Petronius - Christian Schoeberl - E-Book

Petronius E-Book

Christian Schoeberl

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Beschreibung

Petron, der große Arbiter Elegantiarum wird hier zum Dirigenten eines lukulllischen Feuerwerks. Vom Weltschmerz zum Selbstgenuss ist dies eine narrative Antwort auf den philosophischen Nihilismus. Einfach Göttlich!

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

I.

II.

III.

IV.

V.

VI.

VII.

VIII.

IX.

XII.

XIII.

XIV.

XV.

XVI.

XVII.

Vorwort:
Äußere Vorkammer

Um die Worte zu sagen:

„Der Himmel ist bewölkt, die Sterne sind verdunkelt. Die Bögen bewegen sich, die Knochen von Aker zittern, dann hören alleBewegungen auf. Nachdem sie Unas als einen mächtigen Gott erscheinen sahen, der von seinen Vätern lebt, der sich von seinen Müttern ernährt! Unas ist ein Meister des Handwerks, dessen Namen nicht einmal seine Mutter kennt.

Unas Ehrwürdigkeit ist im Himmel, seine Stärke liegt im Achet-Horizont, wie sein Vater Atum, der ihn zeugte. Er hat ihn mächtiger gezeugt als er selbst. Die Kas von Unas sind hinter ihm, seine Mägde sind unter seinen Füßen, seine Götter sind über ihm, seine Uraei sind auf seiner Stirn, die Leitschlange von Unas ist auf seiner Stirn, sie, die die Seele des Feindes wahrnimmt, sie, deren Feuer wirksam ist. Die Macht von Unas dient seinem Schutz.

Unas ist der Stier des Himmels, der (einst) Not litt, und der sich entschieden hat, von der Essenz jedes Gottes zu leben, der ihre Eingeweide frisst, wenn sie mit ihren Bäuchen voller magischer Reize von der Insel des Feuers kommen.

Unas ist ein wohlversorgter Mensch, der seinen Geist in sich aufgenommen hat. Unas ist als dieser Große erschienen, Herr derer, die in der Nähe sind. Er sitzt mit dem Rücken zu Geb.

Unas ist es, der mit dem, dessen Name verborgen ist, an dem Tag richtet, an dem der Älteste geopfert wird. Unas ist der Herr der Opfergaben, der die Schnur verknotet und sich eine Mahlzeit zubereitet. Unas ist der, der Menschen isst, der von Göttern lebt, Herr der Boten, der Anweisungen gibt. Tatsächlich ist der, der an den Haaren packt und in Kehau wohnt, derjenige, der sie für Unas mit dem Lasso wirft. Tatsächlich ist die Schlange mit erhobenem Kopf derjenige, der sie für ihn bewacht, der sie für ihn zurückhält. Tatsächlich ist Er-über-dem-Roten derjenige, der sie für sich bindet. Tatsächlich schneidet der Mond, der die Herren abschlachtet, ihnen für Unas die Kehlen durch und holt für ihn heraus, was in ihren Bäuchen ist. Er ist der Bote, den er zur Züchtigung aussendet. Tatsächlich schneidet Shesmu sie für Unas und kocht für ihn in seinen abendlichen Kochtöpfen eine Mahlzeit daraus. Unas ist der, der ihre Magie frisst, der ihre Geister verschlingt.

Ihre Großen sind für sein Morgenmahl, ihre mittelgroßen für sein Abendessen, ihre Kleinen zum Nachtessen, Ihre alten Männer und alten Frauen sind für seinen Treibstoff. Tatsächlich sind es die Großen im nördlichen Himmel, die für ihn unter den Kesseln, die sie enthalten, mit den Beinen ihrer Ältesten Feuer entzünden.

Diejenigen, die im Himmel sind, dienen Unas, wenn sein Herd aus den Beinen ihrer Frauen gebaut wird. Er hat die beiden Himmel vollständig umschlossen, er hat sich um die beiden Länder gedreht. Unas ist die Großmacht, die Macht über die Mächte. Unas ist der Falke, der Falke der Falken, der Große. Wen er auf seinem Weg fndet, den frisst er Stück für Stück auf. Der Respekt vor Unas ist mehr als vor anderen Adligen, die sich im Akhet-Horizont befnden.

Unas ist ein Gott, der älter ist als der Älteste. Tausende dienen ihm. Hunderte bringen Opfer für ihn dar. Von Orion, dem Vater der Götter, wird ihm ein Zertifkat als Großmacht verliehen.

Unas ist erneut im Himmel erschienen. Er wird mit der oberägyptischen Krone als Herr des Horizonts gekrönt. Er hat die Rückenwirbel gezählt, er hat die Herzen der Götter ergriffen, er hat das Rote gegessen, er hat das Grüne verschluckt. Unas ernährt sich von der Lunge der Weisen. Sein Vergnügen ist es, von Herzen und ihrer Magie zu leben.

Unas Lebensspanne ist die Ewigkeit, seine Grenze ist die Ewigkeit in dieser Würde von „Wenn er wünscht, dass er es tut, wenn er es nicht wünscht, tut er es nicht.“ Siehe, ihre Seele ist im Bauch des Unas, ihre Geister sind bei Unas als die Brühe der Götter, für Unas aus ihren Knochen gekocht. Siehe, ihre Seele ist bei Unas, ihre Schatten weggenommen von denen, zu denen sie gehören.

Unas ist das, was erscheint, was erscheint, was bleibt. Die Täter des Bösen werden nicht in der Lage sein, den Lieblingssitz von Unas unter den Lebenden in diesem Land für immer und ewig zu zerstören.

Um die Worte zu sagen:

„Unas ist zu euch gekommen, ihr Falken, obwohl eure Häuser für Unas geschlossen sind. Auf seinem Rücken befndet sich ein Lendenschurz aus der Haut des Jan-Pavians. Unas wird ein Großer werden, der in Crocodilopolis wohnt.“

I.

Des Lebens überdrüssig, habe ich es mir nehmen wollen. Daher beschloss ich im Garten meines kleinen Hauses ein Loch zu graben und mich darein zu versenken. Unglücklicherweise ermüdete mich diese Arbeit, da ich bald die Sinnlosigkeit meines Unterfangens, was ich nicht vollenden konnte, feststellen musste. Bevor ich mich am Abend einer Flasche Burgunder der Rothschild-Kellerei widmen wollte, stärkte ich mich mit einem kleinen Mahl. Faschierte Leibchen, zu bundesdeutsch Hack-feischbällchen oder preußisch kurz, Frikadellen, mit Koriander auf Häuplsalat mit Knoblauch und Pinienkernen, dazu eine Zwiebel, ein paar grüne Oliven und angeröstetes Weißbrot.

Der Duft des Korianders verband sich durch das italienische Öl zu einer intensiven Emulsion aus arabischem Morgenland und einer meditteraner Wolke – geografsch traf man sich irgendwo in der Mitte – wahrscheinlich Konstantinopel; auch da es Rinds- und Schweinefeischfaschiertes war, das in Istanbul nicht verkauft werden darf, wohl aber in der Stadt der Komnenen- und Palaiologenkaiser. Unwillkürllich fragte ich mich, ob man seinerzeit auch Kamele aß?

Nun war das Problem meines Ablebens, vielmehr meines noch Vorhandenseins, allerdings noch nicht gelöst und ich überlegte, während ich mir meinen Stahlstich, der die Toskana darstellte und violette Fliederhaine zum Thema hatte – ich weiß, nicht sehr originell, aber es entspannt die Augen – betrachtete, wie ich mich von einem Zustand des Lebens in einen Zustand des Todes überführen könnte. Eingraben im Garten war keine Option; zu sehr erschöpft mich die lemurengleiche Arbeit mit Schaufel und Spaten. Ich sinniere also weiter.

Natürlich ist mir auch die Möglichkeit bewusst, einfach von einem Berg zu springen, einen Föhn in die Badewanne zu werfen oder mir, wie Petronius, die Adern zu öffnen. Letztere Version würde mir sogar zusagen. Jedoch – die Kopie des großen Petron zu werden, gleicht mir individuellem Geist doch nicht. Petronius, großer Freigeist unter der brennenden Ägide des wahnsinnigen Nero! Freund des Geschmackes, ironischer Spötter der Macht – ein letztes Mal gewann in Dir, o elegischer Freund römischer Tage, den Siegeslorbeer die Mutter der Musen, ehe zuerst Mars und später Merkurius ihr böses Szepter erhoben, die Welt in Ketten zu binden, sie Dir umzulegen, Dein letzter Schnitt ihnen den Sieg versagte!

Während ich so sinnierte und meinen Catull aus dem Regal entwand, für dessen Vulgarität ich eigentlich mich nie so richtig haben erwärmen können, gedachte ich des trimalchonischen Gastmahls; der orgiastischen Feier eines Frei-gelassenen, eines Emporkömmlings, der es zu Reichtum, nicht aber Geschmack gebracht hat. Ich musste meinen Kopf schütteln, weshalb wir seinerzeit in unserer Jugend, als Primaner, dieses Stück Vulgärlatein zu lesen hatten – wussten wir doch ob unserer Jugend nicht zu unterscheiden, was nun gutes und was schlechtes Latein war. Womöglich war dies aber auch nur mein Problem; ich war nie ein guter Schüler, wenngleich ich mich für Petron immer begeistern konnte, vielleicht musste. Ich selbst stand dereinst auf einem Tisch und deklamierte Petronius während eines stürmischen Gewitters in Wien-Nußdorf.

Die Vulgata Cloaca eröffnete sich in diesem Buch und mit feiner Klinge ziselierte Petron, in Umkehrung aller Ästhetik, die Unbedarftheit, Halb-bildung, Dummheit und Vulgarität des Trimalchio, dieses antiken Gernegroß, für den der Senator und die Equites nichts als erhabenen Spott übrig haben können, vielleicht dürfen. Mögen manche Philo-sophen in Fässern, wieder andere in Badewannen ihre Erkenntnisse gewonnen und wieder andere als Päderasten gelebt haben; für einen Libertus wie den Trimalchio blieb und bleibt nur Spott und Hohn.

Während ich mich so über diesen antiken Homo Novus unmäßig zu ärgern begann und mit welcher Kühnheit und Stirn er die Blüte seiner Zeit einzuladen wagte, musste ich mir noch eine Flasche des Rothschildweines holen. Dazu stieg ich in den Keller hinab; die schmale Sandsteinstiege war mit einem alten Teppich belegt, sodass ich meine Pantoffeln anbehalten konnte; ich ging im Korridor vorbei an der Kopie des alten Kandinsky, der Russisches Roulette darstellte. Eine seltsam pittoreske, ja surreale Darstellung eines genauso surrealen Sujets. Warum habe ich ihn mir damals eigentlich aufgehängt? Ich zucke mit den Schultern und drehe die Flasche auf. Ja, eine seltsame Formulierung, aber die Gebrauchsfaschen werden heute ja nicht mehr verkorkt; was sicherlich Menschen, die keinen Korkenzieher ihr Eigen nennen, durchaus komfortabel sein dürfte – immerhin müssen diese Menschen den Korken jetzt nicht mehr in die Flasche drücken, um den Wein zu genießen. Wobei sich mir auch die Frage anschließt, welcher Mensch, der keinen Korkenzieher sein Eigen nennen, einen Rothschild kaufen würde. Mir gefällt das Wappen auf der Flasche. Die drei gekreuzten Pfeile erinnern mich wieder an die Liktoren und ihre Fasces, ihre Insignien. Eine Axt inmitten eines Rutenbündels. Wieso habe ich davon kein Bild?