Problemanalyse und Therapieplanung - Bernd Ubben - E-Book

Problemanalyse und Therapieplanung E-Book

Bernd Ubben

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Beschreibung

Verhaltenstherapeuten erhalten mit diesem Buch einen Leitfaden an die Hand, der es ihnen ermöglicht, eigenständig und versiert Problemanalysen durchzuführen und Therapiepläne zu erstellen. Der Band liefert damit die Basis für eine kontrollierte Praxis. Therapeuten müssen für jeden Patienten den goldenen Weg aus einer optimalen Nutzung evidenzbasierter Therapieempfehlungen und dem maßvollen Einsatz neukonstruierter Behandlungsstrategien finden. Sie benötigen dafür ein gut benutzbares Arbeitsmodell, welches sie über den Pfad der notwendigen Diagnose- und Planungsschritte führt. Der Band veranschaulicht zunächst an klinischen Beispielen die Dialektik von Evidenzbasierung und Individualisierung. Er erläutert zudem die komplexe Aufgabe von Psychotherapeuten, den therapeutischen Arbeits- und Beziehungsprozess methodisch und interaktionell zu steuern. Der Hauptteil des Buches gibt Empfehlungen zum Ablauf der verhaltenstherapeutischen Probatorik und stellt zehn bewährte Module zur Erarbeitung von Problemanalyse und Therapieplanung vor. Alle Schritte dieses Weges werden anhand von Beispielen und Abbildungen veranschaulicht. Zahlreiche Arbeitsblätter unterstützen die Umsetzung des Vorgehens in der klinischen Praxis.

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Bernd Ubben

Problemanalyse und Therapieplanung

Standards der Psychotherapie

Band 2

Problemanalyse und Therapieplanung

Dipl.-Psych. Bernd Ubben

Herausgeber der Reihe:

Prof. Dr. Martin Hautzinger, Prof. Dr. Kurt Hahlweg, Prof. Dr. Jürgen Margraf, Prof. Dr. Winfried Rief

Dipl.-Psych. Bernd Ubben, geb. 1951. Studium der Psychologie in Freiburg und Berlin. Ausbildung zum Verhaltenstherapeuten und psychotherapeutische Tätigkeit in Berlin und Bücken/Niedersachsen. Seit 1996 Institutsleiter der Dresdner Akademie für Psychotherapie (DAP) und tätig als Verhaltenstherapeut, Dozent, Supervisor, Selbsterfahrungsleiter und Gutachter für die gesetzlichen Krankenkassen.

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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[email protected]

www.hogrefe.de

Satz: Mediengestaltung Meike Cichos, Göttingen

Format: EPUB

1. Auflage 2017

© 2017 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-8409-2823-9; E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-8444-2823-0)

ISBN 978-3-8017-2823-6

http://doi.org/10.1026/02823-000

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Diese Bestimmungen gelten gegebenenfalls auch für zum E-Book gehörende Audiodateien.

Anmerkung:

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Zitierfähigkeit: Dieses EPUB beinhaltet Seitenzahlen zwischen senkrechten Strichen (Beispiel: |1|), die den Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe und des E-Books im PDF-Format entsprechen.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Das Selbstverständnis der Verhaltenstherapie

1.1 Definition von Verhaltenstherapie

1.2 Psychotherapie als kontrollierte Praxis

Standardisierung vs. Neukonstruktion von Problemanalyse und Therapieplanung – von zwei scheinbar kontroversen Positionen zu einem verknüpften Ansatz

2 Diagnostik in der Verhaltenstherapie

3 Die Steuerung des diagnostisch-therapeutischen Prozesses

4 Das Problemlöserational als verhaltenstherapeutische Grundorientierung

5 Indikationsfragen in der Psychotherapie

5.1 Allgemeine Psychotherapieindikation

5.2 Verfahrensindikation

5.3 Störungsindikation

5.4 Patientenspezifische Indikation

5.5 Prozessadaptive Indikation

6 Das verhaltensanalytische Denkmodell

6.1 Die Verhaltensgleichung nach Kanfer

6.2 Der Verhaltenstherapieprozess als SORK-Modell

6.2.1 O: Schemakonsistente Therapieerwartungen und Reaktionsbereitschaften

6.2.2 S: Die Stimulusbedingungen zu Beginn des Therapieprozesses

6.2.3 R: Die Schritte der therapeutischen Mitarbeit

6.2.4 K: Die Therapieergebnisse

7 Problemanalyse – Zielableitung – Therapieplanung

7.1 Problemanalyse

7.2 Ableitung von Therapiezielen

7.3 Das Erstellen der Behandlungskonzeption

8 Die Orientierungs- und Planungsphase einer Verhaltenstherapie

8.1 Erstgespräch/Sprechstunde: Indikationsprüfung

8.2 Erste probatorische Sitzung: Situationsanalysen

8.3 Zweite probatorische Sitzung: Biografische Kurzanalyse

8.4 Dritte probatorische Sitzung: Störungsmodell

8.5 Vierte probatorische Sitzung: Zielableitung/Therapievertrag

9 Zehn Module zur Erarbeitung von Problemanalyse und Therapieplan

9.1 Modul 1: AZA-Befragung

9.2 Modul 2: Diagnosezuordnung

9.3 Modul 3: Interaktionsanalyse

9.4 Modul 4: Psychopathologischer und somatischer Befund

9.5 Modul 5: Situationsanalysen

9.6 Modul 6: Biografische Kurzanalyse: Ableitung von Prädispositions- und Dekompensationshypothesen

Makroskopische Verhaltensanalyse (Prädispositions- und Dekompensationsanalyse)

Therapeutische Gesprächsführung bei der makroskopischen Kurzanalyse

9.7 Modul 7: Störungsmodell

Von der Problemanalyse zur Therapieplanung

9.8 Modul 8: Zielableitung und Prognoseeinschätzung

9.9 Modul 9: Therapieplanung

9.10 Modul 10: Evaluation und Therapieabschluss

10 Dokumentation von Problemanalyse und Therapieplanung

10.1 Einführung

10.2 Bericht an den Gutachter – Fragencheck

10.3 Bericht 1 – Patientin mit Agoraphobie und Panikstörung

10.4 Bericht 2 – Patient mit Zwangsstörung und Sozialer Phobie

10.5 Bericht 3 – Patientin mit somatoformer Schmerzstörung

11 Literatur

12 Anhang

|1|Einleitung

Verhaltenstherapie bietet Psychotherapeuten beste Möglichkeiten für eine kontrollierte Praxis. Haben diese für ihre Patienten bestimmte Diagnosen gesichert, dann können sie auf evidenzbasierte Therapieprogramme zurückgreifen. Liegen im Einzelfall komplexe Problembedingungen vor, die sich nicht auf eine umgrenzte und erforschte Störung beschränken, dann konstruieren sie auf der Grundlage eines verhaltensanalytischen Störungsmodells individuelle Behandlungskonzeptionen.

Der goldene Weg mit einer optimalen Nutzung evidenzbasierter Therapiekonzepte und einem maßvollen Einsatz neukonstruierter Behandlungsstrategien ist entsprechend für jeden Einzelfall zu finden. Schulte weist mit seinem dualen Psychotherapiemodell auf zwei miteinander verknüpfte Aufgaben von Therapeuten hin. Zum einen ermöglichen diese ihren Patienten das erforderliche therapeutische Basisverhalten wie Mitarbeit, Selbstöffnung, Experimentierbereitschaft und motivieren sie dazu, die verabredeten Arbeitsschritte im Alltag umzusetzen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einem wirksamen Einsatz therapeutischer Methoden kommen kann. Zum anderen haben Therapeuten die Aufgabe, die gebotenen Interventionsstrategien sachgerecht durchzuführen.

Entsprechende Basisfertigkeiten erwerben Psychotherapeuten in ihren postgradualen Aus- bzw. Weiterbildungen. In diesem Rahmen erlernen sie in praxisvorbereitenden Theorieseminaren und Methodentrainings zunächst das erforderliche Störungs- und Behandlungswissen. Das Kernelement ihres therapeutischen Kompetenzerwerbs bilden dann Fallbehandlungen unter Supervision. Eng bezogen auf Patientenbehandlungen, die sie im Rahmen ihrer praktischen Ausbildung mit Patienten durchführen, erhalten sie von ihren Supervisoren (wie auch von beteiligten Teilnehmern ihrer Supervisionsgruppe) gezielte Rückmeldungen zu ihrem therapeutischen Verhalten. Außerdem werden sie an eine verfeinerte Methodenanwendung und professionelle therapeutische Beziehungsgestaltung herangeführt. Ausbildungssupervision wie auch später berufsbegleitende Supervision approbierter Psychotherapeuten haben letztlich die gleiche Zielsetzung: Es gilt dafür zu sorgen, dass die Behandler eigenständig und gekonnt Problemanalysen durchführen und Therapiepläne erstellen. Weiterhin ist zu überprüfen, ob sie sich in ihrem therapeutischen Vorgehen sowohl hinreichend an evidenzbasierten Wissensbeständen orientieren, als auch versiert den therapeutischen Beziehungs- und Arbeitsprozess steuern. Und schließlich ist bei Bedarf durch ergänzende Übungs- und Erfahrungsprozesse dafür zu sorgen, dass sie in der Lage sind, diese methodischen und interaktionellen Standards auch tatsächlich zu erfüllen.

|2|Für verlässliche Alltagsroutinen benötigen Psychotherapeuten ein gut benutzbares Arbeitsmodell, das sie über den Pfad der notwendigen Diagnostik- und Planungsschritte führt. Ein solcher Algorithmus, der Verhaltenstherapeuten einen roten Faden für Problemanalyse und Therapieplanung an die Hand gibt, wird mit diesem Buch vorgestellt. Er ist das Extrakt langjähriger eigener Ausbildungstätigkeit und verbindet zahlreiche Module aus relevanten Veröffentlichungen mit bewährten selbst entwickelten Techniken.

Im Theorieteil dieses Buches wird in Kapitel 1 zunächst das Selbstverständnis der Verhaltenstherapie erläutert und gezeigt, in welcher Weise dieses Psychotherapieverfahren sich an den Prinzipien einer kontrollierten Praxis orientiert. Verhaltenstherapeuten greifen demnach bei ihrem Vorgehen soweit wie möglich auf evidenzbasierte Behandlungsempfehlungen zurück, passen sich während der Therapiedurchführung flexibel den Erfordernissen des Einzelfalls an und achten darauf, dass der Therapieplan und ihr tatsächliches Vorgehen übereinstimmen. Kapitel 2 beschreibt, wie die Dialektik von Evidenzbasierung und Individualisierung im klinischen Alltag gewährleistet wird. Dazu wird zum Therapiebeginn, nach einzelnen Behandlungsphasen und am Ende der Behandlung eine sorgfältige Diagnostik durchgeführt. Durch den Therapeuten werden zu diesem Zweck wiederholt verhaltensanalytische und testdiagnostische Befunde erhoben und im Sinne einer rekursiven Therapieplanung in den Therapieplan eingearbeitet. In Kapitel 3 wird die komplexe Aufgabe des Therapeuten erläutert, den therapeutischen Arbeits- und Beziehungsprozess methodisch und interaktionell wirksam zu steuern. Methodeneinsatz, Interaktionsgestaltung und Selbstregulation sind professionell zu gestalten und im Therapieverlauf gekonnt aufeinander abzustimmen.

Grundlage verhaltenstherapeutischen Denkens und Handelns ist das in Kapitel 4 charakterisierte Problemlöserational. Es gilt hierbei, den Patienten für eine aktive Mitarbeit zu motivieren und an ein eigenverantwortliches Selbstmanagement heranzuführen. Hierbei treffen Verhaltenstherapeuten eine Vielzahl von Indikationsentscheidungen, die in Kapitel 5 vorgestellt werden. Zunächst ist von diesen allgemein zu beurteilen, ob für eine hilfesuchende Person überhaupt eine Psychotherapie geboten ist. Dann folgt ggf. die differenzielle Zuweisung des Patienten zu einem passenden Psychotherapieverfahren. Es sollten passende störungsspezifische Konzepte ausgewählt werden und die gebotenen Therapiemaßnahmen individuell auf den jeweiligen Patienten abgestimmt werden. Und schließlich sind durch die Therapeuten im Behandlungsverlauf im Sinne einer rekursiven Therapieplanung prozessadaptive Entscheidungen zu treffen.

In Kapitel 6 wird die in den 1970er Jahren von Frederic Kanfer eingeführte SORK/C-Verhaltensgleichung als verhaltensanalytisches Referenzmodell beschrieben. Zur Erarbeitung eines Störungsmodells werden verschiedene Teilformen der Verhaltensanalyse (deskriptiv, funktional, vertikal, makro|3|skopisch) verwendet. Auch der verhaltenstherapeutische Gesamtprozess wird anhand dieser Verhaltensgleichung charakterisiert und der Weg des Patienten durch die Verhaltenstherapie gemäß des bekannten Rubikonmodells in volitionsvorbereitende und -realisierende Teilschritten gegliedert. Der Theorieteil des Buches endet mit Kapitel 7. Der Weg zur Konzeptualisierung einer Verhaltenstherapie wird anhand der drei aufeinanderfolgenden Phasen „Problemanalyse, Zielableitung, Therapieplanung“ vorgestellt und durch klinische Beispiele unterlegt.

Der Praxisteil beginnt in Kapitel 8 mit einer Empfehlung zum Ablauf der verhaltenstherapeutischen Probatorik: Nach einem Erstgespräch (i. d. R. im Rahmen der therapeutischen Sprechstunde) zur Klärung einer allgemeinen Indikation folgen drei problemanalytische Sitzungen, bis in der Abschlusssitzung dieser Orientierungsphase gemeinsam mit dem Patienten Therapieziele verabredet werden. Kapitel 9 stellt zehn Module zur Erarbeitung von Problemanalyse und Therapieplanung vor. Die entsprechenden methodischen Vorgehensweisen sollten von Verhaltenstherapeuten sicher beherrscht werden, damit sie begründete Indikationsentscheidungen treffen können, ihren anfangs in der Regel desorientierten Patienten eine Orientierung zur Störung ermöglichen und mit diesen ein therapeutisches Arbeitsbündnis mit realisierbaren Zielen begründen. Im Anhang dieses Buches werden hierzu zahlreiche Arbeitsblätter zur Verfügung gestellt. Das Abschlusskapitel 10 bietet Verhaltenstherapeuten Hilfestellungen dafür, Berichte zur Konzeptualisierung ihrer Krankenbehandlungen zu verfassen. Indem sie ihre problemanalytischen und konzeptionellen Ergebnisse schriftlich dokumentieren, konstruieren sie einen Leitfaden für ihr konkretes therapeutisches Vorgehen in der Interventionsphase der Behandlung. Gleichzeitig generieren sie auf diesem Wege einen Text, der den Anforderungen entspricht, die von den gesetzlichen Krankenkassen an den Bericht an den Gutachter gestellt werden. Im Anhang des Buches finden sich schließlich zahlreiche Materialien, die bei der Erarbeitung der Problemanalyse und zur Therapieplanung genutzt werden können.

Ziele des Bandes

Vorstellung der wichtigsten theoretischen Konzepte, die für die Durchführung einer Problemanalyse und die Erstellung eines Therapieplanes relevant sind.

Darstellung von zehn Arbeitsmodulen, die Therapeuten dazu befähigen sollen, eigenständig und versiert Problemanalysen durchzuführen und Therapiepläne zu erstellen.

Veranschaulichung des Vorgehens mithilfe von Fallbeispielen und hilfreichen Therapiematerialien.

|4|1 Das Selbstverständnis der Verhaltenstherapie

1.1 Definition von Verhaltenstherapie

Psychotherapie wird durch das Psychotherapeutengesetz auf den Ebenen „Verfahren“, „Methode“ und „Technik“ definiert (Methodenpapier des Wissenschaftlicher Beirates Psychotherapie – WBP, 2014). Mit Verfahren ist gemäß Schweiger (2014) ähnlich wie beim Begriff der Theorie ein System oder konzeptuelles Modell gemeint, das „praktischen Nutzen haben und nicht komplexer als erforderlich sein“ sollte (Schweiger, 2014, S. 289; z. B. Psychoanalytische Psychotherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Gesprächspsychotherapie, Verhaltenstherapie). „Eine Theorie der Entstehung und Therapie von Störungen sollte in sich konsistent sein, Erklärungswert haben und es ermöglichen, Hypothesen zu generieren, die empirisch überprüfbar sind“ (Schweiger, 2014, S. 289). Psychotherapie-Methoden erfüllen ebenfalls diese Voraussetzungen, sind allerdings auf eine bestimmte Störung bzw. Gruppe von Störungen begrenzt (z. B. Neuropsychologie oder EMDR). Psychotherapie-Techniken sind konkrete Vorgehensweisen, „mit deren Hilfe die angestrebten Ziele im Rahmen der Anwendung von psychotherapeutischen Methoden und Verfahren erreicht werden sollen“ (Schweiger, 2014, S. 290; z. B. Übertragungsdeutung, Stimuluskontrolle, Rollenspieltechniken).

Das Psychotherapieverfahren „Verhaltenstherapie“ wird in der Fachliteratur durch Grundprinzipien wie Bezug zur empirischen Psychologie, Problem-, Ziel- und Handlungsorientierung, Transparenz, Ansatz an den Aufrechterhaltungsbedingungen der Störung, Alltagstransfer, Hilfe zur Selbsthilfe und in ständiger Weiterentwicklung befindlich charakterisiert (vgl. Margraf & Schneider, 2009). In Abgrenzung zu anderen Psychotherapieverfahren lässt Verhaltenstherapie sich gemäß Schweiger (2014) vorrangig durch die folgenden drei Merkmale definieren:

Basierung auf Befunden empirischer Forschung und speziell Lerntheorien.

Erstellung von Verhaltensanalysen und plausiblen Störungsmodellen.

Einsatz von Fertigkeitentrainings und Aktivitätsplänen.

|5|1.2 Psychotherapie als kontrollierte Praxis

Die genannten drei Kernmerkmale weisen darauf hin, dass Verhaltenstherapeuten sich zu einer kontrollierten Praxis verpflichten. Westmeyer (2009) ordnet diesem Konstrukt drei Aspekte zu:

Heuristische Nutzung evidenzbasierter Wissensbestände aus der Psychotherapieforschung – Auf welche hier gebotenen Behandlungsempfehlungen oder evidenzbasierten Leitlinien greift der Therapeut in seinem Behandlungsplan zurück?

Dieser Aspekt orientiert sich am deutlichsten am o. g. ersten Merkmal der Wissenschaftlichkeit. Therapeuten sollen hiernach ihre Behandlungspläne im Sinne einer heuristischen Nutzung wissenschaftlicher Befunde aus der Psychotherapieforschung und angrenzenden empirischer Wissenschaften (bspw. Medizin, Neurowissenschaften) zusammenstellen. Im einfachsten Fall kann sich die Behandlungskonzeption eng an Leitlinien und Manualen orientieren. Im Falle komplexer oder gemischter Störungen wären differenziell passende Methoden und Techniken auszuwählen.

Diagnostik, Evaluation und Dokumentation des Behandlungsverlaufs – Welche klinischen Beurteilungen und/oder testdiagnostischen Evaluationsinstrumente werden eingesetzt, und wie wurde die Behandlungsplanung diesen Evaluationsergebnissen angepasst?

Um die Therapieplanung für die Erfordernisse eines Einzelfalls maßzuschneidern und sie im Sinne einer rekursiven Therapieplanung flexibel an den tatsächlichen Behandlungsverlauf anzupassen, ist parallel zum Einsatz testdiagnostischer Instrumente für eine verhaltensanalytische Fundierung zu sorgen. Dieser Aspekt kontrollierter Praxis verlangt eine explizite diagnostische Fundierung der Therapieplanung. Sowohl zu Beginn der Behandlung im Rahmen der Planungsphase als auch begleitend zum laufenden Therapieprozess werden regelmäßig Evaluationsdaten erhoben und bei der Wahl der Behandlungsschritte berücksichtigt. Die Methodenkonzeption wird demnach in jeder Phase der Behandlung also ganz spezifisch auf die individuellen Aufrechterhaltungsbedingungen zur Störung des jeweiligen Patienten bezogen. Gerade bei nicht oder gering standardisierten Behandlungsabläufen ist eine prozessbegleitende Diagnostik erforderlich und zu prüfen, ob die geplanten Interventionen konsistent zum Behandlungsplan realisiert wurden. Bei solchen atypischen Therapieabläufen ist Evaluation besonders wichtig, um die Wirksamkeit der vom Therapeuten gewählten interaktionellen und methodischen Vorgehensweisen fortlaufend zu überprüfen und im Sinne einer rekursiven Therapieplanung permanent den gegebenen Bedingungen anzupassen. Gerade dann, wenn im Therapieprozess unerwartete oder unvorhersehbare Ereignisse eintreten, werden Therapeuten flexible Indikationsentscheidungen abverlangt. Hier kann der Therapeut nicht mehr auf standardisierte Handlungsregeln in unveränderter Form zurückgreifen. Er braucht eine elaborierte Suchheuristik, mit der er aus seinem allgemeinen Be|6|handlungswissen passende Methoden und Techniken auswählt. Außerdem profitieren erfahrene Praktiker in solchen Anforderungssituationen von ihrer subjektiven Wissens- und Erfahrungsstruktur.

Adhärenz als Grad der Übereinstimmung zwischen den vom Behandler intendierten Behandlungsschritten und deren tatsächlichen Umsetzung in der Therapie – Hat der Therapeut die von ihm intendierten und mit dem Patienten vereinbarten Behandlungsschritte auch tatsächlich realisiert?

Dieser Aspekt kontrollierter Praxis kennzeichnet am direktesten den tatsächlichen Arbeitsstil eines Therapeuten und lässt sich am ehesten dadurch sicherstellen, dass dieser sich regelmäßig einer fachkundigen verfahrensbezogenen Supervision unterzieht.

Beachte:

Kontrollierte Praxis bedeutet somit keinesfalls, dass Therapeuten einem deduktiven Modell der Erklärung und Vorhersage (Stegmüller, 1974) mit strikt universellen Gesetzen zu folgen haben. Psychotherapie entspricht vielmehr einem sehr komplexen Prozess, der sich gemäß Westmeyer (2009) nur probabilistisch vorhersagen lässt.

Allerdings formuliert das Prinzip der kontrollierten Praxis explizite Qualitätsansprüche an Behandler. Das erscheint auch deshalb berechtigt, da approbierte Psychotherapeuten gemäß ihrer Berufsordnung verpflichtet sind, die Qualität ihrer „Tätigkeit im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung sicherzustellen“ (Muster-Berufsordnung der Bundespsychotherapeutenkammer, 2014, Präambel S. 4). Außerdem ist die Gewährleistung der Qualitätssicherung durch die psychotherapeutischen Leistungserbringer sozialrechtlich relevant, da sie Krankenbehandlungen zum Gutteil zulasten der Sozialversicherungen abrechnen.

Einerseits lässt sich konstatieren, dass in Deutschland spätestens seit dem Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes ein vergleichsweise sehr hohes Ausbildungsniveau etabliert wurde. Andererseits dürften im klinischen Versorgungsalltag hinsichtlich des Adhärenzkriteriums Abweichungen zwischen Anspruch und Wirklichkeit bestehen. Neudeck und Einsle (2010, S. 247) weisen auf Studien hin, die zeigen, „dass Praktiker selten manualbasierte Expositionstherapien durchführen“, obwohl diese empirisch nachgewiesen zu den wirksamsten verhaltenstherapeutischen Standardmethoden bei der Behandlung bspw. von Ängsten und Zwängen gehören. Häufig weisen Therapeuten leitliniengemäß in ihren Antragsberichten auf geplante Expositionsinterventionen hin, ohne diese dann tatsächlich in den Behandlungen zu realisieren. Vermutlich würden sie befürchten, dass es bei Anwendung dieses anfordernden Vorgehens durch ihre Patienten zu Therapieabbrüchen käme. Als weitere Barriere wird ein mangelndes Training bezüglich Expositionstherapie angegeben.

|7|Standardisierung vs. Neukonstruktion von Problemanalyse und Therapieplanung – von zwei scheinbar kontroversen Positionen zu einem verknüpften Ansatz

Ist also der Therapieplan für einen bestimmten Patienten als individuelle Neukonstruktion zu erstellen (vgl. Bruch, 2000; Caspar, 1996; Schulte, 1998; Wolpe, 1986)? Oder ist bei der Ableitung einer Fallkonzeption (ggf. unter Verzicht auf eine funktionale Verhaltensanalyse) – analog zu den in der Medizin verwendeten Leitlinien – direkt aus der klassifikatorischen Diagnosestellung ein standardisiertes therapeutisches Handeln abzuleiten? Hinsichtlich des Bezugs zu den empirischen Wissenschaften – und dabei traditionell vor allem zu den Lerntheorien – erfolgt in Lehrbüchern häufig ein historischer Hinweis auf Franks und Wilson (1978). Diese hatten die Verhaltenstherapie als explizit wissenschaftlich begründete psychologische Therapie bezeichnet.

|8|2 Diagnostik in der Verhaltenstherapie

Psychologische und psychopathologische Diagnostik sind die Voraussetzung für jede Intervention. Ein verantwortungsvoller Kliniker und Psychotherapeut wird nach einer ersten Orientierung fünf diagnostische Bereiche erwägen und ggf. durchführen:

Somatische und medizinische Diagnostik: Abklärung körperlicher Faktoren.

Psychopathologische Diagnostik: Klassifikation nach ICD-System (WHO/Dilling et al., 2014).

Biografische Diagnostik: Anamnese, Abklärung von Lebensbedingungen, Verlauf.

Eigenschafts- und Statusdiagnostik: Abklärung von Persönlichkeit, Leistungsfähigkeit.

Problemanalyse und therapiebezogene Diagnostik: funktionale Bedingungen.

Zur Beantwortung dieser vielfältigen und vielschichtigen Fragen stehen zahlreiche, evaluierte und normierte diagnostische Tests, Selbst- und Fremdbeurteilungsinstrumente, Interviews, Verhaltensbeobachtungen, Selbstbeobachtungen („ambulatory assessment“) und computergesteuerte Verfahren zur Verfügung.