Perry Rhodan 3345: Der 50-Jahres-Plan - Andreas Eschbach - E-Book

Perry Rhodan 3345: Der 50-Jahres-Plan E-Book

Andreas Eschbach

0,0
2,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Gut 4000 Jahre in der Zukunft: Auf der Erde und auf Tausenden von Welten leben die Menschen in Frieden und Freiheit. Zu den anderen Sternenreichen der Milchstraße besteht ein freundschaftlicher Austausch. Mit dem Projekt von San will Perry Rhodan die Verbindungen zu anderen Galaxien verstärken. Das kleine Raumschiff PHOENIX wird als Prototyp eines neuartigen Kurierschiffs entwickelt. Doch da taucht eine Fremde namens Shrell auf. Sie fordert von Rhodan, in die Agolei zu reisen. In diesem weit entfernten Sternenband soll er Reginald Bull töten, seinen ältesten Freund. Um diese Forderung zu unterstreichen, zündet sie das Brennende Nichts auf der Erde und dem Mond – wenn man das Verhängnis nicht stoppen kann, droht beiden Himmelskörpern die Vernichtung. Mit dem PHOENIX und einem kleinen Team tritt Rhodan die riskante Mission an. In der Agolei trifft er neue Verbündete, stößt aber auch auf Gegner, mit denen er nicht gerechnet hat. Zudem erkennt er, was wirklich hinter Shrells Absichten steckt – es ist DER 50-JAHRES-PLAN …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 148

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



 

Nr. 3345

 

Der 50-Jahres-Plan

 

Shrells düsteres Geheimnis – der Wettlauf nach 5-5-5 wird alles entscheiden

 

Andreas Eschbach

 

 

 

Heinrich Bauer Verlag KG, Hamburg

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. 10. September 2250 NGZ – GRAVEN.1b

2. 53 Jahre zuvor – Katakomben von Rugyra

3. 10. September 2250 NGZ – GRAVEN.1b

4. 52 Jahre zuvor

5. August 2198 NGZ – HIDEOUT-Station

6. August 2198 NGZ – HIDEOUT-Station

7. 11. September 2250 NGZ – 5-5-5

8. 13 Jahre zuvor – Styx

9. 11. September 2250 NGZ – 5-5-5

Fanszene

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

 

Gut 4000 Jahre in der Zukunft: Auf der Erde und auf Tausenden von Welten leben die Menschen in Frieden und Freiheit. Zu den anderen Sternenreichen der Milchstraße besteht ein freundschaftlicher Austausch.

Mit dem Projekt von San will Perry Rhodan die Verbindungen zu anderen Galaxien verstärken. Das kleine Raumschiff PHOENIX wird als Prototyp eines neuartigen Kurierschiffs entwickelt.

Doch da taucht eine Fremde namens Shrell auf. Sie fordert von Rhodan, in die Agolei zu reisen. In diesem weit entfernten Sternenband soll er Reginald Bull töten, seinen ältesten Freund. Um diese Forderung zu unterstreichen, zündet sie das Brennende Nichts auf der Erde und dem Mond – wenn man das Verhängnis nicht stoppen kann, droht beiden Himmelskörpern die Vernichtung.

Mit dem PHOENIX und einem kleinen Team tritt Rhodan die riskante Mission an. In der Agolei trifft er neue Verbündete, stößt aber auch auf Gegner, mit denen er nicht gerechnet hat. Zudem erkennt er, was wirklich hinter Shrells Absichten steckt – es ist DER 50-JAHRES-PLAN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Shrell – Die Leun verfolgt einen Plan, der nicht ihr eigener ist.

Celeste Lamar – Die TLD-Agentin handelt unter einem Namen, der nicht ihr eigener ist.

Flint Cole – Ein Junge taucht genau im richtigen Augenblick auf.

Yilad – Die Einzelkämpferin fragt sich, ob sie auf der richtigen Seite steht.

Bonnifer – Der Wyconder hilft bei Plänen, die nicht die seinen sind.

1.

10. September 2250 NGZ

GRAVEN.1b

 

Sie kamen mitten im Chaos an.

Der Boden schien unter ihren Füßen Wellen zu schlagen – Yilad brauchte ihren Stützschwanz, um das Gleichgewicht zu wahren, und wunderte sich, wie Shrell es schaffte, nicht zu stürzen. Alarmsirenen heulten, Metall knirschte, von irgendwoher drangen donnernde Schläge an ihre empfindlichen Ohren. Herumstehende Container gerieten für einen Moment in bedrohlich kreischende Bewegung.

Was war los? Ein Angriff? Feuerten Geschütze? Waren das Alarmstarts? Brach der Steuermond gar auseinander? Auch mit dem feinen Gehör einer Yuit-Leun war das nicht zu festzustellen.

Klar war nur: GRAVEN.1b war in hellem Aufruhr.

Sie hatte Shrell in Sicherheit bringen wollen. Das schien ein Fehlschlag gewesen zu sein.

Shrell sah sich mit fahrigen Bewegungen um, schien zu überlegen, wo sie sich befand. Und wieso.

»Was ist mit dem Schiff?«, stieß sie hervor.

»Was für ein Schiff?«, fragte Yilad. Sie betrachtete die schlanke, schwarze Gestalt, die sie überragte. Shrell wirkte noch nicht wieder ganz bei sich. Kein Wunder, war sie doch lange bewusstlos und obendrein eine Gefangene gewesen.

»Der PHOENIX«, sagte Shrell.

Yilad hob die Hand, machte die Geste der Ratlosigkeit. »Keine Ahnung. Wieso ist das wichtig?«

Shrell hob den Kopf. »Was ist eigentlich los?«

Das war, fand Yilad, zur Abwechslung eine gute Frage. Sie waren im oberen Peripheriebereich gelandet, in einer Halle, in der Waren zwischengelagert wurden und die manchmal genutzt wurde, um größere Objekte zusammenzubauen. Eigentlich hätte es hier so ruhig sein sollen, dass sie ihren eigenen Atem gehört hätten. Stattdessen schien die Welt unterzugehen.

»Ich weiß nicht, was los ist«, gestand Yilad.

»Wie sind wir entkommen?« Shrell betastete ihren hautengen, schwarzen Kampfanzug und die Geräte, die sie am Gürtel trug. »Ach so. Mit dem Pentaferer. Wir beide auf einmal?«

»Ja.«

»Das ist nicht gut. Das überlastet das Gerät.«

»Wir hatten keine andere Wahl.«

Ein neuerlicher Schlag ließ die weiße Kuppeldecke erzittern, als hiebe ein wütender, planetengroßer Riese mit einem entsprechend mächtigen Hammer darauf. Wieder riss es sie fast von den Beinen.

»Ich muss wissen, was los ist!«, rief Shrell über den Lärm hinweg. »Und was mit dem PHOENIX ist!«

Was interessierte sich Shrell so für dieses lächerlich kleine Raumschiff der Fremden?

Shrell sah suchend umher. »Ich muss zu einem Terminal.«

Die Kuppeldecke hatte plötzlich eine gewaltige Delle. Eine Magnethalterung hatte sich gelöst, drohte herabzufallen. Noch immer rollten die Echos des Schlages durch die Halle und die verschiedenen Gänge, die davon abführten.

»Ein Terminal?« Yilad überlegte. »Beim nächsten Distributionsknoten müsste eines sein. Aber das ist riskant.«

»Riskant oder nicht«, befahl Shrell, »führ mich hin!«

Yilad zögerte. Gewiss, sie hatte sich auf Shrells Seite geschlagen, sich geschworen, Shrell die Große zu verteidigen und zu unterstützen. Aber es war wirklich riskant, ein Terminal zu aktivieren!

Sie orientierte sich. Leun, die zur Besatzung gehörten, würden sich in ihnen unbekannten Bereichen positronisch dirigieren lassen; das konnten sie natürlich nicht. Aber es gab ein paar für Roboter gedachte, lesbare Markierungen, und eine davon wies in die Richtung, die sie suchte.

Yilad setzte sich in Bewegung, Shrell folgte ihr.

Auf jeden Fall, sagte sich Yilad, galt der Aufruhr nicht ihnen und ihrer Flucht. Hätte man sie gesucht, hätte das anders geklungen, anders ausgesehen. Man hätte alle Sektionen abgeriegelt, Suchroboter wären, schnell wie Pfeile, durch sämtliche Gänge und Räume gerast, und das wäre alles gewesen. Keine donnernden Schläge, kein zitternder Boden, keine Deformationen im Deckengewölbe.

Und ihre Sicherheitsfreigabe wäre längst erloschen.

Sie passierten einen Durchgang, der in ein Materiallager führte. Die Regale dahinter waren umgestürzt, Roboter versuchten hilflos, das Durcheinander aufzuräumen, vergrößerten es damit aber nur, weil das eine Situation war, die in ihren Routinen nicht vorkam; es würde ein Leun eingreifen und eine Strategie vorgeben müssen.

Doch das ging sie nichts an. Sie eilten daran vorbei, Yilad vornweg. Der Gang, der in Richtung des Knotens führte, lag erfreulich still und verlassen da.

Sie mussten sich beeilen. Shrell verfiel in lockeren Laufschritt. Yilad reagierte mit weiten Bryn-Dorsh-Sprüngen und schaffte es, vor ihr zu bleiben.

Doch auf einmal blieb sie stehen, richtete die Ohren auf. Da kam jemand. Roboter. Mehrere.

»Was ist?«, zischte Shrell.

»Dort hinein!« Yilad deutete mit ihrer bepelzten Hand auf eine Wandnische, das einzige Versteck in greifbarer Nähe. »Eine Gruppe Roboter kommt uns entgegen.«

Shrell schnaubte. »Ich höre nichts.«

»Aber ich.« Was das Hörvermögen betraf, kam niemand an Yuit-Leun heran.

Shrell wusste das und folgte ihrem Rat. Gemeinsam drückten sie sich in die Vertiefung in der Wandverkleidung, in der einmal irgendein Aggregat gestanden haben musste, das nicht mehr da war; nur noch Anschlüsse waren übrig.

»Wir verlieren Zeit«, grollte Shrell. »Ich sollte längst an einem Terminal ...«

»Still!«

Shrell die Große schwieg. Es hatte Yilad Überwindung gekostet, ihre Schutzbefohlene zurechtzuweisen.

Die Roboter kamen näher. Der Boden bebte leicht, aber nicht unter den ruhigen, gleichförmigen Schritten der Maschinen, sondern aus anderen Gründen. Yilad schloss die Augen, lauschte. Nein, das war kein Abwehrfeuer der Strahlgeschütze. Das waren Alarmstarts!

Etwas war los, das stand fest. Nur was?

Yilad richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Schritte der Roboter. Je näher sie kamen, desto deutlicher wurde ihre Vorstellung davon, was sich da näherte. Es waren keine Kampfroboter, es waren Arbeitsroboter. Wartungsroboter, die etwas transportierten.

Yilad spähte um die Ecke. Die Roboter transportierten ein großes, weiß schimmerndes Aggregat ...

»Wir müssen hier raus«, raunte sie Shrell zu. »Die wollen genau hierher.«

»Aber dann sehen sie uns doch?«

»Das kümmert die nicht. Das sind Arbeitsroboter. Die machen nur Meldung, wenn der Zugang zu der Stelle, an der sie das Aggregat anschließen wollen, durch Lebewesen blockiert ist.«

»Ah.« Es klang halb erleichtert, halb missbilligend. Shrell ärgerte sich, aufgehalten worden zu sein.

Sie schlüpften wieder hinaus in den Gang, der Yilad schier endlos vorkam. Aber es gab keinen anderen Weg, wenn sie unentdeckt bleiben wollten.

Die Roboter wichen ihnen bereitwillig aus und beachteten sie ansonsten nicht. Das Aggregat war tatsächlich für die Nische bestimmt; Yilad sah noch, wie sie es auf dem Boden absetzten, drehten, dann wieder anhoben und an seinen richtigen Platz bugsierten.

Wenig später erreichten sie den Distributionsknoten, kenntlich an seinen silbern schimmernden, kannelierten Säulen. Hier fand sich tatsächlich ein Terminal. Nur ein Minimalgerät, aber vielleicht würde das ja reichen.

»Wir verraten damit, wo wir sind«, mahnte Yilad, ihren Signalgeber in der Hand.

Shrell sah aus ihren roten, lodernden Augen auf sie hinab. »Das müssen wir riskieren.«

Yilad schaltete das Terminal frei und überließ es Shrell dann, sah nur zu, wie sie Informationen abrief. Die Hologramme zitterten, flimmerten, aber immerhin, sie erschienen.

Shrell suchte tatsächlich zuerst nach Informationen über das Raumschiff der Fremden, den PHOENIX. Yilad beobachtete sie, versuchte, zu verstehen, was die legendäre Wüko-Leun antrieb.

Hegte sie etwa ... Rachegedanken? Weil es Artgenossen von Bull, dem Usurpator, waren?

Das wäre verständlich gewesen. Nicht klug, wahrscheinlich – aber verständlich.

»Der PHOENIX ist nicht mehr da«, stellte Shrell endlich fest. »Sie haben es geschafft, zu entkommen.«

»Das war zu erwarten, oder?«

»Ja, vielleicht.« Shrell klang, als hätte sie zuerst noch mehr sagen wollen, es sich dann aber verboten. Sie wischte die Holos weg, rief andere auf.

Plötzlich straffte sich ihr Körper, als stünde ein Kampf unmittelbar bevor. »Also doch«, stieß Shrell hervor. »Der Zyklonwall hat sich geöffnet.«

Yilad schnappte nach Luft. »Der Zyklonwall!«

»Er ist noch da, aber er ist durchlässig geworden. Das, was uns getroffen hat, waren Fronten einer dadurch verursachten Gravowelle. Und Admiralin Foersh hat alle Schiffe der Sternspitze angewiesen, nach 5-5-5 aufzubrechen und uns an der Rückeroberung des Sternwürfels zu hindern.« Sie beendete die Verbindung mit einer unwilligen Handbewegung. »Das heißt, der Endkampf hat begonnen.«

»Was tun wir als Erstes?«, fragte Yilad.

»Als Erstes brauche ich ein Raumschiff.«

 

*

 

Eine der Säulen war transparent und enthielt ein dreidimensionales Abbild des Steuermondes GRAVEN.1b. Yilad zeigte Shrell, wo sie sich befanden und wohin sie mussten. Das Steuerzentrum war nicht groß – es gab Raumschiffe, die größer waren –, aber um zu den Hangars zu gelangen, würden sie die gesamte Anlage durchqueren müssen. Und sie durften nicht gesehen werden.

Shrell war unzufrieden mit der Auskunft. »Das ist zu ungenau, um den Pentaferer zu benutzen.« Sie betastete die Füllanzeige des Geräts, mit dem sie sich aus dem Raumschiff der Fremden versetzt hatten. »Er schafft es höchstens noch einmal, uns beide zu transportieren. Und ich bräuchte genauere Koordinaten, als wir haben. Nein, es muss anders gehen.«

»Wir könnten versuchen, das Distributionssystem zu benutzen«, schlug Yilad vor. »Es wäre unbequem, aber ...«

Illustration: Dominic Beyeler

»Unwichtig«, unterbrach Shrell sie. »Wie würde das vor sich gehen?«

»Wir müssen hier hinab.« Yilad zeigte auf die Rampe, die sich zwischen den Säulen in die Tiefe schraubte. »Unten fahren die Transportboxen der Materialdistribution los. Und da im Moment kein Material transportiert wird ...«

»Ich verstehe. Also los, worauf warten wir?« Shrell setzte sich in Bewegung.

Unten stand eine ganze Reihe leerer Boxen bereit. Jede bot gerade genug Platz für eine von ihnen.

Yilad programmierte die ersten beiden so, dass sie den Hangarbereich anfahren würden, und warnte Shrell: »Wir müssen uns ducken. Es darf kein Teil des Körpers hinausragen, das wäre gefährlich. Die Schächte sind eng.«

»Mach schon!«, befahl Shrell und rollte sich in ihrer Box zusammen.

Yilad gab den Startbefehl und legte sich auf den Rücken. Sie hatte ausreichend Platz, aber für Shrell war es eng.

Die Boxen schossen los, viel schneller, als sie es erwartet hatte, hinein in totale Dunkelheit. Sie konnten nur hoffen, dass die Gravowelle die Distributionsschächte nicht so verformt hatte, dass sie irgendwo stecken blieben.

Sie atmete aus. Es hatte keinen Zweck, darüber in diesem Moment nachzudenken. Ja. Aber sie dachte eben darüber nach. Weil sie in einer Box lag, die in wildem Zickzack durch dunkle Schächte schoss, und weil sie nichts anderes tun konnte, als nachzudenken. Und weil sich zu sorgen immer noch besser war, als an Coyn denken zu müssen – an Coyn, der tot war, der ihr fehlte, dessen Tod war, als hätte man ihr den Nagezahn abgebrochen und ins Herz gerammt.

Aber sie durfte sich noch nicht ihrer Trauer hingeben, da sie für Shrell die Große da sein musste, Verantwortung trug für ihre Sicherheit. Es war richtig, sich an ihre Seite gestellt zu haben, mehr als das, es war eine gerechte Rache für das, was Foersh getan hatte, und Rache an Bull, der ihr die Unsterblichkeit verweigert hatte zugunsten eines Unbekannten, die Unsterblichkeit, die ihr zugestanden hätte!

Und die sie doch leichten Herzens hingegeben hätte, hätte sie dafür Coyn zurückbekommen.

Sie ratterten immer noch dahin, hielten an Kreuzungspunkten, beschleunigten wieder, wechselten automatisch auf andere Schienen, änderten die Bewegungsrichtung, wurden gedreht, abwärts bewegt, dann wieder aufwärts, und bisweilen fühlte es sich an, als bewegten sie sich im Kreis.

Bis die Box irgendwann endlich langsamer wurde, die Finsternis wich und eine andere Distributionsstation sich ihrem Blick eröffnete. Yilad kletterte aus ihrer Box, sah nach Shrell. Die erhob sich mühsam und schlecht gelaunt.

»Jetzt weiß ich wieder, warum ich die körperliche Existenz verabscheue«, sagte sie verdrossen. Sie nickte Yilad auffordernd zu. »Los! Der Gleichklang erwartet uns!«

Die gewaltigen Schläge hatten aufgehört, aber es lag immer noch eine Aufregung in der Luft, die sich fast greifen ließ. Immer wieder Alarmsignale verschiedenster Art. Aggregate, die auf höchster Belastungsstufe arbeiteten. Geräusche, wie sie Fahrzeuge, Roboter, Fluggeräte machten, die sich schnell bewegten.

Sie eilten die Rampe empor und fanden sich im Versorgungsbereich der Hangars wieder. Roboter eilten hin und her, ohne sie zu beachten, trugen Gegenstände aller Art, Kleincontainer, Ersatzteile, Werkzeuge. Manche Roboter waren beschädigt, schleppten sich nur dahin oder drehten sich, am Boden liegend, im Kreis.

Eine schmale Sichtluke ermöglichte es, in die Hangars zu blicken. Die meisten Plätze waren leer, aber ein Beiboot der SILLA-Klasse stand noch da. Es hieß ONTA-DUM, wie die Beschriftung verriet und die Anzeigetafel ebenfalls. Drei Roboter, zwei Wüko-Leun und ein Zha-Leun waren mit irgendwelchen Arbeiten daran beschäftigt; ihre Bewegungen verrieten Hast und Ungeduld.

»Was reparieren diese Narren da?«, murmelte Shrell unwillig. »Das da ist doch das Lebenserhaltungssystem für Langflüge. Hat das nicht Zeit?« Sie gab Yilad einen barschen Wink. »Mach auf! Wir nehmen das Schiff, wie es ist.«

Yilad hielt ihren Signalgeber gegen den Sensor, legte die pelzige Hand gegen die Tasterfläche, um das Schott zu öffnen.

Doch das Schott öffnete sich nicht. Stattdessen dröhnte ein Alarm los.

 

*

 

Yilad spürte, wie sich ihr Fell sträubte. Also war ihre Autorisierung doch gelöscht worden! Das hieß, man war bereits hinter ihnen her. Was ihr, auch wenn es unsinnig war, das Gefühl gab, versagt zu haben.

Und dazu diese Lautstärke! Unwillkürlich hatte sie ihre Hände an die Ohren gelegt.

Der Alarm hörte nicht auf. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die ersten Roboter auftauchten.

Durch die Sichtscheibe sah sie, wie der Zha-Leun sich umdrehte und sich auf allen zehn seiner dürren Extremitäten auf das Schott zu in Bewegung setzte. Sein feuerrotes Fell war lang und ungepflegt, seine Bewegungen verrieten Gereiztheit.

Vor der Sichtscheibe richtete er den schuppigen Oberkörper auf, betrachtete sie einen Moment und betätigte dann die Sprechanlage.

»Du bist Shrell«, stellte er fest.

»Ich bin Shrell«, bestätigte Shrell. »Und ich brauche dein Raumschiff.«

Der Zha-Leun machte die Zha'sche Geste der Verneinung und zog seine Waffe. »Es ist Befehl ergangen, dich in Gewahrsam zu nehmen.«

»Ist das so?« Shrell reckte den Kopf. »Und? Wirst du es tun?«

»Die Disziplin gebietet es«, erwiderte der Zha-Leun und hob eine weitere Extremität, um den Öffnungsmechanismus zu betätigen.

Shrell sah auf Yilad herab, ihre blutroten Augen schienen zu glühen. »Töte ihn!«, sagte sie halblaut.

»Was?«, rief Yilad voller Entsetzen. Das konnte sie unmöglich gehört haben. Das konnte Shrell unmöglich gesagt haben, nicht Shrell, die Gerechte der Agolei, nicht Shrell, die Bannerträgerin der Restauration ...!

Das Schott fuhr auf.

Im selben Moment schoss Shrell mit einer blitzschnellen Bewegung aus der Hüfte. Der Kopf des Zha-Leun zerplatzte in einer gelb-grünen Fontäne, und noch ehe sein Körper auf dem Boden aufschlug, hatte Shrell mit zwei weiteren Schüssen auch die beiden Wüko-Leun niedergestreckt.

Die drei Roboter standen starr. Es waren keine Kampfroboter, sondern simple Wartungsmaschinen. Sie hatten eine undefinierte Situation erkannt, also hielten sie inne und warteten auf Befehle.

»Fort mit euch!«, rief Shrell ihnen zu. »Verlasst den Hangar! So schnell wie möglich!«

Die Maschinen setzten sich folgsam in Bewegung und räumten rasch das Feld.

Yilad war entsetzt, nein, regelrecht geschockt. »Wieso?«, stieß sie hervor. »Wieso hast du das getan? Du hast drei Leun getötet, einfach so! Du hast ihnen damit jede Chance genommen, jemals im Gleichklang aufzugehen!«

Shrell beugte sich über den toten Zha-Leun, entriss seinem Brustgurt den Codegeber, der ihn für die ONTA-DUM auswies. »Es war notwendig«, sagte sie nur.

»Und Krashs Tod?«, brach es aus Yilad heraus. »War der auch ... notwendig?«

Krash, Shrells ehemaliger Adjutant, hatte sie sogar bei ihrem vollständigen Namen nennen dürfen! Was bei den Wüko-Leun die größte Ehre und das Zeichen höchster Vertrautheit darstellte, bedeutsamer noch als die Paarung. Und doch hatte Shrell ihn sterben lassen ...

Ich habe mir etwas vorgemacht, durchfuhr es Yilad. Shrell ist eine Fanatikerin. Sie ist kein bisschen besser als Foersh!

»Komm jetzt!«, befahl Shrell und setzte sich in Bewegung, auf das kleine Raumschiff zu.

 

*

 

Krash, ja. Shrell vergewisserte sich mit einem raschen Blick in die Wartungsöffnung, dass nichts fehlte, unbefestigt war oder ihr auf andere Weise in nächster Zeit Probleme bereiten würde, dann schloss sie die Luke. Es stimmte, im Prinzip hatte Krash ihr dieselben Vorwürfe gemacht. Ihr vorgehalten, sie habe sich verändert. Sei vom rechten Weg abgekommen. Selbstgerecht geworden. Dass sie das Brennende Nichts als Waffe eingesetzt hatte, darüber war er nie hinweggekommen.

Dabei hatte Krash nicht einmal die halbe Wahrheit gekannt.

Denn er hatte nichts von IHR gewusst. Natürlich nicht, wie auch?

Wahrscheinlich, dachte Shrell, wird nie jemand die Wahrheit erfahren. Die Wahrheit über SIE, deren Namen sie niemandem verraten konnte ...

2.

53 Jahre zuvor

Katakomben von Rugyra