Perry Rhodan 36: Die Zeitpolizei (Silberband) - Clark Darlton - E-Book

Perry Rhodan 36: Die Zeitpolizei (Silberband) E-Book

Clark Darlton

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Beschreibung

Irgendwo, jenseits des Vorstellbaren, existiert etwas, das sich selbst als "Erste Schwingungsmacht" bezeichnet und darüber wacht, daß nichts und niemand Experimente mit der Zeit durchführt. Wer dies dennoch tut, der wird hart bestraft. In der Regel besteht diese Strafe in der völligen Eliminierung ganzer Völker durch die Ausführungsorgane der Ersten Schwingungsmacht. Die Perlians, die sogenannten Drittkonditionierten, versagten dabei, die Terraner für deren angebliches Zeitverbrechen zu strafen. Perry Rhodan und seine Verbündeten konnten in der Großen Magellanschen Wolke die Macht der Hypnokristalle brechen. Aber die folgende Ruhe ist nur die Ruhe vor dem Sturm. Denn nun ruft die Erste Schwingungsmacht die wirkliche Zeitpolizei auf den Plan - die "Zweitkonditionierten" mit ihren lebenden Raumschiffen. Der Beginn eines Abenteuers von nie dagewesener Dramatik!

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Seitenzahl: 624

Veröffentlichungsjahr: 2011

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Nr. 36

Die Zeitpolizei

Cover

Klappentext

Vorwort

Zeittafel

Prolog

Kapitel 1-10

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Kapitel 11-20

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

Kapitel 21-34

21.

22.

23.

24.

25.

26.

27.

28.

29.

30.

31.

32.

33.

34.

PERRY RHODAN-Terminologie

Impressum

Irgendwo, jenseits des Vorstellbaren, existiert etwas, das sich selbst als »Erste Schwingungsmacht« bezeichnet und darüber wacht, dass nichts und niemand Experimente mit der Zeit durchführt. Wer dies dennoch tut, der wird hart bestraft. In der Regel besteht diese Strafe in der völligen Eliminierung ganzer Völker durch die Ausführungsorgane der Ersten Schwingungsmacht. Die Perlians, die so genannten Drittkonditionierten, versagten dabei, die Terraner für deren angebliches Zeitverbrechen zu strafen. Perry Rhodan und seine Verbündeten konnten in der Großen Magellanschen Wolke die Macht der Hypnokristalle brechen. Aber die folgende Ruhe ist nur die Ruhe vor dem Sturm. Denn nun ruft die Erste Schwingungsmacht die wirkliche Zeitpolizei auf den Plan – die »Zweitkonditionierten« mit ihren lebenden Raumschiffen. Der Beginn eines Abenteuers von nie dagewesener Dramatik!

Vorwort

Leben aus der Retorte – heute ist das längst keine Utopie mehr, und man muss kein Prophet sein, um hier eine der großen Branchen der nahen Zukunft zu sehen. Wir, unsere Kinder und Kindeskinder werden zwar keine Dolans züchten und fliegen lassen, doch jeder heute Verantwortliche im Bereich von Gentechnologie und Verwandtem ist gut beraten, die Augen weit offen zu halten und vielleicht auch dann mal den Mund aufzumachen und mutig Unpopuläres zu tun, wenn sich ein Eingriff in die Schöpfung abzeichnet. Die Anfänge mögen harmlos erscheinen, widerstandsfähigere Getreide und Viehsorten wünschenswert. Die Argumente der Fürsprecher sind vielfältig. Nicht zuletzt wird wieder mit der Not in den größten Teilen der Welt hausiert, werden gewinnträchtige Therapien schmackhaft gemacht, statt die wirklichen (und bekannten) Ursachen abzustellen.

Die Gegner einer Lobby und eines wissenschaftlichen Fanatismus, der uns morgen vielleicht schon widerstandsfähige Menschensorten schmackhaft machen wird, haben nur eines zu sagen: Pfuscht jener phantastischen Kraft, die einst unseren Kosmos mit seinen unendlich vielen Welten und Wundern entwarf und entstehen ließ, nicht in den Plan! Spielt nicht noch einmal Adam und Eva und die Schlange, liebe Menschenkinder! Alles, was die Retorte uns schenken kann, können wir besser, billiger und sicherer haben, wenn wir endlich wieder zu begreifen lernen, dass wir alle Bestandteil dieses großen Planes sind; eines Spiels des Kommens und Gehens, in dem der rausfliegt, der sich nicht an die Regeln hält. (Und der Spielmeister ist anscheinend ein verdammt geduldiger Regisseur, aber wie viele Chancen gibt er uns noch?)

Beides, die Retorte und die Strafe für jene, die im großen Spiel des Lebens und der Zeit einmal kurz pfuschen wollen, spielen in der Handlung dieses und der nächsten PERRY-RHODAN-Bücher eine entscheidende Rolle – übertragen auf (nicht nur) die Dolans und die Wesen, die sich selbst und selbstherrlich als »Zeitpolizei« begreifen. Der Vergleich hinkt natürlich etwas, aber das zu vertiefen, würde zuviel vom Kommenden verraten. Was uns angeht, uns hier und heute auf dieser Erde: Uns wird keine Zeit- oder Evolutionspolizei heimsuchen kommen, wenn dem Spielleiter der Kragen platzt.

Er kommt persönlich, und das hat absolut nichts mit irgendeiner Religion zu tun. Er kommt nur symbolisch. Seine Arbeit tun wir selber. Stellt Euch vor, die Welt kracht an allen Ecken und Enden aus den Fugen – und keiner merkt es. Nicht schwer, oder? Man sieht's jeden Tag.

Die diesem Buch zugrundeliegenden Originalromane sind, ungeachtet notwendiger Kürzungen und in dieser Reihenfolge: Ein Gigant erwacht und Die Zeitpolizei von William Voltz; Im Nichts gestrandet von Clark Darlton; Das Zeitexperiment der Verbannten von Kurt Mahr; Gucky und der Golem von Clark Darlton, und Die vier Unheimlichen von K. H. Scheer.

Der schönste Teil dieses Vorworts ist stets der herzliche Dank an alle Leser, die mit Anregungen und Kritik beim Entstehen eines neuen Bandes der PR-Bibliothek mitgeholfen haben, und natürlich an Franz Dolenc aus Wien, die Autoren der Originalromane und Johnny Bruck, Europas Nr. 1 als SF-Illustrator.

Zeittafel

1971 – Perry Rhodan erreicht mit der STARDUST den Mond und trifft auf die Arkoniden Thora und Crest.

1972 – Mit Hilfe arkonidischer Technik Aufbau der Dritten Macht und Einigung der Menschheit.

1976 – Das Geisteswesen ES gewährt Perry Rhodan die relative Unsterblichkeit.

1984 – Galaktische Großmächte versuchen, die aufstrebende Menschheit zu unterwerfen.

2040 – Das Solare Imperium ist entstanden. Der unsterbliche Arkonide Atlan taucht auf.

2326 – ES verstreut 25 Zellaktivatoren in der Galaxis; Jagd nach dem ewigen Leben. Rhodans wichtigste Mitarbeiter werden mit Aktivatoren ausgerüstet – Rhodan selbst und Atlan tragen bereits spezielle Zellaktivatoren.

2400/2 – Entdeckung der Transmitterstraße nach Andromeda. Abwehr von Invasionsversuchen aus der Nachbargalaxis.

2404/6 – Direkter terranischer Vorstoß nach Andromeda und Begegnung mit den Tefrodern – wie die Terraner Nachkommen der Lemurer, die vor 50.000 Jahren die Milchstraße beherrschten. Die geheimnisvollen Herren Andromedas – die »Meister der Insel« – sind mit Zellaktivatoren ausgerüstete Überlebende der früheren Herrscherclique. Als letzter von ihnen wird als »Faktor I« Mirona Thetin Opfer ihrer eigenen Machtgier.

2435

Prolog

Ende August 2435, nach fast dreißig Jahren friedlicher Konsolidierung, wird das Solare Imperium durch das Auftauchen des Riesenroboters OLD MAN jäh überrascht. Der Gigant, vor mehr als 50.000 Jahren von Menschen als Geschenk an die Menschheit der Realzeit erbaut, zieht aus der Beobachtung eines Scharmützels zwischen Terranern und Kosmischen Freihändlern auf dem Planeten Rubin einen fatalen Fehlschluss. Es kommt zu der Folgerung, dass sich die Menschheit – infolge eines Sieges der Meister der Insel – aufgesplittert habe. Und für diesen Fall existiert eine uralte Programmierung mit dem Befehl: Angriff auf alle terranischen Einheiten, wo immer man sie trifft!

So beginnt OLD MAN mit seinen über 15.000 Ultraschlachtschiffen, sein ultimates Vernichtungsprogramm zu befolgen. Doch da erscheinen aus dem intergalaktischen Leerraum ebenso unverhofft die Werkzeuge einer anderen, unheimlichen Macht: die Kristallagenten. Es sind Ballungen winziger Hypnokristalle, die jeden geistig versklaven, der in ihren Bann gerät, selbst die über 50.000 Jahre alten Kommandogehirne von OLD MAN.

Die Kristalle übernehmen den Raumgiganten, der vorerst im System von Jellicos Stern Position bezogen hat und dort von 20.000 Einheiten der Solaren Flotte bewacht wird.

Vier Robotraumschiffe allerdings, besetzt mit geistig versklavten Terranern, haben Kurs auf die Große Magellansche Wolke genommen und werden von Perry Rhodan verfolgt. Sie führen zum ersten der so genannten »Danger«-Planeten, wo die Kristalle produziert werden. In diesem Stadium aber sind sie noch als harmlos einzustufen. Auf die Versklavung anderen Lebens programmiert, und somit zur furchtbaren Waffe gemacht, werden die Kristalle erst auf besonderen Planeten wie Modula II. Ein Kommando unter Major Hole Hohle findet die Zusammenhänge heraus, als es auf Modula II landet, und trifft auf die Perlians, die als »Drittkonditionierte« ein angebliches Zeitverbrechen der Terraner zu bestrafen haben. Ihre Waffen: die Kristallagenten und OLD MAN; ihr Ziel: Vernichtung der Menschheit.

Vorher schon lernten die Terraner die so genannten Generäle und die Gurrads als Magellan-Völker kennen. Die löwenmähnigen Gurrads beherrschten die Kleingalaxis, bis sie von den Perlians für ein »Zeitverbrechen« furchtbar bestraft wurden. Seitdem leben sie zersplittert und führen einen scheinbar aussichtslosen Guerillakampf gegen die Perlians, bis sie begreifen, dass in den Terranern wertvolle Verbündete aufgetaucht sind.

Nach anfänglichem großem Misstrauen kommt es zu einer Verständigung, und aufgrund der von den Gurrads gelieferten Daten können alle Danger-Planeten gefunden und die dort lagernden Kristalle in Howalgonium verwandelt werden. Die Programmierwelten werden ebenfalls unschädlich gemacht.

1.

Was für ein Mann!, dachte Major Daveen Reis.

Sein aus widerwilliger Bewunderung geborener Gedanke galt dem Ersten Offizier der GOLDEN STAR, Captain Camaron Olek.

Olek hielt mit einer Hand noch die Tür fest, während er Reis mit der anderen zuwinkte. Sein hageres Gesicht war verkniffen und ließ den Eindruck entstehen, dass er Schmerzen hatte oder in tiefes Nachdenken versunken war. Aber weder das eine noch das andere traf zu. Oleks gesamter Körper war dürr und faltig; ein derart dynamischer Mann konnte keinen anderen Körper besitzen.

Olek galt als einer der besten Kosmonauten innerhalb der Solaren Flotte. Bevor man ihn zur GOLDEN STAR abkommandiert hatte, war er Oberstleutnant und Kommandant eines Schweren Kreuzers gewesen.

Daveen Reis kannte die Gründe, die dazu geführt hatten, dass Olek degradiert worden war.

Während er Olek entgegenblickte und ein sparsames Lächeln zustande brachte, überlegte er, wieviel ihn von diesem Mann unterschied.

Olek schloss die Tür schwungvoll. Er betrachtete Reis' Lächeln als Aufforderung, sich im Sessel vor dem Tisch niederzulassen.

Major Reis war ein rundlicher Mann mit roten Haaren und rosafarbenen Wangen. Er galt als ruhig und zuverlässig, aber die Besatzung der GOLDEN STAR wusste, dass ihr Kommandant keine sehr große Kämpfernatur war.

»Wir werden in ein paar Minuten Kontakt mit der CREST IV aufnehmen«, sagte Olek. »Wir werden genau am berechneten Punkt in der Nähe von Keegans Stern ankommen.«

Daveen Reis hatte nie daran gezweifelt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Camaron Olek bei seinen kosmonautischen Berechnungen ein Fehler unterlief, war praktisch gleich Null. Reis' Blicke wanderten über Olek hinweg und blieben an dem automatischen Kalender über der Tür hängen. Man schrieb den 22. Dezember 2435.

Die GOLDEN STAR befand sich auf dem Rückflug von der Galaxis in die Große Magellansche Wolke.

Unmittelbar nach dem Beginn der Aktion »Sinfonie«, am 18. 12. 2435, die einen terranischen Angriff auf alle bekannten Kristallprogrammierungswelten einleitete, hatte Major Daveen Reis den Auftrag erhalten, die Milchstraße anzufliegen und die Heimatflotte unter dem Oberkommando von Julian Tifflor zu alarmieren.

Daveen wusste, dass Tifflor mit zwanzigtausend Schiffen der GOLDEN STAR folgte. Das Kursschiff flog nur voraus, um Perry Rhodan schnellstens Bericht zu erstatten.

Daveen Reis hatte sich längst damit abgefunden, dass die GOLDEN STAR als Kurierschiff eingesetzt wurde. Der Major besaß keine große Kampferfahrung, aber seine sprichwörtliche Zuverlässigkeit hatte dazu beigetragen, dass er mit seinem Schiff immer wieder zur Übermittlung wichtiger Nachrichten eingesetzt wurde.

Daveen wusste, dass nicht alle Besatzungsmitglieder damit einverstanden waren, aber er entschädigte die Ehrgeizigen durch seine ungewöhnliche Großzügigkeit in allen dienstlichen Belangen.

Reis überlegte, dass Camaron Olek sich an Bord eines Schiffes wie der GOLDEN STAR vorkommen musste wie ein gefangenes Raubtier.

Oleks nächste Worte bestätigten Reis' Vermutung.

»Ich hoffe, dass man uns jetzt einen anderen Auftrag erteilt«, sagte der Captain. Er strich mit einer Hand über sein schwarzes Haar, durch das sich von der rechten Schläfe nach hinten eine weiße Strähne zog. Daveen Reis ahnte, dass Olek auf die Schussspur eines unmittelbar vor seinem Gesicht abgefeuerten Paralysators besonders stolz war und sie als äußeres Zeichen seiner Kampferfahrung betrachtete.

»Wir wissen nicht, was inzwischen geschehen ist«, sagte der Major zögernd. »Vielleicht ist der Kampf schon entschieden, und es gibt nichts mehr für uns zu tun.«

Er erhob sich. Olek stand ebenfalls auf. Der Captain war nicht besonders groß, aber durch seine Hagerkeit wirkte er größer als der Kommandant der GOLDEN STAR.

Das kleine Bordobservatorium der GOLDEN STAR war Daveen Reis' Lieblingsplatz. Dorthin zog er sich bei jeder Gelegenheit zurück.

Reis ließ seine Blicke über die verschiedenen dreidimensionalen Sternkarten gleiten, die an den Wänden befestigt waren und ein angenehmes Licht verstrahlten. Nur anhand der Karten wurde noch offenbar, welch gewaltige Strecke die GOLDEN STAR in den letzten Tagen bewältigt hatte. Gefühlsmäßig erschien es Daveen Reis fast unglaublich, dass sie zweimal rund 170.000 Lichtjahre zurückgelegt hatten. Das war die Entfernung von der Südgrenze der Galaxis bis zum Nordrand der Großen Magellanschen Wolke.

Olek war an ein kleines Spezialteleskop herangetreten und stützte sich mit den Armen auf die breite Halterung.

»Wenn die Generäle und die Perlians erledigt sind, haben wir immer noch die Aussicht, gegen die Ultraschlachtschiffe OLD MANS kämpfen zu müssen«, meinte er.

»OLD MAN ist bereits am zweiundzwanzigsten November in Richtung der Großen Magellanschen Wolke gestartet«, erinnerte Reis den Ersten Offizier. »Ich nehme an, dass auch Perry Rhodan nicht mehr daran glaubt, dass der Riesenrobot hier auftaucht.«

»Vier Wochen sind eine lange Zeit«, räumte Camaron Olek ein. »Trotzdem rechne ich noch immer mit der Ankunft OLD MANS. Was wissen wir von den kosmonautischen Schwierigkeiten, mit denen die wahnsinnigen Gehirne zu kämpfen haben?«

Daveen Reis wusste, dass die beeinflussten Steuergehirne OLD MANS kaum noch in der Lage waren, exakte Schaltungen vorzunehmen. Vielleicht war der Robotgigant zur Großen Magellanschen Wolke aufgebrochen, ohne sein Ziel je zu erreichen. Reis nahm an, dass OLD MAN sich von der Galaxis mehr und mehr entfernen würde – auf Nimmerwiedersehen. Eine unblutigere Lösung des Problems gab es nicht.

Camaron Olek schien die friedfertigen Gedanken seines Vorgesetzten zu erahnen, denn er verkniff seine Lippen zu einem sarkastischen Lächeln.

Daveen Reis fragte sich, wie zwischen ihm und dem Kosmonauten so etwas wie eine Freundschaft hatte entstehen können. Der Erste Offizier war ein unberechenbarer Individualist, aber er brachte seinem Kommandanten jenes Quantum an Respekt entgegen, das Daveen Reis genügte, sich sicher zu fühlen.

»Gehen wir in die Zentrale, Major«, schlug Olek vor. »Die GOLDEN STAR wird den Linearraum bald verlassen.«

Wieder war die Ungeduld aus Oleks Worten herauszuhören. Besatzungsmitglieder der GOLDEN STAR, die Camaron Olek nicht mochten, behaupteten, der Kosmonaut schlafe niemals, um auf keinen Fall irgend etwas zu versäumen. Olek parierte solche Spötteleien mit unmissverständlichen Bemerkungen über die langweilige Kuriertätigkeit der GOLDEN STAR.

Daveen Reis hatte dem Ersten Offizier des Leichten Kreuzers solche Andeutungen nie übel genommen. Oleks Spott fehlte jede Gehässigkeit, so dass er leicht zu ertragen war.

Die beiden ungleichen Männer verließen das Bordobservatorium und traten auf den beleuchteten Gang hinaus. Mit 34 Jahren war Olek ein noch verhältnismäßig junger Offizier. Wenn er lernte, seine oftmals extremen Meinungen für sich zu behalten, und es aufgab, seine verrückten Pläne in die Tat umzusetzen, stand ihm eine große Laufbahn bevor.

Daveen Reis bezweifelte jedoch, dass Olek sich mit zunehmendem Alter ändern würde.

Reis und Olek erreichten die Kommandozentrale des Schiffes durch einen Antigravschacht.

»Übernehmen Sie das Schlussmanöver«, sagte Reis zu Olek.

Der Kosmonaut nickte. Er war für jede Abwechslung dankbar.

Reis ließ sich in einem Sessel des Kommandostands nieder und wartete, bis die GOLDEN STAR den Linearraum verlassen hatte. Dann widmete er seine Aufmerksamkeit den Bildschirmen. Die Ortungen liefen an.

»Dort ist Keegans Stern«, sagte Olek triumphierend und deutete auf einen deutlich sichtbaren hellen Punkt auf dem Panoramabildschirm. »Wir werden bald Kontakt mit der CREST IV herstellen können.«

Camaron Olek rechnete offenbar damit, dass der Großadministrator der Besatzung der GOLDEN STAR neue Befehle geben könnte. Reis bezweifelte das. Er war sicher, dass die acht Programmierungswelten in der Großen Magellanschen Wolke inzwischen erobert und die dort lagernden Kristallmassen vernichtet worden waren. Das Kampfgeschehen würde sich im Augenblick auf Gefechte mit den im Dienste der Perlians stehenden Generälen und den Perlians selbst beschränken, wobei die Generäle keine ernstzunehmende Gefahr mehr bedeuteten, falls die Aktion »Sinfonie« erfolgreich verlaufen war. Die Perlians selbst waren hingegen eine noch unbekannte Größe, deren Gefährlichkeit nicht unterschätzt werden durfte.

Die Gurrads mit ihren rund fünftausend teilweise schrottreifen Birnenschiffen spielten bei diesen Auseinandersetzungen nur eine untergeordnete Rolle.

Die Terraner in der Großen Magellanschen Wolke befanden sich in einer Situation, in die man sie gegen ihren Willen hineingedrängt hatte. Von den Ereignissen profitierten in erster Linie die Gurrads, die mit ihnen verwandten Shanganten und auch die wenigen Generäle, die noch nicht der Beeinflussung der Hypnokristalle unterlegen waren.

Durch das Eingreifen der Solaren Flotte im Gebiet der Magellanschen Wolke war allerdings auch verhindert worden, dass die Menschheit weiterhin durch die Tätigkeit der Kristallagenten bedroht wurde.

Die Überlegungen des Majors wurden unterbrochen, als der Funkkontakt zum Flaggschiff der Solaren Flotte zustande kam. Reis persönlich begab sich zum Bildschirm des Funkgeräts.

Der Major schilderte in kurzen Sätzen den Verlauf des Fluges und teilte Perry Rhodan mit, dass Julian Tifflor in wenigen Stunden mit einem Verband von zwanzigtausend Schiffen eintreffen würde. Damit standen dem Großadministrator vierzigtausend Schiffe zur Verfügung. Hinzu kamen die 14. Schwere Offensivflotte der USO und der 82. GSV unter General Ems Kastori. Das war eine beachtliche Streitmacht.

»Ich erwarte Ihre weiteren Befehle«, sagte Daveen Reis abschließend.

»Fliegen Sie das Modula-System an«, sagte Rhodan. »Melden Sie sich dort bei Oberst Nat Ugale, dem Kommandanten der zehn Einheiten zählenden Wachflotte. Alle anderen, vor kurzem noch dort stationierten Schiffe, wurden mittlerweile in andere Gegenden Magellans abgezogen. Das Modula-System gilt mittlerweile als gefahrlos. Sie werden mit Ihrem Schiff in erster Linie als Relaisstation für Funksprüche dienen und eventuell anfallende Kurieraufträge ausführen.«

Daveen Reis hörte Olek unterdrückt seufzen, und er räusperte sich hastig, damit Rhodan die Missfallenskundgebung des Ersten nicht hören konnte.

Die Verbindung zur CREST IV wurde unterbrochen.

Camaron Olek ließ sich in seinen Sessel zurücksinken und warf beide Arme mit einer resignierend wirkenden Geste über die Armlehnen.

»Das Modula-System«, sagte er ärgerlich. »Dort sollen wir also Warteposition beziehen. Abgesehen davon, dass uns ein langweiliger Linearflug von viertausendsechshundertzweiunddreißig Lichtjahren bevorsteht, erwartet uns in diesem System eine uninteressante Aufgabe. Die Oberfläche Modulas ist längst zerstört. Alle Perlians sind geflohen. Was wollen wir noch dort?«

»Sie haben Perry Rhodan gehört«, antwortete Reis gelassen. »Wir dienen als Relaisstation und eventuell als Kurierschiff.«

»Der Kurier des Großadministrators«, brummte Olek. »Ich werde den Verdacht nicht los, dass Sie auch noch stolz darauf sind, Major.«

Reis nickte bedächtig.

»Irgend jemand muss es tun«, sagte er. »Eine Aufgabe ist so wichtig wie die andere.«

Olek verschränkte die Hände im Nacken und lachte verdrossen.

»Vielleicht«, sagte Reis besänftigend, »erwartet uns im Modula-System ein großes Abenteuer.«

Der zweite Planet des Modula-Systems war völlig zerstört. Die Oberfläche der Programmierungswelt erinnerte an eine Kraterlandschaft. Sämtliche Fabriken, Raumhäfen und Schiffe waren der Vernichtung zum Opfer gefallen. Auf Modula II gab es keine Perlians mehr.

Unmittelbar nach der Ankunft der GOLDEN STAR hatte sich Daveen Reis bei dem Kommandanten der zehn im Modula-System stationierten Wachschiffe gemeldet. Nat Ugale war Afroterraner, und er schien ebenso wie Camaron Olek unter der Tatenlosigkeit zu leiden, zu der er in diesem Raumsektor verdammt war.

»Wir warten darauf, dass hier perliansche Schiffe auftauchen«, sagte Nat Ugale. Sein schwarzes Gesicht glänzte im Licht einer auf dem Bildschirm nicht sichtbaren Lampe. »Ich bezweifle aber, dass sich die Drittkonditionierten nach ihrer vernichtenden Niederlage in diesem Gebiet noch einmal sehen lassen.«

»Perry Rhodan hat uns hierhergeschickt, damit wir als Relaisstation arbeiten können«, sagte Reis. »Außerdem sollen wir vielleicht irgendwelche Kurieraufträge übernehmen.«

Ugale grinste teilnahmsvoll.

»Ich kann mir vorstellen, dass Ihre Besatzung nicht bei bester Stimmung ist«, sagte er.

»Die Männer sind daran gewöhnt«, erwiderte Reis arglos. »Die GOLDEN STAR wird häufig als Kurierschiff eingesetzt.«

Camaron Olek, der über Reis' Schultern blickte, konnte sehen, wie Ugales Gesichtsausdruck sich veränderte. Wenn der Oberst bisher in der GOLDEN STAR eine Verstärkung seines Verbandes gesehen hatte, so schien er jetzt nicht mehr davon überzeugt zu sein, dass die GOLDEN STAR und ihr Kommandant eine Hilfe bedeuteten. Olek konnte im Gesicht des Obersten lesen wie in einem Buch. Er stieß einen lautlosen Fluch aus. Warum musste Reis immer hinausposaunen, dass sie als Kuriere tätig waren?

»Wählen Sie eine Umlaufbahn für Ihr Schiff«, sagte Nat Ugale. »Warten Sie weitere Befehle ab.«

»Gewiss, Sir«, stimmte Reis freundlich bei.

Die Verbindung wurde unterbrochen.

Daveen Reis blickte zurück.

»Jetzt können wir unsere Beine unter den Tisch stecken«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass so schnell irgend etwas geschieht.«

Olek schüttelte unwillig den Kopf.

»Suchen Sie sich irgendeine Beschäftigung«, empfahl ihm Reis. »Führen Sie Berechnungen über die Umlaufbahnen der drei Planeten Modulas aus.«

Der Erste Offizier starrte auf seine Hände hinab.

»Vielleicht würde ich meine Nägel abkauen, wenn sie einen besseren Geschmack hätten«, sagte er. »Außerdem befürchte ich, dass sie nicht lange vorhalten würden.«

»Eines Tages werden Sie wieder Ihr eigenes Schiff kommandieren«, sagte Reis.

»Das kann schon sein«, gab Olek zu. »Ich fürchte nur, man wird es mir bald wieder abnehmen.«

Er erhob sich und ließ den Major allein in der Zentrale zurück. Reis hatte wenig Lust, in seine Kabine oder ins Observatorium zu gehen. Er beobachtete die zehn Wachschiffe, die sich deutlich auf den Orterbildschirmen abzeichneten. Fünf davon hatten eine Kreisbahn um Modula II eingeschlagen, die anderen standen im Raum.

Die GOLDEN STAR befand sich jetzt auf einer weiten Kreisbahn um den zweiten Planeten der Sonne Modula. Das Kurierschiff würde auch dann seine Position beibehalten, wenn Ugales Schiffe aus irgendwelchen Gründen schnellstens abgerufen würden.

Daveen Reis konnte sich vorstellen, wie Camaron Olek sich jetzt hinter einem Stapel von Büchern vergrub, um komplizierte Berechnungen anzustellen. Fast alle Raumfahrer stellten nur widerwillig navigatorische Berechnungen an. Olek dagegen machte eine solche Arbeit Spaß. Allein die Tatsache, dass er ein kosmonautisches Genie war, hatte seine endgültige Entlassung aus der Solaren Flotte verhindert. Olek hatte es innerhalb weniger Jahre auf eine stattliche Zahl sinnloser Befehlsübertretungen gebracht. In den meisten Fällen war es ihm nur darum gegangen, seinen eigenen Willen durchzusetzen. Das hatte seinem kometenhaften Aufstieg ein jähes Ende bereitet.

Unter halbgeschlossenen Lidern beobachtete Major Reis die Männer, die in der Zentrale Dienst taten. Er wusste, dass er sich auf sie verlassen konnte. Das Gefühl völliger Sicherheit verstärkte seine Schläfrigkeit. Seine Gedanken verwirrten sich. Sein Kopf sank nach vorn.

Das Schrillen der Alarmsirenen traf ihn wie ein Schlag.

Er zuckte zusammen und richtete sich im Sessel auf.

Die Stimme des Funkers kam ungewöhnlich laut aus dem Lautsprecher des Interkoms.

»Alarm, Sir!«

Reis blinzelte verwirrt.

»Was ist geschehen?«, erkundigte er sich.

»Direktgespräch mit Oberst Nat Ugale, Sir.«

Mechanisch schaltete Reis den Hyperkombildschirm ein. Hinter sich hörte er schweres Atmen. Im gleichen Augenblick ließ sich Camaron Olek in den Sessel neben Reis sinken. Der Major fragte sich verblüfft, wie er es geschafft hatte, so schnell in die Zentrale zu kommen.

»Hyperfunkalarm!«, rief Ugale, bevor er noch sichtbar wurde. Einige Zackenlinien liefen über den Bildschirm, dann tauchte das Gesicht des Afrikaners auf. Die Augen Ugales schienen unnatürlich weit geöffnet zu sein, ein sicheres Zeichen seiner Erregung.

»Was ist geschehen?«, fragte Reis erneut.

Olek beugte sich nach vorn.

»OLD MAN ist im Gebiet von Navo-Nord aus dem Linearraum gebrochen«, sagte Ugale.

Erneut hatte sich gezeigt, wie unberechenbar OLD MAN durch die Anfälligkeit seiner Steuergehirne geworden war. Als niemand mehr damit gerechnet hatte, war der Robotgigant im Gebiet von Navo-Nord aufgetaucht und hatte den Großalarm ausgelöst. Überall im Gebiet der Kleingalaxis standen Wachschiffe, die als Funkbrücken dienten und die eintreffenden Nachrichten weiterleiteten.

Perry Rhodan hatte unmittelbar nach der Materialisation des Riesenrobots im zweiundzwanzig Lichtjahre von Keegans Stern entfernten Orientierungspunkt Navo-Nord den Befehl zur Verfolgung gegeben. Die zwanzigtausend Raumschiffe der Solaren Flotte hielten sich jedoch zurück und spielten lediglich die Rolle aufmerksamer Beobachter.

OLD MAN hatte offenbar von den Kristallen, die seine Steuergehirne beeinflussten, den Befehl erhalten, zunächst einmal Navo-Nord als Zielstern anzufliegen.

Unmittelbar nach Beginn des Großalarms trafen zwanzigtausend Schiffe unter dem Kommando von Julian Tifflor im Gebiet von Navo-Nord ein. Damit war ein großer Teil der Solaren Flotte in der Großen Magellanschen Wolke versammelt.

OLD MAN hatte inzwischen seine Fahrt verlangsamt und eine unregelmäßige Kreisbahn um Navo-Nord eingeschlagen. Es war offensichtlich, dass die kosmonautische Navigation zu einem nahezu unlösbaren Problem für die Steuergehirne wurde. Es gelang ihnen kaum noch, die Fahrt des Robotgiganten zu stoppen und einen exakten Kurs einzuschlagen.

Jede Bewegung OLD MANS wurde von der CREST IV aus aufmerksam verfolgt.

»Ich frage mich, wohin sich der Koloss demnächst wenden wird«, murmelte Roi Danton. »Weder die Steuergehirne noch die Kristallagenten wissen, was inzwischen in der Großen Magellanschen Wolke geschehen ist. OLD MAN wird also versuchen, seinen ursprünglichen Auftrag auszuführen.«

»Richtig«, bekräftigte Atlan. »Dieser Auftrag kann nur darin bestehen, eine der Programmierungswelten anzufliegen, um dort präparierte Kristalle an Bord zu nehmen.«

Auf den Bildschirmen war deutlich zu beobachten, wie sich die 40.000 terranischen Schiffe auf breiter Front dem Robotgiganten näherten. Bald erwies es sich, dass die Ortungsanlagen OLD MANS noch einwandfrei arbeiteten, denn schlagartig erschienen fünfzehntausend Schlachtschiffe der Galaxisklasse im Raum. OLD MAN hatte eine starke Streitmacht ausgeschleust.

»Willst du dich in einen Kampf mit diesen Schiffen einlassen?«, erkundigte sich Atlan beunruhigt.

»Nein«, sagte Rhodan knapp.

Er ließ eine Funkverbindung zu allen Schiffskommandanten herstellen und befahl, dass jede Feindberührung vermieden werden sollte.

Rhodan wollte weiterhin den Beobachter spielen.

Bevor die Ultraschlachtschiffe des Robotgiganten heran waren, hatten sich die 40.000 terranischen Einheiten in sichere Entfernung zurückgezogen.

»OLD MAN ist offenbar unschlüssig, was er tun soll«, stellte Atlan fest. »Die erwarteten Befehle bleiben aus.« Er strich über sein Gesicht. »Wir haben Glück, dass die Perlians nichts von der Ankunft ihres mächtigen Verbündeten wissen. Wenn es den Drittkonditionierten gelingen sollte, den Riesenrobot für ihre Zwecke zu aktivieren, wäre unser Gastspiel in der Großen Magellanschen Wolke beendet.«

Rhodan hoffte, dass die überall auf dem Rückzug befindlichen Perlians keine Gelegenheit mehr erhielten, sich mit OLD MAN in Verbindung zu setzen.

Das Schicksal der Terraner in der Großen Magellanschen Wolke hing im Augenblick von vielen Zufällen ab.

Camaron Oleks sehnige Hände verkrampften sich um zwei Haltestangen an den Kontrollen. Seine Backenmuskeln arbeiteten. Daveen Reis, der den Ersten Offizier von der Seite her beobachtete, wusste, warum Olek erregt war. Vor wenigen Augenblicken hatte sich Oberst Nat Ugale vom Kommandanten der GOLDEN STAR verabschiedet. Die zehn Schiffe, die bisher im Modula-System Wache gehalten hatten, wurden jetzt an anderer Stelle gebraucht.

Nur die GOLDEN STAR blieb zurück.

Der Leichte Kreuzer würde nicht in eventuelle Kämpfe mit OLD MAN eingreifen. Für Camaron Olek bedeutete das eine persönliche Zurücksetzung. Er wusste, dass er keine Gelegenheit bekam, sich zu bewähren.

Die zehn Leuchtpunkte auf dem Panoramabildschirm erloschen.

»Weg sind sie«, sagte Olek bitter.

»Sie haben gehört, wozu Rhodan die Schiffe benötigt«, erwiderte Daveen Reis ruhig.

»Man hat uns aufs Abstellgleis geschoben«, beklagte sich Olek. »Nach Oberst Ugales Aussage werden nicht nur Schiffe zur Beobachtung OLD MANS benötigt, sondern auch zur Bewachung der gurradschen Stützpunkte. Warum hat man der GOLDEN STAR nicht den Befehl gegeben, einen Planeten der Gurrads anzufliegen und ihn gegen etwaige Angriffe der Perlians zu verteidigen?«

»Wir dienen als Funkbrücke«, sagte Reis. »Das wissen Sie ganz genau, Captain.«

Ugale hatte Major Reis mitgeteilt, dass Rhodan fünftausend Schiffe zur Unterstützung der Gurrads abstellen wollte. Die Guerillas hatten sich darüber beklagt, dass ihre Stützpunktplaneten nach dem Auftauchen des Riesenrobots plötzlich von den solaren Streitkräften entblößt wurden.

Olek stand mit einem Ruck auf und wanderte vor den Kontrollen hin und her. Die in der Zentrale anwesenden Offiziere und Techniker kümmerten sich nicht um ihn. Sie wussten, dass er ein überschäumendes Temperament besaß.

»Was sollen wir hier tun?«, fragte Olek. »Wenn wir Pech haben, umkreisen wir tagelang diesen öden Planeten.«

Reis sagte: »Es gibt viele Möglichkeiten, für Abwechslung zu sorgen.«

Olek blieb stehen und runzelte die Stirn. »So?«, meinte er. »Woran denken Sie, Sir?«

»Wir können eine Space-Jet ausschleusen und Erkundungsflüge dicht über der Oberfläche Modulas durchführen«, sagte Reis.

»Beschäftigungstherapie«, sagte Olek. »Aber immer noch besser als tatenloses Herumsitzen in der GOLDEN STAR.«

Reis lächelte nachsichtig. »Die terranische Wirtschaft kann froh sein, dass Sie Raumfahrer wurden«, meinte er. »Als Chef irgendeines Konzerns hätten Sie in einigen Monaten eine wirtschaftliche Revolution heraufbeschworen.«

Olek machte eine verächtliche Bewegung.

»So etwas lässt sich nur vom Schreibtisch aus erledigen«, sagte er. »Dazu bin ich nicht der rechte Mann.«

»Stellen Sie sich vor, die Menschheit würde mit dem gesamten Universum in Frieden leben«, sagte Reis.

»Was würden Sie dann tun?«

»Wollen Sie mich in die Enge treiben?«, fragte Olek misstrauisch.

Daveen Reis antwortete nicht. Er schaltete den Interkom ein und befahl den Hangartechnikern, eine Space-Jet vorzubereiten.

»Sie können das Kommando über das Beiboot übernehmen«, bot er Olek an. »Suchen Sie sich ein paar Männer aus, die Sie begleiten. Ich möchte auf keinen Fall, dass Sie auf Modula landen. Es genügt, wenn Sie einige Aufnahmen machen.«

»Einverstanden«, sagte Olek.

2.

Der dritte Planet der Sonne Modula durchmaß nur 2618 Kilometer. Die eiserstarrte Welt besaß keine Atmosphäre. Die Gravitation des Planeten betrug 0,26 Gravos.

Kein humanoides Wesen hätte sich ohne ausreichende technische Schutzmaßnahmen auf diese trostlose Welt begeben können.

Roi Danton, der diesen Planeten mit der FRANCIS DRAKE entdeckt hatte, war nie auf den Gedanken gekommen, dass es dort Leben geben könnte. Auch Perry Rhodan hatte die Eiswelt unbeachtet gelassen.

Am 22. Dezember erreichte der Schwingungsalarm den dritten Planeten der Sonne Modula. Die auf fünfdimensionaler Hyperbasis liegende Impulsfrequenz durchdrang mühelos die Eismassen.

In einer eisumschlossenen Höhle, die auf dem Gipfel eines Gletscherberges entstanden war, schlief der Zweitkonditionierte. Die stählernen Wände waren vollkommen von Eis umschlossen.

Tro Khon lag in einer muldenartigen Vertiefung im Boden. Seit 31 Jahren terranischer Zeitrechnung befand er sich in einem lebenserhaltenden Tiefschlaf. Sämtliche Körperzellen des Wesens waren durch totale Strukturverwandlung in kristalline, völlig unempfindliche Gebilde umgewandelt worden.

Stunden bevor Tro Khon erwachte, begannen die verschiedenen Maschinen, die ringsum an den Wänden aufgestellt waren, unter dem Einfluss des Schwingungsalarms zu arbeiten.

Ein heftiger Impuls erreichte Tro Khons Symboflex-Partner.

Der primitive Symbiont, der normalerweise von Tro Khons Kreislauf ernährt und beschützt wurde, war in der Lage, auch im Tiefschlaf Impulswellen zu registrieren und an seinen Wirtskörper weiterzugeben. Der Symboflex-Partner lag in Höhe der Schulterpartie Tro Khons. Dort war er wie eine dicke Wurst eingebettet. Er bildete einen Halbkreis, der, von vorn betrachtet, das Genick vollkommen umschloss und mit seinen Enden den äußeren Rand der Schultern erreichte. Der weiße Symbiont hob sich gegen Tro Khons tiefschwarze Haut ab. Seine Nervenfasern standen ständig mit den beiden Gehirnen des Zweitkonditionierten in Verbindung.

Der Symboflex-Partner registrierte den fünfdimensionalen Alarmimpuls und gab ihn an das Ordinärgehirn Tro Khons weiter. Instinktiv fühlte das mit nur geringer Intelligenz ausgestattete Tier, dass es zum Tod verurteilt war, wenn Tro Khon nicht in kurzer Zeit erwachte. Der Symboflex-Partner war ganz von Tro Khons Kreislauf abhängig. Im Augenblick jedoch war der Körper des Zweitkonditionierten ein erstarrter Kristallklumpen.

»Aufwachen!«, sendete der Symbiont.

Einzelne Willensstörungen bildeten sich im Ordinärgehirn Tro Khons. Der Symboflex-Partner registrierte sie mit unbewusster Zufriedenheit. Allmählich verwandelte sich die tote kristalline Struktur von Tro Khons Körper in normales Zellgewebe. Noch bevor dieser Prozess abgeschlossen war, begann Tro Khon zu stöhnen. Erste, noch unklare Überlegungen fanden im Ordinärgehirn statt. Auch das Plangehirn begann allmählich zu arbeiten.

Tro Khon bewegte sich in seiner Mulde.

»Aufwachen!«, sendete der kleine Symbiont unverdrossen. »Sofort aufwachen!«

Der Symboflex-Partner war in der Lage, eine Zehntelsekunde in die Zukunft zu sehen. Außerdem diente er als Empfänger und Sender fünfdimensionaler Nachrichten.

Etwa zehn Minuten, nachdem der Symboflex-Partner den Schwingungsalarm registriert hatte, begannen die Lebenskräfte Tro Khons endgültig zurückzukehren. Das ungeheure Regenerationsvermögen seines metabolischen Organismus ließ ihn rasch zu einem vollwertigen Schwingungswächter werden. Als Tro Khons Plangehirn erfasste, was der Schwingungsalarm bedeutete, erstarben alle Bewegungen des kolossalen Körpers. Der Symboflex-Partner zuckte zusammen. Er begann zu befürchten, dass sein Wirtskörper wieder absterben könnte. Doch die warmen Ströme, die ihn durchfluteten, überzeugten ihn vom Gegenteil und ließen ihn ruhig werden.

Unter der pulsierenden Haut des Symbionten zeichneten sich jetzt zehn dunkle Klumpen ab, die sich ständig in Bewegung befanden. Es sah aus, als trieben sie durch eine zähflüssige Masse.

Tro Khon lag vollkommen still.

Er verarbeitete die erschreckenden Nachrichten. Noch zögerte er, irgend etwas zu unternehmen. Er wollte abwarten, bis seine Erregung sich gelegt hatte. In der augenblicklichen Lage konnte sich jeder Fehler als verhängnisvoll erweisen. Nachdem die Drittkonditionierten offenbar versagt hatten, durfte er keinen Fehler begehen.

Geduldig wartete er, bis sein Ordinärgehirn sich beruhigt hatte.

Als Tro Khon sich endlich aufrichtete, schickte der Symboflex-Partner einen stummen Jubelruf aus. Für den Symbionten war der Tiefschlaf widernatürlich, und er überstand ihn nur, weil er so eng mit Tro Khon verbunden war.

Allmählich kehrte die Erinnerung an sein letztes Eingreifen in Tro Khons Plangehirn zurück. Er verließ die Mulde und trat an eine der Maschinen heran. Seine Blicke überflogen die Skalen. Er erkannte, dass er nur verhältnismäßig kurze Zeit geschlafen hatte.

Tro Khon wunderte sich wirklich sehr darüber, dass der Schwingungsalarm gerade zu einem Zeitpunkt erfolgt war, zu dem die Drittkonditionierten ihre ersten Siege über die Zeitverbrecher erringen sollten. Offenbar hatte die Auseinandersetzung mit dem Gegner einen anderen Verlauf genommen, als sich Tro Khon und die anderen Schwingungswächter erhofft hatten.

»Ich habe den Drittkonditionierten nie viel zugetraut«, sagte Tro Khon zu seinem Symboflex-Partner.

Der Symbiont gab ein vergnügtes Quietschen von sich. Er verstand nicht, was Tro Khon sagte, aber er war dankbar dafür, dass er beachtet wurde.

Vor einer Zeitspanne, die 31 Jahren terranischer Zeitrechnung entsprach, war Tro Khon zum letzten Mal aktiv gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Schwingungswächter den Perlians den Befehl erteilt, mit aller Macht gegen die Zeitverbrecher aus der Nachbargalaxis vorzugehen. Die entscheidende Waffe der Drittkonditionierten sollten die umprogrammierten Kristalle sein. Dreißig Erdenjahre hatten die Perlians benötigt, um die für die Aktion nötigen Kristalle abzubauen und zu programmieren.

Tro Khon hatte allerdings bei aller Geringschätzung keine Niederlage der Perlians einkalkuliert.

Der Schwingungsalarm bewies ihm jedoch, dass die Zeitverbrecher nicht nur die Drittkonditionierten in die Flucht geschlagen, sondern auch sämtliche Mutterkristalle zum Verdunkeln gebracht hatten.

Das war eine unerwartete, aber keineswegs endgültige Niederlage. Weder Tro Khon noch die anderen Schwingungswächter wussten, dass sich ihre Befehle gegen Unschuldige gerichtet hatten. Denn vor 31 Jahren war Perry Rhodan ungewollt mit der CREST IV in die Zeitfalle der MdI geraten.

Wahrscheinlich wäre es nie zu einem Eingreifen der Schwingungswächter gekommen, wenn nicht vor 47 Jahren, also im Jahre 2388 ebenfalls etwas geschehen wäre, was die Zweitkonditionierten hatte aktiv werden lassen.

Damals hatte Lordadmiral Atlan in der Hauptstation der USO in Quinto-Center Versuche mit neuartigen Transformkanonen unternommen. Dabei waren physikalische Effekte aufgetreten, die die Schwingungswächter in der Großen Magellanschen Wolke als den Beginn eines Zeitexperiments registriert hatten. Damals hatte Tro Khon ein Spezialraumschiff in Richtung des Unruheherds losgeschickt. An Bord hatte sich der erste Kristallagent befunden, der in der Milchstraße aufgetaucht war.

Als anschließend nichts mehr geschah, hatte sich Tro Khon wieder zur Ruhe gelegt. Dann jedoch, sechzehn Jahre später, war es zu Rhodans ungewolltem »Zeitverbrechen« gekommen, das Tro Khon und die anderen Schwingungswächter erneut zum Handeln gezwungen hatte.

Vor 31 Jahren hatten die Zweitkonditionierten sich nicht mit einer Strafaktion begnügen können. Diesmal ging es darum, ein Volk zu bestrafen, das offenbar nicht davon ablassen wollte, unbedingt Experimente mit der Zeit zu machen.

Tro Khon war enttäuscht, als er nun erfahren musste, dass die Drittkonditionierten ihr Ziel nicht erreicht hatten.

Die Zeitverbrecher waren den Perlians zuvorgekommen und hatten die Große Magellansche Wolke erobert.

Tro Khon ahnte, dass es längere Zeit dauern würde, bis er seinen Tiefschlaf fortsetzen konnte.

»Wir müssen schnell und umsichtig handeln«, sagte er zu seinem Symboflex-Partner. »Vor allem müssen wir jetzt herausfinden, wie es in diesem Raumsektor aussieht.«

Der Symbiont verstand nicht viel von dem, was sein Wirtskörper sagte, aber er begriff, dass die Zeit des Schlafens nun endgültig vorüber war. Die Erleichterung des kleinen Wesens löste in Tro Khon Erheiterung aus.

Der Zweitkonditionierte ließ sich Zeit, alle Maschinen gründlich zu kontrollieren. Zum ersten Mal empfing er jetzt verschiedene Hilferufe versprengter perlianscher Einheiten.

Tro Khon warf einen Blick auf den Eingang der großen Nebenhöhle, wo der Dolan lag. Es war sinnlos, ihn jetzt schon zu wecken.

Tro Khon entschloss sich, die dringenden Hilferufe perlianscher Kommandanten unbeantwortet zu lassen. Die Drittkonditionierten mussten selbst mit ihren Problemen fertig werden. Sie hatten die große Chance verspielt, die Zeitverbrecher zu besiegen, solange diese noch nicht stark genug waren, einen Gegenangriff zu starten.

Achtlos brach Tro Khon einige Eiszapfen von der Höhlendecke ab und verschlang sie. Aufgrund seines unvergleichbaren Metabolismus war der Zweitkonditionierte in der Lage, jede nur denkbare Materie als Nahrung zu sich zu nehmen.

Er blieb vor einer großen Maschine stehen und betätigte den Hauptschalter. Nun brauchte er sich nicht mehr um die Eismassen zu kümmern, die die Höhle umschlossen. In kurzer Zeit würde die automatische Anlage das gesamte Eis abgetaut und das Schmelzwasser davongeblasen und verdampft haben. Tro Khon hätte die Oberfläche der Eiswelt auch ohne solche Hilfe erreicht, doch er musste an den Dolan denken, der nach dem Erwachen immerhin einhundert Meter durchmessen würde.

»Auf dem zweiten Planeten dieses Systems wollten die Perlians eine Programmierungsanlage errichten«, sagte Tro Khon. »Ich fürchte, es ist nicht mehr viel davon übrig.«

Wie immer erhielt er von seinem Symboflex-Partner eine völlig unbefriedigende Antwort. Doch daran hatte er sich längst gewöhnt. Er schaltete die Bildschirme für Fernortung ein.

»Sieh dir das an«, empfahl er dem Symbionten. »Keine Impulse mehr. Die Perlians scheinen den Programmierungsplaneten verlassen zu haben. Ihre unterseeischen Städte wurden offenbar vernichtet.«

Tro Khon hatte sich auf einen solchen Anblick vorbereitet, deshalb wurde er nicht sonderlich davon getroffen.

»Auf den sieben anderen Welten, wo die Kristalle für den Einsatz vorbereitet wurden, sieht es bestimmt nicht anders aus«, vermutete der Schwingungswächter. »Unsere Gegner müssen die Drittkonditionierten in kurzer Zeit besiegt haben. Findest du nicht auch, dass man daraus gewisse Rückschlüsse über die Stärke der Zeitverbrecher ziehen sollte?«

Der Symbiont fühlte, dass Tro Khon sich mit irgend etwas beschäftigte, und er verhielt sich ruhig.

»Ich glaube, wir sollten wieder abschalten«, meinte Tro Khon. »Alles, was wir zu sehen bekommen, beweist nur, dass wir möglichst schnell eingreifen müssen.«

Er streckte eine Hand aus, ließ sie aber sofort wieder fallen.

»Halt!«, rief er.

Der Symbiont zuckte zusammen.

»Ein Raumschiff!«, stellte der Schwingungswächter fest. »Siehst du es?«

Der Symboflex-Partner war nicht in der Lage, irgend etwas zu sehen. In dieser Beziehung musste er sich ganz auf Tro Khon verlassen. Er verstand nur, dass der Zweitkonditionierte etwas entdeckt hatte, was seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.

»Die Frage ist, ob es sich um ein Schiff der Perlians oder der Zeitverbrecher handelt«, fuhr Tro Khon fort.

Er machte sich an den Schaltern zu schaffen.

»Ein gegnerisches Schiff«, sagte er schließlich. »Es sieht so aus, als könnten wir dort den Dolan unmittelbar nach seinem Aufwachen erproben. Es ist immer gut, wenn er vor dem eigentlichen Einsatz getestet wird.«

Seine Blicke fanden ein Stück nutzloses Leichtmetall, das am Boden lag, und er hob es auf, um es zu sich zu nehmen. Sein Konvertermagen verwandelte es in jene Stoffe, die er zur Erhaltung benötigte.

»Es ist kein sehr großes Schiff«, stellte er fest, nachdem er gesättigt war. »Keine Gefahr für uns.«

Der Symbiont empfing den beruhigenden Impuls, den Tro Khon mit seinen Worten verband.

Tro Khon schaltete die Ortungsanlage aus.

»Diese Geräte lenken mich bei meiner Arbeit nur ab«, erklärte er dem geduldig lauschenden Symbionten.

Er wandte sich von der Ortungsanlage ab. Er hätte jetzt mit dem Erwecken des Dolan beginnen können, aber aus irgendeinem unerklärlichen Grund zögerte er. Langsam blickte er sich um, als läge sein Zögern in einem Gegenstand innerhalb dieses Raumes begründet, dem er bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Aber da war nicht der Grund für seine Reaktion. Er begriff, dass der Eifer, den er seit seinem Erwachen entfaltet hatte, eine volle Erkenntnis der Niederlage der Drittkonditionierten verhindert hatte.

Tro Khon stieß ein unheilvolles Knurren aus. Er, der sich völlig in der Gewalt zu haben glaubte, hätte fast einen nicht wieder gutzumachenden Fehler begangen und die fremden Angreifer unterschätzt. Und das nur, weil er sich geweigert hatte, den Untergang der perlianschen Streitmacht voll und ganz zu akzeptieren.

Die Zeitverbrecher hatten noch vor dem ersten Zusammentreffen einen psychologischen Sieg über ihn errungen. Obwohl dieses Ereignis für spätere Kämpfe unbedeutend war, fühlte Tro Khon, dass er wütend wurde. Er hätte sich nicht aus seinem psychischen Gleichgewicht bringen lassen dürfen.

Der Symbiont spürte den Zorn und die Verwirrung seines Wirtes und schickte beruhigende Impulse aus.

Tro Khon stellte sich vor, er wäre mit seinem Dolan sorglos in den Weltraum hinausgeflogen. Wahrscheinlich hätten die Zeitverbrecher ihn nicht besiegen können, aber vielleicht hätten sie ihm doch eine Niederlage beigebracht.

»Es ist gut, wenn man die Dinge im richtigen Licht sieht«, sagte Tro Khon. »Wesen, die die Drittkonditionierten und die Hypnokristalle abgewehrt haben, sind nicht zu unterschätzen.«

Der Symbiont spürte, dass der Schwingungswächter sich wieder beruhigt hatte und war zufrieden.

»Wie werden sie reagieren, wenn ich auftauche«, fragte sich Tro Khon. »Sicher besitzen sie ausgezeichnete Nachrichtenverbindungen. Natürlich, wenn sie eine hochentwickelte Raumfahrt haben, müssen sie über ein angemessenes Kommunikationsprinzip verfügen.«

Er kehrte zur Mulde zurück, in der er geschlafen hatte. Seine drei Augen richteten sich auf die Schlafstelle.

Einen Augenblick überlegte er, ob längere Schlafzeiten vielleicht doch schädlich waren. Vielleicht riefen sie gewisse Veränderungen im Plangehirn hervor.

»Es wird Zeit, dass ich den Dolan wecke«, murmelte er. »Allmählich komme ich auf dumme Gedanken.«

Der Gedanke an den Dolan erwärmte ihn. Sein Bündnis mit dem Dolan war vielleicht noch enger als das mit dem Symboflex-Partner, obwohl der Symbiont ständig bei ihm war.

Tro Khon betätigte die Schaltung, die den Eingang zur benachbarten Eishöhle freilegte. Ein Blick auf die verschiedenen Bildschirme zeigte ihm, dass die Eismassen über den Höhlen jetzt fast abgetaut waren.

Der Weg an die Oberfläche war frei.

Tro Khon spürte die Eifersucht des Symbionten, als das kleine Wesen instinktiv fühlte, wie sich das Interesse seines Wirtes dem Dolan zuwandte. Der Zweitkonditionierte musste über solche Regungen innerlich lachen.

Die mächtige Stahltür, die beide Höhlen voneinander trennte, schob sich zur Seite.

Der Dolan war eine synthetisch erzeugte Gewebezusammenballung, die aus dem gleichen Zellmaterial wie Tro Khons Körper bestand.

Ein Dolan besaß nur eine schwache Intelligenz, die sich ausschließlich in primitiven Gefühlen äußerte. Unterwürfige Hörigkeit, aber auch eine gewisse Sturheit gehörten zu den hervorstechenden Eigenschaften der Dolans.

Tro Khons Dolan hätte jeden anderen Schwingungswächter, der es gewagt hätte, ihn zu betreten oder ihm Befehle zu erteilen, auf der Stelle vernichtet. Nur ein Befehl Tro Khons konnte den Dolan veranlassen, einen anderen Zweitkonditionierten anzuerkennen.

Tro Khons Dolan war vor unendlichen Zeiten künstlich erschaffen worden. Aber der Schwingungswächter betrachtete den Dolan längst nicht mehr als Retortenwesen, sondern als nützlichen Gehilfen.

Der Boden knirschte unter Tro Khons Füßen, als er auf die zweite Höhle zuging. In beiden Höhlen war es dunkel; nur die Bildschirme und Kontrollen verbreiteten schwaches Licht. Tro Khon fand sich jedoch mit seinen infrarotempfindlichen Augen in der Dunkelheit gut zurecht.

An der Grenze zwischen beiden Höhlen blieb er stehen.

Der Dolan war ein unförmiges, fladenähnliches Gebilde, das fast den gesamten Boden der benachbarten Höhle bedeckte.

»Da liegt er und schläft«, sagte Tro Khon abwesend. »Er weiß nichts von meinen Problemen.«

Der Symbiont verhielt sich ruhig. Er fühlte, dass entscheidende Ereignisse bevorstanden. Noch immer trafen ihn die Impulse des Schwingungsalarms. Sie fluteten durch seinen Körper wie elektrischer Strom.

Tro Khon betrat die Höhle des Dolan.

Er beugte sich hinab und strich über die vernarbte und schlaff aussehende Haut des seltsamen Wesens.

Der Dolan reagierte nicht.

Etwa fünfzig Meter von Tro Khon entfernt flammten einige Lämpchen auf. Sie gehörten zur Kontrollanlage der Erweckungsmaschinerie. Das Erwachen eines Dolan aus dem Tiefschlaf war ungleich komplizierter als das eines Schwingungswächters. Das lag vor allem an der Verschiedenartigkeit der sieben Exekutoren, die der Dolan beherbergte. Jeder dieser Bewusstseinsinhalte war so empfindlich, dass die geringste Unregelmäßigkeit genügte, um ihn für längere Zeit arbeitsunfähig zu machen.

Tro Khon beeilte sich, die Kontrollen zu erreichen. Sein Plangehirn verglich die vorliegenden Werte mit jenen, die ihm seine Erfahrung als die günstigsten lehrte. Er konnte zufrieden sein, obwohl einige Schwankungen auftraten.

Der mächtige Körper des Dolan wurde von einem Zucken durchlaufen. Tro Khon kümmerte sich nicht darum. Die Zellstruktur des Dolan hatte sich bereits weitgehend normalisiert.

Der Schwingungswächter wusste, dass die Gefahr bestand, dass der Dolan nach seinem Erwachen Amok lief. Die Geschichte lehrte, dass es Exekutoren gab, die einen längeren Tiefschlaf nicht überstanden oder wahnsinnig wurden. Sobald sie erwachten, veranlassten sie den Dolan zu unüberlegten Handlungen.

Tro Khons Blicke lösten sich von den Kontrollen und gingen zu dem Dolan zurück. Unter der zusammengefalteten Haut zeichneten sich deutlich die einzelnen Maschinen ab, die mit dem Zellgewebe des Dolan verwachsen waren.

Der Zweitkonditionierte wusste auch, dass er im Augenblick wenig tun konnte. Er überprüfte das eigroße Gerät an seinem linken Handgelenk, mit dessen Hilfe er sich mit dem Dolan und den sieben Exekutoren verständigen konnte. Das Gerät war mit seiner Körperhaut verschmolzen und wirkte wie ein dickes Geschwür.

Tro Khons akustische Anweisungen, aber auch seine Gedankenimpulse wurden von diesem Apparat empfangen und als Funkwellen ausgestrahlt. Die Exekutoren antworteten in ähnlicher Weise. Tro Khon hatte sich längst an die etwas umständliche Methode der Verständigung gewöhnt. Er konnte sich mit jedem seiner Mitarbeiter einwandfrei unterhalten.

Der Dolan mit seinen sieben Exekutoren war ein starker Verbündeter.

Der tiefschwarz glänzende Körper des Dolan bewegte sich immer heftiger. Er ähnelte jetzt einem zusammengefallenen Fallschirm von überdimensionaler Größe. Das Bewusstsein des Dolan arbeitete umständlich und langsam. Das lag zum Teil an seiner Schläfrigkeit, zum Teil auch an seiner Unfähigkeit, komplizierte Gedankengänge zu Ende zu führen. Es fiel dem Dolan schwer, Vergangenheit und Gegenwart zu unterscheiden, so dass die Erinnerung sein Vorgehen beeinflusste. Er spürte das unkontrollierte Zucken seines Körpers, aber er war viel zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, um sich darum zu kümmern. Allmählich nur erinnerte sich der Dolan an seine vordringlichste Aufgabe. Er musste die sieben Exekutoren aktivieren, damit er überhaupt in der Lage war, dem Schwingungswächter zu dienen.

Die Gedanken an den Zweitkonditionierten erwärmten den Dolan. Er sah seine Lebensaufgabe darin, Tro Khon zu dienen.

Der Dolan spürte die Nähe Tro Khons.

Ohne seine Exekutoren war er jedoch blind und taub. Er war auf die sieben Bewusstseinsinhalte angewiesen, mit denen zusammen er eine phantastische Gemeinschaft bildete.

Jeder der sieben Exekutoren hatte innerhalb des Dolan eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Mit Tro Khons Hilfe hatte der Dolan sieben Wesen ausgesucht, die für die ihnen zugedachten Aufgaben am besten geeignet waren. In einem abgeschlossenen Raum des Dolan lagen die sieben erstarrten Körper jener Wesen, deren Bewusstseinsinhalte mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten dem Dolan zur Verfügung standen. Die Körper waren praktisch tot, aber Tro Khon besaß die Möglichkeit, ihnen das Bewusstsein zurückzugeben und sie freizulassen. Keiner der sieben Exekutoren wäre jedoch freiwillig in seinen angestammten Körper zurückgekehrt. Denn nichts konnte die Zusammenarbeit und die Freundschaft der sieben Bewusstseinshüter untereinander ersetzen.

Exekutor Nr. 1 erfüllte innerhalb des Dolan-Transportkörpers die Funktion des Kosmonauten. Er stellte Berechnungen an und arbeitete die Daten bevorstehender Flüge aus. Er entschied, ob Kurskorrekturen vorgenommen wurden. Sein Wissen über Sonnen und Planeten war nahezu unbegrenzt.

Der zweite Exekutor war für die Flugtechnik verantwortlich. Er überwachte die Beschleunigung, den Bremsvorgang und alle anfallenden Flugmanöver des Dolan.

Das dritte von dem Dolan übernommene Bewusstsein kontrollierte die Funktion sämtlicher technischer Anlagen im Innern. Es überwachte alle anfallenden Reparaturen und achtete darauf, dass der riesige Gewebekörper in einwandfreiem Zustand blieb.

Einer der wichtigsten Exekutoren war Nr. 4. Er war verantwortlich für Ortung, Verständigung und Funk. Nr. 4 galt als einer der am meisten beschäftigten Bewusstseinshüter.

Exekutor Nr. 5 übernahm die Kontrolle des Dolan-Körpers bei Bewegungen auf allen Planeten, auf sonstigen Festkörpern, sowie im Wasser. Das war mit eine der einfachsten Aufgaben, erforderte jedoch ein großes Einfühlungsvermögen.

Das sechste Mitglied des so genannten Symposiums arbeitete als Kontrolleur des gesamten Waffen- und Abwehrsystems. Auf Grund dieser verantwortlichen Stellung besaß Exekutor Nr. 6, ebenso wie Nr. 1 eine gewisse Vorrangstellung, über die jedoch niemals gesprochen wurde. Unter den Bewusstseinshütern gab es weder Streitigkeiten noch irgendwelche feindlichen Gefühle.

Der letzte der sieben Exekutoren beherrschte die Registratur und die gesamte Analyse. Er erfüllte die Aufgabe, die an Bord eines normalen Raumschiffs der Bordpositronik zukam.

Sämtliche Exekutoren waren direkt mit der Zellmasse des Dolan verbunden. Alles, was von ihrer Anwesenheit zeugte, waren ihre verlassenen Körper in einem abgelegenen Raum des Dolan. Diese sieben Körper waren so verschieden, dass niemand, der sie gesehen, an eine Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen diesen Wesen geglaubt hätte.

Der Dolan begann, seine künstlich gezüchtete Zellstruktur aufzublähen. Die einzelnen Zellen vergrößerten sich. Der Dolan dehnte sich aus. Seine Außenhülle begann zu knistern. Es war ein unheimlicher Anblick, wie der flache Gewebeklumpen sich allmählich aufplusterte. Nach einer halben Stunde füllte das Wesen die Hälfte der geräumigen Höhle aus. Einzelne Etagen waren bereits im Innern des Dolan zu erkennen.

Ein erwachter und einsatzbereiter Dolan war kugelförmig und durchmaß einhundert Meter.

Der Dolan spürte, wie ihn ein fragender Impuls erreichte.

Tro Khon wollte wissen, ob die Exekutoren bereits aktiviert waren. Neues Pflichtbewusstsein durchströmte den Dolan. Er war bereit, seinem Gebieter alle Wünsche zu erfüllen. Augenblicklich begann er mit dem Erwecken der sieben Bewusstseinshüter.

Zunächst meldete sich der Exekutor Nr. 4.

Die Begrüßung zwischen dem Dolan und dem fremden Bewusstsein war herzlich. Trotzdem spürte der Dolan immer wieder, dass er in diesem Symposium die untergeordnete Persönlichkeit war. Jeder der sieben Exekutoren war dem Trägerkörper überlegen. Die Exekutoren bemühten sich zwar, den Dolan die Unterschiede nicht merken zu lassen, aber das eigenartige Wesen war feinfühlig genug, um zu erkennen, dass es sich bereits in der Herkunft von den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft unterschied.

»Der Schwingungswächter ruft uns«, teilte der Dolan dem vierten Exekutor mit. »Eine neue Aufgabe ist zu lösen.«

Exekutor Nr. 4 achtete kaum darauf, was der Trägerkörper ihm mitteilte. Seine tastenden Gedanken interessierten sich im Augenblick nur für die anderen Bewusstseinshüter.

»Sie sind noch nicht aktiviert«, entschuldigte sich der Dolan.

Nr. 6 erwachte, und es kam zu einer feierlichen Begrüßung zwischen dem Kontrolleur des Ortungs- und Funksystems und dem Beherrscher der Waffen- und Abwehranlagen.

Der Dolan schaltete sich behutsam in das Zeremoniell ein.

»Ich weiß nicht, was mit dem Kosmonauten ist«, sendete er unruhig. »Normalerweise erwacht er immer zuerst.«

Die beiden anderen waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie der Mitteilung des Dolan besondere Bedeutung beigemessen hätten.

Nr. 2 erwachte und begann sofort enttäuscht zu fragen, warum man ihn geweckt hätte, da doch der Start noch nicht bevorstand.

Der Dolan entschloss sich, einen Bestätigungsimpuls an Tro Khon zu geben. Drei Bewusstseinsinhalte waren erwacht. In kurzer Zeit würden alle sieben einsatzbereit sein. Noch während der Dolan sich mit dem Schwingungswächter in Verbindung setzte, erwachte Exekutor Nr. 7.

Was war mit Nr. 1?

Die Unruhe des Dolan wuchs. Sie übertrug sich auf die bereits erwachten Bewusstseinshüter. Die Freude über die geistige Wiedervereinigung nach dem Erwachen wurde von der aufflackernden Angst erstickt.

Der Dolan schickte einen neuen Aktivierungsstrom durch sein Zellgewebe. Augenblicklich kamen die Exekutoren Nr. 3 und 5 zu sich. Sie hatten keine Zeit, Wiedersehen mit den anderen zu feiern. Sofort empfingen sie die Nachricht vom Ausbleiben des beliebten Kosmonauten.

Der Dolan spürte, wie die sechs erwachten Bewusstseinshüter von Panik ergriffen wurden. Hastig sandte er eine Nachricht an Tro Khon. Er fühlte Schmerz und Verzweiflung der erwachten Bewusstseinshüter, die bereits über ihren ausgebliebenen Verbündeten in große Trauer verfallen waren.

Allmählich begann der Dolan zu begreifen, dass Exekutor Nr. 1 gestorben war.

Neben dem über vier Meter großen Schwingungswächter wirkte der aufgeblähte Dolan wie ein Gebirge aus schwarzem Erz. Verschwunden waren die verschiedenen Ausbuchtungen, die bei dem schlafenden Dolan jene Stellen gekennzeichnet hatten, wo sich die Maschinen und anderen Einrichtungen befanden.

Der Dolan war bereit, die Höhle zu verlassen und in den Einsatz zu gehen.

Tro Khons unbewusste Furcht, es könnte zu einem Zwischenfall kommen, legte sich allmählich. Ein Teil der Exekutoren war bereits erwacht. Alles andere war nur noch Routine.

Der Zweitkonditionierte spürte, wie das kleine Gerät, das in seinem linken Handgelenk verwachsen war, zu pochen begann. Der Dolan und die Bewusstseinshüter sendeten eine Nachricht.

»Exekutor Nummer Eins ist nicht erwacht!«

Tro Khons Augen richteten sich ungläubig auf die Außenhülle des flugbereiten Dolan. Verstandesmäßig verarbeitete sein exakt funktionierendes Plangehirn die Nachricht sofort. Gefühlsmäßig jedoch löste die Hiobsbotschaft ein Chaos in Tro Khon aus. Er wusste, welche Konsequenzen sich aus dem Ausfall eines Exekutors ergaben. Ausgerechnet der Kosmonaut, wichtigstes Glied in der Bewusstseinskette, war gestorben. Der Dolan wiederholte die Nachricht, als Tro Khon keine Antwort sendete.

»Verstanden«, gab der Schwingungswächter hastig zurück. Er fühlte die Panik der überlebenden Exekutoren. Sie vermissten den geschätzten Partner. Es würde Tro Khon schwerfallen, geeigneten Ersatz zu finden. Viel schlimmer jedoch war der Zeitverlust, den er durch diesen unvorhergesehenen Zwischenfall erlitt. Bis ein neuer Kosmonaut eingearbeitet war, konnten die Zeitverbrecher in der Kleingalaxis bereits Fuß gefasst haben.

Tro Khon betätigte das kleine Radiogerät.

»Versuche es noch einmal!«, befahl er dem Dolan. »Vielleicht bedarf Exekutor Nummer Eins einer stärkeren Aktivierung als bisher.«

Der Dolan bestätigte den Befehl, aber es war offensichtlich, dass weder er noch die anderen Bewusstseinshüter an einen Erfolg eines zweiten Aktivierungsversuchs glaubten. Exekutor Nr. 1 war gestorben, daran gab es nicht den geringsten Zweifel.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Exekutor während des Tiefschlafs aus dem Symposium ausschied, war so gering, dass Tro Khon mit dem Schicksal haderte, weil ihm dieses Missgeschick im entscheidenden Augenblick widerfahren war. Ein Bewusstseinshüter war auch im wachen Zustand keinem Alterungsprozess unterworfen, da sein Körper völlig konserviert in einem geschützten Raum des Dolan lag. Für ein Absterben gab es mehrere Gründe, aber es würde schwer herauszufinden sein, warum das Bewusstsein des Kosmonauten zu existieren aufgehört hatte. Vielleicht war es unbemerkt während des Tiefschlafs erwacht. Es war auch möglich, dass es unbewusst versucht hatte, in seinen Körper zurückzukehren.

»Keine Reaktion!«, meldete der Dolan, während Tro Khon noch überlegte. »Das Symposium ist um einen Exekutor ärmer!«

Tro Khon sank auf seine Laufarme. In dieser Haltung ähnelte er einem sprungbereiten Ungeheuer. In Wirklichkeit war er tief in Gedanken versunken. Sein Plangehirn arbeitete pausenlos. Es stellte Kombinationen zu einer raschen Behebung des Schadens an.

Tro Khon wusste, dass er den sechs Exekutoren Zeit lassen musste, ihren Schmerz zu überwinden. Er durfte jetzt auf keinen Fall mit dem Dolan losfliegen.

»Ich möchte an die Oberfläche«, sendete der Dolan. »Ich bin hungrig.«

Tro Khon verstand. Ebenso wie die Schwingungswächter konnten auch deren Dolans jede Art von Materie zu sich nehmen, um ihren Druck-, Wärme- und Atmungshaushalt zu sichern. Der Dolan konnte mehrere Tonnen Eis in sich aufnehmen, es zunächst in Wasser und dann in lebensnotwendige Stoffe verwandeln. Auf diese Weise nahm er vor allem Sauerstoff zu sich. Der Überschuss wurde in den Zellverbänden gespeichert.

Tro Khon wusste, dass der Dolan in seiner Schlafhöhle nicht genügend Nahrung fand. Um an die Eismassen heranzukommen, hätte er die Metallwände zerstören müssen. Die Eisdecke über der Höhle war inzwischen abgetaut.

Tro Khon rief Exekutor Nr. 5.

»Der Dolan muss an die Oberfläche gebracht werden!«, befahl er. Absichtlich legte er Härte in seine Worte, um den trauernden Bewusstseinshüter aufzurütteln. Als keine Antwort erfolgte, wiederholte der Zweitkonditionierte seine Anordnung in schärferer Form.

»Wozu?«, fragte Exekutor Nr. 5. »Ohne Kosmonaut können wir nicht fliegen.«

»Wir werden fliegen«, versicherte Tro Khon hartnäckig. »Ich werde dafür sorgen, dass wir bald einen neuen Exekutor bekommen.«

Die sechs Bewusstseinshüter protestierten. Sie glaubten nicht, dass sich der geschätzte Partner jemals ersetzen ließe. Tro Khon ließ sich von diesen Protesten nicht beirren. Er wusste, dass sie aufhören würden, sobald das Symposium wieder komplett war. Die sechs Exekutoren würden das Bewusstsein eines jeden Wesens, der als Kosmonaut in Frage kam, mit Freuden aufnehmen.

Das war Tro Khons Hauptproblem. Er musste ein geeignetes Wesen finden.

»Ich bin hungrig!«, meldete sich der Dolan erneut.

Tro Khon gab sich einen Ruck. Er ging auf den Dolan zu. Am unteren Ende war das riesige Transportwesen abgeplattet. Dort bildete sich jetzt ein breiter Schlitz, hoch genug, um den Zweitkonditionierten einzulassen. Tro Khon wusste, dass ihm noch eine unangenehmere Aufgabe bevorstand. Er musste den Körper des verstorbenen Exekutors entfernen. Es war nicht gut, wenn die Leiche – und jetzt war es eine Leiche – an ihrem Platz blieb und die Exekutoren und den Dolan immer wieder an ihren Verlust erinnerte.

Tro Khon verhärtete das Zellgewebe seiner Füße und seiner Laufarme. Er wusste, dass der Dolan es gern hatte, wenn seine innere Haut gekratzt wurde. Eine solche Behandlung würde dem Wesen helfen, Nr. 1 schneller zu vergessen.

Der Schwingungswächter trat durch den offenen Spalt ins Innere des Dolan.

Sofort schloss sich der Eingang unter ihm.

Vor Tro Khon breitete sich ein düsteres Gewölbe aus. Der Boden schimmerte wie Bernstein, so dass er fast durchsichtig wirkte. Wände und Decke dagegen waren dunkelbraun, stellenweise sogar schwarz. Silbrige Fäden durchzogen die Wände. Das waren die längst mit dem Zellgewebe verwachsenen Kabelstränge, die die einzelnen Maschinen miteinander verbanden. Am anderen Ende des Raumes befand sich eine flache Ausbuchtung, die die Form eines Tisches hatte. Dort arbeitete Exekutor Nr. 7.

Für Tro Khon war das Betreten des Dolan ein oft geübter Vorgang, aber er erlag noch immer der Faszination dieses gewaltigen Retortenwesens, das durch seine Exekutoren noch lebendiger wirkte, als ursprünglich geplant war. Tro Khon scharrte über den Boden, und der Dolan drückte seine Zufriedenheit mit eigenartigen Impulsen aus, die über den Empfänger kamen. Mehr als er wusste, waren Tro Khon und sein Symboflex-Partner in diesem Augenblick Mitglieder des seltsamen Symposiums.

»Ich muss den Körper des Kosmonauten entfernen, sobald wir an der Oberfläche sind«, sagte Tro Khon, als er langsam weiterging.

»Einverstanden«, erwiderte der Dolan sofort.

Die Exekutoren schwiegen. Offenbar erkannten sie die Notwendigkeit von Tro Khons Handlung.

Der Zweitkonditionierte begab sich in den kleinen Kontrollraum des Dolan. Dort hatte er nicht viel Platz, aber mit Hilfe des vierten Exekutors konnte er die Außenwelt beobachten.

»Vorwärts!«, befahl er dem fünften Kontrolleur. »Der Dolan muss jetzt aus seiner Höhle gebracht werden, damit er sich an der Oberfläche sättigen kann.«

Der Dolan erhob sich ruckartig, ein sicheres Zeichen dafür, dass Exekutor Nr. 5 sich nicht vollständig auf seine Aufgabe konzentrierte. Tro Khon machte es wenig aus, wenn er durchgeschüttelt wurde, aber er konnte nicht zulassen, dass die Exekutoren ihren Launen nachgaben, wenn sie sich im Einsatz befanden. Er warnte Nr. 5 in scharfer Form, und schon verlangsamten sich die Bewegungen des Dolan.

Stämmige Pseudoglieder wuchsen aus der unteren Hälfte des Retortenwesens.

Auf ihnen ruhte der kugelförmige Hauptkörper, der sich schnell der Oberfläche des Gletschers näherte. Tro Khon beobachtete, wie aus der Seite des Dolan krallenbewehrte Tentakel hervorwuchsen. Sie schnellten auf das ewige Eis zu. Dann gab es einen Ruck, und er kippte, die Pseudoglieder nach sich ziehend, auf das Eis hinaus. Die Standbeine schrumpften zu kurzen Stummeln zusammen, auf denen sich der Dolan fortbewegen konnte.

Ein löffelförmiger Gegenstand erschien am unteren Ende des gigantischen Wesens. Sein ungewöhnlicher Metabolismus befähigte den Dolan, diesen Auswuchs hart wie Terkonitstahl zu machen. Wie eine Fräse grub sich der Löffel ins Eis.

Der Dolan nahm Nahrung zu sich.

Tro Khon richtete sich auf.

Es wurde Zeit, dass er die Zentrale verließ und sich um den Körper des abgestorbenen Bewusstseinshüter kümmerte.

»Ich will die Zentrale verlassen«, sendete er mit seinem Armgerät.

Sofort öffnete sich vor ihm in der Wand ein breiter Spalt, und er trat auf einen der zahllosen Gänge hinaus, die den Dolan durchzogen. Er brauchte einen Augenblick, um sich zu orientieren. Überall, wo die Gänge aufzuhören schienen, öffnete sich das Gewebe und gab den Weg für den Zweitkonditionierten frei. Im oberen Teil des Dolan befand sich der Raum, in dem die Körper der Exekutoren aufbewahrt wurden. Tro Khon betrat ihn mit allen notwendigen Vorsichtsmaßnahmen. Er wusste, dass die Körper der sechs anderen Bewusstseinshüter nicht beschädigt werden durften.

Das Wesen, das als Kosmonaut gedient hatte, war nur halb so groß wie Tro Khon. Auf seiner Brustseite hatte es vier tentakelähnliche Auswüchse. Der Fremde besaß ein einziges, das gesamte Gesicht beherrschendes Auge, das Tro Khon starr entgegenblickte. Der Schwingungswächter kannte jedoch keine Furcht vor dem Tod.

Er beugte sich hinab und hob den Unbekannten mühelos hoch.

Vor vielen Jahren terranischer Zeitrechnung hatte dieses Wesen ein fremdes Raumschiff gesteuert. Dann war es in die Hände Tro Khons gefallen, der für das Symposium seines Dolan einen guten Kosmonauten gebraucht hatte.

»Er hat uns gute Dienste geleistet«, sagte Tro Khon zu seinem Symboflex-Partner. »Ich glaube nicht, dass wir jemals wieder einen so guten Kosmonauten finden werden.«

Der Symbiont drückte mit Hilfe von Impulsen Zustimmung aus, obwohl er nichts von dem verstand, was Tro Khon gesagt hatte.

Tro Khon ließ seine Blicke über die sechs anderen Körper gleiten. Es befand sich kein einziger Perlian unter den Exekutoren. Die Drittkonditionierten waren zu sensibel, um als Bewusstseinshüter benutzt werden zu können. Alle Versuche, sie für solche Zwecke einzusetzen, waren fehlgeschlagen.

Mit Tro Khons Augen sah auch der Symbiont auf die sechs Wesen hinab. Er spürte instinktiv Furcht, die sich erst dann legte, als Tro Khon einen beruhigenden Impuls verströmte.

»Sie können dir nichts tun«, sagte Tro Khon. »Sie bleiben tot, bis ihr Bewusstsein in sie zurückkehrt. Und es ist zweifelhaft, ob dieser Fall jemals eintreten wird.«

Er verließ den Raum. Als er draußen auf dem Gang stand, vergewisserte er sich, dass die Öffnung hinter ihm sorgfältig geschlossen wurde. Die Körper der Exekutoren durften durch nichts gestört werden.