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Nachdem der Riesenroboter OLD MAN gewissermaßen aus der Vergangenheit aufgetaucht ist, sitzt der Schock bei den Menschen tief - und jetzt kommen noch die Hypnokristalle als zusätzliche Bedrohung hinzu. Diese unheimliche Gefahr macht aus Menschen willenlose Sklaven. Die neue Bedrohung des Solaren Imperiums und aller intelligenten Wesen in der Milchstraße sprengt alle Vergleiche mit vorher Dagewesenem. Die Spur der Kristalle führt in die Große Magellansche Wolke. Perry Rhodan folgt der Spur in die Kleingalaxis. Dort entdeckt er die Kristallplaneten und jene Welten, auf denen die Kristalle für ihre verhängnisvolle Aufgabe programmiert werden. Terranische Kommandos gehen in den Einsatz, um die Gefahr für die Menschheit auszuschalten. Dabei stoßen sie auf die Rebellen von Magellan, auf die Gurrads. Und sie treffen auf die Perlians, die den Machthabern der Galaxis treu ergeben sind. Aber wer sind die unbekannten Drahtzieher im Hintergrund?
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Seitenzahl: 579
Veröffentlichungsjahr: 2011
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Nr. 35
Magellan
Nachdem der Riesenroboter OLD MAN gewissermaßen aus der Vergangenheit aufgetaucht ist, sitzt der Schock bei den Menschen tief – und jetzt kommen noch die Hypnokristalle als zusätzliche Bedrohung hinzu. Diese unheimliche Gefahr macht aus Menschen willenlose Sklaven. Die neue Bedrohung des Solaren Imperiums und aller intelligenten Wesen in der Milchstraße sprengt alle Vergleiche mit vorher Dagewesenem.
Die Spur der Kristalle führt in die Große Magellansche Wolke. Perry Rhodan folgt der Spur in die Kleingalaxis. Dort entdeckt er die Kristallplaneten und jene Welten, auf denen die Kristalle für ihre verhängnisvolle Aufgabe programmiert werden. Terranische Kommandos gehen in den Einsatz, um die Gefahr für die Menschheit auszuschalten.
Sollte sich eines Tages ein Kritiker hinsetzen und einen neuen schlauen Verriss der PERRY RHODAN-Serie schreiben, und sollte dieser Kritiker (a) tatsächlich einmal einen Roman gelesen haben, und (b) sogar in der Buchausgabe – dann würde er sich wahrscheinlich genüsslich diesen 35. Band der PR-Bibliothek nehmen und mit Lust zerpflücken. Man könnte ihm auch gar nicht böse sein, denn hier findet er leider so ziemlich alles, was der Serie immer wieder vorgeworfen wurde. Ich muss ehrlich gestehen, bei der Arbeit hieran ein kontinuierlich flaues Gefühl gehabt zu haben.
Es war der Zeitgeist, der terranische Raumsoldaten wie GIs auf fremde Welten abregnen ließ, um den bösen Feind zu stellen und zu zeigen, was eine Harke ist. Es ist auch klar, dass eine neue Gefahr nur dann glaubhaft ist, wenn sie drastisch geschildert wird und wenn man sich mit drastischen Mitteln gegen sie wehrt.
Dieses Buch ist also eher etwas für Leser, die die Action lieben, und weniger für jene, die in der PR-Serie eine Vision sehen möchten. Die große Geheimnisse aufgerollt haben möchten und den roten Faden lieben, dem die Menschheit folgen wird, um eines Tages mit Perry Rhodan ihre kosmische Bestimmung zu finden.
In Richtung Geheimnis und Exotik geht es im nächsten Band ein gutes Stück weiter, das zum Trost. Es kann bei den PR-Büchern nicht immer nur Highlights geben. Und das ist ganz richtig so.
Die diesem 35. Buch zugrunde liegenden Originalromane sind: Chaos über Modula und Kreuzfahrt durch Magellan von H. G. Ewers; Die Zentrale der Freischärler und Der Phantomsender von Conrad Shepherd; Operation Blitz von Clark Darlton und Zwischenfall im Tiger-Sektor von H. G. Ewers.
1971 – Perry Rhodan erreicht mit der STARDUST den Mond und trifft auf die Arkoniden Thora und Crest.
1972 – Mit Hilfe arkonidischer Technik Aufbau der Dritten Macht und Einigung der Menschheit.
1976 – Das Geistwesen ES gewährt Perry Rhodan die relative Unsterblichkeit.
1984 – Galaktische Großmächte versuchen, die aufstrebende Menschheit zu unterwerfen.
2040 – Das Solare Imperium ist entstanden. Der unsterbliche Arkonide Atlan taucht auf.
2326 – ES verstreut 25 Zellaktivatoren in der Galaxis; Jagd nach dem ewigen Leben. Rhodans wichtigste Mitarbeiter werden mit Aktivatoren ausgerüstet – Rhodan selbst und Atlan tragen bereits spezielle Zellaktivatoren.
2400/2 – Nach Friedensabkommen mit den Blues aus der galaktischen Eastside Entdeckung der Transmitterstraße nach Andromeda. Abwehr von Invasionsversuchen aus der Nachbargalaxis.
2404/6 – Direkter terranischer Vorstoß nach Andromeda und Begegnung mit den Tefrodern – wie die Terraner Nachkommen der Lemurer, die vor 50.000 Jahren die Milchstraße beherrschten. Die geheimnisvollen Herren Andromedas – die »Meister der Insel« – sind mit Zellaktivatoren ausgerüstete Überlebende aus jener Zeit. Als letzter von ihnen wird als »Faktor I« Mirona Thetin Opfer ihrer eigenen Machtgier.
2435
Ende August 2435, nach fast dreißig Jahren friedlicher Konsolidierung, wird das Solare Imperium durch das Auftauchen des Riesenroboters OLD MAN jäh überrascht. Der Gigant, vor mehr als 50.000 Jahren von Menschen als Geschenk an die Menschheit der Realzeit erbaut, zieht aus der Beobachtung eines Scharmützels zwischen Terranern und Kosmischen Freihändlern auf dem Planeten Rubin einen fatalen Fehlschluss. Er kommt zu der Folgerung, dass sich die Menschheit – infolge eines Sieges der Meister der Insel – aufgesplittert habe. Und für diesen Fall existiert eine uralte Programmierung mit dem Befehl: Angriff auf alle terranischen Einheiten, wo immer man sie trifft!
So beginnt OLD MAN mit seinen über 15.000 Ultraschlachtschiffen, sein ultimates Vernichtungsprogramm zu befolgen. Doch da erscheinen aus dem intergalaktischen Leerraum ebenso unverhofft die Werkzeuge einer anderen, unheimlichen Macht: die Kristallagenten. Es sind Ballungen winziger Hypnokristalle, die jeden geistig versklaven, der in ihren Bann gerät, selbst die über 50.000 Jahre alten Kommandogehirne von OLD MAN.
Die Kristalle übernehmen den Raumgiganten, der vorerst im System von Jellicos Stern Position bezogen hat und dort von 20.000 Einheiten der Solaren Flotte bewacht wird.
Vier Robotraumschiffe allerdings, besetzt mit geistig versklavten Terranern, haben Kurs auf die Große Magellansche Wolke genommen und werden von Perry Rhodan verfolgt. Die Stationen in der fremden Sternenballung sind Keegans Stern, der Planet Danger I, die Produktionsstätte der Kristallagenten, und danach Modula II, die zweite Welt von Keegans System. Ein Kommando unter Major Hole Hohle landet auf der Regenwelt, um deren Geheimnis zu erkunden. Hierher wurden die Kristalle von Danger I gebracht, und Hohles Männer finden heraus, dass sie auf Modula darauf programmiert werden, ihre Versklavungsmission antreten zu können.
Die Terraner treffen dabei, nachdem sie schon die »Generäle« und die Gurrads als die ehemaligen Beherrscher von Magellan kennenlernten, auf ein weiteres unbekanntes Volk – die Perlians. Und sie geraten mitten hinein in die Kämpfe zwischen Perlians und rebellischen Gurrads, die vom Weltraum aus angreifen. Am Ende sind sie Gefangene der Perlians in einer von deren Unterwasserstädten.
Mittlerweile sind die vier Ultraschlachtschiffe von OLD MAN in Keegans System eingetroffen, wo die CREST IV und die FRANCIS DRAKE, Roi Dantons Flaggschiff, auf Unterstützung durch einen starken terranischen Schiffsverband hoffen. So lange will Perry Rhodan aber nicht tatenlos abwarten, denn von Major Hohles Gruppe kommt kein Lebenszeichen mehr zur CREST.
Ein gequälter Ausdruck erschien auf Perry Rhodans Gesicht, als ihm die Ankunft Roi Dantons gemeldet wurde.
Atlan bemerkte es und lächelte ironisch.
Der Großadministrator sah den Arkoniden stirnrunzelnd an. Vorwurfsvoll sagte er: »Das Lächeln wird dir eines Tages vergehen, dann nämlich, wenn dieser verrückte Gauner dir das Fell über die Ohren zieht.«
Atlan winkte ab. Er lächelte noch immer.
»Er mag ein Gauner sein, aber er ist niemals ein Schurke, Perry. Ich halte ihn für eine gelungene Mischung zwischen Gentleman, Forscher und Händler.«
»Ich weiß«, gab Rhodan unwirsch zurück. »Du hast den Wunderknaben ins Herz geschlossen.« Um seine Mundwinkel zuckte die Andeutung eines Lächelns. »Leider habe ich ebenfalls eine Schwäche für ihn. Ich kann ihm einfach nie lange böse sein. Dabei hatte ich bisher immer geglaubt, meine Handlungen basierten auf streng logischen Überlegungen ...«
Am Doppeltor des Achsliftschachtes entstand Bewegung. Die beiden dort postierten Leutnants legten die Hände grüßend an die Schilder ihrer Dienstmützen.
Eine riesenhafte Gestalt im silbergrauen Kampfanzug erschien. Der Helm war zurückgeklappt und hing als schlaffes, kapuzenähnliches Gebilde auf dem Rücken, so dass man das Gesicht erkennen konnte.
Oro Masut, der ertrusische Leibwächter Roi Dantons, grinste über das ganze Gesicht. Gegen seine sonstige Gewohnheit führte er keinen Parfümzerstäuber bei sich, und er schrie auch nicht ein stereotypes »Platz für den König!«.
Oro Masut machte zwei Schritte und trat dann respektvoll zur Seite.
Der König der Freihändler von Boscyks Stern stieg aus dem Aufwärtsschacht.
Neben Atlan pfiff plötzlich Melbar Kasom durch die Zähne, brach aber nach einem verweisenden Blick seines Chefs sofort wieder ab.
Allerdings vermochten selbst Atlan und Rhodan ihre Überraschung kaum zu verbergen.
Roi Danton hatte alles Stutzerhafte abgelegt. Er trug einen schmucklosen Kampfanzug mit dem Emblem der Freihändler auf der Brust. Mit festem Schritt näherte er sich der Seite des Kartentisches, an der der Großadministrator saß. Oro Masut folgte ihm in etwa zwei Metern Entfernung.
Erst als der Freihändler näher kam, entdeckte Perry Rhodan den bekannten Zierdegen am breiten Waffengürtel.
Ganz hatte Danton also doch nicht auf seine antiquierte Ausrüstung verzichten wollen. Immerhin aber wusste Rhodan, dass der Degen einige geheime Ausrüstungsgegenstände enthielt, um die jeder Agent der Galaktischen Abwehr den Freihändler beneidet hätte.
Drei Schritte vor Rhodan blieb der Freihändler stehen und grüßte.
Seine Worte allerdings straften sein Äußeres Lügen.
»Bonjour, Messieurs!«, sagte er in dem singenden, näselnden Tonfall, der charakteristisch für seine Rolle als Stutzer aus dem Frankreich des 18. Jahrhunderts war. »Sie haben mich rufen lassen, und ich bin gekommen!«
Er neigte den Kopf in Rhodans Richtung.
»Grandseigneur! Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung.«
Mit kaum merkbarem Lächeln wandte er sich dem Lordadmiral zu.
»Sire! Es ist mir ein Vergnügen, Sie anzutreffen.«
»Bitte, nehmen Sie Platz!«, sagte Perry Rhodan knapp.
Die beiden Freihändler hatten inzwischen schon ihre Stammplätze am Kartentisch der Kommandozentrale, so dass sie nicht erst eingewiesen werden mussten. Sie ließen sich in ihre Sessel sinken.
Danton schnippte mit den Fingern, und Oro Masut überreichte ihm ein Bündel Plastikfolien.
Roi legte die Symbolstreifen auf den Tisch.
»Die Wissenschaftler an Bord der FRANCIS DRAKE schlagen vor, wir sollten versuchen, die Schwingungsfrequenz des von Major Hohle entdeckten Antimodulatorfeldes herauszufinden, das die hypnosuggestive Beeinflussung der Kristalle kompensiert. Dazu müssen wir wenigstens einen Antimodulatorprojektor in unseren Besitz bringen und genauestens untersuchen. Ich schlage deshalb vor, nicht erst auf das Eintreffen der hundert terranischen Schiffe zu warten, sondern sofort ein Kommandounternehmen nach Modula II zu entsenden. Vielleicht gelingt es diesem Unternehmen auch, Major Hohle und seine Leute zu finden und zu retten.«
Atlan und Rhodan wechselten einen raschen Blick. Major Tschai Kulu, ein großer Afroterraner und Kommandant der Dritten Beibootflottille, grinste.
»Die Wissenschaftler der CREST IV kamen zum gleichen Ergebnis«, sagte der Großadministrator bedächtig. »Für unseren Kampf gegen die Hypnokristalle und ihre Herren ist es eminent wichtig, herauszufinden, welche Art von Energiefeld die Eigenschaft besitzt, die natürlichen Ausstrahlungen der Kristalle zu kompensieren. Wenn uns das gelingt, dürfte es nicht mehr schwer sein, gleichwertige Feldprojektoren zu entwickeln.«
»Wir sind uns also im Prinzip einig«, stellte Danton fest. »Wie denken Sie über meinen Vorschlag, einen Kommandotrupp auf Modula II abzusetzen?«
Perry Rhodan sah den Chef der Dritten Beibootflottille fragend an.
»Major ...?«
»Die KC-31 steht startbereit und mit voller Ausrüstung im Schleusenhangar!«, meldete der Major.
»Danke!«
Rhodan blickte zum Chef des Landungskommandos.
»Captain Alcara ...?«
»Das Spezialkommando von neunundneunzig Mann wartet abrufbereit im Bereitstellungsraum 3001, Sir.«
Rhodan bedankte sich und blickte wieder zu Roi Danton.
»Mit Ihnen, Masut, Kasom und mir wären das genau 103 Mann, die zur Stammbesatzung der KC-31 hinzukämen, Monsieur Danton. Das heißt, falls Sie bereit sind, uns bei diesem Unternehmen zu begleiten.«
Sekundenlang malte sich Überraschung auf Dantons Zügen, dann hatte der Freihändler sich wieder gefasst. Er lachte trocken.
»Mein Kompliment, Grandseigneur! Bitte, verfügen Sie über mich. Ich habe das Kommando über die FRANCIS DRAKE bereits an Rasto Hims übergeben und ihm befohlen, sich dem Oberkommando des edlen Lordadmirals zu unterstellen.«
Nun war die Reihe, überrascht zu sein, an Perry Rhodan.
Er beugte sich weit vor.
»Woher wussten Sie, dass Atlan als Kommandeur der beiden Raumschiffe zurückbleiben soll?«
Roi lächelte hintergründig.
»Einer von Ihnen beiden muss zurückbleiben, Grandseigneur. Und da Sie selbst in der Rolle des passiv Abwartenden keine glückliche Figur machen würden ...«
Rhodan errötete.
Alcara, Kulu und sogar Atlan aber mussten unwillkürlich lachen. Dieser Freihändler hatte das Temperament des Großadministrators wieder einmal treffend definiert.
Als sich Perry Rhodan räusperte, kehrte wieder Ruhe ein.
Er verzichtete darauf, einen Kommentar zu Dantons Bemerkung zu geben. Er machte ein völlig ernstes Gesicht, und nur ein kurzes Funkeln im Hintergrund seiner Augen bewies seinem Sohn Michael – alias Roi Danton –, dass der Vater den Seitenhieb gegen seine Angewohnheit, die gefährlichsten Unternehmungen meist persönlich auszuführen, mit Humor hingenommen hatte.
»Wir brechen in einer halben Stunde auf, meine Herren«, gab Rhodan bekannt. »Atlan, du übernimmst auch das Oberkommando über die hundert angeforderten Schiffe, sobald sie eintreffen. Wenn sich Major Hohle noch einmal melden sollte, unterrichtest du ihn von unserem Unternehmen. Aber ich fürchte, das plötzliche Abbrechen der Hyperfunkverbindung weist darauf hin, dass Hohles Space-Jet zerstört wurde – kein Wunder bei dem schweren Bombardement, das auf den betreffenden Raumhafen niedergegangen ist.«
Er erhob sich.
»Hoffentlich leben die Leute wenigstens noch!«
Major Tschai Kulu flog die KC-31 selbst, da es sich um das Flaggschiff seiner Korvetten-Flottille handelte.
Seine größte Sorge waren noch immer die vier Ultraschlachtschiffe von OLD MAN. Wenn die Korvette von ihnen geortet würde, wäre sie so gut wie verloren. Im günstigsten Fall konnte die Flucht in den Linearraum gelingen, doch dann würden die Robotschiffe gewarnt sein und dem terranischen Kommandotrupp bestimmt keine zweite Chance geben, auf Modula II zu landen.
Doch dann geschah etwas, das die Aufmerksamkeit der feindlichen Ortungszentralen von der KC-31 wirkungsvoll ablenkte. Etwa dreihundert Birnenraumschiffe der Guerillas, der »Gurrads«, wie die Löwenmenschen sich nach den Angaben von Major Hohle selbst nannten, warfen sich den zurückgekehrten Robotschiffen entgegen.
Aber im Unterschied zu ihrem ersten Angriff wurden sie nicht mehr durch das Überraschungsmoment unterstützt.
Schaudernd beobachteten die Männer in der Korvettenzentrale, wie sich die vier Ultragiganten zu einem dichten Pulk zusammenschlossen und, aus allen Transformgeschützen feuernd, gegen die Gurrad-Schiffe vorrückten. Das Feuer der Gigasalven wirkte wie ein gewaltiger Halbkreis explodierender Sonnen, der sich in gleichbleibender Entfernung vor den Robotschiffen herschob.
Die erste Formation der Birnenraumschiffe konnte nicht mehr ausweichen. Die Schiffe vergingen in dem gigantischen Explosionsring. Die anderen schossen gleich silbern schimmernden Tropfen davon, kurvten teils über den vier Robotraumschiffen, teils versuchten sie, den Gegner zu umgehen und ihn von hinten anzugreifen.
Es war, als wollte ein Mückenschwarm in einen Hochofen vordringen. Die Ultraschlachtschiffe des Riesenroboters OLD MAN legten eine Kugelschale von Transformexplosionen um sich. In diesem Glutwall verdampfte jedes angreifende Raumschiff.
Innerhalb weniger Minuten hatten sich die Reihen der Guerillaschiffe beträchtlich gelichtet. Die anderen flüchteten in panischer Hast, von Besatzungen gesteuert, die halb wahnsinnig vor Furcht waren, gelähmt von dem Grauen, das sie hatten mit ansehen müssen.
Perry Rhodan hatte den Kampf mit zusammengepressten Lippen beobachtet. Sein Gesicht war sehr blass geworden. Er musste daran denken, dass in den Gurradschiffen potentielle Freunde der Menschheit gesessen hatten und dass es Menschen gewesen waren, die mit den Erzeugnissen menschlicher Technik zugeschlagen hatten – zwar hypnosuggestiv beherrschte Menschen, aber eben doch die eigenen Leute.
Aber diese Raumschlacht hatte es der KC-31 ermöglicht, unbemerkt von den Robotschiffen den Planeten Modula II anzufliegen.
Doch auch dort tobte der Kampf.
Hatten die Birnenraumschiffe der Gurrads anfänglich gute Erfolge erzielt, weil sie die Abwehr des Planeten überraschen konnten, so wurden ihre Landeanflüge nun mehr und mehr zerschlagen. Ununterbrochen blitzten die Schüsse der Planetenforts auf, stürzten sich Robotbomben auf die Angreifer und dezimierten ihre Reihen.
Todesmutig steuerten die Piloten der Gurrads ihre Schiffe durch das Abwehrfeuer. Sie ließen ihre birnenförmigen Giganten senkrecht durch die Atmosphäre fallen und fingen sie erst wenige hundert Meter über dem Boden wieder auf. Ihre Bordgeschütze schossen die meisten der anfliegenden Robotbomben ab. Dennoch erzielten die Planetenforts zahlreiche Treffer. Trümmer regneten torkelnd herab und bedeckten viele Quadratkilometer Land. Auf die Schiffe, denen eine ordnungsgemäße Landung gelang, konzentrierte sich sogleich das Feuer der Bodentruppen.
Doch auch die planetare Abwehr erlitt starke Verluste. Zu Tausenden schlugen die Raketenbomben und Energieschüsse der Guerillas unten ein. Die Rauchpilze atomarer Explosionen schossen bis in die Stratosphäre, glutflüssige Schmelze breitete sich an manchen Stellen des Bodens aus, Munitionsdepots flogen in die Luft, und oft wurde der Boden von Atomexplosionen drei- und vierfach umgewühlt.
»Es ist fast ein Wunder, dass die da unten sich überhaupt noch wehren können«, bemerkte Major Tschai Kulu grimmig.
»Roboter!«, entgegnete Roi Danton. »Die Besatzungen der Forts bestehen meiner Ansicht nach aus Robotern, und nur ein Volltreffer kann diese Kampfmaschinen ausschalten. Menschen hätten längst den Verstand verloren.«
»Ich fliege jetzt in die Atmosphäre ein«, gab Tschai Kulu bekannt.
»Einverstanden«, sagte Rhodan.
Die Triebwerksaggregate der KC-31 steigerten ihren Arbeitslärm, als die Korvette die wahnwitzige Geschwindigkeit herabsetzte.
Dann stieß das Kugelschiff mitten in das Chaos über Modula II hinein.
»Ich muss wahnsinnig gewesen sein, diesem Plan zuzustimmen!«
Atlan presste stöhnend die Fäuste gegen die Schläfen und starrte mit feuchten Augen auf den Spezialbeobachtungsschirm vor seinem Platz, auf dem die KC-31 als runder, grüner Ortungsreflex zu erkennen war. Die unregelmäßig geformten Flecke und Spiralen in unmittelbarer Nähe der Korvette deuteten die Energieausbrüche auf und dicht über dem Planeten Modula II an.
Unsinn! Rhodan hätte sich auch durch massiven Widerstand nicht von seinem Vorhaben abhalten lassen!
Es war der Logiksektor seines vor mehr als zehntausend Jahren irdischer Zeitrechnung aktivierten Extrahirns, der zu ihm »gesprochen« hatte.
Der Arkonide beruhigte sich wieder etwas.
Immerhin verfügt die KC-31 nicht nur über bessere Waffen und Triebwerke als die Guerillaschiffe, sondern auch über den Hochenergie-Überladungsschirm.
Atlan drückte auf die Aktivierungstaste des Interkoms.
Auf dem kleinen Bildschirm erschien das vierkantige Gesicht von Oberst Merlin Akran, des Kommandanten der CREST IV.
»Halten Sie sich zu einem Blitzmanöver bereit, Oberst!«, befahl Atlan. »Unter Umständen müssen wir im Linearraum bis dicht über die Oberfläche des Planeten vorstoßen und der KC-31 Feuerschutz geben!«
»Blitzmanöver ist vorbereitet, Sir«, entgegnete der Epsaler wie beiläufig. »Die Steuerpositronik der FRANCIS DRAKE wurde zu diesem Zweck simultan geschaltet.«
Einen Moment starrte ihn der USO-Chef verblüfft an, dann lachte er rau.
»Danke, Oberst!«, sagte er knapp.
Er schaltete ab und wunderte sich, dass die Ruflampe im nächsten Augenblick rot aufglühte. Gleichzeitig schrillte der Interkommelder in höchstem Diskant.
Höchste Dringlichkeitsstufe!
Unwillkürlich blickte Atlan auf das Hyperortungsschild der Korvette. Aber dort hatte sich nichts geändert. Die KC-31 war dabei, in die obersten Schichten der wasserdampfgesättigten Atmosphäre einzutauchen.
Ganz mechanisch schalteten seine Hände das Bildsprechgerät ein; seine Kehle und sein Mund reagierten ebenfalls ohne bewusste Willensanstrengung.
»Atlan!«
»Hier Ortung, Major Konitzki, Sir! Ein Verband von etwa hundert Raumschiffen unterschiedlicher Größenordnung ist vor anderthalb Minuten aus dem Linearraum aufgetaucht.«
Der Arkonide holte tief Luft.
Das konnte nur der erwartete terranische Schiffsverband sein!
»Danke, Major!«, schrie er.
Es klang wie ein Triumphschrei.
Er schaltete um auf die Funkzentrale.
»Major Wai! Verlangen Sie Identifikation und Parole von aufgetauchten Schiffen!«
Wai Tongs Gesicht verschwand einen Augenblick aus dem Aufnahmesektor des Interkoms, dann tauchte es wieder auf.
»Identifikationssymbolspruch läuft soeben ein, Sir. Soviel ich bis jetzt sehen kann, handelt es sich um den 82. Gemischten Stabilisierungsverband!«
Erneut verschwand sein Gesicht nach der Seite. Als es wieder auftauchte, war das übliche verbindliche Lächeln Wai Tongs einem befreiten Grinsen gewichen.
»IDs positiv, Sir. Parole ebenfalls. Zusatzspruch lautet: ›Kleiner Adler‹. – Das ist der ›Heitere‹, Sir!«
»Danke, Major«, erwiderte Atlan mit undurchdringlichem Gesicht.
Aber nachdem er abgeschaltet hatte, ließ er seine künstliche Beherrschung fallen. Er atmete tief auf, dann rief er durch die Zentrale, so dass sämtliche anwesenden Offiziere es ebenfalls hören mussten:
»Verlassen Sie den Ortungsschutz der Sonne, Oberst! Der 82. GSV unter General Kastori ist soeben eingetroffen!«
Er lächelte still vor sich hin, als die Männer – je nach Temperament – ihrer Freude mehr oder weniger lautstark Ausdruck gaben.
General Kastori – oder der »Heitere«, wie er offiziell genannt wurde – war einer der fähigsten und erfahrensten Flottenkommandeure des Solaren Imperiums. Nur 1,58 Meter groß, schmächtig gebaut und mit einem riesigen Kahlkopf, wirkte er meist wie ein allzeit vergnügter und optimistischer Pensionär, der genügend Geld besaß, um sich ein angenehmes Leben ohne Arbeit leisten zu können. Dieser Eindruck täuschte allerdings gewaltig – und es gab niemanden an Bord der CREST IV, der das nicht wusste.
Hinzu kam, dass der 82. GSV einer der berühmtesten Eliteverbände der Solaren Flotte war.
Atlan spürte, wie die Schiffszelle vibrierte, als die Triebwerke auf maximale Leistung hochgeschaltet wurden. Es kostete einen ungeheueren Energieaufwand, aus dem unmittelbaren Anziehungsbereich der Sonne herauszukommen.
Auf den Panoramabildschirmen war die beschleunigende FRANCIS DRAKE zu erkennen.
Drei Minuten später kam die erste Hyperkomverbindung zwischen dem Flaggschiff der Solaren Flotte und der VESPASIAN, Kastoris Flaggschiff, zustande.
Atlan blickte in die großen blauen Augen des »Heiteren«.
Ems Kastori erstattete vorschriftsmäßig Meldung. Lachend fügte er hinzu:
»Wie ich sehe, sind wir noch rechtzeitig gekommen, Sir. Welche Befehle haben Sie?«
Atlan brauchte nicht lange zu überlegen. Er wusste, dass der 82. GSV aus fünfzig Leichten Kreuzern der Städteklasse, dreißig Schlachtkreuzern, fünfzehn Superschlachtschiffen der Imperiumsklasse und fünf Ultraschlachtschiffen der Galaxisklasse bestand.
»Lassen Sie Ihre Ultra- und Superschlachtschiffe einen Riegel zwischen den vier Robotschiffen OLD MANS und dem zweiten Planeten errichten. Den Rest des Verbandes setzen Sie zur Deckung des Anfluges der KC-31 ein, mit dem der Großadministrator den zweiten Planeten angesteuert hat. Nach eigenem Ermessen kann dabei Wirkungsfeuer auf erkannte feindliche Abwehrforts, Industrieanlagen und Konzentrierungen von robotischen Bodentruppen eröffnet werden. Gegenüber den fremden Birnenraumschiffen aber müssen Sie sich unbedingt passiv verhalten!«
»Habe verstanden, Sir. Aktion läuft an.«
Kurz darauf meldeten die Ortungszentralen der CREST und der DRAKE, dass die vier Ultragiganten von OLD MAN den beiden Schiffen den Weg abzuschneiden versuchten.
Gleich darauf blähten sich vor den heranrasenden vier Robotschiffen Hunderte künstlicher Sonnen auf. Die fünf Ultraschlachtschiffe und fünfzehn Raumer der Imperiumsklasse unter General Kastori schossen Sperrfeuer aus ihren Transformgeschützen.
Dicht vor dem Feuerriegel konnten die vier Giganten ihre Fahrt aufheben und zum Wendemanöver ansetzen. Ebenfalls aus allen Transformgeschützen feuernd, zogen sie sich zögernd zurück.
Kastoris Schiffe folgten ihnen in gleichbleibendem Abstand.
Atlan nickte befriedigt.
Der »Heitere« verhielt sich absolut richtig. Er wollte ja die Robotschiffe nicht vertreiben, sondern nur von Modula II fernhalten, damit sie seinen Schiffen nicht gefährlich werden konnten.
Der Arkonide befahl das Annäherungsmanöver an Modula II. Nach einer kurzen Linearetappe kehrten die CREST und die FRANCIS DRAKE im gerade noch zulässigen Sicherheitsabstand nahe dem Planeten in den Normalraum zurück. Im nächsten Augenblick erschienen auch die restlichen achtzig Raumschiffe des 82. GSV. Als die Schiffe bis auf 1000 Kilometer an Modula II herangekommen waren, eröffneten sie das Feuer.
Ein gewaltiger Feuerschlag aus leichten Transformkanonen, Desintegratoren und Impulsgeschützen deckte die Abwehrstellung auf dem großen Äquatorkontinent ein. Der Verband schwärmte aus. Einzeln griffen die Leichten Kreuzer und die Schlachtkreuzer die erkannten Planetenforts an und kämpften sie in erbitterten Gefechten nieder.
Der Lordadmiral überlegte bereits, ob er – entgegen der Abmachung mit Perry Rhodan – nicht doch den Landebefehl geben sollte, als etwas geschah, das nicht nur diesen Plan, sondern auch alle anderen Pläne wieder umstieß.
Atlan verfolgte das Geschehen durch die Sondenfernortung.
Vier grünlich leuchtende, kompakte Kristallkugeln von jeweils exakt vierhundert Metern Durchmesser, deren natürliche Fähigkeiten künstlich verstärkt worden waren, stießen durch die aufgewühlte Wasserdampfatmosphäre von Modula II. Mit hohen Beschleunigungswerten rasten sie in den freien Raum.
Die Energieortung registrierte die typischen Emissionen von Antigravitations- und Traktorstrahlprojektoren.
Gleichzeitig empfingen die Funkzentralen der terranischen Schiffe kodierte Hyperfunksymbole. Die Bordpositroniken der CREST IV und der FRANCIS DRAKE begannen sofort mit der Entschlüsselung und leiteten den erkannten Kode weiter an die Dekodiermaschinen der Funkzentralen.
Noch bevor der entschlüsselte Text der geheimnisvollen Funksprüche vorlag, erreichte eine andere Meldung das Flaggschiff der Solaren Flotte.
Die vier Ultraschlachtschiffe von OLD MAN hatten Fahrt aufgenommen und flogen mit einer Beschleunigung von nahezu siebenhundert Kilometern pro Sekundenquadrat ein Umgehungsmanöver, das sie über die eine Flanke von Kastoris schwerem Verband hinausbringen musste.
Atlan ließ sich mit der Kybernetischen Auswertungszentrale verbinden.
Die Froschaugen des Chefmathematikers Dr. Josef Lieber starrten ihm von dem kleinen Interkombildschirm scheinbar desinteressiert entgegen.
»Analysieren Sie die letzten Feindbewegungen!«, befahl Atlan. »Ich möchte wissen, ob zwischen dem Start der Kristallballungen von Modula II und dem Umgehungsmanöver der Robotschiffe ein Zusammenhang besteht!«
Dr. Lieber legte den Kopf schief.
»Lassen Sie mich bitte nachdenken, Sir!«
Er presste die Fingerspitzen gegeneinander und schloss die Augen, wodurch sein Gesicht beinahe menschliche Züge erhielt. Vorher hätte man Josef Lieber für ein extraterrestrisches Scheusal halten können.
Der Arkonide musste sich gewaltsam bezwingen, um den Chefmathematiker nicht anzuschreien.
Dr. Lieber schien nicht daran zu denken, eine kybernetisch fundierte Analyse zu erarbeiten. Statt dessen verließ er sich offenbar auf seine Intuition, einen Geistesblitz, der bei der Schnelligkeit der Ereignisse draußen im Raum äußerst fragwürdig sein musste.
Aber Atlan kannte den Mathematiker inzwischen. Er wusste, dass Dr. Lieber niemals etwas Sinnloses tat. Aus diesem Grunde wartete er, wenn auch mit steigender Ungeduld.
Aus dem Interkomlautsprecher drang ein schnalzender Laut.
Ruckartig hob Dr. Josef Lieber den Kopf. Seine Finger glitten über eine Schalttastatur, die Atlan verborgen blieb.
Als sich der Blick des Chefmathematikers wieder auf den Lordadmiral richtete, erschrak Atlan fast vor der Kälte, die aus den hervorquellenden Augen strahlte.
»Nun ...?«, fragte er beklommen.
»Es ist mit einem baldigen Kurswechsel der Robotschiffe zu rechnen. Die Perlians von Modula II sind offensichtlich nicht durch die schweren Angriffe auf den Planeten zermürbt worden. Sie haben erkannt, dass sie das aufbereitete Material in Sicherheit bringen müssen. Folglich werden die Robotschiffe alles daransetzen, die Kristallballungen im Raum zu treffen und aufzunehmen.«
Der Arkonide fuhr erschrocken zurück.
»Wissen Sie, was das bedeutet, Doktor Lieber?«
Josef Lieber rieb sich die Augen.
»Einen bevorstehenden Großangriff auf die Menschheit, Sir. Ich schlage vor, die vier Ultraschlachtschiffe von OLD MAN und die vier Kristallballungen sofort zu vernichten.«
Atlan war es, als griffe eine eiskalte Hand nach seinem Herzen.
»Sind Sie wahnsinnig?«, ächzte er. »Auf den Schiffen befinden sich Terraner!«
Der Mathematiker seufzte.
»Wissen Sie eine bessere Lösung, Sir?«
Wortlos unterbrach Atlan die Verbindung.
Er stand auf und überlegte.
Es gab keine Möglichkeit, der Verantwortung zu entgehen. Er musste sich entscheiden – und zwar schnell.
Langsam kehrte er an seinen Platz zurück, ließ sich in die Konturpolster sinken und schloss die Augen.
»Hyperfunksymbole dekodiert, Sir«, klang wie aus weiter Ferne die Stimme des Cheffunkers aus dem Interkomlautsprecher. »Es handelt sich um Befehle an die vier Robotschiffe OLD MANS, die vier Kristallballungen aufzunehmen und anschließend auf Zielkurs zu gehen.«
Atlan schrak wie aus einer Trance auf. Seine Rechte tastete sich zur Schaltleiste des Hyperkomanschlusses.
»Blitzverbindung mit der VESPASIAN, General Kastori!«, befahl er.
Seine Stimme erschien ihm fremd, als hätte nicht er, sondern ein anderer seine Gedanken ausgesprochen.
Während er auf die Blitzverbindung wartete, wog er noch einmal das Für und Wider von Liebers Vorschlag ab.
Besaß er – oder ein anderer – überhaupt das Recht, einen Befehl zu erteilen, der Hunderte von Terranern zum sicheren Tod verurteilte?
Musste man nicht vielmehr die Versklavung von Millionen oder Milliarden Menschen in der heimatlichen Galaxis riskieren, anstatt den Vernichtungsbefehl für die menschlichen Besatzungen der vier Robotschiffe zu erteilen?
Waren diese versklavten Raumfahrer nicht völlig unschuldig daran, dass sie praktisch gegen ihr eigenes Volk kämpften? Durften Unschuldige zum Tode verurteilt werden?
Er stöhnte. Es war ihm, als müsste er ersticken. Mit zitternden Fingern riss er den Magnetverschluss seines Kampfanzuges auf.
Ein flackerndes Rufzeichen brachte ihn wieder zur Besinnung.
»Ihre Blitzverbindung mit der VESPASIAN; General Kastori am Hyperkom, Sir!«, schallte es aus dem Lautsprecher.
»Durchhalten!«, befahl der Arkonide.
Es klickte, dann sah das Abbild des Generals von der Bildscheibe herab.
»Sir ...?«
Atlan unterrichtete ihn über die veränderte Lage.
»Ich sehe keine andere Möglichkeit, die Menschheit vor dem drohenden Untergang zu bewahren, als die versklavten Besatzungen der vier Ultraschlachtschiffe zu opfern, General«, schloss er.
Ems Kastoris Lächeln war wie weggewischt.
Der General zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde mit der Antwort.
»Es gibt keine andere Möglichkeit, Sir. Ich greife an. Aktionsbeginn in sieben Minuten!«
Damit schaltete der General ab.
Atlan saß sekundenlang wie erstarrt, dann rief er den Kommandanten der CREST IV über Interkom an und erteilte ihm seine neuen Befehle.
Während der gesamte 82. Gemischte Stabilisierungsverband sich im freien Raum zum Angriff formierte, näherten sich die vier Ultragiganten OLD MANS den Kristallkugeln bis auf Traktorstrahlreichweite.
Gleichzeitig trat eine neue Schwierigkeit auf.
Etwa hundert Birnenraumschiffe der Gurrads hatten die Kristallballungen verfolgt und lagen nunmehr genau im geplanten Angriffskurs des 82. GSV.
General Ems Kastori blieb nichts anderes übrig, als seinen Angriffsplan innerhalb von Sekunden umzustoßen und zu improvisieren. Mit seinem Flaggschiff VESPASIAN und den anderen vier Riesen der Galaxis-Klasse löste er sich aus dem geschlossenen Verband und raste auf die Reihen der Birnenraumschiffe zu. Die fünfzehn Superschlachtschiffe der Imperiumsklasse folgten etwas langsamer und relativ zu den Ultragiganten nach unten versetzt.
An Bord der VESPASIAN wurde inzwischen in hektischer Eile ein Symbolprogramm vorbereitet und auf der Hyperfunkfrequenz der Gurrads abgestrahlt. Die Bildsymbole würden auf den Empfangsschirmen der Birnenschiffe erscheinen und ihren Kommandanten klarmachen, dass die anfliegenden terranischen Schiffe nicht sie angreifen wollten, sondern den gemeinsamen Feind – und dass es besser wäre, wenn sie schnellstens auswichen.
Es konnte nie einwandfrei geklärt werden, ob die Kommandanten der Guerillaschiffe die Symbolbotschaft verstanden oder nicht. Tatsache war, dass ihre Schiffe sich überstürzt vor den heranrasenden terranischen Einheiten zurückzogen – aber das konnte auch von der Furcht bestimmt sein, vernichtet zu werden.
General Kastori kümmerten die Motive der Gurrads im Augenblick nicht. Für ihn war es einzig und allein wichtig, freie Bahn für den Angriff auf die Kristalle und die Robotschiffe OLD MANS zu bekommen. Die Zeit drängte, denn unterdessen hatten die vier Ultragiganten die Kristallkugeln durch Traktorstrahlen fest an sich gekettet. Jede Sekunde konnten sie mit dem Verlademanöver beginnen.
»Ausschwärmen!«, befahl Kastori, als die Robotschiffe Sperrfeuer zu schießen begannen.
Seine fünf Einheiten der Galaxisklasse zogen sich zu einer leicht nach innen gekrümmten, weit auseinandergezogenen Kette auseinander. In drei Millionen Kilometern Abstand folgten die fünfzehn Superschlachtschiffe, leicht nach unten versetzt, und in zehn Millionen Kilometern Entfernung zogen die zu Fünferpulks gruppierten Kreuzer steil nach oben.
Ungerührt beobachtete der »Heitere«, wie die grell leuchtenden Kunstsonnen des feindlichen Sperrfeuers immer näher an seinen Schiffen lagen. Er hielt das Mikrophon der Hyperkomanlage in der Faust und wartete auf den entscheidenden Augenblick.
»Falken an Adler«, ertönte es aus dem Hyperkomlautsprecher. »Höhe X und Y erreicht, beginnen mit Horizontalflug.«
»Adler an Falken!«, sagte Kastori ruhig. »Beginnen mit Paukenschlag. Ende!«
Das war gleichzeitig das vereinbarte Signal für die Kommandanten der fünf Ultraschlachtschiffe. Die Riesengebilde verzögerten und ließen die Gruppe der »Geier« – die fünfzehn Superschlachtschiffe – unter sich vorziehen.
Notgedrungen verlagerten die Robotschiffe ihr Sperrfeuer teilweise an diese Stelle.
Darauf aber hatte General Kastori nur gewartet.
»Pauke, Pauke!«, schrie er in sein Mikrophon.
Die VESPASIAN machte einen ungeheuren Satz nach vorn, als die Triebwerke mit hundertzehn Prozent belastet wurden. Das ganze Schiff bebte. Aber eine Überlastung von zehn Prozent ließ sich kurzfristig ertragen.
Alle fünf Einheiten stießen durch das spärlicher gewordene Sperrfeuer und rasten zwischen den Robotschiffen hindurch, während ihre Transformgeschütze Salve auf Salve abfeuerten.
Einige Sekunden lang war der Gegner verwirrt. Bevor er begriff, was geschah, explodierte eines der Ultraschlachtschiffe OLD MANS. Die Männer auf den anderen Schiffen schlossen geblendet die Augen.
Dann waren die »Adler« hindurch.
Jenseits der gegnerischen Formation schwenkten drei der Schiffe nach Backbord und zwei nach Steuerbord. Sie rasten auf einer Ellipsenbahn zurück und beschossen nunmehr die restlichen drei Robotschiffe von zwei Seiten zugleich.
»Adler an Falken«, sprach Kastori ins Mikrophon, »Deckel schließen!«
»Verstanden!«, antwortete der Führer der Kreuzer. »Deckel wird geschlossen.«
Kurz darauf senkte sich der »Deckel« aus Gigaexplosionen rasend schnell auf die »Pfanne« herab, deren »Boden«, von den fünfzehn Superschlachtschiffen und deren »Rand« von den fünf Ultragiganten des 82. GSV gebildet wurde.
Die drei Robotschiffe mit ihren Kristallen saßen in der Falle.
Aus großer Überhöhung stürzten fünfzig Leichte Kreuzer und Schlachtkreuzer herab.
Unterdessen jedoch hatten auch die Robotschiffe Fahrt aufgenommen. Sie schossen mit einer Beschleunigung von etwa sechshundert Kilometern pro Sekundenquadrat aus dem Sonnensystem hinaus und zogen die Kristallkugeln innerhalb ihrer HÜ-Schirme hinter sich her.
Der General fragte sich, warum keiner der Männer drüben und keine Positronik auf den Gedanken kam, mit den Kristallkugeln im Schlepp in den Linearraum zu gehen. Wahrscheinlich, folgerte er, lag das daran, dass von Modula II noch keine entsprechenden Befehle eingegangen waren. Hier offenbarte sich die Schwäche eines Gegners, der seine Schiffsbesatzungen aus Hypnosklaven rekrutierte.
Längst waren die Bildschirme der Panoramagalerie auf Impulserfassung umgeschaltet worden. Die Tausende und aber Tausende riesiger Kunstsonnen hätten die Männer trotz der Polarisationsfilter geblendet. Von den Navigationspositroniken gelenkt, rasten die Schiffe mit einer Beschleunigung von siebenhundert Kilometern pro Sekundenquadrat durch den Raum. Sie mussten mit den drei Robotraumern Schritt halten und gleichzeitig in ihren Kampfpositionen verbleiben. Die schwerste Aufgabe oblag den fünf Giganten der Galaxisklasse, denn sie hatten ihre Ellipsenbahnen exakt einzuhalten.
Nach einer halben Minute explodierte das zweite Robotraumschiff. Eine Viertelminute später das dritte und dann das vierte.
Die Wasserfläche des großen Urmeeres war getrübt von aufgewirbeltem Schlamm. Ölflecken, Trümmer und Tote kennzeichneten die Stellen, an denen das Bombardement der Gurrads die unterseeischen Städte der Perlians getroffen hatte.
Und immer wieder stießen die Birnenraumschiffe der Guerillaflotte bis dicht über die Wasseroberfläche herab und schossen ihre Raketenbomben ab.
In die relativ leichten Explosionen brennender Kraftwerke und Versorgungsdepots mischten sich die gigantischen Glut- und Wasserdampfsäulen explodierender Kernbomben.
Major Tschai Kulu steuerte die KC-31 mit geradezu schlafwandlerischer Sicherheit zwischen den Explosionssäulen hindurch. Die Korvette huschte dicht über den aufgewühlten Ozean dahin; ab und zu leckten die Gischtzungen an ihrer Unterseite.
»Haben Sie schon bemerkt, dass die überwiegende Anzahl der Fernraketen und Bomben auf die Unterwasserstädte abgefeuert werden, Sir?«, fragte Melbar Kasom.
Perry Rhodan nickte.
»Die Gurrads müssen die Perlians fanatisch hassen. Jeder Flottenoffizier Terras könnte sich ausrechnen, dass eine Konzentration der Angriffe auf die Industriezentren des Planeten die Perlians und die Kristallagenten entscheidender schwächen würde als reine Terrorangriffe auf Wohnstätten. Dennoch ist der Angriff aus dem Raum hauptsächlich gegen die Unterwasserstädte gerichtet.«
Die Korvette machte einen gewaltigen Ruck zur Seite, als einen halben Kilometer an Backbord eine Kernrakete dicht über dem Wasser explodierte. Der Glutball der atomaren Explosion erreichte das terranische Beiboot und wehte es davon, als wäre es ein welkes Blatt.
Aber der Hochenergie-Überladungsschirm hielt die thermischen und kinetischen Einwirkungen einwandfrei vom Schiff selbst und der Besatzung fern.
Sechs Kilometer vom Explosionsherd entfernt gelang es Tschai Kulu, die KC-31 wieder zu fangen und erneut dicht über die Wasseroberfläche hinabzudrücken.
Mit flammenden Triebwerken raste das Beiboot weiter auf die Küste des Äquatorkontinents zu.
Rhodan sah sich um, als das Schott hinter seinem Rücken sich surrend öffnete.
Roi Danton stand im Rahmen des Schotts. Er hielt eine Symbolfolie in der Hand. Sein Gesicht war kalkweiß.
Leicht schwankend kam er auf den Großadministrator zu.
Perry Rhodan begriff. Er presste die Lippen zusammen. Dennoch wollte er Gewissheit haben.
»Hat man die Robotschiffe ...?«
Er stockte, als er Rois gequälten Gesichtsausdruck bemerkte.
»Ja, man hat!«, erwiderte der Freihändler rau. »Die Analyse der letzten Fernortungsergebnisse beweist, dass der 82. GSV inzwischen eingetroffen ist. Außerdem beweist sie, dass vier Raumschiffe von der Größe terranischer Ultraschlachtschiffe in den letzten zehn Minuten explodierten. Das bedeutet: Der 82. GSV hat die vier OLD MAN-Schiffe vernichtet – mitsamt ihren terranischen Sklavenbesatzungen!«
Rhodan antwortete nicht.
Schweratmend ließ sich Roi Danton in seinen Sessel fallen.
»Nun, Grandseigneur?«, fragte er mit Bitterkeit in der Stimme. »Was sagen Sie dazu?«
»Atlan wird seine Gründe dafür gehabt haben, die Vernichtung der Robotschiffe zu befehlen«, mischte sich Melbar Kasom ein.
»Es müssen sehr schwerwiegende Gründe gewesen sein«, sagte Perry Rhodan nachdenklich. »Ohne Not würde Atlan einen solchen Befehl niemals geben.«
Tschai Kulu wandte sich halb um und sagte leise:
»Ich möchte Sie daran erinnern, dass die Ortung vor einer halben Stunde vier unidentifizierbare große Objekte erfasste, die vom Planeten aufstiegen und im Weltraum verschwanden. Infolge der Energieentladung über Modula II konnten wir nicht feststellen, was für Objekte das waren. Jetzt – nachdem ich gehört habe, dass die vier Robotschiffe vernichtet wurden, habe ich eine Theorie.«
»Lassen Sie sie hören!«, befahl Rhodan.
Der Major nickte.
»Die Perlians werden in erster Linie bestrebt sein, die fertig behandelten Hypnokristalle in Sicherheit zu bringen. Zweifellos waren die Schiffe von OLD MAN dazu bestimmt, mit einer Ladung solcher Kristalle in unsere Galaxis zurückzufliegen. Ich vermute, die vier unbekannten Objekte waren nichts anderes als Kristallballungen, die von den Robotschiffen aufgenommen werden sollten. In diesem Fall wäre die Opferung der hypnosuggestiv versklavten terranischen Mannschaften gerechtfertigt gewesen.«
Roi Danton zog die Luft scharf durch die Nase.
»Wenn Ihre Vermutung stimmt, liegt der Fall natürlich anders, Major. Obwohl es mir dennoch unmenschlich erscheint, Unschuldige zu opfern.«
»Es ist unmenschlich, Monsieur Danton«, erklärte Perry Rhodan hart. »Aber manchmal muss man unmenschlich handeln, um der Menschlichkeit willen. Ich glaube, Major Kulus Vermutung trifft zu. Es ist der einzig denkbare Fall, in dem Atlan die Vernichtung der Robotschiffe befehlen würde. Stellen Sie sich vor, was geschähe, wenn vier gigantische Kristallballungen die heimatliche Galaxis erreichten. Ein Chaos unvorstellbaren Ausmaßes wäre die Folge.«
Roi Danton erschauerte.
»Dennoch ist es furchtbar.«
Die Küste des äquatorialen Kontinents kam in Sicht, wurde überflogen – und dann schwebte die Korvette über dem großen Raumhafen.
Durch den Dunst und den Wasserdampf, den fettigen Qualm der zahlreichen Brände und den blendenden Feuerschein hindurch blickten die Männer in der Beibootzentrale auf das von riesigen Kratern umgepflügte Start- und Landefeld. Dieser Raumhafen war für lange Zeit unbrauchbar gemacht worden.
»Von hier aus kam Major Hohles Funknachricht«, flüsterte Perry Rhodan beklommen. »Demnach müsste hier seine Space-Jet gestanden haben.«
»Wenn sie hier stand, ist von ihr nichts mehr übrig«, sagte Roi Danton tonlos. »Auf dem Raumfeld sind schätzungsweise dreißig Kernbomben explodiert. Der atomare Feuersturm muss jedes kleine Raumschiff innerhalb eines Sekundenbruchteils verdampft haben.«
Rhodan zog das Mikrofon des Bordtelekoms an seine Lippen.
»Hier Perry Rhodan! Ich rufe die Gruppe Hohle! Bitte, melden Sie sich! Wir wollen Sie abholen. – Hier Perry Rhodan! Ich rufe die Gruppe ...«
Zehnmal wiederholte er seinen Spruch.
Danach wartete er.
Es kam keine Antwort.
Perry Rhodan befahl dem Funker, den Spruch auf Band zu nehmen und pausenlos abzuspielen. Wenn die fünf Männer noch lebten, würden sie sich irgendwann einmal melden.
Danach wandte er sich an Tschai Kulu.
»Kreisen Sie über dem Raumhafengelände, Major. Wir müssen jetzt vordringlich nach einem unzerstörten Antimodulatorprojektor suchen. Inzwischen empfängt Major Hohle vielleicht unseren Funkspruch und antwortet uns. Solange das nicht der Fall ist, können wir ihm und seinen Leuten ohnehin nicht helfen.«
Major Kulu bestätigte den Befehl.
Die Korvette stieg einen Kilometer empor und begann den gigantischen Raumhafen zu umkreisen.
Aus dieser Höhe offenbarte sich erst das ganze Ausmaß der Zerstörung. Die Abfertigungshallen, Reparaturwerften und die Verlademaschinen von der Ausdehnung terranischer Kleinstädte waren zu skurrilen Gebilden zusammengeschmolzen. Hier und da tobten Brände. Der pulverisierte Panzerplastbelag der Lande- und Startfelder wurde vom Wind abgetragen.
Rhodan richtete sein Augenmerk auf einen wirren Haufen halbzerschmolzener Trümmer am Ostrand des Raumhafens.
»Dort müssen nach Major Hohles Angaben die sieben gelandeten Birnenraumschiffe gestanden haben«, sagte er.
»Erstaunlich, wie die Thermostrahlschüsse der Guerillaschiffe gewirkt haben«, warf Oro Masut ein. »Diese zusammengeflickten Birnenraumer scheinen innen in viel besserer Verfassung zu sein als die Kristalltransporter.«
Er deutete auf eine in den Feldbelag geschmolzene Furche. Die Ränder klafften mindestens zehn Meter auseinander, und der Boden der Schmelzrinne verlief in etwa fünf Metern Tiefe schnurgerade bis in die Überreste der Birnenschiffe. Einer der weniger schwer zerstörten Kristalltransporter lag auf der Seite. Ein Thermostrahl hatte ihn mittschiffs auseinandergeschnitten, und eine kleinere Raketenbombe war im stielförmigen Bug explodiert.
»Ja, das ist wirklich bemerkenswert«, murmelte Perry Rhodan. »Ich wollte, wir könnten die Gurrads zu unseren Verbündeten machen. Sicherlich wissen sie bedeutend mehr über die Kristalle als wir.«
Er betrachtete die zerstörten Kristalltransporter. Dann rief er die Feuerleitzentrale an.
»Geben Sie Desintegratorfeuer auf die Schiffswände!«, befahl er. »Ich möchte hundertprozentige Sicherheit haben, dass die Ladung vernichtet ist.«
Sekunden später huschten grünlich flimmernde Strahlenbündel von der KC-31 zum Raumfeld hinab. Die Trümmer der sieben Birnenraumschiffe lösten sich in rasch verwehende Wolken molekularen Gases auf.
Plötzlich schrillte ein Alarm. Gleich darauf meldete sich die Ortungszentrale.
»Achtzehn kleinere Flugkörper achteraus mit Kollisionskurs!«
Das Ortungsbild erschien auf dem Übertragungsschirm.
»Robotgesteuerte Abwehrraketen!«, stellte Rhodan sachlich fest. »Feuer frei!«
Tschai Kulu drückte die Korvette tiefer und ließ sie eine enge Kurve beschreiben. Zugleich begannen die Impuls- und Desintegratorkanonen im Beiboot zu feuern. Die Zielerfassungsautomaten ließen den Robotflugkörpern keine Chance, ihr Ziel zu erreichen oder den Schüssen auszuweichen. Eine Abwehrrakete nach der anderen explodierte in großer Entfernung. Die atomaren Glutbälle verwüsteten weitere technische Anlagen des Raumhafens.
Andere Robotflugkörper tauchten vorläufig nicht auf. Die gegnerischen Feuerstellungen waren ganz offensichtlich ebenfalls robotgesteuert. Sie erkannten sicherlich, dass der angerichtete Schaden an eigenen Einrichtungen größer war als der Schaden, den sie dem feindlichen Schiff bei seiner derzeitigen Position zufügen konnten, und wogen die Fakten streng logisch gegeneinander ab.
Perry Rhodan blickte aus rotgeränderten Augen auf den verwüsteten Raumhafen hinab. Er fragte sich, warum Major Hohle und Fellmer Lloyd nichts von sich hören ließen. Beide Männer waren erfahren und intelligent genug, sich rechtzeitig aus einer unhaltbaren Stellung abzusetzen. Rhodan konnte nicht glauben, dass sie geblieben waren, bis die Angriffe aus dem Raum sie getötet hatten.
Andererseits wusste er, dass jeder Mann der Einsatzgruppe Hohle in seinem leichten Kampfanzug ein leistungsstarkes Normalfunkgerät bei sich trug. Der laufend hinausgehende Funkruf der KC-31 musste gehört werden.
Es gab nur eine einzige Erklärung dafür, dass keine Antworte erfolgte – vorausgesetzt immer, mindestens einer der Männer war noch am Leben: Die Einsatzgruppe Hohle befand sich in einer Lage, in der die Benutzung der Funkgeräte sie feindlichen Suchtrupps verraten hätte ...
Die Untersuchung des Raumhafens ergab, dass sämtliche vorhandenen Energietürme mit Antimodulatoren restlos zerstört waren.
Perry Rhodan zögerte nicht länger. Er war in erster Linie gekommen, um einen noch unzerstörten Energieturm zu finden und zu untersuchen. Die Rettung der Einsatzgruppe hatte am Rande des Geschehens erfolgen sollen, weil das bedeutend unproblematischer erschienen war. Im Gegensatz zu diesem Plan hatte man bisher fast alle Aufmerksamkeit auf den Verbleib der Einsatzgruppe gerichtet. Rhodan wollte ganz einfach nicht wahrhaben, dass die Männer gefallen sein könnten.
Doch nun, da sie sich nach so langer und intensiver Suche immer noch nicht gemeldet hatten, musste man an die Hauptaufgabe denken.
Perry Rhodan gab den Befehl, den Raumhafen zu verlassen und tiefer in den Kontinent einzufliegen. Dort musste es noch mehr Raumhäfen geben – und wahrscheinlich auch noch mehr Energietürme.
Er befahl es schweren Herzens, und an den Gesichtern Roi Dantons, Tschai Kulus und der beiden Ertruser erkannte er, dass es auch ihnen nicht leichtfiel, den Ort zu verlassen, von dem aus sich Hole Hohle und seine Männer zuletzt gemeldet hatten.
Major Kulu steuerte die Korvette dicht über dem zerbombten Boden westwärts. Sobald die Umgebung des Raumhafens hinter dem Beiboot zurückblieb, tauchten wieder robotgesteuerte Abwehrflugkörper auf. Sie kamen von drei Seiten und in verschiedenen Höhen, und die Feuerleitzentrale schaffte es kaum, sich der kleinen, gefährlichen Angreifer zu erwehren. Die Flugbahn der KC-31 wurde von den Explosionswolken abgeschossener Boden-Luft-Raketen gesäumt.
Unter dem Beiboot lag jetzt dampfender Dschungel und bildete einen beklemmenden Kontrast zu den technischen Anlagen der übrigen Gebiete des Planeten. Hier hatten die Perlians völlig darauf verzichtet, die unbändige Natur der Urwelt zu zähmen; ihre Wohngebiete lagen ja ausschließlich unter Wasser.
Plötzlich, während eines besonders heftigen Angriffs von feindlichen Abwehrraketen, schrillte der Interkommelder. Der Funker meldete sich mit aufgeregter Stimme und teilte mit, er habe soeben schwache Funksignale empfangen.
Rhodan horchte auf.
Seinem scharfen Verstand fiel die Formulierung der Meldung sofort auf. Der Funker hatte nicht von einem Notruf oder einer Meldung der Einsatzgruppe Hohle gesprochen, sondern ganz allgemein von Funksignalen!
Der Unterschied charakterisierte die Entdeckung ziemlich eindeutig!
»Gehen Sie in eine enge Kreisbahn um den derzeitigen Standort!«, befahl er dem Major.
Die Steuerbordtriebwerke donnerten los, als Tschai Kulu die KC-31 in eine enge Linkskurve zwang. Zwei Schwärme anfliegender Abwehrraketen gerieten durch den abrupten Kurswechsel in Frontstellung und flogen plötzlich aufeinander los. Ihre Robotsuchknöpfe waren nicht in der Lage, die entgegenkommenden anderen Flugkörper als freundlich einzustufen. Dutzende gewaltiger Explosionen erschütterten die Luft.
Durch den Zwischenfall begünstigt, konnte Tschai Kulu die befohlene Kreisbahn um den vermutlichen Standort des unbekannten Senders ohne Ausweichmanöver einhalten.
Als die Funkzentrale kurz darauf wiederum Signale auffing, konnte deren Quelle einwandfrei angemessen werden. Sie musste sich inmitten einer vulkanischen Bergkette befinden!
»Auf Bodennähe gehen und Ziel ansteuern!«, befahl Rhodan.
Er rechnete damit, dass die Explosionen der zusammengeprallten Abwehrraketen von den gegnerischen Ortungsanlagen als Vernichtung der Beiboote ausgelegt werden könnte. Je tiefer die KC-31 von nun an flog, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht mehr geortet wurde.
Der Major ließ die Korvette absacken und fing sie erst wenige Meter über dem Boden wieder auf. Die kinetische Gewalt der energetischen Schutzschirme und die Thermalkräfte der Triebwerksimpulse brannten eine fast fünfhundert Meter breite Schneise in den Dschungel.
Der Höhenanzeiger wies eine Flughöhe von nur zwölf Metern über Grund aus. Mit geringer Geschwindigkeit strebte die Korvette ihrem Ziel zu.
Perry Rhodan erhob sich und ging in die Funkzentrale. Ohne dass er dazu aufgefordert worden wäre, folgte der Freifahrer ihm. Rhodan runzelte die Stirn, sagte aber nichts.
»Was haben Sie bisher über die Funksignale herausgefunden?«, fragte er den Funker.
Der Offizier schaltete den Wiedergabeschirm des Auswertungsautomaten ein.
Grüne Zackenlinien zeigten sich auf der flimmernden Scheibe.
»Die Signale stammen einwandfrei von einem UKW-Sender, Sir«, erklärte der Funker. »Sie sind jedoch weder mit Hilfe des terranischen Morsealphabets noch mit dem Translator zu entziffern und liegen auch nicht auf der üblichen Flottenfrequenz. Daher dürften sie kaum von Hohle und seinen Leuten stammen.«
Er schaltete die akustische Wiedergabe dazu.
Aus den Stereolautsprechern des Gerätes drang eine seltsame Tonfolge: Sie glich einer Melodie, die an zwitschernde Vogellaute und Violinklänge erinnerte, war aber gleichzeitig so fremdartig, dass Perry Rhodan unwillkürlich erschauerte.
Kurz darauf brach die Melodie ab.
»Neun Sekunden Sendedauer, Sir«, bemerkte der Offizier. »Genau so lange wie bei der ersten Sendung.«
»Wie groß war der zeitliche Abstand?«, fragte Rhodan.
»Zweieinhalb Minuten, Sir.«
»Und wieviel Zeit ist seit dem Beginn der letzten Sendung verstrichen?«
Der Funker sah rasch nach einem Zeitaufzeichner.
»Genau eine Minute und fünfundzwanzig Sekunden, Sir.«
»Sie haben sich also ähnliche Gedanken gemacht wie ich. Das ist gut. Passen Sie weiterhin auf, und unterrichten Sie mich sofort davon, wenn die nächste Sendung beginnen sollte.«
Er wandte sich um und verließ die Funkzentrale wieder.
Roi Danton dagegen blieb noch eine Weile und beobachtete die automatisch arbeitenden Messgeräte.
»Geht der Spruch an die Gruppe Hohle weiter hinaus?«, fragte er.
Der Funker bejahte.
»Ich würde empfehlen, die Sendung einzustellen. Die feindlichen Abwehrstellungen haben uns mit großer Wahrscheinlichkeit aus den Augen verloren. Es wäre unklug, uns nunmehr durch unsere Funksprüche zu verraten.«
Die Haltung des Funkoffiziers versteifte sich.
»Ich bin nicht befugt, von Ihnen Befehle anzunehmen, Monsieur Danton. Solange der Großadministrator seine entsprechende Anweisung nicht widerruft, lasse ich die Sendung laufen.«
Der Freihändler nickte und verließ die Funkzentrale.
Er unterbreitete Rhodan seinen Vorschlag, und dieser stimmte ihm nach kurzer Überlegung zu.
»Halten Sie mich bitte nicht für unmenschlich, Grandseigneur«, versuchte Roi seinen Vorschlag zu rechtfertigen, »aber es wäre unsinnig und gefährlich, uns dem Gegner zu verraten, während wir einem vielleicht wichtigen Geheimnis auf der Spur sind.«
Perry Rhodan winkte ab.
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, Monsieur. Ich kenne Ihre Ansichten von der Diskussion um die Vernichtung der Robotraumschiffe her gut genug, um Sie richtig beurteilen zu können.«
Er schaltete den Interkom ein und befahl dem Funkoffizier, den Funkruf nach der Einsatzgruppe Hohle bis auf weiteres auszusetzen.
Unterdessen hatte die KC-31 sich der vulkanischen Bergkette bis auf wenige hundert Meter genähert. Der Dschungel brach plötzlich ab. Ungeheure Felder erkalteter Lava breiteten sich vor dem Beiboot aus, nur spärlich mit blühenden Sträuchern und Gräsern bewachsen. Anscheinend erfolgten in diesem Gebiet fast in jedem Jahr starke Magmaausbrüche.
»Neue Funksendung!«, krachte die Stimme des Funkers aus dem Interkomlautsprecher. »Quelle wie angemessen, gleiche Tonfolge und gleicher Abstand zur letzten Sendung.«
»Danke, weitermachen!«, antwortete Rhodan.
Zu Roi Danton sagte er:
»Nun bin ich ziemlich sicher, dass es sich um einen automatisch arbeitenden Sender handelt. Vielleicht schickt jemand einen Notruf aus. Mich wundert nur, dass die Funküberwachung der Perlians noch nichts davon gemerkt hat.«
»Wenn es sich nun um eine Falle handelt? Das würde erklären, warum sich die Perlians nicht um den Sender kümmern.«
»Ich halte das für sehr unwahrscheinlich«, warf Melbar Kasom ein. »Nach dem, was wir bisher von den Perlians wissen, entspräche eine solche Handlung nicht ihrer Mentalität. Dennoch schlage ich vor, von nun an die Quelle der Funksignale nicht weiter direkt anzufliegen, sondern in der Nähe zu landen und einen Spähtrupp hinzuschicken.«
Rhodan nickte dem Ertruser lächelnd zu.
Er wusste, dass der USO-Spezialist wieder einmal auf einen Sondereinsatz brannte. Kasom war auf Grund seines Temperaments und seiner USO-Schulung ein typischer Einzelkämpfer, dem der Alleingang und die Anwendung von allen möglichen Listen und Tricks mehr lag als der Kampf vom Schiff aus.
»Stellen Sie eine Gruppe von zehn Mann zusammen, Kasom. Sie selbst und ich leiten das Unternehmen, also fehlen noch acht Mann. Klar?«
Der Ertruser grinste breit.
»Klar!«
Er stürzte sich förmlich in den Einstieg des Achslifts.
Rhodan wies Tschai Kulu an, ungefähr zwei Kilometer von der Quelle der Funksignale entfernt zu landen.
Danach wandte er sich an den Freihändler.
»Ich bitte Sie, während meiner Abwesenheit das Kommando zu übernehmen, Monsieur Danton. Sind Sie einverstanden?«
»Selbstverständlich, Grandseigneur!«
Roi verbeugte sich leicht.
»Wie Sie wissen, hatte ich darum gebeten, für die Dauer des Einsatzes völlig über mich zu verfügen. Ihre Frage war also überflüssig.«
»Betrachten Sie es als Höflichkeit«, gab Rhodan zurück.
Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Panoramagalerie zu. Links und rechts der Korvette huschten jetzt kahle Berghänge vorüber. In das Heulen der mit Minimalschub arbeitenden Triebwerke mischte sich unterirdisches Grollen. Dampf und Rauch verhüllten die Sicht auf den Himmel. An Steuerbord tauchte die Kuppe eines tätigen Vulkans auf; schmale Rinnsale glutflüssigen Magmas stürzten den Steilhang herab. Schwefelgelbe Dämpfe wogten ihnen voraus.
Das Beiboot umflog den Vulkan in elegantem Bogen und zwängte sich durch eine enge Schlucht. In wenigen Metern Entfernung ragten steile, nackte Felswände neben der Außenhülle empor. Sekunden später kam ein weites Tal in Sicht. Geiser schossen aus dem Boden, und ein See lag metallisch glänzend in der Mitte des Talkessels. Nur wenige grüne Flecke bedeckten den Boden.
Plötzlich bremste Major Kulu die KC-31 heftig ab.
Sein ausgestreckter Arm wies auf den niedrigen Krater eines offenbar erkalteten Vulkans.
»Von dort sind die Funksignale gekommen, Sir. Ich bitte um Landeerlaubnis!«
Perry Rhodan musterte das Gelände mit verkniffenem Gesicht. Landete er hier, stand die Korvette ziemlich schutzlos einem hypothetischen Gegner gegenüber, der in dem erloschenen Krater hauste.
»Fliegen Sie näher heran, Major! Landen Sie das Schiff drüben an der zerklüfteten Felswand. Dort ist es gegen direkte Sicht von der Quelle der Funksignale aus gedeckt.«
Tschai Kulu tat, wie ihm geheißen.
Eine halbe Minute später setzte die KC-31 auf Wülsten erstarrter Lava auf. Ein Felsüberhang bot ihr ausgezeichnete Deckung gegen Sicht aus dem Luftraum und von dem Krater her, aus dem die Funksignale gekommen sein sollten.
Perry Rhodan schnallte sich los.
Bald würde er wissen, welches Geheimnis sich hinter den rätselhaften Signalen verbarg.
Perry Rhodan sah auf den ersten Blick, dass Melbar Kasom keine bessere Auswahl hätte treffen können. Die Männer des kleinen Kommandotrupps waren allesamt über dreißig Jahre alt, also erfahrene Soldaten des Landungskorps.
Einer von ihnen, ein baumlanger Captain mit schwarzem Vollbart und mächtiger Hakennase, war ihm von früher her bekannt. Er hatte mit ihm zusammen auf dem Wega-Planeten Pigell gekämpft – damals, als die CREST III, die Vorgängerin des heutigen Solaren Flaggschiffes, um rund fünfzigtausend Jahre in die Vergangenheit verbannt gewesen war.
Captain Ark Huron musste inzwischen im sechsten Lebensjahrzehnt sein, aber seine wasserblauen Augen, die in eigentümlichem Kontrast zu den tiefschwarzen Haaren standen, verstrahlten noch immer jugendliches Feuer; die Haltung des Captains glich der eines geschmeidigen Raubtieres. Wieder einmal staunte Rhodan darüber, welche Wunder die moderne Geriatrie vollbrachte. Ein Mensch mit sechzig Jahren stand im fünfundzwanzigsten Jahrhundert terranischer Zeitrechnung noch immer im besten Mannesalter.
Rhodan schüttelte Ark Huron die Hand.
»Wann werden Sie endlich eine Familie gründen, Captain?«, fragte er scherzhaft.
Ark Huron grinste.
»Bis dahin hat es wohl noch ein halbes Jahrhundert Zeit, schätze ich, Sir.«
Lachend wandte sich Rhodan ab, während der Captain einige saftige Bemerkungen der anderen Einsatzsoldaten erntete.
Melbar Kasom rief knappe Befehle. Die Männer nahmen ihre Waffen auf und aktivierten die Energieaggregate ihrer Kampfanzüge. Sachverständig musterte Perry Rhodan die Ausrüstung der kleinen Truppe. Außer dem Kombistrahler am Gürtel trugen die Soldaten eine gemischte mittelschwere Infanteriebewaffnung, die aus Raketenwerfern und panzerbrechenden Salvengewehren bestand.
»Antiflexbrillen auf!«, befahl Kasom. »Deflektorgeneratoren aktivieren!«
Perry Rhodan wartete, bis die Umrisse der Soldaten verschwanden und sie unsichtbar geworden waren, bevor er ebenfalls seine Antiflexbrille über die Augen schob. Dieses Gerät, vor langer Zeit im Kampf gegen die Laurins entwickelt, kompensierte die Lichtwellenumlenkung der Deflektorgeneratoren für seinen Träger. Die Männer des Kommandotrupps wurden plötzlich wieder sichtbar für Perry Rhodan.
Kasom nahm seine Antiflexbrille kurz ab, um die Wirksamkeit von Rhodans DF-Generator zu überprüfen, dann gab er den Befehl, die Antigravgeneratoren und Mikrotriebwerke einzuschalten.
Gleich einer Geistertruppe erhoben sich alle zehn Mann in den rauchverhangenen Himmel von Modula II. Mit singenden Triebwerken glitten sie in etwa hundert Metern Höhe auf den erloschenen Krater zu, aus dem die geheimnisvollen Funksignale gekommen waren.
Perry Rhodan ließ zuerst den zerrissenen Kraterrand besetzen. Die Mikrotriebwerke wurden ausgeschaltet, und die Männer schwebten – nur von der Wirkung ihrer Antigravprojektoren gehalten – knapp einen halben Meter über dem staubbedeckten rissigen Fels.
Die ehemaligen Lavawülste waren längst zerfallen und zu fruchtbarem Boden geworden, auf dem sich Inseln von sattgrünen Sträuchern und niedrige, verschwenderisch blühende Kriechpflanzen vom übrigen tristen Grau abhoben.
Ein Beweis dafür, dass der Vulkan tatsächlich schon seit längerer Zeit untätig war.
»Es kommt mir vor, als hätten sich die Funkpeiler geirrt«, flüsterte der Ertruser dem Großadministrator zu.
Rhodan lächelte. Es war äußerst selten, dass Melbar Kasom sein gewaltiges Organ zum Flüstern zwang.
»Vollautomatisch arbeitende Maschinen können sich nicht irren«, gab er zurück. »Die Funksignale müssen von hier gekommen sein.«
»Hm!«, brummte Kasom. »Ich schlage vor, fünf Mann als Rückendeckung hier oben zu lassen und mit den anderen in den Krater vorzustoßen, Sir.«
»Einverstanden. Regeln Sie das, Kasom!«
Als die Vorbereitungen getroffen waren, hatten sich unterdessen die drei anderen Männer mit dem Ertruser bei Rhodan eingefunden. Perry freute sich, unter ihnen Captain Huron zu sehen.
Auf Kasoms Handzeichen sanken sie an dem Steilhang entlang in die scheinbar bodenlose Tiefe.
Allmählich wurde die Vegetation spärlich, bis sie endgültig hinter ihnen zurückblieb. Dunkelheit umgab die fünf Männer.
Sie schalteten ihre Brustscheinwerfer auf Infrarot um, zogen die starken Lampen aus den Magnethalterungen und leuchteten nach unten. Zusätzlich zu den Antiflexbrillen mussten sie nun auch noch die IR-Sichtscheiben über die Augen schieben. Es rief einen ganz eigentümlichen Effekt hervor; sie sahen sich nur noch als violette, leicht verzerrte Schemen.
Aufmerksam beobachtete Rhodan den näher kommenden Boden des Kraters. Die Infrarotlichtkegel der Scheinwerfer enthüllten die schroffen Konturen einer »Mondlandschaft«. Nur die kargen Moospolster und die Teppiche aus silbergrauen Flechten passten nicht ganz zu dieser Vorstellung.
Nichts aber deutete darauf hin, dass sich hier unten ein Sender befinden könnte, der in regelmäßigen Abständen rätselhafte, fremdartige Funkbotschaften aussandte – ausgesandt hatte, denn seit der Landung der Korvette schwieg der Sender ...!
Das war auch der Grund dafür, warum Perry Rhodan auf der weiteren Aktivierung der Deflektorgeneratoren bestand. Seiner Meinung nach gab es nur eine stichhaltige Erklärung für das Aussetzen der Funksignale: Jemand oder etwas hatte ihre Ankunft registriert und daraufhin die Sendungen eingestellt.
Die Männer bildeten einen lockeren Kreis um den Mittelpunkt des Kraterbodens, nachdem sie gelandet waren. Ihre Waffen drohten abwechselnd in alle Richtungen. Aber sie fanden nichts, auf das sie hätten schießen müssen. Es gab weder ein einsames, automatisch arbeitendes Funkgerät noch eine Öffnung in den Felswänden oder eine Tür, die zu einer Funkzentrale hätte führen können.
Melbar Kasom zog ein rechteckiges Gerät aus einer Halterung in seinem breiten Gürtel. Ein silbrig schimmerndes Kabel verband es weiterhin mit der Energiequelle seines Kampfanzuges.
Während die anderen Männer zurücktraten, ließ der Ertruser die blanke Vorderseite des Gerätes – es handelte sich um einen Mikrohyperwellenorter – bedächtig pendeln, so dass der Ortungsstrahl jeden Fleck des Kraterbodens und der Wände erfasste.
Plötzlich stieß er einen schrillen Pfiff aus und hielt die Hand mit dem Gerät ruhig.
Sofort sprangen Captain Huron und die anderen beiden Soldaten zur Seite und rannten geduckt auf die Stelle an der Felswand zu, auf die die Vorderseite des Hyperorters wies.
Perry Rhodan zielte mit seinem klobigen Handstrahler auf den nackten Fels. Jeden Augenblick erwartete er eine gegnerische Reaktion. Ein poröser Felsblock bot ihm Deckung.
Doch nichts ereignete sich.
Ungehindert erreichten die drei Soldaten die bezeichnete Stelle der Wand. Nun folgte ihnen der Ertruser. Völlig deckungslos schritt er, den Hyperorter von sich gestreckt, auf den Fels zu.
»Der Orter zeigt eine getarnte Tür und eine Kammer dahinter, die vermutlich in einen Stollen führt«, erklärte er dabei.
Als er die Wand erreichte, betastete er sie mit der Linken. Unter seinen starken Fingern bröckelte poröses Gestein ab. Dann schüttelte er den Kopf, steckte das Ortungsgerät zurück und bedeutete den anderen, zur Seite zu treten.
Langsam zog Kasom seinen schweren Strahler aus dem Gürtelhalter, stellte ihn auf Desintegration und maximale Streuung und geringste Intensität und drückte kurz auf den Feuerknopf.
Ein breitgefächerter, grünlich flimmernder Strahl huschte schemenhaft auf die Felswand zu – und erlosch wieder.
Vergastes Gestein löste sich in eine Wolke auf und sank allmählich zu Boden.
Einer der Soldaten stieß einen triumphierenden Schrei aus.
Hinter dem desintegrierten Fels war eine blanke Metalltür zum Vorschein gekommen.
»Wir müssen uns genau überlegen, wie wir weiter vorgehen«, sagte Perry Rhodan. »Auf keinen Fall dürfen wir bei den ... Bewohnern der Funkstation den Verdacht erwecken, wir wären in feindlicher Absicht gekommen. Gewaltanwendung sollten wir also möglichst vermeiden.«
Melbar Kasom zog eine säuerliche Miene. Er hatte vergeblich versucht, einen Öffnungsmechanismus zu finden. Die Tür war geschlossen, und sie gab auch nicht nach, als er mit seinen ungeheuren Körperkräften versuchte, sie zur Seite zu schieben oder nach innen zu drücken.
Rhodan lächelte verstehend. Er schaltete seinen Armbandminikom ein und gab eine kurze Lagemeldung an Roi Danton und an die am Kraterrand zurückgebliebenen Männer.
Unterdessen untersuchte der Ertruser die Tür erneut mit seinem Mikrohyperwellenorter.
Kopfschüttelnd teilte er das Ergebnis mit.
»Genau in der Mitte scheint sich ein kompliziertes Aggregat zu befinden – zu kompliziert, als dass es ein normaler Öffnungsmechanismus sein könnte, und außerdem ohne jeden erkennbaren Kontakt zur Oberfläche und zu den Rändern.«
Perry Rhodan sagte nichts dazu.
Er hatte die geheimnisvolle Funksendung der Fremden gehört. Deshalb vermutete er, dass sie es hier mit völlig andersgearteten Wesen zu tun hatten – und es wunderte ihn nicht mehr, auch eine andersartige Technik vorzufinden.
»Sie haben die Frequenz der Fremden«, sagte er zu Kasom. »Funken Sie sie über den UKW-Notsender Ihres Helmes an. Sagen Sie irgend etwas. Vielleicht reagieren sie darauf.«
Melbar Kasom zuckte die Achseln. Er zog seine Helmkapuze über den Kopf und löste damit einen Kontakt aus, der zur Stabilisierung der transparenten Hülle und zum automatischen Verschluss führte.
An den Mundbewegungen erkannte Rhodan, dass der Ertruser langsam in das Mikrofon seines Helmnotsenders sprach. Nach einer Minute legte er eine Pause ein und wartete auf Antwort.
Dann riss er sich den Helm vom Kopf.
»Nichts, Sir!«, rief er zornig. »Die Brüder halten uns anscheinend zum besten.«
»Wir können ihre Sprache nicht verstehen«, warf Captain Huron ein, »und sie werden unsere nicht verstehen. Man müsste eben ›Birdisch‹ können.«
Rhodan stutzte. Aber nicht etwa über die eigenwillige Bezeichnung, die Ark Huron verwendet hatte – es erschien logisch, diese unbekannten Wesen, deren Sprache teilweise irdischen Vogellauten glich, »Birds« zu nennen und ihre Sprache »Birdisch«.
Rhodan dachte an etwas ganz anderes.
»Sie haben doch ein Kristallspeichergerät dabei?«, fragte er Kasom.
»Ja, Sir ...«
»Ausgezeichnet! Rufen Sie den Funkoffizier der KC-31 und sagen Sie ihm, er solle die aufgenommene Sendung der ›Birds‹ auf Ihr Speichergerät überspielen.«
Der Ertruser begriff.
»Und anschließend soll ich das Angenommene als Sendung abstrahlen?«
»Genau das, Kasom. Es ist nichts weiter als ein neuer Versuch. Aber vielleicht hilft er uns weiter.«
Melbar Kasom nickte eifrig.
Er stellte eine Verbindung zur Funkzentrale der Korvette her und sagte, was er wollte. Wenige Minuten später hatte sein Kristallspeichergerät die Sendung der Birds gespeichert.
Wieder klappte Kasom seinen Helm nach vorn und schaltete den UKW-Notsender ein. Danach stellte er den Kontakt zum Speichergerät her und ließ die Sendung ablaufen.
Noch bevor er damit fertig war, öffnete sich das Metalltor in der Felswand plötzlich.
Licht flammte dahinter auf, und die Männer blickten in eine würfelförmige Kammer von etwa acht Meter Kantenlänge. Die Wände der Kammer waren mit Material ausgekleidet, das wie Metallplastik schimmerte.
»Wie das Sesam-öffne-dich aus Tausendundeiner Nacht«, flüsterte Captain Huron beinahe andächtig.
Die beiden anderen Soldaten grinsten.
Melbar Kasom betrat die Kammer zuerst. Hinter ihm folgte Perry Rhodan. Der Captain wollte sich vordrängen, aber Rhodan wehrte ab und sagte: