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Sie leben in der Vergangenheit - im letzten Paradies der Erde Auf Terra und den übrigen Menschheitswelten schreibt man Mitte Mai des Jahres 3444. Das Leben der Terraner und der übrigen galaktischen Völker nimmt, fast ein Jahr nach Überwindung der Schwarmkrise, wieder seinen gewohnten Gang - wenn man davon absieht, dass viele Menschen des Solaren Imperiums geistig labil zu sein und ihr gesundes Urteilsvermögen nicht zur Gänze zurückgewonnen zu haben scheinen. Und deshalb ist es kein Wunder, dass die Neuwahlen zum Amt des Großadministrators, die Anfang August stattfinden sollen, unter schlechten politischen Vorzeichen stehen. Demagogen diffamieren den Großadministrator und unterstellen ihm Dinge, die geglaubt werden, obwohl sie leicht zu widerlegen sind. Doch Perry Rhodan schweigt zu allen Vorwürfen. Er beschäftigt sich mit Dingen, die, von einem fremden Planeten ausgehend, zur Erde greifen und ihren Ursprung in der Vergangenheit haben. Menschen der Erde, die längst als tot gelten, statten ihrem Heimatplaneten einen Besuch ab - in der Form einer Zusammenballung von paraphysikalischen Kräften, die sich kaum unter Kontrolle bringen lassen, wie es die bisherigen Ereignisse um Ribald Corello zur Genüge bewiesen haben. Einer der unbegreiflichen Besucher scheint jetzt einen Ruhepunkt gefunden zu haben - das Dorf der ZEITRITTER ...
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Veröffentlichungsjahr: 2011
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Nr. 580
Die Zeitritter
Sie leben in der Vergangenheit – im letzten Paradies der Erde
von CLARK DARLTON
Auf Terra und den übrigen Menschheitswelten schreibt man Mitte Mai des Jahres 3444.
Das Leben der Terraner und der übrigen galaktischen Völker nimmt, fast ein Jahr nach Überwindung der Schwarmkrise, wieder seinen gewohnten Gang – wenn man davon absieht, dass viele Menschen des Solaren Imperiums geistig labil zu sein und ihr gesundes Urteilsvermögen nicht zur Gänze zurückgewonnen zu haben scheinen.
Und deshalb ist es kein Wunder, dass die Neuwahlen zum Amt des Großadministrators, die Anfang August stattfinden sollen, unter schlechten politischen Vorzeichen stehen. Demagogen diffamieren den Großadministrator und unterstellen ihm Dinge, die geglaubt werden, obwohl sie leicht zu widerlegen sind.
Doch Perry Rhodan schweigt zu allen Vorwürfen. Er beschäftigt sich mit Dingen, die, von einem fremden Planeten ausgehend, zur Erde greifen und ihren Ursprung in der Vergangenheit haben.
Menschen der Erde, die längst als tot gelten, statten ihrem Heimatplaneten einen Besuch ab – in der Form einer Zusammenballung von paraphysikalischen Kräften, die sich kaum unter Kontrolle bringen lassen, wie es die bisherigen Ereignisse um Ribald Corello zur Genüge bewiesen haben.
Die Hauptpersonen des Romans
Dark Pendor – Ein Fischer von Porvenir.
Karos Pendor – Dark Pendors Sohn.
Fell Kantenburg – Bürgermeister von Porvenir.
Ole Pat – Ehemaliger Offizier der Solaren Abwehr.
Hatco Illroy – Ein seltsamer Gast der »Zeitritter«.
Perry Rhodan – Der Großadministrator besucht das letzte Paradies der Erde.
Gucky
1.
Dark Pendor versuchte, mit seinem unbeholfen wirkenden Boot gegen den auffrischenden Wind zu kreuzen. Gegen seine sonstigen Gewohnheiten war er diesmal allein hinausgefahren, mit einigem Proviant versehen und seinem nahezu seetüchtigen Schiff, der KAP HOORN. Das Boot war zwar nur knapp sechs Meter lang, aber durch seine wuchtigen Formen und den fest verankerten Mast war es äußerst seetüchtig und fast kentersicher. In diesen Breiten, in der Straße des Magellan, war das auch nötig. Siebenundfünfzig Breitengrade südlich des Äquators lebten auch heute, im Mai des Jahres 3444, noch immer Menschen, aber sie lebten so wie im 19. Jahrhundert.
Pendor wich einer winzigen Felseninsel aus, die es hier zu Tausenden gab, kahl und unbewohnt. Aber manchmal verirrten sich Pinguine hierher, sogar Seehunde und große Robben. Die Bevölkerung der kleinen Stadt Porvenir lebte von dem, was die Natur ihr gab.
Pendor band das Ruder fest, um seine Hände frei zu bekommen. Der Wind war stark, aber er blieb regelmäßig und deutete keine kommenden Böen an. Die KAP HOORN lag ein wenig schräg in dem bewegten Wasser und lief die noch vierzig Kilometer entfernte Küste der Halbinsel Brunswick an, eines Teils des südamerikanischen Festlandes.
Die Wellen zeigten weiße Schaumkronen, ganz besonders dort, wo Klippen und Felseninseln dicht unter der Oberfläche verborgen lagen und gefährliche Riffe bildeten. Pendor kannte das Gewässer besser als jeder andere, aber er kannte auch das Risiko. Er war es eingegangen, weil die Stürme der letzten Wochen fast jeden Fischfang unmöglich gemacht hatten.
Und trotzdem sind wir glücklich, sann er vor sich hin, während er den Anker am Bug neu befestigte, damit er nicht verloren ging. Wir sind glücklicher als alle Menschen, die in der Zivilisation leben und ihre so genannten Vorteile genießen.
Nein, Dark Pendor hätte für alle Reichtümer der Welt nicht mehr mit einem anderen Menschen getauscht, der seinen Wohnsitz in New York, Berlin oder Terrania hatte.
Vor mehr als dreihundert Jahren hatten Pendors Vorfahren vom Solaren Parlament die Erlaubnis erhalten, sich auf Feuerland anzusiedeln. Offiziell war es eine Sekte gewesen, die das Gesuch damals einreichte. Das Solare Imperium garantierte jedem Erdbewohner religiöse und auch politische Freiheit. Eine Ablehnung des Gesuchs wäre einer Verletzung der Menschenrechte gleichgekommen. So konnte es geschehen, dass mehr als viertausend Menschen beiderlei Geschlechts die Strapaze auf sich nahmen, zur Natur zurückzukehren. Sie siedelten sich in der seit Jahrhunderten verlassenen Stadt Porvenir an, rissen die verfallenen Häuser ab oder bauten sie aus. Neue Wohnviertel entstanden, aber es handelte sich ausnahmslos nur um individuell angelegte Einfamilienhäuser, denn jeder baute so, wie es ihm gerade passte. Die einen bevorzugten Blockhütten, die anderen winterfeste Bungalows, denn winterfest mussten sie sein. Trotz der weltumfassenden Wetterkontrolle war das Klima in Feuerland noch immer rau und oft unberechenbar.
Die Sekte hatte vor dreihundert Jahren einen Pakt mit dem Solaren Parlament geschlossen. Man wollte auf jegliche Hilfe der Zivilisation so lange verzichten, wie es eben nur möglich war. Lediglich Medikamente und ärztliche Betreuung waren stets willkommen, und heute konnte die Stadt Porvenir auf fünftausend Bürger stolz sein, die Nachkommen jener tapferen und entschlossenen Auswanderer vor dreihundert Jahren.
Weit voraus bemerkte Pendor eine Bewegung, die nicht in den natürlichen Rhythmus von Wind und Meer passte. Eine Robbe war es nicht, das sah er auf den ersten Blick. Robben schwammen anders und verursachten eine ganz andere Wellenbewegung. Es musste ein großer Fisch sein. Mit einer geschickten Handbewegung löste er das Steuer und korrigierte den Kurs des Schiffes. Schwerfällig aber zuverlässig folgte die KAP HOORN. Mit der einen Hand hielt Pendor das Ruder, während er mit der anderen die Harpune bereitlegte. Die mit Widerhaken versehene Spitze bestand aus Fischbein, der Rest war Holz. Eine Leine verhinderte, dass die Waffe verloren ging.
Es war wie vor tausendsechshundert Jahren.
Pendor hätte mit den modernsten Mitteln der Technik jagen können, aber das wäre gegen das Prinzip seiner Vorfahren gewesen, deren Motto schlicht und einfach lautete: zurück zur Natur.
Der Fisch war etwa drei Meter lang, eine seltene Erscheinung in den hiesigen Gewässern. Vielleicht hatte er sich verirrt, oder er war durch die unberechenbare Strömung in die enge Straße zwischen Südamerika und Feuerland getrieben worden. Jedenfalls kannte er sich hier nicht aus und war durch die vielen Klippen und kleinen Inseln verwirrt. Pendor sah sofort, dass er es mit einer leichten, aber sicherlich lohnenden Beute zu tun hatte.
Der Fisch schwamm genau nach Westen, und der Wind kam stark aus Süden. Die KAP HOORN legte sich noch schräger, aber sie würde nicht kentern. Ein Kiel aus Blei – Produkt der modernen Zivilisation – verhinderte das.
Immer noch hielt Pendor das Ruder mit der linken Hand, während seine rechte die Harpune prüfend wog. Noch fünfzig Meter, und sein Schiff holte langsam und stetig auf. Vielleicht hatte der Fisch die drohende Gefahr nicht einmal bemerkt, denn er schwamm geradeaus, ohne seinen Kurs zu ändern.
Links zog eine Felseninsel vorbei, kahl und ohne Leben.
Pendor achtete nicht auf sie. Das Wasser war so klar, dass er trotz der Wellenbewegung die steil in die Tiefe abfallenden Wände sehen konnte. Seine uralte Sehnsucht überkam ihn für einen Augenblick. Tauchen wollte er, so tief es möglich war, mit Hilfe der modernen Geräte, die ihn mit Atemluft versorgten. Es gab Mischungen, die den Wasserdruck ausglichen und Tiefen bis zu tausend Metern ermöglichten. Der moderne Mensch hatte sich der Welt unter Wasser angepasst. Aber Pendor war kein moderner Mensch. Niemand, der in Porvenir wohnte, wollte jemals ein moderner Mensch sein.
Das Wasser wurde wieder tief und dunkel. Der Fisch war noch zwanzig Meter vor dem Bug der KAP HOORN.
Noch fünfzehn Meter.
Pendor hob die Harpune und machte sich fertig zum Wurf. Das Ende der Leine war im Boot befestigt. Weder sie noch der Speer konnten verloren gehen, wenn nicht gerade ein Ungeheuer harpuniert wurde.
Zehn Meter ...
Pendor holte aus und schleuderte die Harpune. Die Spitze traf in den Rücken. Der Fisch drehte sich sofort mit dem Bauch nach oben, noch während die letzten Flossenbewegungen instinktiv einen Fluchtversuch einleiteten. Noch einmal peitschte der mächtige Schwanz in die ohnehin hochgehenden Wogen, dann trieb die Beute still und ruhig in den Wellen.
Pendor hatte es sich nicht so einfach vorgestellt und war erleichtert. Ohne Kampf konnte er den großen Fisch an Bord holen und begann sofort damit, ihn auszunehmen. Auf dem kleinen Boot durfte kein Platz verschwendet werden.
Mit festgebundenem Ruder kreuzte das Boot noch immer halb gegen den Wind, während Pendor hart arbeitete. Er wusste nur zu gut, wie schwer das Leben für ihn war, aber er hätte es sich anders nicht vorstellen können. Er war glücklich und zufrieden.
Mehrmals musste er die Arbeit unterbrechen, um einer plötzlich auftauchenden Klippe auszuweichen. Dann endlich konnte er das Schiff wenden und Kurs auf Porvenir nehmen. Wenn der Wind so blieb und die Richtung nicht sehr veränderte, würde er in einer Stunde den Hafen erreichen. Felda, seine Frau, würde schon auf ihn warten.
Er warf die Reste des ausgenommenen Fisches über Bord und wunderte sich, wo die Möwen herkamen, sich ihren Teil zu holen. Sie mussten auf einer der häufiger werdenden Felsinseln schon gewartet haben.
Karos, sein Sohn, würde gleich nach seiner Ankunft den Händler Sam Katzbach holen können. Die Familie benötigte neue Schuhe und feste Winterkleidung. Geld kannten die Leute von Porvenir nicht, sie brauchten auch keins. Wer geschickte Hände besaß, fertigte sich alles selbst an, was er zum Leben benötigte, oder tauschte es gegen Lebensmittel ein. Einige der Zeitritter, so nannten sie sich selbst, waren sogar Bauern geworden, denn die Erde in den flachen Mulden oberhalb der Küstenfelsen war fruchtbar. Widerstandsfähiges Getreide wuchs hier, und in den milden Sommern gedieh sogar das Obst.
Sam Katzbachs Eltern hatten schon vor zweihundert Jahren die Tauschzentrale am Hafen erbaut und eingerichtet. Hier konnte jeder die Erzeugnisse seiner Arbeit hinbringen und bekam dafür den entsprechenden Gegenwert in Form fertiger Produkte. Für seinen Fisch, das konnte Pendor sich ausrechnen, erhielt er einige Paar Schuhe und mindestens einen warmen Winteranzug.
Er umfuhr die letzten Klippen vor der Einfahrt zum Hafen und kam plötzlich in ruhiges Gewässer. Die Landzunge und die vielen kleinen Inseln hielten Wind und Wellen ab. Die so eingeschlossene Bucht erinnerte ein wenig an eine Lagune.
Außerhalb der Bucht waren die Küsten felsig und steil und boten kaum Platz zum Ankern oder gar zum Anlegen. Man musste schon die versteckten und sicheren Plätze genau kennen, wenn man nicht Schiffbruch erleiden wollte.
Mit einer gewissen Befriedigung stellte Pendor fest, dass alle Schiffe im Hafen waren. Außer ihm hatte es niemand gewagt, den sicheren Anlegeplatz zu verlassen. Sein Fisch war heute das Doppelte wert wie sonst.
Karos erwartete ihn am Holzkai.
Pendors Sohn war dreißig Jahre alt, kräftig gebaut und hatte lange, rotblonde Haare. Wahrscheinlich hatten so die legendären Wikinger ausgesehen. Er trug eine glatte Hose aus Seehundsfell, Stiefel aus dem gleichen Material, eine lange Jacke und eine Pelzmütze. Im Gürtel der Hose steckte ein breites Messer mit Holzgriff.
»Hallo, Vater!«, rief er Pendor entgegen, als dieser das Boot zwischen den Holzpfählen hindurchmanövrierte. Er fing die Leine auf und befestigte sie an dem Metallring am Ufer. »Hattest du einen guten Fang?«
»Einen Fisch nur«, rief Pendor zurück und bemühte sich, seiner Stimme einen traurigen Tonfall zu verleihen. »Und wir können froh sein, dass ich den noch erwischte.«
»Nur einen Fisch?« Karos zog die Leine straff und sprang dann an Bord. »Hoffentlich reicht er wenigstens zum Abendessen ...«
Er schwieg verdutzt, als er die schweren Fleischbrocken bemerkte, die säuberlich aufgestapelt in den Holzwannen lagen. Pendor grinste.
»Wie ich sagte – nur ein Fisch, aber er war drei Meter lang. Komm, hilf mir, ihn zu Sam zu bringen. Und dann holst du Mutter.«
Nick Madl, der Hafenmeister, kam mit seinen breiten und immer etwas unsicheren Schritten herbei. Er schien bereits einen kräftigen Schluck auf das nahende Unwetter genommen zu haben, und man brannte in Porvenir keinen schlechten Schnaps.
»Hallo, Dark! Nicht abgesoffen?«
»Du brauchst wohl einen Liegeplatz, was?«, entgegnete Pendor und schleppte die erste Holzwanne von Bord. »Kannst du mir helfen, oder siehst du schon doppelt?«
Nick gab keine Antwort. Er packte kräftig zu, und bald hatten sie den Fang an Land gebracht. Pendor überzeugte sich noch einmal davon, dass sein Schiff gut vertäut am Kai lag, dann folgte er Nick Madl und seinem Sohn, die vorangegangen waren.
Sam Katzbach zeigte sich erfreut und überrascht zugleich, als er den Fisch sah. In der Lagerhalle war es kalt, der Tausch würde bis morgen Zeit haben. Zuerst musste er Pendor seine Ware geben.
»Was hast du dir denn so vorgestellt?«, erkundigte er sich.
Pendor sah sich um, aber Karos war bereits unterwegs, um seine Mutter zu holen.
»Schuhe und einen Anzug – mal zum Anfang.« Als Sam abwehrend die Hände heben wollte, fuhr er hastig fort: »Nun reg' dich nicht gleich wieder auf, Sam, wir kennen das ja. Glaubst du, ich bin nur zum Spaß bei dem Sauwetter hinausgefahren? Ich will auch etwas dafür bekommen. Felda wird mit dir reden, die kann das besser als ich ...«
»Das ist bestimmt ein guter Fisch«, sagte Nick Madl überzeugt.
»Ich will ihn ja auch nicht schlecht machen«, verteidigte sich Sam erregt. »Aber Schuhe und ein Anzug sind zuviel dafür.«
»Hast du noch genügend Vorräte an frischem Fisch auf Lager, Sam?«, fragte Pendor harmlos. »Heute früh hörte ich einige Leute recht abfällig über deine Fähigkeiten als Händler reden.«
»Woher soll ich denn Fisch haben bei dem Wetter?«, empörte sich Sam wütend. »Wenn mir die Fischer keine bringen, kann ich auch keine handeln ...« Er schwieg plötzlich und sah Pendor an. »Was willst du eigentlich von mir?«
»Ein paar Schuhe und den guten Anzug, den ich gestern bei dir sah.«
Sam seufzte.
»Du ruinierst mich, Dark Pendor«, stellte er fest und begann, im Lager herumzukramen.
Karos kam mit seiner Mutter, Pendors Frau Felda. Sie umarmte ihren Gatten und nahm Sam, der gerade herbeigeschlurft kam, den Anzug aus den Händen. Fachmännisch betrachtete sie ihn und nickte dann.
»Er ist nicht schlecht, aber ich muss ihn an einigen Stellen ändern – das vermindert den Tauschwert. Immerhin, Dark, wenn er uns die Schuhe dazugibt, vielleicht noch den eisernen Topf dort und ein neues Messer für die Küche ...«
Felda Pendor mochte sechzig oder siebzig Jahre alt sein, war jedoch noch rüstig und galt als äußerst energisch. Sam Katzbach duckte sich ein wenig, als er die verlangten Gegenstände heranschleppte und ihr übergab. Der Blick, mit dem er dabei Pendor streifte, hätte einen Stein zerschmolzen, nicht aber den rauen Fischer.
Schwer bepackt zog die Familie schließlich davon, von den nicht gerade freundlichen Wünschen des Händlers begleitet.
Nick Madl zog seine Flasche aus der Tasche und nahm einen kräftigen Schluck. Dann schwankte er zurück in seine Behausung nahe am Kai.
Für heute erwartete er kein Boot mehr zurück, weil keines ausgefahren war.
*
Die Pendors wohnten in der Hafenstraße in einem uralten, aber gut erhaltenen Blockhaus. Vielleicht hatte es früher in Feuerland keine Wälder gegeben, heute jedenfalls gab es welche, wenn auch nur an gewissen Stellen, wo der Boden fruchtbar und die Lage geschützt war. Wenn man unabhängig von der Zivilisation bleiben wollte, benötigte man in erster Linie genügend Holz. Aus Holz konnte man praktisch fast alles herstellen, außerdem heizte es angenehmer als Öl oder Elektrizität.
Pendor besaß oben auf der Ebene einen eigenen kleinen Wald. Bäume wuchsen von allein, er brauchte sich nicht darum zu kümmern. Wenn er einen Stamm haben wollte, ging er mit seinem Sohn in die Waldmulde und holte sich einen.
»Es war leichtsinnig von dir, heute auszufahren«, sagte Felda und schloss die Tür hinter ihnen. Der Schein des flackernden Kaminfeuers verbreitete in dem großen Wohnraum eine Atmosphäre von Wärme und Behaglichkeit. »So wichtig war das mit dem Winteranzug nun auch wieder nicht. Bis jetzt haben wir einen milden Winter.«
»Das kann sich ändern«, knurrte Pendor und setzte sich, nachdem er die Jacke ausgezogen hatte. »Gibt es Neuigkeiten?«
»Welche schon?« Felda schob die Suppe näher ans Feuer, um sie aufzuwärmen. Karos war in seinem Zimmer verschwunden, das über dem Wohnraum lag. »Mary war hier und sagte, die Versammlung fände erst morgen statt. Kantenburg hat sicher wieder neue Pläne wegen der Häuser im Ostgebiet der Stadt.«
Fell Kantenburg war der Bürgermeister von Porvenir und damit das politische Oberhaupt der so genannten Zeitritter. Trotz seiner hundert Jahre war er rüstig und tatkräftig, verstand es sich durchzusetzen und hielt sich an demokratische Gepflogenheiten. Er fasste nie einsame Entschlüsse, sondern hielt regelmäßig Versammlungen ab, in denen sich jeder Bürger zu Wort melden konnte.
Mary war Kantenburgs dreißigjährige Tochter.
»Im Osten ist der Fluss. Wenn er anschwillt, sind die Häuser an seinen Ufern gefährdet. Das habe ich doch schon oft genug ...«
»Dann tu es morgen wieder«, riet Felda. »Im übrigen ist Mary hübscher geworden. Ich glaube, Karos sieht sie sehr gern.«
»Mit bloßem Angucken ist es nicht getan, Felda. Er wird sich um sie bemühen müssen, wenn er sie heiraten will. Mit Fell habe ich schon gesprochen, er hat nichts dagegen. Die jungen Leute von heute sind viel zu schüchtern, da müssen wir Alten eben nachhelfen.«
»Mische dich da nur nicht ein, Dark! Kümmere dich um unsere Bäume, dein Boot und die Fische, aber überlasse delikate Probleme lieber mir, hast du verstanden?«
Dark Pendor seufzte und schwieg.