Perry Rhodan 217: Gefahr aus der Vergangenheit - K.H. Scheer - E-Book

Perry Rhodan 217: Gefahr aus der Vergangenheit E-Book

K.H. Scheer

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Beschreibung

Seit 10000 Jahren gelten sie als tot - nun erscheinen sie mit einer fliegenden Festung Vor 10 000 Jahren - zu einer Zeit also, da die Erde noch keine echte Zivilisation aufwies - standen die Arkoniden im erbitterten Kampf mit den Methans. Dieser Krieg rüttelte an den Grundfesten des arkonidischen Imperiums. Er hätte zur totalen Vernichtung Arkons geführt, wäre es den damaligen Herrschern der Galaxis nicht im entscheidenden Moment gelungen, eine neue Waffe gegen die Methans zum Tragen zu bringen. So aber unterlagen die Methanatmer, und die Arkoniden, in deren Flotte Atlan als junger Kommandant mitkämpfte, glaubten, die Bedrohung durch die nichthumanoiden Intelligenzen ein für allemal ausgeschaltet zu haben. Jetzt, rund zehn Jahrtausende später, als Perry Rhodans Solares Imperium der Menschheit längst das Erbe der Arkoniden angetreten hat, zeigt es sich überraschend, daß die Macht der Methans damals doch nicht gebrochen wurde. Lordadmiral Atlan, Perry Rhodans Freund und Mentor, erkennt diese Tatsache als erster - er erkennt die GEFAHR AUS DER VERGANGENHEIT...

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Veröffentlichungsjahr: 2011

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Nr. 217

Gefahr aus der Vergangenheit

Seit 10.000 Jahren gelten sie als tot – nun erscheinen sie mit einer fliegenden Festung

von K. H. SCHEER

Vor 10.000 Jahren – zu einer Zeit also, da die Erde noch keine echte Zivilisation aufwies – standen die Arkoniden im erbitterten Kampf mit den Methans.

Dieser Krieg rüttelte an den Grundfesten des arkonidischen Imperiums. Er hätte zur totalen Vernichtung Arkons geführt, wäre es den damaligen Herrschern der Galaxis nicht im entscheidenden Moment gelungen, eine neue Waffe gegen die Methans zum Tragen zu bringen.

So aber unterlagen die Methanatmer, und die Arkoniden, in deren Flotte Atlan als junger Kommandant mitkämpfte, glaubten, die Bedrohung durch die nichthumanoiden Intelligenzen ein für allemal ausgeschaltet zu haben.

Jetzt, rund zehn Jahrtausende später, als Perry Rhodans Solares Imperium der Menschheit längst das Erbe der Arkoniden angetreten hat, zeigt es sich überraschend, dass die Macht der Methans damals doch nicht gebrochen wurde.

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Arkonide erkennt die Gefahr aus der Vergangenheit als erster.

Perry Rhodan – Großadministrator des Solaren Imperiums.

Icho Tolot – Ein abenteuerlustiger Haluter, der Perry Rhodan auf seinem Wege begleitet.

Melbar Kasom – Der USO-Spezialist ist bereit, sich zu opfern.

Wuriu Sengu – »Späher« des Mutantenkorps.

Oberst Cart Rudo

1.

Atlan

»Nohetto – es ist vorüber!«, hatte Captain Don Redhorse in seiner indianischen Muttersprache gesagt, als wir den Shift vor der Durchbruchsöffnung zur Oberfläche gelandet hatten.

Es war nicht vorüber! Es begann erst! Die Hölle von Horror hielt uns nach wie vor mit unsichtbaren Fesseln umschlungen. Nichts kann einen Mann nervöser, ungeduldiger oder auch lethargischer machen als eine Zustandsform, gegen die man nichts unternehmen kann.

Wir waren zu Spielbällen unbekannter Mächte geworden. Der Shift, ein flugfähiges und geländegängiges Allzweckfahrzeug mit ausreichender Bewaffnung und Panzerung, maß normalerweise zehn mal vier Meter.

Für uns, die unter kaum verständlichen Umständen Geschrumpften und Kleingewordenen, war dieser Wagen nun zehn Kilometer lang und vier Kilometer breit! Wir hatten mit unseren Flugzeugen auf einem Teil der Heckladefläche landen können, der sonst gerade zur Unterbringung von Paketen ausgereicht hätte.

Luftschlitze und Abgasöffnungen, die man noch vor wenigen Tagen nur mit schmalen Spezialbürsten hatte reinigen können, waren nun so groß, dass wir bequem hindurchschreiten konnten, ohne die Decke zu sehen. Metallporen, oberflächlich bearbeitete Schweißnähte und sonstige Unebenheiten bildeten für uns Mikromenschen weite Plattformen und Vertiefungen, die wir kaum überwinden konnten.

Niemals zuvor hätte ich mir vorstellen können, wie einem Mann zumute sein muss, der in einem tausendfach, verkleinerten Zustand plötzlich ein Gerät handhaben will, das nicht in den Verkleinerungsprozess einbezogen wurde.

Ich saß in der Pilotenkanzel eines zweistrahligen Jagdbombers vom Typ F-913 G. Es war der naturgetreue Nachbau eines Flugzeugmodells, das vor mehr als vierhundert Jahren auf der Erde entwickelt worden war. Wir sagten auch Oldtimer dazu.

Mit fünf Maschinen dieser Art waren wir vor acht Tagen Standardzeit in jenen gewaltigen Schacht hineingeflogen, den die CREST II ehemals mit ihren Thermo- und Impulsgeschützen ausgebohrt hatte.

Diese Öffnung hatte es uns vor Wochen ermöglicht, die Oberfläche des Hohlweltplaneten zu erreichen, die dritte und letzte Etage zu verlassen und in den freien Raum vorzustoßen.

Dann hatte sich Perry Rhodan dazu verleiten lassen, seine sichere Position weit außerhalb der drei künstlich »installierten« Sonnen zu verlassen und Horrors Oberfläche erneut anzufliegen. Er hatte eine nordpolare Kraftstation zerstört, doch zu diesem Zeitpunkt hatte bereits ein dort eingebautes Gerät zu arbeiten begonnen, das wir nach der Klärung der Sachlage »Potenzialverdichter« genannt hatten.

Zweitausend Mann und das Superschlachtschiff CREST II waren um das Tausendfache ihrer ehemaligen Größe verkleinert worden. Ich war später gelandet und in die gleiche Falle gelaufen. Niemand unter uns konnte genau sagen, wie der Potenzialverdichter arbeitete. Wir hatten nur herausgefunden, dass es auf Horror zwei Maschinen dieser Art gab. Die nordpolare Einrichtung war vernichtet worden. Die südpolare Kraftstation arbeitete jedoch nach wie vor, obwohl Oberst Kotranow bei seiner Ankunft mit dem Langstreckenschiff ANDROTEST II versucht hatte, die gewaltigen Kuppelbauten auf dem südlichen Pol dieser Höllenwelt zu zerstören.

Es war ihm nur teilweise gelungen. Seine Schiffsgeschütze waren zu leicht und zu schwach gewesen, um das Gigantenbauwerk dem Boden gleichzumachen. Anschließend hatte er mit seiner kleinen Besatzung unser Schicksal teilen müssen.

Sein Vierstufenschiff, das einen Aktionsradius von einer Million Lichtjahre besaß, hatte uns eigentlich zum dreihunderttausend Lichtjahre entfernten Twin-Transmitter zurückbringen sollen. Nun war auch diese Chance vorüber.

Immerhin – eine Rettungsmöglichkeit hatte sich noch angeboten, und wir hatten sie genutzt!

Jemand von der Besatzung der Kaulquappe C-11, die bei einem früheren Einsatz in der zweiten Etage des Planeten abgestürzt war, hatte sich daran erinnert, dass die Automatik kurz vor dem Aufschlag einige Flugpanzer ausgeschleust hatte.

Wir hatten sie gesucht und auch gefunden. Allerdings hatten sich dabei so viele Schwierigkeiten ergeben, dass wir bald verzweifelt waren. Der in der zweiten Etage stehende Shift war nicht verkleinert worden, da er niemals die Oberfläche und damit den Einflussbereich der beiden Potenzialverdichter berührt hatte.

Wir waren jedoch ums Tausendfache geschrumpft! Das bedeutete – in nüchternen Zahlen ausgedrückt! –, dass ich jetzt noch 1,9 Millimeter groß war! Die stärksten Männer an Bord der nur noch 1,50 Meter durchmessenden CREST II waren zwischen 2,5 und 3,5 Millimeter groß. Diese Männer waren der Ertruser Melbar Kasom und der Haluter Icho Tolot. Ihnen hatten wir es zu verdanken, dass die Bergung eines für unsere Begriffe zehn Kilometer langen Ungetüms gelungen war.

Nachdem wir den seinerzeit von der Notautomatik ausgestoßenen Shift entdeckt hatten, waren Tolot und Kasom an die Arbeit gegangen. Hebel und Knöpfe, die wir normalerweise mit einem Finger hätten betätigen können, waren zu riesigen Gebilden geworden. Wir hatten sie mit Flaschenzügen und anderen Seilzugvorrichtungen bewegt und dabei erneut schmerzlich empfunden, wie winzig wir geworden waren.

Fünfundzwanzig Mikroben, darunter ein Haluter, drei Mutanten, ein umweltangepasster Riese von Ertrus und ich, der Arkonide, hatten sich bemüht, den Flugwagen bis hinauf in die dritte Etage zu bringen und ihn dort zu landen, wo die Durchbruchsöffnung zur Oberfläche begann.

Ihr lichter Durchmesser hatte ehemals drei Kilometer betragen. Nun waren es dreitausend Kilometer geworden. Es bedeutete durchaus kein Problem, mit einer schnellen F-913 G in weiten Kreisen emporzusteigen und die Freiheit zu gewinnen. Die Maschinen erreichten immer noch eine Geschwindigkeit von etwa zwei Mach. In dieser Hinsicht hatten wir ein weiteres physikalisches Phänomen erlebt. Für mich war es fast unvorstellbar, dass diese nur noch sechsundzwanzig Millimeter langen Flugzeuge mit zweifacher Schallgeschwindigkeit über das weite Land rasten. Dadurch waren die Entfernungen im relativen Gegensatz zu unserer Schrumpfung konstant geblieben.

Vor einer Stunde hatten wir mit einer Tätigkeit begonnen, die uns vor wenigen Tagen noch traumhaft vorgeschwebt hatte.

Die atomaren Maschinen der CREST II waren infolge der Potenzialverkleinerung, die nicht mit einer Zusammenballung oder Verdichtung verwechselt werden durfte, nach und nach ausgefallen. Jetzt liefen nur noch die drei chemischen Hilfskraftwerke, die sich für Notfälle besonderer Art an Bord befanden.

Auch die Strahltriebwerke der Oldtimer arbeiteten auf rein chemischer Basis. Hätten wir die Flugzeuge nicht an Bord genommen, als die Nachschubverbindung zum Twin-Transmitter noch funktionierte, wären wir endgültig verloren gewesen.

Durch diese Maßnahme besaßen wir nun einen Shift, der nicht verkleinert worden war! Das bedeutete, dass die atomaren Geräte noch einwandfrei liefen, und das bedeutete ferner, dass wir einen leistungsfähigen Hypersender in Betrieb nehmen konnten.

Oberst Kotranow hatte erklärt, im Twin-System stünde das dritte Vierstufenraumschiff aus der ANDROTEST-Serie zum Einsatz bereit. Wenn dieses Schiff über Horror ankam, dann musste seine Besatzung vor dem verderblichen Einflussbereich der südpolaren Horrorstation gewarnt werden. Dies war jedoch nur mit einem überlichtschnell arbeitenden Hypersender möglich.

Insoweit hatte Captain Redhorse recht gehabt, als er sein »Nohetto – es ist vorüber« ausgesprochen hatte.

Icho Tolot und Melbar Kasom hatten den Hypersender des Shifts übernommen. Jeder Knopf und jeder Hebel musste mit Hilfe von Flaschenzügen bewegt werden. Die Männer waren erschöpft, am Ende ihrer Nervenkraft. Die eigenartigen Lebewesen der dritten Etage, die Gelbpelze, hatten uns nach der Ankunft belästigt. Als sie schließlich zu den menschlichen Mikroben keinen parapsychischen Kontakt herstellen konnten, waren sie wieder verschwunden.

Die Besatzung der CREST war über unsere Ankunft informiert worden. Ich hatte mich nun dazu entschlossen, mit einem Oldtimer den Flug zu wagen, Bericht zu erstatten und mit zwei Tankflugzeugen zurückzukehren.

Von unseren fünf Maschinen waren nur noch drei voll flugklar. Das hatten die Untersuchungen der letzten Stunden ergeben.

Wir hatten die kümmerlichen Treibstoffreste aus den Tanks der anderen Maschinen herausgepumpt, sie in die Behälter meiner F-913 G gefüllt und damit wenigstens eine flugfähige Einheit geschaffen.

Gucky und Gecko, die beiden Mausbiber, saßen hinter mir in der Kabine. Meine kleinen Freunde vom Planeten Tramp waren deprimiert. Ihre telekinetischen Fähigkeiten, auf die wir bei dem Transport des riesigen Shifts so große Hoffnungen gesetzt hatten, waren nicht voll zum Einsatz gekommen. Die extreme Verkleinerung eines jeden Atoms hatte zu schwerwiegenden Störungen in den fünfdimensionalen Gehirnzentren der Mausbiber geführt. Gucky, der sonst riesige Schaltanlagen mühelos beherrschen konnte, war kaum in der Lage gewesen, einen Knopf zu bewegen. Schließlich war er ganz ausgefallen.

Gecko, der seine Naturgaben ohnehin noch nicht voll ausgebildet hatte, war als Hilfskraft noch wertloser gewesen.

Die an den Enden der scharfgepfeilten Tragflächen angebrachten Strahltriebwerke schwenkten herum. Sie wirkten nun als Hubeinheiten, deren Schubkräfte von den Bug- und Hecktriebwerken verstärkt und stabilisiert wurden. Die Oldtimer waren gute Senkrechtstarter, die ihre konstruktiven Kinderkrankheiten schon vor vierhundertzwanzig Jahren überwunden hatten.

Ich schaute durch die transparenten Kanzelscheiben nach draußen. Die hintere Ladefläche des Shifts wirkte auf meine Mikroaugen wie eine Kraterlandschaft mit Gebirgen und Abhängen. Jede Lackblase – und es gab viele davon! – bedeutete für uns ein ernsthaftes Hindernis.

Meine Maschine stand nahe dem hinteren Entlüftungsstutzen, dessen rostfreie Edelstahlklappe ausnahmsweise nicht mit einer Tarnbemalung versehen worden war. Also gab es hier auch keine Lackblasen, die sich infolge der thermischen Materialbelastungen überall gebildet hatten.

Die Klappe war normalerweise dreißig Zentimeter breit und vierzig Zentimeter lang. Mit ihr konnte der Ent- und Belüftungsstutzen zum hinteren Turmraum hermetisch verschlossen werden, sobald der Wagen auf Welten mit giftigen Lufthüllen zu operieren hatte.

Diese Klappe bildete für uns einen idealen Flughafen, auf dem Hunderte Oldtimer Platz gehabt hätten.

Perry Rhodan winkte. Er stand neben dem gähnenden Schlund des Stutzens und hielt sich an einem Seil fest, an dem wir in die Tiefe steigen konnten. Sein hageres Gesicht schimmerte in einem unwirklichen Gelb, das vom Deckengewölbe der dritten Etage herabstrahlte und die Konturen der Trümmerfelder weniger scharf hervortreten ließ.

Hier hatte vor unbekannten Zeiten ein atomarer Krieg getobt. Wir wussten, dass es sich um eine Auseinandersetzung zwischen den Bewohnern der Oberfläche und den Intelligenzen der dritten Etage gehandelt hatte.

Beide Völker waren untergegangen. Die Gelbetage war zur strahlenden Wüste und die Oberfläche zu einem brettflachen Gelände geworden, das durch die Einwirkungen einer unbekannten Waffe tausendfach geschrumpft war.

Als ich noch meine normale Größe besessen hatte, war ich wie ein Gigant über das weite Land geschritten. Unter meinen Stiefelsohlen waren Wälder zerborsten. Wir hatten die Gewächse für holzartige Gräser gehalten. Die riesigen Gebirge dieser Welt waren für uns Sanddünen gewesen – bis wir selbst verkleinert worden waren. Da hatten wir bemerkt, was mit Horrors Oberfläche geschehen war.

Jetzt waren die Relationen wieder ausgeglichen. Da sich alles ums Tausendfache verkleinert hatte, ergaben sich keine Bezugspunkte mehr, an denen wir unsere Schrumpfung hätten ablesen können. Diese Tatsache hatte auch dazu geführt, dass die Männer der CREST anfänglich an eine Spiegelfechterei geglaubt hatten. Als sie noch ihre normale Größe besessen hatten, war ihnen Horrors Oberfläche ebenfalls als flaches Gelände erschienen. Nach der erfolgten Verkleinerung hatten sie plötzlich riesige Berge und ausgedehnte Urwälder erblickt.

Erst meine Ankunft hatte Rhodan darüber belehrt, was geschehen war. Wenn wir psychisch in der Lage gewesen wären, die Vorkommnisse zu vergessen, hätte niemand unter uns bemerkt, dass sich die Größenordnungen auf Horrors Oberfläche verschoben hatten.

Wir konnten es aber nicht vergessen! Die normalen Abmessungen des Allzweckwagens wirkten auf uns wie ein Trommelfeuer von seelischen Nackenschlägen. Niemals zuvor hatte ich unser Mückendasein so stark empfunden.

Ich schaltete den automatischen Hubstabilisator ein und drückte die beiden Schubhebel der Turbinen nach vorn. Sie brüllten auf. Wenn ein normaler Mensch in der Nähe gewesen wäre, hätte er das Geräusch wahrscheinlich nicht einmal vernommen; oder nur als Raunen, dessen Ursprung er kaum hätte herausfinden können.

Meine Gefährten gingen in Deckung. Es gab genug Kratzer und sonstige Unreinheiten im Material!

Ich winkte Rhodan, Don Redhorse und dem Zweiten Offizier der CREST nochmals zu, hob die Maschine im Senkrechtstart ab und ging dicht über dem Turm des Panzers auf Kurs.

Jetzt erlebte ich wieder das eigenartige Phänomen einer als normal anzusehenden Geschwindigkeit, die mit meiner derzeitigen Größe nicht zu vereinbaren war. Meine Mikroaugen waren nicht mehr in der Lage, die unter mir hinweghuschende Landschaft zu erkennen. Eine Trennung der einzelnen Bodenerhebungen war ausgeschlossen.

Ich ließ die Maschine im Winkel von fünfzig Grad steigen und suchte nach der Schachtöffnung. Ich entdeckte sie erst, als ich längst unter ihr hinwegflog.

»Steigen«, schrie mir Gucky zu.

Ich zwang den Oldtimer in eine weite Kurve und begann mit jenem Flugmanöver, das Melbar Kasom als »widerliche Kurbelei« bezeichnet hatte.

Sekunden später wurden wir allseitig von den Schachtwänden eingeschlossen. Ich wusste, dass er nur drei Kilometer durchmaß, obwohl er im relativen Vergleich zu meiner Größe dreitausend Kilometer weit war.

Das hatte jedoch mit den tatsächlichen Gegebenheiten nichts mehr zu tun. Meine Maschine war nach wie vor zweifach überschallschnell.

Als ich mich den Wandungen dreimal so weit genähert hatte, dass die Radarautomatik warnend zu schrillen begann, verlor ich die Geduld.

Ich stieß die Schubhebel der beiden Flächentriebwerke auf Notleistung, zwang die F-913 G mit der Nase hoch und begann mit dem vertikalen Aufstieg nach Raketenart.

Der Andruck presste mich in den Sitz zurück. Gucky und Gecko wurden mit solcher Gewalt in ihre Polster gerissen, dass sie fast das Bewusstsein verloren. Diese physische Schwäche war eine typische Eigenschaft der Mausbiber. Da der Oldtimer keine Andruckabsorber besaß, stieg die Belastung bis auf zweieinhalb Gravos an.

Augenblicke später erreichte ich das obere Ende des hundert Kilometer langen Schachtes. Über mir wölbte sich der schwarzblaue Himmel des Planeten Horror.

Zwei der drei Sonnen, die Horror, entgegen allen physikalischen Gesetzen, umliefen, während der Planet selbst stillstand, tauchten in meinem Blickfeld auf. Der dritte Stern stand hinter dem südlichen Horizont.

Ich beendete den Steigflug, zwang das Flugzeug in die Normallage und sah mich nach den Mausbibern um.

Gucky richtete sich ächzend auf. Sein Gefährte gab keinen Ton von sich.

Ich lachte den Kleinen an und ging auf Kurs. Die Sandkuchenberge, zwischen denen die CREST stand, waren nur dreihundertachtzig Kilometer entfernt.

Wenn ich die Distanz hätte laufen müssen, hätte es sich um dreihundertachtzigtausend Kilometer gehandelt! Die Flugeigenschaften meiner Maschine stellten jedoch die realen Werte wieder her. Auf diesem Planeten lernten selbst geistig schwerfällige Leute den Begriff »Relativität« kennen.

Die gewaltige Kugel der CREST tauchte schon nach wenigen Minuten am Horizont auf. Ich umflog die achttausend Meter hohe Gebirgskette und stieß von Süden her in das weite Tal vor.

Die Landung brachte keine Probleme mit sich. Als das Bugrad auf den Boden wippte und die Hubtriebwerke in Heck und Bug ausliefen, strömten die Männer der CREST aus dem Schiff, das in Wirklichkeit nur noch eineinhalb Meter durchmaß.

Ich hatte gesehen, wie Icho Tolot das Flaggschiff der Solaren Flotte auf den Schultern davongetragen hatte. Damals waren wir jedoch noch normal groß gewesen. Ich konnte mir also besser als jeder andere Mann vorstellen, wie winzig die CREST II tatsächlich geworden war.

Jetzt war nichts mehr davon zu bemerken. Ich schaute an den schimmernden Stahlwandungen hinauf, bis mir der in etwa siebenhundert Meter Höhe beginnende Ringwulst den Blick versperrte. Die gähnenden Schlünde der Impulsdüsen hatten schon lange nicht mehr ihre Korpuskelwellen ausgespien und den terranischen Giganten durch Raum und Zeit gerissen.

Ich schüttelte die Gedanken von mir ab. Seitdem uns die Bergung des Shifts gelungen war, litt ich unter Zwangsvorstellungen, die mir immer eindringlicher meine tatsächliche Körpergröße vorhielten.

Dieser Gefühlssturm konnte gefährlich werden und zum so genannten Horror-Koller führen. Ich musste mich beherrschen.

Mory Rhodan-Abro, Perrys Gattin, trat auf mich zu. Sie versuchte ein Lächeln. Ihre rotblonde Mähne war noch länger geworden. In ihrer Kampfkombination glich sie mehr einem Mann als einer begehrenswerten Frau.

»Willkommen, Atlan«, sagte sie leise. »Ist alles in Ordnung?«

Ich bemerkte die bange Frage in ihren schönen Augen. Oberst Cart Rudo, Epsalgeborener und Kommandant des Superschlachtschiffes, räusperte sich. Ich ahnte, dass Mory Todesängste ausgestanden hatte.

»Alles in Ordnung«, bestätigte ich. »Der Einsatz war schwierig.«

Sie sah mich abschätzend an.