Perry Rhodan 19: Das zweite Imperium (Silberband) - Clark Darlton - E-Book

Perry Rhodan 19: Das zweite Imperium (Silberband) E-Book

Clark Darlton

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Beschreibung

Perry Rhodan und die Terraner müssen erkennen, dass in der bisher unerforschten "Eastside" der Milchstraße ein großes Sternenreich existiert. Das zweite Imperium, wie es die Menschen nennen, steht in einem noch unbekannten Zusammenhang mit drei aktuellen Phänomenen: den verheerenden Hornschrecken, den seltsam intelligenten Schreckwürmern und dem rätselhaften Molkex, das sich jeder Untersuchung entzieht. Spezialisten der USO erfahren von einem der monströsen Schreckwürmer, dass diese seit Jahrtausenden von mysteriösen Fremden missbraucht werden, den sogenannten Huldvollen. In der Folge stoßen terranische Raumfahrer in den Herrschaftsbereich jener Huldvollen vor, in das zweite Imperium. Doch die Fremden, die wegen ihres Aussehens bald auch als "Blues" bezeichnet werden, erweisen sich mit ihren Molkex-gepanzerten Raumschiffen als unüberwindbare Gegner. Gleichzeitig erforschen Wissenschaftler das Geheimnis des Riesenplaneten Herkules. Im Innern dieser Welt steckt das Suprahet, ein aus Molkex bestehendes Monstrum, das buchstäblich Sterne vernichten kann. Das Suprahet erwacht, und der Konflikt mit den Blues eskaliert ...

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Nr. 19

Das zweite Imperium

Perry Rhodan und die Terraner müssen erkennen, dass in der bisher unerforschten »Eastside« der Milchstraße ein großes Sternenreich existiert. Das zweite Imperium, wie es die Menschen nennen, steht in einem noch unbekannten Zusammenhang mit drei aktuellen Phänomenen: den verheerenden Hornschrecken, den seltsam intelligenten Schreckwürmern und dem rätselhaften Molkex, das sich jeder Untersuchung entzieht.

Spezialisten der USO erfahren von einem der monströsen Schreckwürmer, dass diese seit Jahrtausenden von mysteriösen Fremden missbraucht werden, den so genannten Huldvollen. In der Folge stoßen terranische Raumfahrer in den Herrschaftsbereich jener Huldvollen vor, in das zweite Imperium. Doch die Fremden, die wegen ihres Aussehens bald auch als »Blues« bezeichnet werden, erweisen sich mit ihren Molkex-gepanzerten Raumschiffen als unüberwindbare Gegner.

Einleitung

Der Umgang mit Andersartigen gehörte schon immer zu den Problemen, die für viele Menschen unlösbar waren. Schwerer als in anderen Bereichen können wir uns in dieser Beziehung von der Dominanz uralter Verhaltensmuster lösen. Bedenkt man, vor welchen Schwierigkeiten wir stehen, wenn wir mit Angehörigen eines anderen Kulturkreises zu tun haben, mag uns bewusst werden, was die Begegnung mit Außerirdischen an Emotionen auszulösen imstande wäre – vor allem, wenn diese Fremden monströse Geschöpfe wären.

Natürlich haben auch die PERRY-RHODAN-Autoren in ihren Romanen von Anfang an darüber spekuliert, wie solche Begegnungen ausgehen könnten. Zwei Beispiele finden wir in diesem Buch: Den Kontakt mit den Schreckwürmern und den Blues. Das vorliegende Buch bietet ein Beispiel dafür, dass man an diese Thematik mit den üblichen Klischees herangehen (wie es im Fall der Blues geschehen ist), aber auch eine differenzierte Haltung einnehmen kann (so bei den Schreckwürmern). Auf den ersten Blick mag die erstgenannte Methode vom dramaturgischen Standpunkt aus die vielversprechendere sein, weil sie mehr Konfliktstoff und damit Spannung verheißt. Einer näheren Prüfung hält diese Vermutung jedoch nicht stand. Die Gegenüberstellung zweier verschiedener Arten unter Miteinbeziehung möglichst vieler psychologischer und philosophischer Fakten ist letztlich befriedigender. Doch das sollte jeder Leser mit sich selbst ausmachen, wenn er die folgenden Originalromane, die erstmals Mitte der sechziger Jahre erschienen sind, gelesen hat: Vier von der USO von William Voltz; Der Pakt mit dem Tod von William Voltz; Das zweite Imperium von Clark Darlton; Im Bann des Riesenplaneten von Kurt Brand; Kontaktschiff Terrania von Kurt Brand; Im Labyrinth von Eysal von Kurt Mahr und Spione von der Erde von Kurt Mahr. (Auflistung in der Reihenfolge des ehemaligen Erscheinens, ungeachtet der vorgenommenen Kürzungen und Bearbeitungen.)

Auch das nächste Buch wird sich noch einmal mit dem Thema der Blues auseinandersetzen.

Wie in allen vorausgegangenen Romanen habe ich mich auch bei der Bearbeitung dieses Bandes von der Überzeugung leiten lassen, dass trotz aller nötigen Korrekturen möglichst viel von der Originalität der »Heftchen« erhalten bleiben sollte. Für die mir bei dieser Aufgabe zuteil gewordene Hilfe bedanke ich mich bei Christa Schurm, Franz Dolenc und G. M. Schelwokat – und bei den vielen Lesern, die mir unermüdlich gutgemeinte Vorschläge und Kritiken zusenden.

Zeittafel

1971 – Die STARDUST erreicht den Mond, und Perry Rhodan entdeckt den gestrandeten Forschungskreuzer der Arkoniden.

1972 – Aufbau der Dritten Macht und Einigung der Menschheit.

1976 – Perry Rhodan löst das galaktische Rätsel und entdeckt den Planeten Wanderer, wo seine Freunde und er von dem Geisteswesen ES die relative Unsterblichkeit erhalten.

1984 – Der Robotregent von Arkon versucht die Menschheit zu unterwerfen.

2040 – Das Solare Imperium ist entstanden. Der Arkonide Atlan taucht aus seiner Unterwasserkuppel im Atlantik auf. Die Druuf dringen aus ihrer Zeitebene in unser Universum vor.

2044 – Die Terraner verhelfen Atlan zu seinem Erbe.

2102 – Perry Rhodan entdeckt das Blaue System der Akonen.

2103 – Perry Rhodan erhält den Zellaktivator von ES.

2104 – Der Planet Mechanica wird entdeckt. Vernichtung des Robotregenten von Arkon.

2114 – Entdeckung der Hundertsonnenwelt und Bündnis mit den Posbi-Robotern.

2326

1.

Das Ungeheuer bewegte sich langsam, als sei es sich nicht schlüssig, welche Richtung es einschlagen solle. Sein wurmförmiger Körper war etwas über 20 Meter lang und fast drei Meter dick.

Am Ende des monströsen Körpers saß ein runder Kopf von mindestens fünf Meter Durchmesser mit zwei großen Augen.

Claude Collignot sah entsetzt, wie das Ungeheuer ein riesiges Maul aufriss. Die gleichmäßig um den Kopf herum angeordneten Greifzangen bewegten sich.

Der Schreckwurm beschleunigte sein Tempo. Sein Kopf kam schnell auf Collignot zu, der unwillkürlich gegen die Rückwand des Sessels zurückwich.

»Das genügt!«, rief Atlan.

Sergeant Gilmore, der den 3-D-Projektor bediente, stellte den Vorführapparat ab und schaltete die Beleuchtung wieder ein.

Collignot rieb sich die Augen. Er sah, wie Captain Firgolt sich lässig von der Wand abstieß und auf die dunkle Leinwand zeigte.

»Einen besseren Begriff konnten wir von unserem Gegner nicht bekommen«, sagte er zu Lordadmiral Atlan gewandt. »Nun hat jeder von uns eine gewisse Vorstellung davon, mit wem wir es demnächst zu tun haben werden.«

Perry Rhodan, der abseits in einem Sessel saß, warf ein: »Leider konnten wir nicht alle Eigenarten des Schreckwurms filmen. Denken Sie vor allem daran, dass er Sprünge bis zu hundertfünfzig Metern machen kann. Das allein schon macht ihn zu einem gefährlichen Gegner – von seiner Fähigkeit, den stärksten Waffen zu widerstehen, einmal ganz zu schweigen.«

Die Männer befanden sich innerhalb des Leichten USO-Kreuzers CARBULA. Man schrieb den 17. Dezember 2326.

Atlan hatte vier USO-Agenten für einen dringenden Spezialauftrag ausgewählt.

Atlans Wahl war auf Captain Brent Firgolt und die Leutnants Warren, Kopenziack und Collignot gefallen, sämtlich Spezialisten mit einem hohen Ausbildungsgrad.

»Jeder von Ihnen kennt die Aufgabe, die Ihnen bevorsteht«, sagte Atlan zu den vier Männern. »Sie sollen versuchen, dem Schreckwurm ohne Waffen gegenüberzutreten, um seine Reaktionen zu beobachten. Das heißt, dass Sie ihn testen sollen, ohne Ihr Leben zu riskieren.«

»Hoffentlich ist der Schreckwurm damit einverstanden«, bemerkte Leutnant Aldo Kopenziack sarkastisch.

Atlan lächelte unmerklich. Er kannte die Eigenarten seiner terranischen Freunde und wusste, wie er sie zu behandeln hatte.

»Vielleicht fragen Sie ihn einmal«, schlug er vor.

Die Männer lachten.

Der Leichte Kreuzer CARBULA stand in unmittelbarer Nähe des Planeten Euhja, der dritten Welt von insgesamt fünf, die Euthats Stern umkreisten. Das Sonnensystem war 8314 Lichtjahre von der Erde entfernt, fernab aller galaktischen Verkehrswege.

Euhja war eine Arawelt. Das heißt, sie war es bis zu jenem Zeitpunkt gewesen, als zwei Ara-Wissenschaftler in ihrem Schiff Hornschrecken eingeschleppt hatten. Kaum hatten die kleinen Ungeheuer das Schiff verlassen, hatten sie mit ihrer ständigen Teilung begonnen und den einzigen Kontinent von Euhja verwüstet.

Seit dieser Zeit gab es dort keine Ara-Niederlassung mehr. Den Galaktischen Medizinern war noch die Zeit für einen dringenden Notruf geblieben, doch jede Hilfe kam vergebens.

Euhja war eine Wasserwelt. Ihr einziger Kontinent war eine Insel von der Größe Grönlands. Die Molkexmasse, die durch die ständige Teilung und Vermehrung der Hornschrecken entstanden war, hatte gerade zur Entstehung eines Schreckwurms ausgereicht.

Dieser einzelne Schreckwurm war es, den Perry Rhodan und Atlan nach gemeinsamen Beratungen ausgesucht hatten, um mehr über diese Monstren zu erfahren.

276 Planeten waren in den letzten Monaten von Hornschrecken regelrecht aufgefressen worden. Darunter waren sieben Welten, auf denen verschiedene Imperiumsvölker Stützpunkte unterhielten, die glücklicherweise nur dünn besiedelt waren. Von diesen sieben Planeten konnten nur zwei rechtzeitig evakuiert werden.

Durch Unachtsamkeit der Rettungsmannschaften sowie der fliehenden Stützpunktbewohner gelangten die Hornschrecken in weiterer Folge auf insgesamt 19 Planeten. Euhja war einer davon.

So kam es, dass sich auf diesen 19 Welten die Schreckwürmer erst 14 Tage später entwickelten als auf den Planeten, die bereits Eier enthielten.

»Wie Sie schon wissen, ist es uns gelungen, auf dem Planeten Zannmalon Schreckwürmer zu beobachten«, sagte Atlan. »Dort konnten auch diese Aufnahmen gemacht werden, die Sie soeben sahen. In der Zwischenzeit haben wir alle verfügbaren Daten, die uns über Schreckwürmer zur Verfügung stehen, dem hyperinpotronischen Gehirn auf dem Erdmond zur Auswertung programmiert.«

»Dabei stellte NATHAN, das Gehirn, einige erstaunliche Thesen auf«, meinte Captain Firgolt.

»Das stimmt«, bestätigte der Lordadmiral und höchste Befehlshaber der USO. »NATHAN ermittelte aufgrund der vorliegenden Daten, dass die Schreckwürmer über eine gewisse Intelligenz verfügen müssten. Sie soll etwa der eines terranischen Schäferhundes ums Zehnfache überlegen sein. Hinzu kommen ein präziser Instinkt und angelernte Handlungen.«

»Es liegt an uns festzustellen, ob daran etwas Wahres ist«, meinte Firgolt gelassen.

»Ferner steht fest, dass die Molkexmasse offensichtlich von dem unbekannten Volk für eine Schutzbekleidung seiner Raumschiffe verwendet wird. Wie das geschieht, vermochte auch NATHAN nicht anzugeben.« Atlan gab Sergeant Gilmore ein stummes Zeichen. Gilmore verpackte den 3-D-Projektor und rollte die Leinwand zusammen.

»Inzwischen hat sich die Lage innerhalb der Galaxis stabilisiert«, sagte Rhodan von seinem Platz aus. »Die ausgeschlüpften und durch Teilung entstandenen Hornschrecken haben sich in Molkex verwandelt, aus diesem wiederum entstanden Schreckwürmer. Diese wurden inzwischen alle von den unbekannten Raumfahrern abgeholt, ohne dass wir dagegen etwas unternehmen konnten. Zwar wurden alle 276 betroffenen Welten von Posbischiffen überwacht, aber die Fremden erwiesen sich stärker als die Posbis. Ehe die von den Fragmentraumern herbeigerufene Flotte an den betreffenden Stellen erschien, waren die Fremden mit ihrer Tätigkeit fertig und über alle Berge. Einige Male kam es zu Gefechten zwischen Fragmentraumern und den Fremden, bei denen die Posbis immer den kürzeren zogen. Es gibt daher nur noch neunzehn Planeten, auf denen Schreckwürmer existieren, von deren Existenz die Fremden nichts wissen können, da es sich um Planeten handelt, die nicht von ihnen zur Eierablage ausgesucht wurden, sondern erst durch Verschleppung der Hornschrecken verseucht wurden. Euhja war einer davon. Wir haben also auf Euhja eine letzte Möglichkeit, eines dieser Ungeheuer zu testen. Ich brauche Sie nicht darauf hinzuweisen, wie wichtig ein Gelingen Ihres Einsatzes ist. Noch wissen wir nicht genau, was hier eigentlich geschieht, aber die Gefahr ist offensichtlich.«

»Meine Männer und ich werden alles in unseren Kräften Stehende versuchen«, versprach Firgolt ruhig.

»Sobald Sie die CARBULA verlassen haben, kehren Atlan und ich an Bord der ERIC MANOLI zurück, um die Entwicklung abzuwarten«, erklärte Rhodan. »Die CARBULA wird innerhalb dieses Sonnensystems bleiben, so dass Sie jederzeit das Schiff um Hilfe rufen können, wenn es gefährlich für Sie wird.«

Claude Collignot öffnete die Uniformtasche seiner Kombination und zog eine überlange schwarze Zigarre hervor.

»Was ist mit unserer Spezialausrüstung, Sir?«, fragte er Atlan.

Der Lordadmiral wartete, bis Collignot die Zigarre angezündet hatte.

»Wir werden Sie mit einem U-Boot absetzen, also nicht etwa direkt auf der Insel, wie Leutnant Warren vorgeschlagen hat«, sagte er dann. »Das gut abgeschirmte U-Boot bietet Ihnen die Möglichkeit, alle wichtigen Geräte griffbereit und doch gegen jede Ortung abgesichert aufzubewahren.«

»Das leuchtet mir ein, Sir«, sagte Warren. »Wir werden den Kontinent vom Meer aus betreten.«

»Sie sind mit allem ausgerüstet, was Sie während Ihres Aufenthalts auf Euhja benötigen könnten«, fuhr Atlan fort. »Denken Sie vor allem an die Benutzung des Symboltransformers, der uns schon bei der Verständigung mit den Posbis wertvolle Dienste leistete. Vielleicht reicht die Intelligenz des Schreckwurms aus, eine Methode zu finden, mit der er sich uns verständlich machen kann.«

Captain Firgolt, ein großer, breitschultriger Mann mit braunen Augen und abstehenden Ohren, sagte: »Claude macht sich noch einigen Kummer, Sir.«

Collignot blickte misstrauisch zu seinem Vorgesetzten hinüber. Die Zigarre hing lässig in seinem Mundwinkel.

»Sprechen Sie, Leutnant Collignot«, forderte Atlan den schwarzhaarigen Mann auf.

»Es ist nichts, Sir«, sagte dieser hastig.

Kopenziack, der älteste der vier Spezialisten, grinste.

»Er fürchtet um seine Zigarren, Sir«, erklärte er. »Da Euhja eine Wasserwelt ist, glaubt er, dass sie bei soviel Feuchtigkeit aufweichen könnten.«

Errötend strich Collignot über sein Haar.

»Immerhin, Sir, diese Zigarren bekommt man nur zu horrenden Preisen«, sagte er tapfer.

2.

Er war von einem Ufer der Insel zum anderen gewandert, er hatte diesen kleinen Kontinent durchsucht und dabei versucht, Leben zu entdecken.

Doch es gab kein Leben.

Es war das gleiche Bild, das alle von Hornschrecken kahlgefressenen Welten boten.

Der einzige Kontinent des Planeten Euhja war zu einer Einöde geworden, zu einem kahlen Eiland, auf dessen Nordseite das Meer brüllend gegen die hochragenden Steilküsten ankämpfte, während es im Süden über flaches Ufer wogte.

Trotz der Hornschreckenplage gab es auf Euhja intelligentes Leben: im Meer, in einem U-Boot.

Doch der einsame Wanderer wusste nichts davon. Sein unbewusstes Suchen nach Leben beruhte auf einem Zwiespalt, in den sein Geist verfallen war. Seit er begonnen hatte zu denken, lagen in ihm zwei gegensätzliche Wünsche im Streit. Er fühlte sich gedrängt, den uralten Befehlen der Huldvollen Folge zu leisten und den Hyperimpuls abzustrahlen, der sie herbeirufen würde. Doch ein anderer Teil seines Gehirns rebellierte gegen diese Absicht.

Er war sich darüber im klaren, dass in ihm der Keim zur Revolution schlummerte. Etwas warnte ihn, ohne Widerspruch für die Huldvollen zu arbeiten.

So wanderte er über den Kontinent auf der Suche nach etwas Lebendigem. Ab und zu stieß er auf Molkexablagerungen. Der größte Teil der Masse war bei der Metamorphose aufgebraucht worden.

Der Schreckwurm fragte sich, welcher Instinkt ihn an der Ausführung uralter Gewohnheiten zu hindern versuchte. Seine Gedanken waren revolutionär. Sein Zögern allein war bereits unverständlich und strafbar. Weder die Huldvollen noch seine eigenen Artgenossen hätten ihm Verständnis entgegengebracht.

Niemand weiß von deiner Anwesenheit auf dieser Welt, bohrte der aufrührerische Gedanke. Wenn du den Hyperimpuls nicht sendest, wird man dich niemals finden.

Bestürzt begann er schneller über das Land zu kriechen. Seine geistige Entwicklung ängstigte ihn, aber das war nur natürlich. Viel schlimmer war eine Art innerer Befriedigung, die er immer dann zu empfinden glaubte, wenn er sich über die Angst vor den Huldvollen hinweggesetzt hatte.

Wenn er den Hyperimpuls nicht sendete, verstieß er gegen das uralte Gesetz. Falls er sich überhaupt dazu überwinden konnte, den Impuls nicht abzustrahlen, würde er vielleicht sogar in geistige Umnachtung verfallen, denn der Gedanke an die Unterlassung ewiger Pflichten erschütterte ihn bereits tief.

Das schlimmste jedoch war seine völlige Einsamkeit, das Bewusstsein, dass er einen einsamen Entschluss zu fällen hatte, denn kein anderer Schreckwurm würde einen Augenblick mit der Abstrahlung des Impulses zögern. Allmählich näherte er sich mehr und mehr dem Ufer. Er hielt sich jetzt auf der südlichen Hälfte der Insel auf. Sein mächtiger Körper bewegte sich über das verödete Land.

Was gibt den Huldvollen das Recht, mich auszunutzen?, fragte er sich. Niemand wusste von der Intelligenz seiner Rasse, noch nicht einmal die Huldvollen. Dieser Gedanke befriedigte ihn und machte ihn stolz.

Ein Geheimnis besaß seine Rasse vor der gesamten Galaxis: das Geheimnis ihrer wunderbaren geistigen Fähigkeiten. Niemals hatte ein Schreckwurm die Klugheit seiner Rasse verraten.

Doch über dieser Geheimhaltung stand die Pflicht.

Es gab für ihn keine Lösung, mit der er gleichzeitig den Huldvollen, seiner Rasse und sich selbst gerecht werden konnte. Verzweifelt kroch er weiter. Der Hyperteil seines enormen Gehirns, der ihm neben dem UKW-Teil zur Verfügung stand, ermöglichte ihm nicht nur Frequenzen bis auf fünfdimensionale Ebenen zu empfangen, sondern gab ihm die Möglichkeit, einen Peilimpuls abzustrahlen, einen bioelektronischen Funkstoß auf Hyperebene, der Lichtjahre überbrücken würde.

Er erklomm den Kamm eines langgezogenen Hügels. Von diesem Platz aus konnte er zum Meer blicken. Dort gab es sicher vielfältiges primitives Leben. Aber er konnte von Amöben, Einzellern, Krebsen und Seeungeheuern keine Hilfe erwarten.

Natürlich gestand sich der Schreckwurm nicht ein, dass er Hilfe benötigte. Es war nur ein unbewusstes Suchen nach geistig Gleichgesinnten, die seine revolutionären Gefühle verstehen würden.

Er legte sich in Ruhestellung, mit offenen Augen, während der Wind, der vom Meer herankam, über seinen mächtigen Körper strich.

So kauerte er auf dem kahlen Boden, der durch die gefräßigen Hornschrecken steril geworden war. Er versuchte, seine Gedanken unter Kontrolle zu bringen, doch sie entglitten ihm und kehrten zu den gefährlichen Ideen zurück.

Er spürte die Sonne, die weit entfernt im Raum stand und deren Energien er aufsog. Bald würde er gesättigt sein. Sein Körper würde die tiefviolette Farbe annehmen, die für einen erwachsenen Schreckwurm charakteristisch war.

Äußerlich würde er sich durch nichts von einem anderen Schreckwurm unterscheiden. Doch seine Gedanken machten ihn zu einem Außenseiter. Er krümmte sich wie unter Schmerzen. Er wollte sich laut brüllend ins Meer stürzen, sich von der Kühle des Wassers betäuben lassen, doch er ahnte, dass ihm das nicht helfen würde.

Auf die Dauer konnte er der uralten Gewohnheit nicht widerstehen. Er entspannte sich und schloss für einen Augenblick die Augen. Jede einzelne Faser seines Körpers gab sich dem Gefühl absoluter Ruhe hin.

Da strahlte er den Hyperimpuls ab.

Es geschah fast automatisch, ohne äußeres Zutun, als sei es eine natürliche Reaktion auf die Entspannung des Körpers gewesen. Er wusste jedoch genau, dass er sich damit selbst betrog.

Er hatte verloren. Die seit undenklichen Zeiten gegenüber den Huldvollen bestehende Treue war Sieger geblieben. Er hatte sie gerufen. Ermattet lag er da, schwer erschüttert durch diesen Konflikt.

Wenn er erwartet hatte, dass sich sein Inneres jetzt beruhigen würde, sah er sich bitter enttäuscht. Die Gedanken an Revolution blieben in ihm wach, sie bohrten in ihm und versuchten, Macht über sein Gehirn zu gewinnen.

Da sah er vier winzige Gestalten aus dem Meer waten.

Die Wesen kamen nur langsam voran. Sie waren klein und gingen aufrecht. Offensichtlich verließen sie ihr nasses Element, um ans Ufer zu gelangen. Wahrscheinlich waren sie in den Tiefen des Meeres beheimatet, wo sie den zerstörenden Angriffen der Hornschrecken entgangen waren.

Unwillkürlich blieb der Schreckwurm stehen. Er zögerte, diese Lebewesen einfach zu töten. Mit vier, fünf Sprüngen hätte er sie erreichen und vernichten können. Doch er tat es nicht. Er wollte damit warten, bis er herausgefunden hatte, was diese Wesen veranlasste, aus dem Ozean zu kommen und an Land zu gehen. Offensichtlich handelte es sich um Eingeborene dieser Welt, die gleichzeitig im Wasser und an Land leben konnten.

Vielleicht besaßen sie sogar eine schwache Intelligenz.

Aber – was war das?

Die Wesen gingen. Sie liefen auf zwei Gliedmaßen, als hätten sie nie etwas anderes getan. Irgendwie erschienen ihre Körper nicht für ein Leben im Wasser geschaffen zu sein. Doch das konnte die Erklärung für ihr plötzliches Auftauchen auf der Insel sein. Vielleicht waren sie vor den Hornschrecken geflüchtet und kehrten nun zurück, um zu sehen, was von ihrem Land noch existierte.

3.

Während die CARBULA auf der Nachtseite Euhjas in die Atmosphäre eindrang, bereiteten sich die vier USO-Spezialisten auf den Beginn ihres Einsatzes vor. Das kleine Atom-U-Boot wurde mit der Spezialausrüstung beladen. Alles wurde zum Ausschleusen des Schiffes vorbereitet.

Leutnant Aldo Kopenziack, der untersetzte, kahlköpfige Mann mit dem faltigen Gesicht, überwachte die Verladearbeit innerhalb des U-Boots, während Firgolt, Warren und Collignot abschließende Besprechungen mit Perry Rhodan und Atlan führten, die in wenigen Stunden wieder zur ERIC MANOLI übersetzen würden. Obwohl jeder wusste, dass man mit herkömmlichen Waffen einem Schreckwurm nicht beikommen konnte, wollte man auf sie nicht verzichten. Die Männer fühlten sich mit Waffen sicherer, auch wenn es eine trügerische Sicherheit war. Da man nicht wusste, was der Schreckwurm gegen die USO-Spezialisten unternehmen würde, hatte man dem Team auch einige handgranatenförmige Katalysefusionsbomben mitgegeben, deren Energiegewalten selbst ein Schreckwurm nicht lange widerstehen konnte.

Kopenziack war gerade dabei, zusammen mit Sergeant Gilmore drei kurzläufige Strahlenkarabiner in das U-Boot zu bringen, als Leutnant Claude Collignot auftauchte.

Kopenziack streckte seinen massigen Kopf aus dem Turm und sah Collignot über das Vorderdeck kommen. Der Spezialist trug einen mittelgroßen Kasten in den Händen.

»Warten Sie!«, rief Kopenziack Gilmore zu.

Collignot blieb unterhalb des Turmes stehen und grinste zu Kopenziack hinauf.

»Da ist noch etwas, das wir unbedingt mitnehmen müssen«, sagte er.

Kopenziack war nicht pedantisch, aber da man ihm diese Aufgabe überlassen hatte, beschloss er, sie mit peinlicher Sorgfalt auszuführen.

»Es gibt eine Liste über alle Dinge, die wir mitnehmen«, erklärte er. »Gehört das Paket dazu?«

Leutnant Collignot lächelte.

»Es ist Munition«, gab er bekannt.

»Munition?«, wiederholte Kopenziack ungläubig. »Ich dachte, dass Gilmore und ich schon alles davon verladen hätten.«

»Das da«, sagte Collignot treuherzig, »haben Sie anscheinend vergessen.«

Er streckte die Kiste zum Turm hinauf, und Kopenziack nahm sie in Empfang. Sie war in wasserdichtes Tuch verpackt. Kopenziack schnüffelte daran.

»Ich schätze, es sind Zigarren«, sagte er. »Lange, stinkende Zigarren, wie sie nur von einem einzigen Menschen innerhalb der Galaxis geraucht werden.« Streng fuhr er fort: »Sie versuchen, Narkotika auf einen fremden Planeten zu schmuggeln, Leutnant.«

In Collignots Gesicht waren keine Anzeichen von Verwirrung zu erkennen. Er knöpfte die Tasche seiner Uniformjacke auf und zog einen Zettel hervor.

»Kopenziack«, sagte er gedehnt, »wissen Sie, was das hier ist?«

»Ich kann mich nicht erinnern, dieses Papier schon irgendwo gesehen zu haben«, erwiderte Kopenziack zögernd.

»Dann will ich Ihr Gedächtnis auffrischen«, meinte Collignot mit verdächtiger Freundlichkeit. »Erinnern Sie sich an unseren gemeinsamen Einsatz auf der dritten Welt von Betters Stern?«

Kopenziack nickte wehmütig.

»Auf diesem Planeten«, fuhr Collignot unbarmherzig fort, »haben Sie mir einen Schuldschein in Höhe von drei Millionen Solar unterschrieben.« Triumphierend hielt Collignot den Zettel hoch. »Das ist er, Aldo.«

»Ich war berauscht!«, schrie Kopenziack. »Es ging darum, die Wirkung dieses Getränks, das die Eingeborenen herstellten, auf menschliche Körper zu testen, weil durch den Genuss dieser Flüssigkeit alle terranischen Kolonisten total verarmt waren. Das Zeug bewirkt, dass man sein ganzes Hab und Gut verschenken will. Während des Rauschzustands möchte man jeden mit Reichtümern überschütten.« Kopenziack hustete. »Sie haben diese Situation ausgenutzt, Leutnant. Es geschah während eines Tests.«

»Immerhin trägt der Schein Ihre Unterschrift«, bemerkte Collignot.

Kopenziack verschwand wortlos im Turm.

»Passen Sie auf, dass meine Munition nicht nass wird!«, schrie Collignot hinter ihm her.

Captain Firgolt und Leutnant Warren erschienen im Schleusenvorraum. Atlan und Perry Rhodan waren bei ihnen.

»Wie weit ist Kopenziack?«, fragte Firgolt.

»Fast fertig, Sir«, meldete Collignot. »Er bringt gerade noch etwas Munition an Bord.«

»Wir werden Sie mit dem U-Boot auf der anderen Seite der Planetenkugel absetzen«, sagte Atlan. »Sie werden also unbemerkt auf Euhja ankommen. Das Schiff wird Sie sicher zu dem einzigen Kontinent bringen, wo der Schreckwurm lebt. Verankern Sie das Boot vor der Insel. Mit Hilfe der Unterwasseranzüge werden Sie mühelos das Land erreichen.«

Perry Rhodan, der wie immer eine einfache Kombination trug, strich mit der Hand über die Außenfläche des Atom-U-Boots.

»Vielleicht fragen Sie sich, warum wir nicht mit einer gewaltigen Streitmacht landen, um den Schreckwurm zu beobachten?«, sagte er zu Firgolt. »Wir haben inzwischen erfahren, dass wir dann wahrscheinlich nicht die richtigen Ergebnisse erhalten. Das Tier darf in seinem Lebensbereich nicht unnötig gestört werden. Die Wichtigkeit Ihrer Aufgabe wurde Ihnen mehrfach vor Augen geführt. Von Ihrem Erfolg kann viel, ja sogar alles abhängen. Daran denken Sie bitte in jeder Situation.«

Perry Rhodan grüßte und verließ den Schleusenvorraum.

»Er kann mit wenigen Worten mehr ausdrücken als ein anderer in vielen Sätzen«, sagte Firgolt beeindruckt. »Wir werden also zunächst ohne Geräte an Land gehen, um den Schreckwurm nicht unnötig zu verwirren.«

»Ihre Ausrüstung bleibt im U-Boot, bis das Tier sich an Ihre Anwesenheit gewöhnt hat«, stimmte Atlan zu. »Danach können Sie im Bedarfsfall auf die einzelnen Geräte zurückgreifen.«

Ein Lautsprecher knackte. Die Stimme Major Herkners wurde hörbar, des Kommandanten der CARBULA.

»Wir werden bald unser Ziel erreicht haben, Lordadmiral. Die Männer können das U-Boot besteigen«, gab er bekannt.

Atlan schaltete das kleine Sprechgerät ein, das er am Arm trug. »In Ordnung, Major. Gehen Sie mit der CARBULA so dicht über die Meeresoberfläche, dass das U-Boot ins Wasser gleiten kann.«

Die CARBULA war mit einer Spezialgleitbahn versehen worden, die hydraulisch ausgefahren werden konnte. Auf dieser Bahn würde das Boot, das den Namen MOONSHINE trug, in die Fluten des fremden Meeres gleiten und sofort unter Wasser verschwinden.

Major Herkner bestätigte. Atlan verabschiedete sich von den Spezialisten und verließ mit Sergeant Gilmore den Schleusenvorraum.

Als letzter kam Captain Firgolt ins Innere des kleinen Schiffes. Die Männer hatten bereits ihre Plätze eingenommen. Collignot, der eine seemännische Schulung erhalten hatte, stand an den Kontrollen. Warren bediente das Funkgerät, mit dem sie mit der CARBULA in Verbindung bleiben konnten. Allerdings würden sie die Funkanlage nur im äußersten Notfall benutzen, damit eine Ortung unmöglich war.

»MOONSHINE klar!«, rief Firgolt, als alle Luken dicht waren.

In der fast tintenschwarzen Nacht Euhjas tauchte die CARBULA gleich einem Schemen über der Wasseroberfläche auf. Fast berührte die Außenfläche des Schiffes das Wasser. Im Kontrollraum hatte Major Herkner auf Antigravantrieb umgeschaltet, so dass das Kugelschiff scheinbar bewegungslos über dem Ozean schwebte.

»Schleuse öffnen!«, befahl der Major. »Gleitbahn ausfahren!«

Die Schleuse glitt auf, die Metallkonstruktion, auf der die MOONSHINE die CARBULA verlassen würde, tauchte ins Wasser.

»Fertig, Captain?«, fragte Atlan über die Funkverbindung.

»Alles klar, Sir«, kam Firgolts Antwort.

Die Magnettrossen, die das U-Boot festgehalten hatten, gaben das Schiff frei.

»MOONSHINE geht ab, Sir«, meldete Firgolt.

Im flachen Winkel stieß das U-Boot mit dem Bug auf die Wasseroberfläche und tauchte unter. Sekunden später wurde die Gleitbahn eingezogen, die Schleuse glitt zu. Einen Moment noch stand die CARBULA über dem Meer, dann riss sie die Kraft der anlaufenden Triebwerke empor, und sie verschwand in der Nacht.

»Land in Sicht!«, rief Captain Brent Firgolt und klappte die Drehgriffe des Periskops in die Arretierungen zurück. »Ich glaube, dass wir uns bald nach einem Ankerplatz umsehen können.«

Die vier Männer begannen mit den Vorbereitungen, um das Unterseeboot in Kürze verlassen zu können. Warren überprüfte die Unterwasseranzüge. Als sie noch näher an den Kontinent herangekommen waren, fuhr Firgolt das Periskop ein.

»Wir haben einen guten Platz gefunden«, sagte er, nachdem er einige Zeit beobachtet hatte. »Das Ufer ist flach, lediglich im Hinterland sehe ich einige Hügel. Keine Spur von Vegetation oder tierischem Leben.«

»Die Hornschrecken haben nichts zurückgelassen«, bemerkte Kopenziack. »In ihrer Gefräßigkeit vernichten sie alles.«

Collignot steuerte die MOONSHINE in eine Bucht und setzte sie auf Grund. Trotz seiner Kleinheit war das U-Boot schnell und wendig. Selbst in größeren Tiefen hielt die Speziallegierung aus Arkonstahl, mit der die Außenhülle gefertigt war, dem Druck der Wassermassen stand.

In der geringen Tiefe, in der sie ankerten, bestand keinerlei Gefahr für die MOONSHINE. Auf ihrer Fahrt durch das Meer hatten die Männer mehrfach Gelegenheit gehabt, tierisches Leben innerhalb des Wassers zu beobachten. Es gab auf Euhja unzählige Arten von Fischen. Hier, in der Nähe des Ufers, tauchten Krebse, Fische und schildkrötenähnliche Tiere auf.

Mehrfach glaubten sie auch im Hintergrund einen riesenhaften Schatten gesehen zu haben. Entweder handelte es sich um ein Seeungeheuer, oder es waren Schwaden von Wasserpflanzen, die sich in der Strömung bewegten. Sobald sie die Außenscheinwerfer einschalteten, war der Schatten verschwunden.

»Sollen wir nicht wenigstens die Katalysefusionsgranaten mitnehmen?«, fragte Leutnant Warren.

»Nein«, lehnte Firgolt ab. »Wir richten uns nach den Anweisungen des Lordadmirals. Der Schreckwurm darf durch nichts Ungewöhnliches aufgeschreckt werden. Vorerst werden wir nichts mit an Land nehmen.«

Collignot hüstelte und schaute Kopenziack eindringlich an. Sie zogen die Anzüge über. Ein letztes Mal kontrollierte Collignot den Außendruck.

»Sauerstoffregelung überprüfen«, ordnete Firgolt an. Sie stülpten die Maske über und klemmten den Schlauch daran fest, der vom kleinen Sauerstoffaggregat auf ihren Rücken zum Mund führte.

Sie nickten sich zu, um zu zeigen, dass alles in Ordnung war. Firgolt ging voraus in die Flutkammer. Als sie alle versammelt waren, verschloss Warren das Schott zum Kommandoraum. Mit sicheren Griffen öffnete er die Flutventile. Wasser drang herein.

Hastig verstaute Collignot ein kleines Päckchen, das ihm Kopenziack heimlich überreicht hatte.

Der Druck stieg, und gleich darauf konnte Firgolt die Flutkammer öffnen. Der Captain stieß sich ab und begann seine Beine rhythmisch zu bewegen. Er blickte zurück, um sich zu überzeugen, dass ihm die anderen folgten.

Sie schwammen in einer Kette, deren erstes Glied Firgolt war. Warren bildete den Abschluss. Schwärme von kleinen, farbigen Fischen huschten durchs Wasser, Quallen, die sich mit ruckartigen Bewegungen durch das Meer arbeiteten, trieben neugierig heran, als wollten sie feststellen, welche fremden Wesen in ihr Element eingedrungen waren.

Unbeirrbar schwamm Firgolt in jene Richtung weiter, in der das Ufer liegen musste. Mehrere Meter über ihm lockte der helle Schein der Wasseroberfläche. Fische, die wie bunte Kugeln aussahen, vollführten einen hektischen Tanz um die Männer.

Endlich spürte der USO-Captain Grund unter den Füßen. Er wartete, bis die anderen neben ihm waren, dann zeigte er zum Ufer. Drei Meter über ihnen war die Oberfläche. Sie wateten weiter. Der Meeresgrund war weich und mit Pflanzen bewachsen. Hier hatten auch die gierigen Hornschrecken haltmachen müssen.

Da Firgolt der größte war, tauchte sein Kopf zuerst aus dem Wasser. Erleichtert nahm er den Sauerstoffschlauch ab. Analysen und die Tatsache, dass Euhja eine Ara-Niederlassung gewesen war, hatten zu dem Schluss geführt, dass die Atmosphäre dieser Welt für Terraner atembar war.

Die Luft war frisch und salzig. Vor sich sah Firgolt den einzigen Kontinent, der auf dieser Wasserwelt existierte.

Firgolt ging weiter. Warrens Kopf erschien neben ihm, dann tauchten Kopenziack und Collignot auf.

»Sehen Sie, Captain«, sagte Kopenziack grimmig. »Das gesamte Land ist kahlgefressen. Nur nackte Erde ist zu sehen und stellenweise dieses Molkex.«

Die Augen der Männer suchten das Gelände ab, aber sie sahen nur das verlassene Ufer und die öden Hügelketten im Hintergrund. Am Strand gab es noch nicht einmal mehr Muschelschalen. Der gesamte Kontinent bestand aus kahlgefressener, wie glattpolierter Erde.

Gerade diese vollkommene Leblosigkeit war es, die die Männer erschütterte. Unwillkürlich dachten sie alle daran, was geschehen könnte, wenn Hornschrecken jemals in das Solsystem eingeschleppt werden sollten.

Triefend vor Nässe kamen sie aus dem Wasser. Das Material der Anzüge war so geschaffen, dass es rasch trocknete und danach luftdurchlässig wurde. Da die Anzüge nicht schwerer als andere Kleidung waren, konnten die Männer sie auch an Land tragen.

Sie versammelten sich in unmittelbarer Nähe des Ufers.

»Die Insel ist ziemlich groß«, sagte Captain Firgolt. »Ihre gesamte Fläche nimmt etwa zwei Millionen Quadratkilometer ein.«

»Ich frage mich, wie wir da dieses liebe Tierchen finden sollen«, bemerkte Collignot. »Selbst wenn wir voraussetzen, dass die Insel an ihrer breitesten Stelle nur fünfhundert Kilometer misst, so bleibt noch eine Längenausdehnung von über viertausend Kilometer.«

Firgolt nickte. »Ihre Bedenken sind richtig, doch Sie übersehen zwei wesentliche Dinge. Einmal hat uns die MOONSHINE an jene Stelle des Kontinents gebracht, an der die wenigsten Molkexablagerungen zu erkennen waren. Das heißt, dass der Wurm in diesem Gebiet ausgeschlüpft ist, zweitens sind das Ungeheuer und wir die einzigen Lebewesen auf der Insel. Das erleichtert unsere Aufgabe. Außerdem glaube ich nicht, dass sich der Schreckwurm in der Nähe der Steilküste aufhält. Selbst für seine außergewöhnlichen körperlichen Fähigkeiten dürfte jener Teil der Insel zu ungemütlich sein.«

Firgolt befestigte den Atemschlauch am Sauerstoffaggregat auf seinem Rücken. Das Gerät war aus Leichtmetall und von geringem Gewicht.

»Ich glaube, dass wir uns die ganze Diskussion über den Schreckwurm sparen können«, sagte da Warren. Er war ein überschlanker junger Offizier, mit blonden Haaren und einem etwas feminin wirkenden Gesicht.

Firgolt blickte Warren an. »Wie meinen Sie das, Elmer?«

»Ich meine, dass wir ihn nicht suchen müssen«, meinte Warren gedehnt. »Er sitzt nämlich dort oben, etwas unterhalb des langgezogenen Hügels, und scheint uns zu beobachten.«

Sekunden später hatten sie alle den Schreckwurm ausgemacht. Lang ausgestreckt lag er in einigen hundert Metern Entfernung am Hang.

»Er bewegt sich nicht«, stellte Collignot fest und löste das Zigarrenpäckchen vom Gürtel.

»Vielleicht ist er tot«, meinte Kopenziack.

»Ich glaube es nicht«, widersprach Firgolt. Sein muskulöser Körper straffte sich. »Es kann sein, dass er uns bereits gesehen hat. Das wäre natürlich unangenehm. Hoffen wir, dass er schläft.«

»Er macht ein Nickerchen«, grinste Collignot, zog eine Zigarre von beachtlicher Länge hervor, biss ein Ende ab und zündete sie an.

»Vielleicht wird ihn der Gestank dieser Dinger narkotisieren«, meinte Kopenziack anzüglich.

Firgolt begann über ihr Problem nachzudenken. Keiner hatte damit gerechnet, dass sie sofort auf den Schreckwurm stoßen würden. Die Tatsache, dass er dort oben am Hang lag, war ein Zufall. Sie hatten ursprünglich geplant, den Schreckwurm aus Verstecken zu beobachten, sobald sie ihn gefunden hatten.

Firgolt sah keinen Grund dafür, warum sie jetzt anders vorgehen sollten. Es war vielleicht besser, wenn sie sich zunächst einmal teilten, um abzuwarten, wie der Schreckwurm reagierte.

»Wir kreisen ihn ein«, gab der Captain bekannt. »Wir nähern uns ihm von verschiedenen Punkten. Dabei darf keiner von uns ein Risiko eingehen. Das Tier ist aus sicherer Entfernung zu beobachten – mehr nicht.«

In diesem Augenblick entstand auf Euhja eine groteske Situation. Die vier Spezialisten nahmen an, ein reizbares, aber ziemlich primitives Ungeheuer vor sich zu haben, das sie unter allen Umständen beobachten mussten. Der Schreckwurm hingegen glaubte auf primitive Eingeborene gestoßen zu sein, deren Erscheinung er zu untersuchen beabsichtigte. Keiner wusste von der Intelligenz des anderen.

Allerdings gab es einen Unterschied, der den Spezialisten rasch zum Verhängnis werden konnte: Der Schreckwurm vermied es, seine Intelligenz zu zeigen, und spielte das Ungeheuer.

Die Terraner hingegen verbargen ihre Intelligenz nicht.

»Sobald wir Anhaltspunkte gefunden haben und sicher sein können, dass uns der Wurm nicht vernichten will, kehren wir zur MOONSHINE zurück, um uns auszurüsten«, fuhr Firgolt fort. »Damit nicht jeder von uns unwillkürlich operiert, schlage ich vor, dass wir uns in Abständen von acht Stunden an diesem Platz hier treffen. Jeder trägt eine Uhr. Außerdem hat jeder Nahrungskonzentrate und Wasserdrops bei sich.«

»Er bewegt sich!«, schrie Kopenziack.

Die Köpfe der vier Männer ruckten hoch. Das Ungeheuer hatte seinen Platz am Hang verlassen. Seinen mächtigen Kopf hielt es beim Kriechen nach oben gestreckt. Der Anblick dieses Monstrums war bei weitem entsetzlicher als der des Schreckwurms auf der Leinwand.

»Schnell, teilen wir uns!«, befahl Firgolt.

Er schickte die Männer in verschiedene Richtungen davon. Warren und Kopenziack rannten nach beiden Seiten den Landzungen entgegen. Collignot sollte nach Möglichkeit von ihrem jetzigen Standort aus operieren.

Es entsprach Firgolts Wesen, dass er die schwierigste Aufgabe für sich vorbehalten hatte.

Er wollte dem Schreckwurm entgegengehen.

Collignot zog an seiner Zigarre. Etwas betrübt blickte er den davonstürmenden Spezialisten nach.

»Viel Glück, Sir«, sagte er zu Firgolt.

Der Captain nickte.

Dann marschierte er direkt auf den Schreckwurm zu.

Er sah, dass die vier Kreaturen stehenblieben und sich offenbar miteinander verständigten. Das musste noch kein Anzeichen für Intelligenz sein. Es gab viele Rassen, die eine primitive Signalverständigung besaßen.

Die Gewohnheiten seiner Rasse trieben ihn an, die vier Meeresbewohner zu töten, doch er sträubte sich gegen diese inneren Einflüsse. Einige Zeit lag er vollkommen bewegungslos da, um die Fremden zu beobachten.

Allmählich wurde er aber ungeduldig. Er richtete sich etwas auf und kroch den Hang hinab.

Da geschah etwas Merkwürdiges.

Die Wesen rannten auseinander. Zwei entfernten sich in entgegengesetzten Richtungen, ein drittes kam auf ihn zu. Das vierte blieb stehen. Einen Augenblick war der Schreckwurm schockiert. Doch dann sagte er sich, dass dies nichts zu bedeuten hatte. Die Kreaturen hatten ihn noch nicht entdeckt. Der sichere Beweis dafür war, dass einer der Eingeborenen direkt auf ihn zukam.

Kein Wesen, das über Intelligenz verfügte, würde über soviel Unerschrockenheit verfügen und bei seinem Anblick stehenbleiben oder gar weiter auf ihn zugehen.

Die Trennung der Fremden musste einen anderen Grund haben. Vielleicht hatte sie die Verwüstung des Landes verwirrt, so dass sie jetzt in verschiedenen Richtungen davongingen, um festzustellen, ob sich überall das gleiche Bild bot.

Er empfand kein Mitleid mit diesen Kreaturen, aber er konnte ihren Schmerz und ihre Trauer, die sie sicher beim Anblick ihres verwüsteten Landes empfanden, durchaus verstehen. Jedes noch so intelligente Wesen besaß einen sicheren Instinkt für seine Heimat. Manche Rassen starben sogar, wenn man sie aus ihrer Umwelt verpflanzte.

Mit großer Aufmerksamkeit verfolgte er die weiteren Bewegungen der Eingeborenen. Er war erstaunt, mit welcher Sicherheit sie sich an Land bewegen konnten, wo sie doch offensichtlich auch Meeresbewohner waren.

Würden sie bei seinem Anblick die Flucht ergreifen und in den Ozean zurückgehen? Dann, so entschloss er sich, würde er sie töten, bevor sie das rettende Wasser erreichen konnten. Sobald sie erst einmal vor ihm geflüchtet waren, kehrten sie bestimmt nicht mehr zurück, denn der Schock würde sie für lange Zeit dem Land fernhalten. Bis sie sich wieder herauswagten, würden die Huldvollen bereits auf dieser Welt erschienen sein.

Er sah, dass das Wesen, von dem er geglaubt hatte, dass es direkt auf ihn zukäme, jetzt etwas abbog. Trotzdem glaubte er nicht, dass man ihn gesehen hatte. Er fürchtete eine Entdeckung nicht, denn diese Zwerge konnten ihm nicht gefährlich werden.

Dankbar dachte der Schreckwurm an die Tatsache, dass er mit einem fast unbesiegbaren Körper ausgerüstet war.

Wieder fühlte er ein unbehagliches Gefühl, als er an die Verbindung seiner Art mit den Huldvollen dachte. Etwas daran war nicht richtig, etwas musste geändert werden. Er versuchte die Zusammenhänge zu erkennen, aber sein Kollektivwissen reichte dazu nicht aus, da es ihm nur die fundamentalen Wissenskomplexe übermittelte.

Er verlor zwei der Eingeborenen aus den Augen. Sie verschwanden hinter den Hügeln der beiden Landzungen. Der Schreckwurm fühlte sich dadurch nicht beunruhigt. Er sah, dass jenes Wesen, das zunächst direkt auf ihn zugekommen war, jetzt einen weiten Bogen um ihn machte. Doch das führte er auf einen Zufall zurück.

Die vierte Kreatur stand unten am Ufer. Erstaunt sah der Schreckwurm, dass dieses Wesen einen derart heißen Atem hatte, dass es ab und zu Qualmwölkchen erzeugte. Das stand in krassem Widerspruch zu seiner Vermutung, dass er es hier mit einer Lebensform zu tun hatte, die im Wasser und auf dem Land existieren konnte.

Ein Wassertier konnte keinen Rauch erzeugen, das war ihm klar.

Er beschloss, den Eingeborenen jetzt offen gegenüberzutreten.

Er richtete sich etwas auf, so dass seine beiden Scherenarme frei in der Luft standen. Sein Körper begann sich zu verkrümmen, dann schnellte er hundert Meter auf das Ufer zu.

Er war sicher, dass ihn mindestens zwei der Fremden dabei beobachtet hatten. Jetzt wartete er darauf, dass sie panikartig die Flucht ergreifen würden.

Doch nichts geschah.

Die Kreatur am Ufer bewegte sich nicht einmal. In beinahe herausfordernder Haltung stand sie dort, erzeugte Qualmwölkchen und griff sich in regelmäßigen Abständen mit einer ihrer Extremitäten an den Schädel.

Mit Erstaunen stellte der Schreckwurm fest, dass auch der Eingeborene, der seitlich von ihm auf die Hügel zuging, keinerlei Reaktion zeigte. Der Schreckwurm stand vor einem Rätsel. Das Verhalten dieser Wesen war ihm unbegreiflich.

Sollten sie derart primitiv sein, dass sie noch nicht einmal in der Lage waren, eine unmittelbare Gefahr richtig einzuschätzen? Der Schreckwurm fühlte zunehmende Verwirrung.

Der zweite Sprung brachte das Monstrum bis auf hundert Meter an den Strand. Es gab nicht den geringsten Zweifel daran, dass man ihn gesehen hatte. Dennoch geschah etwas, was den Schreckwurm völlig außer Fassung brachte.

Das Wesen am Strand legte sich in den Sand und blickte aufs Meer hinaus. Sie ignorierten ihn.

Es waren außergewöhnlich dumme Tiere, mit denen er es zu tun hatte. Er spürte die Enttäuschung beinahe wie einen Schmerz. Gleichzeitig stieg Ärger in ihm auf. Nun gut, er würde ihnen schon klarmachen, dass er auf ihrem lächerlichen Kontinent weilte. Er würde ihnen zeigen, dass er mächtig, stark und unbesiegbar war.

Sie sollten zu spüren bekommen, dass er der Herr dieser Insel war.

Der Schreckwurm öffnete den gewaltigen Rachen.

Da drehte sich der Eingeborene am Ufer um und blickte zu ihm herauf.

Er sieht mich an, dachte das Monstrum. Ich weiß es, obwohl ich seine Augen über diese Entfernung kaum erkennen kann.

Es fiel ihm ein, dass diese Wesen schwache Augen haben konnten. Vielleicht erfuhren sie erst jetzt von seiner Anwesenheit. Sein Riesenmaul schloss sich wieder. Nun erwartete er, dass der Eingeborene aufstehen und flüchten würde.

Nichts dergleichen geschah. Das kümmerliche Wesen blieb liegen und fixierte ihn.

Die Angst, entschied der Schreckwurm, musste es gelähmt haben.

Instinktiv drehte er sich, um nach der anderen Kreatur zu sehen, die in seiner unmittelbaren Nähe gestanden hatte. Auf dem dunklen Boden war es schwierig, die winzige Gestalt sofort auszumachen. Doch dann erblickte er den zweiten Meeresbewohner.

Dieser stand jetzt ruhig hinter ihm, nicht sehr weit entfernt, und blickte zu ihm herüber.

Was bedeutet das?, fragte sich der Schreckwurm. Diese Wesen schienen keine Furcht zu empfinden.

Sie beobachten mich, schoss es durch sein Gehirn. Es sieht tatsächlich so aus, als würden sie mich beobachten.

Er sagte sich, dass dies unmöglich sei. Kein Wesen, auch kein primitives, besaß soviel Mut, um in seiner Nähe zu bleiben. Oder unterschied sich die Mentalität der Fremden von der anderer Rassen? Gab es in ihnen keine Angst? Das würde bedeuten, dass sie auch keinen Selbsterhaltungstrieb besaßen. In diesem Fall nahmen sie alles als selbstverständlich hin, was mit ihnen geschah. Sie würden sich gegen nichts zur Wehr setzen.

Der Schreckwurm glaubte nicht, dass es solche Lebewesen gab.

Als er diesmal seinen Rachen öffnete, zögerte er nicht. Aus den Abstrahlpolen schoss ein energetischer Blitz, zischte durch die Luft und bohrte sich in den Boden neben dem Eingeborenen am Ufer. Die Luft begann vor Hitze zu flimmern. Der Sand am Strand glasierte. Eine schwarze Furche bezeichnete die Aufschlagbahn des Energieschusses.

Triumphierend sah der Schreckwurm, dass der Eingeborene aufsprang und am Ufer entlang davonrannte. Die Sache begann ihm Spaß zu machen. Jetzt hatte er sie aus ihrer Lethargie geweckt. Ein zweiter Blitzstrahl verließ seinen Rachen. Direkt vor dem Flüchtenden entlud sich die Energie. Mit einem mächtigen Satz warf sich das Tier ins Wasser, um nicht zu verbrennen. Das Monstrum knurrte vor Begeisterung. Sie hatten Angst, sie reagierten wie jedes andere Wesen, das mit Schreckwürmern in Berührung kam. Erregt wartete er ab, was nun geschehen würde.

Das erbärmliche Ding lag halb im Wasser. Nach einer Weile hob es den Schädel. Es hatte endgültig damit aufgehört, kleine Rauchwolken zu produzieren.

Befriedigt betrachtete der Schreckwurm sein Opfer.

Sein nächster Schuss würde dem Wesen nachhaltig beweisen, dass mit ihm nicht zu spaßen war.

Claude Collignot blickte wehmütig auf den nassen Zigarrenstummel in seiner Hand. Durch den Sprung, mit dem er sich vor dieser Bestie in Sicherheit gebracht hatte, war die wertvolle Zigarre ungenießbar geworden.

Ein Mann seiner Art sollte sich eben nicht mit fremden Wesen abgeben, schon gar nicht mit stumpfsinnigen Ungeheuern, die über alles herfielen, was sich in ihrer nächsten Umgebung bewegte.

Wenn dieser Gigant die zehnfache Intelligenz eines Hundes besaß, dann war wenig davon zu spüren. Nun, auch NATHAN konnte irren. Nach Collignots Meinung war das Monstrum nicht intelligenter als eine Ratte. Er fragte sich, was es hier zu beobachten gab. Sie konnten froh sein, wenn sie mit dem Leben davonkamen. Wenn dieses Riesenbaby genauer zielte, war es um ihn geschehen.

Am liebsten wäre Collignot tiefer ins Meer hineingeschwommen, doch das hätte Captain Firgolt, der oben am Hang stand, sicher nicht für gut befunden. Es galt, die Lebensgewohnheiten dieses Untiers festzustellen.

Schöne Gewohnheiten, dachte Collignot grimmig.

Die Kühle des Wassers war angenehm und unterschied sich wohltuend von der hitzegeschwängerten Luft in der Nähe der Energieentladungen.

Der nächste Schuss der Bestie riss ihn jäh aus seinen Gedanken.

Das Wasser um ihn herum begann zu brodeln und zu zischen. Dampf stieg auf, und Collignot musste niesen. Seine Hände krallten sich in den Meeresgrund. Schnell tauchte er mit dem Kopf unter Wasser.

Die heranrollenden Wellen genügten nicht, um das Wasser schnell genug abkühlen zu lassen. Unter dem Beschuss des Ungeheuers wurde es fühlbar heißer.

Als die Hitze unerträglich wurde, sprang der Spezialist auf. Um ihn herum brodelte die Hölle. Collignot kämpfte sich durch den Dampfvorhang und wunderte sich, dass er noch am Leben war. Halb taumelnd, halb rennend brachte er wertvolle Meter zwischen sich und seinen Peiniger.

Ein Blick zum Hang hinauf zeigte ihm Captain Firgolt, der wie ein Verrückter herumhüpfte und schrille Schreie ausstieß. Offensichtlich versuchte er den Schreckwurm abzulenken.

Dankbar registrierte Collignot, dass er nicht weiter als Zielscheibe diente. Keuchend blieb er stehen. Die glühende Luft schien seine Kehle versengt zu haben. Er zog einen Wasserdrops aus dem Gürtel des Unterwasseranzugs und schob ihn in den Mund.

Allmählich wurde es ihm besser.

Brent Firgolt hatte in der Feuerleitzentrale eines Modellraumschiffs eine gewissenhafte Ausbildung an allen Waffen erhalten, die es an Bord von Imperiumsschiffen gab.

Er wusste über alle Arten von Schüssen Bescheid.

Als der Schreckwurm den ersten Schuss abgab, dessen Energie sich genau neben Collignot entlud, hatte er den Atem angehalten und um das Leben des Kameraden gebangt. Als jedoch die weiteren Schüsse ebenfalls fehlgingen, glaubte er, dass das Feuer des Riesentiers gezielt war. Firgolt stellte fest, dass die Entfernung zwischen Collignot und den vermeintlichen Fehlschüssen immer die gleiche blieb. Das bedeutete, dass der Schreckwurm sehr genau wusste, wohin er schoss.

Es lag anscheinend nicht in seiner Absicht, Collignot zu töten – jedenfalls jetzt noch nicht.

Firgolt stellte fieberhafte Überlegungen an. Er erinnerte sich, dass es Raubtiere gab, die mit ihrem Opfer spielten, bevor sie es endgültig töteten. Bei einem Agenteneinsatz auf einem uralten Frachtschiff hatte er vor Jahren beobachtet, dass eine Schiffskatze eine Maus minutenlang quälte, bis sie sie endlich fraß.

Die Fehlschüsse des Ungeheuers mochten den gleichen Motiven entspringen. Sie waren noch nicht einmal Anzeichen für vorhandene Intelligenz. Sicher hatte Collignot keine Zeit, an diese Dinge zu denken. Der Leutnant rannte am Ufer entlang und glaubte wahrscheinlich, dass sein Leben nur noch nach Sekunden zählte.

Firgolt sah, dass sich Collignot mit einem gewaltigen Satz ins Wasser warf. Für einen Augenblick glaubte er, Collignot wollte zum U-Boot hinausschwimmen, doch dann stellte er fest, dass der Mann liegenblieb.

Der Schreckwurm hatte anscheinend noch keine Einstellung auf die neue Situation gefunden. Er kauerte in Sprungnähe von Collignot entfernt am Boden. Firgolt schaute zum wolkenverhangenen Himmel empor. Auf Euhja schien die Sonne selten, denn Euhja war ein Regenplanet. Früher war die Welt ein idealer Stützpunkt der Aras gewesen, die hier in aller Ruhe ihre Forschungen betreiben konnten.

Im Augenblick jedoch war das Land trocken, die Wolken wurden vom Wind schnell dahingetrieben. Es war erst der Beginn umwälzender klimatischer Katastrophen, ausgelöst durch die Zerstörung, die die Hornschrecken verursacht hatten.

Da nahm der Schreckwurm das Wasser rings um Collignot unter Feuer. Der Kopf der Leutnants tauchte blitzschnell unter, als die ersten Schüsse aufblitzten.

Collignot verschwand hinter einem dichten Dampfvorhang. Besorgt sah der Captain zum Ufer. Es schien, als würde der Schreckwurm tatsächlich ernst machen.

Er musste die Aufmerksamkeit der Bestie von Collignot ablenken. Firgolt sah den Leutnant aus dem Dampf hervortaumeln. Anscheinend war es Collignot übel ergangen. Firgolt fluchte. Wo blieben Warren und Kopenziack? Sie hätten ihm bei seinem geplanten Ablenkungsmanöver helfen können.

Firgolt stieß ein Indianergeheul aus und warf beide Arme in die Luft. Er hoffte, dass das Monstrum ihn hören würde. Collignot schwankte weiter, er wirkte erschöpft.

Firgolt schrie mit aller Kraft. Der Schreckwurm wälzte seinen Raupenkörper herum und starrte aus dämonischen Augen zu ihm herauf. Firgolt atmete erleichtert auf, gleichzeitig jedoch überkam ihn ein unsicheres Gefühl. Wenn er den Giganten gereizt hatte, dann musste er jetzt um sein Leben rennen.

Collignot ließ sich unten am Ufer niederfallen. Auf der anderen Seite der Bucht erscholl tierisches Gebrüll. Es war Kopenziack, der auf seinen krummen Beinen angerannt kam. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern, bis auch Warren auftauchte.

Für einen von ihnen musste sich der Schreckwurm entscheiden. Als direkt neben Firgolt ein Energieschuss einschlug, wusste er, dass das Untier jetzt hinter ihm her war.

Die Kreatur am Ufer war halbtot. Er sah sie zu Boden sinken und liegenbleiben. Das Wesen hinter ihm gebärdete sich wie wahnsinnig. Entweder war es ein Muttertier, das vor Schreck übergeschnappt war, weil er das Junge angegriffen hatte, oder es führte ein Ablenkungsmanöver aus.

Für ein solches Verhalten, sagte sich der Schreckwurm, war keine besondere Intelligenz nötig. Was ihn jedoch nachdenklich machte, war die Tatsache, dass die Zwerge sich gleichmäßig um ihn postiert hatten. Sie waren an vier gegensätzlichen Punkten verteilt.

Sie konnten doch nicht so verblendet sein und glauben, dass sie Jagd auf ihn machen konnten. Auf ihn, das schreckliche Ungeheuer, das sie mit einem Schlag vernichten konnte.

Ihr Vorgehen war keineswegs planlos. Es schien ihm, als liege ein wohlüberlegtes System darin. Er dachte fieberhaft nach, um die Lösung zu finden. Einmal sah es so aus, als hätte er äußerst primitive Tiere vor sich. Dann konnte man glauben, intelligente Eingeborene vor sich zu haben.

Wenn er sie jetzt tötete, würde er die Wahrheit nie erfahren. Natürlich war es für sein weiteres Schicksal bedeutungslos, ob in diesen Kreaturen Vernunft existierte oder nicht. Doch die Flamme der Rebellion, die im Schreckwurm loderte, veranlasste ihn zu ungewöhnlichen Maßnahmen.

Trotz seines Kollektivwissens war der Schreckwurm ein typischer Individualist, eine Einzelpersönlichkeit, die unabhängig von der Rasse entscheiden konnte. Er war jung und unerfahren. Seine überragende Intelligenz gestattete ihm jedoch, alles, was er wusste, zu extrapolieren. Dabei kam er natürlich nicht oft zu den richtigen Vermutungen.

Nie würde er erfahren, warum ausgerechnet er zum ersten Mal eine innere Auflehnung gegen die Huldvollen spürte. Vielleicht lag es an den Umständen, die ihn allein auf diesen Kontinent versetzt hatten.

In Gedanken versunken gab er einen Schuss auf das Wesen ab, das versuchte, ihn von dem Halbtoten am Ufer abzulenken. Im Augenblick fühlte er ein dringendes Bedürfnis nach Ruhe. Er musste nachdenken. Später konnte er wieder hierher zurückkehren, um die Kreaturen zu beobachten, die sein Verschwinden sicher als Triumph feiern würden.

Wie eine Stahlfeder überdimensionalen Ausmaßes zog sich der Schreckwurm zusammen. Dann schnellte er mit mächtigen Sprüngen davon und war bald darauf hinter den Hügeln verschwunden.

Captain Firgolt kam als erster. Die Dämmerung setzte bereits ein. Leutnant Claude Collignot ahnte, dass ihnen eine gespenstische Nacht bevorstand. Das Fehlen allen Lebens auf dem Kontinent, wenn man von dem Schreckwurm einmal absah, machte das Land unheimlich.

Euhja war tot. Nur im Meer gab es noch Leben, aber dieses hielt sich unter der Wasseroberfläche.

Sie hatten die ersten acht Stunden auf Euhja hinter sich. Der Schreckwurm war verschwunden.

»Hallo, Claude«, begrüßte Firgolt den Leutnant. »Sind Sie verletzt?«

»Nein, Sir«, sagte Collignot. »Ich habe das Feuerwerk gut überstanden.«

»Er hat es vermieden, direkt auf Sie zu zielen«, erklärte Firgolt. »Das konnte ich gut von dort oben beobachten. Jeder Schuss ging absichtlich daneben.«

Collignot blickte ihn skeptisch an. »Als ich im Wasser lag, kam es mir nicht so vor, als sei die Bestie darauf bedacht, mich zu schonen.«

Warren und Kopenziack kamen von den Hügeln herab. Neben dem untersetzten Kopenziack wirkte Warren schmächtig. Als die beiden Männer am Ufer angelangt waren, musterte Kopenziack Collignot mit einem enttäuschten Blick.

»Ich dachte, Sie seien tot«, sagte er mürrisch.

»Dank Ihres aufopfernden Einsatzes bin ich noch am Leben«, bemerkte Collignot vergnügt. »Ich werde nie vergessen, wie Sie mit wildem Gebrüll, in Selbstverachtung Ihrer geschätzten Sicherheit heranstürmten, um das Monstrum von mir abzulenken.«

»Sie reden mächtig geschwollen«, sagte Kopenziack ärgerlich. »Sie hätten Senator werden sollen.«

»Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich meine außergewöhnlichen Fähigkeiten an falscher Stelle einsetze«, sagte Collignot bescheiden.

Sorgfältig, als befürchte er, sie zu beschädigen, zog er eine Zigarre aus dem wasserdichten Behälter und zündete sie an.

»Eines Tages«, prophezeite Kopenziack düster, »werden Sie an diesen widerlichen Dingern ersticken.«

Collignot blies einen Qualmring in die Luft und beobachtete verzückt, wie er langsam auf Kopenziack zuschwebte.

Firgolt lächelte amüsiert.

»Wenden wir uns unserem Freund zu«, schlug er vor. »Die primäre Frage ist: Was haben wir über ihn herausgefunden?«

»Nicht mehr, als wir bereits von den Berichten wussten«, sagte Kopenziack. »Mein Eindruck ist, dass wir ein wildes Tier vor uns haben. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.«

»Was meinen Sie, Warren?«, fragte Firgolt den Leutnant, der selten sprach, wenn er nicht gefragt wurde.

»Wenn der Schreckwurm über die Intelligenz verfügt, die NATHAN ihm zugesteht, dann benimmt er sich meines Erachtens merkwürdig«, sagte Warren mit heller Stimme. »Aber auch mit ausgeprägter Dummheit lässt sich sein Verhalten nicht erklären. Ich glaube, dass wir ihn noch längere Zeit beobachten müssen, um mehr über ihn herauszufinden.«

»Collignot?«, fragte Firgolt.

»Da ich die meiste Zeit vor dem Monstrum auf der Flucht war, fällt es mir schwer, etwas Positives über das Riesenbaby zu sagen«, entgegnete Collignot. »Der Captain glaubt erkannt zu haben, dass der Schreckwurm keine gezielten Schüsse auf mich abgab. Nun, er lag ja auch nicht im Wasser.«

»Wie würden Sie den Schreckwurm geistig einstufen?«, wollte Firgolt wissen.

Collignot zog an seiner Zigarre.

»Ich würde sagen, dass NATHAN recht hat«, sagte er nachdenklich.

»Das ist doch nicht Ihr Ernst?«, protestierte Kopenziack.

»Nun, vielleicht ist er nicht zehnmal so intelligent wie ein Hund, aber das Fünffache sollten wir ihm zugestehen«, schränkte Collignot ein.

»Das Zehnfache, Sir«, warf Warren ein. »Rein gefühlsmäßig.«

»Ich bleibe dabei: Er ist ein stupides Ungeheuer«, brummte Kopenziack.

Jede Aussage, erkannte Firgolt, war nur ein Eingeständnis dafür, dass sie nichts Neues über den Schreckwurm herausgefunden hatten.

Nur eines hatten sie entdeckt: Das Monstrum war in der Lage, seine Opfer zu schonen und urplötzlich einen Rückzieher zu machen. Dieses Verhalten war bisher noch nie beobachtet worden.

»Ich schlage vor, dass wir vor Anbruch des nächsten Tages nichts mehr unternehmen«, sagte er. »Sicher wird es uns nicht schwerfallen, unseren Freund wiederzufinden.«

In Collignots Augen stand eine stumme Frage, als er zum Meer hinausblickte.

»Sie denken an unsere Ausrüstung?«, fragte Firgolt.

»Sie haben recht, Captain.«

»Wenn wir den morgigen Tag ohne Zwischenfälle überstehen, können wir riskieren, einen Teil unserer Sachen an Land zu bringen.«

Der Schreckwurm kehrte am frühen Morgen zurück. Warren hatte die letzte Wache. Er richtete sich auf und blickte zum Hang, wo der Koloss aufgetaucht war. Er konnte deutlich die schattenhaften Umrisse im Nebel ausmachen.

Die drei anderen Männer schliefen noch. Ruhig beobachtete Warren, was der Schreckwurm unternehmen würde. Als er sicher war, dass dieser den Hang herunterkroch, weckte er Captain Firgolt.

»Besuch am frühen Morgen, Sir«, sagte er.

Firgolt war sofort hellwach. Warren zeigte ihm die Stelle, wo das Untier durch den Dunst herankam.

»Anscheinend hat er Sehnsucht nach uns«, bemerkte der ebenfalls erwachte Collignot.

»Man könnte sagen, dass er ein Erinnerungsvermögen besitzt«, sagte Firgolt.

Kopenziack schnarchte laut. Für ihn schien es keine Gefahren zu geben. Collignot sah missbilligend auf den untersetzten Mann.

»Er würde auf einem Vulkan schlafen«, sagte er. »Seine Nervenkraft ist mir manchmal unheimlich.«

Firgolt stieß ihn leicht mit der Fußspitze an.

»Stehen Sie auf, Aldo. Es kann sein, dass wir bald rennen müssen.«

Der schwere Mann wälzte sich herum und schlug die Augen auf.

»Guten Morgen, Captain«, sagte er. »Gibt es Schwierigkeiten?«

»Dort kommen sie auf uns zu«, bemerkte Firgolt.

Kopenziack zog ein Nahrungskonzentrat aus der Bereitschaftstasche des Unterwasseranzugs. Fragend blickte er zu Collignot. »Frühstücken Sie nicht?«

»Doch«, sagte Collignot und holte eine Zigarre hervor.

Sie beobachteten, wie der Schreckwurm langsam, aber unbeirrbar auf das Ufer zukroch. Firgolt wurde unruhig.

»Sollen wir stehenbleiben?«, erkundigte sich Collignot.

»Dort drüben gibt es einen schmalen Wasserlauf«, sagte Warren rasch und deutete auf das andere Ende der Bucht. »Ich habe ihn gestern entdeckt. Das Wasser hat viele natürliche Höhlen ausgewaschen. Dort können wir uns verstecken.«

»Einverstanden«, stimmte Firgolt zu. »Doch einer muss hierbleiben und unseren Freund beobachten.«

»Da er an meinen Anblick gewöhnt ist, möchte ich mich vorschlagen«, sagte Collignot säuerlich.

»Nein, Claude«, widersprach Firgolt. »Gehen Sie mit den anderen voraus. Ich werde später nachfolgen.«

Collignot wusste genau, dass es sinnlos war, einem Befehl des Captains nicht zu folgen. Die Männer gingen davon.

Brent Firgolt stand verlassen am Ufer eines fremden Meeres und blickte einer übermächtigen Gefahr entschlossen entgegen.

Während der Nacht hatte er nachgedacht. Er hatte versucht, seine aufsässigen Gedanken niederzukämpfen, doch sie waren nicht aus seinem Gehirn gewichen. Was sollte er tun, wenn die Huldvollen kamen und er noch immer in dieser geistigen Verfassung war?

Sie würden sofort feststellen, dass etwas mit ihm nicht stimmte.

Doch er hatte sich nicht nur mit diesem Problem auseinandergesetzt. Immer wieder waren seine Gedanken zu den vier Fremden zurückgekehrt, die aus dem Meer gekommen waren und sich offensichtlich sehr für ihn interessierten.

Dieses Interesse, so hatte er inzwischen gefolgert, konnte unmöglich einer tierischen Neugier allein entspringen. Er nahm an, dass die Eingeborenen über eine beschränkte Intelligenz verfügten. Zwar konnten sie sich nicht entfernt mit seinen geistigen Fähigkeiten messen – aber immerhin.

Sie sahen in ihm den Zerstörer ihres Landes. Sie hatten alles verloren. Daraus mochte ihre Furchtlosigkeit resultieren. Eine Kreatur, die nichts mehr zu verlieren hat, fürchtet sich nicht.

Sein Körper war steif von der nächtlichen Kühle, als er sich vom Nachtlager aufrichtete. Graublauer Dunst lagerte über dem Land. Die Luft dieses Planeten war extrem feucht, doch ihm machte das nichts aus. Wenn die Notwendigkeit bestand, konnte er sogar einige Minuten im Weltraum aushalten, ohne zu sterben.

Über Nacht war Tau gefallen, so dass der Boden mit einem feuchten Film überzogen war. Er glitt darüber hinweg und fühlte seinen Körper geschmeidiger werden.

Ob die Eingeborenen während der Dunkelheit zurück ins Meer gegangen waren? Er war jetzt nicht mehr so sicher, ob er sie tatsächlich töten würde. Vielleicht hatten sie sich versteckt. Nun, für ihn bedeutete es kein Problem, sie wiederzufinden, wenn sie irgendwo an Land waren.

Mit wenigen Sprüngen erreichte er die flache Hügelkette, die ihm die Sicht zum Meer versperrte. Als er auf dem Kamm ankam, sah er sofort die Fremden, die unten am Meer lagerten. Der unverhoffte Anblick der Zwerge überraschte ihn. Allmählich fühlte er so etwas wie Bewunderung für diese Kreaturen in sich aufsteigen. Beharrlich verfolgten sie ihr Ziel, was es auch immer sein mochte. Er hatte ihnen hart zugesetzt, doch sie blieben hartnäckig in seiner Nähe.

Wahrscheinlich würden sie sich wieder trennen, sobald sie ihn sahen. Das war die einzige Vorsichtsmaßnahme, die sie trafen. Was aber, so fragte er sich, hätten sie auch sonst tun können?

Sie besaßen keine Angriffs- oder Verteidigungswaffen. Dort unten gab es keine Verstecke – außer dem Meer, und von dort konnten sie ihn nicht beobachten.

Er fragte sich, was die kleinen Höcker auf ihren Rücken zu bedeuten hatten. Es schien sich nicht um organische Auswüchse zu handeln. Ihre Haut war pechschwarz, lediglich ihre Gesichter bildeten eine Ausnahme. Diese waren von einem hellen Braun.

Eine der Kreaturen stieß ab und zu Qualmwölkchen aus. Zwischen diesem Rauch und einem dunklen Gegenstand, den der Fremde an seinen winzigen Mund führte, musste ein Zusammenhang bestehen.

Vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken, kroch er zum Ufer hinab. Sie mussten ihn längst gesehen haben. Er hoffte, dass sie diesmal stehenbleiben würden. Doch als er näher kam, lösten sich drei Wesen von ihren Plätzen und bewegten sich vom vierten hinweg. Dieses blieb bewegungslos stehen. Es war das größte der vier. Der Schreckwurm wartete darauf, dass auch die anderen drei sich in verschiedene Richtungen verteilen würden, doch nichts dergleichen geschah.

Nebeneinander gingen die drei auf die Landzunge zu.

Der Schreckwurm konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf das einsame Wesen am Ufer, das es gewagt hatte, seiner Annäherung zu trotzen.

Um den Eingeborenen nicht zu erschrecken, vermied der Schreckwurm einen Sprung. Alles in ihm fieberte darauf, näher an dieses rätselhafte Wesen heranzukommen.

Zum ersten Mal konnte er direkt in die Augen des Eingeborenen blicken. Sie waren dunkelbraun und sahen nicht danach aus, als ob sie ein großes Sehvermögen besaßen. Sein Körper, die Augen, die Gliedmaßen, die Ohren, alles war winzig und wirkte zerbrechlich.

Doch der Schreckwurm erkannte auch, dass dieser Fremde mit seinen dünnen Armen wahrscheinlich wesentlich mehr unternehmen konnte als er mit seinen Klauen und Scherenarmen, die nur für grobe Arbeit zu gebrauchen waren.

Allein die natürliche Ausstattung des Wilden gab ihm Gelegenheit, jede vernünftige Idee mit diesen Gliedmaßen in die Tat umzusetzen.

Das Geschöpf war intelligent, vielleicht noch mehr, als er jetzt dachte.

Der Schreckwurm beobachtete weiter. Er sah, wie sich die Brust des Wesens in unglaublichen schnellen Atemzügen hob und senkte. Das war ein deutliches Anzeichen von Erregung oder Angst.

Mit scheinbar kraftlosen Fingern ließ sein Gegenüber einen vorher aufgehobenen Stein aus der Hand fallen.

Mein Anblick aus direkter Nähe hat ihn total verwirrt, dachte der Schreckwurm.

Für einen kurzen Moment bedauerte er, dass er seine Intelligenz vor dem Wilden nicht offenbaren durfte. Im Gegenteil, es wurde Zeit, dass er wieder das unberechenbare Monstrum spielte.

Captain Brent Firgolt hatte noch nie dem Tod aus kürzerer Entfernung ins Auge geblickt als in diesem Augenblick. Jede Faser seines Körpers drängte danach, diesen Platz zu verlassen und davonzustürmen.

Leider war es jetzt für eine derartige Überlegung zu spät. Auch eine blitzschnelle Flucht ins Meer war nicht möglich. Mühelos würde ihn das Untier mit einem Sprung erreichen.

So blieb Firgolt bewegungslos stehen. Wie gebannt schaute er in die tellergroßen Augen, die vor Feuchtigkeit glänzten.