Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Das Lehrbuch bietet zunächst eine Einführung in die hauptsächlichen Theorieströmungen der Personalwirtschaftslehre, insbesondere in Grundlagen der Verhaltenswissenschaft, der Personalökonomik und Ansätze des strategischen Human Resource Management. Darüber hinaus führt das Lehrbuch in die wichtigsten Funktionen der Personalwirtschaft ein: die Personalbereitstellung, insbesondere Personalbeschaffung und Personalabbau, die Personal- und Organisationsentwicklung sowie organisationales Lernen, Arbeitsorganisation und Vergütung. Schließlich behandelt das Lehrbuch auch Formen der Verhaltenssteuerung, insbesondere die Phasen und Prozesse der Motivation sowie die theoretischen Grundlagen und Konzepte der Führung.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 653
Veröffentlichungsjahr: 2015
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Das Lehrbuch bietet zunächst eine Einführung in die hauptsächlichen Theorieströmungen der Personalwirtschaftslehre, insbesondere in Grundlagen der Verhaltenswissenschaft, der Personalökonomik und Ansätze des strategischen Human Resource Management. Darüber hinaus führt das Lehrbuch in die wichtigsten Funktionen der Personalwirtschaft ein: die Personalbereitstellung, insbesondere Personalbeschaffung und Personalabbau, die Personal- und Organisationsentwicklung sowie organisationales Lernen, Arbeitsorganisation und Vergütung. Schließlich behandelt das Lehrbuch auch Formen der Verhaltenssteuerung, insbesondere die Phasen und Prozesse der Motivation sowie die theoretischen Grundlagen und Konzepte der Führung.
Dr. Hans-Gerd Ridder ist Professor für Betriebswirtschaftslehre und Direktor des Instituts für Personal und Arbeit an der Leibniz Universität Hannover.
Hans-Gerd Ridder
Personalwirtschaftslehre
5. Auflage
5. Auflage 2015
Alle Rechte vorbehalten © 1999 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Umschlag: Gestaltungskonzept Peter Horlacher Umschlagbild: © vege – fotolia.com Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart Printed in Germany
Print: 978-3-17-026986-6
E-Book-Formate
pdf:
978-3-17-026987-3
epub:
978-3-17-026988-0
mobi:
978-3-17-026989-7
Vorwort zur 4. Auflage
Abbildungsverzeichnis
Einleitung
1 Adressaten, Ziele und Inhalte des Lehrbuchs
1.1 Erwartungen an eine praxisnahe Ausbildung
1.2 Die Praxis von Managern
1.3 Konzeptionelle Grundlagen und Vorgehensweise des Lehrbuchs
1.4 Theorie: Die Herausbildung von Deutungsschemata
1.4.1 Fachwissen: Instrument zur Durchdringung von Praxis
1.4.2 Methoden: Schlüssel der Problembearbeitung
1.5 Zusammenfassung
Kapitel I: Theoretische Ansätze der Personalwirtschaft
1 Verhaltenswissenschaftliche Grundlagen
1.1 Einführung
1.2 Bestimmungsgrößen des menschlichen Verhaltens
1.3 Ebenen der Analyse menschlichen Verhaltens
1.3.1 Individuum
1.3.1.1 Motivationsforschung
1.3.1.2 Führungsforschung
1.3.2 Gruppen
1.3.2.1 Entstehung der Gruppenforschung: Das Hawthorne-Experiment
1.3.2.2 Gruppenforschung und Ergiebigkeit der Arbeitsleistung
1.3.3 Organisation
1.3.3.1 Annahmen der Anreiz-Beitrags-Theorie
1.3.3.2 Organisationsgestaltung
1.3.3.3 Gestaltung der Anreizstruktur
1.3.3.4 Abstimmung von persönlichen Bedürfnissen und Organisationszielen
1.4 Zusammenfassende Beurteilung
2 Grundlagen der Personalökonomik
2.1 Einführung
2.2 Theorie der Verfügungsrechte
2.3 Prinzipal-Agenten-Theorie
2.4 Transaktionskostentheorie
2.4.1 Annahmen über das Verhalten der Akteure
2.4.2 Transaktionen
2.4.3 Produktionskosten und Transaktionskosten
2.4.4 Institutionelle Arrangements
2.5 Zusammenfassende Beurteilung
3 Strategisches Human Resource Management
3.1 Orientierung an Humanressourcen
3.1.1 Humanressourcen als Wettbewerbsvorteile
3.1.2 Ansätze des ressourcenorientierten Human Resource Management
3.2 Orientierung an Strategien
3.2.1 Vertikaler und horizontaler Fit
3.2.2 Ansätze des strategischen Human Resource Managements
3.3 Orientierung an personalwirtschaftlichen Systemen
3.4 Zusammenfassende Beurteilung
Kapitel II: Personalbereitstellung, Entwicklung, Einsatz und Vergütung von Personal
Abschnitt A: Personalbereitstellung
1 Personalplanung als Rahmenplanung
2 Personalbeschaffung
2.1 Einführung
2.2 Auswahlphilosophien und Beschaffungsmethoden
2.3 Auswahlverfahren als Eignungsprüfung
2.3.1 Bewerbungsunterlagen
2.3.2 Tests
2.3.3 Einstellungsinterviews
2.3.4 Assessment-Center
2.3.4.1 Begriff, Funktion und Merkmale von Assessment-Centern
2.3.4.2 Erhebung und Definition der Anforderungen
2.3.4.3 Aufgaben und Übungen
2.3.4.4 Vor- und Nachteile des Assessment-Center
2.4 Reaktionen von Bewerbern
2.5 Zusammenfassende Beurteilung
3 Personalabbau
3.1 Einführung
3.2 Instrumente und Folgen des Personalabbaus
3.2.1 Vorbeugende Maßnahmen und personalpolitische Alternativen
3.2.1.1 Arbeitszeitgestaltung
3.2.1.2 Qualifizierung
3.2.1.3 Personelle Einzelmaßnahmen
3.2.2 Entlassungen
3.2.2.1 Einzelentlassungen
3.2.2.2 Einzelentlassungen mit Outplacement-Beratung
3.2.2.3 Auswirkungen von Entlassungen
3.3 Zusammenfassende Beurteilung
Abschnitt B: Personalentwicklung
1 Personalentwicklung
1.1 Einführung
1.2 Strategische Ziele der Personalentwicklung
1.3 Die Bestimmung der Anforderungen
1.3.1 Organisationsdiagnose
1.3.2 Aufgaben- und Anforderungsanalyse
1.3.3 Personanalyse
1.4 Maßnahmen der Personalentwicklung
1.4.1 Konzeption der Personalentwicklungsmaßnahmen
1.4.2 Durchführung von Personalentwicklungsmaßnahmen
1.5 Evaluation und Bewertung
1.5.1 Ansätze zur Evaluation von Maßnahmen der Personalentwicklung
1.5.2 Monetäre Bewertung von Maßnahmen der Personalentwicklung
1.6 Zusammenfassende Beurteilung
2 Organisationsentwicklung
2.1 Einführung
2.2 Wandel von Organisationen
2.2.1 Wandel als Reaktion auf situative Einflüsse
2.2.2 Wandel als evolutionäre Entwicklung
2.2.3 Wandel als Entwicklung von Populationen
2.3 Konzepte, Strategien und Techniken der Organisationsentwicklung
2.3.1 Begriff, Ziele und Entstehung der Organisationsentwicklung
2.3.2 Konzepte der Organisationsentwicklung
2.3.2.1 Lewins »Change Model« als Basiskonzept
2.3.2.2 Geplanter organisatorischer Wandel
2.4 Veränderungsstrategien und Interventionstechniken
2.4.1 Phasen des Veränderungsprozesses
2.4.2 Interventionstechniken
2.4.2.1 Teamintervention
2.4.2.2 Intergruppenintervention
2.4.2.3 Organisationsumgreifende Intervention
2.5 Zusammenfassende Beurteilung
3 Organisationales Lernen
3.1 Einführung
3.2 Individuelles Lernen
3.3 Konzepte des organisationalen Lernens
3.3.1 Organisationales Lernen
3.3.1.1 Lernprozesse zwischen Organisation und Umwelt
3.3.1.2 Lernprozesse zwischen Individuum und Organisation
3.3.2 Die lernende Organisation
3.3.3 Organisationales Wissen
3.3.4 Wissensmanagement
3.4 Zusammenfassende Beurteilung
Abschnitt C: Arbeitsorganisation und Entgelt
1 Arbeitsorganisation
1.1 Einführung
1.2 Prosperität durch Arbeitsteilung
1.2.1 Prinzipien der Arbeitsteilung in der Massenproduktion
1.2.2 Ökonomische Problemfelder der Arbeitsteilung
1.2.3 Gruppenarbeit als arbeitsorganisatorische Leitidee
1.2.3.1 Standardisierte Gruppenarbeit
1.2.3.2 Teilautonome Arbeitsgruppen
1.3 Persönlichkeitsfördernde Arbeitsgestaltung
1.3.1 Das TOTE-Modell
1.3.2 Handlungsregulationstheorie
1.3.2.1 Tätigkeit, Handlung und Operation
1.3.2.2 Zielbildung
1.3.2.3 Operatives Abbildsystem und VVR-Einheiten
1.3.2.4 Arbeitsgestaltung und Persönlichkeit
1.3.2.5 Kritik an der Handlungsregulationstheorie
1.3.3 Job Characteristics Theory
1.3.3.1 Psychische Zustände
1.3.3.2 Tätigkeitsmerkmale
1.3.3.3 Moderatoren
1.3.3.4 Wirkungen
1.4 Zusammenfassende Beurteilung
2 Entgelt
2.1 Einführung
2.2 Prinzipien der betrieblichen Lohngestaltung
2.3 Bestimmung der Grundlohnbasis
2.3.1 Summarische Arbeitsbewertung
2.3.2 Analytische Arbeitsbewertung
2.3.2.1 Arbeitsplatzbeschreibungen
2.3.2.2 Klassifizierung von Arbeit: Anforderungsarten
2.3.2.3 Hierarchisierung der Arbeit: Verfahren der Arbeitsbewertung
2.3.2.4 Gewichtung
2.3.2.5 Bewertung der Anforderungen als lohnpolitische Verhandlung
2.3.2.6 Befunde zur Anwendung der analytischen Arbeitsbewertung
2.4 Leistungsabhängige Entgeltbestimmung
2.4.1 Akkordlohn
2.4.2 Prämienentlohnung
2.4.2.1 Individualprämien
2.4.2.2 Gruppenprämien
2.4.3 Zeitlohn mit Leistungsbeurteilung
2.4.3.1 Hierarchische Leistungsbeurteilungsverfahren
2.4.3.2 Nichthierarchische Leistungsbeurteilungsverfahren
2.4.3.3 Fehlerquellen der Leistungsbeurteilung
2.4.4 Leistungsentlohnung bei Führungskräften
2.5 Zusammenfassende Beurteilung
Kapitel III Transformation
1 Motivation
1.1 Einführung
1.2 Phasen der Motivation
1.2.1 Motivation durch Erwartung und Anreiz
1.2.2 Handlungsphasen des Motivationsprozesses
1.3 Einflussgrößen im Motivationsprozess
1.3.1 Intrinsische und extrinsische Motivation
1.3.2 Die Bedeutung von Zielen für den Volitionsprozess
1.3.3 Wille und Handlung
1.3.3.1 Handlungsorientierung und Lageorientierung
1.3.3.2 Unterschiede im Umgang mit Absichten
1.3.3.3 Unterschiede in der Selbststeuerung bei der Realisierung von Zielen
1.3.3.4 Wirkungen im Hinblick auf Leistung
1.3.4 Ursachenzuschreibungen und Bewertung der Handlung
1.3.4.1 Begriff und Grundlagen
1.3.4.2 Heiders »naive« Handlungsanalyse
1.3.4.3 Das Kovarianzmodell von Kelley
1.3.4.4 Attribution im Leistungshandeln
1.4 Das erweiterte Motivationsmodell von Heckhausen
1.5 Zusammenfassende Beurteilung
2 Führung
2.1 Einführung
2.2 Theorien der Führung
2.2.1 Eigenschaftstheorien der Führung
2.2.1.1 Eigenschaften und Fähigkeiten von Führern
2.2.1.2 Transformationale Führung nach Bass
2.2.1.3 Charismatische Führung
2.2.2 Verhaltensorientierte Führung
2.2.3 Situative Theorien der Führung
2.2.4 Führen als Prozess des Organisierens
2.2.4.1 Prozesse des Organisierens
2.2.4.2 Attributionstheorie der Führung
2.2.4.3 Lerntheorie der Führung
2.2.4.4 Selbstführung und Superführung
2.2.4.5 Geteilte Führung
2.3 Zusammenfassende Beurteilung
Literaturverzeichnis
Index
Jedes Lehrbuch hat eine innere Ordnung, die sich aus theoretischen Grundannahmen und einer daraus resultierenden Ordnung der Wissensbestände eines Faches ableitet. Dies gilt auch für dieses Lehrbuch. Im Hinblick auf die theoretischen Grundannahmen bin ich davon ausgegangen, dass Studenten zunächst unterschiedliche personalwirtschaftliche Ansätze kennen lernen sollten (Kapitel I). Erst die grundlegende Erfahrung, dass sich diese Ansätze in ihren Annahmen, Methoden und Erkenntnisinterpretationen unterscheiden, eröffnet Studenten die Möglichkeit der kritischen Reflexion und der Herausbildung einer eigenen Position, die für die Erschließung der personalwirtschaftlichen Wissensbestände erforderlich ist.
Menschen werden in Unternehmen beschäftigt, weil ihre Nützlichkeit bei der Bewältigung von betrieblichen Aufgaben im Vordergrund steht. Daraus resultieren Aufgaben der Personalbereitstellung, Personalentwicklung, der Arbeitsorganisation und Vergütung (Kapitel II). Bei der Entwicklung dieser personalwirtschaftlichen Instrumente habe ich in erster Linie auf Einflussgrößen der Ergiebigkeit der menschlichen Arbeitsleistung fokussiert und die Wissensbestände entsprechend geordnet. Für die 4. Auflage wurde das Kapitel insgesamt überarbeitet und die Literatur aktualisiert.
Es ist im Interesse von Unternehmen durch Verhaltenssteuerung, insbesondere durch Motivation und Führung, auf das Leistungsergebnis Einfluss zu nehmen. Allerdings verfügen Menschen auch über ein breites Spektrum an Interessen, Werten und Zielen, die sie in Unternehmen realisieren wollen (Kapitel III). In der 4. Auflage wurde das Kapitel aktualisiert und im Hinblick auf den Aspekt der Selbstführung erweitert.
Dieses Lehrbuch richtet sich an Studenten, die im späteren Berufsleben Managementaufgaben übernehmen wollen. Zukünftige Manager müssen in der Lage sein, Personal einzustellen, einzusetzen und Leistung zu beurteilen. Sie haben Vergütungs- und Beförderungsentscheidungen zu treffen. Darüber hinaus ist Personal zu entwickeln, zu motivieren und zu führen. In diesem Sinne wendet sich dieses Lehrbuch aber auch an Führungskräfte, die daran interessiert sind, personalwirtschaftliche Themen aus einer wissenschaftlichen Perspektive zu betrachten und daraus Anregungen für die tägliche Praxis zu entnehmen.
Frau Linke hat den Text gründlich Korrektur gelesen und mit großer Sorgfalt das Layout des Textes und der Abbildungen gestaltet. Marko Heyner hat die Aktualisierung der vorliegenden Auflage durch umfangreiche Literaturrecherchen vorbereitet und durch sein Organisationsgeschick sehr unterstützt. Ihnen danke ich sehr.
Hannover, im Januar 2013
Hans-Gerd Ridder
Abbildung I:
Ökonomisches Denkmodell
32
Abbildung I / 1:
Motivationsforschung
42
Abbildung I / 2:
Grundstruktur der Erwartungs-Wert-Theorien
43
Abbildung I / 3:
Führungsforschung
45
Abbildung I / 4:
Elemente der Anreiz-Beitrags-Theorie
52
Abbildung I / 5:
Institutionen als Organisation von Austauschprozessen
62
Abbildung I / 6:
Elemente einer Theorie der Verfügungsrechte
63
Abbildung I / 7:
Elemente der Principal-Agent-Theory
65
Abbildung I / 8:
Elemente der Transaktionskostentheorie
67
Abbildung I / 9:
Bezugsrahmen der Stärken und Schwächen von Ressourcen
77
Abbildung I / 10:
Human Resource Management - Empfehlungen für Führungskräfte
78
Abbildung I / 11:
Ressourcenorientiertes Human Resource Management
79
Abbildung I / 12:
Human Resource Management-Architektur
80
Abbildung I / 13:
Strategieebenen personalwirtschaftlicher Aktivitäten
83
Abbildung I / 14:
Personalwirtschaftliche Funktionen
83
Abbildung I / 15:
Das Harvard-Konzept
84
Abbildung I / 16:
Aufgaben des strategischen Human Resource Managements
86
Abbildung I / 17:
Der Zusammenhang von Instrumenten und Ergebnissen des HRM
88
Abbildung II / 1:
Planungsebenen der Personalplanung
95
Abbildung II / 2:
Personalbeschaffung und Unternehmensstrategie
100
Abbildung II / 3:
Auswertung von Bewerbungsunterlagen
104
Abbildung II / 4:
Multimodales Interview
107
Abbildung II / 5:
Integration von Produktplanung und Personalplanung
117
Abbildung II / 6:
Phasen der Outplacement-Beratung
124
Abbildung II / 7:
Folgen von Entlassungen
127
Abbildung II / 8:
Bewältigungsstrategien der Arbeitslosigkeit
128
Abbildung II / 9:
The Traditional Links between Strategy and HRD
138
Abbildung II / 1:
0: Ein Grundmodell der Personalentwicklung
139
Abbildung II / 1:
1: Das Trainingsmodell nach Kirkpatrick
146
Abbildung II / 12:
Die fünf Ebenen des ROI-Modells
148
Abbildung II / 13:
Das ROI Modell nach Phillips
148
Abbildung II / 14:
Grundmodell des situativen Ansatzes
155
Abbildung II / 15:
Beispiel für die Operationalisierung von Strukturvariablen
155
Abbildung II / 16:
Die fünf Phasen des Unternehmenswachstums
157
Abbildung II / 17:
Organisationspraktiken in den fünf Entwicklungsphasen des Unternehmenswachstums
159
Abbildung II / 18:
Wandel als Entwicklung von Populationen
160
Abbildung II / 19:
Entwicklung von Organisationen
166
Abbildung II / 20:
Generelles Modell der Organisationsentwicklung
167
Abbildung II / 21:
Die Entwicklung erfolgreicher Unternehmen
169
Abbildung II / 22:
Kognitive Teilprozesse des Lernens
178
Abbildung II / 23:
Organisationaler Lernzyklus nach March und Olsen
182
Abbildung II / 24:
Handlungstheorien
184
Abbildung II / 25:
Single-loop and double-loop-learning
185
Abbildung II / 26:
Deutero-learning
187
Abbildung II / 27:
Prozesse der Wissenstransformation nach Nonaka/Takeuchi
191
Abbildung II / 28:
Die Spirale organisationalerWissenserzeugung
193
Abbildung II / 29:
Lernzirkel des organisationalen Lernens
194
Abbildung II / 30:
Hierarchieebenen von Kaizen
211
Abbildung II / 31:
Das TOTE-Modell
216
Abbildung II / 32:
Beispiel für einen TOTE-Rückkopplungskreis
217
Abbildung II / 33:
Inhalte des Systems operativer Abbilder
222
Abbildung II / 34:
Hierarchische Struktur einer Aufgabendekodierung
223
Abbildung II / 35:
Hauptbedingungen für die Persönlichkeitsentwicklung
225
Abbildung II / 36:
Das Job Characteristics Modell
226
Abbildung II / 37:
Wirkung der Leistungsfähigkeit auf das Motivationspotenzial
229
Abbildung II / 38:
Zusammensetzung von Löhnen/Gehältern auf der Basis von Anforderungen
235
Abbildung II / 39:
Verknüpfung von Arbeitsschwierigkeit und Entlohnung
236
Abbildung II / 40:
Summarische Arbeitsbewertung
237
Abbildung II / 41:
Ablauf der analytischen Arbeitsbewertung
238
Abbildung II / 42:
Genfer Schema
240
Abbildung II / 43:
Rangreihenverfahren der analytischen Arbeitsbewertung
241
Abbildung II / 44:
Stufenwertzahlverfahren mit gleichen Stufen je Anforderungsart
241
Abbildung II / 45:
Stufenwertzahlverfahren mit unterschiedlichen Stufen je Anforderungsart
242
Abbildung II / 46:
Rangreihen mit Gewichtungsfaktoren
242
Abbildung II / 47:
Progressive Steigerung der Wertzahlverläufe
243
Abbildung II / 48:
Entscheidungspunkte im Verfahrensablauf der analytischen Arbeitsbewertung
245
Abbildung II / 49:
Prämienlohnarten
248
Abbildung II / 50:
Verfahren der Leistungsbeurteilung
252
Abbildung II / 51:
Fehlerquellen der Leistungsbeurteilung
256
Abbildung III / 1:
Phasen der Motivation nach Vroom
270
Abbildung III / 2:
Handlungsphasen des Rubikon-Modells
274
Abbildung III / 3:
Einflussgrößen auf Zielbildung und Leistung
280
Abbildung III / 4:
Heiders Handlungsanalyse
291
Abbildung III / 5:
Das Kovarianzmodell von Kelley
293
Abbildung III / 6:
Vierfelderschema nach Weiner
296
Abbildung III / 7:
Vier Ereignisstadien des Motivationsprozesses
298
Abbildung III / 8:
Transaktionaler und transformationaler Führungsstil
308
Abbildung III / 9:
Beziehungen zwischen charismatischem Führer und Geführten
310
Abbildung III / 10:
Einflussprozesse charismatischer Führung
312
Abbildung III / 11:
Schematisches Beispiel für einen Führungsstilquadranten
316
Abbildung III / 12:
Prozesse des Organisierens
324
Abbildung III / 13:
Lerntheoretischer Ansatz der Führung
329
Abbildung III / 14:
Sieben Schritte zur Superführung
334
Abbildung III / 15:
Geteilte Führung
339
In den vergangenen Jahren haben Anspruchsgruppen der Universität erheblich an Bedeutung gewonnen. Wurde noch vor einigen Jahren die kritische Distanz zur Praxis gepflegt, wird heute mit deutlich höherem Gewicht eine unmittelbare Vorbereitung auf den Beruf gefordert. Ausbildungskonzepte orientieren sich stärker an den Erwartungen der Studenten und derjenigen Institutionen, die Absolventen nach Abschluss des Studiums einstellen, insbesondere Unternehmen, Gewerkschaften und staatliche Institutionen. Dabei spielt die Berufsvorbereitung als Maßstab eine große Rolle. Dieses Lehrbuch wird sich deshalb zunächst mit der Frage auseinandersetzen, in welcher Form es diesen Erwartungen gerecht werden will.
Vereinfacht wird hier davon ausgegangen, dass wirtschaftswissenschaftliche Universitätsstudenten später einmal Funktionen übernehmen, die im weitesten Sinne als Management bezeichnet werden können. Zukünftige Manager werden sich mit der Planung, Organisation und Durchführung von Arbeitsaufgaben befassen und dabei mit anderen Menschen kooperieren.
Im Folgenden werden zunächst Ansprüche skizziert, die überwiegend von Studenten und von der Praxis an eine wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung herangetragen werden. Anschließend soll der Frage nachgegangen werden, ob und inwieweit diese Erwartungen mit dem zukünftigen Arbeitsalltag der Absolventen übereinstimmen. Auf dieser Basis wird anschließend das Programm dieses Lehrbuchs vorgestellt.
Ansprüche von Studenten konkretisieren sich vor allem zu Beginn des Studiums in folgenden Fragestellungen:
Welche Qualifikationen werden von der Praxis erwartet?
Können diese Qualifikationen überhaupt an der Universität vermittelt werden?
Wird das vermittelte Fachwissen eng an den antizipierten Anforderungen der Praxis orientiert?
Vermittelt die Universität weitere praxisrelevante Voraussetzungen für die nachuniversitäre Karriere (z.B. Sprachausbildung, Auslandsaufenthalte, Praktika)?
Worin unterscheiden sich Universitäten (welches Profil weisen sie auf)?
Sind Fachhochschulen und Akademien Universitäten vorzuziehen und aus welchen Gründen?
Entsprechend wird auch erwartet, dass der Abschluss ohne größere Umwege erreicht werden kann und dass ein klarer Studienaufbau sowie eine transparente Prüfungsordnung vorhanden sind. Schließlich sollen die Professoren geeignet sein, Fachwissen didaktisch gut zu vermitteln.
Bemühungen, die Dienstleistungsqualität der Universitäten zu verbessern, haben entsprechend dazu geführt, dass Studienordnungen gestrafft, Prüfungsordnungen international angeglichen, die Organisation eines Auslandsaufenthaltes institutionalisiert und Praxiskontakte intensiviert werden.
Den klaren Erwartungshaltungen an die Form der universitären Ausbildung stehen allerdings oft nur vage Vorstellungen von Inhalten gegenüber. Es erscheint wenig überraschend, dass Studenten am Anfang ihres Studiums kaum etwas über wirtschaftswissenschaftliche Problemstellungen und Lösungsentwürfe wissen. Allerdings haben Studenten in der Regel auch wenig konkrete Vorstellungen von der zukünftigen Praxis, deren starke Berücksichtigung sie im Rahmen der Ausbildung erwarten. Und schließlich sind Perspektiven über die eigene praktische Tätigkeit nach Abschluss des Studiums ebenfalls von einer gewissen Unschärfe geprägt. Viele Studenten gehen davon aus, dass das wirtschaftswissenschaftliche Hochschulstudium eine recht breite Ausbildung vorsieht, die es im Laufe des Studiums erlaubt, diese vagen Vorstellungen zu präzisieren und im Hinblick auf den späteren Beruf zu konkretisieren.
Die Wahl eines Studienfaches – so die naheliegende Schlussfolgerung – wird nicht nur über das inhaltliche Interesse, sondern auch durch das antizipierte Ergebnis gesteuert. Studenten fragen danach, ob ein Studium hilft, Erwartungen der später von ihnen angestrebten beruflichen Praxis zu erfüllen.
Was aber ist Praxis?
Leider gibt es »die« Praxis nicht. Sie ist vielfältig und verändert sich permanent. Kein Unternehmen gleicht dem anderen. Die Aufgaben sind im Dienstleistungsbereich anders als in der Produktion, verändern sich im Werkzeugmaschinenbau und in der Automobilindustrie schneller als in Behörden; aber auch dort sind unverkennbar Umbrüche zu verzeichnen.
Auch die Funktionen in den Unternehmen verändern sich ständig. Konnte man beispielsweise bis in die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts mit gutem Gewissen das Studium der Personalwirtschaftslehre als Vorbereitung auf eine Tätigkeit in der Personalabteilung der Unternehmen empfehlen, ist dies heute nicht mehr umstandslos möglich. Einerseits werden Personalabteilungen zu »Business Partnern« hochstilisiert, andererseits aber auch verkleinert, dezentralisiert oder gar ausgelagert. Dafür wird von allen Führungskräften nun erwartet, dass sie immer mehr personalwirtschaftliche Aufgaben übernehmen, wie z.B. die Ermittlung des Personalbedarfs sowie Auswahl, Entwicklung und Einsatz des Personals. Darüber hinaus sollen sie die Mitarbeiter motivieren und führen.
Welche Ansprüche hat also die jeweilige Praxis an Absolventen?
Unternehmen erwarten, dass Hochschulabsolventen über Fachwissen verfügen, gleichgültig, ob sie in der Personal- oder Organisationsabteilung eingesetzt werden oder ob sie als Führungskräfte personalwirtschaftliche Aufgaben erfüllen. Aber dieses Fachwissen darf sich nicht auf eine bestimmte Branche oder gar einzelne Unternehmen beziehen, da dies die Einsetzbarkeit der Absolventen einschränkt. Die universitäre Ausbildung darf nicht Wissen vermitteln, das sich auf aktuelle Praxis bezieht und damit bei Erreichen des Abschlusses eventuell bereits veraltet ist. Vielmehr vermittelt die Universität Wissen, das auf zukünftige Tätigkeiten vorbereitet.
Gerade von Universitätsabsolventen erwarten Unternehmen über das Fachwissen hinaus innovative Beiträge zur Lösung bestehender und neuer Probleme. Fachwissen und praxisnahe Ausbildung stellen also nur eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung der universitären Ausbildung dar. Über das in der Zukunft anzupassende Fachwissen hinaus fordern Unternehmen offensichtlich weitere Qualifikationen, z.B. Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen. Diesem verbreiteten Wunsch steht allerdings die Schwierigkeit gegenüber, solche Erwartungen zu konkretisieren (vgl. Rynes et al. 2002). Was ist z.B. Sozialkompetenz? Hier ist zu konstatieren, dass sich Unternehmen nicht immer die Mühe machen, solche Schlagworte genauer zu definieren. Die Einstellung neuer Mitarbeiter erfolgt nicht immer nach vorher definierten Anforderungen und daraus abgeleiteten Qualifikationen, sondern Traditionen, Annahmen über den Menschen, Machtverhältnisse und die eigene Ausbildung sind »harte« Kriterien, nach denen Manager ihren Nachwuchs auswählen. Paradoxerweise sollen also Aufgaben in einer ungewissen Zukunft mit Hilfe derjenigen Eigenschaften oder Verhaltensweisen bewältigt werden, die die gegenwärtige Managergeneration für sinnvoll hält.
Insofern schließt sich der Kreis: Studenten erwarten eine praxisnahe Ausbildung für eine Praxis, die es noch nicht gibt. Unternehmen suchen für eine ungewisse Zukunft einerseits nach Qualifikationen, die gewohnte Routinen und Verhaltensweisen durchbrechen sollen, greifen aber bei der Auswahl von Nachwuchsmanagern gern auf »bewährte« Kriterien zurück. Wie kann die Universität diesen wechselseitigen »Praxisbezug« vermitteln?
Praxisbezug der Universität kann in einem wissenschaftsbezogenen Sinne bedeuten, dass, auf der Basis spezifischer Fragestellungen und Methoden, Wissen über Praxis systematisch erhoben wird und verallgemeinerungsfähig in die Ausbildung einfließt. Die wirtschaftswissenschaftliche Hochschulausbildung nutzt in diesem Fall ihr Wissen über Praxis, um ein Ausbildungsangebot zu machen. Dies beruht auf der Annahme, dass die mit wissenschaftlichen Methoden erhobenen Wissensbestände für eine schlecht strukturierte Zukunft Relevanz haben.
Wird z.B. die einschlägige Managementpresse betrachtet, so erscheint das Management von Organisationen als Inbegriff der Ideen und langfristigen Pläne, der Delegation und Kontrolle. Managern wird Erfolg zugeschrieben, wenn sie ihre Mitarbeiter für ein Ziel begeistern und sie motivieren, diese Visionen (Ziele, Strategien) in Pläne und Organisationsstrukturen übersetzen und die Einhaltung dieser Pläne kontrollieren. Sie sollen gleichzeitig nach neuen Produkten oder Dienstleistungen suchen (lassen), die dann erneut zum Erfolg der Unternehmung beitragen.
Dieses Bild wird allerdings nicht immer bestätigt, wenn in empirischen Untersuchungen der Arbeitsalltag von Managern betrachtet wird. Bereits eine frühe Untersuchung von Mintzberg (1973) – der Klassiker unter den Managerstudien – kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Funktionsbeschreibungen von Managern um »Folklore« handelt. Tatsächlich bewegen sich Manager unter höchst unsicheren Verhältnissen, gestaltet sich ihr Arbeitsalltag als kurzzyklisch, fragmentarisch und abwechslungsreich. Manager verfügen häufig nur über vage, spekulative Informationsbasen. Sie bevorzugen die mündliche Kommunikation, um ihre Entscheidungen im Austausch mit anderen Personen zu validieren und sind darauf angewiesen, dass ihnen zur Entscheidungsunterstützung formal aufbereitete Informationen zur Verfügung stehen, die ihren Entscheidungen Sinn verleihen.
Aus diesen Verhaltensbeschreibungen wird geschlossen, dass Manager über ein Rollenset verfügen, das sich wie folgt kategorisieren lässt (vgl. Schirmer 2004, 816ff.):
Interpersonelle Rolle:
Manager werden von innen und außen als Repräsentanten ihrer Organisation interpretiert und erfüllen damit verbundene Pflichten. Sie halten Reden, vertreten die Unternehmung nach außen und erfüllen Integrationsfunktionen nach innen. Es wird von ihnen erwartet, dass sie Mitarbeiter motivieren, anleiten und kontrollieren. Sie sollen in der Lage sein, geeignetes Personal auszuwählen und zu entwickeln. Als Koordinatoren bauen sie interne und externe Kontakte auf und pflegen sie auf formeller, aber auch auf informeller Ebene.
Informationelle Rolle:
Der Manager ist als Informationssammler und -verteiler tätig. Ständig sucht und empfängt der Manager Informationen, die ihm helfen, die Unsicherheit und die Komplexität, in der er sich befindet, zu reduzieren. Gleichzeitig beeinflusst und konstituiert der Manager aber auch die Situation, indem er bestimmte Informationen weitergibt, Anweisungen erteilt etc. Als Sprecher gibt der Manager Informationen über die Pläne, Maßnahmen und Ergebnisse der Organisation weiter und verleiht ihnen damit ihren offiziellen Charakter.
Entscheidungsrolle:
Als Unternehmer sucht der Manager innerhalb und außerhalb der Organisation nach Chancen zu Innovation und Wandel und leitet Projekte ein. Als Krisenmanager muss er sich mit den (tag)täglichen Störungen des betrieblichen Leistungsprozesses auseinandersetzen und das Unerwartete und Nicht-Geplante häufig ad hoc berücksichtigen. Manager weisen Ressourcen zu. Hier geht es um Entscheidungen, welche Abteilung welche Finanzmittel und personelle oder sachliche Ausstattung zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhält. Gleichzeitig wird damit Macht und Kontrolle demonstriert und perpetuiert. Als Verhandlungsführer tritt der Manager gegenüber Externen auf und verhandelt Modalitäten der Zusammenarbeit.
Studien zeigen, dass die Verteilung der Rollen je nach situativen Rahmenbedingungen variiert. Die Einschätzung aber, wonach Manager diese Vielzahl von Rollen bewältigen müssen, durchzieht die Managementforschung wie ein roter Faden (vgl. umfassend Schirmer 1992; 2004).
Wie aber schaffen es Manager, diese Rollen zu erfüllen? Über welche Qualifikationen müssen sie verfügen, um in diesem täglichen Strom von Ereignissen nicht unterzugehen? Hier sind in der Organisationstheorie und in der Managementliteratur eine Vielzahl von Erklärungsversuchen theoretisch entworfen und empirisch untersucht worden, und es soll an dieser Stelle auf nur wenige Beispiele verwiesen werden.
In dem von Kieser und Walgenbach (2010) geschriebenen Standardwerk »Organisation« wird auf ein Beispiel verwiesen, das eine bemerkenswerte Parallelität zwischen der Tätigkeit von Managern und der wissenschaftlichen Methodik des situativen Ansatzes der Organisationstheorie herausarbeitet:
»In einem Handelskonzern überlegt der Vorstand, ob die Effizienz durch eine Reorganisation verbessert werden kann. Die Vorstandsmitglieder haben den Eindruck, dass in den verschiedenen Tochterunternehmen im Laufe der Zeit unterschiedliche Organisationsstrukturen geschaffen wurden, ohne dass dies im Einzelnen sachlich begründet ist. In diesen Unterschieden sehen sie Hindernisse für eine einheitlicheKonzernführung. Da sie sich vor einer Entscheidung ihres Eindrucks vergewissern wollen, geben sie der Organisationsabteilung den Auftrag zu einer Organisationsanalyse. Sie soll feststellen, ob Unterschiede bestehen, ob sie sachlich gerechtfertigt sind, und Vorschläge zur Vereinheitlichung erarbeiten. Wenn nun eine solche Organisationsanalyse vorbereitet wird, müssen sich Organisatoren zunächst entscheiden, welche Aspekte sie in einer Ist-Analyse erfassen wollen. Damit stehen sie vor einem Konzeptualisierungsproblem. In der Regel nennen sie es nicht so, sondern sprechen von der Festlegung der Erhebungsinhalte oder der Gegenstände der Ist-Analyse« (zitiert nach Kieser/Walgenbach 2010, 69).
Es werden also nicht alle Aspekte oder Eigenschaften eines jeweils zu untersuchenden oder zu gestaltenden Phänomens betrachtet. Wer ernsthaft in Betracht zieht, alle Informationen eines Phänomens zu berücksichtigen, wird mit der Suche und Zusammenstellung der Informationen den größten Teil seiner Tätigkeit verbringen, ohne Hoffnung, jemals zu einem Abschluss zu gelangen. Es findet also immer eine Reduktion von Komplexität statt. Das Wesentliche ist vom Unwesentlichen zu unterscheiden.
Was aber ist das Wesentliche? Die Reduktion erfolgt nicht voraussetzungslos. Das Reduzieren von Komplexität ist mit einer Auswahl, einer nicht immer bewussten Selektivität verbunden. Um bei dem genannten Beispiel zu bleiben: Zwei Organisationsgestalter, die unabhängig voneinander den Auftrag zu einer Ist-Analyse erhalten, werden unterschiedliche Aspekte für wesentlich halten und betrachten sie in Abhängigkeit von ihren Grundannahmen über Organisationen, ihrer Ausbildung und ihren Erfahrungen. Dies erklärt, warum Manager in gleichen Branchen mit ähnlichen oder gleichen Produkten unterschiedliche Strukturen aufbauen und differierende Managementprozesse gestalten. Nicht anders geht es Wissenschaftlern in der Konzeptualisierung ihrer Fragestellungen:
»Aus diesem Zwang zur Auswahl heraus wird auch verständlich, warum Konzeptualisierungen der Organisationsstruktur verschiedener Autoren oft so unterschiedlich sind: Wenn sie auch prinzipiell gleiche Fragestellungen verfolgen, so gehen sie doch oft von unterschiedlichen Annahmen über die wichtigen Zusammenhänge aus und gelangen so auch zu unterschiedlichen Konzeptionen« (Kieser/Walgenbach 2010, 68).
Bezogen auf wissenschaftliche Tätigkeiten formulieren Kieser und Walgenbach, dass auch Wissenschaftler in der Bearbeitung eines Problems nicht alle Aspekte erfassen können, sondern die empirische Vielfalt zunächst reduzieren müssen, um zu gehaltvollen Aussagen zu kommen:
»In dieser Komplexitätsreduktion liegt die eigentliche Bedeutung wissenschaftlicher Analysen. Es geht nicht darum, die Realität in ihrer gesamten Vielfalt und Komplexität wiederzugeben, sondern das für die jeweils verfolgte Fragestellung Wesentliche soll in systematischer Weise herausgestellt werden« (Kieser/Walgenbach 2010, 68).
Weick (2011) beschreibt die Aufgabe der Komplexitätsreduktion und Selektivität – von anderen Grundannahmen ausgehend – recht ähnlich. Danach kann die Tätigkeit des Managers so verstanden werden, dass er in den Schwarm der Ereignisse »hineinstapft«, versucht, sie dem Zufall zu entreißen und ihnen Ordnung aufzuzwingen. Der Manager handelt im physischen Sinne innerhalb der Umwelt, beachtet einiges von ihr, übersieht vieles und verständigt sich mit anderen über das, was sie tun. Die Aufgabe des Managers besteht also darin, aus Chaos Ordnung zu schaffen, Ereignisse zu sortieren, in Serien anzuordnen und aufeinander zu beziehen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Menschen sich darin unterscheiden, wie sie das Chaos interpretieren, welche Ausschnitte sie sortieren und welche Ereignisse sie verbinden wollen. Deshalb verbringen Manager viel Zeit damit, darüber zu verhandeln, welche Ereignisse wie zu interpretieren und zu gestalten sind.
Was aber leitet Manager nun in dem Bestreben, Ordnung in das Chaos zu bringen? Manager – so eine Erklärung – verfügen über Schemata, die sie als Interpretationshilfen benutzen (vgl. Schirmer 1992, 137ff.). Diese Schemata werden als abgekürzte, verallgemeinerte und korrigierbare Gliederungen von Erfahrungen verstanden. Sie dienen als Bezugsrahmen für Handlung und Wahrnehmung. Manager verfügen mehr oder weniger differenziert über Theorien, die ihnen helfen, Ursachen und Wirkungen zu deuten, ihnen Sinn zu geben und dadurch ihr Verhalten zu stabilisieren. Manager unterscheiden sich z.B. darin, ob sie sich bei der Personalauswahl auf ihre Menschenkenntnis (die berühmte »Chemie«) oder auf elaborierte Testverfahren verlassen. Manager unterscheiden sich auch darin, ob sie ihre Mitarbeiter als Partner oder Untergebene interpretieren. Immer stehen dahinter bestimmte Grundannahmen und Erfahrungen, die zu Deutungsschemata gerinnen.
Diese Deutungsschemata sind als Navigatoren zuständig für die Erkundung, Auswahl und Modifikation von Ereignissen und helfen, den Alltagsprozess zu strukturieren. Manager legen sich bestimmte Erklärungen zurecht, unter welchen Bedingungen und Interventionen Mitarbeiter besonders engagiert arbeiten werden. Sie haben Vorstellungen darüber, ob Menschen eher materiell oder durch Zuwendung zu motivieren sind, ob Management bedeutet, die Sache gut zu beherrschen oder zwischen Menschen zu moderieren. Auf diese Weise erleben sie ihre Umwelt nicht passiv als objektive Realität, sondern durch ihr Verhalten gestalten sie ihre Umwelt. Auf diese Weise kann beobachtet werden, dass z.B. Manager, die misstrauisch ihre Umwelt kontrollieren, im Ergebnis Menschen vorfinden, die versuchen, sich der Kontrolle zu entziehen, was wieder mehr Kontrollaufwand nach sich zieht, sodass sich Annahmen des Managers selbsterfüllend bestätigen. Üblicherweise werden solche Konstrukte als Menschenbilder (vgl. Steinle/Ahlers 2004) oder auch als Bilder der Organisation (vgl. Morgan 2006) bezeichnet, von denen angenommen wird, dass sie das Handeln von Managern maßgeblich leiten.
Als Fazit kann festgehalten werden, dass Manager darauf angewiesen sind, Komplexität zu reduzieren und auf der Basis von Deutungsschemata eine Vielzahl von Rollen übernehmen. Die daraus resultierende Selektivität leitet über zu Instrumenten der Organisation des Manageralltags. Für die wirtschaftswissenschaftliche Hochschulausbildung bedeutet dies, zukünftige Manager in die Lage zu versetzen, Probleme in ihrem Kern zu erkennen, Ursachen und Wirkungen dieser Probleme zu analysieren und zu erklären sowie Lösungswege zu entwickeln. Im folgenden Kapitel werden dazu die in diesem Lehrbuch behandelten Theorien, Instrumente und Methoden vorgestellt.
In der Bearbeitung des ökonomischen Kerns verfügen auch Wissenschaftler über Schemata und entwickeln theoretische Erklärungsansätze. Es handelt sich hierbei um eine Vorgehensweise, in der ein Problemfeld unter einem bestimmten Blickwinkel betrachtet wird. Der Wissenschaftler nimmt diesen Blickwinkel zum Anlass, das Problemfeld auf eine spezifische Art zu definieren, zu ordnen und Aussagen zu diesem gedeuteten Gegenstandsbereich zusammenzustellen. Wissenschaftler greifen dann auf weitere Theorien zurück, um Teilprobleme zu bearbeiten und führen empirische Untersuchungen durch, um diese Erklärungsansätze zu überprüfen.
Die Personalwirtschaftslehre verfügt über mehrere solcher Schemata, die auch als »Theoriefamilien« oder »Theorieschulen« bezeichnet werden könnten. Dies ist kein Nachteil, da Studenten auf diese Weise lernen, dass ein Problem unter verschiedenen Blickwinkeln betrachtet wird und dass unterschiedliche Erklärungen von Ursachen und Wirkungen zu differenzierten Schlussfolgerungen oder Entscheidungen führen.
Solche Schemata bzw. Theoriefamilien werden in Kapitel I vorgestellt:
Verhaltenswissenschaftliche Orientierung:
Diese Perspektive in der Personalwirtschaftslehre befasst sich mit dem sozialen Handeln von Menschen in Organisationen. Es werden Theorien und empirische Befunde herangezogen, die – bezogen auf den ökonomischen Zweck von Unternehmen – Aussagen zur Verhaltenssteuerung ermöglichen sollen. Entsprechend wird das Problem der Verhaltenssteuerung beispielhaft in drei Theoriegruppen hinsichtlich des Verhaltens von Individuen, von Gruppen wie auch von Organisationen eingeteilt.
Neue Institutionenökonomie:
In diesem Ansatz stehen Verträge im Mittelpunkt. Beispielsweise wird in der Theorie der Verfügungsrechte danach gefragt, wie diese effizient gestaltet und dabei entstehende Kosten minimiert werden können. In der Principal-Agent-Theory wird z.B. danach gefragt, wie die Vertragsbeziehungen zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer so gestaltet werden können, dass das angestrebte Arbeitsergebnis erbracht und Kontroll- und Überwachungskosten minimiert werden. In der Transaktionskostentheorie werden Überlegungen angestellt, Transaktionskosten (z.B. Koordinationskosten) durch institutionelle Arrangements zu senken.
Strategieorientiertes Human Resource Management:
Hier wird davon ausgegangen, dass Wettbewerbsvorteile entstehen, wenn frühzeitig in Arbeitnehmer investiert wird, deren Kompetenzen wertvoll und selten sind sowie nicht kurzfristig vom Wettbewerber imitiert oder substituiert werden können. Personal wird hier nicht als Kostenfaktor, sondern als wertvolle Investition interpretiert. Innerhalb dieser Orientierung werden Methoden und Instrumente des Human Resource Management eng auf die Unternehmensstrategie abgestimmt, und es wird geprüft, ob die synergetische Abstimmung der Instrumente des Human Resource Management einen nachweisbaren Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten kann.
Ein Vergleich dieser Ansätze lässt systematisch erfahren, dass vor dem Hintergrund unterschiedlicher theoretischer Ansätze mit Hilfe verschiedener Methoden differenzierte Erkenntnisse gewonnen und daraus variierende Lösungen abgeleitet werden.
Die fachliche Ausbildung von wirtschaftswissenschaftlichen Studenten ist eine vordringliche Aufgabe der Universität, und die Annahme einer schnellen Veralterung dieses Wissens ist zu relativieren. Missverständnisse entstehen, wenn unter Fachwissen verstanden wird, dass das Handeln der Praxis via Universität an die Studenten weitergegeben und damit wieder in die Praxis zurücktransferiert werden soll (vgl. Nienhüser 1996, 48). Erfolgt dies als reiner Transfer, ist der Veralterungseffekt erheblich. Selbst bei vorsichtiger Schätzung dauert es Jahre, bis bestimmte Praxishandlungen in Monographien und Lehrbüchern Eingang gefunden haben, und eben so lange, bis der Ökonomiestudent dieses erworbene Wissen wieder in der Praxis einsetzen kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass solche Praxishandlungen dann überholt sind, ist hoch. Als Beispiel kann eine Vielzahl von Personalentwicklungsmaßnahmen herangezogen werden, die in der Praxis einige Zeit präferiert (z.B. Coaching, Neurolinguistisches Programmieren) und nach einigen Jahren durch »modernere« Maßnahmen abgelöst wurden. Fachkenntnisse müssen also anderer Natur sein, um berufliche Handlungskompetenz zu erzeugen.
In diesem Sinne wird im Rahmen der universitären Ausbildung eine Auswahl von Theorien und empirischen Untersuchungen angeboten, die als Fachwissen Bestand haben, eine sukzessive Weiterentwicklung erfahren und Instrumente zum Verständnis und zur Durchdringung von Praxis bereitstellen.
In diesem Lehrbuch sollen Fachkenntnisse vermittelt werden, die, bezogen auf personalwirtschaftliche Probleme, wissenschaftlich erhobene Erkenntnisse zusammenstellen:
Kapitel II beschäftigt sich mit der Personalbereitstellung, der Entwicklung, dem Einsatz und der Vergütung von Personal. Jedes Unternehmen benötigt zur Herstellung von Produkten und Dienstleistungen Arbeitnehmer. Hier wird danach gefragt, in welchen Quantitäten und mit welchen Qualifikationen Arbeitnehmer zu bestimmten Zeitpunkten und an bestimmten Orten benötigt werden. Sollen diese Arbeitnehmer auf dem externen Arbeitsmarkt beschafft oder mit Hilfe von Personalentwicklungsmaßnahmen auf zukünftige Aufgaben vorbereitet werden? Zeichnet sich ein Personalüberhang ab und wie kann dieser bewältigt werden? Ebenso erwarten Arbeitnehmer, dass mit der Aufnahme einer Tätigkeit bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sind. Hierzu zählen insbesondere eine Arbeitsgestaltung, die keine Beeinträchtigung der Gesundheit zur Folge hat, sowie interessante, abwechslungsreiche Tätigkeiten, die persönliche Entwicklungschancen bieten. Dazu gehören auch die materielle und immaterielle Entlohnung. Entsprechend werden in diesem Kapitel Themen behandelt wie z.B. Instrumente der Personalbeschaffung, des Personalabbaus und der Entwicklung von Personal sowie Grundlagen der Arbeitsorganisation und des Entgelts.
Kapitel III befasst sich mit der Transformation von Potenzial in Leistung. Die Grundannahme lautet hier, dass das Leistungsspektrum von Arbeitnehmern in gewissen Grenzen variabel und beeinflussbar ist. So wird im Rahmen der Leistungsmotivationstheorien nach Erkenntnissen gesucht, ob und in welcher Weise ein Zusammenhang zwischen der Befriedigung bestimmter Bedürfnisse von Arbeitnehmern und der Ergiebigkeit von Leistung besteht. Im Rahmen der Führungstheorien wird reflektiert, ob bestimmte Eigenschaften oder Verhaltensweisen von Führungskräften das Verhalten von Arbeitnehmern beeinflussen. Entsprechend werden in diesem Kapitel Theorien und empirische Befunde zu Fragen der Leistungsmotivation und der Mitarbeiterführung vorgestellt.
Theoretische Erkenntnisse und darauf bezogene empirische Befunde lassen sich nicht unmittelbar auf die Praxis anwenden, dazu sind sie zu abstrakt. Sie erschließen aber die Struktur des Problems in systematischer Weise und bereiten damit den Boden für die selektive Suche nach neuen Lösungen.
Im Rahmen dieses Lehrbuches sollen Studenten auch erkennen, dass in der Praxis zweckrationale Kalküle nicht immer die Regel darstellen und dass deshalb den erlernten Instrumenten eine initiierende, inspirierende oder kritische Funktion zukommt (vgl. Rynes et al. 2002). Um hier nur wenige Beispiele zu nennen:
Im Bereich der Personalentwicklung gehört es zum Standardrepertoire der universitären Ausbildung, dass Personalentwicklungsmaßnahmen zunächst eine Bedarfsprüfung erfordern. Es werden Methoden vermittelt, wie der Bedarf erhoben werden kann, welche Personalentwicklungsmaßnahmen geeignet sind, um bestimmte Wissenslücken in adäquater Form zu schließen und wie der Lernerfolg anschließend zu ermitteln bzw. zu kontrollieren ist. In der Praxis werden Personalentwicklungsmaßnahmen aber nach anderen Kriterien geplant und durchgeführt. Hier spielen z.B. Budgets und ihre Ausweitung eine Rolle, wird Bewährtes wiederholt, oder es werden bestimmte Gruppen bevorzugt (z.B. Führungsnachwuchskräfte).
Auch die Vermittlung von Instrumenten der Leistungsbeurteilung konzentriert sich auf die Frage, welche Verfahren für welchen Zweck geeignet, welche methodischen Probleme zu beachten sind und welche Wahrnehmungsfehler auftreten können. In der Praxis wird aber Leistung häufig mit Verfahren erhoben, die aufgrund methodischer Unzulänglichkeiten ihren Zweck kaum erfüllen können.
An diesen und weiteren Beispielen wird in diesem Lehrbuch gezeigt, dass es sinnvoll ist, Praxis zu reflektieren, an Theorien zu spiegeln und Alternativen zu erörtern. Studenten können lernen, dass Praxis situativen Zwängen ausgesetzt ist, die sich der zweckrationalen Logik wirtschaftswissenschaftlicher Kalküle entziehen. Umgekehrt soll erfahrbar gemacht werden, wie unmittelbar die Ökonomie vor sozialen Erwartungen dominiert (z.B. bei Personalabbau).
Wie aufgezeigt, wird insbesondere von Managern erwartet, dass sie in der Lage sind, Probleme zu identifizieren, ihre Komplexität zu reduzieren und einer möglichst sachgerechten Lösung zuzuführen.
Entsprechend werden Methoden vermittelt, um die erworbene Wissensbasis immer wieder zu modifizieren oder neu herzustellen und diese Methoden in der tagtäglichen Entscheidungsfindung anzuwenden. Wissenschaftliches Denken und Arbeiten schult methodisch diese Form der Problembewältigung und des Managements von Wissen. Ausgebildet werden Absolventen, die die Fähigkeit besitzen, Probleme zu erkennen, zu strukturieren, Wissensbasen heranzuziehen und mit Betroffenen und Beteiligten Lösungen zu erarbeiten.
Was aber ist das Spezifische der wissenschaftlichen Bearbeitung von Problemen, wo liegt der Unterschied zwischen dieser Bearbeitung und der Erschließung von Wissen durch andere Berufsgruppen, und wie können wir die Qualität dieses Wissens beurteilen?
Wer regelmäßig Nachrichten im Fernsehen verfolgt, wird feststellen, dass wirtschaftliche Problemlagen häufig nach einem bestimmten Muster vorgestellt werden. Ein Journalist stellt die Fakten zusammen und liefert Bildmaterial, Zahlen und Erläuterungen. Passanten auf der Straße werden um ihre Meinung gebeten. Experten (Branche, Börse, Banken, Institute) kommentieren das Geschehen. Manchmal werden Wissenschaftler gebeten, die Lage zu erläutern.
Damit sind bereits wesentliche Unterschiede in der Informationsbereitstellung angedeutet. Journalisten beschreiben und sammeln Fakten. Sie bringen Informationen auf den Punkt. Die Befragung von Experten erbringt weitere Informationen, aber wir ahnen, dass der Börsianer, der Banker oder der Vertreter der Automobillobby eine eher spezifische interessenbezogene Sicht der Dinge aufweist. Auch die befragten Passanten verfügen über reichhaltiges aber meist individuell gefärbtes Wissen.
Die Beschreibungen, Meinungen und Kommentare können jeweils angemessen und zutreffend sein, aber der Wissenschaftler wird versuchen, eher generelle Erklärungen im Hinblick auf die Ursachen dieses wirtschaftlichen Ereignisses vorzustellen. Er prüft, ob diese Erklärungen die tatsächlichen Ursachen benennen und über die jeweils interessenbezogene und individuelle Bezugnahme hinaus Gültigkeit aufweisen.
Wissenschaftler entwickeln damit Theorien über mögliche Ursachen für ein Problem und überprüfen diese Theorien mit in der Wissenschaft akzeptierten Methoden. Diese Untersuchungen können nachvollzogen, überprüft und modifiziert oder verworfen werden. Während also bestimmte Erklärungen von Experten und Passanten als plausibel und selbstverständlich angesehen werden und das tägliche Handeln leiten, stellen Wissenschaftler diese Annahmen ggf. in Frage und suchen nach allgemeingültigen, nicht von subjektiven Einstellungen und Erfahrungen geprägten Erklärungen für diese Phänomene.
Ein gutes Beispiel ist die weit verbreitete Annahme, dass Geld motiviert. Generationen von Managern waren der Ansicht, dass die Leistung umso mehr steigt, je enger das Einkommen an die Leistungsmenge geknüpft wird. Die Alltagsbeobachtung schien diese Annahmen zu bestätigen, und die Entlohnungsmodelle folgten diesem etablierten Wissen (z.B. Akkordlohn). Wissenschaftler versuchten nun, diese Annahmen zu überprüfen. Die Frage lautete, ist die Entlohnung wirklich das zentrale Instrument zur Motivation von Mitarbeitern?
Die wissenschaftlichen Untersuchungen zeigten allerdings überraschende Ergebnisse. Beispielsweise zeigte sich, dass Arbeitnehmer ihr Verhalten ändern, wenn ihnen interessante und abwechslungsreiche Arbeit angeboten wird. Sie wechseln zu solchen Arbeitsplätzen, auch wenn dies Lohneinbußen zur Folge hat. Ergänzende Studien identifizierten weitere wichtige Einflussgrößen der Motivation, wie z.B. soziale Beziehungen in Gruppen, Führungsstil und Kommunikation. Auch zeigten zusätzliche Studien, dass Arbeitnehmer unterschiedliche Bedürfnisse und Erwartungen an ihre Tätigkeit haben und leistungsorientierte Entlohnung die Motivation sogar absenken oder zerstören kann (vgl. ausführlich Kapitel III).
In all diesen Untersuchungen wird, methodisch gesehen, nach einem ähnlichen Muster vorgegangen. Im Hinblick auf das zu untersuchende Problem werden generelle Erklärungen für das Problem gesucht. Diese Theorien werden dann empirisch (z.B. Beobachtung, Experiment, Befragung) überprüft und als vorläufiges Wissen verbreitet. Die offene Darlegung des methodischen Vorgehens stellt sicher, dass andere Wissenschaftler diese Untersuchungen nachvollziehen, Schwachstellen identifizieren oder noch nicht bearbeitete Aspekte weiter verfolgen können.
Um Erklärungen für ein Problem zu gewinnen, wird danach gefragt, welche Ereignisse oder Faktoren (meist Variablen genannt) für das Problem relevant sind und ob sich Ursachen für ein Problem aus den Beziehungen zwischen den Variablen ableiten lassen. Deshalb ist es häufig nicht notwendig, alle beobachtbaren Faktoren in einer wissenschaftlichen Untersuchung zu erheben. Vielmehr konzentrieren sich die meisten Wissenschaftler auf das Wesentliche in diesen Beziehungen und lassen weitere, für das Problem nicht relevante Informationen unberücksichtigt. Es kommt also lediglich darauf an, relevante Variablen zu identifizieren und ihre Zusammenhänge zu analysieren, wenn man Ursachen eines Problems verstehen will.
Diese Zusammenhänge können sich z.B. als Verhältnis von unabhängigen und abhängigen Variablen darstellen. Beispielsweise wollen wir wissen, ob der Karriereerfolg von Führungskräften (abhängige Variable) Unterschiede im Hinblick auf unterschiedliche Personalauswahlverfahren (unabhängige Variable) aufweist. In ähnlicher Weise könnte nach Zusammenhängen zwischen Persönlichkeitseigenschaften und Leistung und nach Beziehungen zwischen Arbeitsgestaltung und Zufriedenheit gesucht werden. Diese Beziehungen können sich aber auch als Abfolge von identifizierbaren Prozessen erweisen, bspw. wenn untersucht wird, ob sich in Veränderungsprozessen bestimmte Muster im Prozessverlauf identifizieren lassen.
Wenn also ein Problem neu ist, nicht verstanden wird oder Erklärungen für dieses Problem noch nicht hinreichend sind, stellen Wissenschaftler Fragen nach Faktoren und ihren Beziehungen (vgl. Whetten 1989; Bacharach 1989; Ridder/Hoon 2009; Ridder et al. 2009):
Welche Faktoren (Variablen) sind für die Erklärung des Problems relevant? Es werden nur diejenigen Faktoren erhoben, die für das Problem von Bedeutung sind.
Gibt es Beziehungen zwischen diesen Faktoren, und wie sind diese Beziehungen konzeptionell darstellbar? Häufig werden hier Modelle vorgestellt, in denen Pfeile die Beziehungen zwischen den Faktoren symbolisieren.
Wie können diese Beziehungen erklärt werden? Hier erarbeiten Wissenschaftler Erklärungen im Hinblick auf mögliche Ursachen für diese Beziehungen.
Gibt es im Hinblick auf den Geltungsbereich Begrenzungen? Hier wird geprüft, ob die Erklärung eingeschränkt werden muss, z.B. im Hinblick auf Ort und Zeit.
Haben Wissenschaftler im Hinblick auf ein Phänomen die relevanten Faktoren identifiziert und Beziehungen zwischen diesen Faktoren festgestellt, enthält die Theorie die Erklärung des Phänomens für einen bestimmten Gültigkeitsraum. Diese Theorien gewinnen umso mehr an Glaubwürdigkeit, wenn sie mit anerkannten Methoden der empirischen Forschung getestet werden (vgl. umfassend Nienhüser/Krins 2005).
Wissenschaft stellt also in erster Linie die Frage »Warum ist das so?«. Das Denken in theoretischen Kategorien fördert, die Realität problembezogen zu erfassen, nach Beziehungen zu suchen, sie zu verstehen und unter Berücksichtigung von Rahmenbedingungen erwartete Effekte zu antizipieren. Auf diese Weise entsteht die Fähigkeit, die notwendige Ordnung in den Strom der Ereignisse hineinzubringen. Erst wenn diese Fragen vernünftig bearbeitet werden, lässt sich die Frage nach dem »Wie kann gestaltet werden?« beantworten. Erst aus den Erklärungen lassen sich in der Gestaltungsabsicht alternative Instrumente als Vorbereitung zur Erörterung von Lösungen ableiten. Hier ist die Verbindung zwischen der beruflichen Relevanz und dem Erkenntnisaspekt offensichtlich. Wichtige Entscheidungen zu treffen, ohne Ursachen, Zusammenhänge und Wirkungen zu kennen, dürfte ein wesentlicher Grund für eine Vielzahl von nicht antizipierten Folgeproblemen in den Unternehmen sein.
Das methodisch disziplinierte Forschen nach Ursachen ist erlernbar. Studenten lernen in der Universität ein Problem zu identifizieren, systematisch Wissen heranzuziehen, Problemlösungen zu entwerfen sowie diese Problemlösungen der Kritik zu unterziehen. Die Einübung dieser Methodik ist von Bedeutung, da das spätere Berufsfeld strukturähnliche Erwartungen an den Absolventen hat. Beabsichtigt wird zweierlei: Studenten erfahren einerseits, dass ein Problem aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden kann, andererseits aber auch, dass mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Methoden recht differierende Ergebnisse erreicht werden können. Die Organisation der Erkenntnisgewinnung hat damit einen unmittelbar beruflichen Aspekt.
In der Bearbeitung personalwirtschaftlicher Problemstellungen folgt die Personalwirtschaftslehre dabei häufig einem ökonomischen Denkmodell, das in der Regel ein Muster wie in Abbildung 1 aufweist (vgl. exemplarisch Kossbiel/Spengler 1997).
Abbildung I: Ökonomisches Denkmodell
Kontrovers wird allerdings diskutiert, ob die Bearbeitung dieser Problemfelder auf der Basis eines theoretischen Ansatzes mit einem einheitlichen Methodenkanon vorgenommen werden soll oder ob Problemfelder die Auswahl der Theorieansätze und Methoden steuern (vgl. Grieger 2004).
Bezogen auf personalwirtschaftliche Probleme wird in diesem Lehrbuch das Theorienspektrum genutzt, welches geeignet ist, personalwirtschaftliche Problemfelder zu durchschauen und die Theorieentwicklung von dieser Ausgangsbasis her voranzutreiben (vgl. auch Weber 1996, 282; ähnlich Kossbiel/Spengler 1997, 55ff.; Weibler 1996; Ridder 2002; Weber/Kabst 2004). Die Personalwirtschaftslehre definiert in diesem Verständnis ein praxisrelevantes Problem und zieht personalwirtschaftliche Erkenntnisse heran. Liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor, wird auf weitere Grundlagendisziplinen zurückgegriffen, z.B. auf die Psychologie, die Soziologie, die Arbeitswissenschaften.
Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin, dass im Hinblick auf Problemfelder eine größere Vielfalt an Erkenntnissen und Problemlösungen herangezogen werden kann. Als Nachteil muss gewertet werden, dass sich Vorstellungen über die Einheitlichkeit eines personalwirtschaftlichen Faches mit einem feststehenden Forschungsgegenstand und einheitlich geltenden Methoden nur sehr langfristig realisieren lassen.
Ausgangspunkt der Personalwirtschaftslehre wird damit aber nicht die Arbeitswissenschaft, die Soziologie, die Sozialpsychologie oder die Neue Institutionenökonomie, sondern diese wie andere Disziplinen gehen durch das »Nadelöhr« eines personalwirtschaftlichen Filters. Ihre Verwendung entwickelt sich mit der praktischen Relevanz für die menschliche Arbeitsleistung. Diese Disziplinen bleiben solange relevant, wie vermutet wird, dass sie personalwirtschaftliche Phänomene erklären oder helfen, Probleme zu lösen.
In diesem Buch wird davon ausgegangen, dass das wirtschaftswissenschaftliche Studium auf Funktionen vorbereitet, die im weitesten Sinne als Management bezeichnet werden können. Zukünftige Manager werden sich mit der Planung, Organisation und Durchführung von Arbeitsaufgaben befassen und dabei mit anderen Menschen kooperieren. Manager müssen eine Vielzahl von Rollen bewältigen und in der Lage sein, Probleme in ihrem Kern zu erkennen, Ursachen und Wirkungen dieser Probleme zu analysieren und zu erklären sowie Lösungswege zu entwickeln.
Die Hochschulausbildung soll zukünftige Manager in die Lage versetzen, in der Heterogenität des Arbeitsalltags und der Veränderungsgeschwindigkeit der Problemlagen das jeweils Wesentliche zu erfassen und mit Hilfe angemessener Methoden zu innovativen Lösungen beizutragen. Die Möglichkeiten der wirtschaftswissenschaftlichen Hochschulausbildung wurden auf drei Ebenen diskutiert:
Auf der Ebene der Theoriebildung wurde herausgearbeitet, dass der Manageralltag durch die Herausbildung von Deutungsschemata vorbereitet werden kann, indem Reflexivität im Hinblick auf unterschiedliche Interpretationen durch die Vermittlung von Theoriefamilien ermöglicht wird. Unterschiedliche theoretische Ansätze schärfen das Bewusstsein für verschiedene Deutungsschemata. Sie bieten die Möglichkeit, bewusst ein handlungsleitendes Schema herauszubilden und andere Schemata zu berücksichtigen und auf ihren Erklärungsgehalt hin zu überprüfen.
Unter Fachwissen wird nicht Praxishandeln verstanden; vielmehr stellt es als universitärer Beitrag systematisch über Praxis erhobenes Wissen dar. Theoriegeleitetes Wissen kann als verallgemeinerungsfähige Einsicht in Praxis vermittelt werden oder innovative Beiträge im Hinblick auf die Veränderung von Praxis vorbereiten.
Die Verbindung zwischen der Organisation der beruflichen Zukunft und der Methode der wissenschaftlichen Vorgehensweise wurde als drittes Element behandelt. Hier geht es um die methodische Einübung in die Definition von Problemen, Suche nach Zusammenhängen, Ursachen bzw. Erklärungen oder Wirkungen und die Erarbeitung von neuen Verfahren zur Lösung von Problemen.
Die Verbreitung einer verhaltenswissenschaftlichen Perspektive innerhalb der Betriebswirtschaftslehre kann insbesondere durch die Etablierung der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre durch Heinen und seine Schüler verortet werden (vgl. hierzu Kupsch/Marr 1991, 731ff.). Diese kritisierten das bis in die siebziger Jahre insbesondere durch Gutenberg (1976) in der Betriebswirtschaftslehre verbreitete mechanistische Menschenbild. Dessen Grundlage war die Optimierung der Arbeitsproduktivität durch Anwendung einer effizienten Arbeitsmethodik, Gestaltung des Arbeitsplatzes nach physiologischen Gesichtspunkten und »Motivation« des Arbeitnehmers durch Leistungsentlohnung. Diese Kriterien charakterisieren »... den arbeitenden Menschen lediglich als Gehilfen (Instrument) für die Bedienung von Maschinen, der selbst maschinen-ähnliche Eigenschaften aufweist« (Kupsch/Marr 1991, 731). Auf diese Weise wurde die Ergiebigkeit menschlicher Leistung an überwiegend körperliche und daran angepasste technische Voraussetzungen geknüpft und die Beweggründe des Arbeitsverhaltens entweder nicht thematisiert oder über die Lohnzahlung begründet. Der Erklärungsbeitrag der Personalwirtschaftslehre konnte damit als vergleichsweise bescheiden angesehen werden und befand sich in der Domäne der Arbeitswissenschaft. Die notwendige Begründung der Anpassung menschlicher Arbeitsleistung an neue Formen der Arbeitsorganisation konnte nicht geleistet werden und erfolgte durch die Integration soziologischer und psychologischer Theorien:
»Ein in erster Linie auf monetäre Anreize gerichtetes Modell bildet keine ausreichende Grundlage für die Lösung personalwirtschaftlicher Probleme, weil es psychologische und soziologische Determinanten des Arbeitsverhaltens weitgehend ausklammert« (Kupsch/Marr 1991, 732).
Wird also die Ergiebigkeit menschlicher Arbeitsleistung genauer betrachtet und gegebenenfalls in Handlungsempfehlungen überführt, sind Kenntnisse über den Faktor »Arbeit« zu vertiefen und insbesondere um psychologische und soziologische Erkenntnisse zu erweitern. Das in Anlehnung an die Anreiz-Beitrags-Theorie von Kupsch und Marr vorgestellte sozialwissenschaftliche Grundmodell der Personalwirtschaft hebt entsprechend das Entscheidungsverhalten des Menschen hervor:
»Die neuere Betriebswirtschaftslehre stellt mit der Betonung des Entscheidungsverhaltens den Menschen in den Mittelpunkt. Seine Verhaltensweisen erklären sich aus den sozialen Beziehungen innerhalb der Organisation und aus seinen subjektiven Bedürfnissen und Wertvorstellungen. Das Verhalten des arbeitenden Menschen ist in diesem Sinne das Ergebnis von Verhandlungs-, Anpassungs-, Beeinflussungs-, Motivierungs- und Problemlösungsprozessen. Daher sollte ein sozialwissenschaftliches Grundmodell des arbeitenden Menschen als Basis für personalwirtschaftliche Entscheidungen entwickelt werden. In dieses gilt es individualpsychologische, sozialpsychologische, soziologische und politologische Ansätze zu integrieren« (Kupsch/Marr 1991, 734; Hervorhebung im Original).
Soll sich also Personalwirtschaftslehre unter Verwendung von Erkenntnissen der Nachbardisziplinen auch auf die Steuerung des Verhaltens von Arbeitnehmern konzentrieren? Vertreter einer verhaltenswissenschaftlichen Orientierung treten dafür ein, ein breiteres Theoriespektrum zu nutzen, um Erkenntnisse über Verhalten in Organisationen zu gewinnen.
Wenn also die Personalwirtschaftslehre die in der Praxis auffindbare Realität durch Beschreibung, Erklärung und gegebenenfalls Prognose (theoretisches Wissenschaftsziel) erforschen und damit die Grundlagen für eine Veränderung der Realität (pragmatisches Wissenschaftsziel) legen will, soll sie dieser Verhaltensseite mehr Aufmerksamkeit widmen. Die theoretische Basis der Personalwirtschaftslehre ist damit nicht eine Theoriefamilie; es wird vielmehr ein problemorientierter Zugang für die Personalwirtschaftslehre gewählt, wobei die Forderung erhoben wird, »... von dem Problemfeld der personalwirtschaftlichen Aufgabenfelder auszugehen, das gesamte Theoriespektrum zu nutzen, das hilfreich ist, diese Problemfelder zu durchschauen und die Theorieentwicklung von dieser Ausgangsbasis her voranzutreiben« (Weber 1996, 282).
Als besonders geeignet zur Erklärung und Gestaltung von Realität wird das eher breite Spektrum der Verhaltenswissenschaften herausgestellt:
»Es wird hier die These vertreten, daß das breite Theoriespektrum der Verhaltenswissenschaften eine geeignete Basis für die theoretische Fundierung der ... personalwirtschaftlichen Problemfelder darstellt« (Weber 1996, 282).
Entsprechend könnte argumentiert werden, dass in einem zweiten pragmatischen Schritt die Steuerung des Verhaltens von Arbeitnehmern Kenntnisse über verhaltenswissenschaftliche Grundlagen voraussetzt. Eine Personalwirtschaftslehre, die Gestaltungswissen in diesem Bereich anbieten will, müsste entsprechende Verhaltenstheorien berücksichtigen.
Staehle definiert unter Verhaltenswissenschaften diejenige Teilmenge von Sozialwissenschaften, die sich mit dem sozialen Handeln in und von gesellschaftlichen Institutionen befasst (vgl. Staehle 1999, 149ff.). Dies sind in erster Linie die Psychologie, die Soziologie, Anthropologie und Ethnologie. Im angelsächsischen Bereich wird unterschieden in »Macro Behavior« und »Micro Behavior«. Unter »Macro Behavior« wird das Verhalten von Organisationen (im Sinne von Organisationssoziologie) verstanden. »Micro Behavior« bezeichnet das Verhalten von Individuen und Gruppen und die damit zusammenhängenden Entscheidungs-, Motivations- und Führungsphänomene (im Sinne einer Organisationspsychologie).
Diese verhaltenswissenschaftlichen Theorien sind in unterschiedlichem Ausmaß seit den siebziger Jahren in die Personalwirtschaftslehre integriert worden und befassen sich »... mit der Erklärung, Prognose und Steuerung von Verhalten in und von Organisationen« (Staehle 1999, 152). Häufig wird dabei von der Verhaltensformel von Kurt Lewin ausgegangen, die Verhalten als Funktion von Person und Umwelt ausweist. Darauf aufbauend bieten sich verschiedene Analyseebenen der Beeinflussung menschlichen Verhaltens an. In diesem Kapitel wird der üblichen Einteilung in die drei Analyseebenen Individuum, Gruppe und Organisation gefolgt.
Es gibt eine Vielzahl von Annahmen über das menschliche Verhalten. Häufig wird davon ausgegangen, dass Motivationskräfte in Form von Bedürfnissen und Trieben, die sich unterhalb der Bewusstseinsschwelle befinden, die entscheidenden Determinanten des Verhaltens sind (vgl. zum Folgenden Bandura 1979, 13ff.). Es wird dann nach denjenigen Kräften des Individuums gesucht, die als Erklärung für Verhalten herangezogen werden können. Hierbei zeigen sich allerdings Grundprobleme in der Identifikation und Vorhersage von Verhalten, da diese Kräfte nicht beobachtbar sind, sondern nur geschlussfolgert werden können:
Die inneren Determinanten werden häufig aus dem Verhalten geschlossen, das sie angeblich verursachen. So werden z.B. Leistungsmotive aus dem Leistungsverhalten geschlossen, Machtmotive aus dominantem Verhalten.
Diese inneren Antriebe erzeugen auf der Basis unterschiedlicher Umweltbedingungen sehr verschiedene Verhaltensweisen. Entsprechend müssen diese inneren Verhaltensdeterminanten von außerordentlicher Komplexität sein.
Bandura zeigt am Beispiel der Tätigkeit des Lesens, dass Bedürfnisse oder Triebe als Erklärung dieses Verhaltens kaum Erkenntnisfortschritte auslösen. Zwar stellt Lesen für viele Menschen hochgradig motiviertes Verhalten dar, es wird viel Geld dafür ausgegeben, und es treten Entzugserscheinungen auf, wenn der Lesestoff ausgeht. Wenn aber vorher gesagt werden soll, was Leute lesen, wann und wie lange sie es tun, reicht die Betrachtung des Lesetriebs nicht aus. Stattdessen ist es notwendig, weitere Untersuchungskategorien zu berücksichtigen und z.B. Fragen zu stellen, welche Anreize vorangegangen sind oder welcher Nutzen von einem bestimmten Verhalten erwartet wird (vgl. Beckmann/Heckhausen 2010, 105ff.).
In entgegengesetzten Annahmen wird davon ausgegangen, dass es äußere Mechanismen sind, die menschliches Verhalten beeinflussen. Wenn also Menschen unter bestimmten Umweltreizen in immer gleicher Weise handeln, wird das Verhalten nicht dem Organismus, sondern den Umweltdeterminanten zugeschrieben. Dies würde allerdings bedeuten, dass Menschen passiv auf äußere Einflüsse reagieren. Es würde populären Darstellungen entsprechen, wonach der Mensch manipuliert werden könnte. Auch steht diese Theorie, nach der Menschen ihr Verhalten situationsspezifisch verändern, im Widerspruch zu der Beobachtung, dass Menschen Eigenschaften oder Dispositionen besitzen, die sie dazu veranlassen, sich über die Zeit unter wechselnden Umständen konsistent zu verhalten.
In seiner berühmt gewordenen Feldtheorie hat Kurt Lewin (1963, 177) diese beiden gegensätzlichen Positionen in seine Verhaltensformel integriert und die Erklärung des Verhaltens (V) sowohl auf die Person (P) als auch auf die Umwelt (U) bezogen:
Verhalten ist nach Lewin damit immer als Ergebnis der Person und der Umweltstimulation zu verstehen.
Unter »P« werden sowohl die Persönlichkeitsstruktur als auch Stimmungen, Gefühle und Bedürfnisse verstanden. Mit »U« werden andere Personen und das die Person umgebende soziale Gefüge bezeichnet. Offen blieb allerdings die Frage, in welcher Form diese beiden Einflussquellen bei der Verhaltensbestimmung miteinander interagieren, ob beispielsweise die Person einen größeren Einfluss hat als die Umwelt, beide Einflussgrößen ein gleiches Gewicht aufweisen oder die Umwelt dominiert. Bandura (1979, 19ff.) kritisiert deshalb in seiner Weiterentwicklung dieser theoretischen Grundlage diese Formel im Hinblick auf die im Klammerausdruck angelegte Unabhängigkeit von »P« und »U«, da dort beide getrennt auf das Verhalten einwirken. Tatsächlich ist diese angenommene Unabhängigkeit nicht gegeben, sondern die Faktoren stehen miteinander in Beziehung. Menschen beeinflussen durch ihr Handeln Umweltbedingungen, die dann in reziproker Weise wieder auf ihr Handeln zurückwirken; Erfahrungen im Zeitablauf verändern die Person und so weiter. Eine entsprechende Variation der Verhaltensformel könnte diesen interaktiven Zusammenhängen entsprechen und das Verhältnis formal wie folgt ausdrücken:
Hier wird berücksichtigt, dass Einflüsse zwischen Person und Umwelt in beide Richtungen wirken können. Die Person beeinflusst und verändert die Umwelt (andere Personen, die Organisation etc.), und entsprechend wird die Person von der Umwelt geprägt. Person und Umwelt erscheinen als interdependente Verhaltensursachen. Verhalten ist das Ergebnis dieser Beziehung.
Bandura selbst geht davon aus, dass Verhalten nicht lediglich das Ergebnis einer Interaktion von Person und Umwelt ist, sondern einerseits von Person und Umwelt beeinflusst wird, andererseits auch Person und Umwelt beeinflusst. Dieses Verhältnis kann formal in folgender Beziehung ausgedrückt werden:
Hier werden Verhalten, Persönlichkeits- und Umweltfaktoren als ineinander verschränkte Determinanten interpretiert:
»Diese interdependenten Faktoren üben ihre relativen Einflüsse je nach der Situation und Verhaltensweise aus. Es gibt Umstände, unter denen Umweltfaktoren dem Verhalten nachdrückliche Einschränkungen auferlegen, und es gibt andere Fälle, in denen die personalen Faktoren den Verlauf der Umweltereignisse entscheidend prägen« (Bandura 1979, 20).
Menschen werden somit weder durch innere Kräfte angetrieben noch von Umweltstimuli vorwärtsgestoßen. Es findet vielmehr eine ständige Wechselwirkung zwischen Person und Umwelt statt. Von elementaren Reflexen abgesehen sind Menschen nicht mit angeborenen Verhaltensrepertoires ausgestattet, sondern müssen diese lernen. Neue Reaktionsmuster können entweder durch unmittelbare Erfahrungen oder durch Beobachtung erworben werden. Zwar wirken sich genetische Bedingungen auch auf die Verhaltensmöglichkeiten aus, allerdings wird eine Dichotomie von erlerntem oder angeborenem Verhalten kaum noch vertreten. Vielmehr gilt heute, dass Erfahrung und Physiologie auf das vielfältigste miteinander interagieren und so das Verhalten bestimmen. Komplexe Verhaltensweisen treten nicht als einheitliche Verhaltensmuster auf, sondern werden durch die Integration vieler Teilaktivitäten unterschiedlichen Ursprungs geschaffen.
Unmittelbare Erfahrungen ergeben sich aus positiven und negativen Wirkungen, die Handlungen hervorrufen. Wenn Menschen sich mit alltäglichen Ereignissen auseinandersetzen, erweisen sich einige ihrer Reaktionen als erfolgreich und andere als weniger erfolgreich. Dieses Bekräftigungslernen ist allerdings kein mechanischer Prozess, in dem sich Reaktionen automatisch oder unbewusst vollziehen, sondern kraft ihrer Möglichkeit zu denken, also mit Hilfe ihrer kognitiven Fähigkeiten, sind Menschen in der Lage, von der Erfahrung differenzierten Gebrauch zu machen.
Auf der Basis dieser Verhaltensformel und ihrer Diskussion lässt sich das verhaltenstheoretische Spektrum der Ergiebigkeit von Arbeitsleistung diskutieren: Wird angenommen, dass das »U« eine wesentliche Verhaltensbeeinflussung aufweist, würde das Verhalten durch Organisations- und Arbeitsgestaltung beeinflussbar sein. Exakt vorgeschriebene Arbeitsabläufe und detaillierte Vorschriften würden die beabsichtigte Verhaltensrichtung und -ausprägung prädeterminieren. Allerdings wäre zu berücksichtigen, dass Arbeitnehmer ihr Verhalten auch bei Vorliegen extremer Umweltbeschränkungen situationsspezifisch anpassen und ihrerseits versuchen, durch ihr Verhalten die Umwelt zu verändern. Andererseits hat insbesondere das »P« eine Konzentration auf Bedürfnisse und Erwartungen der Arbeitnehmer ausgelöst. Die Denkhaltung ist hier so zu skizzieren, dass Verhaltensbeeinflussung durch Berücksichtigung von Motiven der Arbeitnehmer möglich ist.
Die Suche nach Beiträgen zur Erklärung des menschlichen Verhaltens fokussiert das Arbeitsverhalten von Arbeitnehmern in Organisationen. Diese Verengung ist wichtig, da in der Regel Arbeit nicht immer individualisiert durchgeführt wird, sondern in Gruppen erfolgt. Darüber hinaus wird das Arbeitsverhalten auch sehr stark von den Zielen und den Regeln beeinflusst, die eine Organisation aufstellt und deren Befolgung sie erwartet. Soll also Verhalten in Organisationen erklärt werden, sind die Ebenen des Individuums, der Gruppe und der Organisation zu berücksichtigen.
Diese Ordnung (vgl. insbesondere Staehle 1999, 162ff.; Weinert 2004) erlaubt nun die Einbeziehung von Motivations- und Führungstheorien auf der Ebene des Individuums, die Berücksichtigung von Theorien über das Verhalten in Gruppen und Theorien über das Verhalten in Organisationen.
Die Frage, was Menschen dazu bringen kann, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen, stellt quasi den Schlüssel zur Beeinflussung des Verhaltens dar und ist Gegenstand der Motivationsforschung (vgl. zum Folgenden Weinert 2004, 187ff.). Unter »Motiv« soll hier zunächst lediglich der Anlass oder die Ursache eines Verhaltens verstanden werden, das meist als Bedürfnis definiert wird (eine ausführliche Bearbeitung von Motiven und Motivationstheorien erfolgt in Kapitel III). Wenn es also gelingen könnte, die im Menschen vorhandenen Bedürfnisse zweifelsfrei zu identifizieren und an entsprechende Belohnungsstrukturen zu knüpfen, wäre es möglich, Verhalten entsprechend zu beeinflussen. Diese Grundannahme ist tief in uns verankert. Bereits als Kinder haben wir erfahren, dass Eltern unseren Wünschen und Bedürfnissen entsprechen, wenn ein bestimmtes (Wohl-)Verhalten gezeigt wurde, und diese Erfahrung setzt sich in Schule, Universität und Arbeitsleben fort. Bereits diese alltagstheoretischen Erkenntnisse geben Hinweise auf die Vielzahl von Möglichkeiten, diese Bedürfnisse zu befriedigen. Die einfache Annahme, dass Entgelt das wesentliche Motiv für die Aufnahme und Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses darstellt, war entsprechend zu differenzieren und gab Anlass, genauer nachzuforschen, welche Motive und Erwartungen Arbeitnehmer besitzen, um gegebenenfalls mit Hilfe von adäquaten Belohnungsstrukturen die Ergiebigkeit der Arbeitsleistung zu steigern.
Eine in der verhaltenswissenschaftlichen Personalwirtschaftslehre weit verbreitete Typologie unterscheidet Inhalts- und Prozesstheorien der Motivation:
Abbildung I / 1: Motivationsforschung
Inhaltstheorien: Diese Theoriegruppe geht davon aus, dass sich menschliche Motive klassifizieren und typologisieren lassen. Die bekanntesten Inhaltstheorien stellen die Motivationstheorien von Maslow (2003) und Herzberg et al. (1959/2005) dar. Maslow geht davon aus, dass sich die menschlichen Bedürfnisse fünf Bedürfnisklassen zuordnen lassen, die aufsteigend hierarchisch angeordnet sind. Hierbei handelt es sich um physiologische Bedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, soziale Bedürfnisse, Bedürfnisse nach Wertschätzung und Selbstverwirklichung. Maslow geht nun davon aus, dass die Motivation eines Menschen davon abhängig ist, auf welcher Stufe der Bedürfnispyramide er sich befindet. Erst wenn eine Bedürfnisebene befriedigt ist, gewinnt die nächste Stufe motivationale Kraft. Vereinfacht könnte argumentiert werden, dass höhere Bedürfnisse (z.B. soziale Bedürfnisse) erst dann verhaltenswirksam werden, wenn niedrigere Bedürfnisse (z.B. Sicherheitsbedürfnisse) befriedigt sind (vgl. hierzu kritisch Kapitel III). Bezogen auf den Arbeitsalltag müsste eine Organisation feststellen, auf welcher Bedürfnisstufe sich ein Individuum befindet, um entsprechende Anreizstrukturen anzubieten. Personen, deren physiologische Bedürfnisse und Sicherheitsbedürfnisse bereits über die Lohn-Gehaltszahlung befriedigt sind, könnten in diesem Verständnis nicht mehr über eine Entgelterhöhung motiviert werden, sondern die Organisation müsste soziale Anreize, (z.B. attraktive Gruppenarbeit, kooperativer Führungsstil) anbieten, um das Verhalten zu beeinflussen.
Das Konzept von Herzberg et al. (1959/2005) unterteilt in Motivatoren und Hygienefaktoren. Unter Motivatoren werden alle Beweggründe des Verhaltens verstanden, die sich unmittelbar auf die Arbeit selbst beziehen, z.B. Leistung, Anerkennung, Arbeitsinhalte, Verantwortung oder Karriere. Diese Motivatoren erzeugen nach Herzberg et al. Arbeitszufriedenheit und motivieren zu höherer Leistung. Unter Hygienefaktoren fassen Herzberg et al. alle mit der Arbeit verbundenen Rahmenbedingungen, z.B. Bezahlung, Führung oder Arbeitsbedingungen, zusammen. Diese Hygienefaktoren sind nicht in der Lage, Zufriedenheit und damit höhere Leistung zu bewirken, sondern ihre Erfüllung baut lediglich Unzufriedenheit ab. Die daraus resultierende Schlussfolgerung könnte lauten, dass Mitarbeiter nur dann zu höherer Leistung motiviert werden können, wenn die Arbeit selbst zufrieden stellt. Hingegen können die in Unternehmen üblichen monetären Belohnungsstrukturen lediglich dafür sorgen, dass keine Unzufriedenheit entsteht, ohne dass sich daraus eine gesteigerte Leistung, z.B. im Falle einer Lohnerhöhung, ergibt.
Prozesstheorien: Diese Theoriefamilie erweitert das Erklärungsspektrum der Motivationsforschung. Während Inhaltstheorien danach fragen, welche Ursachen und Anlässe das Verhalten beeinflussen, befassen sich Prozesstheorien mit dem Ablauf des Motivationsgeschehens. Die Grundstruktur dieser Theorien lässt sich auf die Begriffe »Erwartung« und »Wert« zurückführen (vgl. ausführlich Kapitel III). Danach würde sich das motivierte Verhalten eines Individuums wie in Abbildung I / 2 erklären lassen.
Abbildung I / 2: Grundstruktur der Erwartungs-Wert-Theorien
Zunächst würde unterstellt, dass ein Individuum vor Aufnahme einer Handlung rational prüft, ob die Folge einer Handlung eine hohe Attraktivität besitzt, also geeignet ist, ein Bedürfnis zu befriedigen oder einen Wunsch zu erfüllen. Beispielsweise würde ein Arbeitnehmer, der zu höherer Leistung aufgefordert wird, die Frage stellen, welche Belohnung dafür in Aussicht gestellt wird und ob diese für ihn attraktiv ist (Wert). In einem zweiten Schritt würde das Individuum kalkulieren, ob es zwischen der Handlung und der erwarteten attraktiven Belohnung überhaupt eine Beziehung gibt (Instrumentalität). Verspricht beispielsweise der Vorgesetzte als Folge einer Mehrleistung eine Beförderung, kalkuliert das Individuum, ob dieser auf Beförderungen überhaupt Einfluss nehmen kann, ob er in der Vergangenheit seine Versprechen eingehalten hat und so weiter. Schließlich kalkuliert das Individuum, ob es in der Lage ist, die geforderte Handlung durchzuführen (Erwartung). Der zur Mehrleistung aufgeforderte Arbeitnehmer könnte zwar der Belohnung einen hohen Wert zuweisen und eine enge Beziehung zwischen Handlung und Belohnung identifizieren, aber zu der subjektiven Einschätzung kommen, dass er nicht über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt und deshalb die Mehrleistung verweigern.
Erwartungs-Wert-Theorien gehören zu den Klassikern der Motivationsforschung (vgl. insbesondere Vroom 1964; Porter/Lawler 1968). Als wesentliche Stärke dieser Theoriefamilie wird angeführt, dass sie nicht nur den Aufbau der Motivation, sondern insbesondere die unterschiedlichen Reaktionen von Arbeitnehmern auf angebotene Anreize erhellen. Arbeitnehmer – so die Schlussfolgerung – verhalten sich unterschiedlich in Abhängigkeit
von der individuellen Attraktivität der Belohnungen für eine Handlung,