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Geld ist nicht neutral, es hat eine transformatorische Kraft, die sowohl positive als auch negative Einflüsse hat. Es formt und verändert unser Denken und Handeln tiefgreifend und ist somit ein wesentlicher Faktor in der Gestaltung unserer Zukunft. Das Buch von Raffaela Hofmann und Friedhelm Boschert ist eine Kombination aus achtsamen Geldentscheidungen, positiver Impact-Orientierung und Geldbildung. Es zeigt, wie man Geld bewusst in den Dienst einer nachhaltigen und regenerativen Lebensweise stellt. Inhalte: - Geld als Treiber und Hindernis der Transformation - Das Geldsystem und seine Fallstricke - Positives-Geld-Bilden: ein neues Verständnis unserer Geldbeziehung - Geld bewusst leben mit Achtsamkeit - Geld bewusst leben mit Impact - Systemveränderungen für eine regenerative Welt - Unser Zukunftsmodell: Positives-Geld-Bilden – eine Bildungsinitiative
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Seitenzahl: 386
Veröffentlichungsjahr: 2025
Raffaela Hofmann / Friedhelm Boschert
1. Auflage
Haufe Group
Freiburg • München • Stuttgart
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.
Print: ISBN 978-3-648-18506-3Bestell-Nr. 12210-0001
ePDF: ISBN 978-3-648-18508-7Bestell-Nr. 12210-0150
Raffaela Hofmann, Friedhelm Boschert
Positives Geld für eine regenerative Welt
1. Auflage 2025
© 2025 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG
Munzinger Str. 9, 79111 Freiburg
www.haufe.de
Umschlag: Silvia Deutsch
Satz und Illustrationen: Wolfgang Hornung
Fotos: Katharina Schiffl, Jacqueline Pröll
Produktmanagement: Jürgen Fischer
Lektorat: Barbara Buchter, extratour, Freiburg
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stefan brunnhuberFull Member Club of Rome
Transformation ist der Begriff unserer Zeit. Nahezu alles wird sich verändern müssen, damit einiges so bleiben kann, wie es ist. Die Situation ist vergleichbar mit dem Übergang vom Mittelalter in die Renaissance oder dem Aufkommen der Aufklärung. Für mich gibt es drei große Transformatoren, die, wenn sie richtig ins Werk gesetzt sind, diese großen Veränderungen ermöglichen.
Da ist einmal die Veränderung unseres Bewusstseinsschwerpunktes. Wir werden lernen müssen, über uns und die Welt anders nachzudenken. Jedes Mal wird dadurch unser Mindset verändert und erlaubt einen anderen geistigen Zugriff auf die Welt.
Dann zweitens die Bedeutung neuer › General-Purpose-Technologien‹. Hierzu zählen im 21. Jahrhundert vor allem die Künstliche Intelligenz, Robotics, synthetische Biologie und Quantum Computing. Im Kern stellt jede Technologie eine Idee dar, die aus der menschlichen Genialität und Kreativität entstanden ist, sich dann materialisiert hat und in einem co-evolutiven Prozess von Technik, Geist und Gesellschaft ihren Niederschlag findet.
Schließlich stellen der internationale Finanzsektor und der Aufbau unseres Geldsystems einen dritten Transformator dar, der wie die beiden anderen – individuelle Bewusstseinsentwicklung und Technologien – ein zentraler Hebel für den Veränderungsprozess ist.
Dieser dritte Transformator ist Gegenstand des vorliegenden Buches. Bei diesem Transformator geht es im Kern um die Architektur unseres Finanzsystems. Dabei wird deutlich, dass Geld keinen neutralen Schleier darstellt, der wie ein Thermostat nur die Temperatur im Sinne der Preisentwicklung misst, sondern dass er gewissermaßen gleich von Anfang an jede Art der Preisbildung, unser Konsumverhalten und unsere Investitionsneigung sowie die Allokation von Gütern und Dienstleistungen insgesamt prädeterminiert.
Hätten wir ein anderes Geldsystem, hätten wir eine andere Welt. Zu den wichtigsten Erkenntnissen zählt, dass unser gegenwärtiges Geldsystem vor allem eine kurzfristige Betrachtung favorisiert (Discounted-Cash-Flow-Analysen), selbst instabil ist ( Volatilitätsindex, Banken- und Währungskrisen), sich prozyklisch gegenüber der Realökonomie verhält (Booms and Busts), unser Sozialkapital reduziert (vor allem durch Angst und Gier statt Kooperation und Vertrauen), die gegenwärtige Asymmetrie der Einkommens- und Wohlstandsentwicklung systemisch verstärkt (Income Gap), unseren realökonomischen Wachstumskorridor unter einen ständigen Zwang zu mehr Output (Zinseszins-Effekt) unterhält und durch multiple Rebound-Effekte und fortschreitende Risikoaversion den gesamten Transformationsprozess eher verhindert als ermöglicht.
Hätten wir also ein anderes Geldsystem, das Allgemeingüter, Langfristigkeit und Sozialkapital fördert, würden wir in einer anderen Welt leben. Denn all das sind keine Naturgesetze, sondern Konventionen, die wir alle selbst geschaffen haben, gleichsam einer Vereinssatzung, einem Ehevertrag oder einer Rechtsordnung, die wir auch ändern können.
Aus einer sozialpsychologischen Perspektive scheinen moderne Gesellschaften vor allem mit ihren Tabus oder kollektiven Schatten konfrontiert zu sein. Sexualität, Tod, Macht und Geld sind die vier wichtigsten. Tabus oder kollektive Schatten zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie nicht hinreichend diskutiert und verstanden werden, aber dann im Untergrund ihre destruktive Macht entfalten. Solange es uns nicht gelingt, diese Tabus einer rationalen, kritischen und öffentlichen Debatte auszusetzen, gehen sie nicht weg, sondern verbleiben im Verborgenen und schaden uns dann mehr, als sie uns nützen.
Das vorliegende Buch geht diese Themen an und ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine inspirierende und erfolgreiche Lektüre, in der Hoffnung, dass mit einem angepassten und veränderten Geld- und Finanzsystem dann auch die Transformation gelingt.
Dresden im Januar 2025Stefan Brunnhuber
GELD – ein Thema, ein Stoff, ein Gut, ein Mittel, ein Traum mit unglaublich vielen Facetten.
Als Banker beschäftigten wir uns beide mit diesem sehr speziellen Stoff beruflich über viele Jahre hinweg – in Form von Zahlen und Produkten. Ohne lange gefragt zu haben, was denn das wirklich Spezielle an diesem Stoff ist.
Als Lehrende beschäftigten wir uns beide mit dem Wissen über Finanzen. Mit Finanzmanagement und Geldanlagestrategien. Ohne lange zu fragen, was denn das wirklich Spezielle an diesem Stoff ist.
Als Achtsamkeitslehrerin und -lehrer, Tätige im Social-Impact-Bereich und Umwelt-Engagierte begannen wir zu fragen, was denn das wirklich Spezielle am Geld ist. Und wir lernten, dass Geld nicht nur eine Frage von Zahlen, Produkten und Strategien ist. Geld ist alles durchdringend, zutiefst emotional und individuell. Ein Spiegel dessen, wer wir sind und wie wir durchs Leben gehen. Unsere Beziehung zu Geld ist ein Schlüssel, mit dem wir nicht nur Veränderungen bei uns selbst, sondern auch Veränderungen in der Welt anstoßen können.
Als sich unsere beruflichen Wege kreuzten, war schnell klar: Wir teilen nicht nur unsere berufliche Herkunft und unser Engagement, sondern auch unsere Weltsicht und unsere Leidenschaft, etwas zu bewegen. Und im Hinblick auf die großen Problemthemen der Gegenwart von Klima über Naturschutz bis Resilienz fanden wir, dass sich im Grunde zu wenig zu langsam bewegt. Es drängte sich uns als Frage auf: Könnte nicht Geld, unser Umgang mit Geld und unsere Beziehung zu Geld etwas zur Beschleunigung beitragen?
So entstand dieses Buch. Es war kein langer, mühseliger Prozess, sondern etwas, das sich fast wie von selbst entwickelte – so natürlich wie unsere Zusammenarbeit selbst. Von Anfang an wussten wir, dass wir ein Buch schaffen wollten, das gänzlich neue Perspektiven auf das »alte« Thema Geld bietet. Kein weiteres 08/15-Ratgeberbuch, sondern etwas, das inspiriert, bewegt und echte Veränderungen ermöglicht. Wir laden dich ein, nicht nur das Geld, sondern auch deine eigene Perspektive zu hinterfragen und vielleicht damit neue Wege für dich zu entdecken.
Dieses Buch enthält das Beste aus unseren beiden Welten – eine Mischung aus Banking, Bildung, Nachhaltigkeit und Achtsamkeit. Und genau so entsteht Positives Geld – aus Achtsamkeit und Impact-Orientierung, gepaart mit einer neuen GeldBildung. Was wir unter Positivem Geld verstehen, werden wir in den folgenden Kapiteln ausführlich erklären.
Was dich in diesem Buch erwartet
In Kapitel 1 » Geld als Hindernis und Treiber der Transformation« stellen wir zunächst die für uns grundlegenden Fragen: Was haben wir übersehen? Warum kommen wir bei der Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft und den dafür notwendigen Verhaltensänderungen der Menschen einfach nicht so richtig voran? Und: Was brauchen wir dazu, wenn wir Geld als Mittel und Treiber der Transformation einsetzen wollen – persönlich und gesellschaftlich?
Wir beginnen dann Kapitel 2 »Das Geldsystem und seine Fallstricke« mit der wichtigen Frage: Welche Wirkung hat Geld – auf uns selbst, auf andere, auf den Planeten? Negativ wie positiv? Das beleuchten wir zum einen mit einem Blick von ganz weit oben, nämlich auf die Gesellschaft und die Wirtschaft als Ganzes. Hierfür werden wir auch Fragen aufwerfen wie: »Woher kommt eigentlich das Geld?« Und dabei auf viel Nichtwissen und noch mehr Fehleinschätzungen stoßen, die ihren Grund zumeist in falscher Schulbildung und fehlleitender Finanzbildung haben. Dabei ist das Ganze im Grunde genommen gar nicht so undurchsichtig – wenn man’s denn weiß. Danach wirst du in der Lage sein, einige der heutigen globalen Fehlentwicklungen wie Immobilienblasen, hochgradig ungleiche Vermögensverteilung, Landversiegelung, Spekulation und Kryptowährungen in einem neuen Licht zu sehen, nämlich durch die kritische » Geldsystem-Brille «.
Danach schwenken wir auf die persönliche, psychologische Ebene in Kapitel 3 und erforschen »Unsere Geldbeziehung«. Sie beginnt schon früh in unserer Kindheit, wenn sich durch Beobachtung des Umgangs unserer Eltern mit Geld bereits die ersten Glaubenssätze formen, die wir dann – fast immer unhinterfragt – unser ganzes Leben mit uns tragen. Aber auch später schreiben Familie, Freundeskreis, Arbeitsumfeld noch weiter an unserem Geld-Mindset, dem »Money Script«. Damit du auf die oft verborgenen, im Halbdunkel des Unterbewusstseins liegenden Geldglaubenssätze, Geldwerte und Geldannahmen stoßen kannst, werden wir dich durch Fragen leiten. Du erhältst in diesem Buch viel Raum für dich, zum Nachdenken und Reflektieren, um dich selbst anhand des Geldes und im Umgang damit besser kennenzulernen. Wir wollen dir damit nicht nur Geld als Werkzeug für Veränderungen verdeutlichen, sondern auch, dass du in Zukunft ohne Geldstress leichter leben kannst. Und mit besseren Geld- und Finanzentscheidungen auch noch eine positive Wirkung bei dir und in der Welt erzeugst.
“ Das, was du über Geld denkst, beeinflusst die Art und Weise, wie du damit umgehst.« ⸺brad klontz (2011)
Diesen Punkt werden wir in Kapitel 4 »Positives-Geld-Bilden: Ein neues Verständnis unserer Geldbeziehung« weiter ausarbeiten. Was brauchen wir denn eigentlich dazu, dass » Geld positiv« wird, also Positives bewirkt für uns selbst und den Planeten? Wir bringen die beiden Ingredienzien in die einfache Formel: (Achtsame Geldentscheidung + positive Impact-Orientierung) × Bildung schafft Positives Geld. Spätestens hier müsste dir auch diese wunderbare Doppeldeutigkeit im Begriff »Bilden« aufgefallen sein. Wir »bilden« Positives Geld, in dem wir es einerseits selbst in der Hand haben, eben dieses zu schaffen, und andererseits die dadurch notwendige »Bildung« erhalten, GeldBildung eben. »Und wo bitte kommt da Achtsamkeit ins Spiel?«, wirst du vielleicht fragen. Nun, die wahre Herausforderung liegt nicht im Geld selbst, sondern in der Beziehung, die wir dazu haben. Achtsamkeit ermöglicht es uns, diese Beziehung zu untersuchen. Sie fordert uns auf, unsere innersten Überzeugungen und Emotionen zu hinterfragen: Warum empfinde ich Mangel, obwohl ich genug habe? Warum glaube ich, dass ich mehr Geld brauche, um glücklich zu sein? Solche Fragen helfen uns, tief sitzende Glaubensmuster zu erkennen, die uns unbewusst steuern. Obwohl häufig unsichtbar, kreist unser Denken um Geld, und zwar entlang der Bahnen, die bereits in unserer Kindheit gelegt wurden.
Wir werden auch darauf eingehen, wie du die vielen Signale deines Körpers im Zusammenhang mit Geld deuten kannst. Sie sind keine Störfaktoren, sondern ganz wesentliche Hinweise für dich, die du bei deinen Geld- und Finanzentscheidungen berücksichtigen solltest.
Neben der Achtsamkeit haben wir mit der »positiven Impact-Orientierung« noch eine weitere Zutat zum Positiven Geld. Was meinen wir mit »Impact«? Die gesellschaftlichen, ökologischen und menschlichen Folgen, Konsequenzen, Wirkungen unseres Handelns werden heute gerne mit dem neudeutschen Begriff »Impact« ausgedrückt. Der Begriff ist einerseits so herrlich prägnant, andererseits leider schon wieder kommerziell von den Marketingabteilungen der Finanzbranche und begriffshungrigen Managementberater:innen vereinnahmt. Dennoch bildet »Impact« ein nützliches Konzept, wie die Brücke zwischen unserem Verhalten heute und dem regenerativen Zustand der Welt von morgen aufgebaut werden kann. In Kapitel 4 sehen wir, dass Achtsamkeit + Impact + Geld eine sinnvolle Symbiose zur Gestaltung unserer Zukunft eingehen können.
Wir halten fest: Geld ist dann positiv, wenn es uns hilft, uns selbst tiefer und besser zu entdecken, unsere Werte neu zu verstehen und Wachstumsqualitäten in uns zu fördern. Wenn es also unsere Selbstwirksamkeit stärkt. Doch wie soll das gehen? Wie erhalten wir Zugang zu unserem Geld-Mindset? Wie sehen wir, was wir und andere in unser Money Script hineingeschrieben haben? Das sind nur einige der Fragen, die wir im Kapitel 5 » Geld bewusst leben mit Achtsamkeit« erörtern. In diesem und in Kapitel 6 wird der Charakter dieses Buches als »Workbook« sehr deutlich. Wir laden dich ein, über wichtige Fragen zu reflektieren, etwa ob Geld dich einengt oder glücklich macht. Gemeint ist natürlich, deine ganz persönliche Beziehung zu Geld. Eine Frage, die sich nicht unabhängig von deinen Lebenszielen, deinen Sehnsüchten, deinen Werten, deiner Lebenshaltung beantworten lässt. Auch dafür bieten wir dir viel Raum und ermuntern dich zum Reflektieren dieser grundlegenden Prägungen. Wir verbinden diese Reflexion aber auch stets mit Fragen nach deinem ganz persönlichen Umgang mit Geld und deiner Finanzplanung. Spiegeln beide deine Lebensziele und Werte wider? Wenn nein, wie kannst du eine Übereinstimmung, eine Harmonie schaffen? Kannst du die alten, nicht mehr erwünschten und gebrauchten Prägungen in deinem Geld-Mindset verändern? Sei gespannt!
In Kapitel 5 laden wir dich auch ein, der Frage nach der »finanziellen Freiheit« nachzugehen. Sie ist die Karotte, die uns die Finanzwirtschaft als das ultimative Ziel des Lebens verkaufen will und uns ständig vor unsere Nase hängt. »Finanziell unabhängig« – endlich tun und lassen können, was man will, von nichts und niemanden mehr abhängig sein. Das sind die vollmundigen Versprechen der Banken und Anlageberater:innen. Glaubst du daran? Nicht, dass du das nicht vielleicht erreichen könntest, das trauen wir dir schon zu. Aber: Was genau willst du denn endlich tun und lassen können? Bist du dir darüber im Klaren? Mit 50 nicht mehr arbeiten zu müssen? Kann das ein Ziel sein bei einer Lebenserwartung von 80 und mehr Jahren? Nur noch auf dem Segelboot um die Welt schippern oder – schlimmer noch – im Kreuzfahrtschiff, wie uns die Werbung suggeriert? Das allein soll dich über viele Jahre hinweg glücklich machen? Ist das dein Beitrag zur Welt?
Und: Kannst du in unserer Gesellschaft wirklich von niemandem mehr abhängig sein? Schwer zu glauben. Wir sind soziale Wesen und immer mit anderen verbunden und in einem gewissen Sinne vom Zusammensein abhängig. Wir laden dich in unserem 5. Kapitel daher auch ein, die sog. »finanzielle Freiheit« in einem neuen Licht zu betrachten: nicht als »Freiheit mit viel Geld«, sondern als »Freiheit durch Unabhängigkeit von Geld«. Darin kannst du dein Glück finden. Und die darin zum Ausdruck kommende » Genug ist genug«-Haltung ist einer der Grundpfeiler einer regenerativen Wirtschaft.
Positives Geld hat – wie wir sehen werden – jedoch auch eine zweite, nach außen zur Welt hin gerichtete Seite. Mit Geld prägen wir die Welt. Überall und jederzeit. Ob wir es wollen oder nicht, Geld hat stets einen Impact, eine Weltwirkung. Im Grunde ist fast jede unserer Entscheidungen im Leben auch eine Geldentscheidung, die am Ende einen – positiven oder negativen – Impact produziert. In Kapitel 6 beleuchten wir daher unsere Geldbeziehung als » Geld bewusst leben mit Impact«. Hier werden wir unsere Geldentscheidungen unter die Lupe nehmen. Genau genommen bist du eingeladen, deine Geldentscheidungen in einem neuen Licht zu betrachten. Nun wirst du sagen: »Nun ja, vielleicht muss ich bei Geldanlagen eine echte Geldentscheidung treffen, im Hinblick auf Menge, Dauer, Risiko und Produkt. Aber darüber hinaus? Was habe ich denn noch an Geldentscheidungen zu treffen?« Was hältst du von dieser Sichtweise:
“Jeder Euro ist eine Abstimmung.« ⸺ kai romhardt (2017, S. 236)
Sehr klar und prägnant formuliert, oder? Eine Abstimmung erfordert immer eine Entscheidung, über die Sache und über das Geld. Zuallererst müssen wir entscheiden, ob wir Geld, das wir haben, ausgeben, sparen, investieren, horten, verschenken. Oder ob wir Geld, das wir nicht haben, aufnehmen, annehmen, wegnehmen, gewinnen. Das werden wir im Einzelnen betrachten und wir werden dich einladen, darüber zu reflektieren, wie du deine Geldentscheidungen triffst. Und wie du dir denken kannst, werden wir dir natürlich auch hier eine neue Perspektive bieten, die den Impact, die Wirkung berücksichtigt. Denn möglicherweise waren deine bisherigen Entscheidungen – ob über Geld oder Sachen – nicht ganz zu Ende gedacht. Denn:
Jede einzelne unserer Entscheidungen produziert einen Output sowie ein Ergebnis und eine Wirkung.
Und wir sind überzeugt: Würde die Wirkung, der Impact, in allen unseren großen und kleinen, alltäglichen und bedeutsamen Geldentscheidungen eine feste Rolle spielen, dann kämen wir vermutlich häufig zu anderen Entscheidungen. Entscheidungen, die uns in eine regenerative Welt führen können. Wie wir dahin kommen? Letztlich kann es nur darüber gehen, dass wir ein achtsames Verhalten in unser Geld-Skript schreiben, damit es Teil unseres Geld-Mindsets wird und wir bei jeder Geldverwendung den Impact im Blick haben. Wie das geht, werden wir dir zeigen.
In Kapitel 7 »Systemveränderungen für eine regenerative Welt« öffnen wir den Blick auf die notwendigen Veränderungen des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems und wie diese sich zu unseren eher individual-psychologischen Ansätzen verhalten. Du wirst sehen: Alle haben ihren je spezifischen Part im Rahmen der Transformation. Deshalb beleuchten wir in Kapitel 7 in kurzen Worten drei Ansätze, die uns als wegweisend für die Transformation erscheinen.
Ein monetäres Ökosystem mit Parallelwährungen schlagen Stefan Brunnhuber (brunnhuber 2021) und der Club of Rome (lietaer 2013) für die nachhaltige Ausgestaltung unseres Finanzsystems und damit der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft vor. Vom deutschen Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) stammt die »Suffizienz-Strategie«, die die Frage des » Genug« auf einer gesellschaftlichen Ebene thematisiert. Und schließlich halten wir Otto Scharmers Presencing-Konzept (auch Theorie U genannt) für einen geeigneten Ansatz sowohl für die Einleitung von Veränderungsprozessen als auch für die Neuformulierung von Bildungskonzepten.
Die Überlegungen drehen sich in den Kapiteln 1–7 sehr stark darum, wie du selbst ein neues Verhältnis zu Geld gewinnen und für dich und den Planeten nutzbar machen kannst. Abschließend gehen wir einen Schritt weiter und stellen zum Schluss die Ausgangsfrage noch einmal: Was braucht die Gesellschaft, damit wir mit der Transformation in Richtung einer nachhaltig-regenerativen Lebens- und Wirtschaftsweise vorankommen? Als in Bildungsinstitutionen Tätige ist für uns die Antwort keineswegs überraschend: Bildung, hier natürlich ganz speziell die GeldBildung.
“ Das Ziel von Bildung ist nicht Wissen, sondern Handeln.« ⸺ HERBERT SPENCER
Warum dazu die herkömmliche Finanzbildung nicht ausreicht, sondern wir eine neue, ganzheitliche GeldBildung brauchen, erforschen wir im letzten Kapitel des Buches »Unser Zukunftsmodell: Positives-Geld-Bilden – eine Bildungsinitiative«. Und wir weisen dort mit dem Zusatz »Eine Bildungsinitiative« auch klar den Pfad, den wir einschlagen wollen.
Das Buch schließen wir mit einem Appell für diese breit angelegte Bildungsinitiative: Positives-Geld-Bilden – PoGeBiX. »Alles, was wir tun, hat eine Wirkung«, sagt Thích Nhất Hạnh, der große Philosoph, Mönch und Achtsamkeitslehrer. (thích nhất hạnh 2022, S. 51). Wenn wir jede Geldverwendung unter dem Gesichtspunkt eines positiven Impacts auf Menschen und auf den Planeten ausüben, dann formen wir mit unserem Geld die zukünftige Welt. Dazu brauchen wir eine neue Geldbeziehung auf der Grundlage eines neuen Geld-Mindsets. Beginnen wir damit in Schulen und Bildungseinrichtungen, dann schaffen wir eine fundierte Basis für die Transformation hin zu einer lebenswerten, nachhaltigen, sprich regenerativen Welt. Denn:
Positives Geld regeneriert uns und die Welt.
Jetzt liegt das Buch vor dir – der Beginn einer intensiven Auseinandersetzung mit deiner Beziehung zu Geld. Das Buch ist voller Impulse, Aufgaben und Reflexionsfragen, die dich ermutigen sollen, deine Geldbeziehung zu verstehen und besser kennenzulernen. Es gibt keinen Zeitdruck, keine Vorgaben. Arbeite in deinem Tempo, Schritt für Schritt. Lass die Fragen auf dich wirken, nimm dir Zeit und schau, wohin die Reise dich führt.
Ein Aspekt liegt uns dabei besonders am Herzen: Nachhaltigkeit. Damit dieses Buch kein Wegwerfprodukt ist, sondern im Idealfall ein Begleiter, der auch noch anderen dienen kann, haben wir entschieden, dass es kein Workbook sein soll, in das hineingeschrieben wird und in dem Reflexionen notiert werden. Stattdessen kannst du die Reflexionsfragen und Übungen von unserer Website herunterladen. Wenn du sie gleich ausdruckst, hast du sie während der Lektüre stets griffbereit. Den QR-Code zur Website findest du auf den ersten Seiten des Buches.
Unser persönliches Statement
VON RAFFAELA HOFMANN
Für mich war das Schreiben dieses Buches eine Reise – mit Höhen und Tiefen, mit Momenten der Klarheit und der Verwirrung. Ich musste mir Fragen stellen, die ich lange ignoriert hatte. Mir wurde klar, wie oft ich im Hamsterrad war, blind und getrieben. Geld war in meinen Beziehungen immer wieder ein Thema: sparen oder nicht, investieren oder konsumieren? Obwohl ich über zwei Jahrzehnte als leidenschaftliche Bankerin gearbeitet habe, begriff ich erst im Zuge des Schreibens, dass Geld mehr ist als eine Frage von Wissen oder Regeln. Es ist ein Teil unserer Identität, ein Spiegel unserer Werte und Träume.
Auch das Thema »Impact« war für mich ein Augenöffner. Früher dachte ich oft: »Natürlich sollte man etwas tun – aber warum ich? Können das nicht die anderen übernehmen?« Jetzt weiß ich: Jeder Mensch kann einen Unterschied machen. Auch ich. Auch du. Oft reicht schon ein kleiner Schritt, um etwas in Bewegung zu setzen.
Mein größter Dank gilt meiner Familie: meinem Mann Christian und unseren Kindern. Sie haben mich monatelang unterstützt, mir den Rücken freigehalten und mich mit Geduld und Liebe begleitet. Christian war nicht nur eine unglaubliche Stütze, sondern auch meine größte Motivation, dieses Buch fertigzustellen. Ohne ihn wäre es nicht möglich gewesen.
Und danke an Friedhelm, dass er mich mit seiner Beharrlichkeit und Überzeugung inspiriert hat. Seine ruhige, reflektierte Art und seine beeindruckende Expertise zum Thema Nachhaltigkeit entpuppten sich rasch als echte Bereicherung.
VON FRIEDHELM BOSCHERT
Endlich! Der Anstoß und die Zeit zum Eintauchen in » Geld«, dessen glänzende, manchmal auch unruhige Oberfläche ich schon immer, vor allem beruflich bedingt, im Blick hatte. Und genau so lange spürte, dass darunter sehr viel mehr verborgen sein muss als unsere Alltagsaugen sehen. Und im letzten Jahr war es dann so weit.
Aus den Gesprächen mit Raffaela wurde rasch klar, dass ich in ihr den idealen »Buddy« für den Deep Dive in dieses Thema gefunden hatte. Mit ihr konnte ich während der Arbeit an unserem gemeinsamen Buch nicht nur der Frage »Was eigentlich ist Geld?« grundsätzlich nachgehen, sondern auch den lahmenden Transformationsprozess, das Geldsystem, die Finanzbildung und die Nachhaltigkeit, die Impact- und Suffizienzdiskussion endlich vertieft durchleuchten. Eine schöpferische Reise! Ein Privileg!
In unserem Buch »Positives Geld für eine regenerative Welt« schließt sich der Kreis. Meine Lebensthemen Naturbewahrung, Achtsamkeit, Banking und Bildung finden sich in diesem Brennpunkt wieder und halten noch viele Geheimnisse für weitere Erkundungen, noch viele Herausforderungen für neue Aktivitäten bereit – die unsere Welt so dringend braucht.
Ein Buch wird nicht im leeren Raum geschrieben. Mein großer Dank gilt Elisabeth, meiner Frau, für stärkende Unterstützung, großes Verständnis und andauernde Inspiration. Auch meinen Freunden, die mich in vielen Gesprächen angeregt haben und geduldig waren, wenn wir uns des Schreibens wegen nicht sahen. Dank auch an meine Arbeitskollegen von Spirit Hoch3, AWARIS, Mindful Finance Institute und OIKOCREDIT, die allesamt mit die Fundamente gelegt hatten. Und, nicht an letzter, sondern an besonderer Stelle: mein spezieller Dank an Raffaela, die mit ihrer quirligen und unkonventionellen Herangehensweise, mit ihrer unerschöpflichen Energie und Fantasie für eine einzigartige und wunderbare Zusammenarbeit sorgte!
Unser beider Dank gilt auch dem Haufe Verlag, hier dem Produktmanager Jürgen Fischer, der uns professionell durch den Entstehungsprozess leitete. Und vor allem unserer großartigen Lektorin Barbara Buchter, die uns mit großer Sorgfalt, profunder Sachkenntnis und echter Freude eine überaus wertvolle Begleiterin in der Endredaktion des Buches war. Wir danken auch unseren kreativen Layoutern, Silvia Deutsch für das Cover-Layout und Wolfgang Hornung für das Innen-Layout.
»Die Zeit ist reif für eine neue Aufklärung, finden wir, oder für andere Wege, die heutigen kurzfristigen Denkgewohnheiten und Handlungen abzulösen.« ⸺ VORSTAND DES CLUB OF ROME
(VON WEIZSÄCKER ET AL. 2017, S. 12)
Was haben wir übersehen? Warum kommen wir bei der Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft und den dafür notwendigen Verhaltensänderungen der Menschen einfach nicht so richtig voran? Warum tun wir uns als Einzelne so schwer, unser Verhalten wirklich nachhaltig auszurichten? Oder gar unser Verhalten so grundlegend zu überdenken, wie es der Weg in ein regeneratives Leben erfordert? Wir scheitern häufig ja gar nicht an den großen Sustainable Development Goals (SDG), sondern viel häufiger an unseren eigenen Vorsätzen und Maßstäben. Was passiert stattdessen? Wir leben, konsumieren, produzieren und wirtschaften munter weiter, wie wir es bisher immer getan haben, gerade so, als gäbe es kein Morgen. Wir bewegen uns wie bisher jeden Tag in zwei Tonnen Blech und Kunststoff gehüllt in die Innenstädte – jeder für sich allein natürlich. Dabei hatten wir während der Corona-Pandemie doch gedacht, wir könnten diesen täglichen Irrsinn zumindest reduzieren – vernünftig und nachhaltig sein. Homeoffice? Fahrgemeinschaften? Nicht gerade populär, sieht man sich in den täglichen Pendlerstaus mal genau um.
Im Urlaub Bodensee statt Bali? Auf Dienstreise im Zug und nicht im Flieger von Frankfurt nach Hamburg? Scheint auch schon wieder vergessen, ist nicht mehr angesagt. Die Anzahl liegt mit über 220.000 täglichen Flügen weltweit schon wieder über dem Vor-Corona-Niveau. Plastik vermeiden beim Einkauf? Uiii, ganz schwierig, » die« verkaufen ja nichts mehr unverpackt. »Also dafür können wir beim besten Willen nichts«, hören wir häufig, und so erreicht die weltweite Plastikproduktion mit 460.000 Tonnen pro Jahr erneut einen historischen Höchststand.
Sechs der neuen planetaren Grenzen haben wir bereits überschritten ( Vgl. pik 2023): Klimawandel, Biosphärenintegrität (Artensterben), Landnutzungsänderung, Süßwassernutzung, biogeochemische Flüsse (Stickstoff- und Phosphorkreisläufe) und neuartige Substanzen (z. B. Chemikalien und Plastik). Der Bereich innerhalb der planetaren Grenzen wird als »sicherer Handlungsraum für die Menschheit« bezeichnet, in dem ökologische Stabilität gewährleistet ist. Außerhalb dieser Bereiche haben wir den sicheren Handlungsspielraum für die Menschheit auf Erden bereits verlassen und sind zivilisationsbedrohenden Gefahrenlagen ausgesetzt: Treibhausgase nehmen seit 150 Jahren zu, wir haben mit 430 ppm mehr CO₂ in der Atmosphäre als jemals zuvor seit 800.000 Jahren. 30 % aller Arten sind während der vergangenen 500 Jahre ausgestorben. Die Aussterberate ist heute bis zu 1.000-mal höher als die natürliche Sterberate. Zwischen 1990 und 2020 sind global 420 Millionen Hektar Waldfläche verschwunden. Das entspricht dem 50-Fachen der Größe Österreichs – abgeholzt und verbrannt in nur 30 Jahren!
All das wissen wir – ja, wir sprechen sogar tagtäglich davon.
Wenn da nicht dieser verflixte »Knowing-Doing-Gap« wäre
Das kennst du auch, oder? Will heißen, wir kennen die Folgen, wissen um die Konsequenzen unseres Handelns, kennen sogar die damit verbunden Risiken (siehe dazu den jährlichen Global Risk Report (Wef 2025) des World Economic Forum) und die Folgen (siehe das öffentlich zugängliche Klima-Simulations-Tool »En-Roads« → Informationen dazu unter https://www.climateinteractive.org/de).
Wir wissen, dass es heute nicht mehr um bloße »Schadensvermeidung« gehen kann, sondern dass viel tiefer gehende Verhaltensänderungen notwendig sind, mithilfe derer wir der Natur so viel an Regenerationsfähigkeit zurückgeben können, dass wir in naher und ferner Zukunft in einer sicheren menschlichen Habitablen Zone (Safe Space) leben werden.
»Der Gedanke der Regeneration und des regenerativen Wirtschaftens geht aber eben von der Idee aus, nicht nur Dinge weniger schlecht zu machen, sondern mindestens und eigentlich darüber hinaus NetPositive zu werden. Auf Deutsch: einen positiven Wert schaffen, mehr zu geben, als zu nehmen. Das heißt, die Wertschöpfung ist größer als die Schadschöpfung. Bei vielen Unternehmen geht es im Moment aber vor allem darum, die Schadschöpfung zu minimieren.« (herzog 2022).
Das gilt auch für die meisten Menschen und in der Politik, möchte man ergänzen. Echte Veränderungen im Verhalten, im »Doing«, ein grundlegender Wandel unserer Gewohnheiten finden einfach nicht statt, obwohl wir die schlimmen Folgen bereits heute spüren.
Das Anthropozän-Paradox und warum Veränderungen so schwer sind
Wie es die Bezeichnung unserer Zeit als » Anthropozän« (aus ánthropos, deutsch »Mensch«, und kainós, deutsch »neu«, auch als Zeitalter des Menschen bezeichnet) schon aussagt, haben wir all die üblen Krankheiten der Erde, die Verletzungen der planetaren Grenzen mit unserem eigenen menschlichen Verhalten hervorgerufen. Dieser Aussage stimmen inzwischen immer mehr Menschen zu. Also müssten wir die Übel doch auch mit einer Änderung unseres Verhaltens wieder bereinigen können, oder? Dem stimmen nun leider viele Menschen nicht zu, was inzwischen als das »Anthropozän-Paradox« bekannt ist. Und viele Menschen haben mittlerweile ganz einfach vor der Größe und Komplexität der Herausforderungen kapituliert. Wir alle kennen die Aussagen: »Ich kann als Einzeln:er ja doch nichts ausrichten«, »Sollen doch die Chinesen mal damit anfangen«, » Gott sei Dank bin ich schon 60 «, »I wish it would not have happened in my time« (Frodo Beutlin in »Herr der Ringe« und viele andere vor allem über 55-Jährige), oder optimistisch formuliert: »Keine Sorge, wir finden schon irgendwie eine Lösung.« Also: Weitermachen! Wie jede:r von uns weiß, gehören Veränderungen etablierter Verhaltensmuster – beim Einzelnen wie auch bei Gruppen – zu den allerschwierigsten Übungen unseres Menschseins. Und zudem sind wir Weltmeister in klugen Ausreden.
Andererseits finden es wiederum mehr und mehr Menschen guten Willens im Grunde genommen unerträglich, dass wir nicht vorankommen. Also geben wir uns einfach mit einigen marginalen – vor allem: technischen – Änderungen unseres Lifestyles wie der Mülltrennung oder dem E-Auto zufrieden – und machen ansonsten weiter wie bisher.
Bringen wir es auf den Punkt: Obwohl wir alle wissen, dass Veränderungen möglich und notwendig sind, handeln wir oft nicht danach. Paradox, oder?
Von einer echten Transformation in eine regenerative, sich selbst regulierende Welt sind wir – auf individueller, gesellschaftlicher und globaler Ebene – noch meilenweit entfernt. Und damit stellt sich die zentrale Frage: Was läuft da schief?
Reflexion
Warum fällt es uns als Einzelne und als Gesellschaft so schwer, unsere Gewohn- heiten zu ändern, selbst wenn wir um die schwerwiegenden Konsequenzen der Nicht-Veränderung wissen?
Reflektiere gleich mal folgende Fragen:
■Welche grundlegenden Veränderungen hast du bereits in deinem Leben vorgenommen?
Denke an Bereiche wie deinen Lebensstil, Konsum, Umgang mit Ressourcen oder deine Beziehung zur Natur.
■Welche dieser Veränderungen sind dir leichtgefallen?
■Welche haben dir Schwierigkeiten bereitet?
An Begründungen, warum es nicht mehr Veränderungen waren, hat es vermutlich während deiner Überlegungen nicht gefehlt: »Ist so schön bequem …, ich kann nicht anders …, ich habe keine Zeit …, es gibt keine Alternativen zu …, ich habe Angst vor dem Neuen …«. Das kennen wir alle zur Genüge.
Warum also tun wir uns so schwer mit Veränderungen? Was hält uns – was hält dich, mich und die Gesellschaft – zurück? Sind es Gewohnheiten, Bequemlichkeit, Unsicherheiten oder Angst vor dem Neuen? Oder hängt es vielleicht mit der tief verwurzelten Vorstellung zusammen, dass »mehr haben« immer besser ist?
Gerade Ängste sind eine wesentliche Barriere für Veränderungen. Insbesondere heute in der oft undurchschaubaren Multi-Krisen-Welt lähmen Ängste unsere Handlungsbereitschaft. Die Nachrichten schüren Ängste vor Krieg, vor sozialem Abstieg, vor Krankheiten, vor Katastrophen aller Art. Sie überwältigen uns manchmal regelrecht und bringen viele von uns in eine Art Schockstarre, aus der heraus nützliche Handlungen und sinnvolle Veränderungen nicht mehr angegangen werden.
»It’s the money, stupid!«: Was wir in der Transformation übersehen haben
Fragen wir uns also: Gibt es vielleicht noch andere als die genannten Ansatzpunkte, die uns von einer langfristig nachhaltigen, regenerativen Lebensweise abhalten? Etwas, das wir noch nicht bedacht haben? Etwas, das uns so naheliegt, etwas, das wir lieben und hassen und das uns im Grunde doch recht fremd geblieben ist. Etwas, das wir täglich in der Hand halten, an das wir noch öfter täglich denken, das uns umgibt wie die Luft – unsichtbar, allgegenwärtig und von uns zumeist unhinterfragt – das GELD!
Genauer gesagt: unser Umgang mit dem Geld, unsere GELDBEZIEHUNG.
Eigentlich naheliegend, aber im Zusammenhang mit der Transformation von Verhalten, Wirtschaft und Gesellschaft so noch bisher kaum betrachtet: »It’s the money, stupid!« (übersetzt: »Es ist das Geld, du Dummkopf«, angelehnt an »It’s the economy, stupid!« aus dem Jahr 1992, eine der zentralen Botschaften des Clinton-Wahlkampfes in den USA). Das war unsere zentrale Erkenntnis, als wir begannen, darüber nachzudenken, wie wir den Transformationsgedanken und die Impact-Orientierung besser in unserem Alltag verankern könnten: Ganz klar, beim Geld müssen wir ansetzen! Bei jenem Medium, das uns täglich dutzendfach beschäftigt, umtreibt und leitet. Und in fast jeder unserer Alltagsentscheidungen eine Rolle spielt, oft sogar eine dominante Rolle.
»Und es herrscht der Erde Gott, das Geld.« ⸺ FRIEDRICH VON SCHILLER
Ob wir es wollen oder nicht: Im Mittelpunkt unserer Lebens- und Wirtschaftsweise stehen das Geld sowie das Geldsystem, das es hervorbringt und aufrechterhält. In nahezu jede Entscheidung, die wir als Individuum oder als Gesellschaft tagtäglich treffen, ist Geld eingebunden. Das Geld durchdringt unsere sämtlichen Aktivitäten und Beziehungen, unser gesamtes Leben von Kindesbeinen an bis zum Abschied, ob wir das wollen oder nicht. Es ist unser ständiger Begleiter, ist ungefragter Ratgeber und vielschichtiges Werkzeug, ist stummer Mahner. Und als Antreiber, Hoffnungsträger und Sehnsuchtsziel die Quelle für unser psychisches Wohlbefinden oder Unglück.
»Geld ist eine hochemotionale Angelegenheit«, war vor einigen Jahren in der Süddeutschen Zeitung zu lesen (hampel 2016). Geld ist eben bei Weitem nicht jenes »neutrale« Etwas, als das wir es so gerne sähen (lanzinger et al. 2017). Wir belegen es mit Tabus (»Über Geld spricht man nicht«), produzieren Lügen (»Ich habe nicht genug« oder »Ich bin nicht neidisch«) und Ausreden (»Wenn ich mehr davon hätte, würde ich mich nachhaltiger verhalten«) oder verdrängen schlichtweg die Auseinandersetzung damit (» Geld ist mir eigentlich egal«). Was davon würdest du für dich unterschreiben? Oder hast du noch nicht so genau darüber nachgedacht?
Und obwohl Geld allgegenwärtig ist, gehen wir mit kaum einem anderen Medium irrationaler um als – mit Geld. Und verstehen dabei weder unsere eigene Haltung gegenüber Geld noch das Funktionieren des Geldsystems. Es ist eben nicht nur einfach eine Frage kognitiven Wissens, wie viele Vertreter des Finanzsystems und der herkömmlichen Finanzbildung annehmen, sondern viel umfassender eine Frage des Mindsets, der Haltung und der Emotionen und am Ende gar eine Systemfrage. Sehen wir also das Geld als Mittelpunkt – eine durchaus moderne Sichtweise übrigens (vgl. Abb. 01) – und als das zentrale Triebmittel unserer Lebens- und Wirtschaftsweise, dann müsste doch auch die notwendige Transformation hin zu einer nachhaltig regenerativen Lebens- und Wirtschaftsweise durch Geld gefördert oder behindert werden können, oder?
Abbildung 01 ⸺ Quelle: raWorth, k. (2017)
Können wir Geld, vor allem unsere Beziehung zu Geld, nicht als Treiber der großen Transformation hin zu einer regenerativen Lebenswelt einsetzen? Sowohl auf der individuellen Ebene wie auch auf der Makro-System-Ebene? Diese Fragen sind für uns zentral, treiben uns um und führen zur entscheidenden Frage:
Was genau brauchen wir, wenn wir Geld als Mittel und Treiber der Transformation einsetzen wollen?
Übung: Quick-Check »Positives-Geld-Bilden«
Bevor du in das nächste Kapitel eintauchst und dich in dein » Geldabenteuer« stürzt, nimm dir bitte einen Moment Zeit, um in Ruhe und Gelassenheit nachzudenken. Beantworte die folgenden Fragen intuitiv und in Stichpunkten. Lass dich dabei von deinem Bauchgefühl leiten, ohne lange nachzudenken. Schreibe einfach alles auf, was dir durch den Kopf geht.
■Was bedeutet Geld für mich?
■Wie definiere ich finanzielle Freiheit?
■Mit welchem Betrag auf dem Konto wäre ich sorgenfrei?
■Wie verbinde ich Geld mit meinen persönlichen Werten?
■Welche Auswirkungen haben meine Geldentscheidungen auf andere Menschen und die Umwelt?
■Wie würde ich meinen Umgang mit Geld beschreiben: nachhaltig, konsumorientiert oder anders?
■Was verstehe ich unter einer regenerativen Welt?
■Welche Veränderungen der Lebensweise wünsche ich mir?
■Wie sehr bin ich mir meiner Wirkung auf die Welt bewusst?
■Ist mein Wissen über Geld und Finanzen meiner Meinung nach ausreichend?
■Jeder Euro ist eine Abstimmung. Stimme ich dem zu?
Diese Fragen stehen dir gut übersichtlich in deinem Workbooklet auf unserer Website zum Download zur Verfügung. Den Quick-Check wirst du übrigens am Ende des Buches noch einmal finden. Die Antworten erlauben dir dann einen »Vorher-nachher«-Vergleich deiner Entwicklung.
ZUSAMMENGEFASST
→Die individuelle Geldbeziehung wurde bislang im wirtschaftlich-sozialökologischen Transformationsprozess als potenzieller Treiber noch nicht berücksichtigt.
→Geld durchdringt alle unsere Lebensbereiche und bestimmt maßgeblich unser Denken und Verhalten. Deshalb rücken wir Geld, genauer die Geldbeziehung in den Fokus unserer Betrachtungen.
→Veränderungen in unseren Beziehungen zu Geld verändern uns, unser Verhalten und unsere Wirkung in der Welt. Geld ist das Medium, mit dem wir unseren Abdruck in der Welt hinterlassen.
→Machen wir Geld zum Werkzeug der bewussten Gestaltung des Abdrucks.
»Würden die Menschen das Geldsystem verstehen, hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh.« ⸺ HENRY FORD
Was ist Geld? – »Wenn mich niemand fragt …«
Beginnen wir gleich mit der schwierigsten aller Fragen: Was ist Geld? Ähnlich schwierig wie Augustinus’ Umgang mit der Frage nach dem Wesen der Zeit: »Wenn mich niemand fragt, weiß ich es. Wenn ich es einem Fragenden erklären will, weiß ich es nicht.« (Augustinus 2009). Nun wollen wir hier keinen philosophischen Diskurs um des Diskurses Willen vom Zaune brechen. Du wirst vermutlich feststellen, dass deine erlernten und gewohnten Antworten und Denkwege zu und über Geld dich in Konventionen festhalten, die verhindern, dass du deine Beziehung zu Geld neu betrachtest, weiterentwickelst, zu einem Werkzeug für dich machst. Denn darum geht uns ja hier in diesem Buch.
Reflexion
Bevor wir daher dieser Überlegung tiefer nachgehen, zuerst mal die Frage an dich:
■Was meinst du denn, was Geld ist?
Schreib in einem Satz, was Geld deiner Ansicht nach ist. Nicht, was es macht, nicht, wie es funktioniert, nicht, was es bedeutet. Sondern einfach deine Antwort auf die Frage:
■Was ist Geld für dich?
Gar nicht so einfach, oder? Wir haben es täglich in der Hand, noch viel häufiger geht es uns durch den Kopf. Und stehen dann angesichts dieser Frage doch ratlos da. Auch eine Web-Suche bringt uns nicht gerade weiter. Denn dort finden wir genau jenes oberflächliche Schulwissen, das wir von Eltern, Lehrkräften und Bankern immer wieder gehört haben: » Geld ist ein Zahlungsmittel«, » Geld ist ein Tauschmittel«, » Geld ist ein monetärer Wert« etc. All das sind Funktionen des Geldes, die richtig sind, aber nach denen wir eben explizit nicht gefragt hatten.
In Bezug auf unsere Wahrnehmung und unser Verständnis des Geldes verhalten wir uns doch irgendwie wie Fische, meint Bernard Lietaer, ein ehemaliger Zentralbanker: »Fish do not comprehend the nature of water in which they live. Similarly, people have trouble understanding the nature of money. We allocate a great portion of our physical, emotional, and mental energy to getting, keeping and spending money – but how many of us really know what money is or where it comes from.« (Lietaer 2001, S. X). Ja, da gehen wir Menschen tagtäglich mit Geld um und verstehen doch so wenig von diesem speziellen Stoff wie Fische vom Wasser. Aber wir sind Menschen und keine Fische und fragen daher nochmals: Was ist Geld? Um eine Antwort zu finden, gehen wir dazu auf eine Reise. Und schauen der Einfachheit halber zunächst vor allem auf das (noch?) vorhandene Bargeld.
»Mensch, das Geld ist nur Chimäre.« ⸺ CHRISTIAN MORGENSTERN
Leder, Plastik und Papier oder »Das Geld im Kopf«
Stell dir vor, du bist im Urlaub und fährst mit der Fähre von Spanien nach Marokko, du lehnst in der warmen Abendsonne entspannt an der Reling und genießt den sanften Wind und den wunderbaren Sonnenuntergang. Der Kellner bringt dir den bestellten Campari und während du nach einem Geldschein kramst, fällt dir mit einer ungeschickten Bewegung die Geldbörse über Bord. Schrecksekunde! Au wei! Einige Geldmünzen, Kreditkarten und 870 Euro in Scheinen – fort. Du schreist kurz auf, siehst noch das Aufspritzen des Wassers neben der Bordwand und dann ist die Geldbörse auch schon in der Tiefe der Meerenge auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
Reflexion
Vielleicht hast du vergleichbare Situationen schon erlebt?
Nimm dir ein paar Sekunden und spüre mal kurz dem Gefühl nach, das du jetzt gerade empfindest oder damals hattest.
■Wie fühlst du dich?
Vielleicht etwas zwischen Schreck, Ärger, Wut und Hilflosigkeit, das sich da in deinem Brustkorb oder Bauch breitmacht? Und dann vielleicht sogar in Trauer über den Verlust umschlägt.
Da wir gerade bei der Frage nach dem Geld sind, schauen wir nun noch einmal genauer hin: Was genau ist denn eigentlich da passiert?
Im Grunde nicht viel. Vordergründig sind ein Stück Leder, vier rechteckige Plastikkärtchen, einige runde Teile einer Metalllegierung sowie fünf bunt bedruckte Papierfähnchen im Wasser verschwunden. Es scheint also nicht viel zu fehlen. Alles noch da. Auch ist dadurch keine Erdnuss, kein Stück Brot, kein Glas Campari, keine Orange, kein Hemd weniger auf der Welt. Nur eben etwas Leder, Metall und Papier sind nun woanders, etwa 700 m unterhalb von dir auf dem Meeresgrund. So gesehen wären Geld und der Verlust des Geldes ja kein Problem. Aber dein Kopf und dein Gefühl sagen dir doch gerade etwas ganz anderes, oder? Vermutlich wird dich gerade ein ganzer Schwall an Gedanken und ein Sturm an Gefühlen völlig durcheinanderwirbeln.
Warum so eine starke emotionale Reaktion? Du könntest ja einfach auch still sitzen, deinen Campari weiter trinken und sehr cool darüber nachdenken, wie’s nun weitergeht. Woher also der Ärger? Oder sogar eine dich ganz beherrschende hilflose Wut. Die volle emotionale Breitseite statt kühler rationaler Abwägung.
Die erstarrte Begierde
Die Plastikkärtchen, die sind nicht so ganz das Problem. Etwas unangenehm und lästig wegen des Aufwandes von Sperre und Wiederbeschaffung. Aber daher rührt die Emotion ja nicht. Denn dir geht durch den Kopf: »Was alles kann ich nun nicht kaufen, was