Perry Rhodan 603: Planet der Ritterspiele - H.G. Ewers - E-Book

Perry Rhodan 603: Planet der Ritterspiele E-Book

H.G. Ewers

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Beschreibung

Sie landen auf einer barbarischen Welt - und finden zwei alte Freunde Perry Rhodan gelang etwas, das niemand mehr für möglich gehalten hatte! Der Großadministrator kehrte in letzter Sekunde nach Terra zurück und wurde am 1. August 3444 durch das Votum der wahlberechtigten Bürger des Solaren Imperiums erneut mit beeindruckender Mehrheit in seinem Amt bestätigt. Seit jenem denkwürdigen Tage haben zwei weitere Wahlen stattgefunden, und Perry Rhodan ist nach wie vor Großadministrator. Seine alte und vertraute Mannschaft - die unsterblichen Aktivatorträger eingeschlossen - steht ihm treu zur Seite. Jetzt, Ende September des Jahres 3456, hat Perry Rhodan im Zuge eines dem raumfahrttechnischen Fortschritt dienenden Experiments die "unsichtbare Grenze" überschritten. Mit der MARCO POLO und 8500 seiner Gefährten gelangte der Großadministrator überraschend in ein Paralleluniversum und auf eine parallele Erde, die wie das Privatgefängnis eines brutalen und machtgierigen Diktators wirkt. Zwar konnte die MARCO POLO der Albtraumwelt Terra II, die von Rhodans negativem Ebenbild beherrscht wird, entfliehen, und auch der echte Ras Tschubai konnte dank Guckys Einsatz gerettet werden - doch müssen die unfreiwilligen Eindringlinge im negativen Parallelkontinuum schärfstens auf der Hut sein. Ihre Verfolger sind überall - auch nahe dem PLANETEN DER RITTERSPIELE ...

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Nr. 603

Planet der Ritterspiele

Sie landen auf einer barbarischen Welt – und finden zwei alte Freunde

von H. G. EWERS

Perry Rhodan gelang etwas, das niemand mehr für möglich gehalten hatte! Der Großadministrator kehrte in letzter Sekunde nach Terra zurück und wurde am 1. August 3444 durch das Votum der wahlberechtigten Bürger des Solaren Imperiums erneut mit beeindruckender Mehrheit in seinem Amt bestätigt.

Seit jenem denkwürdigen Tage haben zwei weitere Wahlen stattgefunden, und Perry Rhodan ist nach wie vor Großadministrator. Seine alte und vertraute Mannschaft – die unsterblichen Aktivatorträger eingeschlossen – steht ihm treu zur Seite.

Jetzt, Ende September des Jahres 3456, hat Perry Rhodan im Zuge eines dem raumfahrttechnischen Fortschritt dienenden Experiments die »unsichtbare Grenze« überschritten. Mit der MARCO POLO und 8500 seiner Gefährten gelangte der Großadministrator überraschend in ein Paralleluniversum und auf eine parallele Erde, die wie das Privatgefängnis eines brutalen und machtgierigen Diktators wirkt.

Zwar konnte die MARCO POLO der Albtraumwelt Terra II, die von Rhodans negativem Ebenbild beherrscht wird, entfliehen, und auch der echte Ras Tschubai konnte dank Guckys Einsatz gerettet werden – doch müssen die unfreiwilligen Eindringlinge im negativen Parallelkontinuum schärfstens auf der Hut sein.

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Großadministrator sucht Verbündete.

Powlor Ortokur und Neryman Tulocky – Wächter der PARA-Bank.

Dalaimoc Rorvic und Tatcher a Hainu – Zwei Ritter von trauriger Gestalt.

Ralf Marten und Kitai Ishibashi – Zwei erklärte Rhodan-Gegner.

Gucky

1.

Wir hatten eben erst den Zwischenraum verlassen, da heulten überall in der MARCO POLO die Alarmpfeifen und -sirenen auf. Rote Signalplatten leuchteten in kurzen Intervallen.

Alpha-Alarm!

Die automatische Ortung hatte schneller reagiert, als die menschliche Bedienungsmannschaft es jemals tun konnte. Aber noch wussten wir nicht, welche Gefahr dem Schiff drohte.

Ich blickte zu Oberst Korom-Khan, dem Kommandanten meines Flaggschiffs. Der Emotionaut wirkte ruhig und passiv, doch ich zweifelte nicht daran, dass sich in seinem Schädel unter der silbrig schimmernden SERT-Haube die Gedanken jagten. Mittels der »Simultanen Emotio- und Reflex-Transmission« war ein Emotionaut in der Lage, sich weitgehend mit den Funktionen eines Raumschiffes zu identifizieren, Reaktionen verzögerungsfrei zu empfangen und die eigenen Befehlsimpulse mit Lichtgeschwindigkeit auf die Ausführungsmechanismen zu übertragen.

Mein Interkom sprach an. Die kühle Stimme von Elas Korom-Khan teilte mir mit: »Schiff wird von unbekannten Kräften in eine spiralige Beschleunigungsbahn gezwungen. Ausbruchsversuche bis jetzt negativ. Ende.«

Ich antwortete nicht, um Korom-Khan nicht unnötig abzulenken. Es gab ohnehin keinen Zweifel daran, was der Kommandant von mir erwartete. Er brauchte detaillierte Ortungsdaten und entsprechende Analysen, um zweckentsprechend reagieren zu können.

Ich stellte eine Verbindung mit unserer Ortungszentrale her. Auf dem Interkomschirm erschien das Gesicht von Major Ataro Kusumi.

»Schiff wird in eine spiralige Beschleunigungsbahn gezwungen, Major«, teilte ich meinem Cheforter mit. »Kennen Sie die Ursache?«

»Es handelt sich um ein fünfdimensionales Kraftfeld, Sir«, antwortete Kusumi so höflich, als triebe er Konversation. »Wir sind dabei, festzustellen, was dieses Kraftfeld erzeugt. Unsere Rechner laufen. Ende.«

Ich blickte auf die Panoramagalerie, die die Umgebung der MARCO POLO wiedergab. Wir befanden uns im galaktischen Zentrumssektor. Wenige Lichtstunden vor uns drängten sich die Sternenmassen der so genannten Tolot-Ballung, die aus elf dicht beieinander stehenden und gravitationstechnisch verzahnten Sternhaufen bestand. Rund tausendfünfhundert Sonnen drängten sich hier auf engem Raum zusammen.

Es war nicht auszuschließen, dass die zwischen den Sternhaufen wirkenden Kräfte und die zwischen der Tolot-Ballung und dem übrigen galaktischen Zentrum mit seinen dimensional übergeordneten Turbulenzen zu bisher unbekannten Effekten führten.

Neben mir schwenkte Lordadmiral Atlan mitsamt seinem drehbaren Kontursessel herum, so dass er mich von der Seite ansah.

»Hältst du es für möglich, dass Rhodan II dieses Spiralfeld aufbauen ließ, um den Asteroiden mit der PARA-Bank vor der zufälligen Entdeckung durch Unbefugte zu schützen, Perry?«, erkundigte er sich.

Ich schüttelte den Kopf.

»Nein, WABE 1000 wird in unserem Universum wirkungsvoll durch die strikte Geheimhaltung der Positionsdaten geschützt. Ich nehme an, dass es in diesem Paralleluniversum genauso ist. Auch ein vom Bösen regierter Rhodan wird stets versuchen, größte Wirkungen mit den kleinsten Mitteln zu erzielen.«

Abermals sprach mein Interkom an. Korom-Khans Stimme klang immer noch kühl.

»Schiff nähert sich der Lichtgeschwindigkeit«, berichtete der Kommandant. »Gleichzeitig zieht sich die Kursspirale zusammen. Die Zentrifugalkraft nähert sich dem Rotwert unserer Andruckabsorber. Es besteht die Gefahr, dass das Schiff zerrissen wird. Schutzschirme sind nutzlos.«

Ich schaltete die Rundrufanlage ein und sagte: »Alle Mann in die schweren Kampfanzüge! Überlebensaggregate aktivieren. Ende!«

Erneut summte mein Interkom. Auf dem Bildschirm erschien wieder Kusumis Gesicht.

»Sir, das spiralige Kraftfeld wird von sechsdimensionalen Wirbeln erzeugt, die ihren Ausgangspunkt im galaktischen Kern haben. Das Gesamtkraftfeld der Tolot-Ballung leitet diese für ihren Zusammenhalt gefährlichen Energien offenbar in hyperphysikalischem Automatismus in eine fünfdimensionale Spirale ab, in der sich die Kräfte totlaufen können.«

»Und wir sind ein Sandkorn in diesem hyperphysikalischen Getriebe«, überlegte ich laut. »Danke, Major. Ende.«

Ich schaltete den Interkom ab, stellte eine Direktverbindung zur Biopositronik her und ließ einige Berechnungen durchführen. Dabei war ich mir ständig darüber klar, dass es sich um einen Wettlauf mit dem Tod handelte. Wir waren alle verloren, wenn es uns nicht gelang, aus diesem kosmischen Selbstschutzautomatismus auszubrechen.

Die Berechnungen machten mir klar, dass wir nur im Zwischenraum entkommen konnten, gleichzeitig aber auch, dass unsere Schwarzschild-Reaktoren dem Linearkonverter nicht genügend Energie zur Verfügung stellen konnten, um aus der Spirale auszubrechen.

Wir mussten es trotzdem versuchen!

Ich stellte eine Interkomverbindung zum Leitenden Maschineningenieur. Oberstleutnant Nemus Cavaldi, her. Auf dem Bildschirm erschien das volle Gesicht Cavaldis. Das Schädeldach war glattrasiert.

»Sir?«, fragte der LI.

Ich unterrichtete ihn über unser Problem.

Nemus Cavaldi schloss seine Augen zu schmalen Schlitzen. Über der Nasenwurzel entstand eine tiefe vertikale Falte.

»Eine peinliche Lage, Sir«, war sein Kommentar.

»Haben Sie einen Vorschlag?«, fragte ich, die in mir aufsteigende Nervosität gewaltsam niederkämpfend. »Einen, der sich schnell verwirklichen lässt?«

»Hm!«, machte Cavaldi. »Ich könnte versuchen, eine provisorische Verbindung von den acht Nug-Schwarzschild-Reaktoren zum Waring herzustellen. Wenn ich den Energiefluss manuell dosiere, lässt sich eine Explosion des Linearaggregats vielleicht vermeiden.«

Ich spürte, wie sich meine Stirn mit Schweiß bedeckte.

»Wie lange würde die Herstellung einer solchen Verbindung dauern, Cavaldi?«

Der Leitende Ingenieur grinste flüchtig.

»Maximal eine Minute, Sir. Ich muss gestehen, dass ich so frei war, die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Ich brauchte sie nur noch zu aktivieren.«

Nemus Cavaldi hatte es also nicht lassen können, unerlaubt Experimente anzustellen. Ich konnte ihn schon verstehen. Für einen vom Erfindergeist geplagten Ingenieur wie ihn war die Versuchung einfach zu groß gewesen. Normalerweise hätte ich ihn für diesen Verstoß gegen die Disziplin gerügt. In unserer derzeitigen Lage konnte und wollte ich es nicht.

Dennoch fühlte ich mich gar nicht wohl in meiner Haut, als ich ihm »Grünes Licht« erteilte.

Anschließend unterrichtete ich Korom-Khan von Cavaldis Vorhaben. Der Kommandant sagte etwas von »pathologischem Spieltrieb«, erklärte aber, er hielte sich bereit, den Waring-Komplex, zu dem insgesamt vier Einzelkonverter gehörten, zu aktivieren.

Ich bedankte mich.

Danach konnte ich nur noch warten. Die Zentrifugalkräfte, die die MARCO POLO herumschleuderten, belasteten unsere hochwertigen Andruckabsorber inzwischen mit einigen tausend Gravos. Spätestens in drei Minuten würden die ersten Gravos durchschlagen; dann konnte es nicht mehr lange dauern, bis für uns sämtliche Lichter für immer ausgingen.

Ich dachte an unsere acht neuartigen Reaktoren, die im Unterschied zu den konventionellen Kraftwerken nicht mit hochkatalysiertem Deuterium arbeiteten, sondern mit Nugas, einem Gas, das lediglich aus positiv geladenen Protonen bestand. Dieses Nugas wurde mittels Koma-Verdichtungsformfeldern so stark komprimiert, dass achttausend Tonnen nur einen Kubikmeter Volumen beanspruchten.

Der entscheidende Unterschied zu konventionellen Fusionsreaktoren aber bestand darin, dass in den Nug-Schwarzschild-Reaktoren jeweils die Hälfte der eingepulsten Protonen in Antimaterie umgewandelt wurde und mit genau der gleichen Protonenzahl aus Koinomaterie reagierte. Das Ergebnis war eine hundertprozentige Umwandlung der Masse in reine Energie.

Zweifellos vermochten die acht Nugas-Reaktoren genug Energie zu liefern, um die Leistung der Linearkonverter um hundert Prozent und mehr zu erhöhen. Es kam »lediglich« darauf an, den Energiefluss zum Waring-Komplex so genau zu dosieren, dass die Linearkonverter uns nicht wegen Überlastung um die Ohren flogen.

Nemus Cavaldi meldete sich über Interkom und teilte mir mit, dass die Verbindung hergestellt sei. Sein Gesicht war über und über mit Schweiß bedeckt, ein Zeichen dafür, dass sich der LI der ungeheuren Verantwortung bewusst war, die er übernommen hatte.

Ich gab Oberst Korom-Khan Bescheid.

Kurz darauf bewiesen mir das Tosen und Dröhnen aus dem Maschinensektor, dass die Linearkonverter angelaufen waren und ständig mehr Energie in sich aufnahmen. Gleichzeitig traten die ersten harten Vibrationen auf.

Wenig später gaben die Andruckabsorber Überlastungsalarm. Zwei, vier, sechs Gravos kamen durch. Unsichtbare Fäuste nagelten mich in meinem Kontursitz fest. Die Effektivbelastung stieg auf elf Gravos, bald darauf auf vierzehn.

Ich sah nur noch rote Wirbel – und dann setzte der gefürchtete black-out ein. Es wurde dunkel. Der Druckhelm meines Kampfanzuges hatte sich schon vorher automatisch geschlossen. Das Mundstück des Not-Beatmungsgerätes schob sich zwischen meine Lippen, und Sauerstoff wurde mit hohem Druck in die zusammengepressten Lungen gepumpt. In meinen Ohren rauschte es.

Aus!, dachte ich.

Aber dann verwandelte sich das Rauschen in die »Sphärenmusik« der Entwarnungsglocken. Der furchtbare Druck verschwand, und allmählich vermochte ich wieder etwas zu sehen, nur nebelhafte Schemen zuerst, dann halbwegs klare Gebilde.

»Hier spricht Oberst Kasom!«, dröhnte eine Stimme in meinen Helmempfängern. »Die MARCO POLO befindet sich im Zwischenraum, womit die unmittelbare Gefahr beseitigt sein dürfte. Ich habe das Kommando über das Schiff übernommen, bis Oberst Korom-Khan wieder einsatzbereit ist. Achtung, alle Stationen übermitteln mir so bald wie möglich Situationsberichte. Oberst Manis zu mir. Ende!«

Ich hob meinen rechten Arm. Er war schwer wie Blei, obwohl die Andruckbelastung beseitigt sein musste. Nur mühsam gelang es mir, die Arretierung meines Druckhelms zu lösen. Der Helm klappte zurück.

Ich blickte hinüber zum Hauptsteuerpult. Elas Korom-Khan hockte schlaff unter seiner SERT-Haube. Er schien gerade wieder zu sich zu kommen. Seine Hände bewegten sich.

Neben ihm saß, unter der zweiten SERT-Haube, die riesenhafte Gestalt von Toronar Kasom, dem Urenkel meines verstorbenen Mitstreiters Melbar Kasom.

Zischend öffnete sich das Hauptschott, dann stürmte Hartom Manis, ein Ertruser wie Kasom, quer durch die Zentrale auf das Hauptsteuerpult zu. Er verursachte dabei Geräusche wie eine flüchtende Elefantenherde.

Ich wollte etwas sagen, aber ich brachte keinen Laut hervor. Erst beim übernächsten Versuch gelang es mir, eine Art Krächzen zu erzeugen.

Daraufhin sprach mein Interkom an. Die Stimme Kasoms erklärte: »Lassen Sie sich Zeit, Sir. Wir kehren in wenigen Sekunden in den Normalraum zurück, dies Mal auf der entgegengesetzten Seite der Tolot-Ballung. Ich nehme an, dass es dort keine kosmische Zentrifuge gibt.«

»Danke«, brachte ich hervor. Meine Stimme klang fremd und seltsam flach.

Mühsam schaltete ich meinen Interkom zum Maschinenleitstand durch. Auf dem Bildschirm erschien das Gesicht von Nemus Cavaldi. Die Augen waren wegen der geplatzten Blutgefäße so rot wie die einer Angora-Katze.

»Wie steht es bei Ihnen?«, fragte ich stockend.

Cavaldi versuchte ein Lächeln.

»Zufriedenstellend, Sir«, antwortete er kaum hörbar. »Verbindung hat gehalten, aber ein Waring hat seinen Geist aufgegeben. Wahrscheinlich Projektoren der Feldsicherung geschmolzen.«

»Das lässt sich reparieren«, gab ich zurück, wobei ich zufrieden feststellte, dass das Sprechen mir von Mal zu Mal weniger schwer fiel. »Danke, Cavaldi.«

Ich wandte meine Aufmerksamkeit der Panoramagalerie zu, als die MARCO POLO in den Normalraum zurückfiel. In den Hecksektoren gleißte die Tolot-Ballung gleich einem wertvollen Juwel. Wir waren also im Zwischenraum mitten durch dieses Sternengewimmel hindurch gerast. Normalerweise hätte kein Emotionaut das riskiert.

»Wir haben Glück gehabt, Perry«, stellte Atlan neben mir fest. »Allerdings wirken unsere Gesichter, als kämen wir direkt aus einer handfesten Prügelei.«

Ich lächelte.

»Meine Rippen schmerzen, als hätte ein Nashorn darauf Samba getanzt. Nie wieder werde ich so dicht vor der Tolot-Ballung den Zwischenraum verlassen, sondern erst aus größerer Entfernung orten.«

»Haha!«, machte mein arkonidischer Freund trocken. »Nichts vergessen Terraner schneller als gute Vorsätze.«

Ich stellte eine Interkomverbindung zur Ortungszentrale her. Kusumis gelbes Gesicht wies einige beachtliche Blutergüsse auf, die es erheblich verformten.

»Können Sie das spiralige Kraftfeld und die sechsdimensionalen Wirbel von hier aus orten, Major?«, erkundigte ich mich.

»Einwandfrei, Sir«, antwortete Ataro Kusumi. »Allerdings lässt die Intensität des Phänomens rapide nach. Ich habe gerade eine Analyse beendet und die Voraussage erhalten, dass das Phänomen in ungefähr siebzehn Minuten völlig verschwunden sein dürfte.«

Beinahe hätte ich eine Verwünschung ausgestoßen. Siebzehn Minuten! Wenn wir eine halbe Stunde später vor der Tolot-Ballung aus dem Zwischenraum gekommen wären, hätten wir wahrscheinlich keine Spur mehr von dem gefunden, was Major Kusumi maßlos untertreibend »Phänomen« genannt hatte.

Ich stellte eine Verbindung zum Hauptsteuerpult her und befahl den Emotionauten, die MARCO POLO nach siebzehn Minuten im Linearflug um die Tolot-Ballung herum zu unserem Ziel zu steuern, einer großen roten Sonne mit dem Namen Wild Man.

*

Obwohl ein Medoroboter in meine Kabine gekommen war und mich behandelt hatte, erholte ich mich nur langsam von den Belastungen, denen ich infolge der hohen Andruckwerte ausgesetzt gewesen war.

Es gab an meinem Körper keine Stelle, die nicht schmerzte. Wenn der Medoroboter mir nicht versichert hätte, dass keine Skelettfrakturen vorlagen, so hätte ich annehmen müssen, sämtliche Knochen gebrochen zu haben.

Deshalb reagierte ich zuerst nicht auf das lästige Summen des Interkommelders. Aber es hörte nicht auf, und bald fiel es mir derart auf die Nerven, dass ich mich ächzend von der Couch erhob und zu dem Gerät ging.

Als ich es einschaltete, leuchtete der Bildschirm auf und zeigte mir das Vollmondgesicht von Dalaimoc Rorvic. Die Augen des tibetischen Albinos waren noch röter als sonst, die normalerweise leichenblasse Haut war von zahllosen blauen Flecken durchsetzt.

»Na, endlich!«, sagte das Scheusal in seiner arroganten Art. »Sie haben offenbar auf Ihren Ohren gesessen, Captain Hainu.«

Diese Bemerkung ließ mir das Blut zu Kopf steigen. Wütend entgegnete ich: »Ihre Kenntnisse der menschlichen Anatomie entstammen offenbar einem Märchenbuch, Sir.«

Ich schaltete den Interkom wieder ab.

Aber Dalaimoc Rorvic war nicht so leicht abzuschütteln. Kaum hatte ich dem Gerät den Rücken zugewandt, da summte es erneut. Seufzend aktivierte ich es wieder.

»Wollten Sie noch etwas sagen, Sir?«, fragte ich das Abbild des Allroundmutanten.

»Ganz recht, Marszwerg«, erklärte Rorvic böse. »Ich werde Sie wegen Insubordination melden, wenn Sie nicht unverzüglich dafür sorgen, dass Philomena etwas zu essen bekommt. Das arme Tier schreit vor Hunger.«

Ich stöhnte unterdrückt.

Soeben waren wir mit Mühe und Not dem Tode entgangen, und dieser widerwärtige Albino hatte nichts Eiligeres zu tun, als mich, seinen Assistenten, in seine Kabine zu zitieren, damit ich seine Katze fütterte.

»Wozu haben Sie einen Fütterungsautomaten in Ihrer Nasszelle?«, entgegnete ich.

Rorvic machte ein entrüstetes Gesicht.

»Der Automat mag für Philomenas Nachkommen gut genug sein, aber nicht für sie selbst. Sie muss individuell behandelt werden.«

Ich gab es auf.

Resignierend verließ ich meine Kabine, stellte mich auf eines der Transportbänder im Korridor und ließ mich zu Rorvics Kabine tragen. Als ich die Wohnzelle betrat, hockte der Tibeter mit untergeschlagenen Beinen auf seinem uralten, mottenzerfressenen Teppich und meditierte. Philomena saß neben ihm, einem Standbild gleich. Als sie mich erblickte, miaute sie durchdringend, kam auf mich zu und strich mit emporgerecktem Schwanz um meine Beine.

Ich seufzte, bückte mich und streichelte sie. Was konnte das Tier dafür, dass sein Herr es verzogen hatte! Das Fell war noch immer seidenweich und glänzend, obwohl Philomena inzwischen mindestens achtzehn Jahre alt sein musste.

»Schon gut, Schätzchen«, sagte ich. »Der liebe alte Tatcher wird dir gleich etwas zu essen besorgen. Wo sind denn deine erwachsenen Kinder?«

Ich blickte mich um. Von den Nachkommen Philomenas war nichts zu sehen. Wahrscheinlich streiften sie irgendwo im Schiff umher. Die Andruckbelastung hatte Philomena offensichtlich nichts ausgemacht, also konnte sie ihnen auch nicht geschadet haben.

Ich tastete am Versorgungsautomaten ein halbes Kilo kleingeschnittenes mageres Rindfleisch und einen halben Liter Milch. Beides kam kurz darauf in Plastiktüten an. Ich füllte die beiden fest am Boden verankerten goldenen Futternäpfe und sah zu, wie Philomena zuerst etwas Milch schleckte und danach würdevoll ihr Fleisch kaute. Ab und zu hielt sie inne, blickte mich dankbar an und miaute.

Als der Interkommelder summte, ging ich zu dem Gerät und schaltete es ein. Auf dem Bildschirm erschien Perry Rhodans Gesicht. Es war ebenfalls von der harten Andruckbelastung gezeichnet.

Der Großadministrator lächelte flüchtig.

»Hallo, Captain a Hainu!«, sagte er freundlich. »Ich wollte eigentlich Sonderoffizier Rorvic sprechen.«

»Er döst, Sir«, erwiderte ich. »Ich bin nur hier, weil seine Katze ihr Futter brauchte.«

»Hm!«, machte Rhodan zögernd, dann gab er sich einen Ruck. »Es tut mir leid, aber Sie und Sonderoffizier Rorvic werden in der Hauptzentrale gebraucht. Bitte, wecken Sie Ihren Vorgesetzten und kommen Sie mit ihm so bald wie möglich zu mir.«

Ich stöhnte innerlich. Den Tibeter zu wecken, wenn sein Geist in fernen Universen spazierenging, war eine schwierige und undankbare Aufgabe. Aber was blieb mir übrig, wenn der Großadministrator unsere Hilfe benötigte!