Perry Rhodan 93: Abschied von Terra (Silberband) - Clark Darlton - E-Book

Perry Rhodan 93: Abschied von Terra (Silberband) E-Book

Clark Darlton

5,0

Beschreibung

Ende des Jahres 3583 halten die menschenähnlichen Laren und ihr Konzil der Sieben nach wie vor die Milchstraße besetzt. Nur das Neue Einsteinsche Imperium der Menschheit, das sich in einer Dunkelwolke versteckt, leistet unter Atlans Führung noch Widerstand. Hotrenor-Taak, der Statthalter des Konzils, lässt deshalb ein Netz des Todes in der Galaxis errichten. Sein Ziel: Mit Hilfe des Netzes will er die Zellaktivatoren ausschalten und so die Unsterblichen töten. Der Widerstand der Menschen wäre am Ende, und selbst Perry Rhodan könnte nicht mehr in die Heimat zurückkehren. Währenddessen geht die unglaubliche Odyssee der Erde und ihres Mondes weiter: Bei der Versetzung in eine unbekannte Region des Universums wurde Terra nahezu entvölkert. Fremde Raumfahrer entfalten auf dem Planeten nun bedrohliche Aktivitäten. Die wenigen überlebenden Menschen um Alaska Saedelaere nehmen den Kampf gegen die unheimliche Macht und ihre schwarzen Raumschiffe auf - denn Terra darf nicht erneut zum Spielball kosmischer Mächte werden ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 673

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
5,0 (1 Bewertung)
1
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 93

Abschied von Terra

Ende des Jahres 3583 halten die menschenähnlichen Laren und ihr Konzil der Sieben nach wie vor die Milchstraße besetzt. Nur das Neue Einsteinsche Imperium der Menschheit, das sich in einer Dunkelwolke versteckt, leistet unter Atlans Führung noch Widerstand. Hotrenor-Taak, der Statthalter des Konzils, lässt deshalb ein Netz des Todes in der Galaxis errichten. Sein Ziel: Mit Hilfe des Netzes will er die Zellaktivatoren ausschalten und so die Unsterblichen töten. Der Widerstand der Menschen wäre am Ende, und selbst Perry Rhodan könnte nicht mehr in die Heimat zurückkehren.

Vorwort

Die Unsterblichkeit ist ein Thema, mit dem sich die Science Fiction immer wieder auf verschiedenste Weise befasst. Und, seien wir mal ehrlich, wer von uns wäre nicht gerne unsterblich? Nun ja, das ist eigentlich ein zweischneidiges Schwert; nach der anfänglichen Euphorie dürfte sich sehr schnell Ernüchterung einstellen, wenn nicht sogar Katzenjammer.

Hundert Jahre, zweihundert, auch dreihundert sind wohl noch kein Problem. Aber was passiert bei zweitausend, dreitausend oder mehr Jahren, wenn Sie sehen, wie sich ringsum alles immer schneller verändert und Sie mit Ihren Wertvorstellungen von einst nur noch milde belächelt werden, vielleicht so behandelt, als wären Sie ein lebendes Fossil? Und wenn nur Sie immer gleich jung und attraktiv bleiben, während Ihr Ehepartner, Ihre Kinder, Freunde und Verwandte ganz normal altern? Wie würden Sie sich fühlen? Erst gut, zweifellos. Aber dann? Ich glaube, dass eine solche personenbezogene Unsterblichkeit sehr einsam macht und der Betreffende sich ein entsprechend dickes Fell wird zulegen müssen.

Aber das nur am Rande, zum Nachdenken und als Einstimmung.

In unserer PERRY RHODAN-Serie ist die Unsterblichkeit von Anfang an eines der großen Themen. Es begann mit der Zelldusche für einen ausgewählten Personenkreis, die den Alterungsprozess für genau 62 Jahre anhielt, und führt über den eiförmigen Zellaktivator, der an einer Kette getragen wird, bis hin zum implantierten Aktivatorchip. Perry Rhodan besitzt diese relative Unsterblichkeit, die vor Krankheiten und Vergiftungen schützt, nicht aber vor Unfall und Waffengewalt, ebenso einige seiner engsten Freunde und Weggefährten.

Was aber geschieht, wenn sich fremde Mächte eines Zellaktivators bedienen wollen, um daraus eine Waffe zu konstruieren? Eine Antwort darauf geben die Kapitel dieses Buches, die in unserer heimischen Milchstraße spielen.

Ich wünsche Ihnen unterhaltsame Stunden und viel Vergnügen bei der Lektüre. Und ich danke all den Lesern besonders, die sich mit Anregungen und Kommentaren an uns wenden.

Die in diesem Buch enthaltenen Originalromane sind: Kampf den Invasoren (777) und Duell der Außerirdischen (778) jeweils von William Voltz; Die Rache der Feuerflieger (784) von Kurt Mahr; Die erste Inkarnation (785) von William Voltz; Hilfe aus Zeit und Raum (792) von Clark Darlton; Die Aktivatorjagd (793) und Zeitbombe Zellaktivator (794) jeweils von H. G. Ewers; Netz des Todes (795) von Marianne Sydow sowie Abschied von Terra

Zeittafel

1971/84 – Perry Rhodan erreicht mit der STARDUST den Mond und trifft auf die Arkoniden Thora und Crest. Mit Hilfe der arkonidischen Technik gelingen die Einigung der Menschheit und der Aufbruch in die Galaxis. Geistwesen ES gewährt Rhodan und seinen engsten Wegbegleitern die relative Unsterblichkeit. (HC 1–7)

2040 – Das Solare Imperium entsteht und stellt einen galaktischen Wirtschafts- und Machtfaktor ersten Ranges dar. In den folgenden Jahrhunderten folgen Bedrohungen durch die Posbis sowie galaktische Großmächte wie Akonen und Blues. (HC 7–20)

2400/06 – Entdeckung der Transmitterstraße nach Andromeda; Abwehr von Invasionsversuchen von dort und Befreiung der Völker vom Terrorregime der Meister der Insel. (HC 21–32)

2435/37 – Der Riesenroboter OLD MAN und die Zweitkonditionierten bedrohen die Galaxis. Nach Rhodans Odyssee durch M 87 gelingt der Sieg über die Erste Schwingungsmacht. (HC 33–44)

2909 – Während der Second-Genesis-Krise kommen fast alle Mutanten ums Leben. (HC 45)

3430/38 – Das Solare Imperium droht in einem Bruderkrieg vernichtet zu werden. Bei Zeitreisen lernt Perry Rhodan die Cappins kennen. Expedition zur Galaxis Gruelfin, um eine Pedo-Invasion der Milchstraße zu verhindern. (HC 45–54)

3441/43 – Die MARCO POLO kehrt in die Milchstraße zurück und findet die Intelligenzen der Galaxis verdummt vor. Der Schwarm dringt in die Galaxis ein. Gleichzeitig wird das heimliche Imperium der Cynos aktiv, die am Ende den Schwarm wieder übernehmen und mit ihm die Milchstraße verlassen. (HC 55–63)

3444 – Die bei der Second-Genesis-Krise gestorbenen Mutanten kehren als Bewusstseinsinhalte zurück. Im Planetoiden Wabe 1000 finden sie schließlich ein dauerhaftes Asyl. (HC 64–67)

3456 – Perry Rhodan gelangt im Zuge eines gescheiterten Experiments in ein paralleles Universum und muss gegen sein negatives Spiegelbild kämpfen. Nach seiner Rückkehr bricht in der Galaxis die PAD-Seuche aus. (HC 68–69)

3457/58 – Perry Rhodans Gehirn wird in die Galaxis Naupaum verschlagen. Auf der Suche nach der heimatlichen Galaxis gewinnt er neue Freunde. Schließlich gelingt ihm mit Hilfe der PTG-Anlagen auf dem Planeten Payntec die Rückkehr. (HC 70–73)

3458/60 – Die technisch überlegenen Laren treten auf den Plan und ernennen Perry Rhodan gegen seinen Willen zum Ersten Hetran der Milchstraße. Rhodan organisiert den Widerstand, muss aber schließlich Erde und Mond durch einen Sonnentransmitter schicken, um sie in Sicherheit zu bringen. Doch sie rematerialisieren nicht am vorgesehenen Ort, sondern weit entfernt von der Milchstraße im »Mahlstrom der Sterne«. Den Terranern gelingt es nur unter großen Schwierigkeiten, sich in dieser fremden Region des Universums zu behaupten. (HC 74–80)

3540 – Auf der Erde greift die Aphilie um sich, die Unfähigkeit des Menschen, Gefühle zu empfinden. Perry Rhodan, die Mutanten und andere gesund Gebliebene beginnen an Bord der SOL eine Reise ins Ungewisse – sie suchen den Weg zurück in die Milchstraße. (HC 81)

3578 – In Balayndagar wird die SOL von den Keloskern festgehalten, einem Volk des Konzils der Sieben. Um der Vernichtung der Kleingalaxis zu entgehen, bleibt der SOL nur der Sturz in ein gewaltiges Black Hole. (HC 82–84)

3580 – Die Laren herrschen in der Milchstraße, die freien Menschen haben sich in die Dunkelwolke Provcon-Faust zurückgezogen. Neue Hoffnung keimt auf, als der Verkünder des Sonnenboten die Freiheit verspricht. Lordadmiral Atlan sucht die Unterstützung alter Freunde, die Galaktische-Völkerwürde-Koalition (GAVÖK) wird gegründet. (HC 82, 84, 85)

Auf der Erde im Mahlstrom zeichnet sich eine verhängnisvolle Entwicklung ab. (HC 83)

3581 – Die SOL erreicht die Dimensionsblase der Zgmahkonen und begegnet den Spezialisten der Nacht. Um die Rückkehr zu ermöglichen, dringt ein Stoßtrupp in die Galaxis der Laren vor und holt das Beraghskolth an Bord. (HC 84, 85)

Nur knapp entgeht die SOL der Vernichtung; die Entstehung des Konzils wird geklärt. (HC 86)

Monate nach der SOL-Zelle-2 erreicht Perry Rhodan mit der SOL die Milchstraße und wird mit einer falschen MARCO POLO und dem Wirken eines Doppelgängers konfrontiert. Die Befreiung vom Konzil wird vorangetrieben. (HC 87, 88)

Im Mahlstrom halten der geheimnisvolle Plan der Vollendung und die PILLE die Menschen im Griff. Die Erde stürzt in den »Schlund«. (HC 86)

3582 – Alaska Saedelaere gelangt durch einen Zeitbrunnen auf die entvölkerte Erde (HC 88) und gründet mit einigen wenigen Überlebenden der Katastrophe die TERRA-PATROUILLE. (HC 91)

Die SOL fliegt aus der Milchstraße zurück in den Mahlstrom der Sterne (HC 89) und erreicht schließlich die Heimatgalaxis der Feyerdaler, Dh'morvon. Über die Superintelligenz Kaiserin von Therm eröffnet sich vielleicht eine Möglichkeit, die Spur der verschwundenen Erde wiederzufinden. (HC 90, 91)

3583

Prolog

Das zu Ende gehende 36. Jahrhundert hat die Menschheit weiter im Kosmos verstreut, als dies noch vor wenigen Jahrzehnten für denkbar gehalten worden wäre. Dies ist eine Zeit immer neuer Prüfungen, und sie erfordert große Anstrengungen, damit die Menschen wieder zueinander finden können.

Auf der Flucht vor der Invasion der Laren in der Milchstraße wurde ein Teil der Menschheit mit dem Planeten Erde und dem Mond in den Mahlstrom der Sterne verschlagen. Aber auch dort ist es den Menschen nicht vergönnt, dass sie Ruhe finden. Die neue Sonne Medaillon verändert sie, und sie werden zu Aphilikern, den Kindern der reinen Vernunft.

Mit dem Sturz in den Schlund, einen gewaltigen mehrdimensionalen Energiewirbel, scheint das Schicksal der Menschen und ihrer Heimatwelt endgültig besiegelt zu sein. Doch Erde und Mond materialisieren in einer unbekannten Region des Universums. Nur ihre Bewohner sind verschwunden. Terra ist eine leere Welt geworden.

Eine Hand voll Überlebende der Großen Katastrophe finden sich zusammen. Zu ihnen gehört Alaska Saedelaere, der Transmittergeschädigte und Aktivatorträger. Sie geben sich nicht geschlagen, vor allem versuchen sie zu verhindern, dass ihre Heimatwelt zum Spielball kosmischer Mächte wird.

Terra

Verschollen im Kosmos

1.

Routinekontrolle: Siebzig Forscher verlassen siebzig Räume und begeben sich in siebzig Antigravwabenröhren.

Nein, falsch!

Neunundsechzig Forscher verlassen siebzig Räume ... Das darf nicht wahr sein! Aber ich kann ja noch zählen. Und wenn ich schlau bin, behalte ich die Sache für mich, niemand wird jemals bemerken, dass in meiner Sektion ein Forscher ausgefallen ist. Schließlich halten sich zu jeder Zeit Tausende von Forschern innerhalb des MODULS auf.

Wer fehlt? Raum dreiundvierzig, Douc Langur!

Anordnung: Langurs Forschungsschiff überprüfen!

Die HÜPFER befindet sich nicht an Bord? Mit anderen Worten: Douc Langur ist überhaupt nicht zurückgekommen.

Unter diesen Umständen bleibt mir keine Wahl. Man wird überprüfen müssen, an welchem Koordinationspunkt der Großen Schleife Langur verschwunden ist. Ein einziger Forscher, über dessen Verbleib wir nichts wissen, bedeutet schon einen Gefahrenfaktor für das MODUL. Die Wahrscheinlichkeit, dass Langur BARDIOC oder einer seiner Inkarnationen in die Hände fällt, ist äußerst gering, trotzdem erfolgt die nächste Anordnung: Letzte Koordinaten der HÜPFER feststellen!

Kontakt zu Douc Langur bestand zuletzt in jenem Sektor, in dem wir das unvermutet materialisierte Sonnensystem untersucht haben. Was immer der Grund für sein Ausbleiben sein mag, wenn er noch lebt, befindet er sich in jenem Sonnensystem.

Dass das MODUL zu diesem Koordinationspunkt zurückfliegt, ist undenkbar. Trotzdem müssen wir uns vergewissern. Falls Langur noch lebt, muss er getötet werden. Das ist im Interesse der Sicherheit unerlässlich.

Warum ich den Vorfall erst jetzt melde? Ich bin eben ... nicht voreilig. Alles hätte sich noch als Irrtum herausstellen können.

Ich soll Langurs Tod einen Namen geben? Das bedeutet, dass ich mich nach Ausführung dieses Auftrags selbst vernichten werde, weil meine Existenz außerhalb des MODULS eine ähnliche Gefahr wie ein verlorener Forscher bedeuten würde.

Aber auf einen s-Tarvior ist eben Verlass.

Die dunkle Kette vor der HÜPFER waren die Berge, dahinter lag das Meer und etwas nördlich das Ziel von Langurs kleinem Raumschiff: Namsos. Douc Langurs Aufmerksamkeit wurde jedoch weit mehr von dem Organklumpen unter Alaska Saedelaeres Gesichtsmaske beansprucht. Er leuchtete so intensiv, dass farbige Lichtspeere unter der Maske hervorzuckten.

Langur, der zu höflich war, um den Transmittergeschädigten nach der Bedeutung dieser Entwicklung zu fragen, war erleichtert, als der dritte Passagier der HÜPFER, Jentho Kanthall, die Sprache darauf brachte. Da Langur und die beiden Terraner stets einen Translator bei sich trugen, konnte der Forscher genau verstehen, was Kanthall sagte.

»Was ist mit deinem Cappinfragment los, Alaska?«, fragte Jentho Kanthall.

»Normalerweise reagiert es so auf n-dimensionale Vorgänge«, antwortete Saedelaere knapp.

»Haben die Geschehnisse in Namsos damit zu tun?«

»Sehr wahrscheinlich.«

Langur fiel es nach wie vor schwer, Stimmungsschwankungen der Terraner zu erkennen, aber diesmal war er sicher, dass seine beiden Begleiter trotz der widrigen Umstände ein großes Maß an Gelassenheit zeigten. Walik Kauk, Baldwin Tingmer, Bluff Pollard und der Ka-zwo Augustus waren mit einem Gleiter nach Norwegen aufgebrochen. Dort waren Fremde mit einem Raumschiff erschienen und hatten eine mysteriöse Baustelle eingerichtet. Kauk hatte seiner Überzeugung Ausdruck verliehen, dass die Fremden lediglich Vorbereitungen für ein kommendes Ereignis trafen.

Die Gruppe hatte Gleiter verloren und war mit einem alten Schiff aus Namsos geflohen. Nun warteten alle darauf, dass sie von einem kleinen Hafen abgeholt wurden.

»Würdest du nach allem, was wir gehört haben, sagen, dass du Wesen wie diesen Fremden schon einmal begegnet bist, Douc?«, erkundigte sich Alaska stockend.

Langur verneinte. Er konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf Namsos. Die Baustelle lag am nordöstlichen Ende der Bebauung, aber das schwarze Raumschiff war nicht zu sehen. Wahrscheinlich hatte es seine Aufgabe erfüllt und war abgeflogen.

Der Wall und das, was er umschloss, leuchteten. Es war ein Licht, das den Augen nicht wehtat. Es schien, genauso wie die zum Meer hin offene Pforte, eine Einladung zu signalisieren. Das schloss von vornherein aus, dass in dem zentralen Becken unwichtige Dinge geschehen könnten.

»Das sieht alles sehr friedlich aus«, stellte Alaska fest. Die Aktivität seines Cappinfragments schien noch zuzunehmen.

»Friedlich und doch bedrohlich«, antwortete Kanthall. »Mich stört vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der die Fremden sich hier niedergelassen haben, als gehörte ihnen dieser Platz.«

Kanthall sagte »Platz«, aber er meinte zweifellos die Erde, dachte Langur. Da er selbst nicht wusste, ob er von einem Planeten stammte, konnte er sich die Beziehung eines denkenden Wesens zu einer Welt nicht richtig vorstellen, aber er ahnte, dass Kanthall und Saedelaere tief betroffen waren.

Für sie war diese Anlage eine Wunde, die man ihrer Welt zugefügt hatte. Und sie würden bestrebt sein, diese Wunde zu schließen, ohne dass Narben zurückblieben.

Die HÜPFER landete auf einem Geröllfeld. Langur hatte den Landeplatz gut gewählt, denn große Felsen schützten das Raumschiff weitgehend vor neugierigen Blicken.

Es wurde schnell dunkel. Jentho Kanthall glaubte zu sehen, dass sich innerhalb des Walles Fremde bewegten. »Was mögen sie vorhaben?«, fragte er nachdenklich.

»Sobald wir das wissen, haben wir einen großen Schritt nach vorn gemacht«, erwiderte Langur. »Die Motivation des Gegners zu kennen bedeutet, etwas gegen ihn unternehmen zu können.«

Kanthall verließ das Schiff, um die Anlage vom Rand des Geröllfelds aus zu beobachten. In der zweiten Nachthälfte übernahm Douc Langur die Wache. Saedelaeres leuchtendes Gesicht wäre in der Finsternis zu verräterisch gewesen.

Am nächsten Morgen hing über Namsos eine riesige dunkle Wolke, aus der sich allmählich ein schwarzes Raumschiff herausschälte. Langur lief zur HÜPFER zurück und weckte seine Begleiter.

»Das Raumschiff, von dem Kauk berichtet hat, ist zurückgekehrt«, verkündete er.

Es war inzwischen so hell geworden, dass auch der Maskenträger die HÜPFER verlassen konnte.

Das ovale Raumschiff landete neben dem Becken. In seiner Nähe und im Becken selbst wimmelte es von kleinen Gestalten.

»Die Fremden und ihre Roboter sind früh auf den Beinen«, stellte Alaska fest.

Kanthall starrte angestrengt in das Tal hinab. »Ich möchte wetten, dass etwas Wichtiges vorgeht«, sagte er.

»Vielleicht ist eine hochgestellte Persönlichkeit eingetroffen, um die Station zu besichtigen.«

»Ich wüsste zu gern, was sie dort unten machen«, sagte Kanthall gedehnt. »Die Sache wird mir immer unheimlicher.«

Ein großes Fahrzeug glitt aus dem Schatten des Raumschiffs. Hunderte von Fremden und deren Roboter versammelten sich.

»Es sieht so aus, als würden sie etwas vom Schiff zum Becken transportieren.«

Das Gebilde ähnelte einer länglichen geschlossenen Riesenmuschel. Es glitt offenbar auf einem Energiepolster, denn Räder oder damit vergleichbare Teile gab es nicht. Mit dem Fernglas waren die Fremden gut zu erkennen. Ihre Körper wirkten stämmig und mochten etwa eineinhalb Meter groß sein. Auffallendstes Merkmal waren ihr stachliger Pelz und das große blaue Sehorgan auf der Stirn. Keiner der Fremden trug mehr als ein hosenartiges Kleidungsstück und einen breiten Gürtel.

Daneben zählte Kanthall mindestens ein Dutzend verschiedene Robotertypen.

Über dem Transporter hing eine schimmernde Aureole, sehr wahrscheinlich ein schützender Energieschirm. Das bewies, wie wichtig das Transportgut war. Obwohl die Fremden sich nicht bedroht zu fühlen brauchten, ergriffen sie derartige Vorsichtsmaßnahmen.

»Wenn du mich fragst, schaffen sie jetzt das Kernstück der Anlage herbei – was immer das ist«, sagte Alaska zu Kanthall.

»Ich frage dich nicht!« Kanthall grinste.

Der Transport hatte inzwischen die Pforte des Beckens erreicht. Zwischen zwei tiefen Furchen, die Walik Kauk in seinem Bericht als Fundamentgräben bezeichnet hatte, glitt die Riesenmuschel bis ins Zentrum.

Was folgte, nahm Stunden in Anspruch.

Die Oberseite der Muschel wurde zentimeterweise zurückgeschoben, und von Antigravfeldern getragen, tauchte ein etwa dreißig Meter hohes Metallei auf, das in der Mitte einen flanschähnlichen Ring trug. Kanthall schätzte den Durchmesser des Gebildes auf etwa zwanzig Meter. Die Unterseite war abgeflacht, drei stelzenähnliche Röhren ragten daraus hervor. Oben auf dem Ei saß eine Art Wellenkrone.

»Es ist nur ein Konverter oder ein Reaktor, der die Anlage mit Energie versorgen soll«, stellte Saedelaere enttäuscht fest.

»Energie haben die Fremden längst zur Verfügung«, widersprach Kanthall. »Es muss etwas anderes sein.«

»Eine Schaltzentrale«, vermutete Douc Langur.

Kanthall stieß eine Verwünschung aus. »Von diesem Ding geht irgendetwas aus, das kann ich spüren. Fühlst du nichts?«, fragte er den Transmittergeschädigten.

Saedelaere zuckte mit den Schultern.

Die Fremden im Becken gingen daran, das stählerne Ei im Mittelpunkt der Station zu installieren. Dabei versank das untere Drittel des Gebildes in einer dafür vorgesehenen Mulde.

»Wie bei einem Puzzlespiel«, bemerkte Alaska.

»Ich habe sogar den Eindruck, dass das Becken nur geschaffen wurde, um diesen Behälter aufzunehmen«, sagte Kanthall.

Von diesem Augenblick an hatte das große Ei einen Namen. Es wurde einfach als der Behälter bezeichnet. Was er jedoch enthielt, konnte keiner auch nur ahnen.

Alaska Saedelaere, der dank seines Zellaktivators nur wenig Schlaf brauchte, verbrachte die nächste Nacht damit, über die Ereignisse nachzudenken. Das größte Unbehagen bereitete ihm die Selbstverständlichkeit, mit der die Fremden vorgingen. Er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser Ablauf sich schon unzählige Male wiederholt hatte, andernfalls wäre kaum die beobachtete Präzision möglich gewesen.

Ein anderer Aspekt ihres Vorgehens war die Vermutung, dass sie bereitgestanden und auf die Erde gewartet hatten. Dieser Gedanke quälte Alaska besonders, denn er bedeutete in letzter Konsequenz, dass die Macht, die hier nach der Erde griff, für den Standort Terras ebenso verantwortlich gemacht werden konnte wie für das Verschwinden der Menschheit. Zweifellos gab es Zusammenhänge, auch wenn Langur das stets bestritt.

Auf gewisse Weise war Saedelaere erleichtert, als der Morgen dämmerte und Kanthall sich zum Aufbruch entschloss. »Ich will nicht nur in die Nähe des Beckens«, sagte der ehemalige Politiker. »Ich will im Schutz unserer Deflektoren mitten hinein.«

»Und ich gebe euch einen Grundsatz mit auf den Weg«, pfiff Douc Langur. »Das Ziel eines wahren Forschers kann niemals der zufällige Erfolg sein. Nur wer geduldig Stück für Stück zusammenträgt, erhält ein komplettes Bild.«

»Wir werden das beherzigen«, versprach Kanthall. »Und du passt inzwischen auf, dass dir niemand die HÜPFER unter dem Hintern wegstiehlt.«

»Glaubst du, dass der Translator das übersetzen konnte?«, fragte Alaska, als sie sich an den Abstieg machten.

»Doucs Anatomie ist mir gleichgültig«, knurrte Kanthall. »Aber immerhin hockt er doch auf irgendetwas.«

Der Abstieg bereitete keine Schwierigkeiten. Trotzdem waren beide Männer schon frühzeitig gezwungen, ihr Vorhaben abzubrechen. Der Grund dafür waren die patrouillierenden Roboter und zahlreiche Energiebarrieren. Die Absperrungen ließen ein Durchkommen derzeit unmöglich erscheinen.

Jentho Kanthall reagierte mit einer Verwünschung. »Wenn wir weitergehen, riskieren wir, entdeckt zu werden. Daran ändern auch unsere Mikrodeflektoren nichts.«

Saedelaere blieb gelassen. Er hatte ohnehin nicht damit gerechnet, dass sie in das Becken hineinspazieren konnten wie Touristen in ein Feriengebiet.

»Ich weiß, was nun kommt«, sagte Kanthall missmutig. »Eine Predigt über die Vorzüge der Geduld.«

»Allerdings«, bekräftigte Alaska. »Die Aktivitäten unserer Freunde scheinen die Fremden zur Vorsicht gezwungen zu haben. Wenn es erst ein paar Tage ruhig geblieben ist, wird ihre Aufmerksamkeit nachlassen.«

»Ich warte nicht gerne«, stieß Kanthall abfällig hervor.

Offensichtlich wurde ein zweiter Transport vorbereitet. Im Vergleich zu der Riesenmuschel wirkte das Fahrzeug diesmal aber geradezu primitiv. Es bestand nur aus einer flachen, auf Energiefeldern ruhenden Schale, auf die drei flaschenförmige Gegenstände gehoben wurden. Von Anfang an war ersichtlich, dass in diesen Flaschen etwas aus dem Becken herausgeschafft werden sollte, aber nicht zu dem schwarzen Raumschiff, sondern zu der zweiten, kleineren Station am Ende des Fjordtals.

»Was bedeutet das nun wieder?«, brummte Kanthall.

»Die kleinere Anlage schien mir bisher bedeutungslos zu sein«, stellte Douc Langur fest. »Sie wurde kaum bewacht.«

Kanthall schnippte mit den Fingern. »Genau das ist es, Douc! Wenn wir nicht in das Becken vordringen können, versuchen wir unser Glück eben in der kleineren Station.«

»Wir werden diesem Transport in sicherem Abstand folgen«, bestätigte Alaska, denn gemessen an der Anzahl der Begleiter schien dieser zweite Transport von untergeordneter Bedeutung zu sein.

Vor der HÜPFER blieb Saedelaere jedoch abrupt stehen und deutete in die Höhe.

»Mein Gott!«, stieß Kanthall hervor, als er ebenfalls den Blick hob. »Sind die verrückt geworden?«

Über den Bergen schwebte der kleine Gleiter der TERRA-PATROUILLE.

Kanthall schaltete sein Sprechgerät ein. »Hier ist Kanthall!«, rief er. »Jan, bist du der Pilot?«

»Hallo, Jentho!«, erklang Speidecks Stimme aus dem Lautsprecher. »Es war nicht einfach, euch zu finden.«

»Was, zum Teufel, suchst du hier? Ich dachte, du holst Walik und seine Leute ab.«

»Sind alle an Bord«, antwortete Jan Speideck. »Aber wir haben Probleme mit der Maschine. Unter diesen Umständen können wir Terrania City nicht erreichen. Deshalb schlage ich vor, dass wir bei euch landen.«

»Einverstanden«, sagte Kanthall matt. Er warf Saedelaere einen bedeutungsvollen Blick zu. »Maschinenschaden ...«, wiederholte er sarkastisch.

Alaska lächelte unter dem Cappinfragment. Er konnte die anderen verstehen. Unter den gegebenen Umständen hätte er es in Terrania City auch keine Minute lang ausgehalten.

Der Gleiter landete in unmittelbarer Nähe der HÜPFER. Walik Kauk stieg als Erster aus der Maschine. Er winkte.

»Hoffentlich wurden sie nicht vom Tal aus beobachtet«, sagte Kanthall zornig zu Saedelaere. »Kein Grund für uns, zu warten. Douc kann berichten, was inzwischen geschehen ist.« Er ging davon, ohne den betroffen wirkenden Kauk eines Blickes zu würdigen.

»He!«, rief Walik Kauk den beiden Männern nach. »Wohin geht ihr?«

»Was weiß ich«, schimpfte Kanthall im Selbstgespräch. »Irgendwohin.«

Die zweite Anlage der Extraterrestrier befand sich am Talende, unter einer Steilwand. Sie war ebenfalls kreisförmig, aber ihr Durchmesser betrug nur wenige Dutzend Meter.

Alaska Saedelaere und Jentho Kanthall hatten sich hoch über dieser Station einen Beobachtungsplatz gesucht. Inzwischen war der Transport innerhalb des kleinen Beckens angekommen. Trotzdem konnten die Männer kaum Einzelheiten erkennen. Aus dicht beieinander stehenden kuppelförmigen Gebilden stiegen Dämpfe empor, die nur schemenhaft erkennen ließen, dass das schalenförmige Fahrzeug entladen wurde. Roboter schleppten die Stahlflaschen ins Innere einer dampfenden Kuppel.

»Wir müssen herausfinden, was sie in diesen Behältern transportieren!«, sagte Kanthall entschieden. »Ich halte das für lebensnotwendig. Sobald wir Rückschlüsse ziehen können, wissen wir, was die Fremden vorhaben.«

Die Vorgänge in und um Namsos machten Saedelaere größere Sorgen, als er zuzugeben bereit war. Die beiden Anlagen wirkten auf ihn wie eine Experimentierstation, und das machte alles denkbar. »Wir sollten die Möglichkeit erwägen, einen solchen Transport zu überfallen und einen der Behälter zu rauben«, wandte er sich schließlich an Kanthall.

Der grinste breit. »Wie ich sehe, Alaska, sind wir uns einig. Dieses seltsame Gefühl ... spürst du es jetzt auch?«

Alaska nickte.

»Was könnte es sein?«

»Es geht zweifellos von dort aus!« Alaska deutete in Richtung des großen Beckens am Rand von Namsos. »Aber solange es nicht stärker wird, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.«

Sie blieben bis zum späten Nachmittag auf ihrem Beobachtungsposten, dann tauchten Walik Kauk und Baldwin Tingmer auf, um sie abzulösen.

Zwei Tage später stand fest, dass täglich zwei Transporte vom Becken zu der kleineren Station erfolgten. Der Sinn dieser Unternehmungen blieb verborgen. Douc Langur zog LOGIKOR zu Rate, aber dem kleinen Rechner fehlten dazu notwendige Informationen.

»Ich nehme an, dass in dem Becken etwas produziert wird«, vermutete der Forscher. Die Frage nach dem Was, konnte auch er nicht beantworten.

Inzwischen schienen sich die Fremden wieder sicherer zu fühlen, denn die Transporte wurden nur noch von wenigen Robotern und Wächtern begleitet. Alaska und Kanthall beschlossen, den ersten Transport am nächsten Tag zu überfallen.

Nach Tagesanbruch bewegten sich fünf gut ausgerüstete Männer am Hang entlang. Der Überfall sollte ungefähr auf der Mitte der Strecke erfolgen. Alaska war überzeugt davon, dass dies die günstigste Stelle war, denn bis Verstärkung für die Begleitmannschaft eintraf, würden mehrere Minuten vergehen.

Gemeinsam mit Kanthall, Kauk, Tingmer und Speideck bezog Alaska Saedelaere Stellung. Da die Transporte stets den gleichen Weg nahmen, konnten die Männer davon ausgehen, dass das Fahrzeug etwa siebzig Meter unter ihnen vorbeikommen würde.

»Wir haben höchstens sechs Minuten Zeit«, verkündete Alaska. »Wenn es möglich ist, nehmen wir einen der Behälter mit, andernfalls werfen wir zumindest einen Blick hinein.«

Er spürte die Nervosität seiner Begleiter. Etwas lag in der Luft – ein immer deutlicher werdender mentaler Druck.

Kanthall setzte endlich das Fernglas ab. »Sie kommen!«, sagte er beherrscht.

Der Transport war schon bald mit bloßem Auge zu erkennen. Alaskas Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf die Begleitmannschaft.

»Sechs Fremde und etwa die doppelte Anzahl von Robotern«, verkündete Baldwin, als hätte er Saedelaeres Gedanken erraten.

Das Fahrzeug kam allmählich näher, und es wirkte allein schon wegen seiner völligen Fremdartigkeit bedrohlich. Wie bei allen Transporten lagen nur drei der flaschenähnlichen Behälter auf der Ladefläche.

Es war abgesprochen, dass Alaska und Kanthall die Fremden ausschalten sollten, während die anderen in kürzester Zeit die Roboter vernichten mussten. Alaska argwöhnte, dass gerade die Roboter eine unlösbare Aufgabe darstellten. Vielleicht hätten sie Kauks Rat folgen und auch Bluff Pollard und Augustus mitnehmen sollen. Alaska wollte den Jungen jedoch heraushalten, und dem Ka-zwo misstraute er nach wie vor. Bei Augustus musste man stets auf Unvorhergesehenes gefasst sein. Und Douc Langur war als der Einzige, der mit der HÜPFER eingreifen konnte, sowieso unentbehrlich.

»Deflektoren einschalten!«, befahl Kanthall.

Alaska schob die Antiflexbrille über den Helm, damit er seine Begleiter weiterhin wahrnehmen konnte. Das Cappinfragment war in den beiden letzten Tagen fast völlig zur Ruhe gekommen. Aber möglicherweise bedeutete das nur, dass der Organklumpen sich an gewisse Reize gewöhnt hatte.

Das Fahrzeug befand sich jetzt unter ihnen.

Sie schalteten die aus den Beständen von Imperium-Alpha stammenden Flugaggregate hoch und verließen ihr Versteck. Kanthall übernahm sofort die Führung. Mit hoher Beschleunigung rasten sie den Hang hinab.

Einer der Roboter explodierte. Speideck hatte die Nerven verloren und zu früh geschossen. Aber nun durfte es kein Zögern mehr geben.

Alaska zielte mit dem Paralysator und schoss. Zum ersten Mal sah er die Fremden aus unmittelbarer Nähe. Ihren breiten Sehorganen schien nichts zu entgehen. Der erste Wächter sackte neben dem Wagen zusammen, der zweite wollte noch ausweichen, stürzte dann aber mitten in der Bewegung zu Boden. Die anderen suchten hinter dem Transporter Deckung und gerieten dort in die Schusslinie von Kanthall.

Unterdessen glitt das Fahrzeug weiter, begleitet von einem einzigen Roboter, der offenbar versuchte, das Gefährt in Sicherheit zu bringen.

Alaska stieß eine Verwünschung aus. Er hatte angenommen, dass der Transport sofort stoppen würde. Diese Fehleinschätzung bedeutete Zeitverlust.

Kanthall schien das ebenfalls erkannt zu haben, denn er rannte hinter dem Fahrzeug her und schrie den anderen zu, dass sie ihm folgen sollten. Alaska hatte inzwischen seinen Desintegrator gezogen, denn drei Roboter waren noch einsatzfähig.

Vor Alaska flammte der Boden auf. Einer der Fremden kauerte neben einem Felsen und sprach in ein glänzendes Plättchen auf seinem Handrücken. Es gehörte wenig Fantasie dazu, sich vorzustellen, dass er Hilfe anforderte.

Alaska schnellte sich einfach nach vorne und riss das Wesen mit sich. Ineinander verkrallt wälzten sie sich über den Boden, dann stieß der Maskenträger mit dem Ellenbogen zu. Als er spürte, dass sein Gegner unter ihm zusammensackte, beschleunigte er mit dem Tornisteraggregat.

Inzwischen hatte sich der Transporter ein beachtliches Stück weit entfernt. Nur noch Baldwin wurde von einem Roboter bedrängt. Alaska kam ihm zu Hilfe, und gleich darauf explodierte die Maschine.

Die schlimmsten Befürchtungen drohten wahr zu werden, aus Richtung der großen Anlage näherten sich mindestens hundert Roboter. Auch aus der anderen Richtung kam Verstärkung.

Kanthall und die anderen hatten endlich das Fahrzeug gestoppt. Bis Alaska und Baldwin Tingmer aufschlossen, stand Kanthall schon auf der Ladefläche und rüttelte an einem der Behälter. »Das Ding sitzt fest!«, schrie er wütend.

Kauk schwang sich zu ihm hinauf.

»Schweißt die Flasche los!«, rief Alaska ihnen zu.

»Das schaffen wir nicht mehr!«

»Dann geht zur Seite! Schnell!« Alaska war sich darüber im Klaren, dass sie keinen der Behälter mehr abtransportieren konnten. Kanthall und Kauk sprangen von der Ladefläche herab.

Gleichzeitig feuerte Alaska Saedelaere auf die mittlere Flasche. Sie zerbarst nach dem dritten Schuss.

Dieses System sieht aus wie tausend andere. Eine kleine Sonne und zwei Planeten, von denen einer einen natürlichen Satelliten besitzt – was ist das schon? Wahrscheinlich wäre es unbeachtet geblieben, wenn es nicht auf so merkwürdige Weise erschienen wäre.

Gleichgültig, ob ich Douc Langur in diesem System finde oder nicht – ich werde mich nach Ablauf meiner Mission vernichten müssen. Nicht, dass mir das etwas ausmachen würde, aber die Art und Weise gibt mir zu denken. Sehr schnell hat an Bord des MODULS ein anderer meine Stelle eingenommen. Vielleicht wird er etwas erfolgreicher sein, schließlich ist seine Arbeit um einen Forscher einfacher.

Wenn sich herausstellen sollte, dass Douc Langur dem MODUL absichtlich ferngeblieben ist, um seinen Forschereifer zu stillen, werde ich ihn mit einer gewissen Zufriedenheit töten, denn dann wäre er auch für mein Schicksal verantwortlich.

Anordnung: Einflugbahn berechnen! Ortung aktivieren!

Natürlich wäre Langur unauffindbar, würde ihn die HÜPFER nicht verraten. Und falls er sein Schiff vernichtet hat, um sich allen Gegenmaßnahmen zu entziehen? Ein solcher Gedanke ist einfach absurd.

Auf welchem der beiden Planeten könnte er sein? Als Forscher hat er zweifellos den interessanteren gewählt, aber das hilft mir nicht weiter, weil ich Langurs Bewertungsmaßstab noch nicht kenne.

Anordnung: Weitere Annäherung an das System bis zur Ortung der HÜPFER!

Wenn keine Ortung erfolgt, nehme ich ein routinemäßiges Ende. Mein kleines Schiff wird Kurs auf die Sonne nehmen, und wir werden gemeinsam darin verglühen. Damit wären alle Spuren ausgelöscht.

Ortung! Er ist da – Langur ist da! Die HÜPFER befindet sich auf dem Blauen Planeten, und wo dieses Schiff ist, hält sich auch Langur auf. Ob er ahnt, dass er nur noch kurze Zeit zu leben hat?

Alaska Saedelaere starrte auf die zerstörte Flasche, aus der eine dampfende, gallertähnliche Substanz floss. Er fühlte sich benommen.

»Es war sinnlos!«, rief Kauk. »Wir haben nichts entdeckt, nichts ...«

»Länger hier zu bleiben wäre Wahnsinn!«, klang Kanthalls Stimme auf. »Wir ziehen uns zurück!«

Alaska spürte, dass ihn jemand am Arm packte. Er drehte sich herum.

»Was ist los mit dir?«, fragte Kanthall besorgt. »Ist dir übel?«

Der Transmittergeschädigte schüttelte langsam den Kopf. Er wusste selbst nicht, was mit ihm vorging. Das Cappinfragment zuckte heftig, und es schien plötzlich wieder zu glühen. Er selbst spürte, dass ihm kalter Schweiß ausbrach. Das Atmen fiel ihm schwer. Eine unheimliche Last legte sich über seine Gedanken.

Kanthall und Kauk packten ihn und schleiften ihn über die Ladefläche. »Noch können sie uns nicht sehen, aber sie werden uns orten!«, protestierte Kauk.

»Trotzdem müssen wir Alaska wegschaffen.«

Er war zu schwach, um sich noch verständlich zu machen. Der jähe Ruck, als beide Männer mit ihm beschleunigten, ließ seinen Magen rebellieren. Irgendwie nahm er dennoch wahr, dass Thermostrahlen an ihnen vorbeizuckten und weiter unten der gesamte Steilhang in flammender Glut aufbrach.

Minuten später sah Alaska aus sicherer Distanz, dass sich das Fahrzeug wieder in Bewegung gesetzt hatte. Die Fremden schienen die Substanz so schnell wie möglich ans Ziel bringen zu wollen.

Das deutete auf die Brisanz der Gallertmasse hin. War sie giftig oder explosiv?

Das war Alaskas letzter Gedanke, bevor ihn die Übelkeit überwältigte und er das Bewusstsein verlor.

Er kam erst wieder in der HÜPFER zu sich. Douc Langur kauerte auf dem Sitzbalken. »Alles in Ordnung!«, pfiff der Forscher der Kaiserin von Therm. »Jentho und Walik haben dich hergebracht.«

Alaskas Magen schmerzte, und er hatte einen fauligen Geschmack im Mund. Das grelle Flackern des Cappinfragments irritierte ihn selbst.

»Wir haben uns weiter in die Berge zurückgezogen«, berichtete Langur. »Das war unumgänglich, denn die Fremden haben Suchkommandos ausgeschickt.«

Saedelaere starrte durch den transparenten Bug, konnte aber nur nacktes Gestein sehen. Draußen war heller Tag.

»Wie lange war ich bewusstlos?«

»Mehr als vierundzwanzig Stunden.«

»Wo sind die anderen?«

»Irgendwo draußen. Jentho und Jan beobachten die Stadt.«

Alaska stemmte sich in die Höhe und ging vorsichtig bis zur Schleuse. Die frische Luft tat ihm gut, aber der Druck in seinem Kopf wollte nicht weichen. Er presste beide Hände an die Schläfen.

»Das wird dir nicht helfen!«, bemerkte Baldwin Tingmer grimmig. Er stand in voller Ausrüstung vor der Schleuse.

Alaska kletterte hinaus. Seine Knie zitterten.

»Wir leiden alle darunter.« Der Ingenieur zog eine Flasche aus dem Gürtel und grinste. »Allerdings hilft ein kleiner Schluck, es leichter zu ertragen.«

Alaska schob die Hand mit der Flasche weg.

»Die anderen«, sagte Tingmer und machte eine alles umfassende Geste, »halten zwischen den Felsen verteilt Wache. Jentho und Jan sind unten in Namsos.«

»Gibt es Neuigkeiten?«

»Die Fremden haben heute wieder einen Transport abgewickelt. Er war besser bewacht als je zuvor.«

»Das war zu erwarten.«

Tingmers Gesicht verfinsterte sich. »Da unten im Becken ist etwas, das nach uns greift – nach unserem Verstand und unserem Bewusstsein.« Er sprach sehr leise. »Wenn wir nicht bald etwas unternehmen, wird es von uns Besitz ergreifen, dann ist alles verloren.«

»Unsinn«, widersprach Alaska. Vergeblich hielt er nach Kauk und Pollard Ausschau. Wahrscheinlich hatten sie ihre Beobachtungsposten weit vorgeschoben.

»Wo ist der Ka-zwo?«, fragte er nach einer Weile.

»Wahrscheinlich bei Kauk«, erwiderte Tingmer.

Jentho Kanthall und Jan Speideck kamen zurück. Sie sahen erschöpft aus, doch Kanthall schien nichts von seiner Vitalität verloren zu haben. »Alle aus Namsos vertriebenen Tiere sind offenbar in den noch erhaltenen Teil der Stadt zurückgekehrt«, berichtete er.

»Das könnten Anzeichen einer Normalisierung sein«, vermutete Tingmer.

Mit einer Handbewegung wischte Kanthall dieses Argument weg. »Ihr solltet die Tiere sehen, nicht wahr, Jan?«

Der Boxer nickte niedergeschlagen. »Sie benehmen sich seltsam, wie Marionetten. Es sieht nicht so aus, als besäßen sie noch einen eigenen Willen.«

»Sie werden beeinflusst«, fügte Kanthall hinzu. Er wechselte einen Blick mit Speideck, und Alaska wusste, was die beiden Männer in diesem Moment dachten. Früher oder später würde es ihnen allen wie den Tieren ergehen. Sie würden dem immer stärker auf sie einwirkenden mentalen Druck erliegen.

»Bislang widerstehen unsere höher organisierten Gehirne«, sagte Kanthall. »Ich nehme jedenfalls an, dass das der Grund ist.«

»Wir müssen hier weg!«, rief Tingmer rau.

»Und wohin?« Kanthall lachte geringschätzig. »Jede Wette, dass die Impulse aus dem Becken bald jeden Ort erreichen. Wir können ihnen nur in den Weltraum entkommen. Aber dazu brauchen wir ein Raumschiff. Die HÜPFER ist nicht groß genug, um uns alles an Bord zu nehmen.«

»Ich kann euch mit mehreren Flügen evakuieren«, erbot sich Douc Langur, der in der Schleuse stand und alles mit angehört hatte.

»Wenn wir Terra aufgeben, kommen wir nie wieder zurück«, sagte Kanthall. »Ich denke nicht daran, meine Heimat Fremden zu überlassen.«

»Keiner von uns will das«, bekräftigte Alaska. »Wir haben die TERRA-PATROUILLE gegründet, um auf der Erde menschenwürdige Zustände herbeizuführen.«

»Für wen?«, fragte Tingmer bissig. »Für eine Hand voll Überlebender?«

»Für die Menschheit!«, erklärte Kanthall.

Baldwin Tingmer wollte zu einer heftigen Erwiderung ansetzen, aber in diesem Augenblick erschien Augustus zwischen den Felsen. »Bluff Pollard ist weg!«, meldete er. »Bluff hat seinen Beobachtungsposten verlassen und ist nirgends zu finden. Walik sucht bereits weiter unten nach ihm.«

Sie suchten die gesamte Umgebung ab, aber sie fanden keine Spur von Bluff Pollard. »Ich wette, dass der Junge nach Namsos gegangen ist«, sagte Kauk wütend. »Er will uns beweisen, dass er ebenfalls etwas bewegen kann.«

»Dieser Narr!«, stieß Kanthall hervor.

2.

Zwischenspiel

Der Überfall hatte die Hulkoos zwar beunruhigt, aber nicht in Panik versetzt. Das Ereignis erschien ihnen jedoch bedeutungsvoll genug, dass sie Funkverbindung zur Hauptwelt der Inkarnation CLERMAC aufnahmen und über den Zwischenfall berichteten.

Shoronc, einer der Hulkoo-Kommandanten, drückte sich sehr zurückhaltend aus, denn auf keinen Fall sollte der Eindruck entstehen, dass Fehler begangen worden waren. »Die Unterkunft der Kleinen Majestät ist ungefährdet«, erklärte er. »Auch die Deponie wird streng bewacht.«

»Wir glauben nicht, dass die Angreifer den Gehirnmüll in ihren Besitz bringen wollten«, sendete das Hauptquartier. »Wahrscheinlich verfolgen sie völlig andere Ziele.«

»Die Transporte gehen wie gewohnt weiter«, bestätigte Shoronc.

Von der Hauptwelt der Inkarnation CLERMAC erging der Befehl, die Sicherheitsmaßnahmen zu verstärken. Nötigenfalls wollte CLERMAC Verstärkung schicken.

»Das wird nicht nötig sein«, erwiderte Shoronc. »Die Reizzeit ist bald vorüber, dann wird die Kleine Majestät die Kontrolle übernehmen.«

CLERMAC schien zufrieden zu sein.

Nachdem er das Gespräch beendet hatte, dachte der Hulkoo-Kommandant noch eine Zeit lang nach. Obwohl er nicht an einem Erfolg der Mission zweifelte, musste er sich eingestehen, dass auf dieser Welt keineswegs alles wie vorgestellt verlief. Schon die Abwesenheit nahezu aller Eingeborenen war unvorhersehbar gewesen.

Und nun dieser Überfall auf einen Transporter, der zur Gehirnmülldeponie unterwegs gewesen war. Jene, die diesen Angriff gewagt hatten, mussten entweder tollkühn oder wahnsinnig sein – oder beides zugleich. Vielleicht waren sie auch nur völlig verzweifelt.

Shoronc rechnete nicht mit weiteren Angriffen. Die Kleine Majestät würde bald die Kontrolle übernehmen.

Obwohl Bluff Pollard seinen Deflektor eingeschaltet hatte, glaubte er, von tausend bösartig blickenden Augen beobachtet zu werden. Er wusste genau, dass dieses Gefühl von den unheimlichen Impulsen ausgelöst wurde. Ihre Intensität schien sich zu verstärken, je näher Bluff der Stadt kam.

Beinahe wehmütig dachte er an die Zeit zurück, als er noch mit Walik Kauk und Baldwin Tingmer allein gewesen war. Sie hatten ihn als vollwertigen Partner akzeptiert. Dann war Kanthall aufgetaucht und hatte ihn stets nur wie ein Kind behandelt.

Bluff näherte sich einer schmalen Straße, die vom Pass herab nach Namsos führte. Absichtlich hatte er einen Umweg in Kauf genommen, um von der dem Becken entgegengesetzten Seite in die Stadt zu gelangen. Er hielt das für sicherer. Sein Ziel war jedoch die zweite Station am Talende. Er ging von der Überlegung aus, dass die Unbekannten nicht damit rechneten, dass sich jemand von der Stadt aus näherte.

Bluff Pollard war entschlossen, die Aktivitäten der Fremden zu ergründen. Er stellte sich vor, dass er zur Gruppe zurückkam und Kanthall das Geheimnis präsentierte. Die Hoffnung auf den ganz großen Erfolg ließ ihn seine Angst vergessen. Zudem nahm an, dass er als Einzelner die besten Chancen hatte, an die zweite Station heranzukommen.

Bluff würde Namsos und damit das Becken umgehen, nötigenfalls sehr weiträumig. Es kam nicht darauf an, dass er die kleinere Station noch an diesem Tag erreichte. Bei Anbruch der Dunkelheit wollte er sich in ein Gebäude zurückziehen und die Nacht verstreichen lassen.

Seitdem er sich der Stadt näherte, hielt Bluff seinen Desintegrator schussbereit. Roboter patrouillierten überall in den Straßen, das hatte er vom Hang aus beobachten können. Falls sie ihn entdeckten, würde er sich keinesfalls kampflos ergeben.

Je länger er unterwegs war, desto unsicherer wurde er. Bluff Pollard sah ein, dass sein Verhalten falsch war. Im Grunde genommen gefährdete er die TERRA-PATROUILLE. Doch für eine Umkehr war es zu spät. Sein Fehler ließ sich nur noch korrigieren, indem er Kanthall einen Erfolg präsentierte.

Baldwin Tingmer bildete gemeinsam mit Douc Langur eine Suchgruppe. Nur bezweifelte der Ingenieur mittlerweile, dass Bluff wirklich noch in der Nähe war. Wie er den Jungen einschätzte, trieb der sich längst in Namsos herum.

Langur stand plötzlich wie versteinert da. Die fächerförmigen Sinnesorgane auf der flachen Oberseite seines Körpers waren aufgerichtet und vermittelten den Eindruck höchster Konzentration.

»Was ist los?«, fragte Tingmer. Der Forscher antwortete ihm nicht.

Baldwin Tingmer kannte Douc Langur nicht gut genug, um dessen Verhalten richtig zu deuten, doch er ahnte, dass Entscheidendes geschehen war. »Douc«, sagte er leise, »fühlst du dich nicht wohl? Machen dir die Impulse zu schaffen?«

Langur stand völlig unbeweglich. Tingmer wagte gar nicht erst, daran zu denken, dass ohne den Forscher die HÜPFER nichts mehr wert war. Ohne Douc aus den Augen zu lassen, schaltete er sein Funkgerät ein. Saedelaere meldete sich, der schon zum Stützpunkt zurückgekehrt war.

»Ich mache mir Sorgen um Langur«, teilte Tingmer mit. »Irgendetwas Unheimliches geht mit ihm vor.«

»Wo bist du?«

Tingmer gab eine knappe Beschreibung seiner Umgebung.

»Gut«, sagte Alaska. »Walik muss noch in deiner Nähe sein, zusammen mit dem Ka-zwo. Ich denke, sie werden bald zu euch stoßen.«

»Der Forscher macht mir Sorgen.«

»Glaubst du, dass er dem mentalen Druck erlegen ist?«

Walik Kauk schaltete sich in das Gespräch ein. Er teilte mit, dass er das Gespräch mitgehört hatte und schon zu Tingmer unterwegs war.

»Falls sich Langurs Zustand nicht bessert, müssen wir ihn in die Antigravwabenröhre stecken«, entschied Saedelaere. »Viel mehr Chancen haben wir wohl nicht.« Er schaltete ab.

»Verdammt, Douc!«, rief Tingmer, um seine Unsicherheit zu überwinden. »Warum sagst du mir nicht, was los ist?« Er glaubte, erkennen zu können, dass der Forscher bei vollem Bewusstsein und höchst konzentriert war. Ab und zu bewegte sich eines der Sinnesorgane, als sei Langur im Begriff, die Umgebung aufmerksam zu untersuchen.

Da es inzwischen dunkel geworden war, konnte Tingmer nicht mehr viel erkennen. Er wagte nicht, den Scheinwerfer einzuschalten.

Minuten später trafen Walik Kauk und Augustus ein. Kauk machte sich sofort daran, ein zweites Flugaggregat am Gürtel des Forschers zu befestigen. Es interessierte ihn nicht, ob Langur möglicherweise schon von einer fremden Macht beeinflusst wurde und Schwierigkeiten machen konnte. »Wenn er auch ein Fremder ist, so gehört er doch zur TERRA-PATROUILLE und ist unser Freund«, erklärte er, als Baldwin Tingmer zu einem Protest ansetzte.

»Ich wollte nicht sagen, dass wir ihn im Stich lassen sollen«, erklärte Tingmer verlegen. »Aber wir müssen auf jeden Fall vorsichtig sein.«

Augenblicke später hob Langur plötzlich einen Arm und pfiff schrill. »Würdet ihr bitte eure Bemühungen wieder einstellen!«, forderte er.

»Natürlich!«, rief Kauk erleichtert. »Wir dachten schon, dir wäre etwas zugestoßen.«

»Noch nicht«, sagte Douc Langur rätselhaft.

Tingmer ertappte sich dabei, dass er seine rechte Hand auf den Kolben des Strahlers legte. Die Vorstellung, dass Langur ein Werkzeug der Fremden geworden sein könnte, ließ ihn nicht mehr los.

»Was ist überhaupt passiert?«, wollte Kauk wissen.

»Etwa dreißig Schritte talabwärts liegt ein Beukrior. Er dürfte beschädigt sein, da er seine Aufgabe sonst bereits erfüllt hätte.«

Kauk und Tingmer redeten gleichzeitig. »Was ist ein Beukrior?«, fragte Walik, und Baldwin erkundigte sich: »Von was für einer Aufgabe sprichst du?«

»Augustus soll ihn holen!«, forderte Langur, ohne die Fragen zu beachten. »Ich muss ihn untersuchen, damit ich sicher sein kann, dass er wirklich nicht funktioniert. Wenn er tatsächlich beschädigt ist, habe ich noch eine Chance.«

»Wovon redest du überhaupt?«, stieß Kauk hervor. »Haben die Fremden dich unter Kontrolle gebracht?«

»Die Fremden?« Langur schien die Extraterrestrier im Tal völlig vergessen zu haben. »Die machen mir im Augenblick keine Sorgen. Jemand anderes ist hinter mir her.«

»Jemand anderes? Willst du uns nicht erklären, was sich hier abspielt?«

»Für das MODUL bin ich ein Sicherheitsrisiko, daran hätte ich denken sollen. Ein s-Tarvior wurde ausgeschickt, um mich zu vernichten.«

Tingmer und Kauk standen ziemlich ratlos da.

Es war dunkel geworden. Bluff Pollard hatte ein flaches Gebäude am Stadtrand von Namsos betreten, um die Nacht in einigermaßen sicherer Umgebung zu verbringen. Das Licht seines Scheinwerfers wanderte über den Boden und fand den Treppenaufgang zum Obergeschoss. Die Schlafzimmer lagen oben.

Ein drohendes Knurren ließ ihn herumfahren, und fast hätte er den Scheinwerfer fallen lassen. Das Licht erfasste einen riesigen Hund, einen Bastard mit rostrotem Fell und kupiertem Schwanz. Der Kopf des Tieres war groß und zottig, die Augen funkelten.

Bluff hob die Waffe. Im letzten Augenblick besann er sich, dass er mit einem Schuss die Roboter angelockt hätte. Der Hund schien seine Bewegung zu erahnen und sprang mit einem Satz zurück ins Freie.

Für den Jungen war dieses Verhalten des Tieres nichts Ungewohntes. Er wusste, dass Hunde und Katzen auf der nördlichen Erdhalbkugel eine gewisse Intelligenz erlangt hatten. Die Frage danach erschien unter den gegebenen Umständen indes bedeutungslos. Sehr viel wichtiger war, ob der Hund von der unheimlichen Macht beeinflusst wurde und – falls das der Fall war – ob er eine Kommunikationsmöglichkeit mit ihr besaß. Sollte diese Befürchtung zutreffen, dann saß Bluff in der Falle.

In seiner ersten Bestürzung wollte er nach dem Funkgerät greifen. Aber damit hätte er seine Freunde wohl erst recht gefährdet.

Er hastete die Treppe hinauf. Oben lauschte er kurz, konnte aber nichts hören. Er stieß eine Tür auf. Vor ihm lag ein Schlafraum mit zwei Liegen. Ein schmaler Durchgang führte zum Balkonfenster. Bluff zog die Jalousie hoch. Er konnte genau in Richtung des Beckens sehen. Das von der Station ausgehende Licht erhellte die Dächer der umliegenden Gebäude. Die Straßen wirkten wie dunkle Schluchten. Bluff Pollard öffnete die Balkontür und trat ins Freie. Nach wie vor herrschte fast völlige Stille. Er beugte sich über die Brüstung, um die Straße vor dem Haus zu beobachten.

In diesem Augenblick vernahm er hinter sich das Tappen schwerer Pfoten auf dem Holzboden. Der Hund war wieder da. Bluff wusste, dass er auf dem Balkon gefangen war – es sei denn, er riskierte einen Sprung auf die Straße.

Er hob den Desintegrator und schaltete den Scheinwerfer ein. Nötigenfalls musste er seine Entdeckung durch die Fremden in Kauf nehmen.

Der große Hund stand in der offenen Balkontür, wedelte mit dem Schwanzstummel und winselte leise.

»He!«, rief Bluff Pollard mit gedämpfter Stimme. »Sei schön friedlich!« Zu seiner Überraschung kroch der Hund in demütiger Haltung näher.

Bluff ließ die Waffe nicht sinken. »Sicher bist du nicht so intelligent, dass du auf den Gedanken kommen würdest, mich zu täuschen. Trotzdem würde ich gern wissen, was deinen Gesinnungswandel ausgelöst hat.«

Der Hund lag jetzt vor ihm, den Kopf zwischen die Pfoten gesteckt. »Ich fürchte, du bist von jemand beauftragt worden!«, sagte Pollard. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Was erwartete das Tier von ihm?

Geräusche auf der Straße veranlassten ihn, sich umzudrehen und hinabzublicken. Wenn er sich nicht täuschte, trieben sich dort unten noch andere Tiere herum.

In dem Moment sprang der Bastard ihn an. Der Angriff erfolgte mit solcher Schnelligkeit und Kraft, dass Bluff das Gleichgewicht verlor. Er kippte nach vorn über die Brüstung, seine Hände griffen ins Leere.

Der Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen, aber er blieb bei Bewusstsein. Um ihn herum begannen Hunde zu schnüffeln, zu knurren und zu scharren. Es sind Dutzende!, erkannte Bluff benommen.

Oben auf dem Balkon jaulte der große Bastard. Es klang triumphierend.

Augustus war zu der von Langur bezeichneten Stelle hinabgestiegen, um den Beukrior zu holen.

»Wir müssen schnell zum Stützpunkt zurück«, drängte Kauk. »Wenn Douc jetzt auch von seinen Artgenossen bedroht wird, müssen wir uns gegen zwei Gegner verteidigen.«

»Der s-Tarvior ist nicht mein Artgenosse!«, widersprach Douc Langur heftig.

»Sondern?«, fragte Tingmer.

»Der Sektionsleiter einer Gruppe von siebzig Wissenschaftlern an Bord des MODULS.«

»Was für ein Wesen ist er?«, wollte Kauk wissen.

»Wesen? Wie kommst du darauf, dass er ein Wesen sein könnte?«

Das Geräusch knirschender Schritte im Geröll enthob Kauk einer Antwort. »Augustus!«, rief er.

»Ich bin hier!«, meldete sich der Roboter. »Ich habe ein kabelförmiges Gebilde gefunden.«

»Der Beukrior!«, pfiff Langur erregt.

»Es hat keinen Sinn, wenn wir noch länger hier bleiben«, entschied Walik Kauk. »Lasst uns zur HÜPFER zurückkehren, dort können wir die neue Lage erörtern.«

Douc Langur warf das schlauchähnliche Ding, das er als Beukrior bezeichnete, auf eine Platte. Der Gegenstand war silberfarben und etwa dreißig Zentimeter lang.

Geduldig wartete Alaska, bis Langur zusammen mit LOGIKOR das Gebilde untersucht hatte. »Kein Zweifel«, pfiff der Forscher. »Es handelt sich um einen im MODUL hergestellten Spurensucher. Wie ich vermutet habe, wurde er beim Abwurf beschädigt. Andernfalls wäre ich bereits tot!«

Alaska zwang sich zur Ruhe. »Verstehe ich dich richtig, dass der Beukrior dich zwar gefunden hat, aber die Koordinaten deines Aufenthaltsorts nicht an den s-Tarvior funken kann?«

»So ist es!«, bestätigte Langur. »Aber das bedeutet nur einen Zeitgewinn. Der s-Tarvior wird nicht aufgeben.«

»Erkläre mir bitte, was ein s-Tarvior ist!«

»Es hört sich sicher merkwürdig an, aber er ist auch ein Teil von mir.«

»Hör zu, Douc!«, sagte Alaska. »Ich weiß nichts über das MODUL und was dort geschieht. Wenn wir dir helfen sollen, musst du schon preisgeben, was überhaupt vorgeht.«

Douc sagte langsam: »Ich besitze kein organisch kompaktes Gehirn wie ihr Menschen. Vielmehr habe ich ein aus Dutzenden Zellklumpen bestehendes Denkzentrum, und diese Klumpen sind untereinander verbunden. Jede Forschergruppe besteht aus siebzig Wissenschaftlern und ein s-Tarvior dementsprechend aus siebzig Zellklumpen, von denen jedes Mitglied der Gruppe einen beisteuert. So entstehen die Sektionsleiter.«

»Wie kannst du so ein Ding fürchten?«, fragte Alaska verblüfft. »Du kannst dich an nichts erinnern. Unter diesen Umständen erscheint es doch sinnlos, dass man dich zu töten versucht.«

»Trotzdem bedeute ich ein Sicherheitsrisiko!«, beharrte Langur. »Ich wünschte, ich wäre tot!«

Alaska war erschüttert. »Du bist ein lebendiges Wesen«, stellte er fest. »Nach allem, was ich gehört habe, kannst du kein Roboter sein. Also musst du um dein Leben kämpfen.«

»Vielleicht bin ich auch nur ein Behältnis«, sagte Langur abweisend. »Lass mich jetzt allein.«

Alaska wurde von einer düsteren Vorahnung befallen. »Was hast du vor?«, wollte er wissen.

»Ich gehe!«

Alaska starrte den Forscher ungläubig an. »Du willst uns verlassen?«

Er erhielt keine Antwort. Schließlich verließ er die HÜPFER. Abseits vom Lagerplatz erwartete ihn Kanthall. »Er verlässt uns!«, sagte Alaska Saedelaere tonlos, und trotz der Dunkelheit konnte er sehen, dass Kanthall sich straffte.

»Wir brauchen die HÜPFER!«

»Natürlich«, bestätigte Alaska. »Aber wie willst du ihn aufhalten?«

Kanthall antwortete nicht, sondern schob sich an Alaska vorbei in Richtung des kleinen Raumschiffs. Der Transmittergeschädigte folgte ihm und hielt ihn am Arm fest. »Es ist sinnlos, Jentho! Vielleicht kommt er wieder zurück, wenn alles vorbei ist.«

Kanthall riss sich los. Er atmete heftig. »Bluff und Douc! Das ist zu viel auf einmal.«

In dem Moment hob sich der dunkle Schatten der HÜPFER zwischen den Felsen empor. Nun wurden auch die anderen aufmerksam.

»Er verlässt uns?«, drang Speidecks Stimme durch die Dunkelheit.

Niemand antwortete ihm. Die HÜPFER gewann schnell an Höhe und war bald darauf nicht mehr zu sehen.

Sekundenlang lag Bluff Pollard wie erstarrt da und wartete darauf, die scharfen Zähne des Hundes zu spüren. Seine Finger glitten über den Gürtel, um das Flugaggregat hochzuschalten, aber nichts geschah. Offensichtlich war der Tornister beim Sturz beschädigt worden. Dass auch der Deflektor ausgefallen war, erschien Bluff als bedeutungslos, denn der Angriff des Bastards hatte bewiesen, dass die Hunde einen Menschen mit ihrer Witterung genauso schnell ausmachen konnten wie mit ihren Augen.

Mehrere große Hunde hatten ihn umzingelt, aber es sah so aus, als warteten sie auf etwas. Die Situation war gespenstisch. Bluff wäre weniger entsetzt gewesen, wenn die Hunde ihn mit aller Wildheit angegriffen hätten.

Die Tiere wirkten jedoch ... kontrolliert! Ja, das war das richtige Wort!, dachte Bluff. Er hob den Kopf. Sofort kam einer der Hunde und knurrte drohend.

Bluff ließ sich zurücksinken. Er fragte sich, ob er bei dem Sturz vom Balkon Verletzungen erlitten hatte. Solange er sich nicht bewegen durfte, ließ sich das nicht genau feststellen. Er rechnete damit, dass früher oder später Fremde oder Roboter erscheinen und ihn abholen würden. Anders ließ sich das Verhalten der Tiere nicht erklären.

Wieder überlegte er, ob er über Funk Hilfe rufen sollte. Die Versuchung war groß, aber Bluff gab ihr nicht nach. Er war durch eigenes Verschulden in diese Situation geraten.

Einer der Hunde stieß mit dem Kopf an seine Schulter. Bluff sah darin eine Aufforderung, sich zu erheben.

Tatsächlich wurde er diesmal nicht daran gehindert. Er stöhnte, als stechende Schmerzen in Brust und Rücken ihn innehalten ließen. Also hatte er zumindest schwere Prellungen davongetragen. Eine Zeit lang verharrte er halb auf der Seite liegend, dann presste er die Zähne zusammen und richtete sich vollends auf. Vergeblich suchten seine Blicke nach dem Desintegrator, der ebenso wie der Scheinwerfer in der Nähe liegen musste. Wahrscheinlich hatten die Tiere die Waffe weggeschleppt.

»Was erwartet ihr von mir?«, brachte er grimmig hervor.

Wieder wurde er angestoßen. Er setzte sich in Richtung der Hauptstraße in Bewegung. Die Tiere folgten ihm. Bluff schätzte, dass es fünfzehn bis zwanzig waren.

Als er die Straße erreicht hatte, die quer durch Namsos führte, wandte er sich nach rechts. Aus der Richtung war er gekommen. Sofort versperrten ihm die Hunde den Weg. Sie knurrten drohend.

Er sollte also nach Norden gehen. Dorthin, wo die Stationen der Fremden lagen. Dann bin ich erledigt!, dachte Bluff resignierend.

Er versuchte, Zeit zu gewinnen und sich auf einen Ausweg zu konzentrieren. Aber nicht nur die Schmerzen in der Brust behinderten klare Überlegungen, sondern auch die fremden Impulse, die wie eine allgegenwärtige bedrückende Aura über der Stadt lagen.

Wenn die Hunde nicht in telepathischem Kontakt zu der Macht im Becken standen, hätten sie trotzdem die Möglichkeit gehabt, ihren Gefangenen schneller ans Ziel zu bringen. Eines der Tiere hätte zur Station vorauseilen und die Fremden benachrichtigen können. Angesichts ihrer neu gewonnen Intelligenz wäre das für sie nicht schwierig gewesen. Warum also führten sie ihn auf so umständliche Weise ab? Bluff fand keine Antwort auf diese Frage.

Wenig später dirigierten ihn die Tiere in eine Nebenstraße, die Richtung Küste verlief. Damit entfernten sie sich aber vom Becken. Und sie drängten zur Eile.

Sie verließen Namsos und erreichten bald den Rand des Korridors, der vom Meer zum Becken führte. Bluff spürte die salzhaltige Luft im Gesicht. Er fragte sich, wie die Fremden es geschafft hatten, diese gleichmäßige Strömung in Gang zu setzen und aufrechtzuerhalten. Dieser stete Wind und die Tatsache, dass die Fremden ihre Station so nahe am Meer gebaut hatten, deuteten darauf hin, dass sie bestimmte Substanzen benötigten, die in der Seeluft enthalten waren. Wenn man diese Erkenntnis vervollkommnete, dachte Bluff, ließ sich später vielleicht eine Angriffsmöglichkeit gegen die Invasoren finden.

Später!, wiederholte er in Gedanken. Gab es überhaupt noch ein Später für ihn und die TERRA-PATROUILLE?

Witternd hielten die Hunde am Rand des Korridors an. Noch immer war Bluff unsicher, ob die Tiere selbstständig handelten oder zu ihrer Aktivität veranlasst wurden. Der Anführer der Meute wagte sich als Erster weiter in die Schneise hinaus. Witternd hob er immer wieder den Kopf, und nach einer Weile jaulte er leise.

Nun drängten die anderen Pollard den flachen Hang hinab. Bluff spürte, dass der Luftzug innerhalb des Korridors stärker war. Außerdem gewann er den Eindruck, dass die quälenden Ausstrahlungen vom Becken nachließen.

Seine Hoffnung, von dieser Stelle aus Einzelheiten im Becken selbst erkennen zu können, erfüllte sich nicht. Das Licht war zu grell und blendete ihn. Während des Tags war der Einblick in die Station von den Bergen aus besser gewesen.

Die Tiere trieben ihn wieder an. Ihnen schien daran gelegen zu sein, den Korridor schnell zu überqueren.

Nachdem die Gruppe die andere Seite erreicht hatte, änderte sich abermals die Richtung. Bluff Pollard, der schon auf eine glückliche Wendung gehofft hatte, wurde mit einem Schlag ernüchtert, als er begriff, wo wirklich das Ziel der Hunde lag, nämlich am Ende des Tales. Dort befand sich auch die kleinere der beiden Stationen.

Mit der Morgendämmerung kroch Nebel vom Meer her in den Fjord und versperrte den Männern der TERRA-PATROUILLE den Blick auf Namsos. Die Stimmung war gedrückt.

»Bei diesem Wetter haben wir kaum eine Chance, Bluff zu finden«, schimpfte Tingmer.

»Das sollten wir allmählich akzeptieren«, sagte Speideck. »Wahrscheinlich haben die Fremden ihn längst getötet oder gefangen genommen.«

»Schon möglich«, entgegnete Kanthall. »Aber wir müssen uns Gewissheit verschaffen.«

Sie schlossen ihre Schutzanzüge und legten die Rückentornister an.

»Wir bilden zwei Gruppen!«, entschied Kanthall. »Alaska und Jan versuchen, Namsos zu erreichen. Wir anderen durchkämmen noch einmal die Hügel rings um das Tal. Wahrscheinlich können wir nicht bis zum Abend zurück sein, deshalb geben wir dieses Lager auf. Wir treffen uns morgen am Steilhang über der kleinen Station.«

»Funkkontakt nur in Notfällen oder wenn jemand Bluff gefunden hat«, fügte Saedelaere hinzu. Er hatte im Stillen auf eine Rückkehr Douc Langurs gehofft, aber langsam akzeptierte er, dass sie den Forscher nicht wieder sehen würden. Während der Nacht hatte er über alle Probleme nachgedacht. Der Forscher war zweifellos eine Schlüsselfigur. Wenn es ihm gelingen sollte, seine Erinnerung zurückzugewinnen, konnte er wahrscheinlich eine Vielzahl von Fragen beantworten. Doch Langur war nicht mehr da.

»Du bist sehr still«, stellte Jan Speideck fest. »Es kommt dir sicher seltsam vor, aber ich würde gern mit dir reden. Das macht mir Mut.«

»Ich habe nachgedacht«, erwiderte Alaska. »Im Grunde genommen hat es wenig Sinn, noch länger hier zu bleiben. Ich glaube nicht, dass wir mehr herausfinden können – wir bringen uns nur in Gefahr.«

»Du kapitulierst?«

»Keineswegs. Wir werden uns ein Raumschiff beschaffen, dann haben wir größere Bewegungsfähigkeit.«

Tingmer riss die Augen auf. »Wir könnten die Station vom Weltraum aus angreifen!«

»Das bezweifle ich. Die Fremden werden Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben, um einen solchen Angriff zu verhindern.«

»Trotzdem scheint Jentho die kleine Station überfallen zu wollen.« Speideck seufzte. »Das wäre glatter Selbstmord. Andererseits komme ich mir auf meiner eigenen Heimatwelt wie ein Fremder vor. Das ist kein gutes Zeichen.«

»Eine Zeit lang«, gab Alaska zurück, »hatte ich aufgehört, Terra als meine Heimat anzusehen. Meine Heimat war der Kosmos.«

»Das ist jetzt wieder anders?«

»Ich weiß nicht«, gestand der Maskenträger. »Auf der Erde wurde ich geboren. Vielleicht verbindet das mehr, als ich zu erkennen vermag.«

»Ich könnte mir vorstellen, dass ich die Erde verlassen würde, um mein Leben zu retten.«

Speidecks Ausspruch war für Saedelaere ein Alarmsignal. Bedeutete das nicht, dass Jan die Erde bereits aufgegeben hatte und die Auseinandersetzung mit den Fremden nur noch als Rückzugsgefecht ansah? Vor seinem geistigen Auge stieg das Bild einer Erde auf, die auch von den letzten Menschen verlassen worden war und fremden Mächten als Betätigungsfeld diente.

Erstaunlich war, dass die Hunde genau jenen Weg nahmen, den Bluff Pollard ursprünglich auch hatte einschlagen wollen. Entweder war das ein Zufall, oder jemand wollte ihn auf diese Weise verhöhnen. Bluff kämpfte inzwischen mit erheblichen Schwierigkeiten. Seine Verletzungen hatten sich durch den Marsch verschlimmert, und jeder Atemzug brachte stechende Schmerzen.

Die Hunde machten einen geduldigen Eindruck und belästigten Bluff nur, sobald er stehen blieb. Nirgendwo zeigte sich einer der Fremden oder auch nur einer ihrer Roboter.

Beim Morgengrauen war die zweite Station nur noch wenige hundert Meter entfernt. Die undeutlich durch den Dunst schimmernden kuppelförmigen Gebilde rissen Bluff aus seiner beginnenden Apathie. Mit einem Mal wurde er sich der Tatsache bewusst, dass er endgültig verloren war, wenn er jetzt nichts unternahm.

Ächzend ließ er sich zu Boden sinken. Sein Gesicht war vor Schmerzen verzerrt, dazu musste er sich nicht einmal verstellen.

Die Hunde umringten ihn. Bluff glaubte, bei ihnen eine gewisse Ratlosigkeit zu erkennen. Aber schon Augenblicke später näherte sich der Rudelführer und zog die Lefzen hoch. Bluff bewegte sich nicht einmal, als der Atem des Tieres über sein Gesicht strich.

Er sprang erst mit einem gellenden Aufschrei hoch, als ihn der Bastard in die Wange biss. Das große Tier zog sich abwartend zurück, ließ Bluff aber nicht aus den Augen. Vor Wut und Schmerz außer sich, hob Bluff den Arm mit dem Funkgerät und schaltete es ein.

Der Hund schnellte auf ihn zu und bohrte die Zähne in seinen Unterarm. Er zerrte so lange, bis Bluff den Verschluss des Armbandgeräts öffnete. Erst dann ließ der Rostrote ihn los. Das Kombiarmband fiel zu Boden. Eines der Tiere packte es mit den Zähnen und schleppte es davon. Am Rand eines völligen Zusammenbruchs, sah Bluff ihm nach.

Aber möglicherweise hatte diese Sache auch etwas Gutes. Nun konnte geschehen, was wollte – Bluff würde seine Freunde nicht durch Hilferufe in eine Falle locken. Wie voreilig diese Feststellung war, sollte er im Innern der kleinen Station erfahren.

Wenn Langur ahnt, dass sein s-Tarvior kommen wird, um seinem Tod einen Namen zu geben, wird er Vorbereitungen getroffen haben. Vielleicht wird er mir die HÜPFER präsentieren, um von sich selbst abzulenken.

Anordnung: Daten des Beukriors abrufen!

Was heißt keine Reaktion?

Neuerliche Anordnung: Daten des Beukriors abrufen!

Keine Reaktion – also doch! Gibt es eigentlich ein Missgeschick, das mir noch nicht widerfahren ist? Der Beukrior ist defekt, er muss im Verlauf der Landung beschädigt worden sein. Der Gedanke, Langur könnte ihn gesehen und vernichtet haben, erscheint absurd, deshalb will ich ihn nicht in Erwägung ziehen.

Anordnung: Neuortung der HÜPFER!

Warum dauert das so lange? Es ist doch bereits bekannt, wo die HÜPFER steht. Aber sie ist weg, befindet sich nicht mehr an dem Platz, wo sie bei meiner Ankunft stand. Ich glaube fast, Langur ist misstrauisch geworden. Dann darf ich ihm nicht zu viel Zeit geben. Ein Jammer, dass er so uneinsichtig ist. Es würde genügen, wenn er das Notwendige selbst erledigen würde, dann brauchte ich nur in die Sonne zu fliegen, um mich ebenfalls zu vernichten.