Pro Age Yoga - Elena Lustig - E-Book

Pro Age Yoga E-Book

Elena Lustig

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Beschreibung

Yogalehrerin Elena Lustig hat mit ProAgeYoga ein Programm entwickelt, um den Prozess des Älterwerdens als bereichernd zu erfahren. Mit Methoden aus Coaching und Yoga lernst du, die Prozesse der Veränderung für dich zu nutzen und deinen Körper und Geist wach zu halten für alles, was ist, und für alles, was kommt. Älter zu werden bedeutet, Erfahrung und Weisheit anzusammeln, und Yoga unterstützt dich dabei, authentisch und erfüllt zu leben. Das Ziel von ProAgeYoga ist es, durch das Training von Körper und Geist das Gute in uns zu erkennen und dem Älterwerden mit Selbstachtung und Selbstakzeptanz zu begegnen.

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ELENA LUSTIG

PRO AGE YOGA

SELBSTBEWUSST ÄLTER WERDEN

Haftungsausschluss:

Die im Buch enthaltenen Übungen wurden von der Verfasserin und vom Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Weder die Autorin noch der Verlag übernehmen die Haftung für Schäden irgendeiner Art. Es handelt sich hierbei um Informationen, die nicht als Diagnose, Behandlung oder Ersatz für eine medizinische Betreuung gedacht sind. Bitte befragen Sie hierzu Ihren Arzt/Ihre Ärztin.

Copyright © 2019 Theseus in Kamphausen Media GmbH, Bielefeld

ISBN Printausgabe 978-3-95883-325-8

ISBN E-Book: 978-3-95883-326-5

Projektleitung & Lektorat: Susanne Klein, Hamburg, kleinebrise.net

Gestaltung: Stephen Paris, Berlin, stephen-paris.com

Foto der Autorin auf dem Cover © Maria Schiffer, Berlin, mariaschiffer.com

Foto der Autorin auf dem Back-Cover © Anne Smith, Berlin, annesmith.de

eBook Gesamtherstellung: Bookwire GmbH, Frankfurt a. M.

www.kamphausen.media

1. Auflage 2019

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.

INHALT

VORWORT

WIDMUNG

ÜBER DIESES BUCH

EINLEITUNG

BODY

Unser Körper

Annehmen, was ist

Jeder Körper ist anders

Vergänglichkeit

Jugend und Schönheit

Selbstbild versus Wahrnehmung von außen

Männer und Frauen

Einschränkungen, Verletzungen, Schmerzen

Möglichkeiten

Wahrnehmung schulen

Regelmäßigkeit

Erhalten

Prävention

Nahrung – Lebensenergie

Guter Schlaf

Plauze, Glatze, Wechseljahre

Botox

Bodywork

YOGA

Sonnengruß

Everybody’s Darling

Yoga für mehr Flexibilität

Yoga für mehr Kraft

Yoga für Flexibilität und Kraft

Yoga zur Entspannung

MIND

Unser Geist

Annehmen, was ist

Älter, weiser, klüger

Selbstannahme und Selbstliebe

Glücklichsein

Innere Ausgeglichenheit und Achtsamkeit

Innere Schönheit

Anfänger-Geist, Neugier, Träume

Bestimmung

Den Geist füttern – geistige Nahrung

Selbstzweifel, Verletzungen, Scheitern

Endlichkeit

Loslassen – Sterben, Tod und Trauer

Den Prozess von Trauer und Tod begleiten

Dankbarkeit

Hier und Jetzt

Humor

Mindwork

MEDITATION

Achtsamkeitsmeditation – Loslassen lernen

Metta Meditation – Liebe teilen

Tonglen – Das Leid transformieren

Meditation – Heilung unterstützen

PRANAYAMA

Nadi Shodhana

Drei-Stufen-Atmung

Samavritti

ANTI-AGE VERSUS PRO-AGE-HALTUNG

INFO

Altern auf der biologischen Ebene

Weg der Erfahrung

Wie Yoga und Meditation wirken

Warum Yoga und Meditation wirken

Training und Neuroplastizität

Wirkung von Meditation auf sozialer Ebene

Midlifecrisis und Depression

PERSÖNLICHE ERFAHRUNG

AUTORIN ELENA LUSTIG

MEHR VON UND MIT ELENA LUSTIG

DANK

LITERATUREMPFEHLUNGEN

BILDNACHWEISE

CREDITS

VORWORT

Niemand weiß etwas über das Älterwerden – bis man älter wird.

Über das Kindsein wissen einige noch etwas – wir sind schließlich alle Kinder gewesen –,

aber bei den meisten ist diese Erinnerung verschüttet.

Über das Älterwerden hört man immer mal etwas, meistens Klagen.

Das Alter sei eine Plage!

Man könne weniger leisten!

Man falle nur zur Last!

Man gehöre zum alten Eisen!

Die Gebrechen nähmen zu …

So hat sich eine recht lapidare Sicht aufs Älterwerden gebildet,

die sich etwas vereinfachend ungefähr so zusammenfassen lässt:

„Älter werden ist nicht schwer, älter sein dagegen sehr.“

Man kann darauf reinfallen und das selber so sehen.

Dann geht man der landläufigen Idee auf den Leim, dass das Leben ein Berg sei,

auf dessen Gipfel man eines Tages „im besten Alter“ ankommt,

um dann von da aus zwangsläufig nur noch abzusteigen.

Aber wenn man mehr erfahren will, lässt man diese Gipfeltheorie am besten hinter sich,

steigt stattdessen weiter bergauf und stellt fest:

Die Spitze des Berges liegt ohnehin irgendwo im Nebel, aber auf dem Weg dahin lernt man

immer mehr, was es mit dem Altwerden auf sich hat.

Gut, man begegnet auch dem schon angeführten Unbill, aber was ist das schon gegen

diese Ahnung, die immer mehr einer Gewissheit weicht: Älter zu werden ist ein Privileg!

Man muss es nur für sich ergreifen und annehmen – und dann eröffnet es sich immer mehr.

Die meisten behalten das für sich.

Sie wissen noch zu gut aus eigener Erinnerung,

dass sie diese Einsicht damals, als sie noch jünger waren,

den von ihrer Sicht aus Alten ohnehin nicht abgenommen haben.

(Und wie unfassbar alt erschienen einem die „Älteren“,

als man ein Kind oder Heranwachsender war!

Man will es einfach nicht mehr wahrhaben,

wenn man dieses Alter selbst erreicht hat …)

Was kann am Älterwerden auch schon dran sein,

wenn unsere ganze Welt die Jugend verherrlicht!?

Also hält man sich weise zurück (was ja ohnehin erwartet wird)

und behält still für sich, was einem so mit dem Älterwerden widerfährt.

Ich will kein weiteres Geheimnis daraus machen:

Das Privileg besteht darin, dass alles zum Geschenk wird.

Man lernt allmählich, in das Privileg einzutauchen,

es schließlich immer mehr zu schätzen und zu genießen.

Alles?

Ja, auch das Unbill.

Sogar Schmerzen, Trauer und Leid.

Was ist denn auch schon die Alternative zum Älterwerden?!

Der Tod?

Der kommt von selbst und kennt auch keine Alternative.

Das Leben ist alternativlos.

Im privilegierten Zustand des Älterwerdens,

geschweige denn des hohen Alters,

kommt eine neue Rezeptionsfähigkeit zustande.

Der Frühling zum Beispiel:

Über 70 habe ich schon gesehen, aber nie so richtig darauf aufgepasst.

Es würde ja noch so viele geben!

Aber gerade dieser Frühling, den lebe ich „wie zum ersten Mal“.

Schauspieler lernen das: Dinge wie zum ersten Mal zu tun.

Eine andere Schulrichtung kehrt das um: alles „wie zum letzten Mal“ zu tun.

Das Privileg des Alterns ist, beides vereinen zu können.

Ein Leben lang war Zeit kein Thema.

Es gab davon immer genug.

Jetzt ist Zeit kostbar, und das ist auch ein Privileg:

nichts mehr selbstverständlich zu nehmen.

Kindern geht das ähnlich, die können das von selbst.

Wenn man älter wird, lernt man das langsam wieder,

man lernt, zu verlernen.

Man lernt, das „Alles-verstanden-Haben“ hinter sich zu lassen.

Man lernt wieder, zu staunen.

Man lernt wieder, sich zu wundern.

Man lernt wieder, sich Zeit zu nehmen.

Man darf den ganzen Schrott, den man gelernt hat, verlernen.

Man darf vor allem das Schindluder vergessen, das man mit der Zeit getrieben hat.

Vom Älterwerden kann man sich anstecken lassen.

Dann bereut man höchstens, dass man nicht schon früher auf den Trichter

gekommen ist, älter sein zu wollen.

Wim Wenders

ICH WIDME DIESES BUCHALLEN FRAUEN UND MÄNNERN,DIE SELBSTBEWUSST UNDAUTHENTISCH ÄLTER UNDWEISER WERDEN WOLLEN, DIESICH INSPIRIEREN LASSENUND SO ZUR INSPIRATION FÜRANDERE WERDEN.

ÜBER DIESES BUCH

Am besten wäre es, wenn niemand dieses Buch bräuchte, wenn wir in einer Gesellschaft leben würden, in der wir uns selbst respektieren, uns gegenseitig Respekt entgegenbringen und in der Alter ein Ausdruck von Lebenserfahrung und Falten Zeugnis von Weisheit sein dürften.

Stattdessen setzen wir alles daran, so jung wie möglich auszusehen. Zwar wollen wir alle alt werden, aber wir wollen dabei nicht alt aussehen. Anti-Aging ist in aller Munde. Das macht das Älterwerden schwierig und stellt uns vor die Herausforderung, den Ist-Zustand dem Soll-Zustand anpassen zu wollen.

Dieses Buch hinterfragt beide Zustände: Was soll sein? Was ist? Und es zeigt neue Wege, mit den vermeintlichen Widersprüchen und Herausforderungen umzugehen.

Pro Age statt Anti Age bietet einen neuen Ansatz für das, was das Älterwerden für uns bereithält. Den Blick hin auf unsere Ressourcen zu wenden und uns mit dem zu verbinden, was uns stark, frei und authentisch sein lässt, ist die Botschaft dieses Buches.

Pro Age Yoga soll außerdem das Verständnis von Yoga erweitern: Hier im Westen wird Yoga meistens auf die körperlichen Übungen reduziert, was aber dem breiten Spektrum, das Yoga zu bieten hat, nicht gerecht wird. Yoga kann mehr, Yoga ist mehr, Yoga bewirkt mehr. Hauptsächlich geht es im Yoga darum, mit dem eigenen Geist zu arbeiten, ihn zu trainieren, zur Ruhe zu kommen, inneren und damit auch äußeren Frieden zu schaffen und so einen neuen Weg einzuschlagen.

Pro Age Yoga arbeitet mit Ansätzen aus dem systemischen Coaching und mit den Weisheiten des Yoga und Buddhismus, um unsere Haltung zu uns selbst zu revolutionieren und uns die Möglichkeit zu geben, uns neu aufzustellen für das, was auf uns zukommt.

Dieses Buch ist kein Quick-Fix. Es geht darum, zu erkennen, zu verstehen, Zusammenhänge neu zu entdecken und damit zu arbeiten.

Je früher wir damit anfangen, desto besser.

Viel Freude auf deinem Weg!Deine Elena

EINLEITUNG

Das Schöne am Älterwerden ist, dass wir uns dabei selbst immer besser kennenlernen. Wir haben mit uns schon einiges mitgemacht und haben unsere Schlüsse daraus gezogen. Unser Freundeskreis steht weitgehend, viele von uns haben eine Familie gegründet und wir sind sozial gut vernetzt. Wir haben Strategien entwickelt, um Probleme zu lösen, und haben uns irgendwie durchgekämpft. Wir können stolz sein auf alles, was wir geschafft haben. Trotzdem haben die meisten von uns ein Problem damit, älter zu werden.

Vermutlich liegt das daran, dass wir uns immer sichtbarer und fühlbarer auf unser Ende zubewegen. Das ist leider die Wahrheit, und deshalb ist es schwer, sich mit dem Älterwerden anzufreunden. Unser Körper verändert sich, wir werden in mancher Hinsicht irgendwie „weniger“. Manche Dinge werden mühsamer, unser Energielevel sinkt, wir vergessen vielleicht eher etwas, die Haut wird schlaffer, die Muskulatur baut ab, die Augen sehen weniger gut, wir werden immer steifer. Vielleicht denken wir auch, dass wir irgendwann zu alt sein könnten, um in unserem Leben noch etwas zu verändern. Was wir dabei gerne vergessen, ist, dass das Leben nicht unbedingt leichter war, als wir jung waren. Auch da hatten wir Probleme, Sorgen und Nöte. Diese hatten aber nach unserem Verständnis meist nicht unbedingt etwas mit dem Jungsein zu tun.

Wenn wir in unsere zweite Lebenshälfte eintauchen, konfrontiert uns unser Körper mit der unbequemen Realität: Wir verändern uns in einer Art und Weise, die uns nicht gefällt. Am Ende unseres Lebens löst sich unser Körper sogar auf – eine Wahrheit, die wir leider annehmen müssen. Wir haben eventuell mit Krankheiten zu tun, entweder weil wir selbst krank werden oder weil unsere Freunde und Familien davon betroffen sind. Es ist schwer, diese Hinweise auf die eigene Verletzlichkeit und Endlichkeit zu ertragen, zu akzeptieren und dabei guten Mutes zu bleiben. Manchmal ist es einfach traurig, uns selbst dabei zuzuschauen, wie wir abbauen. Wir machen uns Sorgen und haben Probleme, die mit dem Älterwerden selbst zu tun haben. Auch gesellschaftlich gesehen ist die Phase ab 40 – oder spätestens ab 50 – manchmal herausfordernd. Uns stehen beruflich und privat nicht mehr alle Türen offen, wir befinden uns nicht mehr in der Aufbau- und Hoffnungsphase, sondern schon langsam in dem zeitlichen Abschnitt, in dem wir erste Bilanzen ziehen. Das konfrontiert uns womöglich mit „Fehlentscheidungen“ oder „Scheitern“ und zeigt uns ganz klar, dass schon einiges hinter uns liegt. Außerdem ist es nicht einfach, ab 40 noch irgendwie cool zu sein. Es liegt dabei an uns, wie selbstbewusst wir sind, wie wir uns selbst definieren, wo wir uns selbst sehen, wer wir sind, wer wir sein wollen und wie wir unseren Weg ab 40 gestalten.

Pro Age Yoga soll eine Begleitung für diese Lebensphase sein und dabei helfen, unsere innere Haltung und auch unseren Körper so zu behandeln und zu pflegen, dass wir nicht nur das Beste aus dieser Zeit machen, sondern uns auch dabei entwickeln und wachsen. Es geht nicht darum, sich etwas schönzureden, was vielleicht wirklich schwer ist. Aber es gibt Mittel und Wege, sich wertzuschätzen und das hervorzuheben und herauszuarbeiten, was im Älterwerden besser wird statt schlechter. Wir können für unseren Körper einiges tun, um uns fit und gesund zu halten. Und vor allem sollten wir unseren Körper deshalb lieben, ehren und gut behandeln, weil er das „Gefäß“ für unseren Geist, für unsere Seele ist. Der Körper ist unser Instrument, um uns auszudrücken und zu kommunizieren, um Teil einer Gemeinschaft zu sein und um Freude und Glück, aber auch Trauer und Leid zu empfinden und mitzuteilen.

Da unser Körper so oder so immer älter wird, sollten wir ihn pflegen und gut behandeln, uns aber auch auf unseren Geist konzentrieren, der sogar dann noch wach und klar sein kann, wenn unser Körper nicht mehr voll und ganz mitspielt. In der Arbeit mit unserem Geist, in unserer inneren Haltung liegt unser Potenzial. Hier können wir immer „mehr“ werden – größer, weiter, stärker und weiser. Das ist unsere Quelle, aus der wir schöpfen können.

Das Buch ist in drei Bereiche aufgeteilt: BODY, MIND und INFO. Es beleuchtet alle Aspekte unserer inneren und äußeren Haltung zum Thema Älterwerden und bietet am Ende eines jeden Kapitels Fragen, Denkanstöße oder praktische Tipps, die dabei helfen, das Thema zu vertiefen und für sich persönlich umzusetzen.

Mein Anliegen ist es, das Wissen und die Erfahrung, die ich über die letzten 30 Jahre hinweg als Buddhistin, Yogalehrerin und Coach gesammelt habe, zur Verfügung zu stellen, um den Blick auf das Älterwerden in der Gesellschaft zu verändern. Wir sind die Gesellschaft! Wenn wir bei uns selbst anfangen, beeinflussen wir andere und setzen eine Kettenreaktion in Gang. Indem wir uns vernetzen, austauschen und uns gegenseitig dabei unterstützen, die zu sein, die wir sein wollen, bringen wir Veränderung und positive Kraft in unser unmittelbares Umfeld und von da aus in die Welt.

Lasst uns daran arbeiten, dass wir uns selbst verändern und entwickeln, zu jedem Zeitpunkt in unserem Leben, und zu verstehen, dass es nie zu spät ist, einen neuen Kurs einzuschlagen, zu lernen und zu wachsen.

KAPITEL 1

BODY

UNSER KÖRPER

Unser Körper ist ein perfekt aufeinander abgestimmtes System von Materie und Energie, die sich fortwährend in Bewegung und im Austausch befindet. Wir bestehen aus Billionen von Zellen, die alle eine bestimmte Funktion erfüllen. Es ist faszinierend, dass in dieser Komplexität relativ wenig schiefläuft. Dabei nehmen wir es als selbstverständlich hin, dass unser Körper funktioniert und uns dient. Wir vergessen dabei aber manchmal, dass wir unseren Körper pflegen und ihm auch dienen sollten, damit er uns noch lange erhalten bleibt und damit er seine unglaubliche und perfekte Arbeit aufrechterhalten kann. Unser Körper ist das Instrument, mit dem wir uns in dieser Welt bewegen, mit dem wir wahrnehmen und wahrgenommen werden. Unsere Energie und unser Geist bekommen mit dem Körper sozusagen ein Zuhause – ein vorübergehendes Zuhause, solange wir auf dieser Erde sind.

ANNEHMEN, WAS IST

Unser Körper macht uns unmissverständlich darauf aufmerksam, dass Altern nicht nur etwas Subjektives ist: Wir sind zwar so alt, wie wir uns fühlen, aber unsere Haut wird faltiger, unsere Haare grauer und unsere Augen schlechter, um nur einige Punkte zu nennen. Wir sehen und fühlen, dass sich etwas verändert, und manchmal machen uns diese Veränderungen Angst. Wir können versuchen, die Zeichen der Alterung zu ignorieren oder zu bekämpfen. Beides wird vermutlich nicht sehr weit führen. Ein dritter Weg ist, dass wir lernen, damit umzugehen. Auch im Alter ist unser Körper ein wertvolles Instrument, das es zu pflegen und zu schützen gilt. Je zugewandter wir uns verhalten, je mehr Gutes wir unserem Körper tun, desto eher können wir auch unseren älter werdenden Körper genießen. Ein gesunder Körper hilft uns dabei, eine gute Haltung im Geist1 zu kultivieren – und umgekehrt.

Es gibt keinen idealen Zeitpunkt, um mit „Self-Care“ auf der körperlichen Ebene anzufangen. Genau genommen können wir das immer tun. Aber spätestens mit Mitte 40 sollten wir damit anfangen, uns unserem Körper liebevoller und weniger fordernd zuzuwenden.

Als ich mein erstes graues Haar entdeckte, war ich 30. Ich sah es im Rückspiegel meines Autos und riss es sofort aus. Ich dachte: Jetzt ist es so weit, ich werde alt. Darüber kann ich heute lachen. Alle Krisen, die ich bisher mit dem Thema hatte, kommen mir heute fast albern vor. Immerhin bin ich jetzt 50, und vermutlich werde ich mich auf meinen Fotos von heute jung finden, wenn ich sie in 20 Jahren anschaue. Ich spüre fast so etwas wie Stolz, dass ich es so gut geschafft habe, bis hierher zu kommen. Ich sehe meine Falten, ich sehe mein gelebtes Leben und ich muss sagen: Ich mag das! Und ich frage mich: Was kommt noch? Wie kann ich mich und andere inspirieren, mit einem guten und klaren Blick in die Zukunft zu schauen, die manchmal nicht mehr viel bereit zu halten scheint? Es kommt darauf an, was wir daraus machen!

Doch gehen wir zunächst einmal ein paar Schritte zurück: Im Moment der Empfängnis entsteht die äußere Hülle für unseren Geist. (Je nach Religionszugehörigkeit variieren hier die Vorstellungen.) Schritt für Schritt entwickelt sich aus einem Zellhaufen ein kleines menschliches Wesen mit bestimmten Merkmalen wie Geschlecht, Haut-, Haar- und Augenfarbe. Wir nehmen Gestalt an. Unsere Kultur bestimmt darüber, welche Erwartungen wir dann erfüllen müssen: Ein gesundes Baby wird überall geschätzt. Das ist der größte gemeinsame Nenner.

Was genau ist Gesundheit? Die Abwesenheit von Krankheit, von Schmerz, von Leid? Wie sieht es aus mit geistigen Behinderungen oder Trisomie 21, dem Down-Syndrom? Was empfinden wir als normal, als gut und als erstrebenswert? In vielen Kulturen sind Mädchen zum Beispiel weniger wert als Jungs; sie werden oft sogar abgetrieben. Es gibt also kaum eine Form der Körperlichkeit, die nicht mit Herausforderungen und Erwartungen einhergeht. Sobald wir uns selbst als ein körperliches Wesen ausdrücken, beginnen wir nachzuahmen, was unsere Umwelt uns vormacht. Wir kommunizieren und sorgen so für unser Überleben. Unsere Sozialisierung beginnt also zunächst völlig unbewusst; wir entwickeln Strategien und passen uns an. Später beginnen wir damit, uns zu vergleichen. Erst stellen wir vielleicht fest, dass unsere Freunde andere oder tollere Spielsachen besitzen als wir selbst. Dann merken wir, dass andere stärker oder schwächer, schöner oder hässlicher als wir selbst sind. Aus diesen Vergleichen heraus entsteht automatisch Bewertung. Stärker als …, schwächer als … etc. Wir entwickeln also einen Kontext für unseren Körper, der kulturell geprägt ist. Darin gibt es bestimmte Merkmale, die wir erstrebenswert finden. In unserer westlichen Gesellschaft gehört zum Beispiel Jungsein unbedingt dazu.

Am liebsten wären wir alles auf einmal: jung, schön, stark, klug, beliebt, reich, gesund etc. Sollten wir also mit einem Körper beschenkt worden sein, der unserer Vorstellung von Schönheit entspricht, ist es für uns vielleicht doppelt schwer zu akzeptieren, dass dieser Körper sich verändert, älter wird und dabei wahrscheinlich immer weniger dem entspricht, was uns gefällt.

Die meisten Menschen haben allerdings zu jedem Zeitpunkt im Leben ihre ganz eigene Auseinandersetzung mit dem, wie sie aussehen wollen, und dem, wie sie tatsächlich aussehen. Bei den meisten von uns sieht das ungefähr so aus: „Erst wenn meine Haare glatt sind statt lockig, meine Nase klein statt groß, mein Po fest statt weich ist etc., bin ich zufrieden und somit glücklich.“ Wenigstens im Alter sollten wir lernen, uns von diesen Bedingungen unabhängig zu machen. Das ist nicht leicht, aber wenn wir lernen, unseren Körper als Verbündeten zu betrachten, der uns sinnliche Erfahrungen möglich macht und uns mit der Welt in Kontakt treten lässt, entschärfen wir den wertenden Blick auf uns selbst und können lernen, uns so anzunehmen, wie wir sind. Wir haben nur diesen einen Körper, wir sollten Frieden mit ihm schließen!

Dein Körper und deine menschliche Existenz sind ein Sechser im Lotto. Etwas krass ausgedrückt, hättest du auch als Ratte oder Bakterie in diese Welt kommen können. Du kannst aus deinem freien Willen heraus handeln. Du bist intelligent und gebildet, sonst könntest du das hier nicht lesen. Was für ein Geschenk!

Erkenne an, dass allein die Tatsache, dass du lebst, schon ein riesen Erfolg ist. Du bist gut genug, so wie du bist!

Mache dir immer wieder bewusst, welches Wunderwerk dein Körper ist und wie stark seine Selbstheilungskräfte sind. Vertraue darauf!

JEDER KÖRPER IST ANDERS

Wer reist, kennt das Gefühl, plötzlich ein Fremder zu sein. Wir kommen an einem uns noch unbekannten Ort an und machen die Erfahrung, anders zu sprechen, anders auszusehen, anders zu denken – einfach einer anderen Kultur anzugehören. Haare, Hautfarbe, Denkweise sind zum Beispiel Dinge, die uns unterscheiden. Aber auch in unserem eigenen Kulturkreis gibt es eine große Vielfalt und starke Unterschiede. Wer einen Ostfriesen und einen Bayern an einen Tisch setzt, kann beobachten, dass auch zwei Deutsche nicht unbedingt dieselbe Sprache sprechen. Was uns über alle Grenzen hinweg verbindet, ist die Tatsache, dass wir alle einen menschlichen Körper haben, der über bestimmte Funktionen verfügt. Doch hat jeder Mensch seine individuelle Form, Größe, Haut- und Haarfarbe usw. Unser eigener Kulturkreis definiert dabei, was wir als schön empfinden und was nicht. Das zeigt eindeutig, wie relativ Schönheit ist und welche Rolle die eigene Definition dabei spielt.

Wir haben keinen Einfluss darauf, mit welchen Genen wir ausgestattet werden. Wir müssen mit dem leben, was uns mitgegeben ist, aber wir können entscheiden, wie wir damit umgehen und wie wir unseren Körper, das Zuhause unseres Geistes, behandeln. Je weniger wir unseren Körper pflegen, desto schwieriger wird es für uns, uns darin wohlzufühlen.

Ich kenne Leute, die ihr Auto regelmäßig in die Inspektion bringen, es innen und außen reinigen (lassen), eine Garage dafür besitzen oder mieten und sich extrem ärgern, wenn der Lack einen Kratzer bekommt.

Gleichzeitig kommen sie nicht auf die Idee, sich selbst zu pflegen, Sport zu machen, sich gut zu ernähren, sich fernzuhalten von Giften wie Alkohol, Drogen und Stress. Natürlich können wir auch mit Sport unseren Körper ruinieren, aber grundsätzlich sollten wir uns fragen: Wie soll der Körper uns ein Leben lang dienen, wenn wir uns nicht liebevoll um ihn kümmern?

Solange wir jung sind, kompensiert unser Körper so einiges. Aber wir legen in unserer Jugend auch den Grundstein dafür, wie gut wir älter werden. Oft bezahlen wir unsere Jugendsünden später im Leben. Das bedeutet nicht, dass wir nie Spaß haben sollen. Wer in seiner Jugend nicht unvernünftig war, war nicht wirklich jung. Aber: Wir sollten immer einen liebevollen Blick auf uns selbst kultivieren und uns darüber klar sein, dass unsere körperlichen Ressourcen nicht unendlich sind.

Wenn wir uns regelmäßig bewegen, spüren wir unseren Körper, füllen unsere Lungen mit frischer Luft, sind gut durchblutet, haben in der Regel einen guten Appetit und schlafen besser. Dies fördert ein Gefühl der Verbundenheit, lässt uns in unserem Körper zu Hause sein und hilft uns zu erkennen, was wir auf der körperlichen Ebene brauchen.

Feiere ausgelassen und wild. Schlage über die Stränge und ertrage deinen Kater am nächsten Morgen mit Fassung. Das bedeutet, du lebst nicht mit angezogener Handbremse.