Peter Purzels Abenteuer - Christian Mörsch - E-Book

Peter Purzels Abenteuer E-Book

Christian Mörsch

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Beschreibung

Kater fressen Mäuse ... oder ... sie werden die besten Freunde Geschichten über die ungewöhnliche Freundschaft zwischen einem Kater und einer Maus. Als Kater gebe ich dir einen guten Rat: Wette niemals mit einer kleinen Maus! Du weißt nicht, wie es ausgeht und am Ende bist du mit einer Maus befreundet, die du eigentlich fressen wolltest.

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Kater fressen Mäuse ... oder

... sie werden die besten Freunde

Peter Purzels Abenteuer

Christian Mörsch

Geschichten über die ungewöhnliche Freundschaft zwischen einem Kater und einer Maus

Der Mond im Meer

Peter Purzel war ein Kater, und zwar ein recht großer. Viele Jahre lebte er schon auf verstaubten Dachböden und in morschen Holzschuppen, immer auf der Suche nach einer flinken Maus. Und das war seine Welt: Mäuse fangen, Mäuse ärgern, mit Mäusen spielen, mit hübschen Katzen flirten, nachdenken, ein sicheres Versteck bauen und schlafen.

Eines schönen Tages folgte er wie so oft den unverwechselbaren Spuren einer kurzbeinigen Feldmaus, als diese unmittelbar vor seiner Nase in dem winzigen Loch einer Hauswand verschwand. Da entdeckte auch Peter Purzel eine Öffnung in der Backsteinmauer, die seiner stattlichen Größe entgegenkam. Mit einem großen Satz hechtete er durch ein offen stehendes Fenster und landete auf einem hölzernen Tisch. Glück muss man haben, dachte er, welch ein vortrefflicher Aussichtspunkt!

Aber so sehr er auch mit seinen scharfen Augen das Zimmer durchsuchte, seine Maus war und blieb verschwunden.

Es gab nur noch ein Versteck, das ihm in den Sinn kam, und das lag ausgerechnet unter seinem Aussichtsturm. Also überquerte Peter Purzel die Holzplatte, um auf der anderen Seite hinunter auf den Parkettboden zu springen. Aber soweit sollte es nicht kommen, denn plötzlich stolperte er in seiner Unachtsamkeit über ein kleines Kästchen und purzelte einmal quer über die Tischplatte.

«Autsch!», beschwerte sich das Kästchen.

«Die Maus!», fuhr es Peter Purzel durch den Kopf und pirschte auf leisen Pfoten zurück zu dem geheimnisvollen Kästchen.

Ein schlaues Versteck!, dachte er, und warf das Kästchen mit heftiger Katergeschwindigkeit zur Seite.

«Bitte tu mir nichts!», flehte die Maus und war vor Angst ganz blass geworden.

«Ein echter Leckerbissen!», schwärmte Peter Purzel und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.

«Bitte fress mich nicht!»

«Ich habe aber Hunger!», und man hörte das leise Knurren seines Katermagens. «Wenn du noch einen letzten Wunsch hast, dann solltest du dich damit beeilen.»

«Du erfüllst mir einen letzten Wunsch?»

«Bei meiner Katerehre!»

Die Maus starrte aus dem Fenster. Sie konnte den Mond sehen, der wie eine helle Scheibe am Himmel hing. Aber das war ja nur ein Trugbild: Der Mond lag auf dem Grund des Meeres und spiegelte sich bloß in wolkenlosen Nächten am Himmel.

Wie konnte sie dem Kater nur entkommen?

«Der Mond!», rief die Maus plötzlich. «Ich will dem Mond auf dem Grund des Meeres Lebewohl sagen.»

Peter Purzel war verwirrt. «Ha, du glaubst doch nicht wirklich, dass der Mond auf dem Grund des Meeres lebt!»

«Natürlich!», behauptete die Maus.

«Das ist doch Mäuseblödsinn!»

«Wetten, dass es stimmt?»

«Wetten nicht?»

«Wenn ich die Wette gewinne, dann wirst du mich nicht fressen, einverstanden?»

«Und wie willst du das beweisen?» fragte Peter Purzel misstrauisch.

«Wir tauchen auf den Grund des Meeres! Ganz einfach!» Peter Purzel schüttelte sich. «Ich mag aber nicht tauchen!»

«Dann werde ich den Mond eben alleine suchen!»

«Wenn er aber doch gar nicht im Meer lebt, sondern am Himmel? Also, ich bin dafür, wenn wir schon wetten, dann sollten wir nachschauen, ob der Mond am Himmel hängt oder nicht!»

«Wie sollen wir denn da oben hinkommen?»

«Mit Leitern natürlich!»

«Ich bin aber nicht schwindelfrei!», beklagte sich die Maus.

«Hmm, also gut, du schaust auf dem Meeresboden nach, und ich am Himmel!»

«Einverstanden!»

Also tauchte die Maus in die Tiefen des Meeres hinab. Wetten waren eben Wetten, und die mussten eingelöst werden – bei aller Mäuseehre!

Schillernde Fische betrachteten neugierig das ungewöhnliche Wesen, das an ihnen vorüberschwamm. Schließlich erreichte die Maus den Grund des Meeres. Aber der Mond war nirgendwo zu sehen.

«Lieber Mond, wo bist du denn?» Aber die Maus erhielt keine Antwort.

«Lieber Mond! Hilf mir! Ich habe mit einem Kater um mein Leben gewettet! – Wo bist du?»

Da kroch der Mond gähnend unter einem großen Stein hervor.

«Da bist du ja. Müde siehst du aus. – Schlaf nur weiter! Du glaubst nicht, wie froh ich bin, dass ich dich hier unten gefunden habe», sagte die Maus und schwamm glücklich zurück an die Wasseroberfläche.

Inzwischen war Peter Purzel auf einen hohen Baum geklettert. Von dort sprang er auf ein Haus, und auf das Dach des Hauses stellte er eine riesige Leiter und kletterte und kletterte, bis er den Himmel erreichte. Aber der Mond war nirgendwo zu sehen.

«Ehrwürdiger Mond, wo bist du denn?»

«Komme gleich!», murmelte der Mond schläfrig und gähnte. Dann öffnete er das Türchen einer Wolke und kletterte hinaus.

«Gestatten, mein Name ist Peter Purzel», stellte sich der Kater vor. «Ich wollte gar nicht lange stören! Ich bin nur froh, dass ich dich hier oben gefunden habe!»

«Komm herein! In meinem Wolkenhaus ist Platz für zwei.»

«Nein, nein, ich will keine Umstände machen. Außerdem habe ich einen gehörigen Appetit. Und auf der Erde wartet ein wirklicher Leckerbissen.»

Als Peter Purzel die vielen Leitersprossen wieder hinabgestiegen war, wartete die Maus schon ungeduldig. Da verstummte plötzlich der Wind und mit dem Wind das immerwährende Brausen des Meeres. Ganz still lag es da, wie ein See. Man konnte bis auf den Grund des Meeres blicken. Da lag er, der Mond, dachte die Maus. Da hing er, der Mond, dachte der Kater und sah in den wolkenlosen Himmel.

«Ich habe die Wette gewonnen! Der Mond ist da oben!», rief Peter Purzel.

«Nein, ich habe die Wette gewonnen! Der Mond ist da unten!», rief die Maus.

Da erschien auf der glänzenden Scheibe des Mondes ein Lächeln.

Er wusste nur zu gut, dass die Wirklichkeit mehr als eine Seite hatte. – Und dass man manchmal nur eine davon sieht. Es kommt ganz darauf an, was man sehen will.

Peter Purzels zweite Wette

Als Peter Purzel erwachte, lag eine kleine Maus an seiner Seite und schlief. Sein leerer Magen knurrte angesichts des appetitlichen Leckerbissens laut und hungrig. Peter Purzel fuhr sich genüsslich mit der Zunge über die Lippen. Er hob seine Tatze, und wollte die Maus gerade zu seinem Frühstück machen, als er stutzte. Mäuse legten sich nicht neben einen Kater und schon gar nicht zum Schlafen. – Was war nur in die Maus gefahren, sich vor seine scharfen Zähne zu legen? Mut konnte es nicht gewesen sein, denn das war eine Eigenschaft, die allein Kater besaßen. Es wäre auch zu langweilig, wenn eine Maus nicht mehr vor ihm davonlaufen würde. – Nein, es machte wirklich keinen Spaß, eine Maus zu verspeisen, die man nicht fangen konnte. Während Peter Purzel nachdachte, ging er auf und ab: drei Schritte nach rechts und zwei Sprünge nach links, vier Sprünge nach rechts und sieben Schritte nach links. So machte er es immer, wenn er auf der Suche nach einem Gedanken war. Doch an diesem Morgen zog und zerrte es bei jedem Schritt in seinen Muskeln.

«Vermuskelter Kater!», schimpfte er.

Da erinnerte er sich daran, was geschehen war.

Er hatte mit der Maus um ihr Leben gewettet und war dafür bis zum Himmel geklettert. Und die Maus war bis zum Grund des Meeres geschwommen. – Es musste wohl einer seiner gutmütigen Tage gewesen sein, dass er sich mit einer Maus auf eine Wette eingelassen hatte – noch dazu eine Wette, die er nicht gewonnen hatte. Doch natürlich hatte auch die Maus die Wette nicht gewonnen.

Er schüttelte verschämt den Kopf: Noch niemals war er neben einem lebendigen Leckerbissen eingeschlafen. – Es war schließlich keine leichte Wanderung bis zum Himmel gewesen, und seine Knochen waren nicht mehr die jüngsten.

«Vermuskelter Kater!», fauchte er abermals und meinte damit den von allen Schnurrbeinern gefürchteten Muskelkater. Niemand hat ihn je gesehen, denn er kommt, wenn das Volk der Katzen schläft, doch jeder weiß, dass es ihn gibt. Und wen er besuchte, dem taten am nächsten Tag alle Knochen weh.

Peter Purzel weckte die Maus mit seiner Tatze. Die Maus erschrak und wollte eben davonlaufen, da erinnerte auch sie sich an ihre Wette mit dem Kater.

«Ich habe noch immer Hunger», beschwerte sich Peter Purzel.

«Dann – dann müssen wir eben was anderes wetten», schlug die Maus vor und ärgerte sich, dass auch sie der Schlaf überwältigt hatte, als sie aus den Tiefen des Meeres zurückgekehrt war. Längst könnte sie in ihrem sicheren Mäuseloch liegen und davon träumen, sie sei eine mächtige Königin, vor der jeder Kater erzitterte.

«Neunundfünfzigeinhalb Mäuse hätte ich in der Zwischenzeit fangen können», stöhnte Peter Purzel. «Aber gut, wie du meinst. Machen wir einen Wettlauf. – Ich wette, dass ich gewinne. Und vergiss nicht: Wir wetten um dein Leben!», sagte er und blickte siegessicher auf seinen Gegner hinab. Noch nie hatte er einen Wettlauf mit einer Maus verloren.

«Das ist nicht fair!»

«Nicht fair, nicht fair», äffte der Kater die Maus nach. «Ich gebe dir zehn Meter Vorsprung. Und damit nicht genug: Der Muskelkater hat mir einen Besuch abgestattet, während ich schlief.»

«Einverstanden», sagte die Maus, denn auch unter den Mäusen kannte man die Sage vom Muskelkater. Die Mäuse aber glaubten, der Muskelkater sei einst eine Maus gewesen, die sich dank ihrer Zauberkünste in einen Kater verwandelt hatte und nun dem Volk der Mäuse Gutes tat. «Wenn ich die Wette gewinne, dann wirst du mich nicht fressen, versprochen?»

«Na dann – los!», gab Peter Purzel das Startzeichen, und die Maus rannte davon. Kaum aber hatte sie zehn Meter zurückgelegt, da begann auch für Peter Purzel das Rennen. Und mit jedem Sprung kam er dem Mäuseschwanz ein Stück näher.

Die Maus warf einen ängstlichen Blick über ihre Schulter und erschrak: Ihr Vorsprung war bereits auf zwei Katerlängen geschrumpft. In diesem Moment bemerkte sie den Fehler, den sie begangen hatte: Was war überhaupt das Ziel?

«Bis wohin laufen wir denn?», rief sie mit zitternder Stimme.

«Bis zur Hütte von Bauer Kohlkopf», entgegnete Peter Purzel. Ihr Herz schien für einen Moment auszusetzen: Sie hätte es wissen müssen. Kater waren eben keine fairen Gegner. Bauer Kohlkopfs Hütte – wie sollte sie da die Wette gewinnen? Selbst wenn sie dreimal so schnell laufen könnte.

Sie versuchte, noch ein wenig schneller zu laufen, aber es nutzte ihr nichts: Ihr Verfolger rückte näher und näher.

«Jetzt hab´ ich dich!», rief Peter Purzel und zog mit einem gewaltigen Satz an der Maus vorbei. Doch dann geschah es: Mitten auf der Wiese hatte Bauer Kohlkopf ein Loch gegraben, ein tiefes Loch sogar. Und das wurde dem Kater zum Verhängnis. Peter Purzel machte seinem Namen alle Ehre und purzelte – in die Tiefe.

Als die Maus Peter Purzel vor ihren Augen in das Loch fallen sah, bremste sie so schnell sie konnte. Doch zu spät. So stolperte auch sie über den Rand des Loches und stürzte kopfüber in Bauer Kohlkopfs Grube. Die Maus schloss ergeben ihre Augen. Doch wenn sie erwartet hatte, im Mäusehimmel zu landen, dann hatte sie sich getäuscht. Stattdessen landete sie wohlbehalten auf einem weichen Fell.

«Hätte ich dich doch gleich gefressen», jammerte das Fell, das keinem anderen gehörte als Peter Purzel.

«Wenn du mich jetzt verspeist, werde ich die letzte Maus deines Lebens sein, die zwischen deinen Zähnen zappelt.»

«Das wollen wir doch mal sehen», sagte Peter Purzel und sprang so hoch er nur konnte. Aber immer wieder verfehlte er die Grasnarbe um eine halbe Katerlänge. Verzweifelt versuchte er, an den Graswurzeln Halt zu finden, die in die Grube hinabhingen, doch sie rissen wie Spinnweben unter seinem Gewicht.

«Ich glaube, mich könnten die Graswurzeln halten», sagte die Maus mit entschlossener Stimme.

«Dich?»

«Ich muss ja nicht bis zum Himmel klettern.»

«Hast du vergessen, wer du bist? – Eine kleine ängstliche Maus!»

«Nur wenn Kater Hunger haben», entgegnete sie. «Aber nun brauche ich deine Hilfe.»

«Meine Hilfe?», entgegnete er verdutzt.

«Lass mich auf deinen Rücken klettern.»

«Und was ist mit mir?», fragte er misstrauisch.

«Ich habe einen Freund, der in der Nähe lebt. Er wird einen Weg finden, dich zu befreien.»

Dann krabbelte die Maus auf den Rücken des Katers und hängte sich an eine der Graswurzeln. Und siehe da, sie hielt. Pfote um Pfote zog sie sich in die Höhe und hangelte sich von Wurzel zu Wurzel.

«Ich habe das Wettrennen gewonnen», rief die Maus, als sie endlich wieder festen Boden unter ihren Pfoten spürte.

«Erst an Bauer Kohlkopfs Hütte», beharrte Peter Purzel.

«Was meinst du, woher ich Hilfe holen werde?»

«Verzapfter Katerblödsinn!», schimpfte Peter Purzel mit sich selbst. «Warum bin ich nur in dieses Loch gefallen? Und das alles wegen einer einzigen Maus.»

Hatte er tatsächlich geglaubt, dass sie ihm helfen würde? Wahrscheinlich war sie längst auf dem Weg in ihr Mäuseloch. Er schüttelte ungläubig den Kopf: Er – Peter Purzel – saß in der Falle und hatte sich obendrein von einer Maus hereinlegen lassen.