Plädoyer für eine Jobgarantie - Pavlina R. Tcherneva - E-Book

Plädoyer für eine Jobgarantie E-Book

Pavlina R. Tcherneva

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Beschreibung

Das vielleicht schädlichste Instrument beim Widerstand der Wirtschaftsführer gegen Maßnahmen im öffentlichen Interesse ist der Mythos, dass die Ausgaben der Bundesregierung von den Steuereinnahmen abhängen, die der Staat von ihnen erheben kann. Der Kampf um wirtschaftliche Emanzipation muss entschieden gegen dieses Volksmärchen vorgehen, sonst bleiben progressive Politiken die ewigen Geiseln der Ideologie der gesunden Finanzen. Um die hohen strukturellen und institutionellen Hürden in Angriff zu nehmen, die es so schwer machen, sich für arbeitende Menschen einzusetzen, muss man zumindest dem stärksten ideologischen Werkzeug die Stirn bieten, das den Reichen und Mächtigen zur Verfügung steht: dem Mythos, dass sie für alles aufkommen. Nichts davon ist "einfach", doch dürfen wir uns nicht einreden, dass diese Hindernisse unüberwindbar seien. Die meisten Argumente gegen die Jobgarantie wurden in der Vergangenheit auch gegen andere notwendige Staatsmaßnahmen vorgebracht. Das liegt in der Natur der Politik der Angst. Es gibt keine zwingenden moralischen oder wirtschaftlichen Gründe, um so weiterzumachen wie bisher. Die Frage ist, was wir mehr fürchten müssen – eine Welt, in der allen ein existenzsichernder Mindestlohn sicher ist, oder eine Welt, in der Massenentlassungen die Norm bleiben? – Pavlina R. Tcherneva

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„Mehr als jede andere öffentliche Politik kann uns die Jobgarantie bei der Gestaltung einer faireren Wirtschaft und gerechteren Gesellschaft helfen. Für alle, die verstehen wollen, warum und wie die Jobgarantie so viel Gutes bewirken kann, hat Pavlina Tcherneva das perfekte Lehrbuch geschrieben.“

Ady Barkan, Aktivist, Organisator und Autor von Eyes to the Wind

„Vielen wird allmählich klar, dass das sozioökonomische System, in dem wir leben – oder das wir ertragen – völlig kaputt ist. Dafür gibt es Lösungen. Die Ideen in diesem wertvollen Werk weisen den Weg zu einer zivilisierteren und tatsächlich lebenswerten sozialen Ordnung.“

Noam Chomsky

„Die Jobgarantie ist die neue große und vernünftige Idee für eine Wirtschaftsreform. In jahrelanger engagierter Arbeit hat Pavlina Tcherneva den Plan entworfen und weiterentwickelt, und nun steht er als tragender Pfeiler einer progressiven Agenda bereit, den Green New Deal und Medicare for All zu ergänzen. Lesen Sie hier nach … und helfen Sie dann, ihn in die Tat umzusetzen.“

James K. Galbraith, The University of Texas at Austin

„Tcherneva zeigt uns, wie wir das Dach anheben können, indem wir den Boden anheben und uns von einer fehlgeschlagenen und grausamen Wirtschaft abwenden, die auf einem angenommenen Prozentsatz von Arbeitslosen beruht. Sie veranschaulicht, wie eine Jobgarantie einige unserer schwersten Aufgaben mit lösen kann, darunter auch den Übergang zum Green New Deal und den unbedingt notwendigen Wandel von einer Wirtschaft, die auf fossile Brennstoffe setzt, hin zu einer nachhaltigen Zukunft. Ihr Buch zeigt uns eine Welt, in der alle, die die Würde von Arbeit beanspruchen, von diesem Recht Gebrauch machen können.“

Sara Nelson, Internationale Präsidentin, Association of Flight Attendants – CWA, AFL-CIO

„Pavlina Tcherneva liefert ein beredtes und überzeugendes Argument für eine Jobgarantie im öffentlichen Sektor als wirtschaftlicher Stoßdämpfer. Besonders wertvoll ist ihr Beweis dafür, wie ein solches Programm lokale Gemeinschaften wiederbeleben kann. Darüber hinaus ist ihr Buch ein unverzichtbares Lehrwerk für Befürworter des Green New Deal.“

Lord Robert Skidelsky, Autor von Die Rückkehr des Meisters: Keynes für das 21. Jahrhundert

Für meine Tochter Yvette –Mögest du in einer Welt leben,die grün und gerecht ist.

Pavlina R. Tcherneva

PLÄDOYERFÜR EINEJOBGARANTIE

Aus dem Englischenvon Elborg Nopp

Copyright © Lola Books 2021

www.lolabooks.eu

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt und darf in keinerlei Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Titel der englischen Originalausgabe:

The Case for a Job Guarantee

Copyright © Pavlina R. Tcherneva 2020

First published in 2020 by Polity Press

This edition is published by arrangement with Polity

Press Ltd., Cambridge

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagbild: csp58635407 © cienpies – Can Stock

Photo Inc.

eISBN 9783944203-58-4

Erste Auflage 2021

INHALT

Danksagung

Vorwort

Einleitung

1Eine staatliche Option für gute Jobs

2Ein stolzer Preis für einen kaputten Status Quo

3Die Jobgarantie: Neuer Gesellschaftsvertrag und makroökonomisches Modell

4Wie wollt ihr das denn bezahlen?

5Was, wo und wie: Jobs, Planung und Umsetzung

6Die Jobgarantie, der Green New Deal und danach

Anmerkungen

DANKSAGUNG

Als ich Ende der 90er Jahre mit der Arbeit an der Jobgarantie begann, war man sich einig, dass in den USA Vollbeschäftigung erreicht worden war und die Goldlöckchen-Wirtschaft endgültig begonnen hatte. Das Argument ergab zwar wenig Sinn, gab mir jedoch das sichere Gefühl, dass das Erforschen der Arbeitslosigkeit ein einsames Unterfangen werden würde. Glücklicherweise irrte ich mich.

Meine Reise begann mit der Freundschaft und der Unterstützung durch Mathew Forstater, Warren Mosler und L. Randall Wray und verband mich mit Mitarbeitern und Freunden, darunter mit William Mitchell, Stephanie Kelton, Fadhel Kaboub, Scott Fullwiler und vielen anderen. Die Jobgarantie-Gemeinschaft wuchs. Ich lernte Menschen aus dem USA und dem Ausland kennen, die meine Arbeit bereicherten. Sie grüßten aus allen Winkeln der akademischen Welt – von Geschichte und Jura bis hin zu Staatswissenschaften und den Geisteswissenschaften. Ich arbeitete mit politischen Entscheidungsträgern zusammen, die ähnliche Programme entwarfen und umsetzten. Aktivisten für Umwelt und soziale Gerechtigkeit, Jugendorganisationen, Journalisten und engagierte Bürger griffen den Vorschlag auf. Sie alle haben dazu beigetragen, dass die Jobgarantie heute erneut Bestandteil des nationalen Diskurses und der politischen Tagesordnung ist.

Beim Schreiben dieses Buches waren mir die Unterhaltungen mit Angela Glover Blackwell, Raúl Carrillo, Grégor Chapelle, William „Sandy“ Darity, Isabelle Ferreras, Trudy Goldberg, Rohan Gray, Darrick Hamilton, Philip Harvey, Sarah Treuhaft und vielen anderen von großer Hilfe. Mein Dank geht an drei anonyme Gutachter und meinen Verleger, George Owers, deren Anmerkungen dieses Buch erheblich verbessert haben, sowie an meine Studentin, Kirsten Ostbirk, für ihre Hilfe bei Grafiken und Quellenangaben. Ein besonderes Dankeschön an John Henry für sein großzügiges Feedback, das er oft in dringend benötigten Humor verpackte. Selbstverständlich trage ich für alle hier vertretenen Ansichten und etwaige verbleibende Irrtümer die Verantwortung. Abschließend spreche ich meiner Familie meinen tiefsten Dank für ihre Unterstützung aus, und insbesondere Douglas Johnson, der all dies möglich macht.

VORWORT

Im Handumdrehen haben Millionen ihre Arbeit verloren. Wie ein Wirbelsturm tobt die Corona-Pandemie über den Erdball und legt eine Wirtschaft nach der anderen still. Die Arbeitsmärkte brechen ein, und die Welle von Entlassungen ist inzwischen zum Tsunami geworden. Die Arbeitslosenzahlen in den USA werden den Vorhersagen der US-Notenbank zufolge die der Großen Depression der 1930er Jahre übersteigen. Und dieser Pandemie folgt die nächste auf dem Fuße – das Leid und Elend der Massenarbeitslosigkeit.

Dieses Buch wurde vor Beginn des Ausblutens des Arbeitsmarktes geschrieben. Und doch beschreibt es, auf welch vielfältige Weise Arbeitslosigkeit wie eine stille Epidemie wirkt, von ihrer Ausbreitung über ihre Virulenz bis hin zu ihren enormen Kosten für Menschen, Gemeinschaften und die Wirtschaft – selbst bei Hochkonjunktur mit annähernder Vollbeschäftigung. In nur wenigen kurzen Monaten sollten diese Kosten ins Unermessliche steigen.

Die Pandemie hat viele der gestrigen Diskussionen als Farce entlarvt. Ein Anheben des Mindestlohns auf 15 US-Dollar pro Stunde, sagte man uns, würde Arbeitsplätze kosten (als ob in Armut lebende Arbeiter der Wirtschaft jemals genutzt hätten). Heute zeigt es sich, dass genau die Menschen, auf deren Arbeit wir so sehr angewiesen sind, weder durch existenzsichernde Löhne noch einfache Arbeitsplatzsicherung abgesichert sind. Zwar werden Verkäufer, Auslieferer, Lagerarbeiter und Gesundheitspersonal jetzt als „systemrelevant“ in den Himmel gelobt; hat sich die Wirtschaft jedoch wieder erholt, werden die Experten sie dann wieder als Arbeiter mit geringer Produktivität bezeichnen und eine Automatisierung ihrer Jobs fordern?

Gestern noch mieden die meisten Anwärter auf die Präsidentschaft den Gedanken, der Staat könne eine allgemeine Gesundheitsvorsorge bieten. Heute sehen wir nicht nur, dass er das kann, sondern dass er das unbedingt muss, weil Millionen zusammen mit ihrer Arbeit auch ihre Gesundheitsvorsorge verlieren.

Gestern noch räumten die Wirtschaftswissenschaftler widerwillig ein, dass die Wirtschaft trotz historisch niedriger Arbeitslosenzahlen keineswegs an Vollbeschäftigung heranreiche und noch immer Millionen Menschen auf der Suche nach guten Jobs seien. Heute stehen wir der gewaltigen Aufgabe gegenüber, zu diesen niedrigen Zahlen zurückzufinden, nachdem wir bei einer zweistelligen Arbeitslosenzahl angekommen sind. Nach der großen Finanzkrise von 2008 hat es zehn Jahre gedauert. Wie lange wird es diesmal dauern?

Dieses Buch ist eine Kritik an den konventionellen Ansätzen zur Stabilisierung, bei denen Aufschwung mit langer, schmerzhafter Arbeitslosigkeit einhergeht. Und wenn wir wieder einem solchen Aufschwung gegenübertreten müssen, würden die Wirtschaftswissenschaftler dann morgen behaupten, wir hätten eine permanent hohe „natürliche Arbeitslosenquote“ erreicht? Werden sie uns wieder die alten Ausreden von der „strukturellen Arbeitslosigkeit“ auftischen, wenn die öffentliche Politik kläglich versagt, anstatt das Richtige zu tun und den Arbeitslosen Arbeit zu verschaffen?

Mehr als je zuvor brauchen wir eine Jobgarantie. Die folgenden Seiten legen die Argumente für ihre enormen Vorteile sowie einen Entwurf für ihre Umsetzung dar. Das Konzept basiert auf genau der Art und Weise, in der die Politik mit Pandemien umgehen sollte, indem sie Bereitschaft und Vorsorge den Vorrang gibt. Ein jahrzehntelanger Sparkurs hat zu einer Erosion essenzieller Programme, Dienstleistungen und institutioneller Kapazitäten im öffentlichen Sektor geführt, so dass wir nun erschreckend unvorbereitet auf diese Pandemie und die darauffolgende Krise sind. Mit dem Mythos, der Bundesregierung könnte das Geld ausgehen, wurde die Öffentlichkeit dazu verleitet, die Sparmaßnahmen zu akzeptieren. Und doch verabschiedete die US-Regierung praktisch über Nacht ein beispielloses Paket von 2,2 Billionen US-Dollar zur Bekämpfung der Pandemie, zusätzlich weiterer Ausgaben nach parteiübergreifendem Konsens. Viele Länder weltweit tun dasselbe. Das Geld aufzubringen war nie das Problem. Den politischen Willen aufzubringen, sich für die entscheidenden Maßnahmen einzusetzen, war jedoch immer ein Problem.

Wenn Politiker morgen fragen, „Wie soll die Regierung dieses Programm denn bezahlen?“, sollte die Antwort stets lauten, „Genau so, wie wir die Pandemie bezahlt haben“. Wenn wir für all die zur Bewältigung dieser Krise nötigen Maßnahmen aufkommen können, dann können wir uns sicherlich auch garantierte Arbeitsplätze, Wohnungen, Gesundheitsvorsorge und eine grüne Wirtschaft leisten. Was wir uns nicht leisten können, ist, nach dieser Krise wieder mit denselben wirtschaftlichen Problemen und Ungerechtigkeiten dazustehen, die bereits vor der herrschenden Pandemie für so viel Leid und Elend gesorgt haben.

EINLEITUNG

Nicht, weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.

Seneca

„Nichts im Leben ist selbstverständlich“ ist ein bekannter Spruch, genauso wie „Wenn du etwas willst, musst du es dir verdienen“. Aber was ist, wenn man einen bezahlten Job möchte – einen menschenwürdigen, gut bezahlten Job? Und was ist, wenn man keinen findet, weil ja nichts im Leben selbstverständlich ist?

Dieses Paradox will der Vorschlag für eine Jobgarantie lösen. Es handelt sich um eine öffentliche Maßnahme, die für alle Arbeitssuchenden eine Beschäftigungsmöglichkeit bereithält, ungeachtet ihrer persönlichen Lebensumstände oder der wirtschaftlichen Gegebenheiten. Sie macht aus Arbeitsämtern eine Anlaufstelle für Erwerbstätige anstatt für Arbeitslose, für die dort freiwillige Beschäftigungsmöglichkeiten in einem breiten Angebot von Projekten im öffentlichen Sektor in Pflege, Umwelt, Reha und Infrastruktur bereitstehen. Die Jobgarantie ist eine staatliche Beschäftigungsoption.

Die Garantie bei diesem Vorschlag ist das Versprechen, die Versicherung, dass denen, die Arbeit suchen, stets eine Grundbeschäftigung geboten wird. Beim Job-Teil geht es um ein weiteres Paradox, nämlich um die Tatsache, dass bezahlte Arbeit in der modernen Welt zwar einen prägenden und unverzichtbaren Teil unseres Lebens darstellt, aber doch für viele unerreichbar, beschwerlich und maßregelnd geworden ist. Die Job-Komponente der Jobgarantie möchte all dies ändern, indem sie einen menschenwürdigen, existenzsichernden Job als Standard für alle Stellen in der Wirtschaft etabliert und gleichzeitig dem Wandel der öffentlichen Politik, des Wesens der Arbeitserfahrung und der Bedeutung von Arbeit an sich den Weg ebnet.

Die Jobgarantie befasst sich mit zwei sehr spezifischen Aspekten wirtschaftlicher Unsicherheit: wiederkehrende oder langfristige Arbeitslosigkeit und schlecht (prekär oder ungleich) bezahlte Arbeit. Auf dem Arbeitsmarkt gibt es noch weitere Probleme wie Lohndiebstahl, Diskriminierung, Armut und stagnierendes Einkommenswachstum. Und es gibt noch weitere Arten wirtschaftlicher Unsicherheit, wie Mangel an bezahlbarem gesundem Essen, Pflege, Wohnungen und Bildung, oder mangelnden Schutz vor Verwüstung durch den Klimawandel. Obwohl die Jobgarantie in gewisser Hinsicht eine klar definierte Mission hat – alle, die um Arbeit ansuchen, mit einer ordentlichen, angemessen bezahlten Beschäftigung zu versorgen –, nimmt sie auch eine breite Anzahl sozialer und wirtschaftlicher Probleme in Angriff und trägt zu einer gerechteren Wirtschaft bei.

Im Grunde genommen ist die Jobgarantie eine Politik der Fürsorge, die den Gedanken ablehnt, dass Menschen in wirtschaftlicher Not, zerrüttete Gemeinschaften und eine bedrohte Umwelt die beklagenswerten, aber unvermeidlichen Kollateralschäden einer Marktwirtschaft darstellen.

Die Idee, Staatstätigkeit als Garant des Rechts auf Arbeit zu nutzen, ist nicht neu. Die Langlebigkeit und Widerstandskraft dieses Rechts wurzeln in seinem tiefen moralischen Gehalt. Es wurde in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und in der von Präsident Franklin Delano Roosevelt vorgeschlagenen Economic Bill of Rights bekräftigt, spielte eine wichtige Rolle in der Bürgerrechtsbewegung und ist (in Anlehnung an die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte) in den Verfassungen vieler Nationen verankert. Sein Mandat ist jedoch noch nicht erfüllt. In den USA wollten die Urheber des Employment Act von 1946 und des Full Employment and Balanced Growth Act von 1978 das Recht auf Arbeit durch entsprechende Gesetzgebung sichern, blieben jedoch letztlich erfolglos. In Ermangelung eines allgemeinen Rechts auf Arbeit bemüht man sich überall auf der Welt mit sporadischen Programmen, die Lücke zumindest notdürftig durch direkte Beschäftigung zu füllen, oft mit spürbarem Erfolg.

In der heutigen Zeit wird die Jobgarantie als „der wichtigste Aspekt des Green New Deal“1 bejubelt, was ausdrückt, dass Umweltgerechtigkeit ohne wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit nicht möglich ist. Ziel des Green New Deal und der Jobgarantie ist es, zwei scheinbar unterschiedliche, tatsächlich aber organisch miteinander verflochtene existenzielle Probleme zu lösen – Klimawandel und wirtschaftliche Unsicherheit. Was nützt uns eine grüne Zukunft, in der zwar die Bedrohung durch globale Erwärmung nachgelassen hat, Familien und ganze Gemeinschaften jedoch noch immer aus Verzweiflung über Armut, Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Not in den Tod getrieben werden? Und was wäre das für eine Wirtschaft, in der zwar alle gut bezahlte Arbeit finden könnten, die für uns lebenswichtige Natur jedoch weiterhin ausgebeutet und zerstört würde?

Obwohl die Jobgarantie älter ist als der Green New Deal, war sie schon immer grün – von Roosevelts Baum-Armee bis hin zu modernen Vorschlägen, wie in diesem Buch präsentiert – und stellt Umweltschutz und den Wiederaufbau von Gemeinschaften in den Vordergrund. Der Green New Deal ist eine ambitionierte politische Agenda, die darauf abzielt, die Wirtschaft umzugestalten und den zukünftigen Generationen einen bewohnbaren Planeten zu hinterlassen. Die Jobgarantie bettet wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit in die wissenschaftliche Reaktion auf den Klimawandel ein; sie ist ein unverzichtbarer Teil der grünen Agenda und würde dafür sorgen, dass während des Wandels niemand auf der Strecke bleibt. Sie ist jedoch auch eine transformative makroökonomische Politik und ein Sicherheitsnetz, das Jahrzehnte alte Probleme auf dem Arbeitsmarkt und Verwerfungen durch den grünen Wandel in Angriff nehmen würde. Einfach ausgedrückt, die Jobgarantie sorgt dafür, dass wir während der Arbeit am Umweltschutz und der Umgestaltung der Wirtschaft über eine Politik verfügen, die arbeitende Menschen schützt und das Arbeitserlebnis selbst neu gestaltet.

Dieses Buch präsentiert den Vorschlag zur Jobgarantie und erklärt, warum sie ausschlaggebend für die Klimabewegung ist. Es argumentiert auch, dass eine Marktwirtschaft auch nach Erfüllung der Mission des Green New Deal eine Jobgarantie benötigt. Der Grund dafür ist, dass das Programm als kontinuierlicher Stoßdämpfer und leistungsfähiges Werkzeug für wirtschaftliche Stabilisierung dient, was möglicherweise seine maßgeblichste makroökonomische Funktion darstellt. Es fehlte im Zeitalter der Industrialisierung, als bezahlte Arbeit die unverzichtbare und doch unsichere Eintrittskarte zu einem gesicherten Lebensunterhalt wurde. Es fehlte in der Nachkriegszeit, als die Wirtschaftsdepressionen zwar verbannt worden waren, die Arbeitslosigkeit jedoch blieb. Und es fehlt noch heute, wo neoliberale Politiken grundlegende Arbeiterrechte entkräftet haben, während politische Entscheidungsträger die Preise auf dem Rücken der Arbeitslosen stabilisieren. Die Jobgarantie war schon lange notwendig, bevor wir die Umwelt unwiederbringlich verschmutzt haben, und wir werden sie auch noch benötigen, wenn wir die Umwelt wieder gesäubert haben.

Die hier ausgeführte Vision für die grüne Jobgarantie verbindet die Schaffung von Arbeitsplätzen mit dem Umweltschutz. Zudem definiert sie grüne Politiken als solche, die jede Form von Abfall und Zerstörung in Angriff nehmen, insbesondere auch die unserer menschlichen Ressourcen. Eine grüne Politik muss Abhilfe für die Vernachlässigung und Verschwendung schaffen, die mit wirtschaftlicher Not, Arbeitslosigkeit und prekärer Arbeit im Besonderen einhergehen. Wie der verstorbene Wirtschafts-Nobelpreisträger, William Vickrey, argumentierte, ist Arbeitslosigkeit „bestenfalls das Äquivalent zum Vandalismus“, weil sie von Einzelnen, Familien und Gemeinschaften einen rücksichtslosen Tribut fordert.2 Trotzdem wird Arbeitslosigkeit nach herkömmlichem Wissen für „normal“ erachtet. Wirtschaftswissenschaftler bezeichnen sie gar als „natürlich“ und entwickeln Maßnahmen, die auf ein „optimales“ Niveau von Arbeitslosigkeit abgestimmt sind.

Die Vorstellung, unfreiwillige Arbeitslosigkeit sei ein bedauerlicher, jedoch unvermeidlicher Vorgang, und ein bestimmtes Arbeitslosenniveau sei notwendig für ein reibungsloses Funktionieren der Wirtschaft, zählt zu den großen unerforschten Mythen unserer Zeit. Und außerdem ist es schlechte Wirtschaftspolitik.