Praxisbuch Zahnmedizin beim Heimtier - Stefan Gabriel - E-Book

Praxisbuch Zahnmedizin beim Heimtier E-Book

Stefan Gabriel

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Beschreibung

Fühlen Sie den Heimtieren auf den Zahn!

Wann sind Zahnspitzen bei Kaninchen überhaupt pathologisch? Ist braunroter Zahnschmelz bei Chinchillas normal? Wussten Sie, dass Meerschweinchen zu Hypo-Vitaminose-C neigen? Kennen Sie das Vorgehen für eine effektive Okklusionskorrektur ? Dieses Buch führt Sie in die Praxis der Zahnheilkunde bei Kaninchen, Meerschweinchen, Chinchillas und kleinen Nagern ein. Moderne Diagnostik- und Therapieverfahren werden Ihnen Schritt-für Schritt erklärt. Mit diesem Buch haben Sie von der Diagnosestellung bis zu OP-Zwischenfällen alles im Griff.

  • Schritt-für-Schritt durch alle wichtigen Operationen: von der Narkose bis zur Schmerztherapie. Aussagekräftige Bilder verdeutlichen jeden einzelnen Handgriff.
  • Diagnostik mit Durchblick: extra- und intraorale Untersuchungsmethoden mit möglichen Befunden sowie praxisnahe Lagerungstipps und Interpretationsanleitungen für Röntgenbilder. So kommen Sie schnell zu einer gezielten Diagnose.
  • Tierartgerechte Therapien: speziesbezogene Medikamentenauswahl und Dosierungen. Jedem Tier sein Elixier.
  • Allerhand für den Alltag: zahlreiche Praxistipps und Differenzialdiagnosen. Damit erkennen Sie jede Zahnerkrankung und schulen Ihren Blick für Details.

 

Legen Sie bei den Heimtieren einen Zahn zu!

Vom Experten lernen: Dr. Gabriel hat sich auf Kaninchen- und Nagerzahnprobleme spezialisiert und ist Gründungsmitglied der DGT.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 356

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Praxisbuch Zahnmedizin beim Heimtier

Stefan Gabriel

2., aktualisierte Auflage

340 Abbildungen

Vorwort

Kleine Heimtiere haben in der heutigen Kleintierpraxis einen erheblichen Stellenwert erlangt. Ein Großteil von diesen Patienten hat Zahnprobleme oder ist gefährdet, solche zu entwickeln. Neben der sachgerechten Behandlung bereits festgestellter Zahnprobleme hat die frühzeitige Diagnose und rechtzeitige Prophylaxe derartiger Veränderungen eine große Bedeutung.

Dieses Buch soll die Grundlagen dafür vermitteln. Deshalb steht die Darstellung der notwendigen Zusammenhänge im Vordergrund. Röntgendiagnostik und Behandlungstechniken werden Schritt für Schritt erläutert und an praktischen Beispielen demonstriert.

Ziel ist es auch, dem Praktiker einen Überblick über den derzeitigen Kenntnisstand der Zahnmedizin bei Kleinsäugern zu vermitteln. Dabei wurde versucht, die verfügbare Literatur und die gängigen Behandlungsverfahren klar und nachvollziehbar für den Leser aufzuarbeiten. Die Zusammenhänge zwischen Symptomen, Ursachen und Folgen bei Zahnproblemen der kleinen Herbivoren sind ausgesprochen komplex und lassen sich leider nicht mit einfachen Algorithmen und unmittelbar daraus folgenden Therapieempfehlungen erklären. Hier gilt vielmehr das Motto: „Zahnmedizin ist Handwerk auf wissenschaftlicher Grundlage“ (Prof. Dr. Dr. Dieter Müßig, Krems).

Wer Zahnbehandlungen bei kleinen Heimtieren vornimmt, muss neben handwerklicher Geschicklichkeit und der passenden Instrumentenausstattung auch über detaillierte Kenntnisse der Anatomie, Physiologie und Pathologie des Kauapparates der jeweiligen Spezies verfügen. Ich habe in meinem Grundstudium in den 70-er Jahren sowie im Promotionsstudium so gut wie keine Kenntnisse über Kleinsäuger und Zahnmedizin erwerben können. Erst der Kontakt zu Peter Fahrenkrug und seinen Praxisseminaren aktivierte bei mir ein latentes Interesse für Zahnmedizin und die europäische Postgraduiertenausbildung bei der ESAVS (European School for Advanced Veterinary Studies) brachte mir das Spezialwissen und die bereichernden Kontakte zu europäischen Spezialisten. Insbesondere ist hier für die Kleinsäugerzahnmedizin David Crossley zu nennen, der mich maßgeblich stimulierte und prägte.

Diese Kenntnisse anwendungsorientiert zu vermitteln, ist das Anliegen dieses Praxisbuches. Es sei aber sicherheitshalber darauf hingewiesen, dass in der Medizin jeder Fall stets individuell aufzuarbeiten ist und alle Therapieverfahren und Eingriffe Handwerk sind, das es vom Therapeuten zu erarbeiten und zu perfektionieren gilt. In diesem Sinne sollte sich auch kein Tierarzt scheuen, einen schwierigen oder unklaren Fall zu überweisen. Wie überall in der Medizin honorieren Tierbesitzer ein ehrliches Überweisungsverhalten durchaus und die Zusammenarbeit mit dem Spezialisten bietet dem Tierarzt die Möglichkeit, am Patienten dazuzulernen. Denn wie heißt es bei Bert Brecht über die Wissenschaft: „Es ist nicht ihr Ziel, der unendlichen Weisheit eine Tür zu öffnen, sondern eine Grenze zu setzen dem unendlichen Irrtum.“

Den Kolleginnen Birgit Drescher, Frances Harcourt-Brown, Estella Böhmer und Jutta Hein sei an dieser Stelle für ihre substanziellen Beiträge zu meinem Kenntnisstand gedankt. Professor Michael Fehr und PD Dr. Thomas Göbel danke ich für den Anstoß zu meinen Vortragstätigkeiten und Seminaren, ebenso den Kolleginnen und Kollegen der DGT (Deutsche Gesellschaft für Tierzahnheilkunde).

Jutta Hein, Manfred Schumacher und allen MitarbeiterInnen und HelferInnen danke ich für die stets engagierte und angenehme Zusammenarbeit. Simone Möllenbeck danke ich für die Durchsicht des Manuskriptes. Den Mitarbeiterinnen des Thieme Verlags, insbesondere Frau Carolin Frotscher, danke ich für ihre professionelle und geduldige Hilfe bei der Umsetzung meiner Ideen.

Meiner Frau Birgitt und meinen Söhnen Felix und Vitus danke ich für die geduldige familiäre Unterstützung und praktische Mitarbeit.

Meschede, Januar 2016

Stefan Gabriel

Geleitwort

Zahnerkrankungen bei Kleinsäugern sind einer der häufigsten Vorstellungsgründe in der tierärztlichen Praxis. Zum Zeitpunkt der Vorstellung sind die Tiere meist schon länger inappetent und deshalb in einem schlechten Zustand. Eine progressive Verschlechterung des Zahnbefundes und damit des Allgemeinzustandes in Verbindung mit fulminant verlaufender Abzessbildung führt schließlich oft zum Tode des Einzeltieres. Die Ätiologie der zugrundeliegenden Ursachen für diese Zahnerkrankungen ist häufig unbekannt. So werden genetische Faktoren, wie eine angeborene Brachygnathia superior bzw. inferior, ein Zusammenhang mit der Futterzusammensetzung und Fütterung, Traumata der Zähne und des Zahnhalteapparates oder das Kürzen der Zähne mit Zangen für die Erkrankungen der Zähne, insbesondere auch für die Abszessentwicklung verantwortlich gemacht.

Die Diagnose basiert auf den Befunden der klinischen Untersuchung, insbesondere auch auf den bildgebenden Verfahren wie Endoskopie, Röntgen und Computertomografie. Dabei hat die rasante Entwicklung der digitalen Radiografie mit den Möglichkeiten der Nachbearbeitung der Bilddateien, insbesondere auch der Vergrößerung kleiner Details die Diagnose wesentlich erleichtert. Zudem wurde erst durch die Erarbeitung verschiedener Lagerungstechniken eine überlagerungsfreie Abbildung von Ober- oder Unterkiefer und damit eine Einzelzahnbeurteilung möglich. Vor diesem Hintergrund hat sich dann auch die Notwendigkeit verschiedener auf den Kleinsäuger abgestimmter Behandlungstechniken ergeben.

Dr. Stefan Gabriel hat sich im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit schon vor vielen Jahren dem Spezialgebiet der Kleinsäuger-Zahnerkrankungen verschrieben. Von Anbeginn an hat er sich mit Fragen der Ätiologie, der Diagnose und der Therapie befasst, innovativ die Möglichkeiten der computertomografischen Darstellung verschiedener Erkrankungsbilder genutzt und verschiedene Gerätschaften zur Behandlung erkrankter Zähne entwickelt. Seine Erfahrungen hat er nicht zuletzt im Rahmen zahlreicher Fortbildungsveranstaltungen wie auch in die Erstellung dieses Fachbuches einfließen lassen. Das Buch fasst den aktuellen Kenntnisstand zur Anatomie, Physiologie, Untersuchung, zu Erkrankungen und Therapie zusammen, dabei imponieren neben den Befunddarstellungen auch die Schritt-für-Schritt-Behandlungsempfehlungen. Ich habe keinen Zweifel, dass das Werk dankbar von allen Kleinsäugerinteressierten genutzt werden wird.

Hannover, Dezember 2015

Prof. Dr. Michael Fehr

Inhaltsverzeichnis

Titelei

Vorwort

Geleitwort

Teil I Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie und Fütterung

1 Biologie der Kleinsäuger

1.1 Einleitung

2 Anatomie des Schädels und der Zähne

2.1 Einleitung

2.2 Zahnanatomie

2.3 Topografie

2.4 Anatomie des Kaninchens

2.4.1 Zähne

2.4.2 Zahnschema

2.4.3 Kiefer, Maulhöhle, Zunge und Pharynx

2.4.4 Relevante extraorale Anatomie

2.5 Anatomie des Meerschweinchens

2.5.1 Zähne

2.5.2 Zahnschema

2.5.3 Kiefer, Maulhöhle, Zunge und Pharynx

2.5.4 Relevante extraorale Anatomie

2.6 Anatomie des Chinchillas

2.6.1 Zähne

2.6.2 Zahnschema

2.6.3 Kiefer, Maulhöhle, Zunge und Pharynx

2.6.4 Relevante extraorale Anatomie

2.7 Anatomie der kleinen Nager

2.7.1 Zähne

2.7.2 Zahnschema

2.7.3 Kiefer, Maulhöhle und Zunge

2.7.4 Relevante extraorale Anatomie

3 Physiologie des Kauapparates

3.1 Wachstum elodonter Zähne

3.2 Kauphysiologie der Lagomorpha

3.3 Kauphysiologie der Rodentia

4 Pathophysiologie des Kauapparates

4.1 Entstehung von Malokklusion

4.2 Pathophysiologie bei Lagomorpha

4.2.1 Backenzahn-Malokklusion

4.2.2 Schneidezahn-Malokklusion

4.2.3 Zahnveränderungen

4.3 Pathophysiologie der Rodentia

4.3.1 Meerschweinchen

4.3.2 Chinchilla

4.3.3 Kleinnager

5 Fütterung

5.1 Fütterung der kleinen Herbivoren

5.2 Fütterung der Kaninchen

5.3 Fütterung der Rodentia

5.3.1 Fütterung der Kleinnager

5.3.2 Fütterung der Meerschweinchen

5.3.3 Fütterung des Chinchillas

5.3.4 Fütterung von Degus

6 Anorexie

6.1 Anorexie und Pseudo-Anorexie

6.2 Pseudo-Anorexie („kann nicht fressen“)

6.3 Anorexie („will nicht fressen“)

7 Schmerzempfinden bei Heimtieren

7.1 Schmerzanzeichen

8 Antibiotikabehandlung

8.1 Wichtige Regeln für den Einsatz von Antibiotika

9 Intensivbehandlung

9.1 Maßnahmen zur Stabilisierung

Teil II Untersuchung

10 Organisation

10.1 Allgemeines

10.2 Behandlungsablauf

10.3 Aufklärung der Besitzer/Compliance

11 Handling

11.1 Wichtige Regeln zum Umgang mit Heimtieren

12 Geräte und Hilfsmittel

12.1 Untersuchung am wachen Patienten

12.1.1 Lupe

12.1.2 Otoskop/Trichterspekulum

12.1.3 Videoendoskop

12.2 Untersuchung in Narkose

12.2.1 Maulspreizer

12.2.2 Lippen- oder Wangenspreizer

13 Allgemeinuntersuchung

13.1 Anamnese

13.2 Allgemeinuntersuchung

13.2.1 Narkosefähigkeit

14 Spezielle Untersuchung

14.1 Extraorale Untersuchung

14.1.1 Auge

14.1.2 Nasenausfluss

14.1.3 Maulspalte

14.1.4 Symmetrie und Zubildungen

14.1.5 Haut

14.1.6 Lymphknoten

14.1.7 Untersuchungsbefunde bei Kaninchen

14.1.8 Untersuchungsbefunde bei Meerschweinchen

14.1.9 Untersuchungsbefunde bei Chinchillas

14.1.10 Untersuchungsbefunde bei Kleinnagern

14.2 Intraorale Untersuchung

14.2.1 Inspektion der Schneidezähne

14.2.2 Inspektion der Backenzähne

14.2.3 Inspektion der Weichteile

14.3 Röntgenuntersuchung

14.3.1 Praktischer Strahlenschutz

14.3.2 Technische Voraussetzungen der Röntgengeräte

14.3.3 Technische Voraussetzungen der Röntgenfilme

14.3.4 Anfertigung von Schädel- und Zahnaufnahmen

14.3.5 Projektionen

14.4 Okklusionsdiagnostik

14.4.1 Okklusionsdiagnostik beim Kaninchen

14.4.2 Okklusionsdiagnostik beim Meerschweinchen

14.4.3 Okklusionsdiagnostik beim Chinchilla

14.4.4 Okklusionsdiagnostik bei kleinen Nagern

14.5 Empfehlungen zur Röntgendiagnostik bei kleinen Heimtieren

14.6 Computertomografie (CT)

14.7 Digitale Volumentomografie (DVT) „cone-beam“ Technik (CBCT)

Teil III Narkose und Analgesie

15 Einleitung

15.1 Allgemeines

16 Analgesie

16.1 Allgemeines

16.2 Lokale Schmerzausschaltung

16.2.1 Indikationen

16.2.2 Injektionstechnik

16.2.3 Lokale Infiltration

16.2.4 Leitungsanästhesie

16.2.5 Geeignete Medikamente

16.2.6 Schlussbemerkungen

16.3 Systemische Schmerzausschaltung

16.3.1 Indikationen

16.3.2 Schmerzausschaltung

16.3.3 Geeignete Medikamente

17 Narkose

17.1 Aufklärung des Besitzers

17.2 Narkoserisiko

17.3 Narkosezwischenfälle

17.3.1 Zu flache Narkose

17.3.2 Zu tiefe Narkose

17.4 Auswahl der passenden Narkose

17.5 Narkosevorbereitung

17.6 Inhalationsnarkose

17.6.1 Balancierte Inhalationsnarkose für Kaninchen

17.6.2 Balancierte Inhalationsnarkose für Nager

17.7 Injektionsnarkose

17.7.1 Vollständig antagonisierbare Anästhesie (VAA), „Triple-Narkose“

17.7.2 Modifizierte „Triple-Narkose“ ohne Fentanyl

17.7.3 Sedierung

17.8 Preisermittlung

18 Perioperative Versorgung

18.1 Überwachung in der Aufwachphase

18.2 Temperaturkontrolle

18.3 Anfüttern

18.4 Fütterung in der Rekonvaleszenz

18.4.1 Geeignete Futtermittel

Teil IV Erkrankungen und Therapie

19 Erkrankungen

19.1 Erkrankungen des Kaninchens

19.1.1 Schneidezahnfehlstellung

19.1.2 Schneidezahnfraktur

19.1.3 Riefenbildung

19.1.4 Elongation der Oberkieferinzisiven

19.1.5 Elongation der Unterkieferinzisiven

19.1.6 Malokklusion der Backenzähne

19.1.7 Abszessbildungen

19.1.8 Kieferfraktur

19.1.9 Karies

19.1.10 Gingivitis/Parodontalerkrankung

19.1.11 Spirochätose („Kaninchensyphilis“, „Para-Lues“)

19.1.12 Tumoren

19.2 Erkrankungen des Meerschweinchens

19.2.1 Elongation der Schneidezähne

19.2.2 Schneidezahnfraktur

19.2.3 Faserzahnbildung

19.2.4 Odontom (Elodontom)

19.2.5 „Riesenzahn“ (Makrodont)

19.2.6 Malokklusion der Backenzähne

19.2.7 Abszessbildung der Backenzähne

19.2.8 Kieferfraktur

19.2.9 Karies

19.2.10 Cheilitis („Lippengrind“)

19.2.11 Gingivitis/Parodontalerkrankung

19.2.12 Kaumuskelveränderungen und Kaumuskelnekrose

19.2.13 Kiefergelenksarthrose und –ankylose

19.2.14 Rachenentzündung

19.3 Erkrankungen des Chinchillas

19.3.1 Schneidezahnfehlstellung

19.3.2 Schneidezahnfraktur

19.3.3 Schneidezahn-Veränderungen

19.3.4 Hypertrophie der Gingiva

19.3.5 Malokklusion der Backenzähne

19.3.6 Abszessbildungen

19.3.7 Kieferfraktur

19.3.8 Karies

19.3.9 Gingivitis und Parodontalinfektion

19.4 Erkrankungen der kleinen Nager

19.4.1 Schneidezahn-Malokklusion

19.4.2 Schneidezahnfraktur

19.4.3 Schneidezahn-Veränderungen (Schiefer Biss)

19.4.4 Odontom

19.4.5 Malokklusion der Backenzähne

19.4.6 Karies

19.4.7 Backentaschenprobleme beim Hamster

Teil V Therapie Schritt für Schritt

20 Instrumente und Geräte

20.1 Zahnfeilen

20.2 Knipser und Kneifzangen

20.3 Rotierende Instrumente

20.3.1 Das Antriebsgerät: Der Mikromotor

20.3.2 Die Werkzeugeinsätze: „Bohrer“, Fräser und Schleifer

21 Schneidezahnkürzung

21.1 Vor der OP

21.1.1 Indikationen

21.1.2 OP-Vorbereitung

21.1.3 Lagerung

21.1.4 Zugang

21.1.5 Instrumente und Geräte

21.1.6 Spezielle Risiken

21.2 Schneidezahnkürzung – Schritt für Schritt

21.2.1 Schritt 1

21.2.2 Schritt 2

21.2.3 Schritt 3

21.2.4 Schritt 4

21.3 Nach der OP

21.3.1 Komplikationen

21.3.2 Prognose

21.3.3 Nachsorge

22 Schneidezahnextraktion

22.1 Vor der OP

22.1.1 Indikationen

22.1.2 OP-Vorbereitung

22.1.3 Lagerung und Zugang

22.1.4 OP-Besteck und Geräte

22.1.5 Spezielle Risiken

22.2 Schneidezahnextraktion – Schritt für Schritt

22.2.1 Schritt 1

22.2.2 Schritt 2

22.2.3 Schritt 3

22.2.4 Schritt 4

22.2.5 Schritt 5

22.2.6 Schritt 6

22.3 Nach der OP

22.3.1 Komplikationen

22.3.2 Prognose

22.3.3 Nachsorge

23 Okklusionskorrektur durch Einschleifen der Molaren beim Kaninchen

23.1 Vor der OP

23.1.1 Indikationen

23.1.2 OP-Vorbereitung

23.1.3 Lagerung und Zugang

23.1.4 OP-Besteck und Geräte

23.1.5 Spezielle Risiken

23.2 Okklusionskorrektur beim Kaninchen – Schritt für Schritt

23.2.1 Schritt 1

23.2.2 Schritt 2

23.2.3 Schritt 3

23.2.4 Schritt 4

23.2.5 Schritt 5

23.2.6 Schritt 6

23.3 Nach der OP

23.3.1 Komplikationen

23.3.2 Prognose

23.3.3 Nachsorge

24 Okklusionskorrektur durch Einschleifen der Molaren beim Meerschweinchen

24.1 Vor der OP

24.1.1 Indikationen

24.1.2 OP-Vorbereitung

24.1.3 Lagerung und Zugang

24.1.4 OP-Besteck und Geräte

24.1.5 Spezielle Risiken

24.2 Okklusionskorrektur beim Meerschweinchen – Schritt für Schritt

24.2.1 Schritt 1

24.2.2 Schritt 2

24.2.3 Schritt 3

24.3 Nach der OP

24.3.1 Komplikationen

24.3.2 Prognose

24.3.3 Nachsorge

25 Okklusionskorrektur durch Einschleifen beim Chinchilla

25.1 Vor der OP

25.1.1 Indikationen

25.1.2 OP-Vorbereitung

25.1.3 Lagerung und Zugang

25.1.4 OP-Besteck und Geräte

25.1.5 Spezielle Risiken

25.2 Okklusionskorrektur beim Chinchilla – Schritt für Schritt

25.2.1 Schritt 1

25.2.2 Schritt 2

25.2.3 Schritt 3

25.3 Nach der OP

25.3.1 Komplikationen

25.3.2 Prognose

25.3.3 Nachsorge

26 Backenzahnextraktion – Oberkiefer

26.1 Vor der OP

26.1.1 Indikationen

26.1.2 OP-Vorbereitung

26.1.3 Lagerung und Zugang

26.1.4 OP-Besteck und Geräte

26.2 Backenzahnextraktion (Oberkiefer) – Schritt für Schritt

26.2.1 Schritt 1

26.2.2 Schritt 2

26.2.3 Schritt 3

26.2.4 Schritt 4

26.2.5 Schritt 5

26.3 Nach der OP

26.3.1 Komplikationen

26.3.2 Prognose

26.3.3 Nachsorge

27 Backenzahnextraktion – Unterkiefer

27.1 Vor der OP

27.1.1 Indikationen

27.1.2 OP-Vorbereitung

27.1.3 Lagerung und Zugang

27.1.4 OP-Besteck und Geräte

27.1.5 Spezielle Risiken

27.2 Backenzahnextraktion (Unterkiefer) – Schritt für Schritt

27.2.1 Schritt 1

27.2.2 Schritt 2

27.2.3 Schritt 3

27.2.4 Schritt 4

27.2.5 Schritt 5

27.3 Backenzahnextraktion – extraoraler Zugang

27.3.1 Indikationen

27.4 Nach der OP

27.4.1 Komplikationen

27.4.2 Prognose

27.4.3 Nachsorge

28 Abszesstherapie

28.1 Weichteilabszesse

28.1.1 Operation eines Weichteilabszesses - Schritt für Schritt

28.2 Zahnwurzelentzündung (Granulom)

28.3 Zahnwurzelabszesse

28.3.1 Behandlungsprinzipien

28.3.2 OP-Vorbereitung

28.3.3 Lagerung und Zugang

28.3.4 OP-Besteck und Geräte

28.3.5 Nahtmaterial und Nahttechnik

28.3.6 Spezielle Risiken

28.4 Abszesstherapie – Schritt für Schritt

28.4.1 Schritt 1

28.4.2 Schritt 2

28.4.3 Schritt 3

28.4.4 Schritt 4

28.4.5 Schritt 5

28.5 Nach der OP

28.5.1 Komplikationen

28.5.2 Prognose

28.5.3 Nachsorge

29 Obstruktion des Tränen-Nasen-Gangs, Dakryozystitis

29.1 Management der chron. Dakryozystitis

29.2 Komplikationen

29.3 Prognose

29.4 Nachsorge

Teil VI Anhang

30 Medikamentenverzeichnis

31 Glossar

32 Literaturverzeichnis

Autorenvorstellung

Anschriften

Sachverzeichnis

Impressum/Access Code

Teil I Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie und Fütterung

1 Biologie der Kleinsäuger

2 Anatomie des Schädels und der Zähne

3 Physiologie des Kauapparates

4 Pathophysiologie des Kauapparates

5 Fütterung

6 Anorexie

7 Schmerzempfinden bei Heimtieren

8 Antibiotikabehandlung

9 Intensivbehandlung

1 Biologie der Kleinsäuger

1.1 Einleitung

Als vor 65 Mio. Jahren die Dinosaurier ausstarben, standen bereits winzige, etwa mausgroße Säugetiere in den Startlöchern der Evolution. Buchstäblich zu Füßen der immer größer werdenden Saurier hatten sie als Aas- und Insektenfresser die Biotope der neu aufgekommenen Gräser und Blütenpflanzen erobert und von der schnellen Koevolution zwischen Insekten und Blütenpflanzen profitiert. Als lebend gebärende Warmblüter überlebten sie problemlos die Kaltzeit nach dem Meteoriteneinschlag am Ende der Kreide, der wohl alle größeren Tierarten zum Opfer fielen. Die Ur-Säuger verbreiteten sich schnell über die neu entstehenden Kontinente. Die durch Tektonik und Kontinentaldrift entstehenden unterschiedlichen Klimate übten einen hohen Evolutionsdruck aus, der zu großer Artenvielfalt und den unterschiedlichsten Anpassungen an die jeweiligen Biotope führte.

Das gemeinsame Taxon Glires spaltete sich genanalytischen Untersuchungen zufolge bereits vor mindestens 70 Mio. Jahren in die beiden Ordnungen Lagomorpha (Hasenartige) und Rodentia (Nagetiere) auf. Lagomorpha tragen als Duplicidentata ein zweites Paar Inzisiven im Oberkiefer (sog. “Stiftzähnchen“), was sie von den Nagern unterscheidet. Echte Hasen (Gattung Lepus) und Wildkaninchen (Gattung Oryctolagus) sind eigene Gattungen innerhalb der Familie der Leporiden. Somit sind Kaninchen keine Hasen und lassen sich als eigene Arten mit unterschiedlicher Chromosomenzahl auch nicht mit ihnen kreuzen.

Unsere als „Zwergkaninchen“ deklarierte Zuchtform ist keine eigene Art (und damit vom amerikanischen Zwergkaninchen Brachylagus idahoensis, einer Hasenart, zu unterscheiden). Das Europäische Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculi) wird seit der Römerzeit in Menschenhand gehalten und seit dem 19. Jahrhundert in Rassen gezüchtet. Neben Zwergrassen wie Hermelin sind die im Handel erhältlichen sog. Zwergkaninchen keine eigene Rasse, sondern Hybriden mit einem Körpergewicht von unter 2 kg. Sie werden oft fälschlich als „Zwerghasen“ benannt, was biologisch Unsinn ist.

Meerschweinchen (Cavia porcellus) wurden von den spanischen Seefahrern aus Südamerika mit „über das Meer“ nach Europa gebracht und werden im englischen Sprachgebrauch als guinea pig bezeichnet. Die Systematik der Meerschweinchenverwandten (Caviomorphae), zu denen auch Chinchilla und Degu gehören, wurde anhand neuerer Erkenntnisse seit Linné mehrfach umformuliert.

Kurzschwanzchinchilla (Chinchilla brevicaudata) und das etwas kleinere Langschwanzchinchilla (Chinchilla lanigera) sind in der Natur praktisch ausgestorben. Die Pelztierzucht hat aus einigen Exemplaren des Chinchilla lanigera verschiedene Typen und Farbschläge entwickelt.

Der Degu (Octogon degus) gehört mit in die Gruppe der Meerschweinchenverwandten.

Kleinnager wie Hamster, Gerbil und Hörnchen, aber auch Farbmäuse und Ratten werden von einer großen Liebhabergemeinde gezüchtet, deren oft sehr ausführliche Schriften und Internetauftritte zu Fragen der Biologie, Haltung und Fütterung durchaus empfehlenswert sind. Eine gute Übersicht gibt www.nager-info.de.

Die große Artenvielfalt unserer kleinen Heimtiere lässt sich aus praktischer Sicht in drei Gruppen sortieren: Hasenartige und Meerschweinchenverwandte sowie „Kleinnager“. Während bei den Letzteren extreme Nahrungsspezialisten, aber auch Omnivoren oder Granivoren vorkommen, sind die ersten beiden Gruppen reine Herbivoren ( ▶ Tab. 1.1 ).

Tab. 1.1 

Einteilung der kleinen Heimtiere nach praktischen Gesichtspunkten.

Ordnung

Unterordnung

Spezies

Hasenartige (Ordnung Lagomorpha)

Kaninchen*

Hasen*

Nager (Ordnung Rodentia)

Meerschweinchenverwandte (Caviomorpha)

Meerschweinchen*

Chinchilla*

Degu*

„Kleinnager“Unterordnung Myomorpha

Hamster**

Maus**

Ratte**

Gerbil**

„Kleinnager“Unterordnung Sciuromorpha

Hörnchen**

* reine Herbivoren

** Granivoren bzw. Omnivoren

2 Anatomie des Schädels und der Zähne

2.1 Einleitung

In ihrer Anpassung an verschiedene Nahrungsgrundlagen haben Kleinsäuger höchst unterschiedliche Ernährungsweisen und entsprechend spezialisierte Gebissformen entwickelt. Während sich Nager mithilfe ihrer Nagezähne (Inzisiven) spezielle Nahrungsgrundlagen erschließen konnten (Nüsse, Wurzeln, Getreide), haben die Herbivoren ihr jeweiliges Gebiss mit Mahlzähnen zum optimalen Aufschluss von Gräsern für die Blinddarmverdauung optimiert. Auch die Kaubewegungen und die Kieferanatomie sind artspezifisch höchst unterschiedlich.

2.2 Zahnanatomie

Am Zahn unterscheidet man grundsätzlich die in die Maulhöhle ragende Zahnkrone (Corona dentis), den Zahnkörper mit Hals und die Zahnwurzel (Radix dentis). Bei den uns von Hund und Katze vertrauten Wurzelzähnen ist die Zahnwurzel am ausgewachsenen Zahn an der Spitze (Apex dentis) bis auf die durchtretenden Nerven und Gefäße geschlossen ( ▶ Abb. 2.1). Der Teil des Zahnes, der in der Alveole des Kieferknochens sitzt, wird als Zahnwurzel bezeichnet, der supragingival über das Zahnfleisch in die Maulhöhle ragende Abschnitt als Zahnkrone. Der Zahnhalteapparat (Parodontium, Periodont) verbindet mit seinen elastischen Fasern die Zahnoberfläche fest mit dem Alveolarknochen.

Abb. 2.1 Zahntypen mit geschlossenen Wurzeln: a haplodonter einfacher Zahn, z.B. Schneidezahn eines Fleischfressers; b zweiwurzeliger tuberkulosektorialer Zahn, z.B. Backenzahn eines Fleischfressers. Wurzeloffene (aradikuläre), lebenslang wachsende (elodonte) Zähne: c hypsodonter einfacher Zahn, z.B. Inzisivus eines Nagers; d schmelzfaltiger bilophodonter Zahn, z.B. Molar eines Kaninchens. Beachte, dass die beiden ersten Typen einen Schmelzüberzug (grau) auf ihrer Kaufläche tragen. Bei den elodonten Zähnen erlaubt eine von Schmelzkanten umschlossene Dentinfläche den Abrieb am Antagonisten (Selbstschärfung).

Merke

Die lebenslang nachwachsenden (elodonten) Zähne der kleinen Herbivoren bilden keine anatomisch abgrenzbare Wurzel aus und bleiben wurzeloffen ( ▶ Abb. 2.1).

Das Germinativgewebe an der Zahnwurzel produziert laufend mit seinen Adamantoblasten (Schmelz), Odontoblasten (Dentin) und Zementoblasten (Zement) neue Zahnsubstanz und schiebt den nachwachsenden Zahn aus der Alveole in Richtung Kaufläche hoch. Dazu sind die parodontalen Fasern als Wurzelscheide um den darin gleitenden Zahn ausgeprägt und erlauben sowohl eine elastische Verankerung in der Alveole als auch ein Herausschieben des wachsenden Zahnes. Weil anatomisch am elodonten Zahn durch das Fehlen eines Zahnhalses keine Zahnwurzel von der Krone abgrenzbar ist, hat man sie früher als aradikuläre Zähne und „wurzellos“ bezeichnet. Funktionell gesehen ist das natürlich falsch, weswegen man besser von wurzeloffenen oder elodonten Zähnenspricht. Weil auch die Krone anatomisch nicht definierbar ist, nennt man den supragingivalen Zahnteil klinische Krone und den subgingivalen Teil im Kieferknochen Reservekrone. Die Zahnform des langen, hochgewachsenen Zahnes bezeichnet man als hypsodont (langkronig) im Gegensatz zum bewurzelten brachyodonten (kurzkronigen) Zahn.

Schneidezähne (Incisivi)haben eine einfache Pulpenhöhle (Cavum dentis), von der das kontinuierliche Dentinwachstum ausgeht, und sind allseitig vom Zahnschmelz (Enamelum dentis) umhüllt, der von den Adamantoblasten an der Zahnwurzelregion gebildet wird ( ▶ Abb. 2.2). Die Pulpa ist sehr stark durchblutet und entsendet in das Dentin feine sensorische Nervenfasern, wodurch der gesamte Zahnkörper, besonders aber in Pulpanähe, sehr sensibel ist. Die Pulpenhöhle zieht normalerweise bis auf Höhe der Gingiva, kann bei elongierten Zähnen aber auch darüber hinausreichen.

Abb. 2.2 Längsschnitt durch einen Unterkieferinzisivus des Chinchillas. Beachte die dünne Alveolarwand und die Ausdehnung des Pulpakanals bis an das Gingiva-Niveau.

Eckzähne (Canini)sind bei pflanzenfressenden Kleinsäugern nicht ausgeprägt. Im Laufe der Evolution sind die vorderen Prämolaren ebenfalls verschwunden und ein zahnloses Diastema ist entstanden. Die distalen Prämolaren haben sich morphologisch und funktionell den Molaren assimiliert.

Backenzähne (Premolares et Molares)sind zusammengesetzte Zähne und haben einen speziesspezifischen schmelzfaltigen Aufbau aus mehreren Pulpahörnern, die apikal zusammenhängen. Durch den schmelzfaltigen Aufbau entsteht die arteigen zusammengesetzte Okklusalfläche der Backenzähne, die bei Abrieb aufgrund der unterschiedlichen Gewebshärten das selbstschärfende Profil der Kauflächen entstehen lässt.

2.3 Topografie

Zur Orientierung in der Maulhöhle und an den Zähnen gibt es eine spezielle Nomenklatur. Da am oder im Schädel die Richtungsangabe „kranial“ keinen Sinn macht, spricht man hier von rostral. Die Gegenrichtung dazu ist kaudal oder aboral. Da die Seitenbezeichnungen rechts und links stets für Verwirrung sorgen, verwendet man in der Zahnmedizin das TRIADAN-Schema ( ▶ Abb. 2.3). Danach sind die Kieferhälften vom Standpunkt des Untersuchers aus im Uhrzeigersinn als Quadranten durchnummeriert. Der erste Quadrant ist demnach der rechte Oberkiefer, der zweite Quadrant der linke Oberkiefer u.s.w.

Abb. 2.3 TRIADAN-Schema.

In jedem Quadranten werden die Zähne, beginnend beim ersten Inzisivus, nach distal durchnummeriert, wobei der letzte Prämolar immer die Nummer 8 trägt. So ist jeder Zahn durch eine Zahlenkombination aus Quadrant und Nummer unverwechselbar gekennzeichnet ( ▶ Abb. 2.4).

Abb. 2.4 Nummerierung der Zähne nach dem TRIADAN-Schema am Beispiel des Kaninchengebisses.

Im Gebiss des Menschen stehen die Zähne in einem Zahnbogen. Für die Richtungsbezeichnung „im Zahnbogen nach vorn“, aber auch für die dazugehörige Zahnfläche, wird der Terminus mesial verwendet. Die Gegenrichtung, also nach aboral, bezeichnet man in der Maulhöhle als distal ( ▶ Tab. 2.1 ).

Tab. 2.1 

Richtungsbezeichnungen am Schädel.

Bezeichnung

Orientierung

rostral

vorn

kaudal/aboral

hinten

dorsal

oben

ventral

unten

Die Schnittebenen werden wie am Körper mit transversal, median bzw. sagittal und horizontal bezeichnet ( ▶ Abb. 2.5).

Abb. 2.5 Ortsbeschreibung am Zahn und Beschreibung der Lagebeziehungen des Zahnes zu anderen Zähnen und zu Strukturen in der Maulhöhle.

Die Fachbegriffe zur Orientierung am Zahn und am Kiefer sind ▶ Tab. 2.2  und ▶ Tab. 2.3  zu entnehmen.

Tab. 2.2 

Richtungsbezeichnungen am Zahn.

Bezeichnung

Orientierung

apical

am Zahn wurzelspitzenwärts

occlusal/coronal

am Zahn kauflächenwärts

lingual

am Zahn zungenwärts (Unterkiefer)

palatinal

am Zahn gaumenwärts (Oberkiefer)

buccal

am Zahn wangenwärts

labial

am Zahn lippenwärts (Inzisiven)

mesial

im Zahnbogen zum Nachbarzahn nach vorn gerichtet

distal

im Zahnbogen zum Nachbarzahn nach hinten gerichtet

Tab. 2.3 

Richtungsbezeichnungen am Kiefer.

Bezeichnung

Orientierung

mesial

im Zahnbogen nach vorn

distal

im Zahnbogen nach hinten (aboral)

approximal

interdental bei benachbarten Zähnen

2.4 Anatomie des Kaninchens

Einen Überblick über die anatomischen Strukturen und den Verlauf der Arterien am Kaninchenschädel geben ▶ Abb. 2.6a und ▶ Abb. 2.6b.

2.4.1 Zähne

Sämtliche Zähne des Kaninchens sind elodont, wachsen also lebenslang nach. Die Schmelzfarbe ist reinweiß, die großen Oberkieferinzisivi I1 haben an ihrer Labialfläche mittig eine physiologische Längsfurche. Dagegen sind alle Querrillen pathologisch und als Folge einer Zahnwurzelschädigung zu sehen.

Abb. 2.6 Anatomie des Kaninchens.

Abb. 2.6aSchädel des Zwergkaninchens, rechte Ansicht. Die Prämolaren sind hier mit P1 und P2 bezeichnet, systematisch handelt es sich jedoch um P3 und P4. N Os nasale M Maxilla F Os frontale Ip Os interparietale T Os temporale Md Mandibula In Os incisivum L Os lacrimale P Os parietale O Os occipitale Z Os zygomaticum 1 Protuberantia occipitalis ext. 2 Proc. paracondylaris 3 Proc. mastoideus ossis temporalis 4 For. stylomastoideum 5 Porus acusticus ext. 6 Bulla tympanica 7 Crista nuchae 8 Crista supramastoidea 9 Fossa temporalis 10 Proc. zygomaticus ossis temporalis 11 Proc. zygomaticus maxillae 12 Proc. zygomaticus ossis frontalis 13 Canalis opticus 14 Incisura supraorbitalis caudalis 15 Incisura supraorbitalis rostralis 16 For. ethmoidale 17 For. lacrimale 18 Proc. lacrimalis 19 For. infraorbitale 20 Tuber alveolare 21 Proc. alveolaris maxillae 22 Tuber maxillae 23 Facies cribrosa maxillae 24 Tuber faciale 25 Proc. nasalis ossis incisivi 26 Ramus mandibulae 27 Proc. condylaris mandibulae 28 Proc. angularis mandibulae 29 Fossa masseterica 30 Margo alveolaris 31 Corpus mandibulae, Pars molaris 32 Corpus mandibulae, Pars incisiva 33 For. mentale 34 Incisura vasorum facialium l Dens incisivus major i Dens incisivus minor P1–2 Dentes premolares M1–3 Dentes molares

(aus Salomon FV, Geyer H, Gille U. Anatomie für die Tiermedizin. Enke 2015)

Abb. 2.6bVerlauf der Arterien am Kopf des Kaninchens. 1 A. carotis communis 2 A. carotis interna 3 A. occipitalis 4 Ramus occipitalis a. occipitalis 5 Ramus descendens a. occipitalis 6 A. vertebralis 7 A. carotis externa 8 Truncus linguofacialis 9 A. facialis 10 Rami masseterici 11 A. labialis inferior 12 A. labialis superior 13 A. lateralis nasi 14 A. angularis oculi 15 A. maxillaris 16 Ramus parotideus 17 Rami pterygoidei 18 A. temporalis superficialis 19 A. auricularis caudalis 20 A. auricularis rostralis 21 A. temporalis profunda caudalis 22 A. alveolaris mandibularis 23 A. lingualis 24 A. profunda linguae 25 A. sublingualis 26 A. submentalis 27 A. ophthalmica externa 28 A. lacrimalis 29 A. temporalis profunda rostralis 30 A. ethmoidalis 31 A. ethmoidalis interna 32 A. sphenopalatina 33 A. buccalis 34 A. infraorbitalis 35 A. cervicalis profunda 36 A. transversa faciei 37 A. palatina descendens 38 A. supraorbitalis

Fortsetzung

Perspektivische Ansicht des Kaninchenunterkiefers von vorn (dreidimensionale Rekonstruktion einer CT-Studie)

2.4.2 Zahnschema

Das Milchgebiss (Dentes decidui) hat keine Prämolaren und wird bei Kaninchen im Alter von 4–5 Wochen gewechselt. Das permanente Gebiss hat die Zahnformel:

Kaninchen haben im Oberkiefer beiderseits einen zweiten kleinen Inzisivus I2, der als Stiftzahnbezeichnet wird. Aufgrund dieses zweiten Schneidezahns sind Kaninchen Duplicidentata, wohingegen alle anderen Kleinsäuger als Simplicidentata bezeichnet werden.

Prämolaren und Molaren sind morphologisch sehr ähnlich und werden funktionell als Seitenzähne oder Backenzähne zusammengefasst.

Die Backenzahnreihen der Kaninchen weisen eine dreidimensional gefaltete, leicht nach buccal geneigte Okklusalfläche auf. Weil die Molaren aus zwei Pulpenkörpern zusammengesetzt sind (bilophodont), entsteht bei der Abnutzung eine schmelzfaltige Struktur, die sich durch Abrieb am jeweiligen Antagonisten ständig selbst schärft.

Infolge wurzelpathologischer Vorgänge kann sich diese bilophodonte Struktur der Backenzähne verändern. Schmelzfalten verlieren sich und werden durch unstrukturiertes Dentin oder aber wirre Verquirlungen aller Zahnsubstanzen ersetzt. Meist verfärben sich diese Zähne gelb bis bräunlich, verdrehen oder verkippen und nehmen unphysiologische Stellungen ein ( ▶ Abb. 2.7). Diesen nicht mehr korrigierbaren Zustand bezeichnet man als End-stage-Gebiss ( ▶ Abb. 2.8).

Abb. 2.7 Endoskopischer Anblick der Molaren im 1. Quadranten. Die Zahnstruktur an den Okklusalflächen ist noch bilophodont, aber die Zahnachsen sind verdreht und verkippt, zwischen den Zähnen ist ein unphysiologischer Abstand (Diastema) entstanden. Die physiologische Kaufläche existiert nicht mehr.

Abb. 2.8 Endoskopischer Anblick der Molaren im 1. Quadranten im End-stage-Gebiss. Das Nachwachstum lässt nach, die Zähne sind glatt und abgerundet mit polierten Okklusalflächen. Der zweite Zahn ist strukturlos weiß mit soeben noch erkennbarem Schmelzmantel, der dritte bräunlich verfärbt. Am ersten Backenzahn sieht man wirre Schmelz-Dentin-Muster, die aus einer veränderten Zahnwurzel hochgewachsen sind.

2.4.3 Kiefer, Maulhöhle, Zunge und Pharynx

Kaninchen weisen eine physiologische Anisognathie auf, wobei der Oberkiefer breiter als der Unterkiefer ist ( ▶ Abb. 2.9). Die Kaubewegungen sind zum Zermahlen des Futters laterolateral gerichtet, wobei abwechselnd immer eine Kieferhälfte okkludiert und dabei den Futterbolus zermahlt. Die Kiefergelenke sind dafür als Sattelgelenke ausgelegt. Die physiologischen Schmelzspitzen wirken dabei wie eine Säge zum Zerschneiden des Faserfutters, und die Schmelzleisten auf den Kauflächen wirken wie Riffeln eines Mühlsteines. Anschließend okkludiert die andere Kieferseite. Die Riffelung des Gaumens wirkt in Zusammenarbeit mit der Zunge als Transportmechanismus, der das zerkaute Futter nach distal zum Abschlucken bewegt.

Abb. 2.9 Vertikaler Querschnitt durch einen Kaninchenschädel in Höhe der Prämolaren. Beachte die Anisognathie und die leichte Neigung der Okklusalebenen.

(Quelle: Silke Viefhues, Tierklinik Ahlen)

Der lange weiche Gaumen und der weit kaudal liegende Kehlkopf verhindern ein Verschlucken, erschweren aber auch die Intubation und machen eine Inspektion des Larynx nahezu unmöglich. Deswegen ist bei Manipulationen im Maul immer sorgfältig darauf zu achten, dass Futter, Blut, Speichel oder Spülflüssigkeit nicht unbemerkt über den Zungengrund in den Kehlkopf gelangen und aspiriert werden.

2.4.4 Relevante extraorale Anatomie

Von besonderer klinischer Bedeutung ist der Tränen-Nasen-Gang (Ductus nasolacrimalis)beim Kaninchen. In unmittelbarer Nachbarschaft zu den Zahnwurzeln der großen Oberkieferinzisivi und der Prämolaren P2 gelegen, kann es bei deren retrograder Elongation und entzündlichen Schwellungen rasch zu einer Stenose der Tränenwege kommen. Da sich auch bei klinisch unauffälligen Kaninchen häufig Problemkeime wie Pasteurellen und Bordetellen im Tränen-Nasen-Gang finden, führen Abflussstörungen schnell zu einer eitrigen Dakryozystitis ( ▶ Abb. 2.10) . Dieser Begriff bezeichnet streng genommen eine Entzündung der Tränenlakune. Es handelt sich dabei um einen kapillären Sack zur Aufnahme der Tränenflüssigkeit, der hinter dem unpaaren Tränenpunkt (Punctum lacrimale) im Unterlid in der Orbita liegt. Der abführende Tränenweg zieht durch das Tränenbein dorsolateral vorbei an der Wurzel des ersten Prämolaren (P2), führt dann in einem knöchernen Kanal ventromedial am Nasenboden nach rostral und mündet nach einer Umschlingung der Inzisivenwurzeln im Bereich der Nasenvorhöfe ( ▶ Abb. 2.11, ▶ Abb. 29.6).

Abb. 2.10 Einseitiger eitrig-muköser Nasenausfluss bei einem Kaninchen mit unerkannter Dakryozystitis.

Abb. 2.11 Schematischer Verlauf des Tränen-Nasen-Ganges beim Kaninchen (3D-Rekonstruktion eines CT).

2.5 Anatomie des Meerschweinchens

2.5.1 Zähne

Die Schneidezähne des Meerschweinchens sind glatt und sollten eine reinweiße Schmelzfarbe aufweisen ( ▶ Abb. 2.12). Eine graue oder braune Schmelzfarbe (nicht zu verwechseln mit braunen, oberflächlich aufgelagerten Verfärbungen durch Frischfutter!) sowie Defekte oder Zusammenhangstrennungen im Schmelz weisen auf Schmelzbildungsstörungen hin und können ein Hinweis auf Hypovitaminose C sein ( ▶ Abb. 14.4).

Abb. 2.12 Anatomie des Meerschweinchens.

Abb. 2.12aSchädel des Meerschweinchens, rechte Ansicht. Der Prämolar ist hier mit P1 bezeichnet, systematisch handelt es sich jedoch um P4. N Os nasale M Maxilla F Os frontale lp Os interparietale T Os temporale Md Mandibula ln Os incisivum L Os lacrimale P Os parietale O Os occipitale Z Os zygomaticum 1 Protuberantia occipitalis ext. 2 Condylus occipitalis 3 Proc. paracondylaris 4 Proc. mastoideus ossis temporalis 5 For. stylomastoideum 6 Porus acusticus ext. 7 Bulla tympanica 8 Crista nuchae 9 Crista supramastoidea 10 Fossa temporalis 11 Proc. zygomaticus ossis temporalis 12 Proc. zygomaticus maxillae 13 Proc. zygomaticus ossis frontalis 14 Canalis opticus 15 For. sphenopalatinum 16 For. orbitorotundum 17 Fossa pterygopalatina 18 Crista orbitotemporalis 19 For. ethmoidale 20 For. lacrimale mit Canalis lacrimalis 21 Canalis infraorbitalis 22 For. palatinum caudale 23 Proc. alveolaris maxillae 24 Proc. nasalis ossis incisivi 25 Ramus mandibulae 26 Proc. condylaris mandibulae 27 Proc. angularis mandibulae 28 Crista masseterica 29 Margo alveolaris 30 Corpus mandibulae, Pars molaris 31 Corpus mandibulae, Pars incisiva 32 For. mentale l Dentes incisivi P1 Dens premolaris M1 Dens molaris

(aus Salomon FV, Geyer H, Gille U. Anatomie für die Tiermedizin. Enke 2015)

Abb. 2.12bVerlauf der Arterien am Kopf des Meerschweinchens. 1 A. carotis communis 2 A. thyroidea cranialis 3 Ramus laryngeus caudalis 4 A. vertebralis 5 A. occipitalis 6 A. carotis interna – internal carotid artery 7 A. carotis externa 8 A. maxillaris 9 A. auricularis caudalis 10 Ramus auricularis lateralis 11 A. auricularis profunda 12 Ramus glandularis lacrimalis 13 A. temporalis superficialis 14 A. transversa faciei 15 Ramus temporalis 16 A. auricularis rostralis 17 A. facialis 18 A. labialis inferior 19 A. labialis superior 20 Ramus transversus faciei 21 A. alveolaris inferior 22 Rami masseterici 23 A. lingualis 24 A. sublingualis 25 A. infraorbitalis 26 Ramus nasopalatinus 27 Ramus nasomaxillaris 28 Ramus nasofrontalis 29 A. ophthalmica externa 30 Ramus anastomaticus cum a. ophthalmica interna 31 A. buccalis 32 A. ethmoidalis externa 33 A. mentalis

Abb. 2.12cPerspektivische Ansicht eines Meerschweinchenunterkiefers (dreidimensionale Rekonstruktion einer CT-Studie)

2.5.2 Zahnschema

Bei Meerschweinchen erfolgt der Zahnwechsel bereits intrauterin, sie werden mit einem vollständigen permanenten Gebiss geboren:

Der Prämolar und die drei Molaren sind morphologisch gleich aussehend und zeigen ein arttypisches Schmelzfaltenmuster ( ▶ Abb. 2.13).

Abb. 2.13 Backenzähne im Meerschweinchenschädel, Ansicht des Oberkiefers von ventral. Beachte die nach rostral konvergierenden Zahnreihen und die arttypische Schmelzfaltung.

2.5.3 Kiefer, Maulhöhle, Zunge und Pharynx

Auch Meerschweinchen weisen eine Anisognathie auf, wobei ihr Oberkiefer schmaler als der Unterkiefer ist. Die Kauflächen der Backenzähne sind um etwa 30° nach lingual geneigt, und die Zahnreihen divergieren deutlich nach kaudal. Weil Meerschweinchen rein rostrokaudale Kaubewegungen beim Mahlen des Blattfutters machen, nutzen sich ihre Okklusalflächen völlig glatt ab. Die Backenzähne sind aus je zwei dreieckigen Schmelz-Dentin-Körpern schmelzfaltig aufgebaut und damit bilophodont.

Die Maulhöhle der Meerschweinchen ist durch ein inneres behaartes Lippenpaar in eine vordere Nage- und eine hintere Mahlabteilung separiert. Ihre Zunge ist morphologisch und funktionell zweiteilig. Zungenspitze und hinterer Zungenkörper können unterschiedliche Aktionen gleichzeitig ausführen.

Der weiche Gaumen ist extrem lang und macht eine Inspektion des Pharynx (und damit eine Intubation unter Sicht) unmöglich. Sehr oft finden sich dort punktuelle weiße Lymphfollikel, die möglicherweise Ausdruck einer chronischen Rachenentzündung sind.

Die Kiefergelenke sind wie bei allen Nagern als Schlittengelenke ausgeprägt. Die walzenförmigen Kondylen der Mandibel gleiten dabei in Knochenrinnen in der Längsachse des Schädels. Die Mahlbewegungen beim Kauen sind rostrokaudal gerichtet.

2.5.4 Relevante extraorale Anatomie

Meerschweinchen haben häufig reaktive lokale oder systemische Schwellungen der Lymphknoten. Diese sollten bei der klinischen Untersuchung immer vergleichend palpiert werden.

2.6 Anatomie des Chinchillas

2.6.1 Zähne

Die Schneidezähne der Chinchillas sind weiß und weisen an ihrer labialen Seite einen kräftig rotbraunen Schmelzüberzug auf ( ▶ Abb. 2.15). In der älteren Literatur wird eine abweichende Färbung als Hinweis auf einen Kalziummangel interpretiert, was nach neueren Erkenntnissen nicht richtig ist. Verschiedene Mangelzustände, aber auch entzündliche Geschehen und systemische Erkrankungen können eine Depigmentierung bewirken ( ▶ Abb. 14.5). Die Molaren sind aus drei transversalen Schmelz-Dentin-Säulen aufgebaut und werden als trilophodont bezeichnet ( ▶ Abb. 2.14c).

Abb. 2.14 Anatomie des Chinchillas.

Abb. 2.14aSchädel des Chinchillas, rechte Ansicht. Der Prämolar ist hier mit P1 bezeichnet, systematisch handelt es sich jedoch um P4. N Os nasale M Maxilla F Os frontale Ip Os interparietale T Os temporale Md Mandibula In Os incisivum L Os lacrimale P Os parietale O Os occipitale Z Os zygomaticum 1 Proc. paracondylaris 2 Proc. mastoideus ossis temporalis 3 For. stylomastoideum 4 Porus acusticus ext. 5 Bulla tympanica 6 Crista supramastoidea 7 Fossa temporalis 8 Proc. zygomaticus ossis temporalis 9 Proc. zygomaticus maxillae 10 Proc. zygomaticus ossis frontalis 11 Canalis opticus 12 Fissura orbitalis 13 For. alare rostrale 14 For. ethmoidale 15 Canalis lacrimalis 16 Proc. lacrimalis 17 Canalis infraorbitalis 18 Tuber alveolare 19 For. palatinum caudale 20 Proc. alveolaris maxillae 21 Proc. nasalis ossis incisivi 22 Ramus mandibulae 23 Proc. condylaris mandibulae 24 Proc. angularis mandibulae 25 Margo alveolaris 26 Corpus mandibulae, Pars molaris 27 Corpus mandibulae, Pars incisiva 28 For. mentale l Dentes incisivi P1 Dens premolaris M1–3 Dentes molares

(aus Salomon FV, Geyer H, Gille U. Anatomie für die Tiermedizin. Enke 2015)

Abb. 2.14bVerlauf der Arterien am Kopf des Chinchillas. 1 A. carotis communis 2 A. thyroidea cranialis 3 Ramus laryngeus caudalis 4 A. vertebralis 5 A. occipitalis 6 A. carotis interna 7 A. carotis externa 8 A. maxillaris 9 A. auricularis caudalis 10 Ramus auricularis lateralis 11 A. auricularis profunda 12 Ramus glandularis lacrimalis 13 A. temporalis superficialis 14 A. transversa faciei 15 Ramus temporalis 16 A. auricularis rostralis 17 A. facialis 18 A. labialis inferior 19 A. labialis superior 20 Ramus transversus faciei 21 A. alveolaris inferior 22 Rami masseterici 23 A. lingualis 24 A. sublingualis 25 A. infraorbitalis 26 Ramus nasopalatinus 27 Ramus nasomaxillaris 28 Ramus nasofrontalis 29 A. ophthalmica externa 30 Ramus anastomaticus cum a. ophthalmica interna 31 A. buccalis 32 A. ethmoidalis externa 33 A. mentalis

Abb. 2.14cPerspektivische Ansicht eines Chinchillaunterkiefers (dreidimensionale Rekonstruktion einer CT-Studie): Beachte die horizontale, waschbrettartige Kaufläche der Backenzähne.

Abb. 2.15 Gesunde Chinchillas haben auf der labialen Seite der Inzisiven einen kräftig rotbraunen Schmelzüberzug.

2.6.2 Zahnschema

Auch bei Chinchillas findet der Zahnwechsel bereits intrauterin statt. Sie werden mit einem vollständigen permanenten Gebiss geboren:

2.6.3 Kiefer, Maulhöhle, Zunge und Pharynx

Die leicht anisognathen Kieferbögen divergieren bei Chinchillas nach kaudal, der Unterkiefer ist etwas breiter als der Oberkiefer. Die Backenzähne stehen nahezu senkrecht aufeinander und weisen eine leichte Neigung von etwa 10° nach buccal auf. Die Okklusionsflächen sind exakt horizontal und glatt mit einer waschbrettartigen Struktur aus Schmelzfalten. Bei der klinischen Untersuchung scheinen die Oberkieferbackenzähne deutlich kürzer als die im Unterkiefer zu sein, was aber an einer bündig anliegenden Gingiva im Oberkiefer liegt. Diese hypertrophiert auch bei Elongation und kann pathologische Zahnlängen kaschieren.

Merke

Klinisch lässt sich die Zahnlänge der Oberkiefermolaren bei Chinchillas nicht sicher beurteilen. Sie muss immer im Röntgenbild verifiziert werden!

Die Maulhöhle ist bei Chinchillas sehr eng und auch in Narkose schlecht einsehbar. Dies gilt insbesondere für die Backentaschen, die zur Kontrolle auf buccale Spitzen im Oberkiefer von Futterresten ausgeräumt und mit der Sonde sorgfältig palpiert werden müssen. Die zierliche Zunge ist sehr empfindlich und deshalb bei allen Manipulationen sorgfältig zu schützen. Vor allem bei Verwendung rotierender Instrumente kommt es leicht zu einem „Ankleben“ der Zunge am Bohrerschaft, was sich nur durch sorgfältigen Weichteilschutz mit dem Spatel verhindern lässt.

2.6.4 Relevante extraorale Anatomie

Als Besonderheit bei Chinchillas sind die Wurzelbereiche der maxillären Prämolaren (P4) gut tastbar. So können retrograd elongierte Wurzeln der P4 seitlich an der Nase in der Fossa infraorbitalis palpatorisch festgestellt werden ( ▶ Abb. 2.16b). Die mächtigen pneumatisierten Bullae tympanicae dominieren im Röntgenbild (vergl. ▶ Abb. 14.24).

Abb. 2.16 Veränderungen am Chinchillaschädel (dreidimensionale Rekonstruktion von CT-Studien).

Abb. 2.16a Rechte Ansicht eines normalen Chinchillaschädels: Beachte die meißelförmig angeschliffenen Inzisiven und die horizontale Kauebene der fluchtend aufeinander stehenden Backenzähne

Abb. 2.16b Linke Ansicht eines pathologisch veränderten Chinchillaschädels: Beachte die Retroposition des Unterkiefers mit den ventralen Auftreibungen. Der stark elongierte Prämolar verriegelt okklusal das Gleiten der Kiefer und hat eine deutlich tastbare retrograd verlängerte Wurzel.

Praxistipp

Mindestens 35 % aller Chinchillas in Menschenhand haben aufgrund unnatürlicher Fütterung deutlich bis stark elongierte Backenzähne, ohne jedoch klinische Symptome zu zeigen! Bei Verdacht auf eine Kaustörung oder entsprechender klinischer Symptomatik muss deshalb immer der Zahnstatus mithilfe der kompletten inneren und radiologischen Untersuchung abgeklärt werden.

2.7 Anatomie der kleinen Nager

2.7.1 Zähne

Ratte, Maus und Hamster haben hinter ihren Inzisiven („Nagezähnen“) in jeder Kieferhälfte drei brachyodonte, bewurzelte Molaren ( ▶ Abb. 2.17). Diese Backenzähne haben keine Milchzahnvorläufer und brechen ab dem 19. Tag p.p. durch. Sie wachsen bis etwa zum 125. Tag p.p. und nutzen sich im Laufe des Lebens ab. So entstehen aus den ursprünglich schmelzhöckerigen Molaren ( ▶ Abb. 2.18a) im Laufe des Lebens durch physiologische Abrasion schmelzkantige Kauflächen. Der erste Molar hat bis zu fünf Wurzeln, die hinteren drei. Durch die großen, frei liegenden Dentinflächen sind die Molaren der Kleinnager bei zuckerhaltiger Fütterung anfällig für Karies ( ▶ Abb. 2.18b). Die Kiefer sind isognath.

Abb. 2.17 Anatomie der kleinen Nager.

Abb. 2.17aSchädel einer Ratte, linke Ansicht, mit Verlauf der Arterien. 1 A. carotis communis 2 A. carotis interna 3 A. infraorbitalis 4 A. carotis externa 5 A. occipitalis 6 A. thyroidea cranialis 7 A. lingualis 8 Rami dorsales linguae 9 Truncus linguofacialis 10 A. facialis 11 Ramus glandularis 12 Ramus massetericus 13 A. labialis inferior 14 Rami mentales 15 A. angularis oris 16 A. labialis superior 17 A. angularis oculi 18 A. lateralis nasi 19 A. dorsalis nasi 20 A. frontalis 21 A. auricularis caudalis 22 Ramus auricularis intermedius 23 A. auricularis rostralis 24 A. maxillaris 25 A. buccalis 26 A. alveolaris mandibularis 27 A. temporalis profunda 28 A. transversa faciei 29 A. palpebralis superior lateralis 30 A. palpebralis inferior lateralis

Abb. 2.17bUnterkiefer einer Ratte: Beachte die arttypische rostbraune Schmelzfarbe labial an den Inzisiven („Nagezähne“). Die drei Molaren sind schmelzhöckrig (bunodont) und haben geschlossene Wurzeln (brachyodont).

Fortsetzung

Schädel eines Hamsters, linke Ansicht

Abb. 2.18 Schmelzhöckrige (bunodonte) Molaren einer Ratte.

Abb. 2.18a Die Aufnahme zeigt die drei Molaren im 2. Quadranten (linker Oberkiefer) einer Ratte (Sektionspräparat). Beachte die schmelzhöckerige Struktur und die dreilappige Form des M1.

Abb. 2.18b Hier die Unterkiefermolaren im 3. Quadranten desselben Tieres. Beachte die weit fortgeschrittene Abrasion des M1 mit den braun verfärbten Dentinflächen und den weißen Schmelzkanten. Der M3 fehlt.

Die Nagezähne sind bei Kleinnagern aradikulär hypsodont und haben eine arttypische rotbraune Schmelzfarbe. Ihre Form ist halbkreisförmig, die Wurzeln der mandibulären Nagezähne reichen bis hinter die letzten Molaren. Im Querschnitt prominiert labial eine starke Schmelzschicht, die hintere Dentinschicht ist weicher und nutzt sich schneller ab. So führt die ständige Nagetätigkeit zu stets scharfen, meißelförmig angeschliffenen Inzisiven.

2.7.2 Zahnschema

Alle Nager mit nur drei permanenten Backenzähnen haben kein vorhergehendes Milchgebiss. Bei der Ratte brechen die Inzisiven am 10. Tag p.p. durch.

In älterer Literatur werden die ersten Backenzähne der Muriden (wohl aufgrund ihrer andersartigen Morphologie) fälschlich als Prämolaren bezeichnet ▶ [50].

Merke

Streifenhörnchen haben im Oberkiefer zwei und im Unterkiefer einen Prämolaren und damit insgesamt 22 Zähne.

2.7.3 Kiefer, Maulhöhle und Zunge

Merke

Die Unterkiefer der kleinen Nager haben eine sehr elastische Symphyse. Die daraus resultierende Beweglichkeit der Inzisiven, die sich bei Druck auf die Kiefer spreizen ( ▶ Abb. 2.19), ist physiologisch und nicht pathologisch!

Abb. 2.19 Bei kleinen Nagern ist die Unterkiefersymphyse physiologischerweise flexibel.

2.7.4 Relevante extraorale Anatomie

Die beiderseitigen Backentaschen der Hamster (Bursa s. Saccus paraoralis) sind sehr dehnbare Ausstülpungen der Wangen, die zum Transport eingesammelten Futters dienen („hamstern“). Sie sind mit gefalteter kutaner Schleimhaut ausgekleidet, extrem dehnbar und sehr gut durchblutet. Hamster können ihre gesamte Tagesration an Futter, Einstreu und Nistmaterial und bei Gefahr sogar die Jungtiere darin transportieren. Über die Regio parotidea hinweg lassen sich die Backentaschen subkutan über den Halsbereich hinaus bis hin zu Schulter und Rippenbogen ausdehnen ( ▶ Abb. 2.20). Ein ausgefeiltes Zusammenspiel verschiedener Muskeln erlaubt deren Verschluss, Füllung und Entleerung, was durch die Zunge und Streichen mit der Pfote unterstützt wird ( ▶ Abb. 2.21).

Abb. 2.20 Die rechte Backentasche dieses Hamsters reicht bis hinter das Schulterblatt.

Abb. 2.21 Der Eingang in die Backentasche lateral des M. masseter.

3 Physiologie des Kauapparates

3.1 Wachstum elodonter Zähne

Sämtliche Zähne im Gebiss der kleinen Herbivoren sind elodont, das heißt, sie wachsen lebenslang nach, um den natürlichen Abrieb beim Mahlen und Nagen auszugleichen. Bei artgerechter Ernährung und entsprechender Kautätigkeit besteht ein Gleichgewicht zwischen Abnutzung der Zahnkrone an der Okklusionsfläche und Neuproduktion von Zahnsubstanz an der Wurzel.

Gut zu wissen!