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Hetzjagd auf dem fünften Planeten - Terraner als Freiwild der Überschweren Im Jahr 3580, über 120 Jahre nach dem Tage, da Terra und Luna mit unbekanntem Ziel durch den Soltransmitter gingen, gibt es längst keine vereinte Menschheit mehr. Da sind einerseits die Milliarden Terraner im Mahlstrom der Sterne. Ihr Mutterplanet umläuft seit dem Jahre 3460 die Sonne Medaillon, deren unheilvolle Ausstrahlung die Aphilie hervorrief, die die meisten Menschen in Geschöpfe ohne Mitleid und Nächstenliebe verwandelte. Da sind die in der Heimatgalaxis zurückgebliebenen Nachkommen der Menschen, die an der Flucht Terras nicht teilnehmen wollten oder konnten. Sie sind zu Sklaven der Laren und ihrer Handlanger, der Überschweren unter Leticron, geworden. Und da sind die Terraner beziehungsweise deren Abkömmlinge, die von Lordadmiral Atlan und Solarmarschall Julian Tifflor nach Gäa in die Dunkelwolke Provcon-Faust gebracht werden konnten. Sie haben ein Staatengebilde gegründet - das Neue Einsteinsche Imperium, kurz NEI genannt. Nun, da Gerüchte die Runde machen, wonach die Tage Leticrons gezählt sein sollen, schickt Atlan Erkunder in die von den Laren beherrschten Gebiete der Galaxis hinaus. Einer der heimlichen Beobachter der galaktischen Szene ist auch der berühmte USO-Spezialist und Aktivatorträger Ronald Tekener. Er lebt unter falschem Namen als Sklave auf dem Mars - und wird von den Überschweren zum fünften Planeten des Solsystems deportiert. Für die meisten Opfer einer solchen Maßnahme bedeutet das den sicheren Tod - doch für Tekener wird es zum ZWISCHENSPIEL AUF SATURN ...
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Veröffentlichungsjahr: 2011
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Nr. 708
Zwischenspiel auf Saturn
Hetzjagd auf dem fünften Planeten – Terraner als Freiwild der Überschweren
von CLARK DARLTON
Im Jahr 3580, über 120 Jahre nach dem Tage, da Terra und Luna mit unbekanntem Ziel durch den Soltransmitter gingen, gibt es längst keine vereinte Menschheit mehr.
Da sind einerseits die Milliarden Terraner im Mahlstrom der Sterne. Ihr Mutterplanet umläuft seit dem Jahre 3460 die Sonne Medaillon, deren unheilvolle Ausstrahlung die Aphilie hervorrief, die die meisten Menschen in Geschöpfe ohne Mitleid und Nächstenliebe verwandelte.
Da sind die in der Heimatgalaxis zurückgebliebenen Nachkommen der Menschen, die an der Flucht Terras nicht teilnehmen wollten oder konnten. Sie sind zu Sklaven der Laren und ihrer Handlanger, der Überschweren unter Leticron, geworden.
Und da sind die Terraner beziehungsweise deren Abkömmlinge, die von Lordadmiral Atlan und Solarmarschall Julian Tifflor nach Gäa in die Dunkelwolke Provcon-Faust gebracht werden konnten. Sie haben ein Staatengebilde gegründet – das Neue Einsteinsche Imperium, kurz NEI genannt. Nun, da Gerüchte die Runde machen, wonach die Tage Leticrons gezählt sein sollen, schickt Atlan Erkunder in die von den Laren beherrschten Gebiete der Galaxis hinaus.
Einer der heimlichen Beobachter der galaktischen Szene ist auch der berühmte USO-Spezialist und Aktivatorträger Ronald Tekener. Er lebt unter falschem Namen als Sklave auf dem Mars – und wird von den Überschweren zum fünften Planeten des Solsystems deportiert.
Die Hauptpersonen des Romans
Kalteen Marquanteur – Ein besonderer Gefangener.
Ferron Kalter und Shmitten – Terranische Sträflinge auf Saturn.
Vross Barratill, Kertan Tigentor und Ertyn Grammlond – Drei »Überschwere« machen sich verdächtig.
Kerfonan, Ertalon und Farrandor – Zwei erfolglose und ein erfolgreicher Jäger.
Seit jenem Tag, an dem die Erde aus dem Sonnensystem verschwand und nicht mehr auftauchte, weil der Sonnentransmitter sie in unbekannte Regionen des Universums geschleudert hatte, war Saturn nicht mehr der sechste, sondern der fünfte Planet Sols.
Die Laren beherrschten fast alle Völker der Milchstraße, und ihre Verbündeten, die Überschweren, hatten sich in dem von Rhodan und dem Großteil der Menschheit verlassenen Sonnensystem breit gemacht.
Damit änderte sich im Verlauf der Jahrzehnte auch das Gesicht des lebensfeindlichen und wüsten Planeten, auf dem es außer einigen Forschungsstationen und militärischen Stützpunkten keinerlei menschliche Niederlassungen gegeben hatte.
Die Überschweren waren ursprünglich aus normalen Terranern hervorgegangen, und zwar als Produkt biologischer Anpassungsexperimente. In der Regel mehr als anderthalb Meter hoch und breit, waren sie ungemein massig und kräftig. Sie waren bestens dafür geeignet, auf großen und schweren Planeten mit hoher Gravitation ohne technische Hilfsmittel zu leben und sich frei zu bewegen.
Saturn musste ihnen daher wie ein Paradies erscheinen.
Seine Entfernung zur Sonne betrug nach wie vor 1,426 Milliarden Kilometer, und er drehte sich in zehn Stunden und vierzehn Minuten einmal um seine Polachse. Seiner geringen Dichte wegen betrug die Schwerkraft lediglich 1,97 Gravos. Ein Mensch jedoch hätte auf ihm nahezu das Doppelte wie auf der Erde gewogen. Ohne einen Gravitationsabsorber konnte er sich auf Saturn kaum bewegen, und in den meisten Fällen trat bereits nach einer Stunde der Tod durch Ersticken oder Herzschlag ein.
Um das zu verhindern, trugen Terraner, die das Schicksal auf den zweitgrößten Planeten des Sonnensystems verschlug, ständig einen solchen Gravoabsorber. Wenn die Batterien leer waren oder – wie bei den neueren Modellen – die nukleare Stromversorgung ausfiel, und wenn es keine Möglichkeiten für einen Ersatz gab, geriet der Träger eines solchen Gerätes in direkte Lebensgefahr.
Ebenso wie Uranus, Jupiter und Neptun besaß Saturn einst eine dichte Wasserstoffatmosphäre, die einem chemischen Umwandlungsprozess zum Opfer gefallen war. Zusammen mit Sauerstoff hatte sich Wasser gebildet, und die Verbindung mit Stickstoff hatte Ammoniak und jene mit Kohlenstoff Methan ergeben.
Das Ergebnis war eine weder für Terraner noch für Überschwere atembare Atmosphäre, so dass entsprechende Schutzanzüge unerlässlich wurden. Lediglich einige besonders eitle Überschwere verzichteten oft für eine geringe Zeitdauer auf solche Anzüge, um mit ihrer Widerstandskraft zu protzen.
Viele dieser »Helden« hatten ihren Leichtsinn schon mit dem Leben bezahlen müssen, selbst wenn sie Atemgeräte trugen. Sie erfroren in der unvorstellbaren Kälte, die bei etwa 140 Grad minus lag. Die gewaltigen Stürme jagten die Ammoniak-Eiskristalle mit halber Schallgeschwindigkeit über die Oberfläche des Planeten. Eine entsprechende Vorwärmung der Atemluft war daher unerlässlich.
Zu jenem Zeitpunkt, an dem Ronald Tekener alias Kalteen Marquanteur als Gefangener auf Saturn eintraf, gab es dort viele Kuppelsiedlungen aus transparentem, panzerfestem Kunststoffmaterial. Sie lagen meist in den Äquatorzonen. Die einzelnen Kuppeln einer solchen Siedlung besaßen bis zu einem Kilometer Durchmesser und waren hundert Meter hoch. Sie waren untereinander durch druckfeste Schleusen verbunden.
In ihnen lebten die Überschweren, für die Saturn zum Erholungs- und Sportplanet geworden war. Hier war der Ausgangspunkt ihrer wagemutigen Spiele, die oft genug einen tödlichen Ausgang hatten.
Sie fanden Abwechslung und Genugtuung aber auch in der Tatsache, dass die ehemals so mächtigen Terraner nun ihre Sklaven und Strafgefangenen geworden waren – jene wenigstens, die nicht mit Perry Rhodan und der Erde geflohen waren.
Und so war Saturn der Vergnügungsplanet der Überschweren unter ihrem Anführer Leticron geworden – und zugleich die Hölle für jene Terraner, die in ihre Gewalt gerieten.
1.
Die Kabine war ohne Sichtluken, und als das Schiff mit einem sanften Ruck aufsetzte, nahm der terranische Gefangene Kalteen Marquanteur an, dass sie auf Titan gelandet waren, wo sich die Stahlfestung Leticrons befand. Er wusste, dass sie das Ziel des Fluges war, und er hatte sich den Kopf darüber zerbrochen, was er auf die Fragen Leticrons antworten sollte, ohne seine wahre Identität dabei zu verraten. Eines Tages, so wusste er, würde er sie preisgeben müssen, aber diesen Tag wollte er so lange hinausschieben, wie es eben möglich war.
Während des Fluges hatte es einen kurzen Aufenthalt gegeben, und dann war ein zweiter Gefangener in seine Zelle geworfen worden. Ein älterer Mann, der aber noch verhältnismäßig agil wirkte. Er hatte Kalteen mit forschenden und kalten Blicken gemustert, sich dann auf das zweite Bett gesetzt und gefragt: »Wer sind Sie?«
Kalteen, einen solchen Ton nicht gewohnt, hatte sich abgewandt und ihn nicht weiter beachtet. Das schien dem Fremden zu imponieren.
»Verzeihen Sie, aber die vergangenen Tage haben mich misstrauisch jedem gegenüber gemacht. Sie wollen was von mir wissen, und ich sehe in allen anderen Spione. Auch in Ihnen – das sage ich ganz offen. Wenn Sie keiner sind, werden wir gut miteinander auskommen, was immer auch geschehen mag. Also: wer sind Sie?«
Kalteen drehte sich wieder um.
»Ich könnte genausogut in Ihnen einen Spion vermuten, denn auch von mir will man etwas wissen. Wie also können wir einander vertrauen?«
Der andere nickte.
»Sie haben recht, das gebe ich zu. Aber ich fürchte, die Zukunft erst kann erweisen, ob wir uns beide irrten. Bleiben wir bei wohlwollender Neutralität und vertragen wir uns, das kann nicht schaden. Ich heiße Ferron Kalter. Die Überschweren schnappten mich auf dem Mars.«
Kalteen nickte.
»Mich auch – zumindest das also haben wir gemeinsam. Warum wurden Sie erst jetzt in meine Zelle gebracht?«
»Ich sollte auf Io abgesetzt werden, aber inzwischen schien man es sich anders überlegt zu haben. Man brachte mich zu Ihnen. Vorher war ich in einer Einzelzelle.«
Kalteen hatte darüber nachgedacht, ohne zu einem Ergebnis zu gelangen. Jedenfalls gab es nun eine Erklärung für die kurze Flugunterbrechung, ob sie nun stimmte oder nicht.
In den letzten Stunden hatten sie nur wenig gesprochen. Es war so, als besäße jeder von ihnen ein lebenswichtiges Geheimnis, das er unbedingt für sich behalten wollte – und im Falle Kalteens stimmte das sogar.
Was aber war mit Ferron Kalter?
»Sie brauchen immer Leute auf Saturn«, sagte dieser, als der Antrieb des Schiffes verstummte. »Sklaven, die Schwämme sammeln.«
Kalteen hatte davon gehört. Trotzdem fragte er: »Schwämme? Auf Saturn?«
Ferron nickte.
»Sicher, Schwämme! Die Überschweren sind ganz verrückt nach ihnen.«
»Und warum?«
»Es sind besondere Schwämme, unbekannter Freund. Schwämme, die verjüngen – wenigstens die Haut. Kein Wunder, dass die eitlen Überschweren ganz verrückt nach ihnen sind, und wer sollte sie ernten, wenn nicht ihre Sklaven – wir Terraner?«
»Sie müssen mir mehr darüber erzählen. Es interessiert mich.«
»Das muss Sie auch interessieren, denn Sie werden bald mehr Schwämme sehen als Nahrungskonzentrate.«
»Ich fürchte, man wird mich bald hier herausholen, dann ich fliege nicht zum Saturn, sondern zum Mond Titan. Unsere Wege trennen sich bald.«
Ferron Kalter schüttelte den Kopf.
»Eine Landung auf Titan würde anders verlaufen als diese, die wir gerade hinter uns brachten. Ich wette, wir sind auf Saturn.«
Wenn das stimmt, dachte Kalteen bei sich, werden meine ganzen Kalkulationen über den Haufen geworfen. Ich sollte Leticron vorgeführt werden, das weiß ich sicher. Wenn er es sich anders überlegt hat, bedeutet das ... ja, was bedeutet es eigentlich ...?
Die Zellentür wurde aufgerissen. Ein Überschwerer stand im Korridor und donnerte: »Raus da, wir sind am Ziel!«
Kalter warf Kalteen einen warnenden Blick zu und erhob sich.
»Wie Sie befehlen, Meister«, sagte er ironisch zu dem Überschweren. »Darf ich fragen, ob wir auf Saturn gelandet sind?«
»Das werdet ihr noch rechtzeitig erfahren«, gab der quadratische Brocken unhöflich zurück. »Kommt endlich! Die Helme braucht ihr nicht zu schließen.«
Kalteen und Ferron Kalter trugen noch immer die Schutzanzüge, obwohl sie in dem Schiff überflüssig gewesen waren. Man hatte sie ihnen nicht abgenommen, und auch das würde seine Gründe haben.
Kalteen riss sich zusammen, als ihm der Überschwere einen Stoß in den Rücken gab, während er Ferron Kalter durch den Korridor folgte. Es war sinnlos, sich wehren zu wollen. Damit würde er seine ohnehin missliche Lage nur noch verschlechtern.
Auf der Brust trug er noch immer den Zellaktivator, getarnt als Schmuckamulett. Es war ein Wunder, dass man es ihm noch nicht abgenommen hatte. Wenn man es tat, würde er sterben.
»Ein hübsches Ding haben Sie da auf der Brust hängen«, hatte Ferron Kalter gesagt, als er es beim Waschen sah.
»Andenken an meine Mutter«, war Kalteens Antwort gewesen.
Nun trug er wieder den Schutzanzug, und niemand konnte das »Amulett« sehen.
Durch die Luftschleuse, die weit geöffnet war, gelangten sie zur Außenluke mit der Gangway. Überall waren schwer bewaffnete Posten.
Das grelle Licht, das Kalteen zwang, die Augen für einen Moment zu schließen, stammte von mehreren kleinen aber ungemein hellen Atomsonnen, die jede Dämmerung zum Tag werden ließen. Dahinter spielten sich gewaltige atmosphärische Turbulenzen ab – und noch weiter dahinter leuchteten die Ringe des Saturn.
Also doch Saturn!
Die Atomsonnen schwebten dicht unter der gewaltigen Kuppel, die sich über den flachen Gebäuden spannte, zwischen denen das kleine Schiff gelandet war. Die Luftschleuse oben schloss sich gerade.
Nun erst sah Kalteen zum ersten Mal die anderen terranischen Gefangenen, die man mit ihm nach Saturn gebracht hatte. Es waren Siedler und Techniker vom Mars und den anderen Planeten, die den Überschweren unangenehm aufgefallen waren, aber sicherlich gab es auch wirkliche Verbrecher unter ihnen.
»Die Ringe sehen ja prächtig aus«, sagte Ferron Kalter spöttisch. »Wenn man sich überlegt, dass diese verrückten Überschweren in ihnen regelrechte Vergnügungsjagden veranstalten, fällt einem das Sammeln der Schwämme richtig leicht.«
»Mund halten!«, rief einer der Wachtposten. »Schließt euch an!«
Kalteen war überrascht, dass er wie die übrigen Gefangenen behandelt wurde. Er hatte heimlich damit gerechnet, eine Sonderrolle zu spielen, aber er war froh, dass es nicht so war. In der Masse der anderen Sklaven ging er unter.
Trotzdem blieb die Frage, warum man ihn nicht, wie geplant, in die Titanfestung Leticrons gebracht hatte.
Die Posten trieben die Kolonne der Gefangenen auf ein flaches Gebäude zu, das mit einem elektronischen Zaun abgesichert war. Die Fenster waren vergittert, und die Wachtürme verrieten seinen Zweck nur zu eindeutig.
»Sieht nicht gerade einladend aus«, flüsterte Ferron Kalter.
»Habe auch nicht damit gerechnet«, gab Kalteen ebenso leise zurück.
Ihre Leidensgenossen marschierten mit gesenkten Köpfen und verbissener Miene vor und hinter ihnen her. Man sah ihnen an, dass sie mit ihrem Leben abgeschlossen hatten.
Sie mussten vor dem Tor warten. Ferron Kalter war damit beschäftigt, die anderen Gefangenen und die Umgebung zu mustern. Er wirkte so, als befasse er sich bereits jetzt mit Fluchtplänen, was einem Selbstmord gleichkam.
Auch Kalteen sah sich genauer um.
Man hatte die Oberfläche des Saturn unter der Kuppel verändert. Der einst unfruchtbare Boden war kultiviert und bepflanzt worden. Es gab richtige Gärten, grün und verwildert. Außerhalb der Kuppel gab es jedoch nur den nackten Fels und die tödlichen Stürme der Eiskristalle.
Ein Entkommen war schon der feindlichen Natur außerhalb der Kuppeln wegen unmöglich.
»Weitergehen!«, brüllte einer der Wachtposten.
Die Kolonne setzte sich wieder in Bewegung.
Eine namentliche Kontrolle gab es nicht. Sie wurden einfach abgezählt wie Vieh, das man in den Schlachthof trieb. In dem Hof des eingezäunten Gebäudes standen andere Gefangene in Gruppen herum und betrachteten die Neuankömmlinge mit einer Mischung aus Neugier, Neid und Bedauern. Den Neid begriff Kalteen nicht.
Hinter ihnen schloss sich das Tor.
»Ich glaube«, sagte Ferron Kalter zu Kalteen, »wir müssen uns selbst um unsere Unterkunft kümmern. Wer das nicht tut, kann im Freien unter der Kuppel schlafen. Hier ist sich jeder selbst der Nächste.«
»Sie scheinen sich mit diesen Verhältnissen auszukennen«, meinte Kalteen.
Sein Gefährte nickte ungerührt.
»Allerdings, das tue ich.«
»Was war es? Mord?«
Ferron Kalter zuckte die Schultern.
»Sie können es nennen, wie Sie wollen. Jedenfalls habe ich mir mein Recht selbst geholt, sonst hätte ich lange warten können. Wenn wir uns besser kennen, werde ich Ihnen die Geschichte erzählen, falls Sie Interesse dafür haben sollten. Die Menschen auf der Venus lebten nicht gerade wie in einem Paradies, und wer nicht hart genug war, der starb.«
Das wusste Kalteen auch, der als Ronald Tekener oft genug auf der Venus gewesen war. Der Planet unterschied sich in dieser Hinsicht nicht von primitiven Siedlerplaneten irgendwo in der Galaxis, denn der Mensch war trotz allen Fortschritts immer nur ein Mensch geblieben, mit allen seinen Schwächen und Vorzügen.
»Wir sprechen später darüber«, sagte er. »Gehen Sie vor, Ferron.«
Innerhalb des Lagers, so schien es, waren die Gefangenen sich selbst überlassen. Die Überschweren kümmerten sich nicht um das, was die Sklaven trieben. Die Hauptsache war, dass sie morgens bei der Arbeitseinteilung erschienen. Auch die Verteilung der kärglichen Lebensmittel wurde ihnen selbst überlassen.
Doch das waren Dinge, die Kalteen erst später erfuhr, und er dankte dem Schicksal, dass er einen »Freund« wie Ferron Kalter hatte.
Sie fanden zwei freie Betten in einer Ecke des großen Saales, der Aufenthalts- und Schlafraum zugleich war. Andere Gefangene begrüßten sie mit einem Nicken, dem man allerdings die kommenden Fragen schon ansah. Doch das beruhte auf Gegenseitigkeit.
Neben jedem Bett stand ein primitiver Schrank, in dem die Gefangenen ihre Habseligkeiten und den Druckanzug unterbringen konnten. Kalteen zog ihn aus und verstaute ihn nebst dem Antigravgerät, ohne das er auf Saturn nicht lange leben konnte: Jetzt allerdings, als er sich auf das Bett legte, brauchte er es nicht so dringend.
Ferron Kalter hingegen behielt es am Gürtel und machte seinen ersten Rundgang. Kalteen sah, dass er mit den anderen Gefangenen sprach, Fragen stellte und die ihren beantwortete. Nach einer Stunde kehrte er zurück und legte sich ebenfalls nieder. Er beugte sich zu Kalteen und sagte leise, damit ihn niemand hören konnte: »Wie ich es mir dachte, Kalteen. Morgen schon jagen sie uns hinaus in den Eissturm, um Schwämme einzusammeln. Das ist immer so gewesen und wird sich kaum geändert haben. Vielleicht lässt man uns noch einen Tag zum Einleben, vielleicht auch nicht. Das scheint immer verschieden zu sein. Aber wie auch immer, wir werden uns anstrengen müssen, die nächsten Wochen und Monate zu überleben. Bis dahin ist mir dann etwas eingefallen. Erst einmal muss ich die Verhältnisse kennenlernen.«
Kalteen gab zurück: »Sie haben wirklich die Absicht, der Hölle zu entfliehen?«
Ferron nickte und lächelte grimmig.
»Das habe ich allerdings, und wenn Sie klug sind, gehen Sie mit mir, egal wohin. Überall ist es besser als hier. Doch nun versuchen Sie zu schlafen. Wir werden in der nächsten Zeit alle unsere Kraftreserven benötigen.«
Kalteen legte sich auf den Rücken und schloss die Augen.