Personalkosten - inkl. Arbeitshilfen online - Marc Hilgenfeld - E-Book

Personalkosten - inkl. Arbeitshilfen online E-Book

Marc Hilgenfeld

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Beschreibung

Auch in der Personalarbeit geht es vermehrt darum, die Personalkosten aktiv zu gestalten. Die Autoren stellen zahlreiche Instrumente vor, um sie geänderten Rahmenbedingungen anpassen zu können: vertragliche, betriebliche, tarifliche und alternative Maßnahmen. Praxischecks, rechtliche Hinweise, Beispielfälle, Praxistipps und konkrete Handlungsempfehlungen erleichtern Ihnen die Umsetzung in den beruflichen Alltag. Inhalte: - Das tarifliche und vertragliche Entgelt gestalten. - Variable und alternative Formen des Entgelts. - Durch Personalanpassung Kosten senken. - Arbeitsorganisatorische Veränderungen. - Neu: neue Rechtslage durch das Tarifeinheitsgesetz, Änderung der Rechtsprechung zur Arbeitnehmerüberlassung und Befristungsrecht.Arbeitshilfen online: - Checklisten. - Personalkosten-Analyse. - Musterschreiben. - Musterverträge u.v.m.

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Seitenzahl: 255

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Inhaltsverzeichnis

Hinweis zum UrheberrechtImpressumIhr Nutzen: Informieren, prüfen, Anleitung erhaltenDer Ausgangsfall: Kapital für Investitionen nur bei Senkung von PersonalkostenTeil 1: Tarifliche Bedingungen gestalten1   Tarifliche Öffnungsklauseln nutzen1.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?1.2   Der Fall: Mehr Arbeit, gleicher Lohn1.3   Checkliste1.4   Tipps zur Kommunikation1.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich2   So schließen Sie einen Ergänzungstarifvertrag2.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?2.2   Der Fall: Ein maßgeschneiderter Tarifvertrag2.3   Checkliste2.4   Tipps zur Kommunikation2.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich3   Alternativen zum Flächentarifvertrag3.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?3.2   Der Fall: Optionen der Tarifbindung3.3   Checkliste3.4   Tipps zur Kommunikation3.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich4   Sind betriebliche Bündnisse eine Lösung?4.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?4.2   Der Fall: Die innerbetriebliche Lösung4.3   Checkliste4.4   Tipps zur Kommunikation4.5   Arbeitshilfen im Online-ArbeitsbereichTeil 2: Das vertragliche Entgelt gestalten5   Arbeitsverträge einvernehmlich ändern5.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?5.2   Der Fall: Das Jahresgehalt wird reduziert5.3   Checkliste5.4   Tipps zur Kommunikation5.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich6   Durch Änderungskündigungen das Entgelt gestalten6.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?6.2   Der Fall: Die Änderungskündigungen6.2.1   Massenentlassungsanzeige6.2.2   Die Reaktionsmöglichkeiten Ihrer Mitarbeiter6.3   Checkliste6.4   Tipps zur Kommunikation6.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich7   Entgeltbestandteile durch betriebliche Übung7.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?7.2   Der Fall: Die jährliche Sonderzahlung7.3   Checkliste7.4   Tipps zur Kommunikation7.5   Arbeitshilfen im Online-ArbeitsbereichTeil 3: Freiwillige Leistungen und Betriebsvereinbarungen gestalten8   So ändern Sie freiwillige Leistungen8.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?8.2   Der Fall: Findig will die Zuschläge kürzen8.2.1   Verstoß gegen ein Verbot8.2.2   Hinreichende Bestimmtheit der Klausel8.2.3   Hinreichend gewichtiger Änderungsgrund bei Widerruf8.2.4   Rechtmäßigkeit im Einzelfall8.3   Checkliste8.4   Tipps zur Kommunikation8.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich9   Betriebsvereinbarungen ändern9.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?9.2   Der Fall: Die neue Betriebsvereinbarung9.2.1   Beendigung durch Zeitablauf9.2.2   Beendigung durch Aufhebungsvertrag9.2.3   Beendigung durch neue Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag9.2.4   Beendigung durch Kündigung9.2.5   Nachwirkung9.3   Checkliste9.4   Tipps zur Kommunikation9.5   Arbeitshilfen im Online-ArbeitsbereichTeil 4: Variable und alternative Formen des Entgelts10   Personalkosten senken durch variable Entgeltgestaltung10.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?10.2   Der Fall: Variable Vergütungsbestandteile10.2.1   Zulässigkeit von Zielvereinbarungen10.2.2   Zielvereinbarung oder Zielvorgabe10.2.3   Vereinbarung zulässiger Ziele10.2.4   Rahmenvereinbarung10.2.5   Zielanpassung10.2.6   Feststellung der Zielerreichung10.2.7   Mitbestimmung des Betriebsrates10.3   Checkliste10.4   Tipps zur Kommunikation10.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich11   Veränderung der Entgeltstruktur11.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?11.2   Der Fall: Entgeltsystem mit Anreiz11.3   Checkliste11.4   Tipps zur Kommunikation11.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich12   Personalnebenkosten einsparen12.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?12.2   Der Fall: Geringeres Entgelt, dafür Zusatzleistungen12.2.1   Lohnsteuerfreie Zuwendungen12.2.2   Pauschalversteuerte Zuwendungen12.2.3   Beiträge und Zuwendungen für Altersvorsorgeaufwendungen12.2.4   Entgeltumwandlung durch den Arbeitnehmer12.2.5   Vorgehensweise bei bestehenden Arbeitsverhältnissen bzw. bei Neueinstellungen12.2.6   Krankenversicherung12.3   Checkliste12.4   Tipps zur Kommunikation12.5   Arbeitshilfen im Online-ArbeitsbereichTeil 5: Durch Personalanpassung Kosten senken13   Personalkosten senken durch Kündigung und Outsourcing13.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?13.2   Der Fall: Die Auslagerung der EDV13.2.1   Massenentlassungsanzeige13.2.2   Interessenausgleich13.2.3   Sozialplan13.2.4   Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes und Kündigungsgrund13.3   Checkliste13.4   Tipps zur Kommunikation13.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich14   Personalkosten senken durch Kurzarbeit14.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?14.2   Der Fall: Fachkräfte trotz vorübergehender Entgeltsenkung halten14.2.1   Die Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld14.2.2   Auswirkungen von Kurzarbeitergeld auf das Arbeitsverhältnis14.2.3   Einführung von Kurzarbeit14.2.4   Ausgestaltung der Kurzarbeit14.2.5   Beendigung der Kurzarbeit14.3   Checkliste14.4   Tipps zur Kommunikation14.5   Arbeitshilfen im Online-ArbeitsbereichTeil 6: Alternative Beschäftigungsformen zur Personalkostensenkung15   Kosteneffekte von Zeitarbeit15.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?15.2   Der Fall: Personal für drei Monate15.2.1   Vorteile und Chancen von Zeitarbeit15.2.2   Nachteile und Risiken von Zeitarbeit15.3   Checkliste15.4   Tipps zur Kommunikation15.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich16   Die Befristung von Arbeitsverträgen16.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?16.2   Der Fall: Befristung mit Sachgrund16.3   Checkliste16.4   Tipps zur Kommunikation16.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich17   Der Einsatz freier Mitarbeiter17.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?17.2   Der Fall: Die freie Buchhalterin17.2.1   Vertragliche Grundlage17.2.2   Durchführung des Vertrags17.2.3   Gewissenhafte Prüfung und Dokumentation17.2.4   Statusfeststellungsverfahren17.3   Checkliste17.4   Tipps zur Kommunikation17.5   Arbeitshilfen im Online-ArbeitsbereichTeil 7: Arbeitsorganisatorische Veränderungen18   Einsparungen durch Arbeitszeitflexibilisierung18.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?18.2   Der Fall: Nachfrageschwankungen18.3   Checkliste18.4   Tipps zur Kommunikation18.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich19   Kosteneffekte durch Senkung des Krankenstandes19.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?19.2   Der Fall: Wenn Kranke angeln gehen19.2.1   Krankenrückkehrgespräch19.2.2   Einbindung des Medizinischen Dienstes19.2.3   Kündigung wegen Krankheit19.2.4   Kürzung von Sondervergütungen19.3   Checkliste19.4   Tipps zur Kommunikation19.5   Arbeitshilfen im Online-ArbeitsbereichStichwortverzeichnisArbeitshilfen Online
[1]

Hinweis zum Urheberrecht

Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Print:ISBN: 978-3-648-08990-3Bestell-Nr.: 04202-0002ePUB:ISBN: 978-3-648-08991-0Bestell-Nr.: 04202-0100ePDF:ISBN: 978-3-648-08992-7Bestell-Nr.: 42020-0150

Marc Hilgenfeld, Ingo Schömmel, Dirk WasmuthPersonalkosten - Instrumente zur flexiblen Gestaltung und Senkung 2. Auflage 2017

© 2017, Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg [email protected]: Anne Rathgeber

Lektorat: Ulrich Leinz, Berlin Satz: Reemers Publishing Services GmbH, Krefeld Umschlag: RED GmbH, Krailling Druck: Schätzl Druck & Medien GmbH & Co. KG, Donauwörth

Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie der Auswertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen, vorbehalten.

Ihr Nutzen: Informieren, prüfen, Anleitung erhalten

In diesem Buch stellen wir Ihnen verschiedene Möglichkeiten dar, mit denen Sie in Ihrem Unternehmen die Personalkosten senken können.

Informieren: Personalkosten senken durch vertragliche, tarifliche und alternative Maßnahmen

Jedes der 19 Kapitel erläutert Ihnen ein Instrument, mit dem Sie die Personalkosten in Ihrem Unternehmen senken können. Informieren Sie sich über alternative Beschäftigungsformen, variable Entgeltgestaltung sowie vertragliche und tarifliche Maßnahmen. Neben rechtlichen Hinweisen finden Sie viele Praxistipps, Beispiele und Mustertexte.[2]

Zu Ihrer Orientierung wurden die Kapitel in sieben Abschnitte unterteilt. Anhand dieser Gliederung sehen Sie sofort, ob es sich bei dem jeweiligen Instrument um eine vertragliche, tarifliche oder alternative Maßnahme handelt.

Prüfen: Der Praxischeck

Zu Beginn jedes Kapitels führt Sie ein Praxischeck in das Thema ein. Anhand konkreter Fragen prüfen Sie, ob Sie die jeweilige Maßnahme in Ihrem Unternehmen einsetzen können, um die Personalkosten zu senken.

Anleitung erhalten: Praxisfall, Checkliste und Tipps zur Kommunikation

Jedes der 19 Kapitel ist gleich aufgebaut. Nach dem Praxischeck erhalten Sie durch ein Fallbeispiel eine anschauliche Anleitung, wie Sie selbst in Ihrer Situation vorgehen können. Der Ausgangsfall, der gleich im Anschluss an diese Einleitung geschildert wird, begleitet Sie durch jedes Kapitel. Er wird entsprechend dem jeweiligen Thema abgewandelt.

Außerdem finden Sie in jedem Kapitel eine Checkliste, Tipps zur Kommunikation sowie kurze Hinweise zu den Arbeitshilfen online.

Die Checkliste dient Ihnen einerseits als Prüfschema, die alle Punkte, die Sie beachten müssen, tabellarisch skizziert. Zugleich können Sie sie aber auch als Protokoll nutzen. Tragen Sie dazu in die Spalten „Wer“ und „Bis wann“ konkrete Namen und Termine ein.[3]

Anhand der Tipps zur Kommunikation erfahren Sie, was Sie im Gespräch mit Gewerkschaft, Betriebsrat, Belegschaft und Öffentlichkeit beachten sollten.

Der Ausgangsfall: Kapital für Investitionen nur bei Senkung von Personalkosten

Der folgende Ausgangsfall wird Sie durch das Buch begleiten, er wird entsprechend dem jeweiligen Thema abgewandelt:

Herr Findig ist Gründer und allein geschäftsführender Gesellschafter der Firma „Findig Metallbau GmbH“, einem Unternehmen des Metallhandwerks im bayerischen Musterhausen, das rund 200 Mitarbeiter beschäftigt und nationale wie auch internationale Wettbewerber hat. Aktuell steht das Unternehmen, bedingt durch die Preissituation in der Baubranche, unter großem Kostendruck. Ein potenzieller Investor ist nur bereit, das dringend benötigte Kapital in das Unternehmen einzubringen, wenn zuvor eine deutliche Personalkostensenkung erfolgt. Auch die Banken haben angekündigt, weitere Kredite nur unter dieser Voraussetzung zu gewähren. Herr Findig hat ohnedies bereits erkannt, dass kurz- bzw. mittelfristig eine Personalkostenreduzierung notwendig sein wird, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gegenüber der internationalen Konkurrenz zu gewährleisten. Auch den Mitarbeitern ist die kritische Situation des Unternehmens bekannt. Sie haben entsprechend darauf reagiert und erst kürzlich einen Betriebsrat gewählt.

Teil 1: Tarifliche Bedingungen gestalten

Wenn Ihr Unternehmen tarifgebunden ist, z.B. durch Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband, einen Haustarifvertrag oder einen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag, so sind Sie an diese Tarifverträge gebunden. Eine Änderung wesentlicher Arbeitsbedingungen auf betrieblicher Ebene ist damit nicht ohne Weiteres möglich. Der folgende Abschnitt will Ihnen dennoch einige Möglichkeiten aufzeigen, wie Sie tarifliche Bedingungen gestalten können.[4]

1   Tarifliche Öffnungsklauseln nutzen

1.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?

Mit diesem Praxischeck prüfen Sie, ob Sie in Ihrem Unternehmen tarifliche Öffnungsklauseln nutzen können, um Ihre Personalkosten zu senken. Anhand des Beispiels im zweiten Unterkapitel sehen Sie, wie Sie konkret vorgehen können.

Check 1: Gilt für Ihr Unternehmen ein Tarifvertrag?

Stellen Sie zunächst fest, ob Ihr Unternehmen an einen Tarifvertrag gebunden ist. Ein Tarifvertrag gilt unmittelbar und zwingend, wenn

das Unternehmen an einen Tarifvertrag gebunden ist und

der/die Arbeitnehmer Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ist/sind.

Ein Unternehmen ist dann an einen Tarifvertrag gebunden, wenn

es Mitglied im tarifschließenden Arbeitgeberverband ist; Tarifverträge werden üblicherweise für einzelne Branchen abgeschlossen (z.B.: Metall- und Elektroindustrie, Hotel- und Gaststättengewerbe, Maler- und Lackierer-Handwerk etc.);

es durch einen sog. Haustarifvertrag gebunden ist, d.h. durch einen Tarifvertrag, den das Unternehmen direkt mit der zuständigen Gewerkschaft abgeschlossen hat.

Einen Sonderfall stellt die sog. Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrages dar. Werden Sie von einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag erfasst, führt dies dazu, dass die Rechtsnormen dieses Tarifvertrags auch für Sie als bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und auch für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer innerhalb des sachlichen und räumlichen Geltungsbereichs des Tarifvertrags verbindlich gelten. Ob für Sie ein allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag Anwendung findet, können Sie anhand der der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge beim Bundesarbeitsministerium (www.bmas.de[5]) herausfinden.

Besteht für Ihr Unternehmen eine Tarifbindung, können Sie wegen der sogenannten Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG keine Betriebsvereinbarung mit ihrem Betriebsrat zu den im Tarifvertrag geregelten Bereichen schließen. Ist Ihr Unternehmen nicht tarifgebunden, existiert aber für die Branche, in der Ihr Unternehmen tätig ist, ein Flächentarifvertrag, dann gilt die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht für die Bereiche der zwingenden Mitbestimmung des § 87 BetrVG. Für alle anderen Bereiche, die üblicherweise durch Tarifverträge geregelt werden, gilt weiterhin die Sperrwirkung. Insofern greift die Regelungssperre nicht nur in dem Fall, dass der Tarifvertrag eine explizite Regelung zu diesem Bereich trifft, sondern auch dann, wenn üblicherweise im räumlichen, betrieblichen und fachlichen Bereich des Betriebes tarifliche Regelungen getroffen werden.

Tipp

Von der Regelungssperre umfasst sind typischerweise Regelungen zu den Themen Arbeitsentgelt, Arbeitszeit, Urlaub und Urlaubsgeld.[6]

Die Regelungssperre gilt dann nicht, wenn der Tarifvertrag entsprechende Öffnungsklauseln enthält und Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Gilt für Ihr Unternehmen ein Tarifvertrag oder existieren für Ihre Branche Tarifverträge?

Check 2: Enthält der Tarifvertrag Öffnungsklauseln?

Mit Öffnungsklauseln gestatten die Tarifvertragsparteien Abweichungen von den Tarifnormen durch andere Abmachungen. Diese bieten die Möglichkeit, eine unternehmensnahe Regelung zu finden und den Tarifvertrag zu flexibilisieren.

Tarifnormen mit Öffnungsklauseln erkennt man daran, dass der Tarifvertrag eine Regelung für einen bestimmten Bereich trifft, gleichzeitig aber auch die Möglichkeit einer anderen abweichenden Abmachung eröffnet.

Eine solche andere Abmachung kann ein neu abzuschließender Ergänzungs- oder Haustarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder auch eine einzelvertragliche Regelung sein. Mit welchem Mittel der Tarifvertrag geöffnet werden kann, ist in der jeweiligen Öffnungsklausel selbst geregelt.

Beispiel

Der Tarifvertrag legt eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden fest, ermöglicht aber den Betriebsparteien zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit oder der Beschäftigungssicherung mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit befristet hiervon abweichend in einem Korridor von 30 bis 40 Stunden betrieblich festzulegen.

Enthält der Tarifvertrag Öffnungsklauseln in Bereichen, in denen Sie eine Abweichung wollen?[7]

Check 3: Wie weit kann man abweichen?

Eine Öffnungsklausel kann die bestehende tarifliche Regelung gänzlich für andere Abmachungen öffnen. Oft ist eine Abweichung aber nur befristet (für eine bestimmte Zeit) oder in einem vorgegebenen Rahmen möglich. Dies muss bei der Umsetzung beachtet werden, da sonst die Abweichung unzulässig und wirkungslos ist.

Ist die Öffnungsmöglichkeit eventuell eingeschränkt?

Check 4: Zusammenwirken mit anderen?

Die meisten Öffnungsklauseln verlangen eine „andere Abmachung“. Das bedeutet, Sie brauchen einen Partner, um die Abweichung durchzusetzen. In den meisten Fällen dürfte dies der Betriebsrat sein, wenn die Öffnung den Betriebsparteien obliegt. Daher ist zunächst ein Konsens mit dem Betriebsrat zu finden. Oft sind zusätzlich die Tarifvertragsparteien zu beteiligen. Diese Beteiligung kann von einer bloßen Information bis zu einer notwendigen Zustimmung zu der getroffenen Vereinbarung reichen. Folglich müssen Sie nach der Einigung mit dem Betriebspartner noch die betroffene Gewerkschaft beteiligen, bevor die Abweichung im Betrieb umgesetzt werden kann.

In seltenen Fällen ermöglicht die Öffnungsklausel eine abweichende Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer. Diese Vertragsänderung kann auch mit einer sog. Änderungskündigung erzwungen werden, wenn die Öffnungsklausel dies nicht explizit ausschließt.

Mit wem muss die abweichende Regelung vereinbart werden? Wer sollte sonst noch beteiligt werden?[8]

Tipp

Es ist ratsam, die Verhandlungen mit Dritten (Betriebsrat, Tarifvertragsparteien) gut im Voraus zu planen. Insbesondere die Alternativen, sollte eine Abweichung nicht zustande kommen, müssen dem Gegenüber klar ersichtlich sein. Belegen Sie dieses Alternativszenario möglichst mit konkreten Zahlen.

1.2   Der Fall: Mehr Arbeit, gleicher Lohn

Seit zwei Jahren ist der Ertrag der Firma „Findig Metallbau GmbH“ trotz guter Auftragslage gesunken. Eine Analyse der Situation durch Findig hat ergeben, dass seine Personalkosten zu hoch sind. Herr Findig will jedoch keinen seiner Mitarbeiter entlassen. Bei den für sein Unternehmen geltenden Arbeitsbedingungen stößt er auf folgende Klausel in dem geltenden Tarifvertrag:

„Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt 35 Stunden. Ist es zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigungssicherung erforderlich, die tarifliche Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zu verlängern oder zu verkürzen, können die Betriebsparteien im Rahmen von 30 bis 42 Stunden mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien eine befristete abweichende Regelung treffen.“

Im Unternehmen von Herrn Findig werden bisher regelmäßig 35 Wochenstunden gearbeitet. Seine Analyse hat ergeben, dass eine Ausweitung der Arbeitszeit auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich eine Entlastung der Personalkosten von ca. 14 % ermöglichen würde. Herr Findig will diese Möglichkeit nutzen.

Wie es bei Herrn Findig weitergeht: Der Betriebsrat weiß um die wirtschaftliche Situation des Unternehmens. Herr Findig bittet den Betriebsratsvorsitzenden Herrn Roth zu einem Gespräch und erläutert ihm seine Idee.[9]

Achtung

Beachten Sie, dass falsche Informationen von Unternehmerseite die Bereitschaft des Betriebspartners, sich auf eine abweichende Abmachung einzulassen, gefährden und das Gesprächsklima nachhaltig stören können.

Herr Findig legt dem Betriebsratsvorsitzenden nochmals die Situation dar und erläutert ihm die Vorteile der Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich. Insbesondere dem Einwand des Betriebsratsvorsitzenden, diese Lösung käme einer Lohnkürzung gleich, hält er entgegen, dass durch diese Lösung kein Arbeitnehmer weniger Geld im Portemonnaie habe. Durch die Verlängerung der Arbeitszeit würde bei Findig aber eine Reduzierung der Herstellungskosten pro Stück erreicht.

Bei einer Weigerung des Betriebsrates bliebe Herrn Findig nur die Entlassung von mehreren Arbeitnehmern, um ein ähnliches Einsparpotenzial zu erreichen.

Nach längeren Verhandlungen kommen Herr Findig und der Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung überein, die Arbeitszeit für 18 Monate auf 40 Stunden pro Woche ohne Lohnausgleich zu verlängern. Herr Findig verzichtet während dieser Zeit auf betriebsbedingte Kündigungen.

Diese Lösung wird nun – gemeinschaftlich von Betriebsrat und Unternehmensleitung – den Tarifvertragsparteien schriftlich zugeleitet und um deren Zustimmung gebeten.

Nach einigen erläuternden telefonischen Gesprächen von Herrn Findig und dem Betriebsratsvorsitzenden erhält Herr Findig die schriftliche Zustimmung der Gewerkschaft zu der gefundenen betrieblichen Lösung.[10]

Achtung

Gerade wenn die Zustimmung der Tarifvertragsparteien erforderlich ist, sollte der Betriebsrat hinter der gefundenen Lösung stehen. Die Gewerkschaft wird der Abweichung nur unter dieser Voraussetzung zustimmen.

Erst jetzt kann die Abweichung betrieblich umgesetzt werden. Hierzu informieren Herr Findig und der Betriebsrat gemeinsam die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass ab dem nächsten Ersten jeder fünf Wochenstunden länger arbeiten muss. Sie erläutern hierbei die wirtschaftliche Notwendigkeit dieser Maßnahme, um Kündigungen zu vermeiden, und weisen auf die Befristung dieser Regelung hin. Besonders positiv heben beide die zukunftssichernde Wirkung der Maßnahme und die Beschäftigungssicherung hervor.

1.3   Checkliste

Die Checkliste enthält alle wichtigen Punkte, die Sie prüfen müssen, und gibt Ihnen zugleich einen Überblick, wie Sie Schritt für Schritt vorgehen sollten.

Was?Wer?Bis wann?1.Anwendbarkeit eines Tarifvertrages?Unternehmen2.Tarifgeltung oder Tarifüblichkeit hinsichtlich der geplanten Maßnahme?Unternehmen3.Gibt es Öffnungsklauseln?4.Welche Abweichungsmöglichkeit bieten diese?5.Form der Abweichung? (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Einzelarbeitsvertrag)6.Mit wem ist die Abweichung zu vereinbaren?7.Beteiligung der Tarifvertragsparteien?8.Umsetzung im Betrieb

1.4   Tipps zur Kommunikation

Tipp 1: Mit wem haben Sie es zu tun?

Um Ihre Argumentation richtig aufzubauen, sollten Sie zunächst wissen, wie gewerkschaftsnah Ihre Mitarbeiter sind.[11]

Je nach Form der zugelassenen Abweichung kann Ihr Gegenüber die Gewerkschaft (bei Tarifvertrag), der Betriebsrat (bei Betriebsvereinbarung) oder der einzelne Arbeitnehmer (bei einzelvertraglicher Abweichung) sein. Nach dem Gegenüber richtet sich Ihre Kommunikationsstrategie.

Ist die Gewerkschaft Ihr Verhandlungspartner, sollten Sie zumindest ungefähr wissen, wie viele Ihrer Mitarbeiter Mitglied dieser Gewerkschaft sind. Je nachdem wie groß oder klein diese Zahl ist, kann mit erhöhtem Widerstand der Gewerkschaft gerechnet werden, wenn eine Abweichung zu Lasten der Arbeitnehmer geplant ist.

Ist der Betriebsrat Ihr Verhandlungspartner, müssen Sie mit Koppelungsgeschäften rechnen. Beispielsweise könnte der Betriebsrat der Nutzung einer Öffnungsklausel nur dann zustimmen, wenn der schon lange von ihm gewünschte Arbeitgeberzuschuss zum Mittagessen gewährt wird. Dies sollten Sie schon in Ihren Vorüberlegungen berücksichtigen. Sind Sie bereit einen Preis für die Abweichung zu zahlen, und wenn ja, wie hoch darf er sein?

Tipp 2: Wie gehen Sie strategisch richtig vor?

Eine strategisch ausgerichtete Vorgehensweise ist unerlässlich. Dies bedeutet insbesondere, dass Sie auch Alternativen zu der von Ihnen geplanten Lösung in Betracht ziehen müssen. Was ist die Konsequenz, wenn eine Abweichung nicht zustande kommt? Wie groß ist der Spielraum für Kompromisse? Alle Argumente müssen mit Zahlen (belastbar) zu belegen sein.[12]

Tipp 3: Kommunikation im Betrieb

Informieren Sie den Betriebsrat und die Belegschaft regelmäßig über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens. Wenn die Probleme allen bewusst sind, können auch einschneidende Abweichungen leichter durchgesetzt werden. Auch hier gilt: Lassen Sie Zahlen sprechen!

1.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich

Checkliste

Die Checkliste (siehe Kapitel 1.3) steht Ihnen im Online-Arbeitsbereich zur Verfügung. Öffnen Sie sie in Ihrer Textverarbeitungssoftware, tragen Sie in die Spalte „Wer“ die jeweils Verantwortlichen namentlich ein und in die Spalte „Wann“ einen konkreten Termin. Selbstverständlich können Sie die Datei auch ausdrucken, speichern oder an alle Beteiligten wie ein Protokoll verteilen.

2   So schließen Sie einen Ergänzungstarifvertrag

2.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?

Mit diesem Praxischeck prüfen Sie, ob Sie durch einen Ergänzungstarifvertrag Ihre Personalkosten senken können. Anhand des Beispiels im zweiten Unterkapitel sehen Sie, wie Sie genau vorgehen können.

Check 1: Ist Ihr Unternehmen tarifgebunden?

Eine Tarifbindung besteht zumeist durch die Mitgliedschaft des Unternehmens in einem tarifschließenden Arbeitgeberverband. Durch diese Mitgliedschaft gelten alle Tarifverträge des Arbeitgeberverbandes mit einer oder mehreren Gewerkschaften. Das Unternehmen kann aber auch durch Abschluss eines speziellen Haustarifvertrags gebunden sein. Ein solcher Tarifvertrag bestimmt die Arbeitsbedingungen für alle tarifgebundenen Arbeitnehmer im Betrieb und über eine Bezugnahme im Arbeitsvertrag für alle anderen.[13]

Check 2: Ist der bestehende Tarifvertrag ausgereizt?

Bevor Sie Verhandlungen zum Abschluss eines Ergänzungstarifvertrages aufnehmen, sollten Sie prüfen, ob der im Unternehmen geltende Tarifvertrag ausgereizt ist. Oftmals bieten sich durch Öffnungsklauseln Möglichkeiten, Abweichungen zu vereinbaren (s. oben 1.1). Dies ist im Gegensatz zu Ergänzungstarifvertragsverhandlungen der leichtere und schnellere Weg. Darüber hinaus wird auch die Gewerkschaft zunächst von Ihnen die umfängliche Nutzung aller Möglichkeiten des Tarifvertrages verlangen, bevor sie einen Ergänzungstarifvertrag abschließt.

Check 3: Wer schließt den Ergänzungstarifvertrag?

Der Ergänzungstarifvertrag wird immer für ein bestimmtes Unternehmen geschlossen. Vertragspartner ist die Gewerkschaft, die auch Partei des Tarifvertrages ist, von dem abgewichen werden soll. Ein Ergänzungstarifvertrag kann sowohl zwischen Arbeitgeberverband und Gewerkschaft für das Unternehmen als auch zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft abgeschlossen werden. Ein Arbeitgeber kann immer – trotz Mitgliedschaft in einem tarifschließenden Arbeitgeberverband – selbst einen Tarifvertrag abschließen.

Ob nun der Arbeitgeberverband oder der Arbeitgeber selbst den Ergänzungstarifvertrag aushandeln sollte, kommt auf den Einzelfall an. Abwägungsgesichtspunkte könnten die größere Sachnähe des Arbeitgebers zu den Problemen im Betrieb, die Verhandlungserfahrung des Arbeitgeberverbandes mit den Gewerkschaften oder eventuell vorhandene gute Beziehungen zum Verhandlungspartner sein.[14]

Check 4: Wie ist das Verhältnis zwischen dem Ergänzungstarifvertrag und dem bisherigen Tarifvertrag?

Hat der Arbeitgeberverband des Flächentarifvertrages mit der gleichen Gewerkschaft für das Unternehmen einen Ergänzungstarifvertrag abgeschlossen, gilt hinsichtlich der dort geregelten Punkte der Ergänzungstarifvertrag für das Unternehmen. Der Ergänzungstarifvertrag löst den bisher geltenden Flächentarifvertrag insoweit ab, wie die gleichen Tarifvertragsparteien mit der neuen Regelung die alte verdrängen.

Schließen Arbeitgeber und die Gewerkschaft des bisherigen Tarifvertrages einen Ergänzungstarifvertrag (als Haustarifvertrag), so verdrängt dieser ebenfalls den alten Tarifvertrag.

Daher entfaltet in jedem Fall nur der neue Tarifvertrag eine Wirkung auf die Arbeitsbedingungen.

Achtung

Seit 2015 ist durch das Tarifeinheitsgesetz geregelt, dass bei kollidierenden Tarifverträgen in einem Betrieb nur die Rechtsnormen des Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft anwendbar sind, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des zuletzt abgeschlossenen Tarifvertrags im Betrieb die meisten Mitglieder hat.

2.2   Der Fall: Ein maßgeschneiderter Tarifvertrag

In Abwandlung zum Ausgangsfall ist das Unternehmen „Findig Metallbau GmbH“ Mitglied im tarifschließenden Arbeitgeberverband. Der hohe Kostendruck und die Erwartungen der Investoren haben Herrn Findig veranlasst, alle Einflüsse auf die Produktionskosten seines Unternehmens genau zu analysieren. Dabei stellte er fest, dass sein Unternehmen mit ein paar Abweichungen von den durch den Flächentarifvertrag festgelegten Arbeitsbedingungen die Produktivität steigern und die Stückkosten senken könnte. Der Flächentarifvertrag enthält an den entsprechenden Stellen keine Öffnungsklauseln. Aus der Presse hat Herr Findig entnommen, dass ein anderes Unternehmen seiner Branche andere Arbeitsbedingungen auf Grund eines Ergänzungstarifvertrages anwendet. Nun möchte Herr Findig auch für sein Unternehmen einen, den Flächentarifvertrag an wenigen Punkten ergänzenden, maßgeschneiderten Tarifvertrag.[15]

Wie es bei Herrn Findig weitergeht: Die Analyse der kostenwirksamen Faktoren hat ergeben, dass sich die Produktivität des Unternehmens durch eine Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit von 35 auf 38 Stunden sowie durch eine erfolgsabhängige Auszahlung des Weihnachtsgeldes steigern ließe. Durch diese Maßnahmen kann Herr Findig die von den Banken und Investoren geforderte Senkung der Lohnkosten erreichen.

Herr Findig wendet sich an den Arbeitgeberverband, um mit dessen Hilfe eine Strategie zu erarbeiten, die die Gewerkschaft zum Abschluss eines entsprechenden Ergänzungstarifvertrages bewegen könnte.

In diesem Rahmen wird das Vorgehen detailliert besprochen. Insbesondere wird ein Alternativszenario für den Fall der Weigerung der Gewerkschaft entworfen: Da die Kredite der Banken und die Investitionen dringend für eine Modernisierung zum Erhalt der Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit des Unternehmens benötigt werden, müsste bei Nichtzustandekommen des Ergänzungstarifvertrages circa ein Drittel der Belegschaft entlassen oder Teile der Vorfertigung ins Ausland vergeben werden.[16]

Durch die Beteiligung des Betriebsrates weiß dieser um die Lage des Unternehmens. Nach einer zusätzlichen Information durch Herrn Findig, insbesondere über die Alternativszenarien, erklärt sich der Betriebsrat bereit, den Wunsch nach einem Ergänzungstarifvertrag zu unterstützen.

In einem gemeinsamen Gespräch unter Hinzuziehung des Arbeitgeberverbandes stellt Herr Findig der Gewerkschaft anhand der gesammelten Daten und Zahlen die Situation des Unternehmens dar. Dabei hebt er hervor, dass es ihm in erster Linie um den langfristigen Erhalt der Findig Metallbau GmbH am Standort Musterhausen mit dem vorhandenen Mitarbeiterstamm geht. In diesem Zusammenhang bittet er die Gewerkschaft um die erforderliche Mithilfe, da die Beibehaltung der Arbeitsbedingungen des Flächentarifvertrages die Existenz des Unternehmens am Standort Musterhausen gefährden und die Entlassung einer großen Zahl von Arbeitnehmern bedeuten würde.

Nach längeren Verhandlungen – und insbesondere auf Grund des detailliert dargelegten, schlüssigen Konzeptes für die Findig Metallbau GmbH – schließen der Arbeitgeberverband und die Gewerkschaft einen Ergänzungstarifvertrag, der die gewünschten Änderungen befristet für einen Zeitraum von drei Jahren ermöglicht. In dieser Zeit hofft Herr Findig, die Modernisierungen realisiert und das Unternehmen wieder zurück in die Gewinnzone geführt zu haben.[17]

Sollte der Abschluss des Ergänzungstarifvertrages an der Weigerung der Gewerkschaft scheitern, stehen Ihnen unter Umständen als gestalterische Alternativen möglicherweise das betriebliche Bündnis (siehe Kapitel 4) oder der Verbandsaustritt (siehe Kapitel 3) zur Verfügung.

2.3   Checkliste

Die Checkliste enthält alle wichtigen Punkte, die Sie prüfen müssen, und gibt Ihnen zugleich einen Überblick, wie Sie Schritt für Schritt vorgehen.

Was?Wer?Bis wann?1.Tarifbindung feststellen2.Genaue Analyse der Kostenfaktoren3.Strategie festlegen (evtl. mit Hilfe des Arbeitgeberverbandes)4.Alternativszenarien entwickeln5.Betriebsrat informieren6.Gewerkschaft informieren7.Verhandlungen führen (evtl. mit Hilfe des Arbeitgeberverbandes)8.Ergänzungstarifvertrag abschließen9.Bei Nichtabschluss: alternative Möglichkeiten (Verbandsaustritt, betriebliches Bündnis) prüfen, sonst Alternativszenario durchführen

2.4   Tipps zur Kommunikation

Tipp 1: Wer sind Ihre Verhandlungspartner?

Da ein Tarifvertrag nur mit der Gewerkschaft geschlossen werden kann, ist Ihr wichtigster Verhandlungspartner die Gewerkschaft. Diese wird maßgeblich durch die Interessen Ihrer Mitglieder – Ihren Arbeitnehmern – geleitet. Es ist daher weiterhin entscheidend, dass die Notwendigkeit einer Abweichung vom Flächentarifvertrag von den Arbeitnehmern und deren Vertretung im Unternehmen, dem Betriebsrat, mitgetragen wird.[18]

Daneben ist im Falle der Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband dieser ebenfalls zu informieren.

Ihre Kommunikationspartner sind also die Gewerkschaft, der Betriebsrat/die Belegschaft und der Arbeitgeberverband.

Tipp 2: Wie gehen Sie strategisch richtig vor?

Eine strategisch ausgerichtete Vorgehensweise ist unerlässlich. Dies bedeutet insbesondere, dass Sie Alternativen zu der von Ihnen geplanten Lösung in Betracht ziehen müssen. Welche Konsequenzen ergeben sich, wenn ein Ergänzungstarifvertrag nicht zustande kommt? Wie groß ist der Spielraum für Kompromisse?

Sie sollten alle Argumente mit Zahlen belegen können – eine Unternehmensanalyse ist unerlässlich, da die Gewerkschaft ohne nachvollziehbare, belastbare Daten kaum einer Abweichung vom Flächentarifvertrag zustimmen wird.

Tipp 3: Kommunikation im Betrieb

Informieren Sie den Betriebsrat und die Belegschaft regelmäßig über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens. Wenn die Probleme allen bewusst sind, können auch einschneidende Abweichungen leichter durchgesetzt werden. Auch hier gilt: Lassen Sie Zahlen sprechen!

Wichtig für die betriebliche Kommunikation ist immer, dass diese entweder in guter Abstimmung mit den Vertretern der Arbeitnehmerseite oder durch die Unternehmensführung erfolgt. Nur so lassen sich Missverständnisse oder zu hohe Erwartungshaltungen, die nur sehr schwer kommunikativ wieder korrigiert werden können, vermeiden.

Tipp 4: Kommunikation mit der Öffentlichkeit?

Die Information der Presse ist ein zweischneidiges Schwert. Zum einen kann gerade bei einer Weigerung der Gewerkschaft durch eine gleichzeitige Information der Presse über die Alternativszenarien (Stellenabbau, Standortverlagerung etc.) Druck auf die Gewerkschaft ausgeübt werden. Andererseits steht Ihr Unternehmen dann mit negativen Schlagzeilen in der Öffentlichkeit. Dies könnte potenzielle Kunden und Investoren abschrecken und die schlechte Lage noch verschlimmern.[19]

Die Presse sollte auf jeden Fall besser von Ihnen als von der Gewerkschaft informiert werden. Steht also zu befürchten, dass die Gewerkschaft die Presse hinzuzieht, gehen Sie den ersten Schritt!

2.5   Arbeitshilfen im Online-Arbeitsbereich

Checkliste

Die Checkliste (siehe Kapitel 2.3) steht Ihnen im Online-Arbeitsbereich zur Verfügung. Öffnen Sie sie in Ihrer Textverarbeitungssoftware, tragen Sie in die Spalte „Wer“ die jeweils Verantwortlichen namentlich ein und in die Spalte „Bis wann“ einen konkreten Termin. Selbstverständlich können Sie die Datei auch ausdrucken, speichern oder an alle Beteiligten wie ein Protokoll verteilen.

3   Alternativen zum Flächentarifvertrag

Flächentarifverträge regeln oft eine Vielzahl von allgemeinen Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeit, Urlaub, Lohn und Gehalt etc. Diese gelten zwingend, wenn beide Arbeitsvertragsparteien der Tarifbindung unterliegen, d. h. wenn der Arbeitgeber Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes und der Arbeitnehmer Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ist.

3.1   Praxischeck: Wo stehen Sie?

[20]

Ein Ausstieg aus der zwingenden Tarifbindung auf Grundlage der Mitgliedschaft in einem tarifschließenden Arbeitgeberverband erfolgt durch den Austritt aus diesem Arbeitgeberverband.

Mit dem Praxischeck prüfen Sie, ob Ihnen ein Austritt aus dem Arbeitgeberverband nutzen könnte. Der Beispielfall im zweiten Unterkapitel zeigt Ihnen, was Sie dabei konkret beachten müssen.

Check 1: Ist Ihr Unternehmen tarifgebunden?

Die wichtigste Form der Tarifbindung ist die beiderseitige Verbandsmitgliedschaft (d.h. die Mitgliedschaft des Arbeitgebers im tarifschließenden Arbeitgeberverband und des Arbeitnehmers in der Gewerkschaft). Stellen Sie daher zunächst fest, ob Ihr Unternehmen Mitglied eines tarifschließenden Arbeitgeberverbandes ist.

Arbeitgeberverbände sind zumeist Zusammenschlüsse von Unternehmen einer Branche. Die Branchenzugehörigkeit Ihres Unternehmens kann Ihnen somit einen Hinweis auf den zuständigen Arbeitgeberverband geben.

Check 2: Welche Tarifverträge gelten?

Welche Tarifverträge gelten aufgrund der Mitgliedschaft für Ihr Unternehmen? Im Betrieb sollte eine Tarifsammlung vorhanden sein, die die geltenden Tarifverträge enthält. Lassen Sie sich im Zweifelsfall von dem zuständigen Arbeitgeberverband beraten. Teilweise sind die Tarifverträge auch online verfügbar.

Achtung

Meistens bestehen für eine Branche mehrere – sich teilweise ergänzende –Tarifverträge, z.B. ein Manteltarifvertrag mit den Inhalten Arbeitszeit und Urlaub sowie ein gesonderter Entgelttarifvertrag.[21]

Check 3: Laufzeiten der Tarifverträge

Allein die Beendigung der Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband führt zunächst zu keiner Änderung in den Arbeitsverhältnissen vor Ort, denn nach § 3 Abs. 3 TVG bleibt die Tarifbindung bestehen, bis der Tarifvertrag endet (sog. Nachbindung). Die Bestimmungen des Tarifvertrages gelten also trotz des Austrittes aus dem Arbeitgeberverband zunächst einmal unverändert weiter, bis sie durch Zeitablauf (bei befristeten Tarifverträgen) oder durch Kündigung einer der Tarifvertragsparteien wirkungslos werden. Inwieweit sich durch den Verbandsaustritt Änderungen im Bereich der im Unternehmen geführten Arbeitsverhältnisse ergeben, bestimmt sich danach hauptsächlich nach dem Status der Tarifverträge bzw. nach deren zeitlichen Geltungsbereich.

Nachdem Ihnen nun die geltenden Tarifverträge bekannt sind, sollten Sie sich einen Überblick über die Laufzeiten der einzelnen Tarifverträge verschaffen. Diese können sowohl hinsichtlich der einzelnen Tarifverträge, aber auch für einzelne Regelungen eines Tarifvertrages unterschiedlich sein.

Achtung

Zu beachten ist auch die sog. Nachwirkung: Selbst wenn durch Ablauf eines Tarifvertrages dessen unmittelbare Wirkung und die Nachbindung (siehe oben) geendet haben, gelten seine Rechtsnormen trotzdem weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden (z.B. durch einen neuen Tarifvertrag oder eine einzelvertragliche Vereinbarung).

Check 4: Wie kündigen Sie?

Die notwendige Form und Frist der Kündigung der Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband entnehmen Sie der aktuellen Satzung des Verbandes.[22]

Die Kündigung hat in der Regel schriftlich und durch eine hierzu bevollmächtigte Person zu erfolgen. Der Kündigungsfrist kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da die Kündigung erst nach Ablauf dieser Frist wirksam wird. Soll mit der Kündigung das Wirksamwerden eines neu abzuschließenden Tarifvertrages für das Unternehmen verhindert werden (z.B. eine aktuell verhandelte Entgeltsteigerung), muss der Austritt vor Abschluss des neuen Tarifvertrages erfolgen.

Check 5: Kann außerordentlich gekündigt werden?