Phytotronik - Rolf Schlegel - E-Book

Phytotronik E-Book

Rolf Schlegel

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Beschreibung

Mehr als zweitausend Jahre Praxis, Entwicklung und Forschung an Pflanzen bieten genügend Stoff für Anekdoten, kuriose Begebenheiten und sachgemäße Information. Die kurzweilig geschriebenen Kapitel zu vor allem züchterisch-genetischen Inhalten geben Anlass zum Staunen und Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken! Die souveräne Auswahl der Themen, Sortierung und ihre prägnante Abhandlung lassen Sachverstand und nötiges Einfühlungsvermögen des Autors erkennen.

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Inhalt

Autor

Einleitung

Namen, Botanik

&

Taxonomie

Doppelnamen

Trivialnamen

Monsternamen

Kurznamen

Kichern Kichererbsen

Prominente Namen

Nichts ist unmöglich

Nationalblumen

Mythen

Orakelpflanzen

Sexuelles

Papaya – Pflanze mit vielen Geschlechtern

Asexuelles

Die Enkel von Linnè

Arabismen in der Pflanzenwelt

Falsche Fünfziger

Zytologie

Sag mir, wo die Gene sind

Als die Physik die Biologie beförderte

Alte DNS, alte Chromosomen

Leben aus dem Weltall

RNS

Texus-49

Leben im Stein

Riesenchromosomen

Mini-Chromosomen

Basenpaare

Sex-Chromosomen

Supermännchen

Künstliches Chromosom

Neues Alphabet der Genetik

DNS – künftiges Medium zur Datenspeicherung

Zigeuner revolutioniert Landwirtschaft

Reis hat mehr Gene als der Mensch

Gen-Code

Reparatur der DNS

Die Genschere

Flexible DNS

Kleinstes Genom

DNS reicht nicht

Verpackung der DNS

Gene springen

Gene teilen sich

Genom

Schwarze Löcher im Genom

Wasserschlauch ist ein Unikum

Zytoplasma

Morphologie

Höhe

Breite

Giganten

Zwerge

Zwergfarne

Wuchsformen

Bäume unter der Erde

Blätter

Pflanzen sind nicht immer grün

Pflanzen können rechnen

Blätter als Radarschirm

Kot für einen Schlafplatz

Bunte Blätter

Chimären – Feuer schnaubende Ungeheuer

Laubfrosch

Rot schreckt nicht ab

Blüten

Erste Blüte kam aus dem Wasser

Trampolinblüte

Menschen essen Wespen

Früchte

Samen

1.500 Jahre lebend im Eis eingeschlossen

Nudisten unter den Pflanzen

Wurzeln

Verbreitung & Ökologie

Bronzezeitmenschen verbreiteten Getreide

Weizenhandel im Neolithikum

Morcheln sind Sklavenhalter

Pilze leuchten

Dreierbeziehung der Pflanzen

Welteroberer

Ohne Mais keine Zukunft

Unikum der Evolution

Syrer riskieren ihr Leben für Gene

5000 Jahre Gerste auf den Shetlands

Biergenuss seit 500 Jahren

Zensus für Bäume

Viren-Deodorant lockt Bestäuber an

Pflanze mit Bann belegt

Physiologie

Raub des Mitochondriums

Optimierte Photosynthese

Das pflanzliche INTERNET

Pflanzen – Profiteure der Klimakatastrophe?

Effektive Stomata der Gräser

Schnelle Pflanzen

Pflanzen verdanken wir unser Leben

Aikido des Tabaks

Warum Sonnenblumen Sonnenblumen sind

Alter

700 Jahre im Kot überlebt

Wie stellt eine Pflanze ihre Uhr?

Ewiges Leben

Dampfheizung während der Eiszeit

Bäume schlafen

Die Bösen sind die Guten

Flaschen(kürbis)post

Seit 565 Millionen Jahre erfolgreich

Betörende Düfte

Adlerholz – teuerster Duft der Welt

Scharfes

Einzigartige Aromen

Eibe tötet Pferd

Fuß ist Paradies für Pilze

Salizylsäure gegen Rehfraß

Durst

Biomotor erfanden die Gräser

Goldbäumchen rüttle dich

Streicheleinheit für meinen Kaktus?

Pflanzliche Intelligenz?

Gedächtnis der Pflanzen

Hölzernes Zeitalter

Welteroberer

Pflanzen können sogar sehen

Züchtung & Vererbung

Warum züchtet der Züchter?

Bestäuberkrise in der Landwirtschaft

Kein Weg aus der Bestäuberkrise

Schimpansen sind Botaniker

Süßes Gift

Äpfel ohne braune Flecken

Tränenlose Zwiebel

Briefmarke für die Samenzucht

Gentechnik & Biotechnologie

Pflanzen stellen ihren Dünger selbst her

Gott spielen

Neues Nähkästchen der Gentechniker

Gras wird grüner

Pfefferminztee gegen Schädlinge

Selbstschutz gegen den Kartoffelkäfer

Zucker aus Stroh

Wandergene im Reisfeld

Immer mehr Pflanzenpatente

Gentechnik – Erfindung der Natur

Auch die Süßkartoffel kann es…

Selbst der Mensch basiert auf Gentausch

Designer-Blumen

Farbenspiel

Ein Gen und die Rose duftet wieder

Nutzung von Pflanzen

Kräuter

Weltgärtner Mensch

Anti-Krebspflanzen

Farben aus Pflanzen

Teuerstes Gewürz der Welt

Papiergeld vom Maulbeerbaum

Apfel gegen Cholesterin

Grünkohl-Bonbons

Bio-Energie aus Sauerkraut

Leim der Neandertaler

Ewiges Leben mit einem Granatapfel

Algen können fliegen

Nieswurz zur Kriegsführung

Pflanzliche Bergleute – Phytomining

Wissenschaft & Forschung

Blindheit der Pflanze oder Pflanzenblindheit

Wie man in den Wald hinein ruft ….

Pomelo – Vorbild für HITEC-Metall

Brokkoli gegen Atomtod

In der Erde wühlen macht gesund

Homöopathie bei Wasserlinsen

Mandeln gegen gefräßige Schädlinge

Nano-Pflanzen

Reis prägt den Gemeinschaftssinn

Pflanzensensoren gegen Parkinson und Ebola

Phosphor-Krise

Präzisionszüchtung

Tabletten aus Moos

WWW, Blog & Twitter

Rohkost macht schlank, aber dumm

Kaktus klärt Schmutzwasser

Weihnachtsbaum ist giftig

Bedeutsame Bernstein-Blüte

Windbaum

Bio bringts

CHNOPS

Spinnen spinnen

Gene gegen Alkohol

Gemeinsam sind sie stark

Selbstmord-Pflanzen

Mais als ökologische Nische?

Goldwerter Pilz

Sirdavidia – ein neuer Baum

Winzige Landwirte

Ungesundes Brot

Garten grün anstreichen

Eisblumen sterben aus

Mit Pflanzen auf Planetenjagd im Kosmos

Agropolis

Bananenschale gegen den Krebs

Zaun gegen Hunger in der Welt

Pandanus findet Diamanten

Neun seltenste Pflanzen

Küssen verändert Mikroflora

Tod aus dem Gemüsegarten

Zweiter Nobelpreis für eine Pflanze

Erbstück entpuppt sich als älteste Kartoffel

Bibliographie

Autor

Prof. Rolf Schlegel, ist Emeritus für Zytogenetik, Genetik und Pflanzenzüchtung, nach über 40 Jahren Erfahrung in Forschung und Lehre. Er ist Autor von mehr als 200 wissenschaftlichen Publikationen und anderen Abhandlungen, Koordinator internationaler Forschungsprojekte und Mitglied mehrerer internationaler Organisationen. Er veröffentlichte bereits erfolgreich fünf Fachbücher in englischer Sprache, herausgegeben von drei amerikanischen Verlagen.

Das vorliegende Werk ist die vierte Ausgabe einer deutschsprachigen Monographie, die in der vorgelegten Form wohl einzigartig ist. Die Neuauflage basiert auf der Fülle neuer Informationen sowie auf der regen Nachfrage nach dem ersten Druck. Die populären Darstellungen zielen auf einen breiten Lesekreis ab, vor allem auf Biologen, Agronomen, Gärtner, Züchter, Ökologen, Lehrer, Pflanzenliebhaber und Studenten. Die große Menge der hochkomplexen und speziellen Literatur aus den Gebieten der Botanik, Vererbung, Züchtung und Gentechnik ist so aufbereitet worden, dass dem interessierten Leser Neuigkeiten und Trends auf einfache Weise zugänglich werden.

R. Schlegel diplomierte 1970 auf dem Gebiet der Pflanzenzüchtung und promovierte 1973. Die Habilitation (Dr. sc.) folgte 1982. Er war langjährig an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, dem Institut für Genetik und Kulturpflanzenforschung der Akademie der Wissenschaften, Gatersleben, dem Institut für Getreide und Sonnenblumenforschung, Dobrich/Varna sowie dem Institut für Biotechnologie der Bulgarischen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften tätig, darüber hinaus an verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen der USA, Brasilien, England, Japan, Russland und andere Länder.

Einleitung

Alles was wir auf dieser Erde vorfinden ist durch eine Kette kosmischer Ereignisse und Zufälle zustande gekommen, ob es die bizarre Geologie, die Biologie oder das menschliche Bewusstsein ist. Grandios.

Alle Arten Atome in einer Pflanze – und damit natürlich auch in allen Tieren und Menschen – sind bei einer oder mehreren Explosionen von Sternen entstanden. Der „Tod“ eines Sterns war somit die Voraussetzung für das Leben!

Die heute gängige Theorie ist, dass es vor ca. 15 Mrd. Jahren zum „big bang“, dem Urknall, kam. Aus einem stecknadelkopf-großen Nichts entwickelte sich das Universum. Es dauerte etwa 400.000 Jahre, bis die Temperatur ausreichend abgesunken war, so dass sich stabile Atome bildeten und Licht große Distanzen zurücklegen konnte ohne absorbiert zu werden. Die mittlere freie Weglänge von Photonen vergrößerte sich extrem, das Universum wurde also durchsichtig, genauer gesagt nahm seine optische Dichte rapide ab und fiat lux – es ward Licht! Das war die Grundvoraussetzung für pflanzliches Leben.

Vor mehr als zwei Milliarden Jahren sah unsere irdische Welt noch ganz anders aus. Es gab nur Bakterien. Dann geschah etwas, was als Basis für das pflanzliche Leben diente. Der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre stieg. Es waren Blaualgen (zeitweise als Cyanobakterien bezeichnet), die dieses verursachten. Sie waren in der Lage, Photosynthese zu betreiben, und zwar mit der Energie des Sonnenlichtes. Wasser spalteten sie chemisch auf, wobei sie Wasserstoff gewannen und jenen mit dem Kohlendioxid der Luft, zu Glukose verarbeiteten. Als Nebenprodukt entstand Sauerstoff, der der damaligen Umwelt zunächst nicht sehr zuträglich war.

Andere, schon existierende Bakterien, ernährten sich von den Blaualgen. Scheinbar spontan kam es auch zu einer Verschmelzung von Blaualgen mit anderen Bakterienarten, d. h. letztere verleibten sich die photosynthetisierenden Blaualgen ein („Phagozytose“). Ein weiteres Fusionsereignis mit Bakterien verhalf der verschmolzenen Zelle, auch noch den von den Blaualgen produzierten Sauerstoff zu verarbeiten. Damit war der giftige Sauerstoff in der Zelle neutralisiert.

Die moderne Biologie kann diese Prozesse belegen. Die Zellorganellen haben eine doppelte Hüllwand. Die innere der beiden so genannten Membranen geht auf die Bakterienmembran zurück, die äußere stammt von der Wirtszelle. Die beiden Membranen unterscheiden sich daher in Struktur, Funktion und DNS.

Die Gentechnik konnte sogar zeigen, dass das Protein „Artemis" (nötig für die Teilung der Chloroplasten) in einem Zellbestandteil auf die bakterielle Vorfahren verweist und dessen DNS somit mehr als 1,5 Mrd. Jahre alt ist.

Der russischen Biologe Konstantin Sergejewitsch MERESCHKOVSKI (1855–1921) entwickelte diese Hypothese schon im Jahr 1905. Nach vielen Diskussionen und Anfeindungen ist sie heute als wahrscheinlichster Weg für die Entstehung der Pflanzen anerkannt.

Nur LUCA ist noch immer nicht bekannt, d. h. der „Last Universal Common Ancestor“ (der letzte universelle gemeinsame Vorfahre). Irgendwann muss es einen Übergang von der unbelebten Materie des Urplaneten zu einer ersten Lebensform gegeben haben. Kommt sie gar aus dem Weltall? Hierüber herrscht bis heute Unklarheit.

Pflanzen sind etwas Universelles: Sie sind sensibel, entscheidungsfreudig und lernfähig. Sie erinnern sich an Vergangenes und planen voraus. Pflanzen können riechen, schmecken, sehen, hören und sprechen. Sie haben sogar mehr „Sinne“ als Menschen.

Mindestens zwanzig verschiedene Umweltfaktoren, darunter Licht, Bodenstruktur und Schwerkraft können sie registrieren. Sie orientieren sich an elektrischen und magnetischen Feldern der Erde. Sie kommunizieren miteinander und mit anderen Organismen.

Andererseits sind die Pflanzen nicht immer so sprichwörtlich friedlich wie man denkt. Auch unter ihnen wird gehauen und gestochen, getäuscht und getrickst, gemordet und brutal gegeneinander vorgegangen, vergiftet und gewürgt oder gestohlen und die Keimlinge der vermeintlichen Feinde vernichtet.

Die irdische Artenvielfalt ist enorm. Auf unserem Planeten könnte es mehr als eine Billion verschiedener Arten geben – die überwältige Mehrheit davon Mikroorganismen. Somit sind uns bisher 99,999 Prozent völlig unbekannt.

Von allen Arten gehören etwa eine halbe Million zu den Pflanzen. Was jene Erscheinungen im Pflanzenreich noch hervorgebracht haben und wie der Mensch diese Erscheinungen interpretiert bzw. beeinflusst, wird anhand einiger kurioser sowie skurriler Fakten und Zusammenhänge dargestellt. Pflanzen sind die Spitze des Grandiosen. Ohne Pflanzen keine Tiere, ohne Pflanzen keine Menschen.

Dieses Buch kann vielleicht einen Beitrag dazu leisten, die im Jahr 1998 von James WANDERSEE und Elizabeth SCHUSSLER beschriebene „Pflanzenblindheit“ unter den Menschen zu kurieren.

Auf Grund der regen Nachfrage nach der ersten, zweiten und dritten Auflage dieses Buches und dem unerschöpflichen Reservoir an neunen Informationen, hat sich der Autor für eine vierte, wiederum stark überarbeitete Herausgabe überreden lassen. Möge sie wiederum eine kurzweilige Lektüre sein, um den Leser zu animieren, das Einzigartige dieser, unserer Welt noch lange zu erhalten.

Der Autor

Namen, Botanik & Taxonomie

Beschäftigt man sich mit Pflanzen, so muss man mit Studien zur Herausbildung der deutschen Sprache beginnen. Wer Latein lernte, dem fielen schnell – bei aller Fremdheit der neuen Sprache – gewisse Ähnlichkeiten im Wortschatz und der sprachlicher Kultur auf. So etwa: habere > haben, non > nein, nemo > niemand, est > ist, sunt > sind, nasus > Nase, fenestra > Fenster oder plantāre > pflanzen.

Dass die Germanen vor ihrer Begegnung mit den Römern keine Gourmets waren, zeigt sich noch heute in unserer Sprache. Die Wörter Küche und kochen sind nämlich schon Latinismen und stammen von lat. coquīna und coquere. Die kunstvolle Zubereitung von Speisen in einem eigenen Raum – der Küche – wurde offenbar als so römisch empfunden, dass man hierfür ganz früh – noch vor der hochdeutschen Lautverschiebung – in den germanischen Sprachen die lateinischen Lehnwörter übernahm. So wird aus cerasium > Kirsche, aus prūnus > Pflaume, aus vīnum > Wein, aus vīnitor > Winzer oder aus fructus > Frucht.

Vor dem Kontakt mit den Römern ernährten sich die Germanen hauptsächlich von Fleisch, Milchprodukten, Wurzeln und einigen wenigen einheimischen Wildgemüsen bzw. -kräutern. Darunter waren Getreide wie Hirse, Gerste, Weizen, Hafer und Roggen sowie Gemüse wie Möhren, Kohl, Rettich, Kopfsalat, Spargel, Porree, Zwiebel und Sellerie (vgl. Abb. 23).

Menschen haben den Pflanzen ihrer Umgebung schon immer Namen gegeben. Die waren und sind regional verschieden.

Manchmal erscheinen sie uns heute als kurios. Dennoch widerspiegelten sie entweder den subjektiven Eindruck, den sie bei den früheren Menschen hinterließen, die Nutzung oder andere Eigenschaften. Eine kleine Auswahl verdeutlicht das:

Alpenrose, Alpenveilchen, Baumwolle, Buchweizen, Edelweiß, Fetthenne, Fleißiges Lieschen, Frauenschuh, Froschlöffel, Gänsegrün, Gelbsterne, Hasenohr, Himmelsschlüsselchen, Jelängerjelieber, Katzenpfötchen, Knöterich, Krause Glucke, Krebsschere, Lebkuchenbaum, Mädchenauge, Männertreu, Mauerpfeffer, Osterglocke, Pfingstrose, Pusteblume, Sanddorn, Stechapfel, Stiefmütterchen, Stockschwämmchen, Studentenblume oder -nelke, Tausendschönchen, Tollkirsche, Tränendes Herz, Tulpenbaum, Vergissmeinnicht, Weidenkätzchen, Wolfsmilch etc.

Das setzt sich natürlich auch in den späteren lateinischen Bezeichnungen fort, z. B. Atropa belladonna für die Schwarze Tollkirsche. Der deutsche Name bezieht sich nicht auf den heute wertpositiven umgangssprachlichen Ausdruck „Toll!“ sondern auf die Auslösung von Tollheit (Wildheit, unkontrolliertes Verhalten) bei Mensch und Tier nach Aufnahme subletaler Mengen. Die Pflanze ist nämlich giftig.

Die ersten historischen Ansätze, Pflanzen anhand ihrer Wuchsform in Bäume, Sträucher und Kräuter zu unterscheiden, nahmen ihren Anfang bereits zu Zeiten PLATONs und ARISTOTELES. Diese Einteilung wurde bis in das 17. Jahrhundert beibehalten. Erst danach entstand der Wunsch, Pflanzen anhand bestimmter Kategorien zu gliedern und zu ordnen. Die im 16. Jh. entstandenen Kräuterbücher von Otto BRUNFELS, Leonard FUCHS und Hieronymus BOCK beschrieben die Heilpflanzen noch ohne systematische Reihenfolge. Es war allgemein üblich, Pflanzen mit langen erklärenden Begriffen zu bezeichnen, die von Ort zu Ort variieren konnten. Der aus der Schweiz stammende Arzt und Botaniker Caspar BAUHIN (1560–1624) kann als der Begründer dafür angesehen werden, Pflanzen nach einer bestimmten Systematik zu ordnen. So führte er die Unterscheidung von Art und Gattung ein.

Die heutige Namensgebung ist ziemlich eindeutig durch verschiedene international gültige Regelwerke und Vereinbarungen reglementiert. In Werken wie dem „Internationalen Code der Botanischen Nomenklatur“ ist festgelegt, wann ein wissenschaftlicher Name rechtmäßig ist und wann er nicht akzeptiert wird. Die Entscheidung dazu trifft im Falle der Pflanzen die „International Association for Plant Taxonomy“ (IAPT).

Diese Regeln sind ausgesprochen praktisch, da man sich auf diese Weise weltweit ohne große Sprachverwirrung über eine bestimmte Pflanze unterhalten kann. Man bedenke nur wie viele verschiedene deutsche Namen mitunter für nur eine einzige Pflanze bekannt sind.

Der Name des Bärlauchs rührt angeblich daher, dass Bären sich nach ihrem Winterschlaf den Bauch mit diesem Kraut vollschlagen. Man dachte, dass dieses Kraut dem Tier auch seine sprichwörtlichen Bärenkräfte verleiht.

Bei der Benennung der Pflanzen hat man sich für die alten Sprachen der Wissenschaft entschieden: Lateinisch und Griechisch. Fälschlicherweise werden die wissenschaftlichen Pflanzennamen häufig ganz platt als „lateinische Pflanzennamen“ bezeichnet, obwohl viel mehr Worte aus dem griechischen Sprachgebrauch stammen. Verstärkt wird dieser falsche Eindruck obendrein durch die Latinisierung der griechischen Gattungs- und Artnamen. (aus der griechischen Endung „–os“ wird z. B. die lateinische Endung „–us“).

Der wissenschaftliche Name einer Pflanze besteht immer aus zwei Worten – die so genannte binäre Namensgebung. Das erste Wort bezeichnet dabei die Gattung (lat.: genus) und das zweite die Art (lat.: species). Der Gattungsname wird stets groß geschrieben, die Artbezeichnung beginnt mit einem kleinen Anfangsbuchstaben.

Obwohl durch diese Regeln relativ enge Grenzen gesetzt sind, bereiten die kreativen und weniger kreative Benennungen mancher Botaniker dem Leser dennoch ein Schmunzeln im Gesicht.

Doppelnamen

Manchmal gibt es Pflanzen, die über zwei botanische Namen verfügen, beispielsweise der Rainfarn. Er hat auch im Deutschen viele Bezeichnungen wie Drusendrud, Kraftkrud, Milchkraut, Michelkraut, Pompelblume, Regenfahn, Rehfarn, Reifen, Reinfaren, Revierblume, Tannkraut, Wurmkraut oder Wurmsamen.

Die botanischen Namen sind entweder Chrysanthemum vulgare oder Tanacetum vulgare. Hier ist die Klassifikation noch nicht eindeutig entschieden. In Gartenfachbüchern findet man meist die Bezeichnung Chrysanthemum, die sich aus „verwandtschaftlichen“ Beziehungen mit anderen Korbblütlern herleitet. Der griechische Name Chrysanthemum setzt sich übrigens aus „chrysos“ für Gold und „anthemon“ für Blume zusammen. In der Kräuterliteratur überwiegt der Name Tanacetum. Dieser soll sich vom griechischen „tanaos“ ableiten, was in etwa „hohes Alter“ bedeutet. Man meint, dass damit auf die ungewöhnlich lange Blütezeit der Pflanze angespielt wurde.

Trivialnamen

Manche Pflanzen tragen eine enorme Vielfalt von volkstümlichen Bezeichnungen. Der Gagelstrauch gehört dazu. Man nennt ihn Bäckerbusch, Birtgenbertz, Borse, Flohkrut, Gerber-Myrthe, Grut, Mirtelbaum, Mirtelbon, Mirtelepoumahi, Mitrus, Myrtenheide, Noppenkraut, Portz, Rausch, Talgbusch, Torf-Öl-Myrte oder sogar Waschbaum. In norddeutschen Gegenden wird der Gagelstrauch auch Beerpost, Kienpost, Porst, oder Post genannt. Zahlreiche dieser Bezeichnungen sind sogar irreführend, da z. B. der Name Porst oder Sumpfporst im botanischen Gebrauch der deutschen Sprache die Pflanze Rhododendron tomentosum bezeichnet. Die Autoren alter Kräuter-und Arzneibücher verwendeten häufig die Bezeichnungen Mirtus pors, Myrten, Rhus sylvestris oder Tamariscen. Diese Pflanze weist noch eine Besonderheit auf. Der Gagelstrauch wurde in Nordwesteuropa schon früh zum Bierbrauen verwendet. Aufgrund von archäologischen Funden im Gebiet der Rheinmündung kann angenommen werden, dass Gagel dort bereits vor der Zeitrechnung zum Bierbrauen verwendet wurde. Nach der am Niederrhein üblichen Bezeichnung für den Gagelstrauch „Grut“ werden solche Biere auch Grutbiere genannt. Diese waren bis in das 15. Jahrhundert weit verbreitet. Die Bierbrauer, die damit arbeiteten, nannte man früher „Gruter“, woher sich viele ähnliche Familiennamen wie Greuter, Gruyter, Grüter usw. herleiten. Auch heute gibt es noch bzw. wieder Gagelbiere. In Dänemark, vor allem in Jütland, wo der Strauch noch recht häufig vorkommt, bilden die Zweige des Gagelstrauchs den entscheidenden Bestandteil des wegen seiner Mildheit beliebten Gagel-Schnapses (Porsesnaps). Außerdem braut die Brauerei Thisted Bryghus ein Gagelbier mit dem Namen Porse Guld.

Selbst als Gerberpflanze und als insektenvertreibendes Mittel kam der Gagel in Gebrauch. Die Blütenknospen wurden sogar zum Gelbfärben verwendet.

Monsternamen

Der Schweizer Botaniker Caspar BAUHIN (1560–1624) hatte in „Pinax Theatri Botanici“ (Basel 1623) als Erster den Versuch unternommen die verwirrende Vielfalt der Pflanzennamen (ca. 6.000 Arten) zu ordnen. Er unterschied bereits die Begriffe „Gattung“ und „Art“. Eine Pflanze wurde bei BAUHIN durch einen Gattungsnamen und mindestens ein Beiwort beschrieben, das die jeweilige Art von anderen Arten der gleichen Gattung unterschied.

Mit der Entdeckung neuer Pflanzenarten wurden die diagnostischen Namen immer länger. Eine der Schwertlilienarten trug beispielsweise den Namen Iris latifolia germanica ochroleucos venis flavescentibus et purpurascentibus distincta. Um diese Art zu zitieren, musste man faktisch die komplette Beschreibung der Art angeben. Die Schwertlilie (Iris sp.) ist verständlicherweise nach den Blättern benannt, die zweischneidigen Schwerterklingen gleichen.

„Um selbst den sanften Blumen den Glauben an den ewigen Frieden auf Erden zu rauben, baute der Lenz mitten in den Kelch einer Lilie das Wahrzeichen des Kampfes, ein gezücktes Schwert hinein."

Letzteres ist die poetische Umschreibung der Iris, und zwar von Arthur SILBERGLEIT.

Kurznamen

Allerdings gibt es auch sehr kurze Art- und Gattungsnamen, z. B. Aa, der Gattungsname einer Orchidee aus den Hochlagen der Anden in Südamerika. Heinrich Gustav REICHENBACH unterteilte die Gattung Altensteinia im Jahre 1854 und beschrieb die Gattung Aa mit zwei Arten, Aa paleacea und Aa argyrolepis. In der Erstbeschreibung gibt er keine Erklärung für den ungewöhnlichen Namen. Es existiert die Vermutung, er habe den Namen gewählt, um in alphabetisch sortierten Namenslisten immer an erster Stelle aufzutauchen! Es könnte aber auch eine Ehrung Pieter van der AAS sein. Eine dritte Möglichkeit ist, dass sich der Name als Verkürzung von der nahe verwandten Gattung Altensteinia ableitet.

Einige Jahre später machte REICHENBACH seine Einteilung wieder rückgängig und stellte alle Arten wieder zu der Gattung Altensteinia, während Rudolf SCHLECHTER 1912 nochmals die Trennung vorschlug.

Es ist schon ein Kreuz mit den Namen.

Kichern Kichererbsen

Sie kichern nicht, aber der Mensch könnte schmunzeln, wenn der folgende Geschichte hört: Schaut man sich eine einzelne Kichererbse einmal von vorne an, dann erkennt man einen winzigen Zipfel und gleich darunter eine Kerbe. Mit etwas Phantasie könnte man das als lächelndes Gesicht interpretieren. Zum Kichern bringt uns das dennoch nicht.

Wie Bohne, Erbse und Linse gehört die Kichererbse (Cicer arietinum) zu den Schmetterlingsblütlern. Die Samen befinden sich in einer Hülse. Das brachte ihnen den Namen Hülsenfrüchte ein. Erbsen, Linsen und Kichererbsen sind in Asien schon seit 10.000 Jahren bekannt. Die Kichererbse, auch Echte Kicher, Römische Kicher, Venuskicher oder Felderbse genannt, stammt aber aus den hohen Bergen des Himalajas. Sie ist wahrscheinlich mit der wild wachsenden Cicer reticulatum verwandt. Von den Bergen aus kam sie über Händler nach Arabien, später auch nach Europa. In der Türkei macht man aus ihnen „Humus“ – eine Vorspeise, woanders entsteht aus ihnen das „Falafel“ – frittierte Bällchen. Kichererbsen sind recht trockenresistent und damit eine bevorzugte Kulturpflanze in ariden Gebieten.

Der Name der Kichererbse ist vermutlich eine Verballhornung des lateinischen Namens „cicer“. So nannten die Römer diese Hülsenfrucht, was so viel wie Erbse bedeutet. „Cicer“ wird von manchen Menschen auch wie „kiker“ ausgesprochen. Im Althochdeutschen wurde daraus „kihhira“ und schließlich „kicher“.

Prominente Namen

„Linnea“ ist ein schwedischer Mädchenname. Er leitet sich von der Pflanze „Linnaea borealis" ab. Das war nämlich die Lieblingsblume des schwedischen Botanikers Carl von LINNÉ (1707–1778). Da er das Privileg hatte, den Pflanzen wissenschaftliche Namen zuzudenken, nannte er das „Moosglöckchen" (deutsch) flugs nach sich selbst. Die andere Bedeutung von „Linnea“ ist auch "die Zarte". Anderen Menschen taten es LINNÉ gleich: Sie gaben ihren Kindern Namen von Pflanzen. Eine kleine Auswahl ist beigefügt (vgl. nachstehende Liste).

Liste von Vornamen benannt nach Pflanzen

Name

Sex (w/m)

Sprache

Bemerkungen

Amaryllis

w

Griech.

n. d. Hirtin in einem Werk von VIRGIL

Azalee

w

Eng.

n. d. Blüte d. Azalee

Blossum

w

Eng.

soviel wie Blüte

Clivia

w

Eng.

n. d. Blüte d. Clivie

Dahlia

w

Dt.

n. d. Blüte d. Dahlie

Daisy

w

Eng.

n. d. Gänseblümchen

Garance

w

Franz.

n. e. Pflanze m. intensiv rotem Farbstoff

Gentian

m

Lat.

n. d. blauen Enzian

Ginger

w

Eng.

f. jemanden m. rötlich-braunen Haaren

Hazel

w

Eng.

n. d. braunen Haselnuss

Heather

w

Eng.

n. d. purpurnen Heidekraut

Hyacinth

m

Griech.

n. d. Blüte d. Hyazinthe

Jacek

m

Pol.

n. pol. Koseform v. Jacenty (= Hyazinth)

Jasmin

w

Pers.

n. d. wohlriechenden Blüte d. Jasmin

Kosmea

w

Griech.

n. d. Blume “Cosmea”

Lilac

w

Eng.

n. d. Flieder

Lili

w

Hebr.

n. d. Lilie; Lilie gilt i. Christentum als Symbol d. Reinheit

Loubna

w

Arab.

Namen für

Styrax,

e. Baum, aus d. man Harz gewinnt

Marigold

w

Eng.

n. d. Ringelblume

Mierta

w

Griech.

n. d. Myrte

Nadeshiko

w

Jap.

n. d. Nelke

Oliva/Olivia

w

Lat.

n. d. Olive

Oliver

m

Ital.

n. d. Olive

Rosa

w

Pers.

Rose

Viola

w

Lat.

n. d. Veilchen

Nichts ist unmöglich

Eine im Februar 2006 in Ekuador neu entdeckte tropische Pflanze aus der Familie der Enziangewächse wurde nach den US-Punk-Rockern „Green Day" benannt! Der Schweizer Botanikprofessor Jason R. GRANT fand sie mit seinen Studenten. Da die Pflanze natürlich noch keinen Namen hatte, musste ein neuer gefunden werden. Seine Studenten waren große Fans der US-Punk-Rockband „Green Day“. Als sie über einen Namen nachdachten, kam ihnen einfach Macrocarpaea dies-virdis in den Sinn. Der letzte Teil des lateinischen Namens bedeutet "Green Day" (= grüner Tag).

Auch eine zweite Art aus dieser Gattung erhielt ihren Namen auf kuriose Weise: Macrocarpaea apparata wurde mit dem englischen Neuverb „to apparate” („erscheinen“) assoziiert, das mit dem Buch „Harry POTTER and the Chamber of Secrets“ von J. K. ROWLING (1998) populär wurde. „Als wir die ersten Exemplare der neuen Art fanden, konnten wir nur sterile Individuen erkennen. Nachdem wir den ganzen Nachmittag bis kurz vor der Dämmerung suchten, fanden wir endlich quasi aus dem Nichts auftauchend mehrere blühende Pflanzen …“ [51]

Das jüngste Beispiel ist eine in Kalifornien (USA) entdeckte Flechtenart, die zu Ehren des ehemaligen amerikanischen Präsidenten, Barack OBAMA, Caloplaca obamae, benannt wurde und im pleistozänen Boden der Insel Santa Rosa wächst. Der Biologe der Universität von Kalifornien in Riverside, Dr. Kerry KNUDSEN, war gerade auf Sammelreise als es im Jahr 2008 in die „heiße Phase” des Präsidenten-Wahlkampfes ging. Er war von der neuen amerikanischen Politik, dem Charisma von B. OBAMA und der wissenschaftsfreundlichen Einstellung des Kandidaten begeistert.

Ein Topffruchtgewächs (Lecythidaceae), wurde nach dem französischen Kaiser Napoleon BONAPARTE (oder NAPOLEON I.), Napoleonaea imperialis, benannt.

Nicht ungewöhnlich ist, dass man Sorten von Kultur- und Zierpflanzen nach bekannten Persönlichkeiten benennt. Rosen tragen Namen wie „Cardinal Richelieu“, „Archiduchesse Elizabeth d'Autriche“, „Jeanne d'Arc“, „Princesse Marie Adelaide de Luxembourg“, „Regierungsrat Rottenberger“, „Mildred Scheel“, „Aenne Burda“, „Bobby Charlton“, „Angie“ (Angelika Merkel) etc.

Auch liebevolle Namen werden manchmal vergeben: So nennen die Amerikaner seit dem Jahr 1879 einer ihrer größten und ältesten Mammutbäume im Kings Canyon und Sequoia National Park nach dem Bürgerkriegsgeneral „General Sherman“. Da der Name offensichtlich nicht mehr zeitgemäß war, wurde er im Jahr 1880 in „Karl Marx“, aber zwei Jahre später wieder in „General Sherman“ umbenannt.

Selbst nordkoreanische Politiker erfahren noch heute die Ehre:

Die „Kimjongilia“ ist eine Begonien-Hybride aus der Gruppe der Knollenbegonien. Sie wurde im Jahr 1988 zum Anlass des 46. Geburtstags von KIM JONG-IL (1941–2011, seit 1997 Generalsekretär der PAK) von dem japanischen Botaniker Mototeru KAMO aus Kakegawa gezüchtet. Sortenmäßig eingetragen ist sie als „Begonia × tuberhybrida „Kimjongilhwa“. Sie soll angeblich stets zum Geburtstag von KIM JONG-IL am 16. Februar blühen sowie Weisheit, Liebe, Recht und Frieden symbolisieren.

Nationalblumen

Wie sehr Völker mit ihrer Natur und Umgebung verbunden sind, zeigen die vielen Beispiele von Nationalblumen (vgl. nachstehende Liste). Nationale Symbole dienen oft der Veranschaulichung der Ideen, die einen Staat oder Gemeinwesen tragen. Nationale Symbole entstehen seltener zielgerichtet von oben, sondern häufiger spontan.

Die genauere Bedeutung eines jeweiligen nationalen Symbols ist einem Wandel unterlegen. Zu den nationalen Symbolen im engeren Sinn werden die Flagge bzw. deren Farben, das Wappen und die Nationalhymne gerechnet. Erst im Jahr 2015 stimmten die Neuseeländer über eine neue Staatsflagge ab.

Anstelle des Union Jack soll künftig ein stilisierter Silberfarn die Fahne schmücken. Der Legende der Maoris nach lebte der Farn einst im Meer. Er wurde an Land gebeten, um die Maoris nachts im Dschungel zu geleiten. Im Mondlicht schimmert die silbrige Blattunterseite, um ihnen den Weg zu weisen.

Zu nationalen Symbolen können aber auch Nationalhelden und Gründerväter, Nationalepen, Dichter, Allegorien, Tiere, Speisen oder eben Pflanzen werden.

Land

Pflanze

Botanischer Name

Ägypten

Papyrus

Cyperus papyrus

Argentinien

Korallenstrauch

Erythrina crista-galli

Äthiopien

Zantedeschie

Zantedeschia aethiopica

Australien

Blue Gum-Eukalyptus

Eucalyptus globulus

Barbados

Fig tree

Ficus citrifolia

Bhutan

Blauer Mohn

Meconopsis horridula

Bolivien

Patujú

Heliconia rostrata

Brasilien

Brasilholz

Caesalpinia echinata

Chile

Copihue

Lapageria rosea

Deutschland

Kornblume

Centaurea cyanus

Estland, Russland

Birke

Betula

ssp.

Frankreich

Lilie

Lilium

ssp.

Indonesien

Feigenbaum

Ficus ssp.

Italien

Alpenveilchen

Cyclamen repandum

Kanada

Ahorn

Acer

ssp.

Kansas, USA

Sonnenblume

Helianthus

ssp.

Kroatien

Blaue Iris

Iris illyrica

Laos

Frangipani

Plumeria alba

(obwohl heinisch in Zentralamerika)

Lesotho

Spiral-Aloe

Aloe polyphylla

Madagaskar

Baum der Reisenden

Ravenala madagascariensis

Marokko

Argan

Argania spinosa

Mexiko

Dahlie

Dahlia

ssp.

Namibia

Welwitschie

Welwitchia mirabilis

Nepal

Rosenbaum

Rhododendron arboretum

Neuseeland

Kauri-Baum, Silberfarn

Agathis australis, Cyathea dealbata

Nordkorea

Kimjongilia

Dendrobium-Begoniahybride

Peru

Kantuta

Cantua buxifolia

Philippinen

Jasmin

Jasminum sambac

Ruanda

Korallenbaum

Erythrina abyssinica

Schottland

Distel

Cirsium

ssp.

Schweiz

Edelweiss

Leontopodium nivale subsp. alpinum

Seychellen

Angrek -Orchidee

Angreacum eburneum

Südafrika

Königsprotea

Protea cynaroides

Türkei

Tulpe

Tulipa

ssp.

Vietnam

Lotosblume

Nelumbo

ssp.

Zimbabwe

Ruhmeskrone

Gloriosa rotschildiana

Mythen

Durch morphologische Eigentümlichkeiten wie Form, Farbe usw. erhielten nach altem Glauben Pflanzen und Pflanzenteile ihre „Signatur", bestimmten Heilzwecken zu dienen. Der „Deutsche Vater der Botanik", Hieronymus BOCK (1498–1554), macht in seinem „New Kreuterbuch" (1551) darauf aufmerksam, dass der Querschnitt des Wurzelstocks beim Kreuzenzian (Gentiana cruciata) aussieht, als ob er mit einem Speere kreuzweise durchstochen wäre. Daher rührt wohl der Vulgärname „Speerenstich“.

Allermannsharnisch oder Sieglauch, der als Amulett getragen, den feindlichen Geschossen die Kraft benahm, ist Allium victorialis, eine Zwiebelpflanze.

Im späteren Alter schwindet das Parenchym der äußeren Zwiebelschuppen und es bleiben bloß die netz- oder kettenhemdartig zusammenhängenden Fibrovasalstränge zurück, die entfernt an einen Harnisch erinnern.

Orakelpflanzen

Das Orakel bezeichnet eine mit Hilfe eines Rituals oder eines Mediums gewonnene transzendente, häufig göttliche Offenbarung, die der Beantwortung von Zukunfts- oder Entscheidungsfragen dient. Die mittels des Orakels gewonnenen Hinweise und Zeichen können dem Fragenden als Rechtfertigungsgrund eigener Entscheidungen und Handlungen dienen. Bekanntestes Beispiel ist das berühmte Orakel von Delphi. In der Kulturgeschichte, Ethnologie und Esoterik reichen die Begriffe „Hellsehen“ und „Wahrsagen“ dagegen von der Deutung zufälliger Ereignisse nach vorgegebenen Regeln bis zur Inanspruchnahme hellseherischer Fähigkeiten.

Für die Gartenliebhaber sei in diesem Zusammenhang das „Gärtnern nach dem Mond" genannt. Bei den Orakelpflanzen sind am gebräuchlichsten wohl die für Liebesorakel traditionell befragten Pflanzen. Doch auch andere Pflanzen wurden als Orakel benutzt. Insbesondere Pflanzen, die „aus der Reihe tanzen“, wurden oft zu Trägern eines Aber- und Zauberglaubens, weil sie zu ungewöhnlicher Zeit blühen wie die Christrose, auffällige Blütenformen haben wie das Löwenmaul, keine Samen bilden wie das Farnkraut, oder hoch oben in Bäumen wachsen wie die Mistel.

Schon in heidnischer Zeit wurden den Göttern Schüsseln mit Früchten geopfert, um sie gnädig zu stimmen. Das Christentum hat diesen Brauch übernommen. Man stellt auch heute noch in der Adventszeit Schüsseln mit Apfelsinen, Äpfel und Nüssen Zuhause auf. Ein anderer Brauch ist: Man stelle an Weihnachten zwölf Blütenknospen der Christrose in eine Vase.

Für jeden Monat eine. Dann beobachtet man welche Blüten sich öffnen. Geöffnete Blüte deuten auf gutes Wetter und im entsprechenden Monat geschlossene auf schlechtes. Das beinhaltet z. B. ein Wetterorakel aus dem Züricher Oberland.

When you’re caught under the mistletoe, the tradition is to kiss the person next to you.

Englisches Sprichwort

In der griechischen Mythologie beweinte Aphrodite den Tod des Adonis. Aus ihren Tränen sollen die ersten Adonisröschen erwachsen sein, dass Blut des sterbenden Adonis färbte die Blüten rot.

Liebes- und Berufsorakel sind: Man legt ein Blütenblatt auf die Stirn oder bildet mit Daumen und Zeigefinger einen Ring und legt darauf das Blütenblatt. Ein kräftiger Schlag mit der anderen Hand erzeugt ein klatschendes Geräusch. Aus der Stärke des klatschenden Geräusches wollten Burschen von früher auch etwas über die Erfolgsaussichten ihrer Bemühungen um ein Mädchen erfahren. Gab es einen leisen Knall, konnte man auf einen Kuss, war er laut, auf einen weiter gehenden Liebesbeweis hoffen.

Mit dem Erraten der Blütenfarben der noch in der Knospe versteckten Blütenblätter war in Mittelfranken ein Berufsorakel verbunden: Helle Blütenblätter deuteten auf den Bäcker-, dunkelrote auf den Metzgerberuf hin.

Weit bekannt ist der Zählreim mit dem Gänseblümchen: Er liebt mich, er liebt mich nicht… Kinder, die zu spät nach Hause kamen, wandelten das Orakel etwas ab: Schelte – Schläge – gute Worte!

Kann man den Fruchtstand des Löwenzahns mit seinen kleinen Fallschirmen fortblasen, ist man ein Glückskind, dem noch viel Angenehmes bevorsteht, es gibt zu Hause eine gute Suppe oder man ist ein Engel. Bleiben aber noch einige Früchte haften, so ist man ein Teufel. Ist nach dem Blasen der Fruchtboden weiß, so ist einem nach dem Tod der Himmel sicher, ist er schwarz, kommt man in die Hölle, hat er kleine dunkle Flecke, so steht einem das Fegefeuer bevor.

Sexuelles

Prall, üppig, strotzend, aber auch zart und filigran: Pflanzen stellen ihre Sexualorgane freizügig zur Schau.

Die Vorstellung, dass es männliche und weibliche Formen von Pflanzen gibt, lässt sich dennoch bis zu THEOPHRAST von Eresos (371–287) in das 3. Jh. v. Z. zurückverfolgen, aber erst Rudolph Jakob CAMERARIUS (1665–1721), ein Medizinprofessor aus Tübingen, belegte anhand von Experimenten, dass sich Pflanzen sexuell fortpflanzen. Er veröffentlichte seine Experimente im Jahr 1694 in dem Werk „Epistola de Sexu Plantarum“.

Carl von LINNÉ (1707–1778) beschrieb im 18. Jh. in seinem Manuskript „Praeludia Sponsaliorum Plantarum“ erstmals genauer, was man als „Sexualität der Pflanzen" bezeichnen kann. Er ging als Wissenschaftler systematisch vor. Nachdem er beobachtet hatte, dass auch im Pflanzenreich die Befruchtung und Reproduktion der Arten ein Wechselspiel von Sexualorganen ist, entwickelte er eine umfassende Systematik der Pflanzen, die sich nach der Beschaffenheit der Fortpflanzungsorgane sowie der Blühzeiten gliederte. LINNÉ selber versah alle ihm bekannten Pflanzen mit den bis heute gültigen wissenschaftlichen Namen, deren Systematik Auskunft über die Verwandtschaftsbeziehungen gibt. Zufrieden kommentierte er damals sein Werk: „Gott schuf, Linné ordnete."

Die Mehrzahl seiner Zeitgenossen verprellte er jedoch damit. Es hagelte Kritik an seiner These und seiner Systematik. Jedenfalls, so könnte man sagen, löste LINNÉ mit seinen Publikation so etwas wie eine „sexuelle Revolution" in der Botanik aus. Er verglich die pflanzliche sogar mit der menschlichen Sexualität!

Wie viele Pflanzenarten gibt es eigentlich?

Man geht gegenwärtig von insgesamt 8,7 ± 1,3 Millionen Arten von Lebewesen auf der Erde aus. Davon sollen etwa 6,5 Millionen Geschöpfe an Land und 2,3 Millionen im Wasser leben.

Die Pflanzen (Plantae) bilden ein eigenes Reich jener Lebewesen mit Zellkern und Zellmembran (Eukaryoten). Die ersten Vorläufer der Eukaryoten sind aus Archaea hervorgegangen und bilden nicht, wie früher angenommen, neben Bakterien und Archaea eine eigenständige primäre Domäne des Lebens. Nach heutigen Schätzungen existieren auf der Erde zwischen rund 320.000 und 500.000 Pflanzenarten. Davon sind etwa 250.000 Blütenpflanzen, einschließlich der Cycaden (palmähnliche holzige Gewächse), Farne und Nadelbäume.

Unter den Blütenpflanzen sind die drei größten Familien die Asterngewächse (Asteraceae) mit etwa 24.000 Arten, wozu die Sonnenblumen gehören, die Orchideen mit etwa 20.000 Arten und die Schmetterlingsblütler (Leguminosen) mit nahezu 18.000 Arten. Die Gesamtzahl der Arten dieser drei Familien beträgt mehr als 62.000. Das sind etwa 25 Prozent aller Blütenpflanzen der Erde. Es gibt alleine 14.500 verschiedene Arten von Moosen!

Erfunden wurde die Sexualität aber von der Natur selbst – schon vor mehr als 1,4 Mrd. Jahren. Einzeller kannten sie schon. Sie praktizierten und praktizieren sie noch, insbesondere wenn ökologischer Stress wirkt. Ergo: Sexualität bietet einen evolutionären Vorteil unter schwierigen Bedingungen. Dennoch war es ein weiter Weg zu den heutigen Formen von Geschlechtsverhältnissen.

Bei den Pflanzen gibt es sogar eine doppelte Befruchtung, die zwei Spermakerne verursachen. In einem reifen Samen stammt der Embryo von einem Spermakern (generativer), der mit der Eizelle im Embryosack die Zygote bildet. Der zweite Spermakern (vegetativer) vereinigt sich mit zwei polaren Kernen im Eiapparat und bildet das Endospermgewebe. Wenn man Kokosnussfleisch, Kokosnussmilch oder Popcorn verzehrt, nehmen wir nicht den Samen zu uns, sondern das Endosperm!

Bei der Befruchtung gibt es eine Kommunikation zwischen den Geschlechtszellen. Für das richtige Verhalten des Pollenschlauchs, d. h. „ Andocken“ am Embryosack und Freisetzen der Spermakerne, sind zwei Zellen des weiblichen Geschlechtsapparates verantwortlich. Diese beiden Zellen werden als Synergid-Zellen bezeichnet. Die beiden Synergid-Zellen funktionieren ähnlich wie ein Türschloss. Schloss und Schlüssel müssen zusammenpassen, damit sich das Tor öffnet.

Die Synergid-Zellen kommunizieren mittels Enzymen, so genannten Kinasen, mit dem Pollenschlauch. Sie erkennen den Pollenschlauch nicht, wenn „das Schloss kaputt“ ist bzw. wenn ein mutativer Fehler existiert. Der Pollenschlauch wächst im Embryosack weiter, ohne zu erkennen, dass er am Ziel angelangt ist. Die Folge davon ist: Die Spermien werden nicht freigesetzt, die Eizellen nicht befruchtet. Das gleiche Phänomen kann man beobachten, wenn die Pflanze mit artfremdem Pollen bestäubt wird. Auch hier wächst der Pollenschlauch im Embryosack weiter, die Freisetzung des Pollens unterbleibt jedoch. Häufig wachsen dann Embryonen heran, die haploid sind, d. h. nur die Chromosomen der Mutter besitzen und ohne Befruchtung zustande kamen. Solche Haploide wurden zu bedeutsamen Werkzeugen in der Pflanzenzüchtung!

Abbildung 1: Schamblume (Clitoria ternatea). Quelle: [49]

Die Gattung der Schmetterlingsbohnen nennt sich lateinisch „clitoria“. Die Form der Blüten erinnerte wohl den Erstbeschreiber an die Klitoris, z. B. Clitoria ternatea (vgl. Abb. 1). Auch im Deutschen wird sie Schamblume genannt.

Eine Gattung der Kakteen, die Mammillaria, ist wegen ihrer ausgeprägten Warzen nach „Mamilla“, der lateinische Bezeichnung für Brustwarze, benannt worden und die Busen-Ragwurz (Ophrys mammosa), eine Orchidee des Mittelmeerraums, nach dem ausgeprägten Höcker auf der Blütenlippe.

Die Gattung der Aronstabgewächse (Araceae), darunter Amorphophallus titanum, besitzt besonders einprägsame Blüten.

„Amorphophallus“ bedeutet so viel wie „unförmiger Penis“. Der Name „Hundsrute", ein Pilz aus der Gattung der Stinkmorcheln, Mutinus caninus, leitet sich aus der lateinischen Bezeichnung „Kleiner Hundepenis" ab. Die ganze Gattung der Stinkmorcheln erhielt sogar den Namen „Phallus“ und eine Art die Bezeichnung „Phallus impudicus“ (= unverschämter Penis).

Und wer käme auf die Idee, dass die wunderschönen, farbenprächtigen Orchideen von der griechischen Bezeichnung für Hoden stammt, abgeleitet vom Aussehen der paarigen, ovalen Knollen der Gattung „Orchis“. Andere Quellen meinen allerdings, der Name entstamme der Annahme der Antike, dass Orchideen aus verspritztem Sperma kopulierender Tiere wüchsen. In gleichem Sinne kam die heimische Orchidee, das Knabenkraut, zu seinem Namen. Dessen beiden verdickten Speicherwurzeln erinnern an die Hoden von Knaben. [36]

Es wundert den Leser nun sicher nicht mehr, wenn es seit dem Jahr 2011 auch noch einen Botanischen Führer der „sexiest plants of the world“ gibt. Er wurde von Andy MURDOCK (Berkeley, USA) herausgegeben.

Unter den „top ten of sexiest plants“ rangiert an erster Stelle die Welwitschia (Welwitschia mirabilis) aus der Namib-Wüste, gefolgt von dem Mammutbaum aus Kalifornien (Sequoiadendron giganteum), der Bienenorchidee (Ophrys lutea) vom Mittelmeer, dem Titanen-Aronstab (Amorphophallus titanum) aus Sumatra, dem Ginkgo aus China (Ginkgo biloba), der Tiare Apetahi (Apetahia raiateensis) aus Polynesien, der Kannenpflanze aus Borneo (Nepenthes campanulata) und dem Silberschwert (Argyroxiphium sandwicense) aus Hawaii.

Manche Leser mögen sich wundern, was Botaniker „sexy“ finden!

Papaya – Pflanze mit vielen Geschlechtern

Die Beschreibung der Papaya geht auf die Züchter zurück. Eigentlich gilt sie in ihrer Heimat als eine der populärsten und schmackhaftesten Früchte. Die Papaya oder der Melonenbaum ist eigentlich kein Baum, sondern eine bis 10 m hohe krautige Pflanze, ähnlich der Banane. Sie wächst in allen tropischen Ländern unter günstigen Bedingungen enorm schnell und bildet je nach Sorte bis zu 50 cm lange melonen- oder birnenförmige, längliche oder rundliche Früchte von gelber bis oranger Farbe. Sie kann 2–4 kg schwer werden. Das Aroma erinnert schwach an das von Honigmelonen, das Fleisch reifer Früchte ist weich und süß. Im Innern enthält die Frucht eine Vielzahl schwarz glänzender und scharf schmeckender Kerne, die sogar verdauungsfördernde Wirkung besitzen.

Das Besondere der Papaya ist, dass sie nicht nur Pflanzen mit weiblichen oder männlichen oder auch zwittrigen Blüten hervorbringen kann, sondern auch viele unterschiedliche Kombinationen davon. Aus den weiblichen Blüten reifen oft riesige Früchte, aus den männlichen meist kleine längliche Papaya, ohne wirtschaftlichen Wert. Der beste Ertrag lässt sich bei zwittrigen Blüten erreichen.

Eine Pflanze kann in den Tropen bei günstigen Wachstumsbedingungen nach acht bis zehn Monaten Früchte tragen. Theoretisch hat eine Papaya eine Lebenserwartung von ca. 15–20 Jahren. Pro Hektar lassen sich 30–50 Tonnen Früchte ernten. Meist werden in den Plantagen die Pflanzen schon nach drei bis vier Jahren ausgewechselt, da sie sonst für eine effektive Ernte zu groß werden.

Unter diesen Aspekten ist es natürlich von Bedeutung, das Geschlechtsgebaren der Pflanzen genauer zu untersuchen. Leider kann das Geschlecht der Pflanzen bei der Anzucht noch nicht bestimmt werden. Hinzu kommt, dass eine Papayapflanze nicht ihr Leben lang ihre männlichen oder weiblichen oder zwittrigen Anlagen behält, sondern sie ändert sie sogar je nach klimatischen oder saisonalen Bedingungen. Um einigermaßen mit diesem Wirrwarr zurechtzukommen, warten die Bauern drei bis vier Blühperioden ab, ehe sie die Jungpflanzen nach Geschlecht in die Plantagen auspflanzen.

Asexuelles

Flechten sind nicht wirklich Pflanzen, sondern eine Lebensgemeinschaft von Pilzen und Algen oder Bakterien. Solche Mischwesen können dennoch sehr alt werden. Einige arktische Exemplare schätzen Biologen auf mehr als 9.000 Jahre. Auch andere Rekorde unter jenen Lebensformen gehen auf das Konto von Pilzen: Der größte bekannte Organismus der Welt ist ein Pilzgeflecht, das unterirdisch ein Gebiet von knapp zehn Quadratkilometern durchzieht. Der Pilz ist ein Hallimasch in Kanada (vgl. R. Schlegel, Vincent van Gogh ein Genetiker, 2011).

Insbesondere Gräser können lange ohne geschlechtliche Fortpflanzung überleben. In geschützten Lagen existieren womöglich Exemplare, die sich seit Ende der vergangenen Eiszeit vor 12. 000 Jahren immer wieder selbst geklont haben. Zählt man die entfernt verwandten Seegräser mit zu dieser Gruppe, sind sogar Zeiträume von bis zu 100.000 Jahren denkbar. Auf dieses Alter schätzen Forscher ein acht Kilometer langes Feld aus Neptunseegras bei Ibiza im Mittelmeer, das ausschließlich aus Klonen einer Urpflanze besteht. Es handelt sich jedoch um getrennte Organismen, von denen jeder nur einen Bruchteil des zuvor genannten Alters erreicht.

Als ältesten Strauch wird Lomatia tasmanica angesehen. Er gehört zu den Silberbaumgewächsen. Dieser, zu sexueller Fortpflanzung unfähigen Mutante der Gattung Lomatia im Süden Tasmaniens, vermehrt sich seit rund 43.000 Jahren nur durch Ableger. Das beweisen Radiokarbondaten fossiler Teile des Gewächses. Obwohl damit nur ein einziges Exemplar der Spezies existiert, hat dieses sich bis heute in rund 500 Klone aufgespalten und besitzt kein gemeinsames Wurzelnetz. Die einzelnen Pflanzen finden sich auf einer Fläche von drei Hektar und leben jeweils rund 300 Jahre lang.

Die Amerikanische Zitterpappel (Populus tremuloides), eine Baumart, bildet dagegen flache Seitenwurzeln, aus denen in bis zu 30 Meter Entfernung neue Stämme wachsen. Diese trennen sich jedoch nie von der Mutterpflanze und bilden daher einen einzigen Organismus. Das größte bekannte Exemplar wächst im US-Bundesstaat Utah auf einer Fläche von rund 43 Hektar und besitzt 47.000 Stämme. Obwohl jeder Stamm kaum älter ist als 200 Jahre, schätzt man das Alter des Wurzelwerks auf mindestens 80.000 Jahre. Mit vermuteten 6.000 Tonnen ist das auf den Namen "Pando" getaufte Wäldchen (lateinisch so viel wie „ich breite mich aus“) außerdem auch das schwerste bekannte Lebewesen der Erde.

Die Enkel von Linnè

Bevor Carl von LINNÉ universelle Bezeichnungen für die biologischen Arten schuf, mussten sich die Forscher mit Namen zurechtfinden, die meist nur derjenige verstand, der sie erfunden hatte, zum Beispiel Canna foliis ovatis utrinque acuminatis nervosis für das indische Blumenrohr. Die ellenlangen Artnamen dienten nicht nur der Identifizierung, sondern lieferten zugleich eine Kurzbeschreibung des Objektes.

Als Carl von LINNÉ vor mehr als 200 Jahren eine neue Taxonomie für unser pflanzliches und tierisches Leben entwickelte, wurden die Verwandtschaftsverhältnisse verschiedener Arten anhand ihrer Anatomie zur Grundlage gemacht. Er verkürzte somit die früheren auf – im Prinzip – zwei Worte. Das zuvor erwähnte indische Blumenrohr erhielt nun die einfachere lateinische Bezeichnung Canna indica.

Frei von Fehlklassifikationen war dieses System aber auch nicht. So wurde der Pflanzenparasit Ralstonia solanacearum insgesamt drei Mal umgetauft, während seine Gattungszugehörigkeit mehrfach von Bacillus über Pseudomonas und Burkholderia zu Ralstonia wechselte. Das schaffte wirklich Verwirrung. Über die Verwandtschaft zweier Arten – oder gar Unterarten – innerhalb einer Gattung sagt der zweigliedrige Name nicht immer viel aus. Den Milzbrand-Erreger nennt man Bacillus anthracis. Von dem gibt es mehr als 1.200 Stämme. Als im Jahr 2001 Briefe mit Milzbrandsporen an US-Nachrichtensender und Senatoren verschickt wurden, habe es Monate gedauert, bis klar gewesen ist, von welchem Stamm die versendeten Sporen abstammten.

Inzwischen können die Botaniker und Zoologen den Lebewesen direkt ins Erbgut schauen. Was liegt nahe? Man schafft ein neues Namenssystem basierend auf dem genetischen Ähnlichkeiten.

Die Molekulargenetiker schlagen daher ein ganz neues Benennungssystem vor – eines, das sich streng nach den genetischen Eigenschaften eines Organismus richtet. Gemeinsam mit Computerwissenschaftlern hat man ein System entwickelt, das DNS-Sequenzen je nach Abfolge ihrer Basen Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin in eine kurze Zeichenfolge umwandelt. Enge Verwandte erhalten ähnliche Kürzel, entfernt verwandte unterschiedlichere. So würde der zuvor erwähnte Anthraxstamm aus den Briefumschlägen ganz einfach „lvlw0x“ heißen.