Perspektive Ewigkeit - Ronja Aselmann - E-Book

Perspektive Ewigkeit E-Book

Ronja Aselmann

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Beschreibung

"Am Ende wird alles gut - und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende." Dieser gut gemeinte Motivationsspruch beinhaltet Wahrheit, stößt jedoch in der Lebensrealität vieler Menschen oft genug an Grenzen. Nicht jede Situation, Lebenskrise, Erkrankung oder Herausforderung, die uns in unserem Leben begegnet, endet mit einem Happy End. Die Autoren wissen, wovon sie sprechen, und haben sich deshalb die Frage gestellt: Wie kann ein Leben in Fülle, wie es uns Jesus verheißen hat, angesichts von Weltschmerz und persönlichen Krisen aussehen? Die Antwort, die sie darauf gefunden haben, heißt: Perspektive Ewigkeit. Diese Perspektive kann heute in unserem Alltag in all seinen Facetten und in allen Lebensbereichen zum Lebensstil werden und uns eine tiefe, kraftvolle Hoffnung schenken.

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Seitenzahl: 214

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Über die Autoren

Ronja Aselmann ist Influencerin, Bloggerin, Mama, Referentin und Autorin.

Friedmund Aselmann ist Chef einer freien Autowerkstatt. Sein Herz brennt dafür, ehrliche, authentische und faire Leiterschaft nach dem Beispiel Jesu zu leben.

Die beiden leben mit ihren zwei kleinen Söhnen in der Nähe von Hannover.

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Die automatisierte Analyse des Werkes, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen gemäß § 44b UrhG („Text und Data Mining“) zu gewinnen, ist untersagt.

Die verwendeten Bibelverse sind in der Regel zitiert nach

Neues Leben. Die Bibel © der deutschen Ausgabe 2002/2006/2024, SCM R. Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH.

Wo dies nicht der Fall ist, ist die verwendete Übersetzung gekennzeichnet: Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Copyright © 2025 Gerth Medien

in der SCM Verlagsgruppe GmbH,

Berliner Ring 62, 35576 Wetzlar

Erschienen im August 2025

ISBN9783961227051

Umschlaggestaltung: Kathrin Spiegelberg, spika-design.de

Umschlagmotiv: Luna Albrecht, freudenschenker.de

Satz: satz-bau Leingärtner, Nabburg

www.gerth.de

Inhalt

Was zwischen den Büchern geschah

1. Leid – nichts für schwache Nerven

2. Alltag – mehr als die Sehnsucht nach dem Wochenende

3. Ehe – die (nahezu) perfekte Zweisamkeit

4. Freundschaft – allein ist viel zu wenig

5. Arbeit – herausgefordert zwischen Beruf und Berufung

6. Kinder – die beste Investition in die Zukunft

7. Bibel und Gemeinde – ein Zuhause für die Perspektive Ewigkeit

Was jetzt noch geschehen kann

Was zwischen den Büchern geschah

Ich heiße Ronja Aselmann, bin 30 Jahre alt, Ehefrau, Mama, Autorin und Referentin. Mein erstes Buch erschien 2021: Know your Season. Entdecke und lebe deine heutige Berufung.[1] Und nun schreiben wir schon 2025. Es ist viel passiert in dieser Zeit zwischen dem Buch, das vor vier Jahren erschienen ist, und diesem hier, welches du in deinen Händen hältst.

In meinem ersten Buch erzähle ich davon, wie ich zum Glauben kam und wie es für mich war, mit 21 Jahren junge Mama eines kranken Kindes zu werden. Es war eine Zeit, in der ich gekämpft und immer wieder mit Gott gerungen habe. Entstanden ist ein Bericht mit offenem Ende, denn vieles war damals noch nicht klar. Wir erlebten Krankheit in unserer Familie und ich hoffte auf ein Happy End. Doch das kam nicht.

Wieder einmal waren wir im Krankenhaus, wieder einmal kämpften wir um das Leben meines Kindes. Da lag mein Sohn, vier Jahre alt, und ich wartete darauf, dass er endlich einschlief. Andere Mamas hatten mir erzählt, dass Kinder, die eine Stammzelltransplantation bekommen und Chemotherapien durchleben müssen, viel schlafen. Aber mein Sohn schlief nicht … Seit Wochen waren wir nun im Krankenhaus. Meine Kraft wurde immer weniger, ich vermisste meine Familie, und die Sehnsucht nach zu Hause war riesengroß. Ich wünschte mir doch nur, dass mein Sohn für ein paar Stunden schlafen könnte! Ob ich dann selbst zur Ruhe gekommen wäre, weiß ich nicht. Ich wusste nur, dass das hier ein Albtraum war.

Unser Sohn Manoah kam schwer krank auf die Welt – mit einer chronischen Immunschwäche namens Neutropenie.[2] Diese Krankheit hat er von meinem Mann geerbt, der mit 19 Jahren an Leukämie erkrankte und damals ebenfalls eine Stammzelltransplantation brauchte.

Ich war 25 Jahre alt, als ich die bis dahin herausforderndste Zeit meines Lebens überstehen musste: Vier Jahre lang, seit mein Sohn auf der Welt war, war ich – gefühlt – wöchentlich mit ihm ins Krankenhaus gefahren, immer wieder blieb ich für Tage und Wochen mit ihm auf Station, und unsere Gemeinde betete und hoffte mit uns, dass er den jeweils aktuellen Infekt überleben würde. Doch die Medikamente schlugen einfach nicht an. Manoahs Immunsystem war so schwach, dass er kaum ein paar Wochen im Kindergarten hintereinander schaffte. Ständig waren wir isoliert, und nun hatten die Ärzte aufgrund der immer weiter fallenden Werte Sorge, dass er die nächste Erkältung nicht überleben würde.

Am 16. Juni 2020 saß ich unseren Ärzten gegenüber und sie sagten mir, dass sie Manoah auf die KMT-Liste setzen würden, als Kandidaten für eine Knochenmarktransplantation. Seine Werte waren von Geburt an zu schwankend und die aktuelle Dosis an Medikamenten viel zu hoch: Manoah brauchte eine Stammzelltransplantation. Was das bedeutete, wusste ich nicht so genau. Mein Mann hatte mit 19 Jahren dasselbe durchlebt, aber ich war zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre alt, „nur“ seine Freundin und gerade in den USA als Austauschschülerin.

Mein Sohn war so krank, dass ihn aus ärztlicher Sicht nur noch diese Transplantation retten konnte. Seit er drei Wochen alt war, bekam er jeden einzelnen Tag eine Spritze – salopp gesagt: ein funktionierendes Immunsystem für einen Tag. Trotzdem wurde er immer wieder krank und nahm teilweise wochenlang Antibiotika, sodass die Gefahr wuchs, dass das nächste Medikament nicht mehr anschlagen würde.

Ab Juni 2020 ging die Suche nach einem Knochenmarkspender los, und ich versuchte, mich innerlich darauf vorzubereiten. Kann man überhaupt eine Zeit planen, die man weder gestalten noch beeinflussen kann? Wir hatten in der Familie beide möglichen Ausgänge dieser Krankheit erlebt: einen Todesfall, aber auch Heilung bei Fritze, meinem Mann, den ich krebsfrei heiraten durfte.

Wie sollte ich nun diese Zeit des Wartens gestalten? Sollte ich so leben, als wäre es unsere letzte Zeit mit Manoah? Oder sollte ich sie in dem Wissen und Vertrauen angehen, dass ich in ein paar Monaten wieder gemütlich mit meiner Familie auf dem Sofa sitzen würde?

Wieder einmal war der Tod so nah! Und ich dachte neu über dieses Leben hier auf der Erde nach. Auf einmal waren die Dinge, die mir vorher so wichtig erschienen, unwichtig geworden. Ich war unruhig und gleichzeitig irgendwie auch nicht.

Ich glaube an Gott. Er gibt mir Hoffnung und Stärke. Ich lese regelmäßig die Bibel, bete und weiß, dass ich hier nur für eine kurze Zeit bin. Und ich bin davon überzeugt, dass am Ende alles gut wird. Es wird auch alles gut, und doch ist es in einer solch realen Situation eine Challenge, genau das bis ins Innerste zu spüren und zu merken.

Schließlich hatten wir einen Spender gefunden. Alles war für die Behandlung vorbereitet und wir waren mit dem Auto unterwegs ins Krankenhaus. Fritze fuhr, ich saß neben ihm und Manoah, unser vierjähriger Junge, saß hinten. Mit einem Mal weinte Manoah bitterlich: „Ich werde Timéo vermissen.“ (Das ist sein jüngerer Bruder.)„Warum kommt Timéo nicht mit uns mit?“ Nun begann auch ich, leise zu weinen. Ja, wir wussten nicht, ob die beiden jemals wieder zusammenkommen würden. Und ich hatte keine Ahnung, was mich in den nächsten Wochen erwarten würde.

Das alles passierte zur Zeit des zweiten Corona-Lockdowns, was als Konsequenz hatte, dass auch mein Mann und ich uns die nächsten zwei Monate nicht sehen würden. Ich war auf mich allein gestellt – diese Zeit mussten Manoah und ich irgendwie schaffen. Aber wir waren nicht allein. Viele Menschen gingen diesen Weg mit uns. Jeden Tag beteten sie für meinen Sohn, für mein Mamaherz und für meine Familie zu Hause. Wir wurden von unseren Familien mitgetragen und waren nicht allein. Und trotzdem standen mir viele Wochen bevor, in denen ich nur mit meinem Sohn zusammen im Zimmer war. Nur wir beide auf 16 Quadratmetern.

Ich versuchte, meine Tränen zurückzuhalten. Am Krankenhaus angekommen, gab ich meinem Mann einen Abschiedskuss und dachte nur noch: „Jetzt schnell reingehen, bevor ich hier in Tränen ausbreche.“ Wir machten noch ein Abschiedsfoto, dann ging ich. Doch ich ging nicht allein hinein, auch wenn das von außen so aussah.

Ich sagte ja schon, dass ich glaube. Ich glaube an Gott, und gerade in den schweren Situationen in meinem Leben wusste ich immer, dass er bei mir war. Ich war nie allein. Ich war froh, dass ich fest im Glauben stand, und wusste, was mich halten würde, wenn ich selbst keine Kraft mehr hätte und auch nichts mehr für mein Kind tun könnte.

Hast du solch einen Rückhalt in deinem Leben? Was gibt dir Kraft? Was gibt dir eine Perspektive, wenn deine Umstände perspektivlos sind? Wer oder was hält dich?

So war ich zwar ängstlich, aber ich fühlte mich gleichzeitig auch stark. Irgendwie war ich mir sicher, dass wir das packen würden. Die ersten Tage bewältigte ich ganz gut; es standen viele Untersuchungen an, keine davon tat meinem Sohn großartig weh. Wir hielten uns wacker. Insgeheim hoffte ich: Vielleicht wird alles gar nicht so schlimm und wir kommen da gut durch.

So ähnlich hatte ich auch damals vor Manoahs Geburt gedacht: In meiner ersten Schwangerschaft (die ja sehr überraschend kam) war ich recht überzeugt, dass sich viele Frauen bei der Geburt nur „anstellen“ würden. Es konnte doch nicht so schwer und schmerzhaft sein, ein Kind zur Welt zu bringen! Tja … meine Meinung änderte sich im Kreißsaal. Kennst du das? Du stehst vor einer Herausforderung und sprichst dir selbst zu: „Okay, komm, das wird schon irgendwie!“ Und wenn du mittendrin steckst, realisierst du, dass es doch nicht so einfach ist und du es völlig unterschätzt hast.

Es kam die erste OP. Weinend musste ich meinen Sohn abgeben. Das kannte ich schon. Doch ich merkte immer wieder, dass ich mich nie daran gewöhnen würde, egal wie oft ich diese Situation schon in meinem Leben durchgemacht hatte. Die ersten Tage vergingen, der Kampf blieb.

Das Verabreichen der Medikamente war schwer, ein psychischer Kampf. Irgendwann weinte ich, weil ich die Arznei selbst unter Druck nicht in meinen Sohn hineinbekam. Ich schmierte ihm die Medizin unter sein Marmeladenbrot. Erst war es nur ein bisschen, das funktionierte. Aber im Laufe der Zeit wurden es so viele Medikamente, dass er vier Brötchen hätte essen müssen, damit es ihm nicht aufgefallen wäre. Er wurde immer skeptischer und schließlich verweigerte er sein Frühstück ganz. Immerhin war er vier Jahre alt und durchschaute sehr wohl, dass ich versucht hatte, ihn auszutricksen. Ich stand verzweifelt vor den Ärzten und klagte: „Ich schaffe das nicht! Ich kann nachts nicht mehr schlafen, weil ich weiß, dass ich am nächsten Tag morgens, mittags, nachmittags und abends mein Kind so unter Druck setzen muss, ja ihm sogar drohen muss, damit er die wichtigen Medikamente einnimmt. Ich bin seine Mama. Ich will diese Rolle nicht übernehmen.“ Zwei Kampftage weiter und viele Tränen später legten die Ärzte Manoah endlich eine Magensonde.

Immer wieder kamen wir in ähnliche Situationen, in denen ich versuchte, positiv zu bleiben: „Das schaffen wir schon, so lange müssen wir gar nicht hierbleiben!“ Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich einen Countdown mit Glasmarkern an eines unserer Krankenhausfenster malte. Nur noch 58 Tage – dazwischen lagen allerdings Weihnachten und Silvester. Feste, die wir nicht mit unserer Familie feiern durften. Es fühlte sich an, als würde die Zeit einfach nicht vorbeigehen, auch wenn ich es mir einredete. Chemo für Chemo – Medikament für Medikament – Tag für Tag.

Dann war der „Tag null“ da, der 21. Dezember 2021, die Stammzelltransplantation. Ich hatte sie mir als superspektakuläre Operation vorgestellt, doch Manoah erhielt einfach ein paar Spritzen über seinen zentralen Venenkatheter und damit war die lang ersehnte Knochenmarktransplantation durchgeführt.

Ich lag neben meinem Sohn und sagte ihm: „Bald ist es geschafft!“ „Ab heute geht es nur noch bergauf“, war meine Überzeugung. Was ich nicht wusste, war, dass die Stammzellen, also das Transplantat, nach der Entnahme beim Spender für den Empfänger eingefroren werden. So kann man die Transplantation gezielter durchführen und die Stammzellen besser schützen. Dazu wird eine Art Frostschutzmittel verwendet und das stinkt fürchterlich. Ich lag während der Transplantation bei meinem Sohn, doch ich hielt es nur zwei Minuten neben ihm aus. Zwei Tage lang stank das ganze Zimmer nach diesem Frostschutzmittel, und mir war die ganze Zeit übel davon, aber ich wusste, dass es uns zum Ziel führen würde.

Wir hatten schon so viel geschafft! Jede Menge Chemie lief bereits durch Manoahs Körper. Wir bekämpften erfolgreich die Entzündungen. Dann wagten wir uns beim Essen an eine erste Nudel, dann an eine Nudel nach der anderen. Wir beschäftigten uns irgendwie und schauten viele Tierdokus, doch der Countdown am Fenster lief viel zu langsam ab. Ich war zu diesem Zeitpunkt schon so müde und sehnte mich nur nach dem Ende; ich wollte endlich nach Hause. Ende Januar war es dann so weit.

Die Zeit im Krankenhaus war schwierig – keine Frage. Sie hat Wunden hinterlassen. Doch meinen größten Schmerz erlebte ich, als ich endlich nach Hause fahren und dort alles für Manoahs Rückkehr vorbereiten durfte. Ich freute mich, nach vielen Wochen endlich wieder meinen kleinen zweijährigen Timéo sehen zu können. Er war gerade bei meiner Mama und ich wollte ihn einfach nur in den Arm nehmen. Ich öffnete die Tür, und da stand mein Kleiner, der ebenfalls eine harte Zeit durchgemacht hatte. Ich breitete meine Arme aus und erwartete, dass er zu mir rennen würde. Doch er rannte nicht in meine Arme, er versteckte sich vor mir. Ich glaube, dies war einer der schmerzhaftesten Momente in meinem Leben, als ich realisierte, dass diese „Season“, dieser Lebensabschnitt, etwas mit uns als ganzer Familie angestellt hatte.

Ein paar Tage später waren wir alle wieder zusammen. Manoah war schwach, hatte keine Haare mehr auf dem Kopf, aber die Chemos und die Transplantation waren überstanden. Wir hatten es wirklich geschafft, und die Werte waren so stabil, dass wir endlich nach Hause konnten. Wir fuhren alle zwei Tage ins Krankenhaus, um seine Werte zu checken. Dann nur noch einmal die Woche, dann alle 14 Tage … doch auf einmal stimmte etwas nicht. Manoahs Werte fielen ab und es ging ihm wieder schlechter. Dabei waren wir doch mit allem durch! Ja, man sah sogar schon wieder Haare auf seinem Kopf. Eigentlich sollte es jetzt von Tag zu Tag nur besser werden.

Was passierte hier?

Ich wollte es nicht wahrhaben, doch ich wurde wieder einmal mit meinem Sohn stationär aufgenommen. Manoah hatte Atemprobleme und wirkte sehr schlapp. „Frau Aselmann, wir vermuten eine Abstoßungsreaktion der Spenderzellen, es tut uns leid“, erklärte mir die Ärztin. Und wieder befanden wir uns mehrere Tage im Krankenhaus.

Ich merkte, wie ich langsam abstumpfte: Mich schockte nichts mehr und ich wollte auch nicht mehr. Manoah bekam ein neues Medikament, welches er drei Wochen lang über seinen Port, einen Zugang in der Brust, einnehmen musste. Ich dachte: „Noch mal drei Wochen Krankenhaus, das packe ich nicht!“ Gott sei Dank bekam ich eine Schulung und durfte Manoah die Medikamente zu Hause geben, aber sie schlugen nicht an. Wir begannen zusätzlich eine Kortisontherapie. Wenn ich heute an diese Zeiten denke, kommen mir immer noch die Tränen.

Die Nebenwirkungen des Kortisons forderten mich heraus, ein Kind zu lieben, das sich weder äußerlich noch innerlich wie mein Kind anfühlte. Manoah hatte ständig Hunger und nahm Kilo um Kilo zu. Aufgrund des Kortisons legte er so viel Gewicht zu, dass seine eigenen Beine diesen schwerer werdenden Körper nicht mehr tragen konnten und er keine Treppenstufe mehr allein schaffte. Auch psychisch veränderte sich unser Kind. Er rastete immer häufiger aus und ich war wirklich am Verzweifeln. Das Kortison, seine normalen Medikamente, die er ohnehin schon immer nahm, und unsere leeren Kraftreserven trugen dazu bei, dass dies eine sehr schwere Zeit war.

Drei Monate lang versuchte ich alles. Ich trug Manoah die Treppen hoch, versorgte ihn mit Medikamenten und kochte, wenn ihn mal wieder der Hunger überkam, obwohl er gerade erst gegessen hatte. Manchmal sah ich ihn an und dachte mir dabei: „Noch einen Tag in diesem Zustand schaffe ich nicht!“ Das sagte ich beim nächsten Treffen auch den Ärzten. Ich erkannte keine Verbesserung durch die angesetzte Therapie – nach drei Monaten hätte doch schon irgendetwas passiert sein müssen.

Ich war überzeugt, dass ich meine Kinder immer lieben würde, einfach weil sie meine Kinder sind. Doch inzwischen erkannte ich Manoah gar nicht wieder, so stark hatte er sich verändert. Wo war mein kleiner Sohn? Da stand dieser aufgedunsene Junge voller Frust und Schmerz vor mir, und mir fiel es so schwer, ihn einfach zu lieben. Ich erschrak selbst über meine Gedanken und sagte Jesus: „Ich kann das nicht mehr tragen. Ich will doch einfach, dass alles wieder gut wird. Wir waren schon so weit, warum machst du ihn nicht einfach gesund?“

Viele beteten für meinen Sohn, für uns, dafür, dass alles gut werden würde.

Doch Gott tat es nicht.

Damals kam mir der Gedanke zur „Perspektive Ewigkeit“.

Ich weiß noch, wie ich erstmals den Gedanken hatte, dass es für mich okay wäre, wenn Gott Manoah jetzt zu sich nehmen würde. Ich war so k. o., dass ich dachte: „Was soll mein Mamaherz noch alles ertragen?“ Was war das für eine Kindheit? Ständig hatte er Schmerzen, immer musste er Medikamente nehmen. Andere Kinder konnten alles besser, waren schneller und einfach gesund. Ich hätte ihm diese Lasten so gerne abgenommen. Eines Abends schrieb ich dies sogar meinem Ehemann: „Fritze, ich bin bereit, wenn Gott ihn zu sich holt!“

Warum? Weil ich mir in diesen so schweren Momenten für mein Kind endlich ein Leben wünschte, das frei von Schmerzen war. Einen Ort, wo er nicht mehr festgehalten wurde, nicht mehr so viel weinen und von Injektionsnadeln gestochen werden musste. Einen Ort, an dem er sich nicht ständig von Mama verabschieden musste, von Fremden angefasst wurde und wo er endlich nicht mehr tapfer sein musste …

Ich WUSSTE: „Jesus, bei dir ist es gut. Ich lese in deinem Wort, dass bei dir alles gut sein wird. Mein Kind könnte bei dir rennen, lachen, frei sein. Ich wünsche mir das für mein Kind. So, so sehr!“

Ich sehnte mich nach der Ewigkeit.

Irgendwie war es ein Aufgeben, eine völlige Kapitulation.

Ich wusste, dass es nicht in meiner Macht stand, mein Kind an diesen schönen Ort zu bringen. Ich wusste, dass dieses Leben hart und unfair sein konnte. Und so betete ich: „Jesus, nimm ihn zu dir!“

Manoah war damals vier Jahre alt. Ich sehnte mich für unseren Sohn nach der Ewigkeit und ich sehnte mich selbst nach diesem Ort.

In diesem Buch möchten wir dich mitnehmen in unser Leben als Familie und in die „Perspektive Ewigkeit“, die wir seit damals entwickelt haben. Wir – Ronja und Fritze – schreiben es gemeinsam. Ich, Ronja, komme etwas öfter zu Wort, aber ich habe alles mit meinem Mann besprochen. Und ich, Fritze, mische mich zwischendrin auch immer wieder ein – mal mit, mal ohne direkte Kennzeichnung.

Wir wünschen dir eine inspirierende Reise!

1. Leid – nichts für schwache Nerven

„Jesus, nimm ihn zu dir!“ Ich erschrak selbst über meine Gedanken. Nicht jeder konnte es nachvollziehen, wie man sich für sein eigenes Kind den Tod wünschen konnte. „Hauptsache, er lebt. Hauptsache, er ist bei uns.“ Das sind vielleicht manchmal die Gedanken von Außenstehenden, doch ich habe inzwischen einige Menschen kennengelernt, die ihren Liebsten einfach nur Erlösung wünschen, ihnen einen Ort wünschen, an dem sie nicht mehr leiden und Schmerzen ertragen müssen. Wenn du selbst tief in solchem Leid drinsteckst und es sogar über Jahre aushältst, ist die Last schwer.

Wir Menschen lieben Geschichten. Jesus erzählte Geschichten, und alle verstanden dadurch besser, was seine Botschaft war. Anhand von Beispielen kam sie uns Menschen näher und wurde verständlicher. Ich wusste, dass Menschen durch Geschichten zum Glauben kommen konnten. Mir war es klar, dass sie gern zuhören, wenn wir von uns selbst erzählen, von dem, was wir erleben und womit wir kämpfen.

Mit dem ersten Lockdown der Corona-Pandemie fing ich meine Instagram-Arbeit an. Hier teilten andere Bilder, Videos und Storys aus ihrem persönlichen Leben und ich war mittendrin. Ich hatte in den ersten Jahren als Mama so viel über mich und meinem Glauben gelernt: Das wollte ich teilen. Mein tiefer Wunsch war es, Menschen dafür zu begeistern, ihr Leben mit Gott zu leben. So nahm ich viele Hundert Follower mit hinein in mein Leben – und zwar auch in den schwersten Zeiten.

Ich hatte weder das perfekte Leben zu bieten noch die perfekten Umstände, doch ich hatte etwas erfahren, das Reichtum, Frieden und Hoffnung gab: die gute Botschaft, das Evangelium. Ich hatte keine Rabatt-Codes auf Instagram zu vergeben und ging keine Kooperationen mit Firmen ein. Alles, was ich hatte, war Gottes Liebe. Und ich nahm die Menschen mit hinein in die Ups und Downs unserer Familie, in den Prozess der Heilung, in unser Scheitern und ins Feiern, dass Manoah ein Jahr nach dem anderen schaffte und heute gesund ist. Das war und ist immer noch ein Grund zum Jubeln, auch wenn „gesund“ bei ihm anders aussieht als bei anderen Kindern.

Auf meinem Insta-Account ging eine große Welle los: Immer mehr Menschen folgten mir und wollten wissen: „Wie kann es sein, dass du an einen guten Gott glaubst, obwohl die Umstände dagegensprechen?“ Viele fühlten sich durch unsere Geschichte verstanden und gesehen. Sie waren nicht länger allein. Und ich selbst hörte von vielen Schicksalen, die ähnlich dramatisch waren wie unseres oder sogar schlimmer.

Jolinas Kampf

Julia ist einer der Menschen, deren Geschichte ich kennenlernen durfte. Doch in ihrem Fall blieb es nicht bei einer Online-Begegnung. Es stellte sich heraus, dass sie nur ca. 20 Minuten von mir entfernt wohnte, und zwischen uns entstand eine außergewöhnliche Beziehung.

Julias Tochter Jolina war 18 Jahre alt und todkrank, deshalb fühlte sich Julia von dem, was ich online teilte, verstanden. Darüber hinaus stellte sich sogar heraus, dass unsere Kinder von denselben Ärzten in derselben Klinik betreut wurden. Es waren nie viele Patienten auf dieser Station, denn es gab nur sechs Zimmer. Auch Jolina war immer wieder dort, aber wir waren nie gleichzeitig im Krankenhaus. Ohne Instagram hätten wir uns nie getroffen.

Julia fragte mich, ob ich Lust hätte, zu Jolinas 18. Geburtstag zu kommen, der tatsächlich in meinem Dorf gefeiert werden sollte. Dies war das erste Mal in meinem Leben, dass ich von fremden Menschen über Instagram eingeladen wurde. So fuhr ich zu dem Bauernhof, der direkt neben meiner Gemeinde lag. Es war ein 18. Geburtstag, wie man ihn sich vorstellt: toll dekoriert, leckeres Essen, Musik – und doch sehr anders als andere Geburtstagspartys. Mir fiel auf, dass nicht viele Jugendliche da waren, und als ich Jolina ansah, wusste ich auch, warum.

Sie war schon seit Jahren so krank, dass sie die Schule nicht mehr besuchen und auch an anderen Gemeinschaftsaktionen nicht teilnehmen konnte. Eine Konsequenz, mit der viele kranke Menschen leben müssen. Die Kraft ist nicht vorhanden, und die Gefahr, sich anzustecken, ist zu hoch. Jolina kam lächelnd auf mich zu, und obwohl wir uns vorher noch nie persönlich getroffen hatten, wusste sie sofort, wer ich war. Mir fehlten die Worte. Da stand eine junge Frau, 18 Jahre alt, wunderschön … und sie wusste, dass dies vielleicht ihr letzter Geburtstag war. Ich nahm sie in den Arm und betete still: „GOTT, wie kann das sein? Es MUSS alles gut werden!“

An diesem Tag erzählte mir Julia von den bislang erfolglosen Therapien ihrer Tochter und dass sie auf eigene Kosten noch einen letzten Versuch starten wollten. Die Ärzte meinten jedoch, dass alle Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft wären und es für Jolina keine Heilung mehr gäbe. Es sah nicht gut aus, doch Julia kämpfte für Jolina. Und auch Jolina selbst war kampfbereit.

Wir hatten immer mal wieder Kontakt – irgendwie waren wir so weit entfernt voneinander und uns doch so nah. Einmal fuhren wir gemeinsam nach Köln, um ein Foto-Shooting für ein Krebsprojekt durchzuführen. Es schien an diesem Tag alles so normal. Doch das war es nicht.

Einige Zeit später bekam ich einen Anruf: Jolina war wieder im Krankenhaus. Ich besuchte sie und traf sie zusammen mit ihren Großeltern an. Die beiden hatte ich auch schon kennengelernt und ins Herz geschlossen. Sie liebten ihre Jolina sehr und machten alles möglich, um die Familie zu unterstützen. Doch jetzt war klar, dass dies der letzte Abschnitt für Jolina sein würde. Die Therapiemöglichkeiten waren ausgeschöpft und nun ging es darum, ihr noch eine schöne letzte Zeit zu ermöglichen.

Der Tod war ganz real … und irgendwie zu nah für mich.

Was zählte jetzt noch? Sie war 18 Jahre alt, und mich bewegte die Frage, ob sie wusste, wo es für sie hingehen würde. Ich erzählte ihr immer wieder von Jesus. Auch über Instagram bekam sie mit, was ich über meinen Glauben teilte. Ihre Großeltern waren Christen und so nahm ich beim Besuch meinen ganzen Mut zusammen und fragte Jolina, ob sie zu Jesus gehören wollte. Einfach so. Ich wusste, dass sie kaum fassen konnte, was das bedeutete, geschweige denn, dass ihr noch Zeit blieb, ein Leben als Christ zu führen. Aber ich stellte ihr diese Frage trotzdem, weil ich wusste, dass es die letzte Gelegenheit dafür sein könnte, und es mir so wichtig war, ihr zu sagen, dass sie eine Entscheidung treffen musste. Ich habe ihr erzählt, dass es meine beste Entscheidung war und ich davon überzeugt bin, dass bei Gott alles gut sein wird! Wir brauchen nur ein Ja – ein klares Ja für ihn.

Und sie sagte JA – ohne groß zu überlegen.

Da stand ich nun am Bett von Jolina, auf der anderen Seite ihre Großeltern, und wir beteten gemeinsam. Jolina übergab Jesus ihr Leben. Was für eine Freude und Hoffnung in mir aufflammte! Ja, es wird ALLES gut werden! Sie war gerettet und damit war der wichtigste Schritt getan, doch ich hörte nicht auf, daran zu glauben, dass auch noch ein weiteres Wunder geschehen könnte.

Jolinas Geschichte hatte mittlerweile auf meiner Instagram-Plattform Aufmerksamkeit bekommen. Viele Menschen beteten für sie und ihre Familie und baten Gott um ein Wunder. Später besuchten wir Jolina mit ein paar Menschen aus der Region Hannover, sangen für sie und beteten, dass Gott eingreifen würde. Ich dachte innerlich: „Gott, so viele Menschen wissen um diese Familie, und wenn du das Wunder tust und sie heilst, würden viele mitbekommen, wie du alles wenden kannst.“ Aber Gott tat es nicht. Jolina lag zu Hause bei ihrer Familie im Sterben. Julia rief mich an und sagte: „Es handelt sich jetzt nur noch um Tage.“