Perry Rhodan 73: Schach der Finsternis (Silberband) - Clark Darlton - E-Book

Perry Rhodan 73: Schach der Finsternis (Silberband) E-Book

Clark Darlton

5,0

Beschreibung

Die Abenteuer in der Galaxis Catron gehen weiter. Perry Rhodan, auf der Suche nach einer Möglichkeit der Heimkehr in die Milchstraße, stößt auf immer neue Hinterlassenschaften der ausgestorbenen Pehrtus. Uralte Kommandogehirne bekämpfen ihn und seine Gefährten aus Naupaum mit riesigen Robotflotten. Heltamosch, der Herrscher aus Naupaum, muß mit dem Rest seiner Mannschaft auf einem Ölplaneten gegen riesige Androidenheere kämpfen, während Rhodan nach Naupaum zurückkehrt und sich dort mit achtzehn Steinernen Gehirnen auseinanderzusetzen hat. Als er mit einer neuen Flotte wieder Catron anfliegt, kommt es zur Entscheidung zwischen ihm und dem ebenfalls nach Naupaum versetzten Zeno. Zeno verliert dieses Duell, und der Weg für Perry Rhodan ist frei. Er kehrt zurück in die Milchstraße - und kämpft dort seinen letzten Kampf gegen Anti-ES ...

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Nr. 73

Schach der Finsternis

Cover

Klappentext

Vorwort

Zeittafel

Prolog

Kapitel 1-10

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Kapitel 11-20

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

Kapitel 21-36

21.

22.

23.

24.

25.

26.

27.

28.

29.

30.

31.

32.

33.

34.

35.

36.

Impressum

Die Abenteuer in der Galaxis Catron gehen weiter. Perry Rhodan, auf der Suche nach einer Möglichkeit der Heimkehr in die Milchstraße, stößt auf immer neue Hinterlassenschaften der ausgestorbenen Pehrtus. Uralte Kommandogehirne bekämpfen ihn und seine Gefährten aus Naupaum mit riesigen Robotflotten. Heltamosch, der Herrscher aus Naupaum, muss mit dem Rest seiner Mannschaft auf einem Ölplaneten gegen riesige Androidenheere kämpfen, während Rhodan nach Naupaum zurückkehrt und sich dort mit achtzehn Steinernen Gehirnen auseinanderzusetzen hat. Als er mit einer neuen Flotte wieder Catron anfliegt, kommt es zur Entscheidung zwischen ihm und dem ebenfalls nach Naupaum versetzten Zeno. Zeno verliert dieses Duell, und der Weg für Perry Rhodan ist frei. Er kehrt zurück in die Milchstraße – und kämpft dort seinen letzten Kampf gegen Anti-ES ...

Vorwort

Mit dem vorliegenden 73. Band der PERRY RHODAN-Bibliothek geht ein Kapitel innerhalb der Serie zu Ende, das unseren Helden in einer Umgebung zeigt, die nicht die seine ist. Gefangen im Kosmischen Schachspiel zwischen den Überwesen ES und Anti-ES, bewährt er sich und rettet eine ganze Galaxis vor dem Chaos. Eine zweite Galaxis hilft er zu befrieden und von dem Fluch der Vergangenheit zu befreien. Die Chance zur Rückkehr in die heimatliche Milchstraße hat er sich also wahrhaftig verdient – doch der Kampf ist noch nicht zu Ende.

Die nächsten Abenteuer wird Perry Rhodan wieder in gewohnter Umgebung zu bestehen haben, allerdings in völlig neuer Funktion. Er wird durch die Hölle gehen müssen, und wer weiß – vielleicht erinnert er sich dann manchmal wehmütig an die Zeit in Naupaum und seine Freunde Heltamosch, Gayt-Coor, Torytrae und selbst Zeno. Genauso wie sich hoffentlich der Leser an die »Gehirnodyssee« erinnern wird.

Den Abschluss des »ES-Zyklus« bilden die Romane: Planet der stillen Wächter (643) von Ernst Vlcek, Goliath aus der Vergangenheit (644) von Hans Kneifel, Die Catron-Ader (645) und Schach der Finsternis (649) von Kurt Mahr, Kontakte mit der Ewigkeit (646) von William Voltz, Intrigen auf Payntec (647) von H. G. Ewers und (fragmentarisch) Der Kampf mit dem Yuloc (648) von Clark Darlton.

Zeittafel

1971/84 – Perry Rhodan erreicht mit der STARDUST den Mond und trifft auf die Arkoniden Thora und Crest. Mit Hilfe der arkonidischen Technik gelingen die Einigung der Menschheit und der Aufbruch in die Galaxis. Das Geistwesen ES gewährt Rhodan und seinen engsten Wegbegleitern die relative Unsterblichkeit. (HC 1–7)

2040 – Das Solare Imperium entsteht und stellt einen galaktischen Wirtschafts- und Machtfaktor ersten Ranges dar. In den folgenden Jahrhunderten folgen Bedrohungen durch die Posbi-Roboter sowie galaktische Großmächte wie Akonen und Blues. (HC 7–20)

2400/06 – Entdeckung der Transmitterstraße nach Andromeda; Abwehr von Invasionsversuchen von dort und Befreiung der Völker vom Terrorregime der Meister der Insel. (HC 21–32)

2435/37 – Der Riesenroboter OLD MAN und die Zweitkonditionierten bedrohen die Galaxis. Nach Rhodans Odyssee durch M 87 gelingt der Sieg über die Erste Schwingungsmacht. (HC 33–44)

2909 – Während der Second-Genesis-Krise kommen fast alle Mutanten ums Leben. (HC 45)

3430/38 – Das Solare Imperium droht in einem Bruderkrieg vernichtet zu werden. Bei Zeitreisen lernt Perry Rhodan die Cappins kennen. Expedition zur Galaxis Gruelfin, um eine Pedo-Invasion der Milchstraße zu verhindern. (HC 45–54)

3441/43 – Die MARCO POLO kehrt in die Milchstraße zurück und findet die Intelligenzen der Galaxis verdummt vor. Der Schwarm dringt in die Galaxis ein. Gleichzeitig wird das heimliche Imperium der Cynos aktiv, die am Ende den Schwarm wieder übernehmen und mit ihm die Milchstraße verlassen. (HC 55–63)

3444 – Die bei der Second-Genesis-Krise gestorbenen Mutanten kehren als Bewusstseinsinhalte zurück. Im Planetoiden Wabe 1000 finden sie schließlich ein dauerhaftes Asyl. (HC 64–67)

3456 – Perry Rhodan gelangt im Zuge eines gescheiterten Experiments in ein paralleles Universum und muss gegen sein negatives Spiegelbild kämpfen. Nach seiner Rückkehr bricht in der Milchstraße die PAD-Seuche aus. (HC 68–69)

3457

Prolog

Das Kosmische Schachspiel zwischen ES und Anti-ES geht weiter. Kaum hat die Menschheit die ersten beiden Schläge überstanden – Perry Rhodans Versetzung ins Paralleluniversum und die PAD-Seuche – da tut Anti-ES seinen nächsten Zug. Perry Rhodans Gehirn wird in die ferne Galaxis Naupaum verschlagen und landet auf dem Markt der Gehirne, wo es von Doynschto dem Sanften gekauft wird. Der Paratransplantator erhofft sich viel von dem Ceynach, wie fremde Gehirne auf dem Planeten Yaanzar genannt werden.

Doch Rhodan kann fliehen, nachdem sein Gehirn in einen fremden Körper verpflanzt worden ist. Sein ganzes Streben gilt der Suche nach seiner Heimatgalaxis und einer Möglichkeit zur Rückkehr. Und die Zeit brennt, denn bei einem Experiment schaffte er es, kurzzeitig Kontakt zu seinem eigenen Körper auf Terra herzustellen. Er musste feststellen, dass dieser von einem fremden Androidengehirn beherrscht wird, das alles tut, um der Menschheit zu schaden.

In Naupaum gelingt es ihm nach abermaligem Körperwechsel, die Freundschaft des designierten Nachfolgers des Raytschas zu gewinnen, des Herrschers über das größte Sternenreich. Heltamosch ist bereit, ihm zu helfen, auch wenn er sich dabei selbst in Gefahr begibt.

Er bringt Perry Rhodan zu einer uralten Welt, die einst von den Yulocs bewohnt wurde, den Vorfahren der humanoiden Völker Naupaums. Die Hoffnung, dort Hinweise auf die Milchstraße zu finden, erfüllt sich nicht, doch Rhodan gewinnt mit dem Petraczer Gayt-Coor und dem Accalaurie Zeno weitere Freunde.

Auf der anderen Seite wird er von dem Ceynach-Jäger Torytrae verfolgt und schließlich gestellt. Torytrae ist einer der letzten beiden Yulocs. Er führt jedoch seinen Tötungsbefehl nicht aus.

In der Folge kommt es zu einem Aufstand gegen die Regierung auf Yaanzar, der niedergeschlagen werden kann. Im Laufe der Kämpfe wird Noc, der zweite noch lebende Yuloc, getötet. Noc soll den Aufstand initiiert haben.

Torytrae findet geheime Aufzeichnungen seines Artgenossen und gewinnt neue Erkenntnisse über das ebenfalls uralte und längst ausgestorbene Volk der Pehrtus. Er gibt Perry Rhodan einen Tipp für seine weitere Suche nach der Position der heimatlichen Galaxis.

1.

Catron

Bericht Perry Rhodan

Penorok – der Erde nicht unähnlich, wenn auch größer und heißer und mit einem savannenartigen Charakter. Aber erdähnlich allein schon wegen der gutverträglichen Sauerstoffatmosphäre.

Penorok – vierter von insgesamt zehn Planeten der großen, gelbweißen Sonne Vrantonk in der Galaxis Catron, 104 Millionen Lichtjahre von der Galaxis Naupaum entfernt.

Und wie weit war es bis zur Milchstraße?

»Nun sind wir schon einen ganzen Planetentag auf Penorok, und die Kampfroboter haben sich nicht wieder blicken lassen«, sagte Gayt-Coor, der Petraczer. »Ich sehe darin ein gutes Omen.«

Die Petraczer waren aus einer Echsenrasse hervorgegangen und stammten nicht wie die meisten anderen naupaumschen Völker von den Yulocs ab.

Gayt-Coor stand als Verbindungsoffizier zu Fremdvölkern in Heltamoschs Diensten, und ich hatte ihn auf dessen Schiff PRYHNT kennengelernt. Seit wir zusammen auf der Yuloc-Welt Traecther nach der sagenumwobenen Stadt Nuprel gesucht hatten, waren wir gute Freunde.

Gayt-Coor war außergewöhnlich intelligent, von schnellem Entschluss und ein Mann der Tat. Aber viel mehr als diese Eigenschaften imponierten sein unkompliziertes Wesen und die Tatsache, dass er mir in der Mentalität viel ähnlicher war als die Nachfahren der Yulocs.

»Mir gefällt diese Ruhe gar nicht«, sagte der Accalaurie mit dem unaussprechlichen Namen, den wir Zeno nannten. »Ich würde mich wohler fühlen, wenn wir das Mord-System endlich verlassen könnten.«

Zeno war wie ich selbst ein Ceynach. Er war bei einem misslungenen Hyperexperiment der Accalauries in die Galaxis Naupaum verschlagen worden, wo er von einer illegalen Organhändlerorganisation den Körper eines gehirngeschädigten Yaanztroners erhalten hatte.

Ich war dem Accalaurie im Körper des Yaanztroners auf der Yuloc-Welt Traecther begegnet, wo ihn die Organhändler ausgesetzt hatten. Es war damals ein furchtbarer Schock für mich gewesen, in dieser Galaxis einem Accalaurie zu begegnen – und wenn es auch nur dessen Gehirn war. Bekanntlich stammten die Accalauries aus einem Antimaterie-Universum. Wenn nun Zeno in dieser Umgebung existieren konnte, also nicht durch die Verbindung mit normaler Materie explodierte, musste die Galaxis Naupaum ebenfalls aus Antimaterie bestehen.

Daraus hatte ich schließen müssen, dass mein Gehirn nicht nur an einen unendlich weiten Ort geschickt, sondern auch energetisch in Antimaterie umgepolt worden war. Diese Erkenntnis hatte mich damals furchtbar deprimiert. Wie sollte ich jemals in die Milchstraße zurückkehren können, wenn mein Gehirn nun aus Antimaterie bestand?

Inzwischen hatte ich mich aber bereits mit den Tatsachen abgefunden, wenn auch nicht mit meinem Schicksal. Meine Lage sah trotz allem gar nicht so hoffnungslos aus. Und nach Entwicklung der Dinge standen meine Chancen für eine Rückkehr gar nicht so schlecht.

Catron, die 104 Millionen Lichtjahre entfernte Nachbargalaxis Naupaums, barg viele Geheimnisse, und vielleicht fand sich hier auch der Schlüssel zur Lösung aller Probleme.

Gayt-Coor, Zeno und ich befanden uns auf dem Dach eines der wenigen Gebäude, an denen die Jahrzehntausende spurlos vorbeigegangen waren, weil sich die Wartungsroboter darum gekümmert hatten. Von hier aus hatten wir einen guten Überblick.

Links von uns lag einer der vielen Raumhäfen mit den Robotschiffen der Pehrtus; auf der anderen Seite befand sich das Landefeld, auf dem Heltamosch mit der 1800 Meter hohen ROTAP und den anderen 115 Fernraumschiffen niedergegangen war, und dazwischen erstreckte sich das Ruinenfeld der halbverfallenen Stadt.

Die Wartungsroboter kümmerten sich nur um Gebäude mit technischen Anlagen, während sie die anderen Kulturzeugen der Pehrtus verkommen ließen. Das war der Grund, wieso inmitten der Ruinen Bauwerke standen, die so gut erhalten waren, als würden sie noch von ihren Erbauern bewohnt.

In solch einem Gebäude hatten wir Quartier bezogen. Hinter mir lag der Zugang zu einer Steuerzentrale, über die ich jederzeit mit dem Riesenrobotgehirn von Penorok in Verbindung treten konnte.

»Heltamoschs Leute stellen einen zu großen Unsicherheitsfaktor dar«, hörte ich Zeno sagen. »Sie sind unberechenbar, und ihre Mentalität ist mir so fremd, dass ich sie wohl nie verstehen werde.«

Ich musste unwillkürlich daran denken, wie fremdartig uns, den Terranern, die Mentalität der Accalauries erschienen war, als wir zum ersten Mal mit ihnen zusammentrafen.

»Zeno hat recht«, meinte Gayt-Coor nachdenklich. »Ich kenne die Nachfahren der Yulocs besser als ihr – eben deshalb befürchte ich, dass es irgendwann Schwierigkeiten geben wird. Selbst wenn Heltamoschs Leute ihr Temperament zügeln, verraten sie sich durch ihre Mentalstrahlung. Das Robotgehirn von Penorok hat sie als die Erbfeinde seiner Erbauer, der Pehrtus, eingestuft und verhält sich ihnen gegenüber nur neutral, weil es dich als Befehlsgeber anerkannt hat, Rhodan. Was, wenn nun das Robotgehirn zu dem Schluss kommt, dass die Eliminierung der Feinde der Pehrtus vordringlich behandelt werden muss?«

Ich schüttelte den Kopf. »Das Robotgehirn hat eindeutige Instruktionen von mir erhalten. Es kann diesen nur zuwiderhandeln, wenn Ereignisse eintreten, die im Widerspruch zu den von mir gemachten Angaben stehen. Und dazu wird es nicht kommen, denn Heltamosch weiß, was davon abhängt, dass sich seine Leute richtig verhalten.«

Ich sagte es überzeugend, obwohl ich gar nicht so sicher war, wie ich mich gab. Es stimmte schon, was Zeno sagte, Heltamoschs Leute waren unberechenbar. Das hatte sich am deutlichsten gezeigt, als sie einige Einzelheiten über ihre Vergangenheit erfuhren, die sie nicht verkraften konnten, und daraufhin sofort ihr Dasein durch rituellen Selbstmord beenden wollten.

Das hatte ich zum Glück gerade noch verhindern können. Aber wer konnte sagen, ob Heltamoschs Leute nicht irgendwo im Nachlass der Pehrtus einen dunklen Punkt in ihrer Vergangenheit entdeckten und erneut durchdrehten? Bei einem neuerlichen Zwischenfall würde ich die Kontrolle über das Robotgehirn von Penorok dann vielleicht verlieren – und das wäre der Untergang für Heltamoschs Expedition.

Der letzte Überlebende der Yulocs, der Tuuhrt Torytrae, hatte dieses Sonnensystem das »Mord-System« genannt, und als solches hätte es sich für unsere Expedition auch beinahe erwiesen.

Dass es uns dennoch gelungen war, die 116 Fernraumschiffe durch den systemumspannenden Hypertransschirm zu bringen und auf Penorok zu landen, war dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass ich das Robotgehirn überlisten konnte. Es glaubte mir, dass ich ein Eroberer war, der das Erbe der Pehrtus übernommen hatte und die Galaxis Naupaum unterdrückte. Heltamosch und seine Leute sah das Steuergehirn nicht als meine Verbündeten, sondern als meine Sklaven an.

»Warum verlassen wir das Vrantonk-System nicht einfach und fliegen weiter?«, fragte Zeno.

»Dieser Vorschlag würde beim Raytscha auf wenig Gegenliebe stoßen«, antwortete ich. »Er hat die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. Er hofft immer noch, weitere Hinweise auf die Vergangenheit seines Volkes zu finden.«

Heltamosch hatte gleich nach der Landung auf Penorok seine Wissenschaftler ausgeschickt, damit sie Nachforschungen anstellten. Die Suchkommandos waren ständig unterwegs, schwärmten in den Ruinen aus und flogen mit den Beibooten zu weiter entfernten Anlagen. Bei den Raumschiffen herrschte ein ständiges Kommen und Gehen; die Wissenschaftlertrupps lieferten die erbeuteten Unterlagen ab und machten sich dann sofort wieder auf den Weg, während an Bord der Schiffe das eintreffende Material gesiebt, überprüft und analysiert wurde.

Heltamoschs Leute waren von einem regelrechten Forscherwahn befallen. Eines der eiförmigen Flugobjekte nahm Kurs auf uns und landete bald darauf an einer freien Stelle zwischen den Dachaufbauten. Es war ein zehn Meter langes Beiboot, wie es für Erkundungsflüge auf Planeten verwendet wurde. Da es Antigravtriebwerke besaß und sich für Landungen auf engstem Raum und in unwegsamen Gebieten vortrefflich eignete, konnte es auch mühelos auf dem begrenzten Dachplatz landen.

Dem Beiboot entstieg Heltamosch, der nicht das Gewand des Raytschas trug, sondern eine einfache Wissenschaftlerkombination. Ihm folgten drei Raytaner, deren Kombinationen ebenfalls die Embleme der Wissenschaftler aufwiesen.

»Rhodan, mein Freund, ich kann mich gut in deine Lage hineinversetzen«, begrüßte mich Heltamosch. »Du bist in Sorge um deine Menschheit, und du möchtest so schnell wie möglich in deine Heimatgalaxis zurück – dabei sitzt du, zur Untätigkeit verdammt, auf dieser Welt fest. Aber verstehe, dass ich alles tun muss, um den Schleier zu lüften, der über der Vergangenheit meines Volkes liegt.«

»Die Probleme deines Volkes sind auch die meinen«, entgegnete ich, und das war gar nicht übertrieben.

Als ich damals festgestellt hatte, dass mein Gehirn in eine unendlich ferne Galaxis verschlagen worden war, wollte ich anfangs nichts anderes als so schnell wie möglich in die Milchstraße zurückkehren. Doch je mehr ich mit den Problemen der Völker von Naupaum vertraut wurde, desto deutlicher wurde mir, dass sie dem Untergang geweiht waren, wenn ihnen nicht geholfen wurde. Denn selbst konnten sie sich kaum helfen, weil sie nicht in der Lage waren, mit den alten Tabus zu brechen. Hier, in der Galaxis Catron, bot sich mir nun die Gelegenheit, die Völker von Naupaum wirkungsvoll bei der Lösung ihrer Probleme zu unterstützen – auch wenn das gelegentlich gegen ihren eigenen Willen geschah.

»Wie kommt ihr mit den Nachforschungen voran?«, erkundigte ich mich.

»Gut. Wir finden ständig neue wertvolle Unterlagen, die Licht in das Dunkel der Vergangenheit bringen«, antwortete er. »Allerdings haben wir keine weltbewegenden Entdeckungen mehr gemacht. Die erwarteten Sensationen sind ausgeblieben. Die Auswertung der Untersuchungsergebnisse ist eine mühevolle Kleinarbeit, bei der meistens nur unbedeutende Details zutage treten, die vielleicht erst in ihrer Gesamtheit Bedeutung erlangen. Aber immerhin haben wir in einigen Punkten, über die wir bisher nur Vermutungen anstellen konnten, absolute Gewissheit erlangt. Donktosch, wollen Sie bitte darüber berichten?«

»Jawohl, Mato Raytscha«, antwortete der angesprochene Wissenschaftler. Er war der Älteste der drei, und ich vermutete, dass er zumindest eine Gehirntransplantation hinter sich hatte. Sein ehemals hellbraunes Körperhaar wies an verschiedenen Stellen bereits eine goldene Verfärbung auf, was ein untrügliches Zeichen für einen fortgeschrittenen Alterungsprozess war.

Der alte Raytaner sprach so, als müsse er über jedes Wort nachdenken. »Wir haben schon früher Hinweise dafür gefunden, dass die naupaumschen Völker von den längst ausgestorbenen Yulocs abstammen. Die physische Ähnlichkeit der Raytaner, der Duynter und der anderen artverwandten Völker kann kein Zufall sein. Ebenso wie die Langzeitwaffen der Pehrtus, die gegen die Yulocs Krieg führten, nicht zufällig nur auf uns wirken können, während ein Petraczer wie Gayt-Coor nicht davon betroffen ist. Daraus musste man folgern, dass wir die Nachfahren der Yulocs sind.

Nun, nach Auswertung der erhaltenen Unterlagen, haben wir Gewissheit darüber erlangt: Wir stammen von den Yulocs ab. Ebenso sicher ist nun, dass die Pehrtus die ehemaligen Beherrscher der Galaxis Catron und keine Bewohner Naupaums waren. Sie kamen nur als Invasoren in unsere Galaxis, ihre Heimat aber ist Catron.«

Obwohl wir dies alles schon längst vermutet hatten, beeindruckten mich die Worte des Wissenschaftlers. Sie zeigten das tragische Schicksal der Bewohner von Naupaum ganz deutlich auf, die die Opfer eines Krieges waren, der vor zweihunderttausend Jahren oder mehr geführt wurde!

»Jetzt haben wir Gewissheit, dass wir heute dafür büßen müssen, was die Yulocs vor Jahrhunderttausenden getan haben«, sagte Heltamosch düster. »Wie sollen wir die Schatten der Vergangenheit loswerden? Wir müssen daran zerbrechen ...«

»Es kann überhaupt nicht davon die Rede sein, dass ihr die Opfer der Vergangenheit seid!«, herrschte ich Heltamosch an, um ihn aus seiner düsteren Stimmung zu reißen. »Habe ich euch nicht bewiesen, dass die Langzeitwaffen der Pehrtus keinen Schaden anrichten können, weil sie gar nicht im Sinne der ursprünglichen Programmierung gegen euch eingesetzt werden?«

Das war natürlich eine glatte Lüge. Aber ich hatte schon einmal erlebt, wie Heltamosch und seine Artgenossen an der Wahrheit zerbrochen waren und den Freitod wählen wollten. Noch einmal wollte ich es nicht so weit kommen lassen.

Während ich noch beobachtete, welche Wirkung ich mit meinen Worten bei Heltamosch erzielt hatte, kam ein Offizier aus dem Beiboot gestürzt.

»Mato Raytscha, wir haben vor wenigen Augenblicken eine starke bebenartige Erschütterung angemessen, deren Zentrum ganz in der Nähe liegen muss. Gleich darauf ist von verschiedenen Ortungsstationen die Meldung eingetroffen, dass das eigentliche Beben im hypergravitatorischen Bereich stattgefunden hat.«

Diese Meldung rüttelte Heltamosch wach. »Wir fliegen sofort ins Bebenzentrum«, beschloss er und blickte mich fragend an.

»Ich brauche keine besondere Aufforderung, um dich zu begleiten, Heltamosch«, meinte ich. »Selbstverständlich kommen wir mit.«

Das Beiboot landete vor einem etwa hundert Meter hohen Turm, der sich nach oben hin verjüngte und spitz zulief, seine kreisförmige Grundfläche durchmaß etwa vierzig Meter.

Als wir nacheinander ausstiegen, kamen uns bereits einige bewaffnete Männer des Wachkommandos entgegen. Das gesamte Gelände war umstellt worden, schwere Geschütze auf Transportscheiben schwebten über uns und waren über den Platz rund um den Turm verteilt.

»Was ist vorgefallen?«, erkundigte sich Heltamosch bei dem Wachkommandanten. Es war ein noch junger Duynter mit hellbraunem Körperhaar, verhältnismäßig kleinen Fledermausohren und kalten, stechenden Augen.

»Es gibt nur einen Zugang in den Turm«, berichtete der Offizier. »Durch diesen kommt man in eine Halle, die bislang völlig leer stand, so dass wir dem Gebäude keine besondere Bedeutung beimaßen. Aber da es von den Wartungsrobotern instand gehalten wurde, ließen wir es von den Kartographen vermessen. Wir konnten jedoch keine Energiequellen ausmachen. Plötzlich schlugen die Hyperenergietaster an ...«

Heltamosch brauchte die langwierigen Erklärungen des Wachkommandanten nicht mehr über sich ergehen zu lassen. Er hatte den Zugang in die Turmhalle durchschritten und konnte sich mit eigenen Augen davon überzeugen, was vorgefallen war. Gayt-Coor, Zeno und ich waren ihm gefolgt.

Die Halle beanspruchte die gesamte Grundfläche des Turmes und besaß eine kuppelförmige Decke, die an ihrer höchsten Stelle etwa fünfundzwanzig Meter hoch war. Ich konnte nirgends technische Einrichtungen entdecken, die nahtlos ineinanderfließenden Wände waren glatt und leer. Ebenso die Decke.

In der Mitte der Halle hatte sich eine etwa zehn Meter durchmessende Energieblase von dunkelroter Färbung gebildet. Um diese standen ein Dutzend Soldaten, die allerdings ziemlich ratlos wirkten.

Ich verstand sie. Was konnte man mit herkömmlichen Waffen auch schon gegen ein Energiegebilde wie dieses ausrichten?

»Das Gebilde verändert ständig seine Struktur«, meldete einer der Techniker an den Ortungsgeräten. Dieser Feststellung hätte es gar nicht bedurft, denn wir konnten mit freiem Auge erkennen, dass mit der energetischen Blase eine Veränderung vor sich ging. Sie verlor ihre dunkelrote Färbung, wurde heller und transparenter. Es war bereits zu erkennen, dass sich darin irgend etwas bewegte.

Die Soldaten hoben ihre Waffen. Die Energieblase begann nun zu flackern, wurde instabil und konnte jeden Augenblick zusammenbrechen. Schon konnte man durch sie hindurchsehen.

Inmitten des flackernden Gebildes nahm eine schattenhafte Gestalt immer deutlichere Formen an. Obwohl noch keine Einzelheiten zu erkennen waren, hatte sich die Körperform dieses Wesens schon ziemlich deutlich herauskristallisiert. Es konnte sich nur um ein Wesen handeln, das mit den Yaanztronern und den anderen naupaumschen Völkern artverwandt war.

In der Halle herrschte atemlose Spannung. Niemand hatte eine Ahnung, was das zu bedeuten hatte. Ich stellte die wildesten Vermutungen an, dachte, dass es sich hier vielleicht um einen Gefangenen der Pehrtus handelte, der die Jahrzehntausende im Energieschlaf verbracht hatte und nun zu neuem Leben erwachte, und ich spielte sogar mit dem Gedanken, dass wir es hier mit einem wiedererweckten Pehrtus zu tun hatten. Aber das alles traf nicht zu. Die Wahrheit war viel phantastischer.

Als die Energieblase endgültig zusammenbrach, war auch die Gestalt voll materialisiert. Es handelte sich tatsächlich um ein Wesen vom Aussehen eines Yaanztroners. Und ich erkannte es augenblicklich.

»Torytrae!«, entfuhr es mir überrascht.

Der letzte noch lebende Yuloc, dessen Gehirn in der Tschatro-Bank von Yaanzar konserviert und bei Bedarf in lebende Körper verpflanzt wurde, blickte sich neugierig um.

Als er Heltamosch und mich entdeckte, schien er erleichtert. »Also ist es gelungen«, stellte er fest. »Ich bin in die Galaxis Catron gelangt.«

»Aber wie, Torytrae?«, fragte ich, nachdem ich meine erste Überraschung überwunden hatte. »Auf welche Weise haben Sie den Sprung über 104 Millionen Lichtjahre geschafft?«

Als wir mit Heltamoschs Expeditionsflotte von Naupaum in die Nachbargalaxis aufgebrochen waren, da war Torytrae zurückgeblieben. Und nun tauchte er unvermittelt auf.

»Ich habe auf Yaanzar noch weitere Unterlagen meines Artgenossen Noc entdeckt«, sagte Torytrae, als sei dies die Antwort auf alle unsere Fragen.

Noc war das zweite lebende Yuloc-Gehirn gewesen, das in der Tschatro-Bank zur weiteren Verwendung aufbewahrt worden war. Aber Noc war aus der Art geschlagen. Er hatte seine relative Unsterblichkeit dazu benützt, sich im geheimen eine Machtposition zu schaffen. Als Torytrae dahintergekommen war, war ihm nichts anderes übriggeblieben, als Noc zu töten.

Später stellte es sich jedoch heraus, dass Noc nicht nur machtbesessen war, sondern intensive Nachforschungen über die Vergangenheit seines verschollenen Volkes angestellt hatte. Bei Durchsicht der Unterlagen war Torytrae auch auf das Vrantonk-System gestoßen. Er gab uns die Koordinaten, so dass wir bei unserer Reise in die Galaxis Catron ein bestimmtes Ziel anfliegen konnten.

Ohne Torytraes Hilfe wären wir wahrscheinlich wochenlang durch diese Galaxis geirrt, ohne auf die wichtigen Stützpunkte der Pehrtus zu stoßen, auf denen wir so umwälzende Entdeckungen gemacht hatten.

Und nun erklärte Torytrae, weitere Unterlagen Nocs entdeckt zu haben. Welche neuen Erkenntnisse hatte er daraus gewonnen? Aber was vor allem einer Aufklärung bedurfte: Wie war er aus Naupaum in die Galaxis Catron gekommen?

Unser verblüfftes Schweigen schien Torytrae zu amüsieren. Er genoss es sichtlich, uns auf die Folter zu spannen. Dann aber wurde sein Gesichtsausdruck nachdenklich.

»Wie seid ihr auf die Koordinaten der Verbindungsader gestoßen?«, fragte er. »Aus Nocs neueren Unterlagen ging hervor, dass die Verbindungsader in keiner Beziehung zum Vrantonk-System steht. Deshalb nahm ich es als selbstverständlich an, lange vor euch am Catron-Bezugspunkt der Verbindungsader herauszukommen.«

Heltamosch konnte seine Ungeduld nicht mehr länger bezähmen. Er trat auf den Tuuhrt zu und sagte in barschem Tonfall: »Wollen Sie uns verwirren, Torytrae, dass Sie dauernd in Rätseln sprechen? Wir können uns unter dem Begriff ›Verbindungsader‹ nichts vorstellen. Und Sie sind nicht an irgendeinem Catron-Bezugspunkt materialisiert, sondern auf Penorok, dem vierten Planeten des Vrantonk-Systems!«

Jetzt war es an Torytrae, überrascht zu sein. »Das hätte ich nicht geglaubt«, sagte er. »Ich erwartete eigentlich, auf einer anderen Welt als auf Penorok herauszukommen.«

»Weshalb eigentlich?«, wollte Heltamosch wissen.

Torytrae betrachtete ihn prüfend. Es konnte ihm nicht entgangen sein, dass mit Heltamosch eine Veränderung vor sich gegangen war. Er konnte allerdings nicht wissen, welchen seelischen Belastungen Heltamosch und seine Leute in der Zwischenzeit ausgesetzt gewesen waren. Doch als Abstrakt-Rekonstrukteur und Hyperlogikseher war Torytrae ohne weiteres in der Lage, die richtigen Schlüsse zu ziehen und sich den Gegebenheiten anzupassen. Zumindest wusste er sofort, dass sich Heltamosch in einer Krise befand und dass er deshalb besonders vorsichtig sein musste.

Ich atmete erleichtert auf, als Torytrae sich auf die Situation einstellte und in zuvorkommendem Ton sagte: »Ich wollte Sie nicht verwirren, Mato Raytscha. Wenn es dennoch so aussah, dann ist das auf meine eigene Überraschung zurückzuführen. Ich sagte schon, dass ich gegen meine Erwartung auf Penorok materialisierte.«

»Und wie kam es überhaupt dazu?«, fragte Heltamosch misstrauisch.

»Ich habe aus Nocs Aufzeichnungen erfahren, dass zwischen Yaanzar und einem Planeten der Galaxis Catron eine Direktverbindung existiert«, erklärte Torytrae ruhig. »Noc nannte es die Verbindungsader, deren einen Bezugspunkt er auf Yaanzar entdeckte. Wohin genau die Transportverbindung jedoch führte, darüber sagten Nocs Unterlagen nichts aus. Aber es muss sich um einen Planeten handeln, der von anderer Beschaffenheit als Penorok ist. Als ich herausfand, dass es sich bei der Transportstation auf Yaanzar um eine Art Transmitter handelt, der besonders leistungsstark ist und natürlich für die Beförderung über größere Entfernungen dient, da zögerte ich nicht, ihn zu aktivieren. Aber irgend etwas muss doch schiefgegangen sein, denn sonst wäre ich nicht auf Penorok materialisiert.«

»Ich bin darüber froh, dass Sie Ihr Ziel nicht erreicht haben, Torytrae«, sagte ich schnell, bevor Heltamosch den Yuloc mit einer neuerlichen Unfreundlichkeit bedachte. »Ich hoffe doch, dass Sie uns unterstützen werden.«

Der Tuuhrt blickte mich nur an und fragte: »Schwierigkeiten?«

Ich wusste sofort, worauf er anspielte, und sagte: »Ja. Ich werde Ihnen bei passender Gelegenheit in Einzelheiten davon berichten.«

Heltamosch schaltete sich sofort ein. »Wir wissen alle Ihre Hilfe zu schätzen, Torytrae«, sagte er. »Aber ich hoffe, dass Sie bei allem, was Sie tun, Ihre persönlichen Anliegen hinter die Interessen der naupaumschen Völker stellen.«

Torytrae erwiderte ruhig: »Ich werde bestimmt nichts unternehmen, was sich gegen das Wohl der naupaumschen Völker richtet, Mato Raytscha.«

Heltamosch war mit dieser zweideutigen Antwort nicht ganz zufrieden, aber er beließ es dabei. Er wandte sich ab und überließ Torytrae den Fragen seiner Wissenschaftler.

Ich merkte dem Yuloc an, dass er andere Probleme lieber erörtert hätte als die rein technischen über die so genannte Verbindungsader. Er versuchte, die Wissenschaftler auf später zu vertrösten, aber einer von ihnen, und zwar Donktosch, ließ nicht eher locker, bis sich der Yuloc bereit erklärte, ihren Wissensdurst zu stillen.

Wir begaben uns alle in Heltamoschs Beiboot und flogen zu dem Gebäude, auf dessen Dach ich mein Hauptquartier aufgeschlagen hatte.

In einem unbeobachteten Augenblick sagte ich zu Torytrae: »Seit Heltamosch und seine Leute einiges über ihre Abstammung und den Krieg zwischen Yulocs und Pehrtus erfahren haben, arbeiten sie mit geradezu fanatischem Eifer nur noch an den Problemen der Vergangenheit. Das hat ihnen bisher mehr geschadet als genützt, aber sie merken es nicht.«

»Mir ist sofort aufgefallen, dass ihre Psyche gestört ist«, entgegnete der Tuuhrt. »Ich werde darauf Rücksicht nehmen. Aber ich weiß nicht, ob das ausreicht, sie daran zu hindern, ins Verderben zu rennen ...«

Torytrae war eine faszinierende Persönlichkeit. Nicht etwa vom Aussehen her, denn man hatte sein Gehirn in den Körper eines durchschnittlichen Yaanztroners verpflanzt. Es war sein Geist, der überragend war und alle Normen sprengte.

Ursprünglich hatte der Tschatro von Yaanzar das Yuloc-Gehirn geweckt und in einen Körper transplantiert, um es Jagd auf mich machen zu lassen. Torytrae war der Chef des Ceynach-Suchkommandos, ein Ceynach-Jäger, der den Beinamen »Tuuhrt« erhalten hatte, was bedeutete, dass er unbegrenzte Vollmachten hatte und ein gnadenloser Jäger mit überragenden geistigen Fähigkeiten war.

Doch Torytrae war kein Killer, der Ceynach-Verbrecher jagte und dann skrupellos zur Strecke brachte. Ihn, den gefürchteten Tuuhrt, zeichnete vor allem die Fähigkeit aus, die Schicksalsfäden seiner Opfer zu entwirren, ihre Charaktere zu analysieren und die Hintergründe für ihre Handlungsweise zu durchleuchten. Torytrae war ein Wesen von hoher Moral und Ethik.

Als er mich schließlich stellte und ich ihm meine Geschichte erzählte, da führte er seinen Tötungsauftrag nicht aus. Er schenkte mir nicht nur das Leben, sondern gab mir auch Hinweise, wie und wo ich mehr über mein Schicksal erfahren konnte.

Damals hatte mir der Tuuhrt erklärt, dass er den Tötungsauftrag nur aufschieben wollte. Aber inzwischen war uns beiden klar, dass er ihn wohl nie ausführen würde. Aus der gegenseitigen Achtung voreinander war nun schon beinahe so etwas wie Kameradschaft geworden.

Und als er nun auf Penorok materialisierte, war ich über sein Auftauchen unsagbar froh. Denn der Yuloc mit seinen überragenden Fähigkeiten war als einziger in der Lage – wenn es überhaupt jemand konnte –, die naupaumschen Intelligenzvölker vor dem Untergang zu bewahren. Die Entscheidung über Naupaum würde hier fallen, in der Galaxis Catron.

Diese Gedanken beschäftigten mich, während der Yuloc den Wissenschaftlern die Funktionsweise der Transportverbindung zwischen Naupaum und Catron erklärte.

»... um eine Ferntransmitterverbindung, die annähernd auf der Basis des PGT-Verfahrens arbeitet. Aber man muss natürlich in diesem Fall den Begriff der Pararegulären-Gleichheits-Transplantation sehr großzügig auslegen. Ich möchte daher die Methode des transmitterähnlichen Ferntransports als Reduzierende PGT-Transportkonstante bezeichnen. Als ich auf Yaanzar die PGT-Transmitterstation aktivierte, wurde gleichzeitig die Turmhalle auf Penorok, in der ich schließlich materialisierte, materieenergetisch umgepolt, so dass sie die Funktion eines Empfängers erhielt.«

»Und warum nahmen Sie an, auf einer anderen Welt als auf Penorok materialisieren zu müssen?«, fragte Donktosch.

»Ganz einfach«, meinte Torytrae. »Aus Nocs Unterlagen geht hervor, dass es in Catron ein Sonnensystem gibt, das als Verbindungsader zur Galaxis Naupaum gilt. Das Vrantonk-System wird aber in ganz anderen Zusammenhängen genannt, so dass Penorok einfach nicht als Bezugskonstante für die Transmitterverbindung in Frage kommt.«

Donktosch stellte noch eine Reihe weiterer Fragen über die Verbindungsader, aber es kam nichts mehr dabei heraus. Entweder wusste Torytrae nichts Definitives darüber, oder er behielt sein Wissen für sich.

Als eine kurze Pause entstand, sah ich eine Gelegenheit, das Thema zu wechseln und die Wissenschaftler abzuschütteln.

»War es nicht leichtsinnig, sich ohne besondere Vorbereitungen der Reduzierenden PGT-Transportkonstante anzuvertrauen?«, fragte ich den Tuuhrt. »Sie wussten, dass Sie in Catron herauskommen würden, und mussten einfach mit Schwierigkeiten rechnen.«

Torytrae zeigte sich amüsiert. »Ich brauche zu meinem Schutz nicht mehr, als ich am Körper trage«, sagte er.

Ich sah mir seine Kleidung genauer an. Er trug eine leichte Kombination, die eine Reihe von Ausrüstungsgegenständen aufwies. Ich erkannte Ortungsgeräte, verschiedene Taster, vakuumdichte Vorratsbehälter, Energieaggregate, die für den Antrieb und die Erzeugung von Schutzschirmen gedacht sein mochten, einen Antigravprojektor in Mikroformat und eine Reihe weiterer technischer Geräte, die in seine Kombination eingearbeitet waren.

Aber so raffiniert diese Einsatzkombination auch sein mochte – so unzulänglich erschien sie mir für eine Expedition in eine fremde Galaxis voller Gefahren.

Ich beugte mich näher zu ihm und sagte eindringlich: »Wissen Sie, dass Sie sich in ständiger Lebensgefahr befinden, Torytrae? Wenn der Steuerrobot von Penorok Sie als Yuloc identifiziert, wird er Sie töten lassen.«

»Ich bin mir dessen vollauf bewusst«, meinte der Tuuhrt.

Da erkannte ich, dass er über die Zusammenhänge zwischen den heutigen naupaumschen Intelligenzvölkern sowie den Yulocs und den Pehrtus der Vergangenheit Bescheid wusste.

»Wie können Sie nur so gelassen sein, wenn Sie über unsere ausweglose Lage informiert sind!«, sagte der Raytscha aufgebracht. »Auf Ihnen, dem Letzten der Yulocs, lastet eine schwere Bürde. Sie sollten sich Ihrer Verantwortung bewusst sein.«

»Ich kann die Lage sehr gut einschätzen«, versetzte Torytrae unbeeindruckt. »Aber ich sehe eben alles mit anderen Augen als Sie, Mato Raytscha. Sie verlangen doch nicht, dass ich mich von Ihrer Hysterie anstecken lasse?«

Ich sah, wie es in Heltamoschs Gesicht zuckte, und befürchtete schon, Torytrae könnte zu weit gegangen sein. Aber er hatte mit seinen Worten den bezweckten Effekt erzielt: Heltamosch beruhigte sich etwas.

»Sind Sie jetzt bereit, mich über Ihre Erlebnisse in der Galaxis Catron zu unterrichten?«, fragte der Tuuhrt.

Heltamosch begann zu erzählen.

Nachdem Heltamosch geendet hatte, nahm ich Torytrae zur Seite. Zeno und Gayt-Coor gesellten sich zu uns, während Heltamosch damit beschäftigt war, seinen Wissenschaftlern Aufträge zu erteilen.

»Heltamoschs Erzählung stimmt fast in allen Punkten mit der Wirklichkeit überein«, informierte ich den Tuuhrt. »Nur in einem unterliegt er einem schweren Irrtum. Aber gerade dieser Irrtum ist lebensrettend für ihn und sein Volk.«

»Mir ist sogleich aufgefallen, dass etwas nicht stimmt«, meinte Torytrae.

Als ich zum Sprechen ansetzte, gebot er mir durch eine Handbewegung zu schweigen.

Er fuhr fort: »Sagen Sie es nicht, Rhodan. Ich glaube zu wissen, worin der Mato Raytscha irrt. Er behauptete, die Bio-Infizierung seines Volkes durch die Pehrtus sei missglückt, weil es nicht gelungen sei, die Naupaum-Intelligenzen zu zwingen, dem Paarungsdrang alle acht Tage nachzukommen. Der Mato Raytscha meint dagegen, dass der fünfmonatliche Paarungszwang normal und naturbedingt sei. Das ist meiner Meinung nach der Irrtum.«

»Sie haben es richtig erkannt, Torytrae«, bestätigte ich. »Ich habe diesen Betrug an Heltamosch begangen. Ich musste es tun, um ihn von einer Wahnsinnstat abzuhalten. Als Heltamosch und seine Leute erfuhren, dass sie sich aufgrund der Bio-Infizierung alle fünf Monate paarten, verloren sie vollends die Fassung. Die Erkenntnis, dass die Langzeitwaffe Uyfinom der Pehrtus an der Überbevölkerung Naupaums schuld ist, brachte sie um den Verstand. Sie fanden das Leben plötzlich nicht mehr lebenswert und ...«

»... beschlossen die Flucht in den Tod«, vollendete Torytrae den Satz. »Ich kenne die Nachfahren meines Volkes gut genug, um in diesem Fall auf ihr Verhalten schließen zu können. Ich bin auch überzeugt, dass alle naupaumschen Intelligenzen mit gleicher Abstammung dem Aufruf zum rituellen Selbstmord nachgekommen wären. Wie gelang es Ihnen, sie von dieser Wahnsinnstat abzuhalten, Rhodan?«

»Ich bewies Heltamosch, dass die Bio-Infizierung misslungen sei«, antwortete ich. »Das heißt, ich täuschte diese Beweise vor.«

»Indem Sie erklärten, die Pehrtus hätten durch die Bio-Infizierung erreichen wollen, dass der Paarungszwang alle acht Tage über die Naupaumer kommt.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

»Genau«, sagte ich. »Nun musste ich diese Daten nur noch im Steuerrobot von Penorok speichern und Heltamosch Gelegenheit geben, sie abzurufen. Es gelang, und Heltamosch schluckte den Köder.«

»Ein genialer Plan«, sagte Torytrae anerkennend.

»Es ist nur fraglich, wie lange er wirkt«, gab ich zu bedenken. »Wenn Heltamosch den Betrug entdeckt, dann war alles umsonst.«

»Wir werden verhindern, dass er die Wahrheit erfährt«, sagte Torytrae fest. »Sie können mit meiner Unterstützung rechnen, Rhodan.«

»Achtung!«, warnte uns Gayt-Coor. »Da kommt der Raytscha mit Donktosch, dem Wissenschaftler.«

Heltamosch blickte unwirsch abwechselnd von Torytrae zu mir und meinte dann: »Meine Wissenschaftler sind mit ihren Untersuchungen an einem toten Punkt angelangt. Donktosch bestätigte mir gerade, was ich nach den letzten Ermittlungen befürchtete, nämlich dass uns auf Penorok kein Material mehr zugänglich ist, das uns neue Erkenntnisse über die Vergangenheit vermitteln könnte.«

»Dann können wir diesen unsicheren Planeten endlich verlassen«, sagte Zeno erfreut.

»Aber erst, wenn wir ein festes Ziel vor Augen haben«, antwortete Heltamosch und blickte dabei Torytrae an. »Ich denke dabei an das Sonnensystem, das Sie als Verbindungsader bezeichnet haben.«

»Ich habe Ihnen alles darüber gesagt, was ich weiß, Mato Raytscha«, beteuerte der Yuloc. »Die Bezeichnung und die Koordinaten dieses Systems standen leider nicht in den Unterlagen Nocs.«

»Dann wird uns nichts anderes übrigbleiben, als die Halle, in der Sie materialisierten, einer genauen Untersuchung zu unterziehen«, sagte Donktosch.

»Das wäre Zeitverschwendung«, behauptete Torytrae. »Ich sagte bereits, dass Penorok nicht der Bezugspunkt der Verbindungsader ist, sondern höchstens eine Nebenstation der PGT-Transportkonstante. Alles, was Sie bei einer Untersuchung der Empfängerhalle erreichen könnten, wäre, dass Sie eine Alarmschaltung aktivieren, die den Steuerrobot auf den Plan ruft.«

»Wir müssen um jeden Preis mehr über die Verbindungsader zwischen Catron und Naupaum erfahren«, sagte Heltamosch in fanatischem Eifer. »Ich bin bereit, jedes Risiko in Kauf zu nehmen.«

»Es gäbe eine einfachere und ungefährlichere Methode«, schaltete ich mich ein. »Ich könnte es riskieren, aufgrund der Anerkennung, die ich genieße, eine Anfrage an das Steuergehirn zu richten. Wenn es sich bei der Verbindungsader um einen feststehenden Begriff handelt, dann müssten Informationen darüber in den Datenspeichern von Penorok verankert sein.«

Heltamosch wechselte einen Blick mit Donktosch. Dieser nickte und sagte: »Es wäre einen Versuch wert – wenngleich mir nicht recht wohl bei dem Gedanken ist, die Aufmerksamkeit des Steuerrobots auf uns zu lenken.« Der Wissenschaftler deutete auf Torytrae und fuhr fort: »Sie sind ein Yuloc, Tuuhrt. Sie besitzen das Gehirn eines der uralten Hauptfeinde der Pehrtus. Wenn der Steuerrobot Sie identifiziert, sind wir alle verloren.«

»Ihre Bedenken sind unangebracht, Donktosch«, sagte ich. »Wir befinden uns hier nur in einer Nebenstation, und das Robotgehirn ist weit genug von uns entfernt, so dass es mit seinen Sensoren Torytraes Gehirnausstrahlung nicht empfangen kann ...«

»Wer sagt das?«, rief Gayt-Coor und starrte in den Luftraum über uns, wo eine Vielzahl rasch größer werdender Punkte aufgetaucht war.

»Kampfroboter!« Heltamosch wirbelte zu Torytrae herum und sagte anklagend: »Das haben wir Ihnen zu verdanken. Der Steuerrobot muss geortet haben, dass ein Yuloc unter uns ist.«

2.

»Werden Sie nicht theatralisch, Torytrae«, sagte Heltamosch. »Setzen Sie besser Ihre Fähigkeiten ein, die Ihnen unsterblichen Ruhm und den Nimbus der Unbesiegbarkeit eingebracht haben.«

Torytrae stand breitbeinig da, die Arme ließ er kraftlos hängen. »Ich habe alles durchdacht«, sagte er. »Es gibt keinen anderen Ausweg. Schießen Sie endlich auf mich, bevor die Roboter das Feuer eröffnen und Sie alle vernichten!«

Ich erkannte, dass es Torytrae ernst war. Heltamoschs Soldaten erfassten die Situation ebenfalls und kamen langsam mit erhobenen Waffen näher. Sie warteten nur auf Heltamoschs Zeichen, der aber noch zögerte.

Ich stellte mich vor Torytrae. »Zurück!«, herrschte ich die Soldaten an, und an den Yuloc gewandt sagte ich: »Die Situation ist nicht ausweglos, Torytrae. Ich finde sicherlich eine Möglichkeit, das Robotgehirn ...«

Weiter kam ich nicht. Unweit von mir erfolgte eine Explosion, als ein Energieblitz in einen der Dachaufbauten fuhr. Gleich darauf wurde das Beiboot von den Robotern unter Beschuss genommen; Stichflammen schossen aus dem Rumpf, der gesamte Schiffskörper wurde von einer Reihe von Explosionen erschüttert.

Ich bekam von hinten einen Stoß und taumelte gegen eine Wand. Als ich mich benommen erhob, sah ich, wie vier Soldaten Torytrae eingekreist hatten und das Feuer aus ihren Strahlwaffen auf ihn eröffneten.

Aber der Tuuhrt schien es sich im letzten Augenblick anders überlegt zu haben. Er hatte einen Schutzschirm eingeschaltet, der die tödlichen Energien von ihm abhielt.

»Mach diesem Wahnsinn ein Ende, Heltamosch!«, rief ich dem Raytscha zu, der vor den angreifenden Kampfrobotern hinter einer bunkerartigen Bodenerhebung in Deckung gegangen war.

Er schien mich nicht zu hören, denn er drehte sich nicht nach mir um. Inzwischen feuerten die vier Soldaten weiter auf Torytrae. Noch hielt sein Schutzschirm, aber es konnte nicht mehr lange dauern, bis er unter dem konzentrierten Dauerfeuer zusammenbrechen musste.

Ich rannte auf den nächststehenden Soldaten zu und schlug ihn kurzerhand nieder. Als ich mich dem nächsten zuwenden wollte, da passierte es.

Torytraes Schutzschirm brach blitzartig und mit einem implosionsartigen Effekt in sich zusammen – der Tuuhrt löste sich augenblicklich in nichts auf.

Mit dem Tod des Yulocs kam auch der Angriff der Kampfroboter zum Stillstand. Sie stellten augenblicklich das Feuer ein und landeten rund um uns auf dem Dach.

Ich nahm es nur unbewusst wahr, denn ich starrte immer noch auf die Stelle, wo vor Sekunden Torytrae verglüht war.

»Ich habe den Feuerbefehl nicht gegeben, Rhodan«, hörte ich Heltamosch neben mir sagen. »Meine Leute haben einfach den Kopf verloren, als die Roboter das Feuer eröffneten. Und Torytrae hat sie noch zu diesem Schritt ermutigt. Ich wollte es nicht, aber objektiv betrachtet war es unsere einzige Rettung.«

Ich konnte es noch immer nicht fassen, dass Torytrae hatte sterben müssen. Außer ihm hatten noch drei Männer, die sich nicht mehr aus dem brennenden Beiboot retten konnten, das Leben verloren. Sonst gab es nur Leichtverletzte. Heltamosch hatte keine einzige Schramme abbekommen. Das gleiche galt für Gayt-Coor und Zeno.

Die Kampfroboter standen abwartend am Rand des Daches. Da sie keine Feindseligkeiten mehr gegen uns zeigten, nahm ich an, dass der Steuerrobot sich mit dem Tod des Yulocs zufrieden gab.

Vor mir tauchte ein Raytaner auf. Ich erkannte den Wissenschaftler Donktosch. »Das Robotgehirn wird auf eine Erklärung von Ihnen warten«, sagte er. »Und vergessen Sie nicht die Verbindungsader ...«

Die Schaltstation konnte von keinem naupaumschen Intelligenzwesen, das als Nachkomme der Yulocs anzusehen war, betreten werden. Nur Gayt-Coor und Zeno konnten mich begleiten.

»Was hat dieser Überfall zu bedeuten?«, erkundigte ich mich wütend bei dem Steuergehirn, nachdem die Sprechverbindung aktiviert war.

»Meine Emotiosensoren meldeten mir die Gehirnausstrahlung eines Yulocs«, kam die automatische Stimme aus dem Lautsprecher. »Ich empfing die Impulse schon längere Zeit, konnte sie aber jetzt erst anpeilen, da sie nur sehr schwach waren. Der Einsatz der Kampfroboter war eine logische Maßnahme, die keiner weiteren Erklärung bedarf. Erklärungsbedürftig dagegen ist, wie es möglich ist, dass sich einer der Urfeinde in den Reihen der degenerierten Sklaven befand.«

Ich atmete auf. Aus den Worten des Roboters erkannte ich, dass er mich zumindest nicht verdächtigte, mit den Yulocs oder deren Nachkommen zusammenzuarbeiten. Der Roboter sah in mir immer noch den Eroberer der Galaxis Naupaum.

»Ich würde eine Überprüfung deiner Emotiosensoren durch die Wartungsroboter vorschlagen«, sagte ich in gespielter Wut. »Was sie für einen Yuloc hielten, war nur ein Sklave, der wahnsinnig geworden ist.«

»Der Einsatz der Kampfroboter war berechtigt«, beharrte das Steuergehirn.

»Und hätte mich beinahe das Leben gekostet«, fügte ich zornig hinzu. »Ich hatte die Situation jederzeit in der Hand, und es waren nicht die Roboter, sondern meine Leute, die den Rebellen schließlich zur Strecke brachten. Aber lassen wir das. Ich brauche eine Auskunft. Ich benötige alle Daten, die unter dem Begriff ›Verbindungsader‹ gespeichert sind.«

Eine Weile herrschte vollkommene Stille. Ich wechselte einen Blick mit meinen Begleitern, die erwartungsvoll dastanden.

Obwohl nur wenige Augenblicke vergangen sein konnten, erschien es mir wie eine Ewigkeit, als sich das Steuergehirn wieder meldete. »Angaben über die Verbindungsader sind in den Uralt-Speichern vorhanden. In welcher Form werden sie benötigt? Werden sie nur zur Information oder als wissenschaftliche Unterlagen gebraucht?«

Ich hatte mein Sprechfunkgerät eingeschaltet, so dass Heltamosch und seine Wissenschaftler mithören konnten.

»Die Daten über die Verbindungsader werden sowohl als wissenschaftliche Unterlagen als auch zur reinen Information benötigt«, sagte ich. »Ich verlange die genauen kosmonautischen Koordinaten und alle erforderlichen technischen Angaben für einen Zielflug.«

»Die Daten über die Verbindungsader werden in dieser Form ausgeworfen«, bestätigte das Steuergehirn.

Es war geschafft!

Ich konnte mir vorstellen, was Heltamosch in diesem Augenblick empfand, der ja das ganze Gespräch mitgehört hatte. Was immer auch unter einer »Verbindungsader« zu verstehen war, für Heltamosch bot sich hier eine neue Chance, mehr über die Geheimnisse der Vergangenheit zu erfahren.

Es dauerte nicht lange, bis sich die Automatenstimme erneut meldete. »Hier sind die informativen Angaben über den abgerufenen Datenkomplex: Unter dem Begriff ›Verbindungsader‹ wird das Gromo-Moth-System geführt. Es handelt sich um eine gelbe Norm-Sonne mit insgesamt sechs Planeten. Die eigentliche Bezugskonstante ist der dritte Planet mit dem Eigennamen Payntec, dessen Schwerkraft und Sauerstoffatmosphäre für euch gut verträglich sind. Der Planet ist vollindustrialisiert. Die Entfernung von hier zum Gromo-Moth-System beträgt 6716 Lichtjahre, vom Zentrum der Galaxis zum Gromo-Moth-System 23.819 Lichtjahre ...«

»Das ist phantastisch, Rhodan«, hörte ich Heltamoschs aufgeregte Stimme in meinen Kopfhörern. »Lass dir von dem Roboter sofort die Starterlaubnis für die gesamte Expeditionsflotte geben! Hier hält uns nichts mehr. Wir brechen so schnell wie möglich ins Gromo-Moth-System auf.«

Ich wollte Heltamoschs Eifer bremsen, wagte es dann aber nicht, mit ihm in direkte Sprechverbindung zu treten, um nicht das Misstrauen des Steuerrobots zu erwecken.

»Wir dürfen nichts überstürzen«, sagte Gayt-Coor, der Heltamoschs überschwängliche Reaktion ebenfalls empfangen hatte. »Wäre es nicht besser, wenn wir uns erst einmal gegen alle Eventualitäten absichern, bevor wir zur Verbindungsader aufbrechen? Wenn wir aufs Geratewohl losfliegen, könnten wir eine böse Überraschung erleben.«

»Darauf werde ich es nicht ankommen lassen«, sagte ich und sprach damit gleichzeitig Heltamosch an.

Ich konnte seine Begeisterung verstehen, denn nachdem sich Penorok für weitere Nachforschungen als nicht mehr ergiebig zeigte, wollte er so schnell wie möglich das neue Ziel anfliegen. Sein fast krankhafter Wissensdrang, der ihn zwang, allen Spuren der Vergangenheit nachzugehen, ließ ihm keine Ruhepause. Er musste immer weiterforschen, bis er die ganze Wahrheit kannte. Ohne zu bedenken, dass er und sein Volk vielleicht daran zerbrechen würden.

Mir war es nicht möglich, Heltamosch zu stoppen. Aber immerhin konnte ich versuchen, ihn daran zu hindern, dass er in die Fallen lief, die die Pehrtus vor Jahrzehntausenden für die Yulocs aufgestellt haben mochten.

Der Steuerrobot warf die Informationsspule mit allen wissenschaftlichen und kosmonautischen Daten über die Verbindungsader aus. Zeno nahm sie an sich und betrachtete sie kritisch.

»Jetzt haben wir zwar das wissenschaftliche Material, aber es ist in einer Kassette verpackt, die den pehrtusischen Normen entspricht«, meinte der Accalaurie. »Können wir damit überhaupt etwas anfangen?«

»Selbstverständlich«, meldete sich Heltamosch über Sprechfunk. »Meine Wissenschaftler haben die Technik der Pehrtus so weit erforscht, dass es ihnen möglich ist, die Informationskassette zu adaptieren. Bringen Sie sie uns sofort, damit wir mit der Auswertung beginnen können!«

Zeno sah mich fragend an. Ich nickte. Sollte Heltamosch die Informationen ruhig haben. Solange er mit seiner Flotte auf Penorok festsaß, konnte er keine Dummheiten machen.

Zeno verschwand mitsamt der Informationsspule aus dem Schaltraum. Ich wollte einen Schritt weitergehen und sehen, inwieweit der Steuerrobot noch meine ursprüngliche Identifizierung als Eroberer der Galaxis Naupaum anerkannte.

»Nachdem ich die Koordinaten über die Verbindungsader habe«, sagte ich bedächtig, »verlange ich die Starterlaubnis für alle 116 Raumschiffe meiner Expeditionsflotte. Ich habe vor, das Gromo-Moth-System anzufliegen.«

»Gewährt«, antwortete die Automatenstimme des Steuerrobots augenblicklich. »Die 116 Schiffe sind registriert. Beim Anflug an den Hypertransschirm wird sich eine Strukturschleuse öffnen.«

Jetzt erst fielen die Spannungen endgültig von mir ab. Wir hatten freie Fahrt!

Das Steuergehirn hatte demnach den Zwischenfall mit Torytrae nicht so ernst genommen. Jetzt wurde immer deutlicher, wie richtig die Entscheidung des Tuuhrts war, sich selbst zu opfern, um die anderen vor der Vernichtung zu retten. Der Abstrakt-Rekonstrukteur und Hyperlogikseher hatte in Sekundenschnelle die Situation erfasst, die möglichen Auswirkungen erkannt und die einzig richtige Konsequenz gezogen.

Aber zu wissen, dass man sich selbst aufgeben musste – und dies in die Tat umzusetzen war zweierlei ...

Ich durfte mich nicht zu intensiv meinen Erinnerungen hingeben. Vielleicht später, wenn wir das Vrantonk-System hinter uns gelassen hatten, aber im Augenblick gab es noch ein großes Problem zu bewältigen.

Wir hatten die Startfreigabe des Steuerrobots von Penorok, und wir besaßen die Koordinaten der Verbindungsader. Wenn es zu keinem unvorhergesehenen Zwischenfall kam, konnten wir unbehelligt das Vrantonk-System verlassen und das Gromo-Moth-System anfliegen.

Damit waren aber noch nicht alle Hindernisse beseitigt, denn die vergangenen Ereignisse hatten gezeigt, dass die eigentlichen Schwierigkeiten erst begannen, wenn es galt, in ein System der Pehrtus einzufliegen und auf einem Planeten zu landen. Dem wollte ich diesmal vorbeugen, indem ich von dem Steuerroboter verlangte, dass er das Gromo-Moth-System anfunkte und das dortige Robotgehirn von unserem Kommen informierte.

»Das wird sofort geschehen«, versicherte das Steuergehirn von Penorok.

Eine zermürbende Wartezeit begann. Wir hatten uns auf die ROTAP zurückgezogen und warteten darauf, dass der Steuerrobot die Funknachricht aus dem Gromo-Moth-System auf das Schiff überstellte. In der Funkzentrale herrschte Alarmstimmung. In der Kommandozentrale wurden die Startvorbereitungen getroffen.

Heltamosch wollte keine Sekunde länger als nötig warten. Auf Penorok hielt ihn nichts mehr, ebensowenig Interesse hatte er noch an dem 117 Lichtjahre entfernten Nortema-Tain-System.

Die letzten Geheimnisse, die ihn interessierten, glaubte er in der Verbindungsader zu finden. Seine Wissenschaftler unterstützten ihn voll und ganz in dieser Annahme.

Die Suchkommandos, die über den ganzen Planeten ausgeschwärmt waren, wurden zurückbeordert und trafen nach und nach bei den Schiffen ein. Siebzig der Fernraumschiffe waren wieder voll bemannt und startbereit, und es wurden rasch mehr.

Heltamosch hatte Order gegeben, dass die Raumschiffe ihre Startbereitschaft der AMPPIT melden sollten. Auf der ROTAP herrschte absolute Funkstille, alles wartete auf die Nachricht aus dem Gromo-Moth-System.

Dann, nach zehn endlosen Stunden, war es soweit. Aus der Funkzentrale wurde die Kontaktaufnahme gemeldet. Der Funkspruch wurde augenblicklich in die Kommandozentrale überstellt, wo wir uns versammelt hatten.

Ich erwartete, die Automatenstimme des Steuergehirns zu hören, aber statt dessen drangen übergangslos Störgeräusche aus dem Lautsprecher, wie sie bei Fern-Hyperfunkverbindungen unvermeidlich waren.

Wir lauschten angestrengt, aber anfangs war nichts anderes als das Sammelsurium fremdartiger Laute zu hören. Sonst herrschte absolute Stille in der Kommandozentrale.

Dann war durch die Störgeräusche hindurch ein annähernd modulierter Laut zu hören, der aber so schwach war, dass nicht einmal die hochempfindlichen Geräte ihn herausfiltern und verständlich machen konnten.

Wieder war ein ähnlicher Laut zu hören, diesmal stärker und artikulierter. »... Payntec an Penorok ...«

Diese drei Worte waren auf einmal ganz deutlich zu verstehen. Uns war allen klar, dass damit die Antwort aus dem Gromo-Moth-System eingeleitet wurde. Noch immer wagte sich niemand zu rühren, die Männer in der Kommandozentrale hielten den Atem an.

»... die Anfrage wegen einer Einfluggenehmigung in das Gromo-Moth-System stellt uns vor Probleme ...«

Nach diesem ausgezeichnet empfangenen Abschnitt ging der nächste Teil der Nachricht wieder in Störgeräuschen unter. Ich blickte zu Heltamosch und las in seinen Augen die gleiche Frage, die sich auch mir aufgedrängt hatte: Was meinte man im Gromo-Moth-System damit, dass unsere Anfrage um Einflugerlaubnis Probleme aufwarf?

»... die Dinge ändern sich ... Zeit ... Leben kommt und geht ... erlischt ganz. Aber das Völkergesetz gibt klare Richtlinien, und es untersagt, Söldner fremder Völker ... Ja, wenn kein Pehrtus am Leben ist, der die Flotten führt und die Feinde vernichtet, dann ... es ein fremder Eroberer vollenden ... das Werk, das einst begonnen ... Äonen sind vergangen ...«

Aus der anfangs verworrenen Nachricht kristallisierte sich immer mehr ein Sinn heraus. Das Steuergehirn von Penorok hatte mich im Gromo-Moth-System als das ausgegeben, was ich zu sein behauptete: Perry Rhodan, der Eroberer aus der Milchstraße, der das Erbe der Pehrtus übernommen hatte und die Galaxis Naupaum unterdrückte.

Damit beschäftigte man sich nun im Gromo-Moth-System. Die anfängliche Ablehnung wandelte sich langsam in Anerkennung, je mehr Daten das Gromo-Moth-System verarbeitete. Ich verstand nur nicht, warum dieser Prozess so langsam vor sich ging. War das Steuergehirn von Payntec gestört?

»... der das Werk vollendet hat, soll kommen. Perry Rhodan, der fremde Eroberer in unseren Diensten, wird in der Verbindungsader erwartet ... erbitten Identifizierungskode ... Einfluggenehmigung mit Einschränkung ...«

Das war es, was ich hören wollte. So verstümmelt und verwirrend der Funkspruch im großen und ganzen auch war, es ging eindeutig daraus hervor, dass man mir den Einflug in das Gromo-Moth-System gestattete – wenn auch mit »Einschränkung«.

Worin diese Einschränkung bestand, würden wir schon bald erfahren. Denn kaum war die Funkverbindung abgebrochen, da befahl Heltamosch den Start der ROTAP.

»Der Kommandant der AMPPIT möchte Sie sprechen, Mato Raytscha. Er sagt, eines der letzten Wissenschaftlerkommandos, das aus der Umgebung der Stadt kam, hat ihm von einer phantastischen Entdeckung berichtet.«

»Das hat Zeit bis später«, sagte Heltamosch dem Funker. »Zuerst müssen wir aus dem Vrantonk-System herauskommen.«

Heltamosch sprach in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. Ihn interessierte nicht mehr, was die Wissenschaftler auf Penorok entdeckt hatten. Für ihn stand fest, dass wir wirklich wichtige Entdeckungen nur noch auf Payntec, dem dritten Planeten des Gromo-Moth-Systems, machen konnten.

Die ROTAP startete, die anderen Schiffe folgten in kurzen Abständen.

»Sind die Geschützstände besetzt?«

»Alle Geschütze gefechtsklar, Mato Raytscha!«

Die ROTAP stieß durch die Atmosphäre von Penorok in den freien Weltraum hinaus.

»Ortung?«

»Ortung läuft, Mato Raytscha!«

Wir waren ständig darauf gefasst, dass uns das Steuergehirn seine robotischen Kampfschiffe nachschicken würde. Aber die Ortungsbildschirme blieben leer.

Als die ROTAP annähernd Lichtgeschwindigkeit erreicht hatte, tauchte sie in den Zwischenraum ein. Die gebräuchlichste Art in der Galaxis Naupaum, die parsekweiten Entfernungen zwischen den Sternen zu überbrücken, war der Linearflug, der sich von der terranischen Methode praktisch nicht unterschied. Man nahm Kurs auf einen Zielstern, beschleunigte annähernd auf Lichtgeschwindigkeit, tauchte in den Linearraum ein und kehrte am Ziel – oder wenn die Entfernung zu groß war, zu Kurskorrekturen – in den Normalraum zurück.

Die Linearetappe dauerte nur kurz, denn sie ging nur über die verhältnismäßig kurze Distanz von Penorok bis über die Umlaufbahn des zehnten Planeten hinaus. Dort fielen wir wenige Millionen Kilometer vor dem systemumspannenden Hypertransschirm in den Normalraum zurück.

Die Geschwindigkeit der ROTAP wurde sofort auf einen Bruchteil der des Lichtes gedrosselt, sonst wären wir unweigerlich in den Hypertransschirm gerast und von diesem in den Hyperraum geschleudert worden.

Hinter uns tauchten in kurzen Intervallen die weiteren Schiffe aus Heltamoschs Flotte aus dem Zwischenraum auf – vor uns wölbte sich der gigantische Schutzschirm aus tödlicher Energie.

Je näher wir der Barriere kamen, desto größer wurde die Unruhe in der Kommandozentrale. Als ich merkte, dass auch Heltamosch nervös zu werden begann, sagte ich beruhigend: »Das Steuergehirn hat keine Veranlassung, uns zu hintergehen. Es wird zur rechten Zeit eine Strukturschleuse öffnen. Vielleicht wartet es nur darauf, dass alle 116 Schiffe die Umlaufbahn des zehnten Planeten erreicht haben.«

»Maschinen stopp!«, ordnete Heltamosch an. »Bremsdüsen, volle Kraft! Wir bleiben auf Position, bis die Flotte vollzählig ist!«

Von der Ortungszentrale wurde gemeldet, dass bereits 103 Schiffe die Linearetappe beendet hatten und im Gebiet des Hypertransschirmes eingetroffen waren.

Wenige Sekunden später fehlten nur noch sieben Schiffe, und dann war es soweit. »Expeditionsflotte vollzählig im Zielgebiet eingetroffen!«

Die Meldung war kaum verklungen, als der Hypertransschirm vor uns auf einer Fläche von 5000 Quadratkilometern instabil wurde. Er flackerte eine Weile unruhig, dann brach er zusammen. Die Strukturlücke hatte sich aufgetan – und wir konnten dahinter die fernen Sterne der Galaxis Catron sehen.

»Maschinen, volle Kraft voraus!«, befahl Heltamosch.

Die ROTAP beschleunigte so vehement, dass die Andruckneutralisatoren um eine Nanosekunde zu spät einsetzten und wir in der Kommandozentrale durcheinandergeschüttelt wurden. Doch niemand beschwerte sich darüber, jeder dachte nur voll Bangen daran, dass die Strukturschleuse lange genug geöffnet bleiben möge, um alle 116 Schiffe durchzulassen.

Als wir durch die Strukturöffnung in den freien Weltraum stießen, brach ein unbeschreibliches Jubelgeschrei los. Die Freude der Besatzung über den gelungenen Durchbruch war verständlich, denn sie alle hatten noch die Schrecken des »Mord-Systems« gut in Erinnerung.

»Die AMPPIT ruft den Mato Raytscha auf der ROTAP!«, klang es aus den Lautsprechern der Rundrufanlage. Es war keineswegs üblich, dass ein Funkspruch auf diese Weise weitergeleitet wurde. Aber anscheinend hatte der Kommandant der AMPPIT die Geduld verloren und diese Maßnahme befohlen, um endlich mit Heltamosch in Verbindung treten zu können, nachdem er es bereits vor dem Start vergeblich versucht hatte.

Heltamosch ging zum Funkgerät. »Hier spricht der Raytscha«, sagte er ärgerlich ins Mikrofon. »Was hat es zu bedeuten, dass die AMPPIT ständig die Funkstille stört? Ich hoffe, Sie haben einen gewichtigen Grund dafür, Kommandant!«

»Ich habe selbst keine Ahnung, worum es geht, Mato Raytscha«, antwortete der Kommandant der AMPPIT zerknirscht. »Aber das zuletzt an Bord gekommene Wissenschaftlerkommando scheint eine ungeheuer wichtige Entdeckung gemacht zu haben. Die Wissenschaftler weigerten sich, Einzelheiten preiszugeben, und bestanden darauf, Ihnen persönlich Bericht zu erstatten, Mato Raytscha.«

»Verbinden Sie mich mit den Wissenschaftlern!«, befahl Heltamosch.

»Jawohl, Mato Raytscha.«

Es entstand eine Pause, dann flammte ein Bildschirm auf. Ich war interessiert näher getreten und sah einen älteren Duynter in einer Wissenschaftlerkombination, der sich Malmosch nannte und sich nicht oft genug für die Störung bei seinem Raytscha entschuldigen konnte.

»Was gibt es?«, unterbrach Heltamosch unwirsch sein sinnloses Gestammel.

»Wir haben in den Ruinen am Stadtrand nach Kulturzeugnissen der Pehrtus gesucht«, berichtete der Wissenschaftler. »Wir haben keine ergiebigen Funde gemacht und glaubten schon, mit leeren Händen zur AMPPIT zurückkommen zu müssen. Aber dann stand vor uns plötzlich ein lebendes Wesen ...«

»Was für ein Wesen?«, unterbrach Heltamosch.

»Ein Yuloc ...«

»Ein – was?«

»Jawohl, Mato Raytscha. Ein Yuloc. Er behauptete zumindest, ein solcher zu sein, obwohl er das Aussehen eines Yaanztroners hatte. Er zwang uns mit Waffengewalt, ihn aufs Schiff mitzunehmen, und verlangte Sie persönlich zu sprechen ...« Der Wissenschaftler unterbrach sich und fragte besorgt: »Mato Raytscha ...?«

»Ich kann es nicht glauben«, murmelte Heltamosch und blickte hilfesuchend zu mir.

Ich grinste. Die Schilderung, die der Wissenschaftler von sich gab, ließ nur einen Schluss zu.

»Torytrae lebt«, behauptete ich, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, wie das eigentlich möglich war.

»Jawohl, so ist es«, kam die wohlbekannte Stimme des Tuuhrts aus dem Lautsprecher. Der Wissenschaftler verschwand vom Bildschirm, und an seine Stelle trat der Yaanztroner, dessen Körper Torytraes Gehirn beherbergte.

»Wie haben Sie das geschafft?«, fragte ich ungläubig.

»Als die Soldaten das Feuer auf mich eröffneten, schaltete ich ein Energiefeld ein, das auf einer ähnlichen Basis wie der Hypertransschirm arbeitet – allerdings mit einem ganz anderen Effekt. Man könnte diesen Effekt als Hypertransschleuder bezeichnen. Das Energiefeld leitet nicht die auftreffenden Kräfte in den Hyperraum ab, sondern wird von diesen mit allem, was sich innerhalb befindet, in den Hyperraum geschleudert. Dort hat das Energiefeld eine ähnliche Wirkung: Es wird von den Kraftströmen des Hyperraums wieder in das ursprüngliche Kontinuum abgestoßen. Ich fiel also wieder in den Normalraum zurück, hatte allerdings meinen Standort gewechselt. Dadurch erreichte ich, dass ich aus dem Bereich des Steuerrobots kam und von ihm nicht mehr geortet werden konnte. Er musste mich für tot halten.«

»Ich habe noch nie von einer Abwehrwaffe gehört, die sich Hypertransschleuder nennt«, sagte Heltamosch zweifelnd, nachdem Torytrae geendet hatte.

»Das will ich Ihnen glauben, Mato Raytscha«, meinte Torytrae in gutmütigem Spott. »Und im Vertrauen – es gibt noch viele nicht minder nützliche Erfindungen meines Volkes, die in Vergessenheit geraten sind.«

Ich erinnerte mich in diesem Augenblick daran, dass ich bei Torytraes Auftauchen seine Kombination als unzureichend ausgerüstet für eine Expedition in eine fremde, unbekannte Galaxis befunden hatte.

Alarm vor der letzten Linearetappe!

Ich befand mich gerade in meiner Kabine, und der durchdringende Ton aus dem Lautsprecher des Bildsprechgerätes riss mich aus dem Schlaf. Ich war sofort hellwach.

Die Reise war bisher ruhig verlaufen; wir hatten es nicht anders erwartet. Wir hatten bei den bisherigen sechs Linearetappen jeweils rund tausend Lichtjahre zurückgelegt, ohne dass es größere Kursabweichungen gegeben hätte.

Entsprechend kurz waren auch die Aufenthalte im Normalraum. Und jetzt der Alarm.

Ich konnte mir nicht vorstellen, was rund 700 Lichtjahre vor dem Zielsystem vorfallen konnte. Aber mit einer ernsten Gefahr war schon aus dem Grund nicht zu rechnen, weil der Alarm nicht über die Rundrufanlage an die gesamte Mannschaft, sondern über Bildsprech an bestimmte Personen gegeben wurde. Bei einer echten Bedrohung wäre Vollalarm gegeben worden.

Ich verließ meine Kabine und fand mich Minuten später in der Kommandozentrale ein.

Torytrae war bereits hier. Gayt-Coor und Zeno trafen kurz nach mir ein.

»Was ist passiert?«, erkundigte ich mich etwas atemlos, nachdem ich mich zu Heltamosch und Torytrae begeben hatte, die vor den Ortungsgeräten standen.

»Kein Grund zur Aufregung«, meinte Torytrae. »Der Alarm wurde von der Fernortung ausgelöst.«

»Was wurde geortet?«, fragte ich.

»Eine stark strahlende Hyperenergiequelle«, antwortete Heltamosch. Er deutete mit einer fahrigen Bewegung auf die Instrumentenskalen. »Die Strahlung kommt aus einer Entfernung von annähernd 700 Lichtjahren, also aus dem Gebiet, in dem das Gromo-Moth-System liegt. Trotz dieser gigantischen Entfernung haben die Hypertaster sofort darauf angesprochen, kaum dass wir aus dem Zwischenraum kamen.«

»Lässt sich eruieren, um welche Art von Strahlung es sich handelt?«, fragte Torytrae.

Heltamosch schüttelte den Kopf. »Wir sind noch zu weit entfernt, oder aber es handelt sich überhaupt um eine unbekannte Strahlungsart. Die Auswertung läuft automatisch weiter. Auffallend ist die große Streuung. Es handelt sich nämlich nicht um einen gebündelten Richtstrahl, was heißt, dass die Hyperquelle in alle Richtungen mindestens 700 Lichtjahre weit strahlt.«

Das war allerdings eine besorgniserregende Entwicklung. Wenn die Streustrahlung der Hyperquelle in einer Entfernung von 700 Lichtjahren so deutlich zu empfangen war, wie konzentriert musste sie dann erst in einem gebündelten Richtstrahl sein!

Donktosch, den ich in letzter Zeit ständig in Heltamoschs Nähe gesehen hatte, erschien auch diesmal auf der Bildfläche.

»Ich komme gerade aus der Ortungszentrale, Mato Raytscha, und habe dort einige Versuche angestellt«, meldete er. »So eigentümlich diese Hyperstrahlung auch ist, so ungefährlich ist sie auch für uns. Selbst in millionenfacher Verstärkung übt sie keine schädliche Wirkung auf den Organismus oder auf den Geist aus. Wir können uns der Hyperquelle bedenkenlos nähern. Und das werden wir müssen, wenn wir ins Gromo-Moth-System wollen, denn von dort kommt sie.«

Heltamosch stand wortlos am Instrumentenpult und überflog die Auswertungsergebnisse, die ständig von der Ortungszentrale eintrafen.

»Worüber grübelst du?«, fragte ich ihn. »Glaubst du Donktosch nicht, dass wir von der Strahlung nichts zu befürchten haben?«