Praxisorientierte Empfehlungen zur Konzipierung und Beurteilung einer nachhaltigen staatlichen Schuldenpolitik - Terenzio Angelini - E-Book

Praxisorientierte Empfehlungen zur Konzipierung und Beurteilung einer nachhaltigen staatlichen Schuldenpolitik E-Book

Terenzio Angelini

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Beschreibung

Die Schuldenpolitik öffentlicher Haushalte ist ein zentrales Thema der Finanzwissenschaft, der Rechtswissenschaft sowie der Politikwissenschaft. Im Unterschied zu diesen Einzelwissenschaften gibt die vorliegende Studie konkrete, praxisorientierte Empfehlungen zur Schuldenpolitik öffentlicher Haushalte. Dabei wird versucht, der Vielfalt öffentlicher Haushalte, der Vielfalt der Ausgangslage bezüglich des Schuldenvolumens, der Vielfalt möglicher Ziele sowie dem Einfluss der Geldpolitik auf die Schuldenpolitik Rechnung zu tragen. Die Publikation soll die Arbeit jener erleichtern, die für die Schuldenpolitik staatlicher Haushalte zuständig sind.

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Terenzio Angelini, Dr. oec. der Universität St. Gallen, Leiter der Finanzverwaltung des Kantons St. Gallen von 1979 bis zur Pensionierung 2004, Direktor und anschliessend freier Mitarbeiter am Institut für Finanzwissenschaft, Finanzrecht und Law and Economics (IFF) an der Universität St. Gallen seit 1996. Zum Aufgabenbereich gehörten insbesondere die Beratung öffentlicher Haushalte der Schweiz im Bereich der Finanzpolitik.

Terenzio Angelini

Praxisorientierte Empfehlungen zur Konzipierung und Beurteilung einer nachhaltigen staatlichen Schuldenpolitik

ISBN Print: 978-3-7272-2131-6

ISBN E-Book (PDF): 978-3-7272-2154-5

ISBN E-Book (ePub): 978-3-7272-2156-9

1. Auflage 2019

Alle Rechte vorbehalten

© 2019 Stämpfli Verlag AG, Bern

www.staempfliverlag.com

Dank des Verfassers

•an die Direktion des IFF, insbesondere an Herrn Prof. Dr. Robert Waldburger, der mir die Möglichkeit bot, nach meiner beruflichen Tätigkeit meine Arbeit am Institut für Finanzwissenschaft, Finanzrecht und Law and Economics der Universität St. Gallen (IFF) fortzusetzen;

•an die Siemens-Stiftung, vertreten durch Herrn Prof. Dr. Peter Athanas, die das Projekt finanziell grosszügig unterstützt hat;

•an die übrigen Mitglieder der Leitung des Siemensprojekts «staatliche Schuldenbremsen» am IFF, Herrn Prof. Dr. Christoph Schaltegger und Herrn Prof. Dr. Klaus A. Vallender, mit welchen ich einen intensiven Gedankenaustausch pflegen konnte;

•an die Mitarbeitenden des Siemensprojekts am IFF, insbesondere Herrn Dr. David Waldmeier und Frau Dr. Beatrice Mäder, die mir beratend zur Seite standen;

•an Fabian Mauchle, M.A. HSG, und René Sieber, Mitarbeitende am IFF, für die inhaltliche und sprachliche Überprüfung des Textes.

St. Gallen, im September 2018

Terenzio Angelini

Inhaltsverzeichnis

Dank des Verfassers

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Erster Teil: Praxisorientierte Empfehlungen zu den Themen 1 - 7 für eine nachhaltige staatliche Schuldenpolitik auf der Basis eines sehr einfachen hypothetischen Modells

Empfehlungen zum Thema 1: Relevanter Begriff «Staatsschulden» aus der Sicht der Nutzer und Zahler staatlicher Leistungen

1.1Das Finanzvermögen ist nach Möglichkeit auf der Basis von Marktpreisen auszuweisen

1.2Der Begriff «Verwaltungsvermögen» sollte für öffentliche Haushalte verbindlich, und möglichst präzise festgelegt werden

1.3Öffentliche Haushalte sollten nachweisen, dass sie über mehrere Jahre regelmässig investieren und Sanierungsarbeiten vornehmen

1.4Öffentliche Haushalte sollten ein verbindliches Abschreibungsprozedere für das Verwaltungsvermögen vorsehen

1.5In rechtlicher Hinsicht sind Vorkehrungen zu treffen, die im Falle einer Insolvenz den Zugriff der Gläubiger auf das Verwaltungsvermögen verhindern können

Empfehlung zum Thema 2: Aus Sicht der Gläubiger ist das Verwaltungsvermögen aus dem Begriff «Staatsschulden» auszuklammern

Empfehlungen zum Thema 3: Vorschläge zur Unterstützung der öffentlichen Haushalte bei der Festlegung des maximal zulässigen Schuldenvolumens

3.1Die Finanzierung staatlicher Infrastrukturinvestitionen über Kredite ist zulässig, sofern das Verwaltungsvermögen regelmässig und mindestens entsprechend der eingetretenen Wertminderung abgeschrieben wird und die Abschreibungen zur Finanzierung von Neuinvestitionen verwendet werden

3.2Die Finanzierung von konjunkturell bedingten Defiziten bei öffentlichen Haushalten durch Kredite soll möglich sein

3.3Festlegung eines maximal zulässigen Kreditvolumens zur Finanzierung von staatlichen Infrastrukturinvestitionen

3.4Das maximal zulässige Schuldenvolumen, das zur Finanzierung konjunkturell bedingter Defizite ausgeschöpft werden darf, ist zu begrenzen

3.5Das staatliche Schuldenvolumen, das in konjunkturellen Schwächephasen erhöht wurde, soll in Phasen des wirtschaftlichen Aufschwungs abgebaut werden

3.6Exkurs: Vergleich zwischen den Maastricht-Kriterien und den eigenen Empfehlungen bezüglich der Festlegung der maximal zulässigen Grössen der Schuldenpolitik

3.6.1Das gesamte zulässige Schuldenvolumen ist bei den Maastricht-Kriterien höher

3.6.2Die Maastricht-Kriterien legen lediglich die zu beachtenden Grenzwerte für Schulden und Defizite in Prozenten des BIP fest

Empfehlungen zum Thema 4: Risikoorientierte Beschaffung von Krediten zur Finanzierung staatlicher Aufgaben

4.1Öffentliche Haushalte sollten sich Kredite nur in jener Währung beschaffen dürfen, die auch für die eigenen Einnahmen massgebend ist

4.2Berücksichtigung von risikobegrenzenden Massnahmen durch die staatliche Kreditpolitik

Empfehlungen zum Thema 5: Vorschläge zur Erkennung von Zielverletzungen bezüglich der festgelegten Grenzwerte einer maximal zulässigen staatlichen Schuldenpolitik

Empfehlungen zum Thema 6: Vorschlag zur Festlegung der für die Korrektur zuständigen Instanz einerseits und Vorschläge zur Sicherung der erfolgreichen Umsetzung von Massnahmen andererseits

6.1Klärung der Zuständigkeiten für die Einhaltung der Regeln der Schuldenpolitik

6.2Rasche Zielkorrekturen sind unabdingbar

6.3Implementierung von Korrekturmassnahmen, die bei Zielverletzungen automatisch in Kraft treten

6.4Vorschriften, um einseitige Korrekturen zu vermeiden

6.5Verbindliche Regeln zur Erhöhung von Einnahmen und zur Senkung von Ausgaben

6.6Erhöhung des Handlungsspielraums für das Parlament

6.7Mindestvorschriften zur Sicherung ausreichender Korrekturen bei Verletzung von Zielen der Schuldenpolitik

Empfehlungen zum Thema 7: Erlass rechtlicher Voraussetzungen, um sicherzustellen, dass eine regelgebundene staatliche Schuldenpolitik umgesetzt werden muss

Zweiter Teil: Praxisorientierte Empfehlungen zu den Themen 8 - 14 zur staatlichen Schuldenpolitik unter Berücksichtigung der Komplexität der realen Verhältnisse

Empfehlungen zum Thema 8: Berücksichtigung der Ausgangslage, um massgeschneiderte Lösungen konzipieren zu können

8.1Empfehlungen zu Szenario 1: Eine Rückkehr zu einer tragbaren Schuldenpolitik ist unwahrscheinlich, weshalb sich eine Insolvenzlösung kaum noch verhindern lässt

8.2Empfehlungen zu Szenario 2: Solange Chancen auf eine Vermeidung einer Insolvenz bestehen, sollten öffentliche Haushalte diese nutzen

8.3Empfehlungen zu Szenario 3: Es ist sicherzustellen, dass die gesunde Ausgangslage im Bereich der staatlichen Schuldenpolitik auf Dauer aufrechterhalten, allenfalls sogar verbessert werden kann

8.4Empfehlungen zu Szenario 4: Übersteigt das Finanzvermögen eines Staates dessen Schuldenvolumen, so sollte dieser Überschuss durch Reduktion der Staatseinnahmen abgebaut werden

Empfehlungen zum Thema 9: Sonderprobleme einer nachhaltigen Schuldenpolitik in föderalistischen Staaten

9.1In einem föderalistischen Staat sind die maximal zulässigen Schulden und Defizite für alle diesbezüglich beteiligten, öffentlichen Haushalte sachgerecht festzulegen

9.2In einem föderalistischen Staat sind Garantieverpflichtungen zwischen staatlichen Körperschaften nach Möglichkeit transparent zu machen, um eine sachgerechte Risikoeinschätzung vorzunehmen. Zudem sollten Garantieverpflichtungen nur eingegangen werden, wenn der Garant auf das Risiko des Garantienehmers konkret Einfluss nehmen kann

Empfehlungen zum Thema 10: Sonderprobleme, die durch eine Auslagerung von öffentlichen Aufgaben an rechtlich selbständige Organisationen entstehen können

10.1Für jede staatliche Institution, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt, muss das maximal zulässige Schulden- und Defizitvolumen separat und sachgerecht festgelegt werden. Die Auslagerung von Aufgaben darf die Qualität der staatlichen Schuldenpolitik nicht beeinträchtigen

10.2Bei einer Auslagerung von öffentlichen Aufgaben aus demokratisch legitimierten, staatlichen Institutionen auf rechtlich selbständige öffentliche Haushalte sollte das auslagernde Gemeinwesen sicherstellen, dass es seine Anliegen durchsetzen kann

Empfehlung zum Thema 11: Ergänzung einer nachhaltigen Schuldenpolitik durch zusätzliche Elemente einer nachhaltigen Finanzpolitik

11.1Begrenzung der Staatsquote und der staatlichen Einnahmenquote

11.2Begrenzung der staatlichen Beschäftigtenquote und der staatlichen Personalausgabenquote

Empfehlungen zum Thema 12: Die Überwachung der Umsetzung einer nachhaltigen staatlichen Schuldenpolitik durch eine Controlling-Instanz kann zur Verbesserung der Ergebnisse beitragen

12.1Aufbau einer unabhängigen Controlling-Instanz

12.2Definition des Aufgabenspektrums einer Controlling-Instanz

Empfehlungen zum Thema 13: Eine nachhaltige staatliche Schuldenpolitik muss auch bei extremer Senkung des Zinsniveaus durch die Geldpolitik beibehalten werden

Empfehlungen zum Thema 14: Ansätze zur Verbesserung der Schuldenpolitik am Beispiel der Maastricht-Kriterien der EU

14.1Besondere Berücksichtigung der unterschiedlichen Ausgangssituationen

14.2Griffige und individuelle Sanktionsmöglichkeiten sind explizit vorzusehen

Dritter Teil: Argumentationsmuster zur sachlichen Rechtfertigung einer regelgebundenen nachhaltigen staatlichen Schuldenpolitik als Ergänzung zur üblichen Ad-hoc-Politik von Parlament, Regierung und Verwaltung

1Es gibt Fehlentwicklungen in der staatlichen Schuldenpolitik

2Man weiss, welche staatlichen Instanzen aus Fehlentwicklungen in der Schuldenpolitik Vorteile realisieren können

3Eine nachhaltige staatliche Schuldenpolitik ist in der Lage, die kurzfristig orientierte Ad-hoc-Schuldenpolitik von Parlament, Regierung und Verwaltung wesentlich zu verbessern

Vierter Teil: Chancen und Grenzen einer regelgebundenen, nachhaltigen, staatlichen Schuldenpolitik

1Wünschbarkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit bei der Konzipierung einer nachhaltigen, staatlichen Schuldenpolitik und Voraussetzungen für deren Erfolg

2Grenzen einer sachgerechten Beratung in der staatlichen Schuldenpolitik

3Marktwirtschaftliche Regeln zur Überwachung der staatlichen Schuldenpolitik sind hilfreich, aber nicht ausreichend

4Die Chancen für die politische Akzeptanz einer regelgebundenen, staatlichen Schuldenpolitik sind, gestützt auf schweizerische Erfahrungen, intakt

Anhang: Modellrechnungen 1 - 3

Literatur

Sachregister

Einleitung

1

Die nachfolgenden Empfehlungen basieren auf Analysen zur Schuldenpolitik von Bund und Kantonen der Schweiz sowie auf meinen diesbezüglichen praktischen Erfahrungen als ehemaliger Finanzverwalter des Kantons St. Gallen. Sie sollen primär eine Verbesserung der Schuldenpolitik bei staatlichen Haushalten in der Schweiz unterstützen. Für andere Länder können die Empfehlungen die Konzipierung einer eigenen nachhaltigen Schuldenpolitik erleichtern.

2

Die Empfehlungen gelten nur für öffentliche Haushalte in Ländern, die wirtschaftlich hochentwickelt sind und die damit finanziell ausreichend stabile Verhältnisse aufweisen. In rechtlicher Hinsicht sollte es sich um demokratisch organisierte Rechtsstaaten handeln, welche über eine funktionierende Gewaltenteilung verfügen. Das staatliche Rechnungswesen sollte ausreichend zuverlässige Informationen bereitstellen, um die Schuldensituation und die Schuldenentwicklung korrekt zu erfassen. Um die Tragbarkeit von Staatsschulden zu beurteilen, sind neben dem Schuldenvolumen Informationen zu gesamtwirtschaftlichen Grössen wie Bruttoinlandsprodukt oder Volkseinkommen erforderlich.

3

Die Empfehlungen sollen insbesondere die Gefahr von Insolvenzen reduzieren und das Gemeinwohl fördern. Die Wahrnehmung von Eigeninteressen durch Parlament, Regierung und Verwaltung im Rahmen ihres Einflussbereichs auf die staatliche Schuldenpolitik soll zur Sicherung des «Gemeinwohls» durch rechtlich verbindliche Regeln begrenzt werden.

4

Das Handbuch der Schuldenbremsen der Schweiz von David Waldmeier und Beatrice Mäder1 gibt einen detaillierten Überblick über die rechtlich relevanten Lösungen zur Schuldenpolitik beim Bund und in den Kantonen der Schweiz. Pro öffentlichen Haushalt werden die Stärken und Schwächen aufgelistet. Die vorliegende Arbeit stellt einen Versuch dar, diese Studie zu ergänzen. Es werden Sachverhalte angesprochen und Kriterien aufgelistet, die sowohl eine Beurteilung bestehender Schuldenbremsen als auch die Ausarbeitung neuer staatlicher Schuldenbremsen erleichtern sollen. Damit sollen Informationsbedürfnisse zur Schuldenpolitik von Vertretern der Politik und von Mitarbeitenden der öffentlichen Finanzen gedeckt werden.

5

In einem ersten Teil werden auf der Basis eines sehr einfachen Modells die Empfehlungen 1 - 7 zur Konzipierung einer nachhaltigen staatlichen Schuldenpolitik präsentiert.

6

In einem zweiten Teil werden in der Realität auftretende, komplexe Verhältnisse der staatlichen Schuldenpolitik angesprochen und die Empfehlungen 8 - 14 ausgearbeitet. Sofern man im Bereich der staatlichen Schuldenpolitik mit komplexen Verhältnissen konfrontiert ist, was üblicherweise der Fall sein dürfte, empfiehlt es sich, zunächst aufzulisten, worin die Komplexität besteht und wie man sie berücksichtigen will. Erst anschliessend kann man auf die Empfehlungen zu den Themen 1 - 7 konkret eingehen. Es ist notwendig, die Empfehlungen 1 - 7 so anzupassen, dass der angesprochenen Komplexität möglichst massgeschneidert Rechnung getragen werden kann.

7

In einem dritten Teil wird dargelegt, weshalb eine regelgebundene, nachhaltige, staatliche Schuldenpolitik als Ergänzung zur Ad-hoc-Schuldenpolitik durch Parlament, Regierung und Verwaltung Vorteile aufweisen kann. Es werden also Argumente aufgeführt, welche den Entscheid für eine nachhaltige staatliche Schuldenpolitik unterstützen können.

8

In einem vierten Teil werden die Chancen und Grenzen einer regelgebundenen staatlichen Schuldenpolitik angesprochen.

9

Der Anhang 1 umfasst drei Modellrechnungen. Die ersten beiden Modellrechnungen zielen darauf ab, die Fixierung eines maximal zulässigen Schuldenvolumens von öffentlichen Haushalten, die alle öffentlichen Aufgaben selbst wahrnehmen und finanzieren, zu erleichtern.

10

Mit der Modellrechnung 3 wird am Beispiel einer unterschiedlichen Ausgangslage bezüglich des Schuldenvolumens ein Aspekt des Themas «Komplexität» angesprochen. Die Empfehlungen müssen je nach der Höhe des Schuldenvolumens in Prozenten des BIP unterschiedlich ausfallen. Je kleiner die Schuldenlast ist, umso einfacher sind die Zielformulierung und die Zieleinhaltung.

11

Das praxisorientierte Vorgehen strebt nicht eine dauerhafte ökonomische Ideallösung an, sondern es soll flexibel auf sich ändernde Sachverhalte reagieren können. Dies setzt voraus, dass die Empfehlungen selbst ebenfalls laufend überprüft und angepasst werden müssen. Im Zentrum des Interesses steht das Aufstellen von praxisnahen Empfehlungen, die ein Desaster in der staatlichen Schuldenpolitik mit grosser Wahrscheinlichkeit verhindern können. Unter «praxisnah» sind insbesondere folgende Eigenschaften zu verstehen: sachgerechte, einfache, überprüfbare, durchsetzbare Lösungen. Es werden massgeschneiderte Empfehlungen angestrebt, welche den unterschiedlichen wirtschaftlichen, rechtlichen und politischen Sachverhalten Rechnung zu tragen vermögen. Diesbezüglich stellen sich beispielsweise folgende Fragen: Wie beeinflusst die finanzielle Ausgangslage eines Staates die zu wählenden Ziele für eine erfolgversprechende Schuldenpolitik? Wie sichert man die Durchsetzbarkeit von Empfehlungen? Wie muss den unterschiedlichen staatlichen Gebilden (z. B. Zentralstaat versus föderalistischer Staat) Rechnung getragen werden? Wie wirkt sich eine möglichst umfassende, nachhaltige Finanzpolitik auf das Teilziel einer «nachhaltigen staatlichen Schuldenpolitik» aus?

12

Die Studie verfolgt insbesondere folgende Ziele:

•Die Empfehlungen sollen Fehlentwicklungen im Bereich der staatlichen Schuldenpolitik verhindern oder einschränken.

•Die Empfehlungen sollen die Arbeit jener erleichtern, welche die Aufgabe haben, die Schuldenpolitik eines staatlichen Haushalts zu beurteilen und/oder diesbezüglich Verbesserungen vorzuschlagen.

•Die Empfehlungen sollen jene Personen und Institutionen unterstützen, welche die Risiken einer Kreditgewährung an öffentliche Haushalte zu beurteilen haben.

Erster Teil: Praxisorientierte Empfehlungen zu den Themen 1 - 7 für eine nachhaltige staatliche Schuldenpolitik auf der Basis eines sehr einfachen hypothetischen Modells

13

In einem ersten Teil wird von einem demokratisch konzipierten Zentralstaat ausgegangen, der alle öffentlichen Aufgaben selbst wahrnimmt und finanziert. Zudem steht als einziges Ziel eine nachhaltige staatliche Schuldenpolitik im Zentrum des Interesses. Es werden Probleme angesprochen und Lösungen aufgezeigt, die für die Konzipierung und Umsetzung einer nachhaltigen staatlichen Schuldenpolitik relevant sein können.

Empfehlungen zum Thema 1: Relevanter Begriff «Staatsschulden» aus der Sicht der Nutzer und Zahler staatlicher Leistungen

14

Die Festlegung von Grenzwerten in der staatlichen Schuldenpolitik setzt zwingend voraus, dass der Begriff Staatsschuld präzisiert wird. Sowohl das Rechnungsmodell IPSAS als auch das schweizerische Rechnungsmodell HRM2 sehen vor, dass in der staatlichen Bilanz auf der Passivseite die Bruttoschulden und das Eigenkapital, sofern vorhanden, ausgewiesen werden. Auf der Aktivseite werden das Finanzvermögen, das Verwaltungsvermögen sowie ein allfälliger Bilanzfehlbetrag beziffert.

15

Man kann also zwischen der Bruttoschuld (gesamtes Fremdkapital), der Nettoschuld 1 (Bruttoschuld minus Finanzvermögen) und der Nettoschuld 2 (Bruttoschuld minus Finanzvermögen minus Verwaltungsvermögen) unterscheiden.

16

Aus der Sicht der Nutzer und Zahler staatlicher Leistungen dürfte die Nettoschuld 2 die Informationsbedürfnisse am besten abdecken. Ergänzend werden folgende Empfehlungen vorgeschlagen:

1.1Das Finanzvermögen ist nach Möglichkeit auf der Basis von Marktpreisen auszuweisen

17

In der Praxis findet man gemessen am Marktwert sowohl Beispiele für eine Überbewertung als auch für eine Unterbewertung des Finanzvermögens. Die Forderung nach einer korrekten Bewertung ist daher berechtigt.

1.2Der Begriff «Verwaltungsvermögen» sollte für öffentliche Haushalte verbindlich, und möglichst präzise festgelegt werden

18

Üblicherweise setzt sich Verwaltungsvermögen aus Investitionsgütern zusammen, die eine mehrjährige Nutzungsmöglichkeit aufweisen. Da der Nutzen über mehrere Jahre anfällt, ist es auch gerechtfertigt, die Kosten auf mehrere Jahre zu verteilen, was eine Finanzierung durch Kredite zulässt. Sowohl national als auch international ist es üblich, den Begriff «Verwaltungsvermögen» im Zusammenhang mit Regeln zur Schuldenbegrenzung auf die bauliche Infrastruktur öffentlicher Haushalte zu beschränken. Je enger man den Begriff «Verwaltungsvermögen» umschreibt, umso restriktiver kann das maximal zulässige Schuldenvolumen festgelegt werden und umgekehrt. Aus der Perspektive der Begrenzung der Schulden beim Staat wird also eine starke Einschränkung des Begriffs Verwaltungsvermögen empfohlen. Dies hat zur Folge, dass ein Teil der Investitionen über die laufenden Einnahmen zu finanzieren sind. In Phasen guter Wirtschaftskonjunktur sollten die Ausgaben der laufenden Rechnung durch Einnahmen gedeckt werden.

1.3Öffentliche Haushalte sollten nachweisen, dass sie über mehrere Jahre regelmässig investieren und Sanierungsarbeiten vornehmen

19

Die Summe der jährlichen Investitionen sollte über Jahre hinweg auf einem ausreichenden Niveau konstant gehalten werden. Es soll insbesondere verhindert werden, dass öffentliche Haushalte Investitionsausgaben kürzen, um zusätzliche Konsumausgaben vorzunehmen bzw. Steuersenkungen zu realisieren oder um die Einhaltung von Schuldengrenzen sicherzustellen. Eine dauerhafte Senkung der Investitionen hat eine Verschiebung von Lasten in die Zukunft zur Folge. Eine ungenügende oder schlecht unterhaltene Infrastruktur verursacht Lasten, die zukünftige Nutzer zu tragen haben. Um dies zu vermeiden, soll ein fixer Anteil an den jährlichen Gesamtausgaben öffentlicher Haushalte für Infrastrukturinvestitionen und Unterhaltsarbeiten vorgesehen werden.

1.4Öffentliche Haushalte sollten ein verbindliches Abschreibungsprozedere für das Verwaltungsvermögen vorsehen

20

Weil Investitionen eine begrenzte Nutzungsdauer aufweisen, ist eine regelmässige Abschreibung des Verwaltungsvermögens unumgänglich. Als Minimalvorschrift ist sicherzustellen, dass mindestens im Ausmass des jährlichen Nutzenverlustes, der durch Gebrauch, durch technische Fortschritte und/oder durch andere nutzenschmälernde Einflüsse entsteht, abgeschrieben wird. Im Einklang mit den Empfehlungen im HRM 2 (vgl. Art. 55 Abs. 3 MFHG) sollten Überabschreibungen, die zu einer Verminderung des Schuldenbestandes führen, zulässig sein. Eine Lockerung der Abschreibungsregeln sollte hingegen untersagt werden.

21

Um bei Überabschreibungen den Nutzern und Zahlern staatlicher Infrastrukturanlagen einen Überblick über die vorhandenen Anlagen zu geben, könnten diese in der Bilanz mit einem symbolischen Wert von Fr. 1 aufgelistet werden.

1.5