts als Trostpreis.«

Er hielt mir die Tür auf, und ich warf ihm einen bösen Blick zu. »Du weißt doch, dass ich das Zeug nicht essen darf, wenn ich trainiere. Und du im Übrigen auch nicht. Beim ersten Rennen brauche ich dich in Topform.«

Als ich an ihm vorbeiging, zog er eine Augenbraue nach oben. »Im März? Ich glaube, bis dahin bin ich fit.« Er hob sein Shirt hoch, um mir seine stahlharten Bauchmuskeln zu zeigen, für die jedes männliche Model zu töten bereit gewesen wäre. »Sieh nur – alles fest, kein Speck. Wenn du Rettungsringe entdeckst, darfst du mir die Donuts wegnehmen.«

Der Anblick seines muskulösen, flachen Bauchs verwirrte mich derart, dass ich nur »Klar …« murmelte.

Hayden lachte über meine Miene und ließ das Shirt herunter, dann zog er mich in seine Arme. »Ich bin froh, dass du da bist«, sagte er und klang dabei so erleichtert, als hätte er nicht wirklich mit meinem Kommen gerechnet.

Ich rückte von ihm ab und bemerkte einen sorgenvollen Ausdruck in seinen Augen. »Mein Freund zieht mit meiner schwangeren besten Freundin zusammen – wie könnte ich mir das entgehen lassen?«

Seine smaragdgrünen Augen hellten sich auf. Er taxierte mich, schließlich lachte er. »Ja, das wird auf jeden Fall … interessant. Komm, frühstücke mit mir. Wir müssen uns stärken, bevor wir loslegen.«

Er nahm meine Hand und führte mich in die Küche. Auf dem Weg ließ ich den Blick umherschweifen. Aufreißer hatte schon eifrig gepackt, überall standen Kartons. Er hatte das Haus verkauft, um mit Izzy und Antonia in eine freundlichere Gegend zu ziehen. Abgesehen davon, dass er mir die ganze Ausrüstung für Cox Racing gekauft hatte, war es das Selbstloseste, was ich je bei ihm erlebt hatte.

Als wir in die Küche kamen, stellte ich überrascht fest, dass Aufreißer schon wach war – und Haydens Donuts verspeiste. Er mochte sich verändert haben, ein ganz anderer Mensch war er deshalb allerdings nicht geworden. »Hallo, Alter – Kenzie. Danke für die Fressalien«, sagte er und hielt ein Stück Apple Pie hoch.

Hayden sah ihn mit finsterer Miene an. »Den habe ich für Kenzie gekauft. Darum war ein großes K darauf.«

»Schon okay«, schaltete ich mich ein. »Meine Hüften brauchen das nicht.«

Aufreißer nickte, als wäre er meiner Meinung. Yep. Ein Teil von ihm war noch ganz der Alte. Ein Arsch. »Siehst du«, sagte er. »Ich wusste, dass sie das nicht isst. Irgendwie traurig, dass ich deine Freundin besser kenne als du.«

Hayden seufzte, dann schüttelte er den Kopf. »Egal, Tony. Hast du mir ein paar Kartons übrig gelassen?«

Er nahm noch einen großen Bissen und nickte. »Stehen in der Garage. Viel Glück.«

Mit diesen Worten klopfte er Hayden auf den Rücken und verließ den Raum. Hayden sah ihm hinterher, dann wandte er sich wieder den Donuts zu. Und wurde wütend. »Verdammt, Tony, den Donut mit Ahornglasur hast du auch gegessen?« Als Antwort ertönte nur Aufreißers Lachen.

Resigniert wandte sich Hayden zu mir um. »Ich kann es nicht erwarten auszuziehen.«

Lachend nahm ich einen Donut mit Marmelade und reichte ihn ihm. »Hier, iss den schnell, bevor er zurückkommt.«

Hayden seufzte erneut, dann verschlang er ihn mit drei Bissen. Mit großen Augen beobachtete ich ihn. »Was ist?«, fragte er. »Du hast gesagt, ich soll ihn schnell aufessen.«

Kopfschüttelnd küsste ich ihn auf die Wange. »Wenn du so weitermachst, dauert es nicht mehr lange, dann hast du Rettungsringe.«

Er leckte sich die Finger ab und wackelte anzüglich mit den Brauen. »Dann muss ich sie mir eben wieder abtrainieren.« Sofort besann er sich und fügte hinzu: »Wenn du soweit bist, natürlich.«

Klar – wenn ich so weit war. Bereit, ihm mein Herz ganz anzuvertrauen, bereit loszulassen. Nikkis Ratschlag ging mir durch den Kopf und verstärkte meine Verwirrung. Wenn du ihn weiterhin auf Abstand hältst, wozu seid ihr dann zusammen? Mir war klar, dass sie recht hatte, aber so weit war ich noch nicht. Ich wandte mich von Hayden ab und sagte schnell: »Wir sollten anfangen, ich hole die Kartons.«

Hayden schwieg, als ich den Raum verließ, und die Stille zwischen uns erschien mir wie eine kalte, feuchte Decke, die sich auf meine Haut legte und mich niederdrückte. Es war furchtbar. Auch wenn ich mir sicher war, dass Hayden mir so viel Zeit ließ, wie ich brauchte, der Countdown für unsere Beziehung lief. Entweder ließ ich ihn an mich heran … oder ich gab ihn frei – beides machte mir eine Heidenangst. Und auch wenn Hayden mich kein bisschen unter Druck setzte, kam es mir vor, als hockte ich in einem Stundenglas und versuchte, die Ruhe zu bewahren, während mich der Sand langsam unter sich begrub.

Als ich kurz darauf in seinem Zimmer wieder auf Hayden traf, wirkte er überhaupt nicht verstimmt, weil ich vor ihm davongelaufen war. Vielmehr war er ausgesprochen gutgelaunt, als ich anfing, die Kartons auseinanderzufalten. Daraufhin fühlte ich mich auch wieder besser. Es war okay – wir würden das schaffen.

Er schnappte sich ein paar Sachen vom Bett und erklärte: »Es wird schön, wieder nah bei dir und bei der Trainingsstrecke zu wohnen. Dieses Pendeln war ziemlich nervig. Und Tony hatte es satt, mir ständig sein Auto zu leihen. Seine neu entdeckte Großzügigkeit hat ihre Grenzen.« Lachend warf er Kleidung in einen Karton.

»Womit fährst du denn jetzt?«, fragte ich.

Hayden hielt nachdenklich inne. »Ehrlich gesagt weiß ich das nicht. Ich muss mir bald was überlegen.«

Ich kaute auf meiner Lippe und sagte: »Du könntest meine Straßenmaschine nehmen. Ich habe ja den Truck, im Grunde brauche ich sie nicht.«

Noch ehe ich zu Ende gesprochen hatte, schüttelte Hayden den Kopf. »Nein, wir lassen es langsam angehen. Ich will nicht, dass du dich verpflichtet fühlst, mir zu helfen.«

Ich verschränkte die Arme. »Ich darf meinem Freund gar nicht helfen?«

Mit schiefem Lächeln erwiderte er: »Du hilfst mir doch jetzt.«

Mit erhobener Braue wartete ich auf eine richtige Antwort auf meine Frage. Daraufhin hielt er im Packen inne und drehte sich zu mir um. »Ich will kein Almosen von dir, Kenzie. Ich bin nicht blind. Ich weiß, dass zwischen uns noch nicht alles wieder hundertprozentig normal ist. Und ich will nicht, dass etwas unsere Beziehung belastet, solange sie noch so … labil ist. Keine Vorwürfe, keine schlechten Gefühle, keine Bitterkeit – nichts. Ich will nicht, dass du dich von mir ausgenutzt fühlst.« Er lächelte schwach. »Und außerdem wird es Zeit, dass ich auf eigenen Füßen stehe. Ich will das allein hinkriegen.«

Es schmerzte, dass er sagte, zwischen uns sei noch nicht wieder alles hundertprozentig normal, aber es stimmte. Und vielleicht war es richtig, unsere Beziehung nicht unnötig zu belasten, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, mich jemals von ihm ausgenutzt zu fühlen. »Ich verstehe, dass du es allein schaffen willst. Das war mit ein Grund, warum ich mir meine eigenen Ducatis gekauft habe, anstatt sie von meinen Vater bezahlen zu lassen.«

Hayden grinste. Schulterzuckend fragte ich: »Darf ich dir wenigstens bei der Suche helfen?«

»Natürlich«, sagte er.

Wie ich es vorhergesagt hatte, dauerte es nicht lange, Haydens Zeug zusammenzupacken und in mein Auto zu verfrachten. Er besaß nicht viel. Ob sich Haydens Angewohnheit, wenig zu besitzen, ändern würde, wenn er ernsthaft Wurzeln schlug? Wurzeln, zu denen ich zum Glück noch gehörte?

Wir verabschiedeten uns von Aufreißer, stiegen in den Truck und fuhren zurück nach Oceanside. Nachdem Hayden nun sicher war, dass ich nichts dagegen hatte, dass er mit meiner besten Freundin zusammenzog, war er ganz aus dem Häuschen vor Freude. Er hüpfte auf dem Sitz auf und ab, trommelte mit den Fingern zum Takt der Musik aus dem Radio und summte vor sich hin. Und er hörte nicht auf zu grinsen. Er freute sich auf diesen Umzug, er wollte unbedingt ein neues Kapitel in seinem Leben aufschlagen. In unserem Leben.

Trotz meiner wankenden Gefühle freute ich mich auch. »Ich bin so froh, dass es endlich so weit ist. Schön, dass du jetzt wieder näher bei mir bist.«

Hayden wandte mir sein umwerfendes Lächeln zu. »Ich weiß. Obwohl Aufreißer ein besserer Freund ist als früher, war es dort ganz schön einsam. Ich habe dich vermisst.«

Er legte mir eine Hand aufs Knie, und mein Herz tat einen Sprung. »Ich habe dich auch vermisst«, erwiderte ich leise. Und in gewisser Weise vermisste ich ihn noch immer. Ich vermisste uns – wie wir früher waren. Hoffentlich konnte es wieder so sein.

Schneller als erwartet hielten wir vor Nikkis Wohnung, die nur wenige Blocks von meinem Haus entfernt lag. Zum Glück hatte sie zwei Zimmer, sodass Hayden sein Reich für sich hatte, zumindest bis das Baby größer wurde.

Ich parkte den Truck neben Nikkis Smart. Wahrscheinlich musste sie sich bald ein größeres Auto zulegen. Auf der anderen Seite von Nikkis Wagen stand das Fahrzeug einer Person, die ich heute hier nicht erwartet hatte: Myles. Es freute mich, dass er da war. Er bemühte sich bereits, ein guter Vater zu sein, indem er Nikki in diesem möglicherweise nicht ganz einfachen Veränderungsprozess unterstützte. Entweder das, oder ihm war langweilig.

Hayden und ich sprangen aus dem Truck, nahmen jeder einen Karton und machten uns auf den Weg zu Nikkis Erdgeschosswohnung. Als ich an die Tür kam, hörte ich innen leise, aufgebrachte Stimmen. Was eher ungewöhnlich war. Normalerweise hörte ich nichts als Lachen, wenn Nikki mit Myles zusammen war. »Nik«, rief ich und stieß mit der Schuhspitze gegen die Tür. »Wir sind da.«

Das Gespräch wurde fortgesetzt, ohne dass jemand Notiz von mir nahm. »Nik?«, rief ich noch einmal.

Schließlich kamen die Stimmen näher. Als die Tür aufschwang, hörte ich Myles sagen: »Ich weiß, aber das heißt nicht, dass es mir gefallen muss.« Als er Hayden und mich vor der Tür stehen sah, verstummte er.

»Was muss dir nicht gefallen?«, fragte ich.

Myles warf einen kurzen Blick zu Hayden, dann setzte er ein lockeres Lächeln auf. »Nichts. Schön, euch zu sehen.«

Ich blickte zu Nikki, die neben ihm stand und leicht gereizt wirkte. »Kommt rein«, sagte sie und machte Platz, damit wir eintreten konnten.

Anspannung lag im Raum, als ich zwischen meinen besten Freunden hin- und hersah, die sich ganz offensichtlich über etwas gestritten hatten. Oder über jemanden. »Kommen wir gerade ungünstig?«, fragte ich und rückte den Karton in meinen Händen zurecht.

Nikki schüttelte den Kopf, ihr langer dunkler Pferdeschwanz schwang um ihre Schultern »Natürlich nicht. Ich zeige dir dein neues Zimmer, Hayden.«

Als sie ihn hereinwinkte, stellte ich fest, dass ihre Schwangerschaft nun nicht mehr zu übersehen war. Entweder trug sie endlich Sachen, die ihr passten, oder ihr Körper fühlte sich frei, an Umfang zu gewinnen, nachdem wir alle von dem Baby wussten. Ich bemerkte, dass Myles Hayden und Nikki mit skeptischer Miene hinterhersah.

Als die zwei außer Hörweite waren, ging ich zu ihm. »Was ist los?«

Sofort setzte er eine neutrale Miene auf. »Nichts. Das ist toll. Ganz … toll.«

Ich verzog missbilligend die Lippen und sah ihn durchdringend an. »Du hast gesagt, du hättest kein Problem mehr mit Hayden. Dass du ihm verziehen hast.«

Er schüttelte den Kopf. »Das habe ich auch, und es hat nichts mit ihm persönlich zu tun.« Er deutete den Flur hinunter, wo sich Hayden und Nikki unterhielten. »Es ist nur, da drin wächst mein Kind heran, und das ist mein …« Er presste die Lippen zusammen und zögerte. »Es ist nur einfach seltsam, dass ein Typ hier wohnt, das ist alles. Nikki ist immer … Single gewesen. Größtenteils. Jedenfalls hatte sie nie etwas Ernsthaftes.«

»Also, Hayden ist nicht hier, um sich an Nikki ranzumachen, falls du dir deshalb Sorgen machst. Wenn es dich beruhigt, stell dir einfach vor, er wäre eine Frau.« Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, verzog ich das Gesicht.

Myles grinste mich an. »Ich kann nicht glauben, dass du das gerade gesagt hast.«

»Und ich kann nicht glauben, dass du eifersüchtig bist«, konterte ich.

Er reagierte gereizt. »Ich bin nicht eifersüchtig. Es ist nur … komisch. Ich finde es eben seltsam, das ist etwas vollkommen anderes.«

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Aha.«

»Kenzie?«, rief Nikki. »Bist du unterwegs verloren gegangen? So lang ist der Flur doch gar nicht.«

Noch immer lächelnd rief ich zurück: »Komme schon.«

Myles rollte mit den Augen und blieb im Wohnzimmer, während ich mit dem Karton den Flur hinunterging.

Hayden und ich mussten noch zweimal zum Truck, dann war Hayden mit seinem gesamten Hausstand eingezogen. Als wir in seinem neuen – aber kleinen – Zimmer standen, blickte ich mich nachdenklich um. »Du hast kein Bett. Oder eine Kommode. Du hast überhaupt nicht gerade viele Möbel.«

Hayden lächelte, als ich den Karton absetzte. »Ich glaube, wir sind fertig. Sieht aus, als würde ich eine Weile aus Kartons leben.«

Seine Antwort gefiel mir nicht. »Du kannst doch nicht auf Kartons schlafen.«

Hayden trat zu mir und legte mir die Hände auf die Arme. »Ich schlafe auf dem Sofa, bis ich ein Bett habe. Ich komme schon klar.«

Noch immer nicht zufrieden schüttelte ich den Kopf. »Warum hast du gar keine Möbel? Ich meine, ich weiß, dass Keith dir eine Menge zur Verfügung gestellt hat, als du bei ihm gewohnt hast, aber was war davor? Hast du nie welche besessen?«

Haydens Miene verdunkelte sich. »Als Felicia und ich … zusammengewohnt haben … da hatte ich Sachen. Aber nachdem sie weg war und mir klar wurde, dass sie nicht zurückkommt, habe ich ein Lagerfeuer gemacht.«

Es versetzte mir einen Stich, ihren Namen zu hören, zugleich blieb mir vor Überraschung der Mund offen stehen. »Du hast all deine Sachen verbrannt? Deine ganzen Möbel?«