Perry Rhodan 16: Die Posbis (Silberband) - Clark Darlton - E-Book

Perry Rhodan 16: Die Posbis (Silberband) E-Book

Clark Darlton

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Beschreibung

Am Rand der Milchstraße tobt eine unwirkliche Schlacht: Raumschiffe jener unsichtbaren Wesen, mit denen Perry Rhodan schon einmal zusammengetroffen ist, greifen irrsinnig aussehende Schiffskonstruktionen unbekannter Herkunft an. Bald darauf werden auch Terraner und Arkoniden in diese Kämpfe verwickelt. Die seltsamen Raumschiffe, von den Menschen Fragmentraumer genannt, gehören einer rätselhaften Robotzivilisation an. Die Maschinenwesen scheinen alles Organische zu hassen; sie beginnen mit heftigen Angriffen auf die bewohnten Planeten der Milchstraße. Einsatzkommandos der Terraner finden das Besondere an den Robotern heraus: Neben ihrem positronischen Maschinengehirn besitzen sie eine organische Komponente, das sogenannte Zellplasma. Sie sind Posbis - positronisch-biologische Wesen. Im Leerraum zwischen den Galaxien werden die Posbi-Welten Fargo und Everblack entdeckt. Und während Perry Rhodan dem Rätsel der Posbis auf der Spur ist, greifen die Fragmentraumer den Kugelsternhaufen M 13 an. Sie wollen Arkon vernichten ...

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Nr. 16

Die Posbis

Am Rand der Milchstraße tobt eine unwirkliche Schlacht: Raumschiffe jener unsichtbaren Wesen, mit denen Perry Rhodan schon einmal zusammengetroffen ist, greifen irrsinnig aussehende Schiffskonstruktionen unbekannter Herkunft an. Bald darauf werden auch Terraner und Arkoniden in diese Kämpfe verwickelt.

Die seltsamen Raumschiffe, von den Menschen Fragmentraumer genannt, gehören einer rätselhaften Robotzivilisation an. Die Maschinenwesen scheinen alles Organische zu hassen; sie beginnen mit heftigen Angriffen auf die bewohnten Planeten der Milchstraße. Einsatzkommandos der Terraner finden das Besondere an den Robotern heraus: Neben ihrem positronischen Maschinengehirn besitzen sie eine organische Komponente, das so genannte Zellplasma. Sie sind Posbis – positronisch-biologische Wesen.

Einleitung

Liest man die Berichte, die aus den verschiedensten Forschungsstätten, wo man sich mit dem menschlichen Leben befasst, an die Öffentlichkeit dringen, wird man immer häufiger von Unbehagen erfasst. Die Wissenschaftler, die sich mit dem Menschen beschäftigen, billigen ihm oft nur den Status eines Roboters zu; das Gehirn ist für sie ein raffiniert funktionierender, aber dennoch erklärbarer Computer. Die vermeintliche Entmystifizierung menschlichen Geistes trägt unbewusst viel zu der seelischen Not bei, in der sich viele Mitglieder unserer Zivilisation befinden. Und würde die menschliche Gesellschaft einem objektiven Beobachter nicht tatsächlich wie ein sinnlos funktionierender Mechanismus erscheinen, der in erster Linie an der Zerstörung seiner eigenen Zukunft arbeitet?

Die in diesem Buch beschriebene, seltsame Roboterzivilisation der Posbis – unterscheidet sie sich wirklich so sehr von unserer eigenen? Roboter, seit jeher in der Science Fiction ein arg strapaziertes Thema, ließen auch die Autoren der klassischen, in dem Buch vereinten Perry-Rhodan-Romane nicht ruhen. Tatsächlich wird diesem Thema in diesem Buch eine Variante abgewonnen, die nicht ohne Reiz ist. Wem die philosophischen Aspekte dieser Geschichte zu langweilig und die technisch-wissenschaftlichen zu trocken sind, kann sie getrost außer acht lassen und sich ausschließlich dem überaus spannenden Geschehen widmen.

Folgende Originalromane fanden in diesem Buch Aufnahme: Zwischen den Milchstraßen von Kurt Mahr; Mörder aus dem Hyperraum von William Voltz; Atombrand auf Mechanica von Clark Darlton; Freiwillige für Frago von Kurt Brand; Das Versteck in der Zukunft von Kurt Mahr; Die Kanonen von Everblack von K. H. Scheer; Sturm auf die Galaxis von Kurt Brand und Risiko unendlich groß von Kurt Brand.

Die thematische Komplexität machte es erforderlich, diesmal besonders umfassende Bearbeitungen vorzunehmen, ohne dass die Ursprünglichkeit der Handlung und der Texte darunter litt. Bei der Kompliziertheit des Themas war es kein Wunder, dass in den Originalromanen vermehrt Widersprüche und Wiederholungen auftraten. Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, alle Klippen zu umgehen, und bedanke mich für die erwiesene Hilfe bei Christa Schurm, Franz Dolenc und G. M. Schelwokat.

Zeittafel

Die Geschichte des Solaren Imperiums in Stichworten:

1971 – Die STARDUST erreicht den Mond, und Perry Rhodan entdeckt den gestrandeten Forschungskreuzer der Arkoniden.

1972 – Aufbau der Dritten Macht und Einigung der Menschheit.

1976 – Perry Rhodan löst das galaktische Rätsel und entdeckt den Planeten Wanderer, wo seine Freunde und er von dem Geisteswesen ES die relative Unsterblichkeit erhalten.

1984 – Rhodans erster Kontakt mit dem Robotregenten von Arkon im Kugelsternhaufen M 13. Der Robotregent versucht, die Menschheit zu unterwerfen.

2040 – Das Solare Imperium ist entstanden. Nach 10.000 Jahren taucht der Arkonide Atlan aus seiner Unterwasserkuppel im Atlantik auf und wird Perry Rhodans Freund.

 – Die Druuf dringen aus ihrer Zeitebene in unser Universum vor.

2043 – Rhodans Frau Thora stirbt auf dramatische Weise, und ihr gemeinsamer Sohn Thomas Cardif wird zum Gegenspieler seines Vaters.

2044 – Die Terraner stoßen nach Arkon vor und verhelfen Atlan zu seinem Erbe. Die Antimutanten tauchen auf.

2102 – Perry Rhodan entdeckt das Blaue System der Akonen.

2103 – Thomas Cardif stirbt, und Perry Rhodan erhält den Zellaktivator von ES.

2104

Prolog

Im Jahr 2106, nach der Vernichtung des Robotregenten von Arkon, waren viele Einheiten der terranischen Raumflotte damit beschäftigt, die steuerlos umherirrenden Robotraumer Arkons aufzuspüren und sicherzustellen. Einer dieser Suchraumer war das Superschlachtschiff CÄSAR, das in einem sternenarmen Randgebiet der Milchstraße operierte.

Die terranischen Raumfahrer hatten elf Robotraumer gefunden und schickten sich an, diese unter Kontrolle zu bringen, als plötzlich ein Angriff auf die CÄSAR erfolgte. Die Angreifer blieben unsichtbar, aber es gelang ihnen, die CÄSAR außer Gefecht zu setzen und in den Leerraum zu steuern. Nur mit Hilfe der rasch herbeigerufenen IRONDUKE konnten die Unsichtbaren schließlich vertrieben werden.

Alles, was man dabei über die Unbekannten herausfand, war, dass sie aus dem intergalaktischen Leerraum kamen und dass es sich bei ihnen um scheinbar körperlose Wesen handelte, die nur unter dem konzentrierten Beschuss mehrerer Energiewaffen kurzfristig sichtbar gemacht werden konnten. Beim Rückzug der Unsichtbaren konnten die Terraner ein tropfenförmiges Schiff orten.

Perry Rhodan erinnerte sich an eine ähnliche Situation auf dem Planeten Barkon im Jahre 2044, als die Terraner es mit ähnlichen Erscheinungen zu tun gehabt hatten. Damals waren allerdings torpedoförmige Raumschiffe geortet worden, was auf eine Fehlfunktion der in der Vergangenheit eingesetzten Ortungsgeräte zurückzuführen sein konnte.

Perry Rhodan erinnerte sich an die Prophezeiung des Geisteswesen ES, dass Barkon den Unsichtbaren den Weg in die Milchstraße weisen würde. Nun schien es soweit zu sein.

Auf Terra war man entschlossen, weiteren Begegnungen mit den Fremden nicht tatenlos entgegenzusehen. In aller Eile wurden Beobachtungsstationen gebaut und bis zum Jahre 2111 in verschiedenen Sektoren vor der galaktischen Randzone postiert.

Kein Besatzungsmitglied dieser Stationen kannte den wahren Grund für den Einsatz, denn Perry Rhodan wollte die Milchstraße nicht vorzeitig mit Berichten über die Existenz der Unsichtbaren in Alarm versetzen. Nur die solare Administration, die SolAb, Abteilung III, und der Arkonide Atlan wurden informiert.

Den Raumfahrern in den Beobachtungsstationen wurde aufgetragen, auf alle Aktivitäten aus dem Leerraum zu achten und sie sofort an Terra weiterzumelden.

Der Station BOB-XXI blieb es vorbehalten, Anfang Mai des Jahres 2112 die erste ungewöhnliche Entdeckung zu machen.

1.

Diese Gegend des Universums war tödlich leer.

Die Massedetektoren eines im Vergleich zur weit entfernten Milchstraße ruhenden Raumschiffs zeigten überhaupt nichts an. Nur die großflächigen Sammlersonden relativistisch schneller Fahrzeuge, die diesen Abgrund zwischen den Sterneninseln dann und wann abtasteten, lieferten ein Ergebnis.

Auf rund zehn Kubikmeter kam ein einzelner Wasserstoffkern. Um nur ein einziges Gramm Materie zusammenzubringen, hätte man einen Raumsektor abgrasen müssen, der so groß war, dass der Erdball fünftausendmal hineinpasste.

Soll's der Teufel holen, dachte Eric Furchtbar. Es dauert nur noch ein paar Tage, dann holen sie mich ab.

Niemand wurde der Dienst auf dem Peilrelais BOB-XXI länger als drei Monate zugemutet. Am Anfang hatten sie geglaubt, Raumfahrer könnten es ein halbes irdisches Jahr hier aushalten. Aber nach dreieinhalb Monaten fingen die ersten an, Geister zu sehen und geheimnisvolle Rufe aus der Leere zu hören.

Eric sah sich um. Der Raum, in dem er sich befand, war rechteckig, wenn man übersah, dass die eine Längswand eine leichte Krümmung nach außen hatte. Die Wände waren mit Instrumenten, Messskalen, Bildschirmen und Schalttafeln bedeckt. Ein paar Sitzgelegenheiten standen wahllos herum. In der Mitte des Raumes gab es einen weiten Tisch, den Sternkarten, Koordinatentabellen und die Formulare für positronische Programme noch in der gleichen Ordnung bedeckten wie am ersten Tag. Niemand hatte sie jemals gebraucht.

Es gab nichts, wozu man sie hätte gebrauchen können. Es geschah nichts. Die fünfundzwanzigköpfige Besatzung der BOB-XXI verbrachte ihre Zeit damit, festzustellen, dass sich in diesem Sektor des Universums absolut gar nichts ereignete. Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat. Die Zeiger der Instrumente standen auf Null, als wären sie ausgeschaltet. Alle zehn Minuten stand Eric auf, um auf den Schalter des Testgeräts zu drücken. Eine grüne Lampe leuchtete auf und zeigte an, dass alle Instrumente im Raum in Ordnung und betriebsbereit waren. Eric wusste das natürlich. Er hatte den Schalter nur gedrückt, um die Lampe aufleuchten zu sehen. Man wurde anspruchslos, was Abwechslung anbelangte.

Die Bildschirme waren allerdings wirklich abgeschaltet. Materieorter und Reflextaster würden alles, was von draußen kam, viel früher erfassen als die konventionelle Optik. Und der Anblick, den die Leere zwischen den Galaxien bot, war das Anschauen nicht wert.

Außerdem war BOB-XXI, wenn man die psychologischen Schwierigkeiten in Rechnung zog, unterbesetzt. Es hätten in jedem Raum mindestens zwei Mann sitzen müssen. Eric zum Beispiel hätte gern jemand gehabt, mit dem er sich unterhalten konnte. Aber er saß allein in einem Raum von fast fünfzig Quadratmetern Bodenfläche. Acht andere Männer saßen irgendwo in anderen Räumen, und die restlichen sechzehn hatten Freiwache.

Eric Furchtbar stand auf. Mit seinen beinahe zwei Metern hätte er ein imposanter Mann sein können, wenn er nicht so entsetzlich dürr gewesen wäre. Die Uniform, die für einen Mann von Erics Größe, aber dazu passender Breite gedacht war, hing in traurigen Falten um ihn herum. Aber dieser Umstand störte nicht. Das einzige, worauf er wirklich zu achten schien und was durch seinen Glanz sofort ins Auge stach, war seine Glatze. Er trug sie als Mann von einunddreißig Jahren mit dem Rest der Würde, die ihm geblieben war.

Er schritt an der gewölbten Wand entlang und genoss das prickelnde Gefühl, dass einen halben Meter von seiner rechten Schulter entfernt das Vakuum begann, das sich von hier Millionen von Lichtjahren weit bis zum Rand der nächsten Galaxis erstreckte. Vor rund hundertundvierzig Jahren, als die ersten Terraner sich in den Raum hinaustrauten, waren die Wände der Raumschiffe aus gewöhnlichem Stahl und im Vergleich zu diesem Bollwerk hier so dünn wie eine Zwiebelschale gewesen. Damals hatte es keine Feldschirme gegeben wie den, der die BOB-XXI wirksamer als alle materiellen Wände gegen die Außenwelt schützte.

Nein, entschied Eric, er würde sich auch ohne den Feldschirm sicher fühlen. Hier draußen gab es keine Meteore. Was sollte schon geschehen?

Der Teufel soll alle Raumgespenster holen, dachte Eric zornig. Ich wollte, es würde wirklich etwas geschehen.

Er drehte sich um und ging zu seinem Platz zurück. Er ließ sich in den Sessel fallen und sah gelangweilt auf eines der Messgeräte.

Der weißblaue Lichtzeiger stand zitternd am oberen Ende der Skala.

So schnell war Eric Furchtbar in seinem Leben noch nicht auf die Beine gekommen. Mit zwei Schritten stand er vor dem Hauptschaltpult und schlug den roten Alarmhebel beiseite. Sirenen heulten auf. Signallichter blinkten, und die Bildschirme erwachten automatisch zum Leben.

Eric Furchtbar kehrte zu seinem Platz zurück. Das Instrument, das die Anzeige lieferte, registrierte paraenergetische Streufelder. Es sprach nur auf die Art von Hyperstrahlung an, deren Energiegehalt unterhalb einer gewissen Schwelle lag und die außerdem keine feststellbare Modulation besaß. Eine solche Art von Strahlung konnte aus allen möglichen Quellen stammen. Innerhalb der Galaxis wäre der Lichtzeiger keine Sekunde lang zur Ruhe gekommen.

Aber hier draußen ...

Eric überflog die Skalen der anderen Instrumente. Er sah andere Zeiger zittern. Ein schwacher Hypergravitationsschock war registriert worden. Hyperoptische Wellen waren empfangen worden.

Alles Hyper, dachte Eric verwirrt. Keine direkte Anzeige.

Er beobachtete die Bildschirme. Sie zeigten die gleiche Leere wie immer, wenn man sie anschaltete. Es gab nichts zu sehen. Was immer auch geschehen war, es musste weiter entfernt passiert sein, als das Licht in ein paar Minuten laufen konnte.

Eric wartete noch eine Weile. Dann traf der erste Interkomruf aus dem Innern der Station ein. Die Auswertung meldete sich.

»Wir haben die Bänder untersucht«, sagte ein rothaariger junger Mann, dessen sommersprossiges Gesicht auf dem kleinen Bildschirm ziemlich verwirrt aussah. »Es besteht kein Zweifel daran, dass dort draußen plötzlich eine Sonne aufgegangen ist.«

Eric Furchtbar verschluckte sich fast.

»Eine Sonne?«, schrie er. »Reden Sie deutlicher, Kirkpatrick!«

Kirkpatrick strich sich mit der Hand über die Stirn und erklärte: »Alle Beobachtungen zusammen lassen sich nur dahingehend deuten, dass irgendwo da draußen eine Sonne steht. Wenn ich Einzelheiten ...«

Eric winkte ab.

»Vergessen Sie's«, unterbrach er den Sommersprossigen. »Wie kann eine Sonne so mir nichts, dir nichts aus dem Nichts entstehen?«

Kirkpatrick fühlte sich sichtlich überfragt.

»Das – das weiß ich nicht«, stotterte er.

»Gut, lassen wir das. Wie weit ist sie entfernt?«

»Zwischen vier- und fünfhundert Lichtjahren.«

Eric warf seufzend einen Blick auf die Bildschirme. Vier- bis fünfhundert Jahre würde es dauern, bis er auf ihnen etwas zu sehen bekommen würde. Auf die Hyperortung, die ihm vielleicht exakte Bilder geliefert hätte, musste er wegen der Ortungsgefahr vorläufig verzichten.

»Na schön.« Er resignierte. »Bleiben Sie weiter auf dem Posten, Kirkpatrick, und wenn die intensive Auswertung beendet ist, rufen Sie mich wieder an.«

Eric Furchtbar sank in seinen Sessel zurück. Kirkpatrick war einer seiner zuverlässigsten Mitarbeiter. Wenn er sagte, da draußen gäbe es seit ein paar Minuten eine Sonne, dann gab es da draußen eine Sonne.

Art Cavanaugh saß in der Funkzentrale der BOB-XXI, als der Alarm begann.

Ken Lodge, die Hände in den Taschen, machte ziellos ein paar Schritte. Warren Lee, der junge Funker, stand abwartend hinter Art. Art überschaute die lange Reihe der Anzeigen.

Sie hörten es alle gleichzeitig.

Mit hellem Pfeifen sprach der Hyperempfänger an.

Aber keiner hätte so schnell reagieren können wie Art Cavanaugh. Es war unglaublich, wie rasch er die Oszilloskope eingeschaltet und justiert hatte. Es war nicht zu fassen, wie schnell er die Empfängerfrequenz regelte, so dass der Spruch klar und deutlich hereinkam.

Mehr gab es nicht zu tun. Atemlos starrten sie auf die grünen Oszilloskopschirme und betrachteten die Wellenlinien, die die Hyperstrahlung auf die fluoreszierende Scheibe malte.

Die Grundschwingung auf dem Schirm war eine reine Sinuskurve. Nichts im All konnte eine so exakte Schwingung erzeugen, wenn es nicht besonders für diesen Zweck geschaffen worden war.

Da draußen irgendwo stand ein Sender.

Da draußen irgendwo gab es intelligente Wesen – mitten im Nichts zwischen den Milchstraßen.

Eric Furchtbar wusste, was er zu tun hatte. Eine Sonne und eine Funkbotschaft, die vorläufig noch niemand entziffern konnte, das war Grund genug, die Maschinerie in Bewegung zu setzen, von der BOB-XXI nur ein kleiner Teil war.

Eric ließ die Positronik einen Kodebericht verfassen, in der die beiden Beobachtungen deutlich und sachlich geschildert waren. Die Positronik lieferte eine Kodeschablone. Die Schablone schob Eric in das Richtstrahlgerät, und eine Hundertstelsekunde später war sein Richtspruch auf dem Weg zur Erde. Das Gegengerät entschlüsselte ihn dort automatisch und leitete den Bericht an den verantwortlichen Offizier weiter.

Der verantwortliche Offizier war Oberst Nike Quinto, Leiter der Abteilung III in der Interkosmischen Sozialen Entwicklungshilfe.

Wenn Nike Quinto in diesem Augenblick nicht allein gewesen wäre, hätte er sich wahrscheinlich lauthals über den Anstieg seines Blutdrucks beschwert, den solche unerwarteten Ereignisse stets hervorriefen.

Die Reaktion auf Eric Furchtbars Bericht war so, als hätte die Erde seit hundert Jahren nichts anderes zu tun gehabt, als auf den ersten Funkspruch aus dem intergalaktischen Raum zu warten.

Das Schiff, das Nike Quinto und seine Männer brauchten, um an Ort und Stelle zu gelangen, stand startbereit.

Die Erde hatte wirklich gewartet. All die Jahre über hatten Schiffe bereitgestanden, um Männer des Mutantenkorps, der Abwehr oder Abteilung III an Brennpunkte der galaktischen Politik zu bringen.

Auch Nike Quintos Männer waren vorbereitet. Was sie im intergalaktischen Raum erwartete, worauf sie zu achten hatten, wie die Situation sein würde, wenn sie weit draußen, Tausende von Lichtjahren vom Rand der heimatlichen Milchstraße entfernt, auf fremde Intelligenzen stießen – all das war fest in ihren Gehirnen verankert. Hypnoschulung hatte ihnen alle nötigen Informationen vermittelt, und zwar so, dass sie sie niemals mehr vergessen würden.

Es war ein ausgesuchtes Team, mit dem sich Nike Quinto noch am selben Tag auf den Weg machte – am 2. Mai 2112. Major Ron Landry, Captain Larry Randall, Sergeant Mitchell Hannigan, genannt Meech, und ziviler Mitarbeiter Lofty Patterson waren seine Begleiter. Jeder von ihnen hatte in früheren Einsätzen der Abteilung III bewiesen, dass er seinen Mann zu stehen verstand.

Das Raumschiff, in dem Nike Quinto die Erde verließ, war auf den Tag genau ein halbes Jahr alt. Im saloppen Sprachgebrauch der Abteilung III nannte man die JOANN einen Werkstattkreuzer. Sie gehörte zur Klasse der Schlachtkreuzer, besaß aber außer der vorzüglichen Bewaffnung noch eine Werkstattausrüstung, die ihre Mannschaft in die Lage setzte, eine Anzahl komplizierter, nicht allzu großer Geräte an Bord zu bauen. Die JOANN war nur in geringem Maß von ihrer Heimatbasis oder irgendeinem anderen Versorgungsplatz abhängig.

Und das, davon war Nike Quinto überzeugt, war in einem Fall wie diesem wichtig. Fünftausend Lichtjahre jenseits des Milchstraßenrands operierte man nicht nach derselben Taktik wie innerhalb der Galaxis, wo jeden Katzensprung weit eine besiedelte Welt stand.

Die JOANN erreichte Arkon III, vierunddreißigtausend Lichtjahre von der Erde entfernt, im Linearflug. Nike Quinto ließ das Schiff landen und informierte Eric Furchtbar über Richtspruch, dass er ihm nun schon ziemlich nahe sei.

Eric Furchtbar hatte seinerseits ein paar Neuigkeiten auf Lager.

Die Empfänger registrierten eine zweite Sendung auf anderer Frequenz.

Die erste hielt nun seit fünf Stunden an. Ein bestimmtes Modulationsmuster wiederholte sich alle vierzehn Minuten.

Art Cavanaugh hatte Eric Furchtbar erklärt, dass so etwa ein Hilferuf aussah, der von einem automatischen Sender ausgestoßen wurde – immer wieder von vorn, bis sich endlich jemand meldete. Eric hatte darauf geantwortet, dass man so etwas vermuten konnte, solange es sich um innergalaktische Intelligenzen handelte. Mit allem, was von draußen kam, musste man vorsichtig sein. Wenigstens was scheinbar logische Folgerungen anbelangte.

Art verstand nicht viel von der Kunst der Logik. Er hatte Vertrauen genug zu seinem Captain, um nicht weiter auf seiner Behauptung zu bestehen. Aber ganz hinten in seinem Gehirn bohrte immer noch der Gedanke, dass dort draußen jemand voller Not um Hilfe rief. Vielleicht nur noch der automatische Sender, nachdem die, zu deren Schutz er diente, schon längst nicht mehr lebten.

Denn die Sonne, von der Mike Kirkpatrick gesprochen hatte, war inzwischen als eine Nuklearexplosion gewaltigen Ausmaßes erkannt worden.

Dann kam diese zweite Sendung.

Der, der sie ausstrahlte, machte sich nicht die Mühe, sie allzuoft zu wiederholen. Art Cavanaugh regelte die Empfängerfrequenz nach und sah auf dem Oszilloskop nur noch einen einzigen, auslaufenden Wellenzug. Dann war der Schirm wieder dunkel. Warren Lee spulte das Registrierband zurück und schnitt das Stück heraus, auf dem die kurze Sendung festgehalten war. Ken Lodge hatte das Gefühl, er müsste nun endlich auch etwas tun, verpackte das Bandstück in einen grellroten Umschlag und schickte es an die positronische Auswertung.

Art Cavanaugh hatte inzwischen den Hauptschaltraum benachrichtigt. Eric Furchtbar war immer noch auf dem Posten, obwohl er nun seit mehr als zwölf Stunden ununterbrochen Dienst gemacht hatte. Eric bat um Peilergebnisse, und bei der Aufregung, in der er sich befand, pries Art sich glücklich, dass der Peilautomat seine Arbeit inzwischen beendet hatte. Das Ergebnis bestand aus drei Winkelkoordinaten und einem Radiusvektor. Der Radiusvektor gab die Entfernung an, in dem sich der fremde Sender von der BOB-XXI befand.

Die Entfernung betrug 410 Lichtjahre.

Das war die gleiche Entfernung wie die, in der sich der erste Sender befand und in der sich die Kernexplosion ereignet hatte.

Im Lauf der nächsten Stunden wurden weitere Explosionen beobachtet. Die gewaltigen Energien, die dabei freigesetzt wurden, waren zum Teil fünfdimensionaler Struktur, und die fünfdimensionalen Hyperfelder wurden praktisch ohne Zeitverlust von den Instrumenten der BOB-XXI registriert.

Eric Furchtbar wurde nervös. Die BOB-XXI war eine reine Beobachtungsstation, kein Raumschiff. Sie war von einem Transporter an Ort und Stelle gebracht worden. Die BOB-XXI hatte keine Triebwerke – außer den paar kleinen, mit denen Lagekorrekturen ausgeführt werden konnten. Sie lag fest. Für den Fall, dass sie angegriffen wurde, standen der Besatzung Waffen zur Verfügung, ziemlich wirksame sogar. Aber ausreißen – für den Fall, dass die Lage aussichtslos wurde – konnte sie nicht.

Während Eric seine dreizehnte Stunde Dienst hinter sich brachte, wurden elf dicht aufeinanderfolgende Explosionen registriert. Währenddessen dauerte der Funkspruch, den Art Cavanaugh für einen Hilferuf hielt, unverändert an.

Es sah so aus, als würde dort draußen eine gewaltige Schlacht gekämpft. Die Streufelder, die die Instrumente registrierten, ließen darauf schließen, dass es sich bei jeder Explosion um eine Bombe im Tausend-Gigatonnen-Bereich handelte.

Eric hatte den zweiten, kurzen Funkspruch schon fast vergessen, als die Auswertung meldete, dass die positronische Entschlüsselung geglückt war.

Leutnant Hynes, der das Interkomgespräch mit Eric führte, erklärte: »Nach allem, was uns gesagt worden ist, können wir uns natürlich nicht darauf verlassen, dass die Entschlüsselung wirklich den Inhalt der Botschaft wiedergibt. Aber es fügt sich eines ins andere. Alle Resultate haben den gleichen Wahrscheinlichkeitskoeffizienten. Das deutet darauf hin, dass ...«

Eric Furchtbar unterbrach ihn mit einer ungeduldigen Handbewegung. »Ja, ich verstehe schon. Was haben Sie herausgefunden?«

Man sah auf dem Bildschirm, dass Leutnant Hynes einen Zettel aufnahm. Er sah ihn ein paar Sekunden lang zögernd an. Dann las er vor: »Seid ihr wahres Leben?«

Unbegreifliche Dinge erzeugen Unsicherheit und das Gefühl nahender Gefahr.

Die Frage nach dem wahren Leben war für Eric Furchtbar und die Leute an Bord der BOB-XXI unbegreiflicher als alles, was sie je zuvor gehört hatten. Trotzdem bestand kaum ein Zweifel daran, dass die Frage wirklich gestellt worden war. Von irgend jemand, der sich vierhundertundzehn Lichtjahre weiter draußen mit irgend jemand mittels ungeheurer Fusionsbomben herumschlug.

Unsicherheit und das Gefühl nahender Gefahr hatte Eric Furchtbar schon zuvor empfunden. Jetzt geriet er langsam in Panik.

Bevor er jedoch noch einen neuen Richtspruch aufgeben konnte, kam von der JOANN die Nachricht, dass sie auf Arkon III angekommen war. Eric antwortete, und auf diese Weise kam Nike Quinto innerhalb von Sekunden in den Besitz von Informationen, die ihn, nachdem er kaum gelandet war, zum sofortigen Start veranlassten.

Die JOANN machte sich auf den Weg, die heimatliche Galaxis zu verlassen.

2.

Die Finsternis war vollkommen.

An Bord der JOANN beobachtete Ron Landry die Diskusscheibe der Beobachtungsstation. Sie war erst seit ein paar Sekunden auf den Bildschirmen sichtbar.

Mit leisem Unbehagen beobachtete Ron den merkwürdigen Effekt, der durch das Fehlen jeglichen Hintergrunds hervorgerufen wurde: BOB-XXI schien in Wirklichkeit nicht näher zu kommen. Die Scheibe wurde einfach größer, von Bewegung war nichts zu spüren.

BOB-XXI wuchs so lange, bis sie einen der Bildschirme fast völlig ausfüllte. Dann kam sie zur Ruhe. Oberst Nike Quinto und Major Landry flogen in einem Gleiter zur Station hinüber. Captain Furchtbar empfing sie am Hauptschott. Man sah ihm an, dass er sich erleichtert fühlte.

Das Gefühl verlor sich wieder, als Nike Quinto ihm erklärte, dass dies nur ein kurzer Besuch war und dass er nicht die Absicht hatte, mit der JOANN so unvernünftig dicht neben der Station liegenzubleiben. Er gab keine Auskunft darüber, wie weit er sich mit seinem Schiff zurückziehen wollte. Aber Eric Furchtbar hatte den Eindruck, dass es ziemlich weit sein würde und dass er, wenn es zum Schlimmsten kam, wenigstens während der ersten Zeit mit seinen Männern wieder auf sich allein gestellt war.

Nike Quinto ließ sich die Aufzeichnungen vorlegen, die seit der Explosion der ersten Bombe von den automatischen Geräten aufgenommen worden waren. Er studierte sie sorgfältig, unterhielt sich dabei mit Ron Landry so leise, dass es niemand verstehen konnte, und bat schließlich um die Erlaubnis, die Bordpositronik zu benutzen.

Mit ihr beschäftigten sich Nike Quinto und Ron Landry etwa eine halbe Stunde lang. Dann baten sie Eric Furchtbar um eine zweite Unterredung.

»Es steht außer Zweifel«, erklärte Nike Quinto mit hochrotem Kopf, »dass der zweite Funkspruch richtig entschlüsselt worden ist. Die Frage heißt in der Tat: Seid ihr wahres Leben? Es gibt also da draußen jemand, der in seiner Denkweise zwischen ›wahrem‹ und ›unwahrem‹ Leben oder vielleicht zwischen einem Dutzend verschiedener Arten von Leben unterscheidet. Was der Begriff ›wahr‹ in diesem Zusammenhang bedeutet, wissen wir nicht. Der Unbekannte wartet aber auf eine Antwort. Wir verlassen uns dabei am besten auf unser eigenes Gefühl. Für mich sind Sie, Captain, ebenso ›wahr‹ wie Major Landry, und ich hoffe, ich erscheine Ihnen nicht wesentlich unwirklicher. Nach meiner Ansicht sollten wir also antworten: ›Ja, wir sind wahres Leben!‹«

Eric Furchtbar war so entsetzt, dass er aus seinem Sessel in die Höhe fuhr.

»Sie meinen ...«, stieß er hervor, »... dass wir antworten sollen?«

Nike Quinto gab sich verwundert. »Warum denn nicht?«

»Aber damit verraten wir unsere Position. Dort draußen schlagen sich Unbekannte mit Waffen herum, deren zerstörende Wirkung immens sein muss. Wenn wir antworten, peilen sie uns an. Der Kampf zieht sich vielleicht in diese Gegend – und wir stecken mittendrin.«

»Sie übersehen da etwas, Captain«, antwortete Nike Quinto überraschend ruhig. »Die Fremden haben gefragt, ob ›ihr‹, wer immer das auch ist, ›wahres Leben seid‹. Wen, glauben Sie, haben sie mit dieser Frage gemeint?«

Eric Furchtbar, immer noch aufgeregt, zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich nicht.«

Nike Quinto nickte, als hätte er keine andere Antwort erwartet. »Haben Sie die Energieanzeige Ihres Hyperempfängers überprüft?«

»Flüchtig. Wir waren sicher, dass sie keine zusätzlichen Auskünfte lieferte.«

Nike Quinto wackelte mit dem Finger. »Das ist ein Fehler. Sonst hätten Sie nämlich herausgefunden, dass die Leistung des fremden Senders nicht besonders hoch war. Obwohl es sich um einen Hyperspruch handelt, kann man ihn fünftausend Lichtjahre von hier – in der anderen Richtung, meine ich – wahrscheinlich nicht mehr empfangen. Wir werden sofort nachprüfen, ob er irgendwo aufgenommen worden ist, aber ich bin meiner Sache ziemlich sicher. Was bedeutet das also?«

Eric machte ein ratloses Gesicht.

»Keine Ahnung«, antwortete er knapp.

»Der Spruch hatte irgendein Ziel«, fuhr Nike Quinto geduldig fort. »Man stellt nicht eine Frage so einfach ins Blaue hinein, ohne zu wissen, ob überhaupt jemand da ist, der sie hören kann. Diese Frage war so gestellt, dass man sie am Rand unserer Milchstraße nicht mehr empfangen konnte. Wer, zum Donnerwetter, soll also gemeint sein? Doch nur Sie mit Ihrer Beobachtungsstation. Zwischen dem Rand der Galaxis und dem fremden Sender befindet sich nichts anderes als die BOB-XXI.«

Das nahm Eric fast den Atem.

»Aber – wie sollen sie denn wissen, dass ...«, stammelte er.

Nike winkte ihm beruhigend zu.

»Zerbrechen Sie sich darüber besser nicht den Kopf«, riet er milde. »Wir kennen die Technik der Fremden nicht. Vielleicht besitzen sie Ortungsgeräte, die die winzigen Streufelder dieser Station über Hunderte von Lichtjahren hinweg anpeilen können. Vielleicht waren sie auch schon hier in der Nähe, ohne dass Sie sie bemerkten. Wir wissen es nicht. Das einzige, was wir wissen, ist, dass die Position der BOB-XXI den Fremden recht gut bekannt ist. Deswegen bestehen keine Bedenken dagegen, dass der Funkspruch von unserer Seite aus beantwortet wird. Wir wollen wissen, was diese Wesen weiter zu sagen haben.«

Eric Furchtbar gab sich geschlagen. Er veranlasste, dass in demselben Kode, in dem die eingelaufene Frage gehalten war, eine Antwort ausgestrahlt wurde, die zum Inhalt hatte: »Ja, wir sind wahres Leben.«

Weder Eric noch die Männer, die die Botschaft formulierten und ausstrahlten, fühlten sich dabei besonders wohl in ihrer Haut. Sie hatten das Gefühl, sie würden einem Unbekannten die Hand hinstrecken. Und sie wussten nicht, ob der Fremde in die Hand einschlagen oder ob er sie abreißen würde.

Nike Quinto hielt seine Aufgabe an Bord der BOB-XXI für gelöst und verabschiedete sich. Er versicherte Eric Furchtbar, dass die JOANN zur Stelle sein würde, wenn die Station in Gefahr geriet. Eric bedankte sich dafür. Aber er wusste, dass es Dinge gab, die sich schneller ereigneten, als ein Schiff, das irgendwo in den Tiefen des leeren Raumes trieb, zu Hilfe kommen konnte.

Nike und Ron kehrten an Bord des Werkstattkreuzers zurück. Wenige Minuten später legte die JOANN ab, wurde kleiner, während sie an Fahrt gewann, und verschwand schließlich.

3.

Die JOANN stand zweihundert Lichtjahre von der BOB-XXI entfernt bewegungslos im Raum. Alle Hyperwellenempfänger waren auf die Beobachtungsstation gerichtet. Wenn die BOB-XXI in Not geriet, würde man es an Bord der JOANN nach einer Sekunde wissen.

Die Ortungsgeräte der JOANN selbst reichten nicht aus, um das Geschehen draußen im sternenleeren Raum zu verfolgen. Die JOANN hatte ihre eigenen Funktionen, eine Beobachtungsstation war sie nicht.

Nike Quinto hatte inzwischen veranlasst, dass stärkere Verbände der terranischen Raumflotte sich am Rand der Galaxis bereit hielten.

Gegen ein Uhr Bordzeit erreichte er mit seinen Männern eine Einigung über die weitere Vorgehensweise während der nächsten zehn Stunden. Larry Randalls Vorschlag, an den Ort der Bombenexplosion vorzustoßen und dort Umschau zu halten, war heftig diskutiert und dann abgelehnt worden. Nike Quinto setzte seine Ansicht durch, wonach man an Ort und Stelle warten und beobachten sollte, wie die Lage sich weiter entwickelte.

Von der BOB-XXI war schon vor mehreren Stunden gemeldet worden, dass draußen im Raum alles wieder ruhig war. Die Explosionen hatten aufgehört, der automatische Sender war verstummt, und die Frage nach dem wahren Leben wurde nicht mehr gestellt.

Für Nike Quinto bedeutete das noch lange nicht, dass der Fall abgeschlossen war. Er würde seine zehn Stunden ruhig abwarten und sich dann erst noch einmal überlegen, ob er die Spur von sich aus aufnehmen oder weiter warten sollte.

Es zeigte sich, dass er recht hatte.

Um ein Uhr dreiundzwanzig meldete die BOB-XXI das Auftauchen eines fremden Raumschiffs aus der Leere zwischen den Milchstraßen.

Die JOANN gab Alarm an die Flottenverbände.

Eric Furchtbar beobachtete das fremde Schiff.

Im Hauptschaltraum befanden sich außer ihm Leutnant Hynes und Korporal Schulmeister. Die Funkbilder aus Art Cavanaughs Kabine wurden auf die Bildflächen des Hauptraums übertragen. Eric Furchtbar konnte sehen, wie das Schiff näher kam und mit dem Bremsmanöver begann.

Er setzte den Hypersender in Betrieb und strahlte ein paar wenig modulierte Signale ab. Die Signale ergaben keinen Sinn. Aber der Fremde würde sie empfangen und irgendeine Antwort geben, die ebenso sinnlos war und nur zeigte, dass er den Anruf empfangen hatte.

Wenigstens erwartete Eric das. Es stellte sich rasch heraus, dass er sich getäuscht hatte. Es kam keine Antwort. Das fremde Schiff setzte sein Bremsmanöver fort. Selbst ein Laie konnte erkennen, dass es ihm von Sekunde zu Sekunde schwerer fiel, den Kurs zu halten. Es taumelte zur Seite, wurde wieder zurückgebracht, bockte wie ein Pferd und rotierte mit wechselnder Geschwindigkeit um seine eigene Achse. Es war noch zu weit entfernt, um auf dem Optikschirm zu erscheinen. Aber der Hyperorter, gekoppelt mit Spezialortungsgeräten, erkannte klar, dass die äußere Form tropfenförmig war.

Die Energieortung ermittelte, dass der Fremde sich in einem künstlichen Gravitationsfeld bewegte, das ihm den Antrieb ersetzte. Heftige Schwankungen des Feldes wurden festgestellt. Die Generatoren schienen nicht mehr zu funktionieren.

Eric Furchtbar wartete immer noch auf eine Antwort. Sie kam nicht. Er wiederholte die Signale, strahlte andere aus und formulierte schließlich sogar eine Frage in positronischem Kode.

Aber der Fremde blieb stumm. Entweder war niemand an Bord mehr am Leben oder die Unbekannten wollten sich einfach nicht melden. Die erste Möglichkeit erschien nicht besonders wahrscheinlich. Wenn niemand mehr am Leben war, dann musste das Schiff von einer Automatik gesteuert werden. Das war durchaus vorstellbar. Aber nach Erics Ansicht hätte eine Automatik auf die Kursschwankungen des Fahrzeugs schneller reagieren müssen. Die Kurskorrekturen, die der Fremde durchführte, waren äußerst langsam und unbeholfen. Es sah so aus, als säße am Steuer des Schiffes jemand, der von Astrogation wenig Ahnung hatte.

Wenn aber dort drüben noch jemand lebte, warum meldete er sich nicht? Möglicherweise waren alle Funkgeräte ausgefallen, so dass der Fremde nicht antworten konnte.

Aus der Funkkabine wurde Eric ständig darüber auf dem laufenden gehalten, wieviel Zeit bis zum endgültigen Stopp des Schiffes noch vergehen würde.

Es schien ihm, als wäre das fremde Schiff plötzlich ruhiger geworden. Es schlingerte und torkelte nicht mehr. Eric konnte nicht erkennen, ob es sich überhaupt noch bewegte. Er wollte die Funkstation anrufen.

Aber bevor er dazu kam, meldete sich die Energieortung: »Das Gravitationsfeld des fremden Schiffes ist ausgefallen.«

Die Stimme war hastig, und das Gesicht des Mannes auf dem Bildschirm sah verwirrt aus. Eric Furchtbar schüttelte den Kopf. Der Schirm erlosch wieder – und dann erst ging Eric auf, was er da eben gehört hatte.

Das Feld war der Antrieb des Fremden. Wenn das Feld ausgefallen war, dann konnte er nicht mehr manövrieren. Dann behielt er die Geschwindigkeit bei, die er in der letzten Sekunde vor dem Ausfall der Generatoren gehabt hatte. Und natürlich auch den Kurs.

Eric wirbelte mit seinem Sessel herum. Ed Hynes starrte ihn verwundert aus großen Augen an. Eric wollte etwas sagen. Aber ohne Meldezeichen leuchtete das Interkombild auf, und Ken Lodges sich überschlagende Stimme brüllte: »Höchste Gefahr! Der Fremde ist steuerlos. Nähert sich uns auf direktem Kurs mit rund fünfhundert Kilometern pro Sekunde. Berührung in hundert Sekunden!«

Es ist merkwürdig, mit welcher Zielsicherheit das Unterbewusste in Augenblicken höchster Gefahr die Lenkung eines Verstandes übernimmt, der unter bewusster Steuerung längst nicht so schnell arbeiten könnte, wie die Lage es erfordert.

In einer winzigen Zeitspanne entschied Eric Furchtbar, dass es keine Möglichkeit gab, die Gefahr durch einen Beschuss des fremden Schiffes zu beseitigen. Das Anvisieren des Zieles würde zwanzig bis dreißig Sekunden in Anspruch nehmen. Und selbst ein Volltreffer würde nur bewirken, dass an Stelle des kompakten Schiffes die Trümmerstücke mit der Station kollidierten. Bei einer Geschwindigkeit von rund fünfhundert Kilometern in der Sekunde machte das keinen großen Unterschied.

Erics Finger begannen über die Tasten zu rasen. Hier gab es nur noch eine Hoffnung. Die Korrekturtriebwerke der BOB-XXI waren klein und hilflos gegen eine solche Gefahr. Aber sie waren das einzige, womit man die Station bewegen konnte.

Eric sah das Schiff von rechts her auf das Zentrum des Orterschirms zukommen und richtete die Leistung der Korrektoren so, dass sie die BOB-XXI nach links drückten. Verzweifelt hieb er auf die Tasten, drückte kleine Hebel und drehte an Stellknöpfen. Jede Sekunde einmal sah er auf den Orterschirm.

Aber der Lichtpunkt des Fremden kam immer noch auf das Zentrum zu. Er hatte sich um keinen Millimeter aus seiner Bahn bewegt.

Eric konnte nichts mehr tun. Die Hände ruhten. Die Triebwerke leisteten das Höchste, was sie hergeben konnten. Es blieb nur noch die Hoffnung.

Eric starrte den Bildschirm an, als könnte er die Gefahr mit der Kraft seiner Wünsche bannen. Er hatte noch niemals in seinem Leben etwas so kräftig gewünscht wie in diesen Sekunden der tödlichen Gefahr.

Von ganz fern her kam ihm noch einmal der Gedanke, dass er die Besatzung durch die Transmitter schicken konnte, die zwischen der BOB-XXI und der JOANN einen Tunnel durch den Hyperraum für den Fall der äußersten Gefahr bauten. Aber er schob die Idee zurück, ohne sie näher zu betrachten. Die Transmitter waren nicht in Betrieb, und allein der Aufwärmvorgang der Generatoren brauchte dreimal so viel Zeit wie der Station insgesamt noch verblieb.

Sie waren verloren, wenn die Triebwerke es nicht schafften, die BOB-XXI aus der verderbenbringenden Bahn des steuerlosen Schiffes zu treiben.

Noch zehn Sekunden ...

Gebannt beobachtete er den Punkt, wie er mit rasender Geschwindigkeit vom kleinen Kreis zum großen Ball wurde und in der letzten Sekunde über die Ränder des Bildschirms hinauswuchs.

O Gott, er trifft uns voll, war Eric Furchtbars letzter Gedanke.

Dann kam der Aufprall.

In einem donnernden, drohenden Schlag ging die Welt unter. Das letzte, was Eric empfand, war, dass er die Sitzfläche seines Sessels nicht mehr unter sich hatte. Dann traf ihn etwas mit der Wucht eines Dampfhammers an den Schädel, und er verlor augenblicklich das Bewusstsein.

Ron Landry vergrub das Gesicht in den Händen. Er versuchte, nicht an die Männer auf der BOB-XXI zu denken. Aber trotzdem sah er die mattschimmernde Scheibe der Beobachtungsstation, den taumelnden Riesentropfen des fremden Schiffes – und erlebte den Augenblick, in dem die beiden sich ineinanderbohrten und in einer furchtbaren Explosion vergingen.

Schweigen herrschte in dem kleinen Konferenzraum.

Willenlos zählte Ron die Sekunden nach der Katastrophe. Eins – zwei – drei – vier ...

Jemand scharrte heftig mit seinem Stuhl. Das musste Nike Quinto sein, links neben Ron. Laut und deutlich hörte man Nike keuchen.

Und dann seinen Schrei: »Sie sind davongekommen! Die Geräte zeigen noch an!«

Das riss Ron in die Höhe. Mit großen Augen starrte er auf den Bildschirm der Telekomanlage, die die JOANN und die BOB-XXI miteinander verbanden. Es gab kein Bild mehr. Aber quer über die Mattscheibe lief die gezackte Linie des Pausenzeichens, das anzeigte, dass im Augenblick zwischen den beiden Stationen keine Sendung im Gang war.

Man hätte kein Pausenzeichen sehen können, wenn der Sender am anderen Ende der Leitung nicht mehr dagewesen wäre.

Das war es. Wenigstens der Telekomsender der BOB-XXI funktionierte noch. Und da er ein empfindliches Gerät war, bestand Hoffnung, dass auch andere Dinge die Kollision mit dem fremden Schiff unbeschädigt überstanden hatten.

Nike Quinto nahm das Mikrophon zur Hand und rief: »BOB-Einundzwanzig, melden Sie sich! BOB-Einundzwanzig, bitte melden! Hier ruft JOANN!«

Er starrte dabei auf den Bildschirm. Das Zackenmuster blieb. Am anderen Ende der Leitung war niemand, der den Ruf annahm. Der Empfänger an Bord der BOB-XXI blieb ausgeschaltet.

»Wahrscheinlich haben sie gerade ein mächtiges Durcheinander an Bord«, murmelte Nike Quinto, »und die Station ist nicht besetzt.«

Ron bezweifelte das. Und er wusste, dass Nike selbst nicht daran glaubte. Sie beide kannten Eric Furchtbar. An Bord einer Einheit, die Eric befehligte, konnte die Aufregung noch so groß sein – die wichtigsten Posten würden immer besetzt bleiben.

Nike Quinto fuhr fort zu rufen. Als er nach einer Viertelstunde immer noch keine Antwort bekommen hatte, wusste er, dass er nach einer anderen Erklärung suchen musste. Das Telekomgerät an Bord der BOB-XXI funktionierte noch, aber von der Besatzung schien keiner mehr da zu sein.

Es musste das unterbewusste Gefühl der Verantwortlichkeit sein, das Eric Furchtbar als ersten wieder auf die Beine brachte.

Zuerst wusste er nicht, wo er war. Vor seinen Augen verschwamm das Bild eines Raumes, der ihm entsetzlich fremd vorkam. Ihm war übel.

Er bewegte sich vorsichtig und zwang das Bild vor seinen Augen zur Ruhe. Überrascht erkannte er den Hauptschaltraum der BOB-XXI, und in diesem Augenblick erinnerte er sich auch wieder an das, was geschehen war.

Das fremde Schiff. Er hatte es direkt auf die Station zurasen sehen. Wo war es?

Er raffte sich auf. Zum Glück kam er dicht vor einer hohen Schalttafel auf die Beine; denn als er aufrecht stand, brauchte er einen Halt. Er hatte sich niemals in seinem Leben so elend gefühlt.

Wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung, dachte er dumpf. Es machte ihm nichts aus. Er würde sich ein paar Tage ins Bett legen, wenn es an der Zeit war. Jetzt musste er zuerst herausfinden, was geschehen war.

Er schaute sich um. Am anderen Ende des Raumes lagen zwei dunkle Gestalten langgestreckt auf dem Fußboden. Leutnant Hynes und der wachhabende Korporal. Eric schleppte sich hinüber. Er konnte im Augenblick nichts anderes tun als festzustellen, dass beide Männer noch atmeten. Das war das Wichtigste. Halbwegs beruhigt wandte er sich ab und kehrte zu seinem Platz zurück.

Die Hyperortung arbeitete noch. Eric drehte an ein paar Knöpfen, um die Fokussierung nachzustellen. Das Glück half ihm dabei. Er brauchte nicht einmal eine Minute, da hatte er das fremde Schiff wieder im Bild.

Es entfernte sich von der BOB-XXI. Eric fühlte sich zu elend, als dass er sich darüber hätte freuen können. Aber er fing an, aus der Begegnung des Bildpunkts auf dem Schirm den jetzigen Kurs des Fremden zu errechnen. Das Ergebnis, das er nach fünf Minuten bekam, war nicht sonderlich genau. Aber es zeigte deutlich, dass die Bahn des unbekannten Raumschiffs an der Stelle, an der die BOB-XXI stand, einen scharfen Knick zeigte.

In Erics Schädel führten Gedanken und Schmerzen einen bunten Tanz auf. Aber Eric fing langsam an, zu begreifen. Die Korrekturtriebwerke hatten die BOB-XXI nicht vollständig aus dem Kurs des Fremden gebracht. Aber sie hatten verhindert, dass die Kollision zu einem Volltreffer wurde. Das fremde Schiff hatte den Feldschirm der Station gestreift, und beide, das Schiff und die Station, waren zur Seite geschleudert worden. Der Feldschirm hatte den größten Teil der mitgeteilten Energie absorbiert. Aber der rein mechanische Ruck des Aufpralls war im Innern der Station zu spüren gewesen.

Nachträglich atmete Eric auf. Es hätte alles viel schlimmer kommen können. Er sah auf die Uhr. Es war vierzehn Uhr fünfunddreißig Bordzeit. Er hatte eine gute Stunde bewusstlos gelegen. Die JOANN fiel ihm ein. Quinto würde sich den Kopf darüber zerbrochen haben, was mit der Station los war.

Eric horchte in den Raum hinein. Es war alles still.

Er vergewisserte sich, indem er die einzelnen Stationen der Reihe nach anrief. Niemand meldete sich. Die Geräte dagegen schienen alle noch in Ordnung zu sein.

Neue Besorgnis erfüllte Eric. Der Aufprall war kräftig genug gewesen, um jemand, der in ungünstigem Winkel von den Beinen gerissen wurde, zu töten. Er musste nachsehen. Er musste vor allen Dingen Doc Johannesson auf die Beine bringen, damit er nach den Verwundeten sah. Und verwundet waren sie wohl mehr oder weniger alle.

An der Wand entlang ging er zum Schott. Er musste wenigstens Johannesson finden und ihn auf die Füße stellen. Was danach kam, war ihm egal. Er fühlte sich nicht einmal mehr dafür verantwortlich, dass die JOANN Bescheid bekam.

Die Gefahr war vorüber. Er war sich dessen bewusst, dass er selbst die endgültige Katastrophe verhindert hatte. Und er meinte, dass Nike Quinto ihm das ruhig zugute halten konnte.

Das Schott fuhr vor ihm zur Seite. Er trat auf den Gang hinaus. Im Innern der Station war es beängstigend ruhig.

Trotzdem hatte Eric das Gefühl, dass irgendwo in der Nähe sich jemand bewegte.

In der Funkstation war Art Cavanaugh gerade dabei, die Augen aufzuschlagen, als Eric Furchtbar ihn fand.

Im Funkraum hatte der Zusammenprall sich stärker ausgewirkt als in der Zentrale. Gerissenes Glassit lag auf dem Boden herum, ein paar Geräteskalen waren dunkel, die Lichtzeiger erloschen. Aber die wichtigsten Instrumente, davon überzeugte Eric sich mit einem Blick, waren noch betriebsbereit.

Ken Lodge und Warren Lee lagen bewusstlos vor dem Telekomaggregat. Kens Stirn war aufgeplatzt und hatte heftig geblutet. An Warren war zunächst keine Verletzung zu erkennen. Er atmete, das war die Hauptsache.

Art Cavanaugh lag etwa in der Mitte des Raumes. Eric fragte sich, wie er dahingekommen war. Denn er war bewusstlos, und das Bewusstsein konnte er schließlich nur bei einem Anprall gegen eine der Wände verloren haben.

Art Cavanaugh wusste ziemlich schnell, wo er war. Er erkannte Eric und fuhr in die Höhe. Die Bewegung schien ihm nicht gut zu bekommen. Er schloss die Augen für ein paar Sekunden und verzog das Gesicht vor Schmerz.

»Langsam, Mann«, ermahnte ihn Eric. »Lassen Sie sich Zeit. Wir haben's jetzt nicht mehr so eilig.«

Art kam auf die Knie.

»Danke«, keuchte er. »Aber ich schaffe es schon.«

Er stand auf. Er schwankte ein wenig, aber er konnte sich ohne fremde Hilfe auf den Beinen halten.

»Wie fühlen Sie sich?«, fragte Eric.

Art brachte ein mattes Lächeln zuwege. »Miserabel, wenn ich ehrlich sein soll. Was ist geschehen?«

Eric erklärte es ihm mit kurzen Worten. Er sagte nur: »Die Triebwerke schafften es gerade noch.« Er erwähnte nicht, wer es fertiggebracht hatte, die Korrektoren in weniger als zwei Minuten auf Höchstleistung zu schalten und ihnen noch auf die Bogenminute genau den richtigen Kurs anzugeben.

»Wie haben jetzt zwei Dinge zu tun«, schloss Eric. »Erstens müssen wir den Arzt finden, damit er nach den Männern sieht, und zweitens muss die JOANN Bescheid bekommen. Übernehmen Sie die JOANN, ich suche nach Johannesson.«

»Selbstverständlich«, antwortete Art und wandte sich um, um den Telekom einzuschalten.

Fatalerweise hatte der Zusammenstoß Doktor Johannesson ziemlich übel mitgespielt. Als Eric Furchtbar ihn in einem der Geschützstände fand, war sein Gesicht so voller Schrammen und Blut, dass Eric ihn nur an seinem Rangabzeichen erkannte.

Er versuchte, ihn zum Bewusstsein zurückzubringen. Aber bevor ihm das gelang, war die Hälfte der Mannschaft von selbst wieder auf die Beine gekommen. Johannesson brauchte eine geraume Weile, bevor er verstand, was eigentlich passiert war. Aber als er es endlich begriffen hatte, machte er sich willig an die Arbeit, obwohl seine eigenen Schmerzen heftiger sein mussten als die der meisten anderen Männer. Die Erschütterung hatte ihn gegen den Strahlschutzverschluss des großen Desintegrators geschleudert, und die aus dem Verschluss herausragenden Strahlungsmessgeräte hatten ihre Spur in seinem Gesicht hinterlassen. Als Johannesson sich in einem Spiegel betrachtete, murmelte er lakonisch: »Muss später operiert werden. Gibt beachtliche Narben.«

Dann ließ er sich seine Instrumente reichen und machte sich an die Arbeit.

Es stellte sich heraus, dass niemand an Bord der BOB-XXI wirklich ernsthaft zu Schaden gekommen war. Ein doppelter Beinbruch war der schlimmste Fall von Verletzung. Die Mannschaft konnte von Glück sagen, dass sie einen Kommandanten hatte, der im Augenblick der höchsten Gefahr so blitzschnell und zielbewusst zu reagieren verstand.

Die JOANN war inzwischen verständigt. Art Cavanaugh berichtete, er hätte Nike Quinto vor Erleichterung seufzen hören.

»Das kann zweierlei heißen«, meinte Eric daraufhin ungerührt. »Entweder wir haben ihn die ganze Zeit über falsch eingeschätzt, oder er hat vor lauter Aufregung den Verstand verloren.«

Eric selbst fühlte sich im Augenblick nicht mehr so miserabel wie in den ersten Minuten. Er kehrte zum Hauptschaltraum zurück und traf dort wieder auf Doc Johannesson, der eben dabei war, Leutnant Hynes' Arm zu behandeln. Ed Hynes saß aufrecht in einem Sessel.

»Schmerzen?«, fragte Eric.

Ed Hynes lachte. »Keine Spur. Der Doc hat mir ein halbes Dutzend Spritzen gegeben, und in einer muss wohl eine kräftige Dosis Alkohol gewesen sein. Ich fühle mich wie nach dem fünften Glas.«

Eric lachte mit. Dann ging er an seinen Platz. Ed Hynes sah ihm hinterdrein und dachte, dass der alte Furchtbar so furchtbar eigentlich gar nicht war.

Eric fokussierte die Ortereinrichtung neu. Im Augenblick war er noch auf sich selbst angewiesen. Die meisten Männer waren auf Anordnung des Arztes dabei, sich auszuruhen und die Wunden zu pflegen. In den Beobachtungsräumen wurde nur ein Notdienst versehen. Eric hatte gezögert, dazu seine Zustimmung zu geben, aber da im Augenblick von Gefahr keine Spur zu erkennen war, hatte er schließlich eingewilligt. Er drehte so lange an den Stellknöpfen, bis er den Bildpunkt des fremden Schiffes wieder ins Blickfeld bekam.

Eric erschrak im ersten Augenblick. Aber dann sah er, wie der hellgrüne Lichtpunkt auf seinem Schirm hin und her hüpfte, und begriff, dass er von dem Objekt dort draußen keine Gefahr mehr zu fürchten brauchte. Das fremde Schiff war mittlerweile vollständig aus der Kontrolle geraten. Die Antigravgeneratoren feuerten willkürlich nach allen Richtungen. Nur die Endgeschwindigkeit, die es nach dem Beinahezusammenprall gehabt hatte, gab dem sinnlosen Umherhüpfen eine gewisse Vorzugsrichtung – nämlich von der BOB-XXI fort. Bei dem Beinahezusammenprall schien das Schiff beträchtlich an Fahrt verloren zu haben, sonst wäre es jetzt schon weiter entfernt gewesen.

Wie mochten die Wesen aussehen, die an Bord des Schiffes gelebt hatten? Wo waren sie hergekommen?

Warum waren sie gekommen?

Und mit wem hatten sie sich dort draußen herumgeschlagen?

In Gedanken verloren starrte Eric vor sich hin. Er sah die Knöpfe und Hebel an seinem Schaltpult nicht in Wirklichkeit. Aber er zuckte zusammen, als ihm bewusst wurde, dass sich da eben etwas bewegt hatte.

Er schrak auf und studierte die Schaltknöpfe. Hastig fuhr der Blick an der Reihe der Schalter entlang. Einen nach dem anderen untersuchte er und fand, dass er sich in der richtigen Stellung befand. Eric beruhigte sich rasch wieder. Er durfte nicht vergessen, dass er wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung davongetragen hatte. Der Himmel mochte wissen, wie viele falsche Sinneseindrücke ein erschüttertes Gehirn aus sich heraus produzierte.

Er wollte sich wieder zurücklehnen, als er die Bewegung ein zweites Mal wahrnahm. Diesmal hatte er zufällig auf die richtige Stelle geschaut.

Der große Drehknopf für die Energiezufuhr des Telekoms.

Eric sprang auf. Mit einem wilden Ruck schoss die Hand nach vorne und packte den Knopf, um ihn in die Ruhestellung zurückzudrehen.

Aber da war Widerstand. Zornig nahm Eric beide Hände zu Hilfe. Die Knöchel traten weiß aus der Haut hervor, als die Finger sich spannten und den Knopf herumzuzerren versuchten. Aber der Knopf rührte sich nicht.

Eric kroch halb auf das Schaltpult hinauf, um in eine günstigere Position zu kommen. Er setzte zum dritten Versuch an, und es gelang ihm, den Knopf um ein paar Grad wieder auf die Ruhestellung zuzubewegen. Aber bevor er den endgültigen Erfolg erzielte, geschah etwas Eigenartiges.

Über beide Handrücken zog sich plötzlich eine blutige Strieme, als hätte sie jemand mit einem scharfen Messer geritzt. Das alles ging so schnell, dass Eric nicht einmal sah, ob der Schnitt rechts begann und nach links lief oder umgekehrt.

Er spürte aber den brennenden, pulsierenden Schmerz und ließ mit einem zornigen Schrei den Drehknopf los.

Eric fuhr herum. Doc Johannesson war immer noch mit Ed Hynes beschäftigt. Der Korporal saß matt und mit bleichem Gesicht in einem weichen, bequemen Sessel. Von keinem war Hilfe zu erwarten. Aber ...

Ein verrückter Gedanke schoss Eric durch den Kopf. Wenn jemand dem Telekom Energie zuleitete, dann konnte das nur bedeuten, dass er den Sender in Betrieb nehmen wollte.

Der weitaus größere Teil des Leitsystems befand sich unten in der Funkkabine. Mit zwei, drei Tastendrücken stellte Eric eine Interkomverbindung her. Er hatte nicht viel Hoffnung, dass sich jemand melden würde. Denn die Empfängeranlagen waren automatisch zum Kommandoraum durchgeschaltet, und die drei Funker pflegten ihre Wunden.

Trotzdem leuchtete der kleine Bildschirm auf, und Art Cavanaughs faltiges Gesicht erschien. Er atmete auf.

»Überprüfen Sie den Telekom, Sergeant!«, rief Eric. »Sofort!«

Art kniff die Augen zusammen und sprang auf. Für eine halbe Minute war er verschwunden, und Eric sah auf dem Bildschirm nur die Rücklehne des Drehsessels, auf dem Art gesessen hatte.

Dann kehrte der Funker zurück.

»Alles in Ordnung«, erklärte er ernst. »Leistungszufuhr null, die Geräte alle intakt.«

»Leistungszufuhr null ...?«

Ungläubig starrte Eric auf den Drehknopf auf seinem Schaltpult. Er hatte gesehen, wie die Leistungszufuhr eingeschaltet wurde. Dass er sie wieder ausschalten wollte, hatte ihm nachweislich zwei schmerzliche Schnitte quer über die Handrücken eingebracht. Und jetzt behauptete Cavanaugh ...

Da sah er, dass der Drehknopf wieder auf Null stand.

Er holte tief Luft. War er wirklich verrückt?

Er stieß den Atem aus und betrachtete die Hände.

Die Schnitte waren noch da, und Blut sickerte aus ihnen hervor.

Er war nicht verrückt. Jemand hatte ihn geschnitten. Derselbe, der den Drehknopf zunächst in die Höhe und dann, während er mit Cavanaugh sprach, wieder auf Null gedreht hatte.

»Überprüfen Sie die Tätigkeit des Senders während der letzten zehn Minuten, Sergeant«, war Erics nächster Befehl.

Art Cavanaugh bestätigte die Anweisung und verschwand wieder aus dem Blickfeld. Eric wusste, dass Art zehn Minuten brauchen würde, um die automatischen Aufzeichnungen des Sendegeräts zu studieren und herauszufinden, was geschehen war. In der Zwischenzeit war Eric eine andere Idee gekommen. Er speicherte die Verbindung mit Art Cavanaugh auf einer Meldeleitung und rief den Geräteraum an. In seiner Aufregung dachte er ein paar Augenblicke nicht daran, dass der Notdienst keine Besetzung des Geräteraums vorsah. Es fiel ihm wieder ein, als sich niemand meldete. Voller Ungeduld wollte er schon abschalten, als der Bildschirm noch im letzten Augenblick aufleuchtete und das vor Schmerz verbissene Gesicht eines der Wachhabenden ihn anschaute.

Eric war wieder der alte. Angesichts der Gefahr, in der sich die Station vielleicht befand, hatte er keinen Grund, auf die Schmerzen des Mannes dort unten Rücksicht zu nehmen.

»Überprüfen Sie den Atmosphärenumsatz an Bord für die letzten zwei Stunden!«, befahl Eric, und seine Stimme klang so hart, wie jedermann sie aus der Zeit vor dem Unfall gewohnt war.

»Jawohl«, antwortete der Mann und wandte den Kopf zur Seite. »Im Augenblick ist die Zusammensetzung der Bordatmosphäre ...«

Er unterbrach sich mitten im Satz.

»Na, was ist sie denn?«, fragte Eric ungeduldig. »Normal, wollten Sie sagen, nicht wahr?«

Der Mann sah Eric hilflos an, »Wollte ich sagen, ja.«

»Aber ...?«

»Wir haben Sauerstoff verloren. Wahrscheinlich ein Leck ...«

»Keine voreiligen Schlüsse«, unterbrach ihn Eric. »Prüfen Sie den Stickstoffgehalt!«

»Normal«, antwortete der Techniker ohne Zögern.

»Was für ein Leck müsste das sein«, fragte Eric spöttisch, »das nur Sauerstoff, aber keinen Stickstoff hinauslässt?«

Der Mann war ratlos. Eric sah es und gab ihm einen neuen Auftrag. »Machen Sie eine Kohlendioxydanalyse, rasch!«

Der Bildschirm wurde leer. Die Analyse würde rasch beendet sein. Der Techniker brauchte nur einen Knopf zu drücken und ein Instrument abzulesen. Der CO2-Gehalt der Bordatmosphäre wurde nicht von ständig anzeigenden Geräten registriert. Er war, im Vergleich zum Stickstoff- und Sauerstoff-Gehalt, minimal und außerdem ziemlich unwichtig.

Aber jetzt ...

Der Techniker kam zurück, und sein Gesicht war rot vor Aufregung. Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn.

»Übernormal«, stieß er hervor. »Die Aufbereitung ...«

Eric war plötzlich sehr ruhig. Seine Vermutung hatte sich bewahrheitet. Für eine oder zwei Sekunden fühlte er Befriedigung darüber. Dann kam ihm rasch und klar zum Bewusstsein, dass es viel vernünftiger war, Besorgnis wegen der neuen Gefahr zu empfinden als Befriedigung wegen einer bestätigten Theorie.

»Ich sagte schon einmal – keine voreiligen Schlüsse«, warnte er den Mann kühl. »Kommt der Zuwachs an CO2 für den Verlust an O2 auf?«

Der Techniker brauchte nur einen Augenblick lang nachzudenken. »Jawohl. Fast auf das Zehntelprozent genau.«

»Danke. Ich brauche keine weitere Auskunft.«

Er schaltete ab. Einen Atemzug später fiel ihm ein, dass eine ganz bestimmte Auskunft vielleicht doch wichtig gewesen wäre. Wieviel Sauerstoff war verloren? Wenn er die Zeit mit rund zwei Stunden annahm und die Atemrate gleich der eines Menschen setzte, dann konnte er daraus errechnen, wie viele ...

Er verwarf den Gedanken wieder. Die zwei Stunden waren durch nichts belegt, und die Atemrate gleich der eines Menschen zu setzen war noch viel willkürlicher. Er hatte keinen Anhaltspunkt dafür.

Er überlegte sich, ob vielleicht nicht doch die Aufbereitungsanlage ausgesetzt hatte. Er kannte ihren Mechanismus im großen und ganzen. Sauerstoff wurde von menschlichen Lungen verbraucht und Kohlendioxyd dafür abgegeben. Mit der Zeit verschwand also der Sauerstoff aus einer nicht regenerierten Atmosphäre und wurde durch Kohlendioxyd ersetzt. Die Aufbereitungsanlage an Bord der BOB-XXI spaltete das Kohlendioxyd – in mehreren Schritten natürlich – in reinen Sauerstoff und Graphit. Der Sauerstoff wurde der Bordatmosphäre wieder zugeführt, der Graphit wurde gespeichert und den dreimonatlichen Versorgungsschiffen mitgegeben. Auf der Erde bestand hohe Nachfrage nach reinstem Graphit, und für ein Raumfahrzeug bedeutete es nur unnötigen Ballast.

Wie das auch immer war – die Aufbereitungsanlage war eines der unempfindlichsten Geräte, die es an Bord gab. Wenn die sensitiven Relais des Interkoms dem Aufprall standgehalten hatten, dann hatte es die Aufbereitung allemal. Es gab keinen Anlass anzunehmen, dass sie beschädigt worden sei.

Dann allerdings gab es nur noch eine einzige Erklärung für das merkwürdige Verhalten der Bordatmosphäre.

Der Funkraum meldete sich wieder. Hastig schaltete Eric ein. Art Cavanaugh war normalerweise ein sehr beherrschter Mann. Aber jetzt sah man seinem Gesicht an, dass etwas Merkwürdiges geschehen sein musste.

»Da ist eine Sendung ausgestrahlt worden!«, stieß er hervor.

Es schien ihn zu überraschen, dass Eric nur gleichgültig nickte.

»Kode?«, fragte Eric knapp.

»Nicht erkennbar.« Er machte den Mund auf, als wollte er noch etwas sagen, schwieg aber dann.

Eric bemerkte es.

»Sagen Sie's ruhig«, forderte er Art auf.

»Es ist nur eine Vermutung«, sprudelte Art hervor, »und man müsste es durch die Auswertung nachprüfen lassen. Aber die Modulation sieht ungefähr so aus wie die der unverständlichen Sendung, die wir vorhin stundenlang empfangen haben.«

Eric nickte auch dazu.

»Wie lang ist die gesamte Sendung?«, wollte er wissen.

»Zwölf bis dreizehn Sekunden.«

»Konnten Sie Wiederholungen feststellen?«

»Nein.«

»Waren Sie während dieser Zeit im Funkraum?«

»Jawohl.«

»Haben Sie etwas Auffälliges bemerkt?«

Art dachte eine Weile nach.

»Nein«, antwortete er, immer noch zögernd. »Ich – ich habe in der letzten Zeit des öfteren das Gefühl, es wäre jemand in meiner Nähe. Ich sehe mich dann gewöhnlich um, aber jedes Mal ist alles so, wie es sein sollte. Es ist niemand hier im Raum außer mir.« Er lächelte schwach. »Es scheint eine Art permanente Halluzination zu sein.«

Eric schüttelt den Kopf. »Sie brauchen keine Angst zu haben, Art. Es ist keine Halluzination.«

Dann schaltete er das Mikrophon aus.

Er spürte ein merkwürdiges Verlangen, sich mit seinem Sessel umzudrehen und die lange Halle des Hauptschaltraums mit dem Blick zu inspizieren. Er tat es. Er schaute an den Wänden entlang. Er beobachtete Doc Johannesson, wie er Ed Hynes den endgültigen Verband anlegte, und wartete darauf, dass ihm eines der Instrumente aus der Hand genommen würde. Aber nichts geschah.

Trotzdem wusste Eric ganz genau, dass sie da waren.

Er drehte sich wieder um und ließ die Positronik einen Eilspruch an die JOANN in Kode fassen. Der Spruch war nur ein paar Worte lang. Die Positronik selbst brauchte nicht einmal eine Hundertstelsekunde, um die Worte zu kodifizieren. Einlege- und Auswurfmechanismus arbeiteten jedoch langsamer. Eric Furchtbar musste volle drei Sekunden auf die Schablone warten.

Er führte die Schablone dem Sender zu.

Und kurze Zeit später verließ ein höchst merkwürdiger Spruch die Hyperantennen der Beobachtungsstation. Nicht ohne Vergnügen stellte Eric sich Nike Quintos Gesicht vor, wenn er die Nachricht las.

4.

Eric Furchtbar, der über die beiden vorausgegangenen Begegnungen mit den Unsichtbaren in der Vergangenheit nicht informiert war, konnte nicht wissen, dass Quinto alles andere als überrascht war. Im Gegenteil. Quintos einzige Reaktion waren die Worte: »Also doch.«

Ron Landry blickte ihn nachdenklich an. Schließlich sagte er: »Auf diese Begegnung haben wir sechs Jahre gewartet und uns darauf vorbereitet. Was mich jedoch nachdenklich stimmt, ist die Tatsache, dass es den Unsichtbaren gelungen ist, in die Station einzudringen. Sie ist von starken Feldschirmen geschützt.«

Nike Quinto wischte den Einwand mit einer Handbewegung beiseite. »In dem Augenblick, in dem die beiden Fahrzeuge zusammenprallten, muss es ein paar Sekunden gegeben haben, in denen der Feldschirm der BOB-Einundzwanzig ausgefallen ist. Wir brauchen uns nur vorzustellen, dass die Fremden das vorausgesehen hatten. Sie machten sich zum Überwechseln bereit, und als es soweit war, sprangen sie einfach und drangen durch eine der Schleusen ein.«

Ron hatte den Eindruck, dass Nike Quinto seine Vorsicht vor der Genialität der Unbekannten allmählich übertrieb. Aber er behielt seine Gedanken für sich. Still lehnte er in seinem Sessel und wartete auf weitere Nachrichten von der BOB-XXI.

Etwa eine Stunde verging, ohne dass etwas Besonderes geschah. Eric Furchtbar berichtete in kurzen Abständen über seine Bemühungen, mit den Unsichtbaren in Kontakt zu kommen. Das gelang ihm nicht. Entweder waren die Fremden nicht in der Lage, seine Annäherungsversuche zu verstehen, oder sie wollten einfach keine Begegnung haben.

Eric fing allmählich an zu verzweifeln. Die Unsichtbaren verhielten sich offenbar ruhig. Aber die psychologische Belastung an Bord der BOB-XXI fing an, untragbar zu werden. Nike Quinto sah sich plötzlich in die Rolle des Mannes gedrängt, der einen anderen Mann zu beruhigen und zu trösten hatte. Er fand sich erstaunlich gut damit zurecht.

Allerdings brauchte er sich nicht allzu lange Mühe zu geben. Quinto dachte nicht daran, die Besatzung der BOB-XXI über die Unsichtbaren aufzuklären. Zum einen hatte er dazu keinen Auftrag, zum anderen waren die Informationen, die die Eingeweihten über diese Fremden hatten, mehr als dürftig. Was hätte er Eric schon sagen können? Dass die Fremden unsichtbar waren? Das wusste mittlerweile jeder. Es hätte der BOB-Besatzung auch nicht geholfen, wenn sie erfahren hätte, dass diese Wesen bereits zweimal Kontakt mit Menschen gehabt hatten.

Und dann geschahen die Dinge plötzlich in so rascher Eile, dass die Männer an Bord der JOANN Mühe hatten, auf die sich überschlagenden Berichte zu reagieren.

Im Funkraum der BOB-XXI herrschte tiefe Stille. Wenigstens empfand Art Cavanaugh es als Stille, denn das leise Summen der Geräte wurde ihm längst nicht mehr bewusst. In Gedanken verloren, ließ er den Blick an der Reihe der Schalttafeln, Messinstrumente und Kodetransformer zu seiner Rechten entlangwandern.

Dabei sah er, wie eines der großen Schalträder sich drehte.

Er zuckte zusammen und schaute ein zweites Mal hin, diesmal bewusst und hellwach. Das Rad drehte sich immer noch, langsam, aber zielbewusst. Es war das große Stellrad für die Leistungszufuhr des Hauptsenders, und jemand drehte es zu größerer Leistung hin.

Art sprang auf. So, wie die Aggregate im Augenblick geschaltet waren, würden sie die hohe Leistungszufuhr nicht vertragen. Der Hauptsender lag tot. Mit der JOANN hatte die Station bisher über eine der schwächeren Nebenanlagen in Verbindung gestanden. Wenn der unsichtbare Narr wirklich soviel Sendeleistung brauchte, um seine Botschaft abzustrahlen, warum schaltete er dann nicht vorher den Hauptsender in die Leitung?

Mit zwei Sprüngen stand Art vor dem Stellrad und versuchte, es anzuhalten. Wenn sich einer der Unsichtbaren in der Nähe befand, dann musste er rasch zur Seite gewichen sein. Art spürte keine Berührung. Er griff das Rad mit beiden Händen und versuchte, es zurückzudrehen. Er achtete dabei auf seine Hände. Er war bereit, sie bei der leisesten Spur von Schmerz zurückzuziehen. Denn er kannte die Geschichte, die Eric Furchtbar erlebt hatte.

Merkwürdigerweise leistete ihm jedoch niemand Widerstand. Er drehte das Rad zurück, bis die Leistungszufuhr wieder auf dem ursprünglichen Wert stand, der keinem der Geräte gefährlich werden konnte. Er ließ das Rad los, atmete erleichtert auf und blieb eine Weile stehen, um zu beobachten, was jetzt geschah.