Phrasenschwein & Co. - Florian Böll - E-Book

Phrasenschwein & Co. E-Book

Florian Böll

4,8

Beschreibung

Herzlich Willkommen im Land der Phrasenschweine! Florian Böll ist mit seinem neusten Schelmenstreich zurück und lädt uns ein mit ihm zusammen die Fabelwelt der Phrasenschweine zu erkunden. Und dort gibt es viel zu entdecken: in der Titelgeschichte wird Dorothea das Phrasenschwein beim Politikspielen urplötzlich zum Bundeseber, eine heimtückischer Holunderbusch treibt sein Unwesen, das Alien Marvin wird zum Anthroposoph und es geht drunter und drüber, wenn Malte zu Besuch kommt. Unterm Strich müssen wir feststellen, dass all diese Fabelwesen doch mehr mit uns gemein haben, als uns lieb ist. Daher darf auch dieses mal wieder herzhaft gelacht werden – über sich selbst und andere.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 131

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,8 (18 Bewertungen)
15
3
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Florian Boll

wurde 1983 in Wiesbaden geboren und lebt jeher in Taunusstein. Seit 2004 arbeitet er als Autor, Musiker und Kabarettist. Er ist ein Teil des Duos »Shinofrist« und der Band »Zeitgeist«

2004 veröffentlichte er in Eigenregie einen Gedicht-Auszug aus der Sammlung »Herbstgedanken«, an der er seit 2001 arbeitet und deren Veröffentlichung nach eigener Aussage auch noch einige Zeit dauern wird.

In 2006/07 spielte er mit »Saubere Füße (… ein Programm, das sich gewaschen hat!)« sein erstes Solo-Kabarettprogramm. 2007 erschien sein Buch »Saubere Füße«. Die erste Sammlung satirischer Kurzgeschichten.

2009 die CD »Liebestrunken« ein Potpourri von Akustik-Pop Balladen.

Aktuell ist Böll mit seinem Programm »Im Land der Phrasenschweine« unterwegs.

Im Internet findet man ihn auf:

www.florian-boell.de

Für Anne & Leah

Vorwort

von Till Burgwächter

Ja, der kleine Böll. Ich erinnere mich an unser erstes Treffen, als wäre es gestern gewesen. Am 27. April 2007 sollte im Jugendcafe Hahn in Taunusstein eine Lesung stattfinden. Von und mit Florian Böll und Till Burgwächter. Erstens wusste ich bis dato nicht, dass es einen Ort namens Taunusstein gab, zweitens nichts von diesem Typen mit dem Angeber-Nachnamen. Aber beide existierten! Als ich mir am späten Nachmittag zwischen marodierenden Rentnerehepaaren den Weg ins Jugendcafe Hahn freigekämpft hatte, stand Böll vor mir. Leibhaftig, in all seiner, ähh, Größe. Er stellte sich keck als Autor und Musiker vor, was mich aber wenig interessierte, denn der Grill wurde angeworfen.

Auch Autoren sind menschenähnliche Wesen, deshalb freuen wir uns immer, wenn es nach einer mehrstündigen Anfahrt wenigstens einen kleinen Happen gibt (bei einem Schweizer Gastspiel gab es mal Lammbraten, der Termin führt meine interne Catering-Liste immer noch an). Nach der Speisung begaben Böll und ich uns in den Saal, der mit mannigfaltigen Sitzgelegenheiten zugestellt war. Die zwei Stunden vor einer Lesung sind immer die spannendsten. Man geht pro forma noch mal seine Texte durch und behält mit einem Auge unauffällig den Mann/die Frau an der Kasse im Auge. Klingelt es im Beutel oder eher nicht? Nun, an diesem Abend klingelte nicht mal der Postmann. Gähnende Leere im weiten Rund wäre noch freundlich ausgedrückt. Doch Böll und ich nahmen es sportlich und lasen, als würden die Leute in drei Lagen gestapelt an unseren Lippen hängen. Und schließlich, ganz am Ende der Veranstaltung, musste zumindest der Hund, der zu einem der Angestellten gehörte, leise in sich hinein grinsen. Vielleicht hatte er sich aber auch einfach nur verschluckt.

So und nicht anders verlief also das erste Treffen zweier Menschen, die nach ihrem Tod in die bundesdeutsche Literaturgeschichte eingehen werden. Dann werden alle jammern, dass man diese beiden Künstler des geschliffenen Wortwitzes nicht mehr erleben durfte. Aber Zeitgenossen sind seit jeher ein ignorantes Pack. Mit solchen Problemen hatten nicht zuletzt sogar die beiden (im Vergleich) Talente Goethe und Schiller zu kämpfen.

Wie auch immer, einige Monate nach unserer Begegnung kam ich mit erneut mit dem Schaffen des Künstlers Böll in Berührung. Sein Kurzgeschichtenband „Saubere Füße“ sorgte auf dieser Seite des Computers für Heiterkeit, was auch für sein musikalisches Œuvre „Liebestrunken“ gilt. Wobei das manchmal auch ein bisschen traurig ist. Aber nur ein bisschen.

Nun wagt sich Böll also erneut ans gedruckte Wort und wird die Feuilletonschreiber von Köln bis Cottbus in Verzückung versetzen. Recht so, denn Böll ist nicht nur ein feiner Bengel, sondern viel mehr. Er ist eine Mischung aus Stephen Hawking, Albert Einstein, Uschi Obermaier und Dirk Back. Er hat Charme, Witz, Intelligenz, einen echten Job und schicke Schuhe. Er braucht euer Geld also gar nicht. Aber wie ich ihn kenne, nimmt er es trotzdem. Deshalb kauft dieses Buch, verschenkt es sofort weiter und kauft es noch mal. Wiederholt diesen Vorgang in schöner Regelmäßigkeit. Und wenn ihr die Technik perfekt beherrscht fragt ihr gefälligst nach den Werken eines gewissen Till Burgwächter.

Eben jener wünscht seinem Kollegen mit dem neuen und allen folgenden Werken nur das Beste. Und vielleicht wird der erfolgreiche Leseabend anno 2007 in Taunusstein in irgendeinem anderen Kaff der Republik noch einmal wiederholt. Wir sind bereit!

Till Burgwächter,

an einem lauen Braunschweiger Sonntagnachmittag im Juli 2011.

» Es nützt überhaupt Nichts mit dem Arsch an der Wandzu liegen, wenn man mit offenem Mund schläft! «

(alte Knast-Weisheit)

Inhalt

Erste Geschichte

Der geparkte Mann

Am Mittwoch soll’s schon wieder regnen!

Das Phrasenschwein

Bei Gott zu Hause

Kachelklopper & Co. (Der Kampf ums Frühstücksbrötchen)

Helge ist ein mieser Drummer

Malte war da – Teil I: Die Theorie Pärchen und ihr Freundeskreis

Malte war da – Teil II: Die Vorgeschichte Heute ist mein Tag!

Malte war da – Teil III: Die Geschichte Malte ist da

Die missglückte Entführung

Nackter Holunder (Eine florale Kriminalgeschichte)

Abends im Puff

Der Anruf (Ein Gedankenaustausch zur Bundestagswahl)

Manches sollte lieber unausgesprochen bleiben

Der Geist von Adolf Stalin

Mit Holzapfel in Entenhausen

Erste Geschichte

Prolog

Viel zu viele Geschichten beginnen immer wieder mit solchen Sätzen wie „Es war einmal“ oder „Neulich vor gar nicht all zu langer Zeit“. Ich muss gestehen, dass ich selbst schon die eine oder andere Erzählung so begonnen habe. Auch in diesem Buch finden sich Geschichten, an deren Anfang solch eine ausgelutschte Phrase steht. Ich würde nicht soweit gehen, dass ich mich dafür schäme, aber ein wenig unangenehm ist mir dieser Umstand schon. Denn unterm Strich zeugt das von ziemlicher Ideenlosigkeit und der Tatsache, dass ich mich nicht besonders angestrengt habe. Tja, dann bin ich wohl auch nicht viel besser als die werten Kollegen, die es auch nicht für nötig halten sich über einen guten Anfang Gedanken zu machen.

Dem Leser gegenüber ist das allerdings eine ziemlich miese Geste. Da ist tatsächlich jemand bereit so viel Geld für ein bisschen bedrucktes Papier zu bezahlen und dafür bekommt er nicht mal was Neues, geschweige denn was Innovatives geboten.

„Dann lieber gar keinen Anfang, als so einen!“, habe ich einmal in der Buchhandlung jemand enttäuscht über die ersten Sätze eins Buches sagen hören.

Darüber hinaus bin ich auch zu der nüchternen Erkenntnis gekommen, dass es eigentlich vollkommen sinnlos und überflüssig ist, seinen Charakteren Namen zu geben. Es wurden schon so viele Geschichten geschrieben. Die ganzen guten Namen sind schon mehrmals benutzt worden. Da bleiben nur noch Scheiß-Namen wie Kunigunde oder Torben übrig und so mag ich meine Charaktere nicht nenne. Dafür hab ich mir echt nicht die Mühe gemacht sie zu erdenken. Außerdem ist es mir auch viel zu gefährlich geworden den Personen oder Dingen echte Namen zu geben. Unbedarft schreibt man irgendeinen Quatsch, bei dem ein fiktiver Horst schlecht weg kommt und wenn man nicht mehr daran denkt spuckt einem der Fleischwarenfachverkäufer auf die Mortadella.

Ich sollte an dieser Stelle nicht verschweigen, dass ich diesen Text zuletzt geschrieben habe. Da waren die vierzehn anderen Geschichten schon fertig. Und ich mag sie schon ganz gerne, daher hab ich sie dann doch nicht weggeschmissen, sondern auch in dieses Buch aufgenommen. Außerdem ist eine Geschichte mit fünf Seiten doch ein bisschen wenig für ein Buch und wenn ich immer alle Geschichten wegwerfen würde, wenn ich mal wieder auf einen merkwürdigen Trip komme, würden meine Bücher ja nie fertig werden.

So, genug erzählt. Jetzt kommt die erste Geschichte. Sie hat keinen standardisierten Anfang, den man schon hundert Mal gelesen hat. Es kommen keine Namen vor, sondern es wird von irgendeinem Mann und irgendeiner Frau berichtet. Eine örtliche oder zeitliche Fixierung wurde auch nicht vorgenommen. Im Endeffekt passt das alles auch ganz gut, denn man kann die Geschichte durchaus als Parabel betrachten. Wem das zu hochtrabend ist, darf sie auch gerne als Blödsinn betrachten. Allerdings muss ich ihn dann warnen: Nicht weiter lesen! Besser wird’s nicht!

Geschichte

„Meine Fresse. So eine verdammte Fickarschdreckskacke. Warum kann dieser elende Rotz denn nicht einfach mal funktionieren?“, fluchte der Mann und schlug die Fernseherfernbedienung mehrmals zornig in die hohle Hand.

„Großer Gott!“, schnaufte die Frau, die gelangweilt in einem Magazin blätterte.

„Was gibt’s denn da zu schnaufen?“

„Ständig wirfst du nur noch mit Schimpfwörtern um dich.“

„Ja und?“

„Das geht mir mittlerweile unglaublich auf die Nerven. Als wir uns kennen lernten warst du herzlich und liebevoll und immer positiv gestimmt. Jetzt bist du nur noch mürrisch und verbittert. Du erzählst mir keinen einzigen Witz mehr, sondern beschimpfst lieber in einer Tour deine Mitmenschen und wünscht ihnen schlimme Dinge an den Hals.“

„Ja aber“, versuchte der Mann sich zu rechtfertigen. „Das ist schon lange her. Damals hat mir das Leben noch nicht so viel abverlangt. Da gab’s noch ALF und nicht den lieben langen Tag nur verschissene Gerichtshows. Ich hoffe die blöde Salesch platzt irgendwann einfach in ihrer dreckigen Scheiß- Sendung.“

„Siehst du. Genau das meine ich. Du hackst einfach auf allem rum. Egal ob Menschen oder Dinge. Du hast an nichts mehr Freude. Bald mag ich dich nicht mehr, wenn du so bleibst.“

„Also wäre es dir lieber, wenn ich meinen Unmut für mich behalte, davon Magengeschwüre bekomme, die irgendwann aufplatzen und ich dann daran sterbe?“

„Ja“, sagte die Frau kühl. „Wenn dadurch alles wieder so wird wie früher.“

„So, so. Also ist es dir egal, ob ich sterbe?“

Die Frau schwieg.

„Na gut. Von mir aus.“

Also behielt der Mann ab jetzt seinen Unmut für sich und erzählte wieder Witze, um die Frau zum Lachen zu bringen. Die Frau war sehr glücklich, denn es war zwischen ihnen alles so, wie sie es sich gewünscht hatte.

Eines Tages bekam der Mann furchtbare Magenschmerzen. Kein Wunder, denn er hatte ganz fiese Magengeschwüre. Doch er erzählte der Frau nichts davon und machte weiterhin Witze um sie zum Lachen zu bringen. Irgendwann platzten die Magengeschwüre auf und der Mann starb. Auch dieses Mal sagte er der Frau nichts davon und lebte lieber als Untoter weiter. Doch dann kam der Tag an dem er der Frau alle Witze der Welt erzählt hatte. „Weißt du“, sagte er. „Jetzt kann ich nichts mehr für dich tun. Ich hab deinetwegen meine eigenen Bedürfnisse ganz lange hinten angestellt. Jetzt bin ich mal dran das Leben zu genießen.“

„Okay“, sagte die Frau. „Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du es so lange durchhältst. Das muss dann wohl echte Liebe sein.“ „Mit Liebe hat das nichts zu tun. Ich wollte nur nicht, dass du deinen Eltern erzählst, dass ich ein Arsch bin. Ich halte sehr große Stücke auf die Meinung der Beiden.“

„Na, wenn das so ist. Dann trotzdem Danke für die gute Zeit.“

Der Mann verließ die Frau und zog auf eine kleine Berghütte. Dort erfüllte er sich seinen Lebenstraum. Einmal den Doktor Faustus am Stück lesen. Doch als er damit fertig war, musste er mit Bedauern feststellen, dass die Thematik für sein schlichtes Gemüt viel zu komplex und anspruchsvoll war. Daher starb er nun endgültig vor Enttäuschung alleine in seiner Berghütte. Bis heute hat niemand seinen Leichnam gefunden. Es hat ja auch keiner gesucht.

Die Frau blieb alleine. Denn sie musste feststellen, dass keiner der neuen Verehrer ihr einen Witz erzählen konnte, den sie noch nicht kannte. Und Witze waren ihr das Wichtigste in einer Beziehung. Nur wer sie zum Lachen bringen konnte, gewann auch ihr Herz. Einer hatte es mal mit Slapstick probiert, aber darauf stand sie nicht. Gegen ihre Einsamkeit kaufte sie sich zwei Alpakas, mit denen sie in wilder Ehe lebte.

Als ihre Eltern sie fragten, warum ihre Beziehung nach so vielen Jahren dann doch noch scheiterte, erzählte sie ihnen, dass es nicht geklappt hätte, weil der Mann sich selbstverwirklichen wollte. Er sei einfach eines Tages mit einer zwanzig Jahre jüngeren Frau in einem schicken Sportwagen davon gebraust.

Ihr Vater schüttelte enttäuscht den Kopf: „Ich hab schon immer gewusst, dass er ein Arsch war!“

Der geparkte Mann

Es ist ein Skandal: jedes Jahr werden Männer jeglichen Alters zu Hunderten von ihren gelangweilten oder überforderten Frauen in den Wartebereichen von Kaufhäusern und Boutiquen skrupellos ausgesetzt und vergessen. So erging es auch Rüdiger.

„Och Tanja. Müssen wir da jetzt wirklich auch noch rein?“, müde und genervt schlappte Rüdiger hinter seiner Freundin Tanja her. Tanja war heute auf einer Shoppingtour und Rüdiger müsste mit.

„Mensch Rüdiger“, fauchte Tanja. „Sei doch ausnahmsweise dieses eine Mal nicht wie üblich die langweilige Spaßbremse. Ist es denn wirklich so viel verlangt, wenn wir hin und wieder auch mal was machen, was mir Spaß macht?“

„Ja aber, wir machen ständig nur das was du willst“, warf Rüdiger vorwurfsvoll ein. „Vorgestern waren wir im Kino und haben uns diesen dämlichen Film mit Leonardo DiCaprio angeguckt. Gestern warst du im Nagelstudio und im Aerobic. Während ich draußen im Auto warten musste.“ Rüdiger blieb schnaufend stehen. „Und heute noch dieser grausige Einkaufmarathon. Wir sind jetzt schon über sechs Stunden unterwegs.“

„Meine Güte“, schrie Tanja dramatisch auf. „Und was war am Dienstag?“

„Wie, was war am Dienstag?“, fragte Rüdiger.

„Na, was haben wir am Dienstag gemacht?“, sagte Tanja schnippisch und ungeduldig. „Da waren wir Einkaufen.“ „Richtig. Da waren wir einkaufen und du durftest dir diese blöde Batman DVD und dein bescheuertes Fußball-Magazin kaufen. Also ich für meinen Teil finde es da nur fair, wenn ich dann heute auch mal dran bin, etwas für mich zu kaufen. Also, komm jetzt endlich. Deinetwegen entgehen mir noch die ganzen guten Angebote.“

Zielstrebig marschierte Tanja in das nächstgelegene Kaufhaus. Erschöpft und widerstandslos folgte ihr Rüdiger.

„Das ist vielleicht ein Weichei“, dachte sich Tanja, während sie die ersten tollen Angebote im Entree des Kaufhauses begutachtete. „Es wird definitiv Zeit ihn los zu werden.“

Sie fuhren mit der Rolltreppe in ersten Stock, wo es die Damenoberbekleidung gab.

„So Rüdiger“, sagte Tanja bestimmend, „bevor du mir nur wieder die ganze Zeit im Weg stehst und mir noch mehr kostbare Zeit raubst, wartest du hier!“

Sie schob ihn in Richtung eines, extra mit Sitzgelegenheiten und einem Fernseher eingerichteten, Wartebereich in Nähe der Umkleidekabinen. Dort saßen bereits schon andere Männer.

„Schau mal da! Da sind ja auch noch andere. Versuch doch mal, dich mit ihnen anzufreunden. Guck mal: Und im Fernsehen läuft Formel Eins. Den Blödsinn magst du doch.“

„Das ist die Aufzeichnung vom Rennen vom letzten Wochenende. Das kenn ich schon.“

„Ist mir aber auch scheiß egal, ob dir das jetzt recht ist oder nicht!“, giftete Tanja Rüdiger an, der verschüchtert ein paar Schritte zurückging. „Du setzt dich jetzt gefälligst hier hin und wartest bis ich wieder zurückkomme.“

Ohne ein einziges Widerwort setzte sich Rüdiger still zwischen die anderen wartenden Männer.

„Na endlich“, schnaufte Tanja abfällig genervt. „So, und jetzt gib mir noch dein Portemonnaie!“

„Warum soll ich dir den mein Portemonnaie geben?“ wollte Rüdiger kleinlaut wissen.

„Wird’s bald!“, brüllte Tanja aufgebracht und stampfte so zornig auf, dass sich ein alter Mann, der einen Platz weiter rechts von Rüdiger saß, vor Schreck zusammenkauerte.

Auch Rüdiger zuckte überrascht und erschrocken zusammen. Ängstlich griff er umgehend in seine Hosentasche, holte seine Geldbörse heraus und gab sie mit zittrigen Händen an Tanja. Mit einem kräftigen Ruck entriss Tanja ihm die schmale, schwarze Lederbrieftasche. Sie steckte das Portemonnaie ein und verschwand ohne ein weiteres Wort oder Verabschiedung im Gewirr der drehbaren Kleiderständer und Auslegewaren.

Rüdiger blickte ihr traurig hinterher. Der alte Mann zu seiner Rechten kauerte immer noch zitternd auf seinem Hocker. Nach einer Weile gab Rüdiger es auf, Tanja hinterher zu blicken. Er hatte sie im Getümmel des Kaufhauses aus den Augen verloren. Enttäuscht blickte er sich um. Außer ihm und dem schreckhaften Alten waren noch drei weitere Männer von ihren Frauen hier geparkt worden. Diese hatten dem Anschein nach nichts von dem rüden Intermezzo zwischen der zornigen Tanja und Rüdiger mitbekommen. Alle drei starten einfach nur mit offenen Mündern auf den Fernseher und glotzen Formel Eins.

„Es ist okay. Sie ist weg“, sagt Rüdiger beschwichtigend zu dem kauernden Alten, der sich erst jetzt langsam und vorsichtig aus seiner ängstlichen Schutzhaltung löste.