Perry Rhodan 270: Ultimatum an Unbekannt - K.H. Scheer - E-Book

Perry Rhodan 270: Ultimatum an Unbekannt E-Book

K.H. Scheer

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Beschreibung

Der Zeitagent verrät sein größtes Geheimnis - und die CREST nimmt Kurs auf die Zukunft Für Perry Rhodan und die übrigen Besatzungsmitglieder der CREST ist die Situation alles andere als rosig. Der Großadministrator und die leitenden Männer des Ultraschlachtschiffs wissen, daß bei der lemurischen Flottenkonzentration um den Planeten Kahalo und dessen Transmitterstation die CREST trotz ihrer großen Feuerkraft auch nicht die geringste Chance hat, den Durchbruch nach Andromeda zu erzwingen. Die CREST ist, 52 392 Jahre von der Realzeit des Jahres 2404 entfernt, in der Vergangenheit gefangen und wird von den Lemurern, den Werkzeugen der MdI und Vorvätern der Terraner, unerbittlich gejagt. Als der "Stoßtrupp in Zeit und Raum" vom Einsatz zurückkehrt und Frasbur, den Zeitagenten der MdI, zur CREST bringt, scheint sich eine Wende anzubahnen. Frasbur wird verhört. Was der Zeitagent freiwillig oder unfreiwillig ausplaudert, führt zu einem neuen Unternehmen! Die CREST fliegt den sechsten Planeten der Wega an - und Perry Rhodan richtet ein ULTIMATUM AN UNBEKANNT...

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Nr. 270

Ultimatum an Unbekannt

Der Zeitagent verrät sein größtes Geheimnis – und die CREST nimmt Kurs auf die Zukunft

von K. H. SCHEER

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

Impressum

Für Perry Rhodan und die übrigen Besatzungsmitglieder der CREST ist die Situation alles andere als rosig.

Der Großadministrator und die leitenden Männer des Ultraschlachtschiffs wissen, dass bei der lemurischen Flottenkonzentration um den Planeten Kahalo und dessen Transmitterstation die CREST trotz ihrer großen Feuerkraft auch nicht die geringste Chance hat, den Durchbruch nach Andromeda zu erzwingen.

Die CREST ist, 52.392 Jahre von der Realzeit des Jahres 2404 entfernt, in der Vergangenheit gefangen und wird von den Lemurern, den Werkzeugen der MdI und Vorvätern der Terraner, unerbittlich gejagt.

Als der »Stoßtrupp in Zeit und Raum« vom Einsatz zurückkehrt und Frasbur, den Zeitagenten der MdI, zur CREST bringt, scheint sich eine Wende anzubahnen. Frasbur wird verhört. Was der Zeitagent freiwillig oder unfreiwillig ausplaudert, führt zu einem neuen Unternehmen!

Die CREST fliegt den sechsten Planeten der Wega an – und Perry Rhodan richtet ein ULTIMATUM AN UNBEKANNT ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Jahrtausende liegen zwischen dem Großadministrator und seinem Imperium.

Atlan – Der Lordadmiral wird als »Beuteterraner« bezeichnet.

Cart Rudo – Kommandant der CREST III.

Frasbur – Der Zeitagent plaudert aus der Schule.

Lemy Danger – Der kleinste Generalmajor des Solaren Imperiums.

John Marshall – Telepath und Chef des Mutantenkorps.

Neskin

Bericht Atlan

1.

Der Mann von Siga, 22,21 Zentimeter groß, 852,18 Gramm schwer und in den Schultern 6,33 Zentimeter breit, hatte in seiner höflichen Art um Erlaubnis gebeten, mir Gesellschaft leisten zu dürfen.

Lemy Danger, Generalmajor und Spezialist der USO, schien sich an Bord des terranischen Flottenflaggschiffes, der CREST III, fehl am Platze zu fühlen. Nach seiner Ankunft hatte er »mannhaft« versucht, mit den terranischen Giganten – wie er sich ausdrückte – Kontakt zu gewinnen, doch dies schien misslungen zu sein.

Ich hatte den grünhäutigen Siganesen auf die Platte meines Schreibtisches gehoben und ihm, ohne eine Miene zu verziehen, einen Platz auf dem gepolsterten Rand eines Instrumentenbords angeboten.

Lemy fühlte sich durchaus als Mensch, auch wenn er etwas klein ausgefallen war. Man konnte ihn zutiefst kränken, wenn man ihn spüren ließ, wie abstrakt er oftmals wirkte. Er vergaß niemals zu erwähnen, dass seine Vorfahren zu den ersten Menschen gehört hatten, die den Sprung in den Raum gewagt und einen fremden Planeten kolonisiert hatten.

Ihre Nachkommen waren infolge ungeklärter Umweltbedingungen von Generation zu Generation kleiner geworden, ohne jedoch trotz der schrumpfenden Gehirnmasse ihre Intelligenz zu verlieren. Lemys Volk hatte damit den irdischen Forschern ein Rätsel aufgegeben, das noch nicht befriedigend gelöst werden konnte. Lemy behauptete auf Befragen, Volumen und Gewicht eines menschlichen Gehirns seien nebensächlich. Entscheidend wäre die Packungsdichte und die sei in seinem Falle proportional zu seiner Anpassungsschrumpfung gestiegen.

Nun saß er mit angewinkelten Beinen und kerzengerade aufgerichtetem Oberkörper auf dem Bord, hatte die Hände flach auf die Knie gelegt und bemühte sich angestrengt, nicht durch eine schlechte Haltung mein Missfallen zu erregen.

Ich unterdrückte ein Lächeln und sah auf meine Aufzeichnungen nieder. Ich hatte mich in meine Kabine zurückgezogen, um mein Tagebuch zu vervollständigen.

»Machen Sie es sich bequem, Herr General«, sagte ich wie unbeteiligt. »Einem Wissenschaftler und Offizier von Ihrem Range steht es wohl an, sich in Gegenwart seines Oberkommandierenden etwas legerer zu geben.«

Ich spähte aus den Augenwinkeln zu dem kleinsten Mann meiner hochspezialisierten Kampftruppe hinüber und übersah taktvoll, dass Lemy vor Freude und Verlegenheit die Farbe wechselte. Seine Haut schimmerte jetzt in einem dunklen Olivgrün.

»Wenn Sie – wenn Sie ausdrücklichst darauf bestehen, Sir«, piepste er mit seinem hellen Stimmchen. »Doch würde ich mir niemals erlauben, ohne ...«

»Natürlich nicht, Lemy«, unterbrach ich ihn. »Ich kenne Sie als Ehrenmann mit besten Manieren und vollendeter Bildung.«

Ich hüstelte. Lemy liebte diese geschraubte Sprache, die auf Siga, dem zweiten Planeten von Gladors Stern, bis zum Extrem gepflegt wurde. Um so mehr hatte Lemy unter dem derben Sprachschatz der terranischen Raumfahrer zu leiden, die sich einen Spaß daraus machten, den Schöngeist von Glador II mit »zufällig« hingeworfenen Bemerkungen an den Rand einer Ohnmacht zu bringen.

»Sie sind zu gütig, Herr Lordadmiral«, entgegnete Lemy bewegt. Ein Blick bedingungsloser Liebe. Zuneigung und Opferbereitschaft traf mich. Da schämte ich mich, dass ich innerlich über den Wichtelmann gelächelt hatte.

Meine Gedanken schweiften ab. Von nun an war Lemy Danger für mich nur noch der fähige Offizier, dessen klares Urteilsvermögen und persönlicher Mut mehr als einmal entscheidend die Maßnahmen der USO beeinflusst hatten. Ich bemerkte kaum, dass sich das Männlein in der dunklen Uniform der USO bequemer hinsetzte und es sogar wagte, ohne ausdrückliche Erlaubnis die linke Schulter gegen einen Schaltknopf zu lehnen.

Ich starrte auf meinen Bericht nieder, der das Schicksal der CREST III und fünftausend Besatzungsmitgliedern beinhaltete.

Auf dem Bildschirm über meinem Arbeitstisch leuchteten die Sonnen des galaktischen Zentrums. Sie glichen einem Geflecht aus unübersehbar vielen Edelsteinen, die kaskadenartige Lichtfluten ausschickten und meine Augen blendeten.

Lemy war in erster Linie Kosmonaut. Ich dachte vordringlich an die Probleme, die sich durch unsere ungünstige strategische Situation ergaben.

»Die Navigation wird in diesen Sektoren zu einem Albtraum, Sir«, meinte er. »Störe ich Sie?«

»Nein, durchaus nicht. Darf ich Ihnen etwas erklären?«

Er neigte verbindlich und voll angespanntester Aufmerksamkeit den Kopf. Sein Gesicht, etwa briefmarkengroß und trotzdem klar gezeichnet, war mir zugewendet.

»Ich bemühte mich seit unserem Eindringen in die Zeitfalle von Vario, die Geschehnisse aufzuschlüsseln und eine Erklärung für die Fehler zu finden, die wir begangen haben. Dabei wirft sich überraschenderweise die Frage auf, ob es sich überhaupt um Fehler handelte, oder vielmehr um taktisch unumgängliche Maßnahmen, die im Interesse einer Klärung der Sachlage gar nicht zu vermeiden waren. Dies bringt mich in Gewissenskonflikte.«

»Ich verstehe vollkommen, Sir.«

Ich war ihm dankbar. Mit niemand an Bord hätte ich in dieser Art sprechen können; nicht einmal mit Perry Rhodan. Der Großadministrator war ein realistischer Praktiker, der es ablehnte, nach psychologischen oder gar philosophischen Beweggründen für eine Sache zu suchen, an der sich doch nichts mehr ändern ließ.

Wir schrieben den 14. Juni 2404, Realzeit! Realzeit – das war ein Begriff, der erst nach der Versetzung in die Vergangenheit entstanden war. Genau genommen, befanden wir uns im Jahre 49.988 vor Christi Geburt.

Wir waren um mehr als fünfzigtausend Jahre in die Vergangenheit transportiert und somit militärisch ausgeschaltet worden.

Unsere Bemühungen, mit den Altmenschen der Erde, den Lemurern, einen für uns positiven Kontakt aufzunehmen, waren durch das Eingreifen der so genannten Zeitagenten gescheitert.

Frasbur, der ehemalige Kommandant der Zentrale auf Kahalo, war einer von diesen klugen Männern, die es verstanden hatten, kraft ihres Wissens um die wahren Begebenheiten und mit Hilfe ihrer technischen Machtmittel die Besatzungsmitglieder der CREST zu Gejagten zu machen, die sich trotz anfänglicher Erfolge nicht mehr sehen lassen durften.

Kahalo, die zentrale Justierungswelt für den gigantischen Sechsecktransmitter der Milchstraße, wurde nun von über fünfzigtausend lemurischen Großkampfschiffen abgesichert.

Wir waren durch einen Fehler der Meister der Insel – sie hatten uns für Haluter gehalten – unbehelligt aus dem Rematerialisierungsfeld herausgekommen und hatten die Erde des Jahres 49.988 v. Chr. anfliegen können.

Dort hatten wir den sagenhaften Erdteil Lemuria gefunden und überdies die atemberaubende Technik, über die die Vorfahren der heutigen Terraner damals schon verfügt hatten.

Wir, die späten Nachkommen der Lemurer, hatten kaum noch eine Chance, der angelaufenen Such- und Vernichtungsaktion zu entgehen.

Die CREST III, das modernste Erzeugnis solarer Ingenieurskunst, war zwar allen lemurischen Großkampfeinheiten überlegen; aber viele Hunde sind des Hasen Tod. Ich war mir völlig darüber im klaren, dass es für uns keine Möglichkeit gab, gewaltsam in den Sechsecktransmitter der Milchstraße einzudringen, um uns von diesen unvorstellbaren Gewalten zum Andromedanebel schleudern zu lassen.

Wären wir erst einmal dort gewesen, hätten wir mit Hilfe unserer Mutanten sicherlich Mittel und Wege gefunden, um die Zeitfalle Vario rückläufig umzupolen und wieder in die Realzeit vorzudringen.

Wir hatten die Lemurer kennengelernt! Nachdem ich Männer wie die Admirale Hakhat und Tughmon persönlich gesprochen hatte, war in mir kein Zweifel geblieben, dass wir es mit hervorragenden Soldaten zu tun hatten.

Der Ausspruch, Menschen könnten nur von Menschen und sonst von niemand geschlagen werden, hatte sich in bitterster Form bewahrheitet.

Als die kommandierenden Admirale der lemurischen Heimat- und Abfangflotte durch die Tätigkeit der Zeitagenten erfahren hatten, dass wir keine Tefroder aus dem neuen Siedlungsgebiet von Andromeda waren, hatte man uns gejagt. Wir waren der Vernichtung nur mit viel Glück entronnen.

Zur Zeit umkreiste die CREST III im freien Fall die Riesensonne Redpoint. Sie besaß einen kleinen, dunkelroten Begleiter, der mir bestätigt hatte, dass dieser Doppelstern in der Realzeit ein USO-Stützpunkt war.

Der Gedanke, dass etwa fünfzigtausend Jahre später an dieser Stelle eine gewaltige Raumstation die Macht des Solaren Imperiums und der USO demonstrieren würde, war zum Verzweifeln. Zeitphänomene waren überhaupt Dinge, die ein menschliches Gehirn nur widerwillig erfasste. Es tauchten zahlreiche Faktoren auf, mit denen man normalerweise niemals zu rechnen hatte.

Vor knapp vier Wochen – immer in Realzeit gerechnet! – war es den Wellensprintern Rakal und Tronar Woolver gelungen, durch ihre parapsychischen Fähigkeiten in die Realzeit vorzudringen, die für uns nun fernste Zukunft war.

Sie hatten Reginald Bull, den Oberkommandierenden im Betanebel und auf KA-preiswert, über unser Schicksal informieren und durch ein gewagtes Manöver sogar in die Vergangenheit zurückkehren können.

Sie hatten den Mutanten Tako Kakuta und meinen USO-Spezialisten Lemy Danger mitgebracht, der beim letzten Einsatz auf Kahalo entscheidend daran beteiligt war, dass der dort ansässige Zeitagent der Meister der Insel in unsere Gefangenschaft geraten war.

Während des tollkühnen Unternehmens der Woolver-Zwillinge hatten wir eine fliegende Werft entdeckt, die ebenso wie die CREST in die Vergangenheit abgeschoben worden war.

Ihr Eigentümer, der kosmische Ingenieur Malok, hatte von den Meistern der Insel den Befehl erhalten, eine bestimmte Sonne zu umkreisen und den Raumschiffen der Zeitagenten als fliegender Stützpunkt zu dienen.

Nun – diesen Plan hatten wir durchkreuzt, indem wir zusammen mit der riesigen Plattform MA-genial die Position gewechselt und Redpoint als vorläufiges Ziel unserer Wanderung ausgewählt hatten.

Damit waren wir an einem toten Punkt angelangt. Es wäre zwecklos gewesen, einen gewaltsamen Einbruch in den Großtransmitter versuchen zu wollen. Die erbosten Lemurer hätten uns vorher in eine Gaswolke verwandelt.

Einzelne Mutanten in lemurische Transporter einzuschleusen und sie auf diese Art bis zum Andromedanebel zu befördern, wäre taktisch unbedeutend gewesen.

Vorerst sah es auch nicht danach aus, als sollte es den Woolver-Zwillingen ein zweites Mal gelingen, in die Realzeit zurückzukehren.

Der Transport zum Andromedanebel hätte sich durch den regen Schiffsverkehr der Lemurer, die sich vor den halutischen Kampfmaschinen in wilder Flucht zur Nachbargalaxis befanden, ohne weiteres realisieren lassen.

Dann aber hätten unsere Männer vor dem Problem gestanden, in den Zeittransmitter einzudringen und eine rückläufige Verschiebung der Bezugsachse abzuwarten.

Das war einmal gelungen! Weder Perry noch ich waren närrisch genug, auf einen zweiten Zufall dieser Art zu hoffen. Uns blieb nur der aus eigener Kraft erschaffene Weg – aber den kannten wir noch nicht!

So glitten wir auf einer so engen Kreisbahn um den Riesenstern Redpoint herum, dass unsere Kraftwerke ständig mit fünfundsiebzig Prozent der verfügbaren Leistung laufen mussten, damit die Energieschirme die Gewalten der nahen Sonne absorbieren konnten.

Nur dadurch, so glaubten wir, konnte eine Ortung durch lemurische oder halutische Raumschiffe verhindert werden.

Die fliegende Werft MA-genial, zweiundneunzig Kilometer durchmessend und in ihrer Scheibenform einunddreißig Kilometer dick, flog im Abstand von knapp achtzig Kilometern hinter uns her. Wir waren bereit, notfalls den Feuerschutz zu übernehmen und uns diesen einzigen Stützpunkt, den wir in der Vergangenheit gefunden hatten, mit allen Mitteln zu erhalten.

Ich stand auf und trat vor den Wandbildschirm, der wie ein Fenster konstruiert war. Ich glaubte, direkt in das leuchtende Wunder des galaktischen Zentrums hinauszusehen.

Der obere Rand des Schirmes wurde hier und da von blutroten Flammenströmen überzogen. Das waren die Ausläufer der Sonnenprotuberanzen, die uns ohne die starken Schutzschirme längst verschlungen hätten.

Ich bemerkte, dass mich Lemy besorgt musterte. Er kannte meine Probleme. In seinem krampfhaften Bemühen, mich auf andere Gedanken zu bringen, erwähnte er etwas, das er normalerweise niemals ausgesprochen hätte.

»Sir – Sie wissen doch sicherlich, dass die Akonen und somit auch die Arkoniden Nachkommen der irdischen Lemurer sind, nicht wahr?«

Ich nickte nur. Das war mir allerdings bekannt. Für mich hatte es einen schweren moralischen Schlag bedeutet, erfahren zu müssen, dass mein großes Volk aus alt-lemurischen Kolonisten hervorgegangen war.

Im Laufe der nachfolgenden fünfzigtausend Jahre waren die Arkoniden sogar leicht modifiziert, weshalb ich nicht einmal behaupten konnte, ein echter Mensch zu sein. Ich besaß keine Rippen, sondern eine durchgehende Brust- und Rückenplatte. Auch verschiedene Organe waren verändert. Ich hatte keinen Grund mehr, auf die Erfolge der alten Arkoniden besonders stolz zu sein, zumal sie einen großen Teil dessen vergessen hatten, was die Lemurer technisch und wissenschaftlich längst einwandfrei beherrscht hatten.

Während der arkonidischen Blütezeit war ich mit Transitionstriebwerken durch den Hyperraum geflogen. Die Lemurer, also meine tatsächlichen Vorfahren, hatten bereits das wesentlich bessere Lineartriebwerk bis zur Perfektion entwickelt gehabt.

»Das stört mich nicht, Lemy«, sagte ich abwesend. »Ich habe andere Probleme.«

»Natürlich, Sir. Ich finde es trotzdem wichtig, Sie mit einer erneuten Bosheit der Terraner vertraut zu machen.«

»Bosheit ...?«

Ich drehte mich um und musterte ihn. Wenn der Kleine solche Begriffe gebrauchte, begann ein Normalterraner bereits zu grinsen. Ich kannte doch diese wildverwegenen Burschen mit dem harten Blick und der individualistischen Gesinnung.

»Nun, nun, sie meinen es natürlich nicht böse, Sir«, betonte Lemy gedehnt. Seine Geste wirkte ungefähr so, als müsste er ein unartiges Kind oder einen betrunkenen Schwergewichtler besänftigen.

»Ich hätte gar nicht davon anfangen sollen, Sir«, fügte der Wichtelmann unruhig hinzu. »Würden Sie die Güte haben, meine unüberlegten Worte zu vergessen?«

Nein, ich hatte nicht »die Güte«.

»Sprechen Sie«, forderte ich. »Was gibt es? Um welche Bosheit handelt es sich?«

Lemy wirkte todunglücklich. Er hatte bestimmt das Gefühl, viel zu weit gegangen zu sein.

»Sir – man besaß die einem gebildeten Menschen völlig unverständliche Unverfrorenheit, Sie mit einem – mit einem Spitznamen zu belegen.«

Ich seufzte. Das war wieder eine typische Lemy-Danger-Ausdrucksform gewesen.

»Schön, schön, Spezialist Danger. Ist das alles? Ich bin durch meinen Zellaktivator zehntausend Jahre alt geworden. Was glauben Sie wohl, wie viele Spitznamen ich während meiner langen Wanderung durch die Epochen der Erdgeschichte erhalten habe? Ich war beispielsweise für einige Zeit Kommandant der Prätorianergarde unter Caligula. Damals nannte man mich ›Schinder‹, weil ich diesen Leuten etwas beibringen wollte. Verzeihen Sie – ich wollte sagen, ich hatte sie etwas lehren wollen. Meine Ausdrucksform war etwas vulgär.«

Er nickte großzügig. Ich lachte innerlich Tränen.

»Ich würde eher meinen, Sie haben sich an den allgemeinen Sprachgebrauch gehalten«, meinte Lemy.

Schließlich richtete er sich zur würdevollen Haltung auf. Ich musste scharf hinsehen, um die auf seinem Mikrogesicht erkennbare Empörung ablesen zu können.

»Nun, so sei es denn, Sir, ich werde sprechen«, sagte er pathetisch. »Stellen Sie sich vor, Sir, diese ungehobelten Menschen nennen Sie Beuteterraner!«

Wahrscheinlich hatte er auf einen Ohnmachtsanfall meinerseits gewartet.

Mein lautstarkes Gelächter schockierte ihn. So hatte ich schon lange nicht mehr lachen können. Ich befreite meine Seele damit von einem Teil der aufgestauten Erregung und stellte mir immer wieder vor, wie dieser Spitzname zustandegekommen war.

Die Terraner waren unerschöpflich im Erfinden solcher Dinge. Ich kannte kein anderes galaktisches Volk, das annähernd fähig gewesen wäre, über sich selbst so zu spotten und sich selbst so zu kritisieren, wie es Terraner mit größter Selbstverständlichkeit vermochten.

»Beuteterraner, herrlich«, sagte ich hustend. »Ist das alles, mein Freund?«

Lemy stand breitbeinig auf der Tischplatte, hatte die Hände in die Hüften gestemmt und sah mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck auf mich hinab. Ich bemerkte jetzt erst, dass ich in meinem zurückgeklappten Andrucksessel lag und die Beine weit von mir streckte.

Lemy war ein viel besserer Psychologe, als ich gedacht hatte.

»Na also, da hätten wir es ja geschafft. Sind Sie jetzt wieder in besserer Stimmung, Sir?«

Ich hielt die Luft an. Der Kleine lachte so schrill, dass meine Ohren summten. Anschließend kam mir ein Verdacht. Spielte er etwa nur den vornehmen Mann, um unwissende Leute in hinterhältiger Art nasführen zu können?

Ich schob meinen Bericht zur Seite und griff mit einer Hand nach dem Siganesen. Er legte seine Ellenbogen auf meine Finger und schaute mich zerknirscht an.