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Das ideale Kompendium zu allen Querschnittsthemen in puncto Produktions- und Qualitätsmanagement
Dieses Buch ist eine Einführung in das Produktions- und Qualitätsmanagement. Es behandelt alle wichtigen Grundbegriffe dieser zwei eng miteinander verzahnten Schlüsselprozesse im Unternehmen.
- Lernen Sie die Grundlagen der Fertigungsorganisation, Arbeitsplanung und der Produktionsplanung und -steuerung kennen
- Optimieren Sie Ihre Prozesse mit Lean-Production-Management und setzen Sie auf moderne Logistikkonzepte, hier stehen die Basics
- Eignen Sie sich ein ganzheitliches Qualitätsverständnis an und erfahren Sie alles zum Aufbau und zur Einführung integrierter Managementsysteme
- die wichtigsten Werkzeuge und Methoden des Qualitätsmanagements kurz und praxisnah erklärt
Produktion und Qualität - zwei Kernbereiche, die nur miteinander funktionieren. Hier erfahren Sie, wie.
Dieses Einsteigerbuch ermöglicht es Ihnen in kürzester Zeit, alle Begriffe, Aufgaben und Lösungswege für das Management von Produktion und Qualität richtig zu verstehen und einzuordnen. Durch die zweigleisige Annäherung an das Thema erschließen sich Zusammenhänge, die für die Berufspraxis unverzichtbar sind.
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Wilfried Sihn, Alexander Sunk, Tanja Nemeth, Peter Kuhlang, Kurt Matyas
Produktion und Qualität
Organisation, Management, Prozesse
1. Auflage
Praxisreihe Qualitätswissen
Die Autoren:
Wilfried Sihn ist Professor am Institut für Managementwissenschaften der Technischen Universität Wien und leitet den Bereich Betriebstechnik und Systemplanung. Außerdem leitet er die Fraunhofer Austria Research GmbH mit dem Geschäftsbereich Produktions- und Logistikmanagement.Alexander Sunk und Tanja Nemeth sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Managementwissenschaften, Bereich Betriebstechnik und Systemplanung der Technischen Universität Wien sowie bei der Fraunhofer Austria Research GmbH, Geschäftsbereich Produktions- und Logistikmanagement.Peter Kuhlang leitet das MTM-Institut und die MTM-Akademie der Deutschen MTM-Vereinigung e.V. Ebenfalls lehrt er an der Technischen Universität Wien und der Montanuniversität Leoben.Kurt Matyas ist Vizerektor für Lehre an der Technischen Universität Wien sowie Universitätsprofessor am Institut für Managementwissenschaften, Bereich Betriebstechnik und Systemplanung.
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Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen, Verfahren und Darstellungen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine juristische Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.
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© 2016 Carl Hanser Verlag Münchenwww.hanser-fachbuch.de
Lektorat: Dipl.-Ing. Volker Herzberg Herstellung: Cornelia Rothenaicher Umschlagrealisation: Stephan Rönigk
ISBN 978-3-446-44735-6 E-Book ISBN 978-3-446-44991-6
Verwendete Schriften: SourceSansPro und SourceCodePro (Lizenz) CSS-Version: 1.0.1
Titelei
Impressum
Inhalt
Vorwort
1 Grundlagen des Produktions- und Qualitätsmanagements
1.1 Historische Entwicklungen
1.2 Überblick über die Organisation eines Unternehmens
1.2.1 Leitungssysteme
1.2.2 Organisationsformen
1.2.3 Unternehmensführung
1.2.4 Vision, Mission, Werte und Strategie eines Unternehmens
1.2.5 Zieldefinition und -problematik
1.3 Der Wertschöpfungsprozess
1.4 Weitere Begriffsbestimmungen
1.4.1 Produktentstehungsprozess (PEP)
1.4.2 Arbeitssysteme
1.4.3 Industrial Engineering
2 Grundlagen der Fertigungsorganisation
2.1 Arbeitsteilung
2.1.1 Geschichte der Arbeitsteilung
2.1.2 Art- und Mengenteilung
2.1.3 Arbeitsstrukturierung
2.2 Fertigungstypen
2.2.1 Einzelfertigung
2.2.2 Serienfertigung
2.2.3 Massenfertigung
2.2.4 Kontinuierliche Fertigung oder Prozessfertigung
2.3 Fertigungsprinzipien
2.3.1 Verrichtungsprinzip
2.3.2 Flussprinzip
2.3.3 Platzprinzip ‒ Baustellenfertigung
2.3.4 Gruppenprinzip ‒ Zentrenfertigung
3 Arbeitsplanung
3.1 Aufgaben der Arbeitsplanung
3.1.1 Erzeugnisgliederung ‒ Stücklistenerstellung
3.1.2 Arbeitsplanerstellung
3.1.3 Arbeitsmittelplanung
3.1.4 Arbeitsstättenplanung
3.1.5 Bedarfsplanung je Einheit
3.1.6 Arbeitskostenplanung
3.1.7 Investitionsplanung als langfristige Planungsaufgabe
3.2 Taktabstimmung: Planung einer Fließproduktion
3.2.1 Maximal zulässige Taktzeit
3.2.2 Minimale Anzahl der Stationen (Personen)
3.2.3 Optimale bzw. Soll-Taktzeit
3.2.4 Vorranggraf und Vorrangmatrix
3.2.5 Zuteilung von Arbeitsvorgängen zu Arbeitsstationen
3.2.6 Heuristische Regeln zur Bandabgleichung
3.2.7 Beispiel zur Rangwert-Methode
3.2.8 Bandwirkungsgrad
4 Produktionsplanung und -steuerung (PPS)
4.1 Grundproblematik der PPS
4.1.1 Zielverschiebung
4.1.2 Zielkonflikte in der Produktionsplanung und -steuerung
4.2 Überblick über die Aufgaben der PPS
4.3 Planungsaufgaben der PPS
4.3.1 Produktionsprogrammplanung
4.3.2 Mengenplanung
4.3.3 Termin- und Kapazitätsplanung
4.4 Allgemeine Steuerungsaufgaben der PPS
4.4.1 Auftragsveranlassung
4.4.2 Auftragsüberwachung
4.4.3 Entscheidung über Eigen- oder Fremdfertigung
4.4.4 Datenverwaltung
4.5 Aachener PPS/ERP-Modell
4.6 Modell zur Fertigungssteuerung
4.6.1 Aufgaben
4.6.2 Stellgrößen
4.6.3 Regelgrößen
4.6.4 Logistische Zielgrößen
4.7 Steuerungskonzepte in der PPS
4.7.1 Grundlegende Steuerungsprinzipien
4.7.2 Just-In-Time (JIT)
4.7.3 Just-In-Sequence (JIS)
4.7.4 KANBAN
4.7.5 Fortschrittzahlen
4.7.6 Belastungsorientierte Auftragsfreigabe (BOA)
4.7.7 Constant Work in Process-Steuerung (Conwip)
4.7.8 Engpass-Steuerung
5 Produktionskennlinien
5.1 Überbegriff „Logistische Kennlinien“
5.2 Trichtermodell
5.2.1 Kennzahlen für Produktionskennlinien
5.2.2 Trichtermodell und Durchlaufdiagramm
5.3 Ideale Produktionskennlinien
5.3.1 Idealer Mindestbestand
5.3.2 Maximal mögliche Leistung
5.3.3 Konstruktion idealer Kennlinien
5.4 Approximierte Produktionskennlinien
5.4.1 Approximierte Leistungskennlinien
5.4.2 Approximierte Kennlinien für Zeitgrößen
5.4.3 Anwendungsvoraussetzungen und Parameter
5.5 Einsatzmöglichkeiten von Produktionskennlinien
5.5.1 Logistische Positionierung
5.5.2 Produktionscontrolling
5.5.3 Anwendung in der PPS
5.5.4 Auswahl von Planungs- und Steuerungsstrategien
5.5.5 Auswahl der Produktionsstruktur
6 Lean Management
6.1 Von Lean Production zu Lean Management
6.2 Vermeidung von Verschwendung
6.3 Produktionssysteme
6.3.1 Definition Produktionssystem
6.3.2 Das Wesen und die Bestandteile von Produktionssystemen
6.3.3 Das Toyota Produktionssystem (TPS)
6.3.4 Fraunhofer Produktionssystem
6.3.5 GPS der Deutschen MTM-Vereinigung
6.4 Methoden der Lean Production
6.4.1 Wertstromdesign („Value Stream Mapping“)
6.4.2 Single Minute Exchange of Die (SMED)
6.4.3 Poka Yoke
7 Grundlagen der Logistik
7.1 Begriffsabgrenzung
7.2 Ziele der Logistik
7.3 Logistische Systeme
7.4 Funktionsbereiche der Logistik
7.5 Kernbausteine der Logistik
7.5.1 Kernbaustein „Lagern“
7.5.2 Kernbaustein „Kommissionieren“
7.5.3 Kernbaustein „Fördern“
7.5.4 Kernbaustein „Transportieren“
7.5.5 Kernbaustein „Umschlagen“
7.6 Distributionslogistik
7.6.1 Kenngrößen der Distributionslogistik
7.6.2 Distributionskette
7.7 Materialwirtschaft
7.7.1 Ziele und Objekte der Materialwirtschaft
7.7.2 Analyseinstrumente der Materialstrukturierung
7.8 Beschaffungslogistik
7.8.1 Strategische Gestaltungsfelder der Beschaffung
7.8.2 Operative Gestaltungsfelder der Beschaffung
8 Ganzheitliches Qualitätsverständnis
8.1 Qualitätsmanagement nach DIN ISO 9000
8.1.1 Der Qualitätsbegriff
8.1.2 Begriffsabgrenzungen im Qualitätsmanagement
8.1.3 Normenüberblick zum Thema Qualitätsmanagement
8.1.4 8 Grundsätze des Qualitätsmanagements ‒ DIN EN ISO 90001
8.2 KANO-Modell der Kundenzufriedenheit
8.3 Kontinuierliche Verbesserung
8.3.1 KAIZEN
8.3.2 Betriebliches Vorschlagswesen (BVW)
8.3.3 Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP)
8.3.4 Verbesserungsarbeit in Gruppen
8.3.5 Corporate Capability Management (CCM)
8.4 Qualitätsbezogene Kosten
8.4.1 Kostenkategorien des Qualitätsmanagements
8.4.2 Qualitätsbezogene Kostenarten
8.4.3 Modelle der qualitätsbezogenen Kosten
8.4.4 Nutzen des Qualitätsmanagements
8.4.5 Qualitätsbezogene Leistungsarten
9 Werkzeuge und Methoden des Qualitätsmanagements
9.1 Grundlegende Werkzeuge des Qualitätsmanagements
9.1.1 Die sieben Qualitätswerkzeuge (Q7)
9.1.2 Die sieben neuen Managementwerkzeuge (M7)
9.1.3 Die 6W-Hinterfragetechnik
9.1.4 5S-Programm
9.2 Einführung in fortschrittliche Methoden des Qualitätsmanagements
9.2.1 Methodengliederung in Folge des Produktentstehungsprozesses
9.2.2 Integrierte Produktentwicklung
9.2.3 Fehler-Möglichkeits- und Einfluss-Analyse (FMEA)
9.2.4 Quality Function Deployment (QFD)
9.2.5 Null-Fehler-/ Six Sigma-Management
10 Qualitätsmanagementsysteme
10.1 Mit Konzepten und Modellen ein spezifisches QMS entwickeln
10.2 Total Quality Management als Konzept für ein QMS
10.2.1 Historische Entwicklung von TQM
10.2.2 Begriffsbestimmung
10.2.3 Einführung von TQM
10.3 Excellence als Konzept für ein QMS
10.4 Der prozessorientierte Ansatz der ISO 9001 als Modell für ein QMS
10.4.1 Begriffsbestimmungen
10.4.2 Die Einbeziehung des prozessorientierten Ansatzes
10.5 Das EFQM-Modell für Excellence als Modell eines QMS
10.5.1 Modellbeschreibung
10.5.2 RADAR-Logik
10.5.3 Der unternehmerische Regelkreis
10.5.4 Schlüsselprozesse
10.5.5 Gegenüberstellung der ISO 9000 und EFQM-Modell
10.5.6 Levels of Excellence
10.5.7 Selbstbewertung
10.6 Qualitätspreise als Modelle für ein QMS
10.6.1 Nutzen von Qualitätspreisen
10.6.2 Kritische Reflexion von Qualitätspreisen
10.7 Aufbau und Einführung eines QMS
10.7.1 Systemverständnis bezüglich QMS
10.7.2 Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems
10.7.3 Einführung eines Qualitätsmanagementsystems
10.7.4 Audit
10.7.5 Zertifizierung
10.7.6 Management Review
11 Integrierte Managementsysteme
11.1 Geschichtliche Entwicklung
11.1.1 Diversifizierung
11.1.2 Integration
11.2 Integrationskomponenten eines IMS
11.2.1 Arbeitsschutz- und Sicherheitsmanagementsystem (AMS)
11.2.2 Umweltmanagementsystem (UMS)
11.2.3 Risikomanagementsystem (RMS)
11.2.4 Energiemanagementsystem (EnMS)
12 Produktionsinstandhaltung
12.1 Instandhaltung im Wandel
12.1.1 Erste Generation
12.1.2 Zweite Generation
12.1.3 Dritte Generation
12.1.4 Heute: Vierte Generation
12.2 Maßnahmen der Instandhaltung
12.2.1 Begriffe
12.2.2 Inspektion
12.2.3 Wartung
12.2.4 Instandsetzung
12.2.5 Verbesserung
12.3 Kostenbetrachtung
12.4 Ausfallrate
12.5 Instandhaltungsstrategien
12.6 Total Productive Management (TPM)
13 Zeitstudium
13.1 Begriffsdefinition von Zeitstudium
13.2 Weitere Begriffsbestimmungen
13.3 Gliederung der Auftragszeit und der Belegungszeit
13.3.1 Die Auftragszeit
13.3.2 Die Belegungszeit
13.4 Einteilung und Beschreibung ausgewählter Zeitermittlungsmethoden
13.4.1 Selbstaufschreibung
13.4.2 Multimomentaufnahme
13.4.3 Befragen
13.4.4 Zeitmessung
13.4.5 Zeitaufnahme
13.4.6 Schätzen/Vergleichen
13.4.7 Berechnen
13.4.8 Prozessbausteinsysteme (Systeme vorbestimmter Zeiten)
13.4.9 Planzeiten
14 Kennzahlen und Kennzahlensysteme
14.1 Kennzahlen ‒ Definitionen
14.2 Funktion von Kennzahlen
14.3 Risiken von Kennzahlen
14.4 Kennzahlkategorien
14.5 Kennzahlarten
14.6 Darstellung von Kennzahlen
14.7 Praxisrelevante Kennzahlen
14.7.1 Kennzahlen im Produktionsmanagement
14.7.2 Kennzahlen im Qualitätsmanagement
14.8 Kennzahlensysteme ‒ Definition
14.9 Traditionelle Kennzahlensysteme
14.10 Anforderungen an ein Kennzahlensystem
14.11 Praxisrelevante traditionelle Kennzahlensysteme
14.11.1 DU-PONT-Kennzahlenmodell
14.11.2 Return-on-Quality
14.12 Performance Measurement
14.13 Balanced Scorecard
14.13.1 Die Perspektiven der Balanced Scorecard
14.13.2 Finanzperspektive
14.13.3 Kundenperspektive
14.13.4 Interne Prozessperspektive
14.13.5 Lern- und Entwicklungsperspektive (Wissensperspektive)
14.13.6 Ausschnitt einer Balanced Scorecard
14.13.7 Ursachen-Wirkungskette
14.13.8 Grundregeln für die Einführung der Balanced Scorecard
15 Technologie- und Variantenmanagement
15.1 Grundlagen des Technologiemanagements
15.1.1 Begriffe und Definitionen
15.1.2 Elemente des Technologiemanagements
15.2 Grundlagen des Variantenmanagements
15.2.1 Begriffe und Definitionen
15.2.2 Variantenmanagement
15.2.3 Komplexitätskosten
15.2.4 Komplexitätstreiber
15.2.5 Methoden des Variantenmanagements
16 Literaturverzeichnis
17 Abbildungsverzeichnis
18 Tabellenverzeichnis
19 Formelverzeichnis
20 Abkürzungsverzeichnis
Vorwort
Produktion und Qualität sowie deren operatives und strategisches Management sind seit jeher eng miteinander verbunden. Weiterentwicklungen in einer Disziplin wurden in die jeweils andere übernommen und an deren spezielle Gegebenheiten angepasst. Auch haben Denkweisen, Methoden und Werkzeuge beider Disziplinen in anderen betrieblichen Anwendungsbereichen Einzug gefunden und werden noch immer erfolgreich angewandt. Trotzdem ‒ oder gerade deswegen ‒ sind diese beiden Disziplinen sowohl in der Literatur und auch in universitären Lehrplänen getrennt voneinander aufzufinden. Das vorliegende Buch „Produktion und Qualität ‒ Organisation, Management, Prozesse“ bietet einen grundlegenden Einblick in das strategische und operative Managen von produzierenden Unternehmen und deren Prozessen. Es zeigt zudem Entwicklungen im Rahmen von „Industrie 4.0“ als auch neue Ansätze der Ideengewinnung im Rahmen des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) auf.
Dieses Buch richtet sich sowohl an Praktiker, die ihr Fachwissenvertiefen und aktualisieren wollen, als auch an Studierende techno-ökonomischer Studienrichtungen an Universitäten und Fachhochschulen. Dieses Buch vermittelt umfangreiches Grundlagenwissen vermitteln, um sich ein Bild über betriebliche Gegebenheiten und Problemstellungen verschaffen zu können ‒ und um diese verstehen zu können. Besonderes Augenmerk wird auf die Vermittlung von System- und Methodenkompetenz gelegt, damit Leserinnen und Leser durch die erworbene Expertise für das Lösen praktischer Aufgabenstellungen gerüstet werden.
Das vorliegende Buch ist das Resultat eines langjährigen Entstehungsprozesses und wurde am Institut für Managementwissenschaften (IMW), Bereich für Betriebstechnik und Systemplanung an der TU Wien verfasst. Ein großes Dankeschön möchten wir an dieser Stelle Herrn Univ.-Doz. Dr. Franz J. Brunner aussprechen, dessen unaufhörliche Begeisterung für das Thema sowie sein Tatendrang uns dazu ermutigt haben dieses Buch zu veröffentlichen. Darüber hinaus haben uns sowohl sein „Taschenbuch Qualitätsmanagement ‒ Leitfaden für Studium und Praxis“ als auch die gesamte „Praxisreihe Qualitätswissen“ inspiriert und wertvolle Inhalte und Anregungen geliefert.
Einbesonderer Dank gilt Klaudia Kovacs, die uns in den letzten Wochen und Monaten mit sehr viel Engagement und Gewissenhaftigkeit bei der finalen Aufbereitung der Grafiken und Überarbeitung der Texte unterstützt hat.
Viel Freude beim Lesen!
Wien, April 2016
Wilfried Sihn, Alexander Sunk, Tanja Nemeth, Peter Kuhlang, Kurt Matyas
Dieses Kapitel beschreibt einerseits die historischen Entwicklungen im Produktions- und Qualitätsmanagement bis hin zum heutigen State-of-the-art. Andererseits werden grundlegende Begriffe definiert und voneinander abgegrenzt, auf denen in den unterschiedlichen Kapiteln immer wieder Bezug genommen wird.
1.1 Historische Entwicklungen1Produktionsmanagement per se ist kein neues Konzept. In der Praxis war schon beim Bau der ägyptischen Pyramiden Produktions- und auch Projektmanagement unabdingbar, um ein solches Projekt erfolgreich beenden zu können. Vorläufer von Unternehmen nach heutigem Verständnis gab es bereits im römischen Reich zur Herstellung von Rüstungen und Tonwaren. Nichtsdestotrotz herrscht in der Literatur weitgehende Einigkeit darüber, dass das moderne Management mit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert entstanden ist. Der Grundstein für die erste industrielle Revolution bildete die Entwicklung der Dampfmaschine 1784. Aber auch neue ökonomische Ideen wie „The Wealth of Nations“ (1776) von Adam SMITH spielten eine tragende Rolle. Mit der Elektrifizierung der Produktion erfolgte die zweite industrielle Revolution. Es wurden Fließbänder mit elektrischem Antrieb entwickelt und in verschiedenen Bereichen eingesetzt. Als Initialzündung wird heute die Einführung einer Fließbandproduktion in einem Schlachthof 1870 in den USA verstanden. Die dritte industrielle Revolution begann mit der Integration von IKT Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in die Produktion, als SPS-Steuerungen betriebliche Abläufe automatisieren konnten.
Aktuell befinden wir uns in der vierten industriellen Revolution mit dem Titel „Industrie 4.0“. Ausgehend vom deutschsprachigen Raum werden damit Innovationen in Produkten, Produktionstechnologien und Prozessen vorangetrieben, um damit zum Nutzen für den Kunden neuartige Services und Produkte anbieten zu können. Moderne IKT ‒ Stichwort „Cloud Computing“ ‒ soll dabei die vollständige Vernetzung von der realen Produktion mit einer virtuellen Planungsumgebung in Echtzeit ermöglichen. Im Rahmen von zahlreichen Forschungsprojekten wird derzeit an Lösungen für Unternehmen und Kunden gearbeitet. Abgesehen vom Produktions- und Qualitätsmanagement werden Themen wie Datensicherheit, Übertragungsstandards, Datenqualität und damit die vollständige Integration von bestehenden, oft isolierten Insellösungen behandelt. Im amerikanischen Raum wird diese Revolution ähnlich gesehen und unter dem Namen „Advanced Manufacturing“ geführt.
Bild 1.1 Die vier Stufen der industriellen Revolution2
Für viele Neuerungen und Entwicklungen in der Managementwissenschaft spielt die Automobilindustrie eine tragende Rolle. Analog zu den vier Stufen der industriellen Revolution gibt es auch Revolutionen in diesem nach Innovationen strebendem Sektor, die im Nachhinein als solche definiert wurden.
Henry FORD führte bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts systematische Verbesserungen bei den Fertigungsverfahren und der Arbeitsorganisation ein. Er orientierte sich dabei an der „wissenschaftlichen Betriebsführung“ von Frederic Winslow TAYLOR. Mit dem Funktionsmeistersystem (erste Mehrliniensysteme), der Standardisierung von Bauteilen und Portionierung der Arbeit in einfache, überschaubare und leicht kontrollierbare Tätigkeiten wurden damals überwältigende Produktivitätssteigerungen erreicht.
Nach dem 2. Weltkrieg erfolgte ein Wandel der Märkte von Verkäufermärkten zu Käufermärkten. Kunden verlangten Produkte, die stärker auf ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmt waren. Mit den herkömmlichen Methoden der Massenfertigung ließ sich dies jedoch nicht erreichen. Ausgehend von der japanischen Automobilindustrie, kam es daher zu der so genannten zweiten Revolution in der Automobilindustrie, die in den 1990er Jahren auch unter der Bezeichnung Lean Production bekannt wurde. In den letzten 30 Jahren wurde aufgrund des raschen technologischen Fortschritts eine Vielzahl von neuen Produktionssystemen entwickelt (siehe ).
Bild 1.2 Entwicklung der Produktion3
Auch das Qualitätsmanagement kann auf eine Historie bis ins alte Ägypten zurück blicken, als Zeichnungen vom Pyramidenbau und Längenmessungen von qualifizierten Messkräften durchgeführt wurden. Die Wurzeln des heutigen Qualitätsmanagements gehen jedoch auf die USA der 1920er und 1930er Jahre zurück. Der Taylorismus hatte einen schädlichen Einfluss auf die Produktqualität. Die strikte Arbeitsteilung und somit Trennung der Bestimmungsgrößen Zeit, Kosten, Menge und Qualität hatte zur Folge, dass es z. B. in der Fertigung nicht mehr darauf ankam, fehlerfreie Produkte zu erstellen, sondern nur „einfach durch die Qualitätskontrolle zu kommen“. Um diesem Problem entgegen zu wirken, wurden statistische Prüfungen („Economic Control of Quality“4) und Stichprobenpläne und -tests (Shewhart-Regelkarten: „Statistical Process Control“) eingeführt. In den 1950er und 1960er Jahren drang die Philosophie des Vorbeugens und der kontinuierlichen Verbesserung aus Japan durch, welches auch unter dem Begriff Kaizen5 bekannt wurde. Qualität war hier nicht mehr nur für die Abteilung Qualitätskontrolle beschränkt, sondern auch Mitarbeiter wurden mit in die Verantwortung genommen und qualitätsorientiert motiviert. Die Industrialisierung des Handels und die Globalisierung führten in den 1980er Jahren zu einem radikalen Wandel. Die Prüfung der Produktqualität reichte nicht mehr aus, die Beherrschung der gesamten Prozesskette vom Zulieferer bis zum Kunden wurde zur Managementaufgabe. Die Unternehmen mussten sich ganzheitlich auf Qualitätsmanagement konzentrieren. Dies führte zu einer Fülle von Qualitätssicherungssystemen. In den 1990er Jahren wurde zwecks der Vereinheitlichung die bis heute gültige ISO-9000-Reihe und das ISO-Zertifizierungssystem entwickelt. So wird das kundenorientierte Qualitätsmanagement als ganzheitliche Aufgabe gesehen, in der alle Prozesse eines Unternehmens im Zusammenhang mit der Kundenzufriedenheit stehen (siehe Bild 1.3).6
Bild 1.3 Entwicklungen und Meilensteine im Qualitätswesen
Im Hinblick auf die bestmögliche Erfüllung der betrieblichen Ziele ist es erforderlich, dafür zu sorgen, dass die verschiedenen Teilaufgaben nicht isoliert und unkoordiniert erreichen werden. Dies geschieht im weitesten Sinne durch die Schaffung einer Organisation. In dieser Organisation werden Anordnungs- und Kontrollbeziehungen sowie Kommunikationsbeziehungen verschiedener Art erfasst.7
Eine Organisation ist definiert, als die „auf Dauer angelegte, planvolle und methodische Zuordnung von Mensch und Sachmittel, um für deren bestmögliches Zusammenwirken zum Zwecke der dauerhaften Erreichung vorgegebener Ziele, die günstigsten Bedingungen zu schaffen."8
Organisation muss immer mit Blick auf das Unternehmen als Ganzes gesehen werden. Entsprechend den beiden zentralen Aufgabenbereichen der Organisation, Betriebsaufbau und Arbeitsablauf im Betrieb unterscheidet man Aufbauorganisation und Ablauforganisation.
Die Aufbauorganisation gliedert das Unternehmen in organisatorische Teileinheiten (Abteilungen, Stellen, Gremien), ordnet ihnen Aufgaben und Kompetenzen zu und sorgt für die Koordination der einzelnen Teileinheiten.9
Gegenstand der Ablauforganisation ist der Ablauf des betrieblichen Geschehens und die Ausübung der betrieblichen Funktionen innerhalb der Teileinheiten. Im Mittelpunkt steht hierbei die Arbeit als zielbezogene menschliche Handlung, aber auch die Ausstattung der Teileinheiten mit den zur Aufgabenerfüllung notwendigen Informationen und Sachmittel.10
Während durch die Aufbauorganisation eine klare Verteilung und Abgrenzung der betrieblichen Aufgaben herbeigeführt und damit eine bestimmte Ordnung der Zuständigkeit und Verantwortung erreicht werden soll, versteht man unter Ablauforganisation die Ordnung der Arbeitsabläufe in zeitlicher und räumlicher Hinsicht.
1.2.1 Leitungssysteme11Jede Stelle mit Leitungsbefugnis, das heißt mit Anordnungsgewalt über andere Stellen, wird als Instanz bezeichnet. Der Instanzenaufbau ist dokumentiert durch die hierarchische Rangordnung der einzelnen Stellen. Die Anzahl der Rangstufen, auch als Instanzentiefe bezeichnet, hängt in der Regel von der Unternehmensgröße ab. Die Lenkungsspanne oder Leitungsspanne gibt an, wie groß die Zahl der Stellen sein soll, die einer gemeinsamen Leitungsinstanz unterstellt werden sollen. Die Leitungsspanne ist von der Aufgabenstellung der einzelnen Stellen sowie von den Kommunikations- und Kontrollmöglichkeiten abhängig. Sie wird überdies auf höheren Rangstufen geringer sein als auf unteren.
Durch das Leitungssystem in dem Unternehmen werden dessen Befehlswege (der Instanzenzug) und in bestimmter Form das Verhalten derjenigen festgelegt, die an die im Instanzenzug übermittelten Anordnungen gebunden sind. Typische Leitungssysteme sind in der Folge kurz erläutert:
1.2.1.1 Einliniensystem12Das Einliniensystem (siehe Bild 1.4) ist die straffste Organisationsform. Bei diesem System liegt ein durchgehender Befehlsweg („Linie“) von der obersten unternehmerischen Leitungsstelle bis zum Verrichtungsträger auf der untersten Ebene vor. Man nennt dieses System deshalb auch: „Prinzip der Einheit der Auftragserteilung“.
Bild 1.4 Einliniensystem13
Vorteile des Einliniensystems:
Relativ einfacher organisatorischer Aufbau
Eindeutige Unterstellungsverhältnisse
Klare Abgrenzung der Kompetenz- und Verantwortungsbereiche
Hohe Transparenz bezüglich der Aufgabenverteilung
Genauer Instanzenweg
Nachteile:
Fehlende Dynamik
Lange Instanzenwege
Starke Beanspruchung der jeweiligen Vorgesetzten
Probleme bei der Informationsfilterung
Unflexible Entscheidungsfindungen
1.2.1.2 Mehrliniensystem14Im Gegensatz zum Einliniensystem erhält beim Mehrliniensystem (siehe Bild 1.5) jede Organisationseinheit Weisungen von mehreren übergeordneten Stellen. Das Mehrliniensystem bezeichnet man auch als „Prinzip des kürzesten Weges“.
Bild 1.5 Mehrliniensystem15
Vorteile des Mehrliniensystems:
Spezialisierung durch Aufteilung der einzelnen Funktionen auf mehrere Vorgesetzte
Kurze Weisungs- und Informationswege
Große Beweglichkeit der Führungskräfte
Nachteile:
Gefahr der Aufgabenüberschneidung
Gefahr der Überschneidung, wenn Kompetenzen der Führungskräfte nicht klar getrennt sind
Mehrere Vorgesetzte können leistungshemmend auf einen Mitarbeiter wirken
1.2.1.3 Stabliniensystem16Das Stabliniensystem (Bild 1.6) beruht im Grundsätzlichen auf der Konstruktion des Einliniensystems, das um Stabstellen (grünes Dreieck) ergänzt wird. Stabstellen haben lediglich beratende Funktionen und in der Regel keine Weisungsbefugnis. Die Stäbe sind für grundlegende Probleme zuständig und sollen die Instanzen entlasten, indem sie die anstehenden Entscheidungen vorbereiten.
Bild 1.6 Stabliniensystem17
Vorteile des Stabliniensystems:
Einheitlicher Instanzenweg
Einschaltung von Spezialisten
Klare Zuständigkeitsverhältnisse
Nachteile:
Konfliktgefahr durch unterschiedlichen Zeithorizont und Sachverstand zwischen Stab und Linie
Linie setzt Ideen der Stabsstellen evtl. nicht um
Keine wirksame Einflussnahme auf die Linie durch fehlende Entscheidungsbefugnis des Stabes
1.2.2 Organisationsformen1.2.2.1 Funktionale Organisation18Bei der funktionalen Organisation (siehe Bild 1.7) werden die Bereiche, die unmittelbar der Unternehmensführung unterstellt sind, nach den wichtigsten Funktionen untergliedert (Beschaffung, Konstruktion, Produktion, Verkauf usw.). Die Grundlage bildet dabei ein Einlinien- oder Stabliniensystem.
Bild 1.7 Klassische funktionale Organisation19
Vorteile der funktionalen Organisation:
Spezialisierung durch Zusammenfassen ähnlicher Tätigkeiten
Größenvorteile (so kann z. B. der Einkauf für alle Produkte erfolgen)
Begrenzter Bedarf an fachlich spezialisierten Führungskräften
Einfache Strukturen mit klar abgegrenzten, gut kontrollierbaren Aufgabenbereichen
Nachteile:
Hoher Koordinationsbedarf wegen den vielen Schnittstellen
Einzelne Funktionsbereiche sind stark abhängig von den Leistungen der anderen Bereiche
Bereichsegoismen/Silo-Effekt (es wird nur auf die eigene Abteilung Rücksicht genommen ‒ der Blick auf das Gesamte geht verloren, siehe Bild 1.7)
Bei Pannen → gegenseitige Schuldzuweisungen
Die Bild 1.8 zeigt die negativen Eigenschaften einer funktionalen Organisationsgliederung.
Bild 1.8 Negative Eigenschaften funktionaler Organisationsgliederungen
Bei divisionalen Organisationen (Regionalorganisation) wird das Gesamtunternehmen in einzelne Sparten bzw. Divisionen durch Anwendung des Objektprinzips unterteilt. Diese Sparten können gebildet werden durch gleichartige Produkte oder Produktgruppen, Kundengruppen oder geographische Regionen. Funktionen wie beispielsweise Finanzwesen und Personalwesen werden zentral in den Zentralabteilungen geführt (siehe Bild 1.9).
Bild 1.9 („Multi“-) divisionale Organisationsform21
Vorteile der divisionalen Organisation:
Ungeteilte Konzentration auf Produkte, Kunden oder Regionen
Sehr gute Kenntnisse der Produkte, Kunden oder Regionen
Leichte Steuerung
Nachteile:
Gefahr von Doppelgleisigkeiten (mehrfach benötigte Funktionen, Verlust von Größenvorteilen)
Mögliches Konkurrenzdenken zwischen den Sparten
Erschwerte Kapazitätsauslastung
Erschwerte Integration neuer Produkte, Kunden oder Märkte
1.2.2.3 Matrixorganisation22Eine Matrixorganisation (siehe Bild 1.10) ist eine Form der Mehrlinienorganisation, bei der auf derselben hierarchischen Ebene zwei unterschiedliche Gliederungsprinzipien kombiniert werden. Die Verrichtungsgliederung (Gliederung nach Funktionsbereichen wie z. B. Verkauf, Produktion oder Marketing) bildet die vertikale Dimension (die Linieninstanz). Im Gegensatz dazu bildet die Objektgliederung (Gliederung nach Märkten, Produkten oder Regionen) die horizontale Dimension (die Matrixinstanz). Die in den Schnittpunkten angesiedelten Matrixstellen müssen sowohl Aufgaben für die Matrixinstanz als auch für die Linieninstanz erfüllen.
Bild 1.10 Matrixorganisation23
Vorteile der Matrixorganisation:
Innovative Problemlösungen unter Berücksichtigung von unterschiedlichen Standpunkten
Kurze Kommunikationswege
Flexible Anpassung der Organisation an die Markt- und Wettbewerbserfordernisse
Vorrang der Sachkompetenz vor der hierarchischen Stellung
Nachteile:
Gefahr von Kompetenzkonflikten und Machtkämpfen
Hoher Kommunikationsbedarf
Schwerfällige, lange dauernde Entscheidungsfindungen
Gefahr zu vieler Kompromisse
Großer Bedarf an qualifizierten Führungskräften
Zurechnungsprobleme für Erfolg und Misserfolg
1.2.2.4 Prozessorientierte Organisation24Die prozessorientierte Organisation (siehe Bild 1.11) verlangt eine konsequente Ausrichtung der Organisation auf die Geschäftsprozesse. Konsequente Prozessausrichtung beinhaltet, dass die Gesamtverantwortung für die Prozesse bei einem Prozessverantwortlichen liegt und dieser zu entscheiden hat, wie die Prozesse umgesetzt werden. Die funktionale Gliederung des Unternehmens wird dabei de facto aufgehoben. Funktionen sind nur noch als Stabstellen zu verstehen, die bestimmte Teilprozesse bearbeiten und Spezialaufgaben übernehmen. Dies können fachliche Aufgaben oder bestimmte übergreifende Aufgaben sein. Der Wechsel von der vertikalen Organisation zur horizontalen Organisation wird vollzogen.
Bild 1.11 Prozessorientierte Organisation25
Die Prozessverantwortlichen (Process-Owners) spielen in der prozessorientierten Organisation eine zentrale Rolle. Er ist für die Steuerung und Optimierung des Prozesses verantwortlich. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehören:
Kontinuierliche Prozessverbesserung initiieren und verfolgen
Tägliche Steuerung und Optimierung des Prozesses
Berichterstattung zur Prozesszielerreichung
Einschulung neuer Mitarbeiter hinsichtlich des Prozesses und seiner Vorgaben
Ernennung und Führung von Teilprozessverantwortlichen
Koordination mit anderen Prozessnahtstellen
Einberufung von regelmäßigen Prozessteammeetings
Wie in der nachfolgenden Bild 1.12 schematisiert, verantwortet der Prozessverantwortliche die interfunktionale Abdeckung sämtlicher, vorzugsweise operativer, Unternehmensbereiche, die mit dem betrachteten Prozess in Verbindung stehen.
Bild 1.12 Zuständigkeit des Prozessverantwortlichen
Die beschriebenen Organisationsformen können als Rahmen betrachtet werden, in dem der Vorgang der Unternehmensführung, der ja nichts anderes als ein Entscheidungs- und Problemlösungsprozess ist, abläuft. Unter Führung wird eine personenbezogene Handlung verstanden, bei der eine oder mehrere Personen auf andere Personen einwirken, um bestimmte Ziele zu erreichen. Vor jeder Einwirkung (Anweisung) ist aber die Art der Einwirkung zu entscheiden. War es früher möglich sich bei Entscheidungen allein auf die Intuition zu verlassen, erfordern heute komplexe Vorgänge eine Vorbereitung, in der Informationen aus Unternehmen und Umwelt zunächst gewonnen und anschließend in einem Willensbildungsprozess (Problemlösungsprozess) entscheidungsreif verarbeitet werden.
Der Vorgang der Unternehmensführung lässt sich daher als Folge von
Informationsgewinnung,
Willensbildung (Problemlösung),
Entscheidung,
Willensdurchsetzung (Anweisung) in
Richtung bestimmter Ziele
auffassen.
1.2.4 Vision, Mission, Werte und Strategie eines Unternehmens26Bild 1.13 Werte, Vision, Mission
Grundsätzlich müssen Unternehmen und somit auch deren Mitarbeiter folgenden Punkten auseinandersetzen:
Werte: „Was sind unsere grundsätzlichen Einstellungen?“
Vision: „Wo wollen wir hin?“
Mission: „Wozu sind wir als Organisation da?“
Eine Vision drückt kurz und prägnant die Vorstellung aus, wie das Unternehmen in einer erfolgreichen Zukunft aussehen soll. Um die Erwartungen, Bedürfnisse und Ansprüche des Kunden in die Prozesse der Produkt- und Dienstleistungserstellung integrieren zu können, ist es unerlässlich, sie bereits in das „große Bild“ von der Zukunft einfließen zu lassen. Die Frage, die jeder Vision zugrunde liegen soll, muss sich demnach von „Wie sehen wir unser Unternehmen in der Zukunft (in 5 Jahren)?“ zu „Wie sehen unsere Kunden unser Unternehmen in fünf Jahren?“ ändern.
Zeichnet eine Vision ein Bild vom zukünftigen Zustand eines Unternehmens, so ist es die Aufgabe der Mission, den Zweck und Grund für dessen Existenz darzulegen. Nach innen transportiert die Mission eine klare Aussage über den Sinn des Handelns im Rahmen der täglichen Arbeit der Mitarbeiter, nach außen erzeugt sie gezielt Erwartungen über Art und Qualität der Leistungserstellung beim Kunden.
Zusammen mit den gemeinsamen Wertvorstellungen der im Unternehmen tätigen Menschen sind Vision und Mission die Träger der normativen Ebene. Sie drücken die Richtung, Absichten und Prinzipien des Unternehmens aus und bilden die ideologische Basis, aus der sich sämtliche Unternehmensziele ableiten lassen.
Ausgehend von der generellen Sicht der Vision und Mission ist es Aufgabe der Unternehmensführung, daraus konkrete Zielvorstellungen abzuleiten, die in letzter Konsequenz in Maßnahmen münden, die von den Mitarbeitern umgesetzt werden können. Strategien und strategische Ziele bilden dabei das Bindeglied zwischen normativer und operativer Ebene. Ihre eindeutige Messbarkeit lässt den jeweiligen Grad der Zielerreichung erkennen, wodurch erst ein systematisches Steuern möglich gemacht wird.
Strategien erklären, was das Unternehmen langfristig erreichen will, indem sie die wesentlichen Absichten und die Prinzipien ihrer Erreichung definieren. Strategien geben Antwort auf die Fragen:
Was will das Unternehmen langfristig erreichen?
Wie will es das erreichen?
Dabei muss besonders auf die unternehmensweite Gültigkeit, die Freiheit von Widersprüchen und die eindeutige Verbindung zu Vision und Mission geachtet werden. Eine Strategie zu haben bedeutet noch nicht, dass sie auch die richtige ist.
Aus jeder Strategie muss sich zumindest ein strategisches Ziel ableiten lassen. Meistens besitzen Strategien Bündel von strategischen Zielen, deren Aufgabe es ist zu spezifizieren, was mit welchen Mitteln innerhalb welchen Zeitraums erreicht werden soll. Strategische Ziele müssen folgenden Ansprüchen gerecht werden:
Sie müssen eindeutig sein.
Sie müssen Zustände oder Resultate beschreiben, nicht Tätigkeiten oder Verhalten.
Sie müssen messbar sein (quantifizierbar).
Sie müssen einen Erfüllungszeitraum oder -zeitpunkt aufweisen.
Sie müssen erreichbar sein.
Die Qualität strategischer Ziele definiert sich über ihre Klarheit, Genauigkeit und Messbarkeit. Spätestens zu diesem Zeitpunkt erkennen Unternehmen, ob ihre Strategien in konkrete Handlungen umsetzbar sind und damit in der Realität bestehen können. Genau an dieser Stelle ist die Nahtstelle der normativen zur operativen Ebene einer Organisation ‒ also im Besonderen zum Prozessmanagement.
1.2.5 Zieldefinition und -problematik27Grundsätzlich ist ein Unternehmen, z. B. in der produzierenden Industrie, bestrebt, Gewinne zu erwirtschaften. Unternehmensziele bilden eine Zielhierarchie an deren Spitze das Globalziel steht. Beim Globalziel (Leitbild) handelt es sich um ein verhältnismäßig abstrakt formuliertes Ziel der Unternehmenspolitik (z. B. langfristige Existenzsicherung durch Erhalt oder Steigerung des Unternehmenswertes, oder Schaffung von nachhaltig wirtschaftenden Produktionen). Ausgehend vom Globalziel lassen sich weitere Unternehmensziele ableiten, die sich wiederum in drei verschiedene Ebenen zuordnen lassen:
Strategische Ziele: Planungshorizont >5 Jahre; betrifft Unternehmen
Taktische Ziele: Planungshorizont 3‒5 Jahre; betrifft Unternehmensbereiche
Operative Ziele: Planungshorizont 1‒2 Jahre; betrifft Mitarbeiter
Strategische Ziele sollen bei Entscheidungen über viele Jahre hinweg eine Orientierung bieten. Sie lassen sich im Allgemeinen nicht unmittelbar erreichen. Daher müssen aus den strategischen Zielen taktische und operative Ziele abgeleitet werden. Im Gegensatz zu den strategischen Zielen, die nur durch das gesamte Unternehmen erreicht werden können, sollen taktische und operative Ziele so gewählt werden, dass sie von einzelnen Bereichen bzw. Personen umgesetzt werden können (siehe Bild 1.14).
Bild 1.14 Prinzipielle Struktur eines Zielsystems28
Zusätzlich unterscheidet man auf jeder Ebene des Zielsystems drei Zielarten: Qualitätsziel, Kostenziel und Zeitziel. Diese können nicht gleichzeitig ein Optimum erreichen und müssen daher je nach Situation sorgfältig ausbalanciert werden. In diesem Zusammenhang spricht man auch vom „magischen Dreieck“ (siehe Bild 1.15).
Bild 1.15 Magisches Dreieck29
Wie bereits in Abschnitt 1.2.5 erwähnt, müssen in einem Unternehmen meist mehrere Ziele gleichzeitig erreicht werden, d.h. es entstehen unterschiedliche Beziehungen zwischen den einzelnen Zielen:
Konkurrierende Ziele
Diese Zielbeziehung wird auch Zielkonflikt genannt, da die Zielerreichung von Ziel A negative Auswirkung auf das Erreichen von Ziel B hat, d.h. eine gleichzeitige Erfüllung des einen Ziels ist ohne Wirkungseinbußen des anderen Ziels nicht möglich. Wenn bspw. der Verkauf ein breites Sortiment möchte, die Fertigung jedoch hohe Stückzahlen, so handelt es sich um konkurrierende Ziele (siehe Bild 1.16a).
Komplementäre Ziele
Bei dieser Zielbeziehung unterstützt die Erfüllung von Ziel A gleichzeitig das Erreichen von Ziel B. So ist z. B. eine Umsatzerhöhung meist mit einer Liquiditätsverbesserung verbunden (siehe Bild 16b).
Neutrale (indifferente) Ziele
Ziele sind neutral, wenn die Erfüllung von Ziel A das Erreichen von Ziel B nicht beeinflusst. Beide Ziele sind voneinander unabhängig, wie z. B. das Anstreben kurzer Durchlaufzeiten hat nichts mit Personalfluktuation zu tun (siehe Bild 1.16c).
Ziele stehen im Verhältnis
Zielbeziehungen dieser Art sind entsprechend der Aufbauorganisation des Unternehmens zu sehen (Oberziel ‒ Unterziel bzw. Gesamtziel ‒ Teilziel). Analog zur Pyramide der Stellen gibt es auch eine solche der Ziele. Sind Rentabilität bzw. Liquidität für die Unternehmensführung relevante Oberziele, dann sind für den Leiter der Fertigung Kapazitätsnutzung, Kostenminimierung, Qualitäts- und Termineinhaltung die Teilziele. Für den Lagerleiter sind die Verfügbarkeit der Teile und die Lagerkostenminimierung (konkurrierende) Teilziele (siehe Bild 1.16d).
Ziel A ist wichtiger als Ziel B
Beispiel: Die Liquidität kann kurzfristig wichtiger sein als Rentabilität. Die Insolvenzstatistik zeigt, dass die häufigste Insolvenzursache Illiquidität ist.
Bild 1.16 Zielbeziehungen30
Produktion ist die Kombination von Gütern (Produktionsfaktoren) und Dienstleistungen zum Erzeugen eines anderen Gutes (Produkt). Produktionsfaktoren sind Werkstoffe, menschliche Arbeitskraft, Energie, Informationen und Betriebsmittel.
Werden die Produktionsfaktoren als Input und das Produkt als Output betrachtet, steht dazwischen die sogenannte Aktivität, also die Produktion mit den ihr zugrunde liegenden Technologien. Diese Umwandlung von Gütern erfolgt mit der Zielsetzung, dem Input einen zusätzlichen Wert hinzuzufügen. Es wird auch von „added value“ gesprochen. Der Prozess selbst wird als Wertschöpfung bezeichnet (siehe Bild 1.17).31
Bild 1.17 Produktion als Prozess zur Transformation von Faktoren in Produkte32
Grundlegende Kennzahlen zur Bewertung der Wertschöpfung
„Die Wirtschaftlichkeit ist das Verhältnis eines Ergebnisses (Output) in Wertgrößen (Erlöse, Erträge…) zum Mitteleinsatz (Input) in Wertgrößen (Kosten, Aufwendungen…).“ Basierend auf dem ökonomischen Prinzip geht es im Rahmen der Leistungserstellung darum, so zu handeln, dass der angestrebte Output mit einem Minimum an Input (Minimalprinzip) erreicht wird bzw. dass der Output bei gegebenem Input möglichst groß ausfällt (Maximalprinzip). Je höher die Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung, desto höher ist die Wertschöpfung bezogen auf den Wert des Inputs. Die Wirtschaftlichkeit drückt die monetär bewertete Ergiebigkeit einer wirtschaftlichen Tätigkeit aus.33
(1.1)
Der Erfolg dieser Faktorkombination, also die Relation von Output zu Input, kennzeichnet die Ergiebigkeit eines Prozesses. Die Produktivität und die Rentabilität sind (neben der Wirtschaftlichkeit) die zentralen Relationen zur Bestimmung der Ergiebigkeit.34
(1.2)
„Bei der Ermittlung der Produktivität gehen in den Zähler des Quotienten Leistungen und in den Nenner des Quotienten der Faktoreinsatz ein. Die Produktivität repräsentiert somit eine leistungsorientierte Ergiebigkeit eines Prozesses.35“
(1.3)
„Bei der Ermittlung der Rentabilität gehen in den Zähler des Quotienten das Finanzergebnis und in den Nenner des Quotienten der Kapitaleinsatz ein. Die Rentabilität repräsentiert somit eine finanzorientierte Ergiebigkeit eines Prozesses.36“
(1.4)
Oder:
(1.5)
(1.6)
(1.7)
Die Beeinflussungsmöglichkeiten der Rentabilität in Form der bekannten DU-PONT-Pyramide dargestellt (siehe entsprechendes Kapitel).
Effizienz ist ein Kriterium, um den Wert einer Produktion zu generieren und Verschwendung zu vermeiden. Diese ist gegeben, wenn nur durch eine Erhöhung des Aufwands der reale Ertrag erhöht werden kann bzw. eine Minderung des Aufwands eine Reduktion des Ertrags impliziert.37 Den Zusammenhang zwischen effizienten Kombinationen von eingesetzten Faktoren zur Produktion bezeichnet man als Produktionsfunktion.
(1.8)
Wobei ri(i=1, …, n) die Faktoreinsatzmenge und xj die Ausbringungsmenge darstellt. Die Produktionsfunktion gibt Aufschluss über:
eine Änderung der Ausbringungsmenge bei Variation einer oder mehrerer Produktionsfaktoren;
die erforderliche Kombination von Faktoreinsatzmengen um eine bestimmte Ausbringung x zu erreichen.
Bekannte Produktionsfunktionen sind:
Leontief-Produktionsfunktion (limitationale Produktionsfunktion)
Gutenberg-Produktionsfunktion (limitationale Produktionsfunktion)
Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen (substitutionale Produktionsfunktion)
1.4 Weitere Begriffsbestimmungen1.4.1 Produktentstehungsprozess (PEP)38Der PEP besteht in seiner ursprünglichen Form aus den Phasen „Produktentwicklung“, „Prozessentwicklung“ sowie „Betrieb und Verbesserung“ und beschreibt somit einen Ordnungsrahmen für das vorliegende Buch. In den unterschiedlichen Phasen werden Ansätze, Methoden und Werkzeuge aus dem Produktions- und/oder Qualitätsmanagement angewandt, um gesetzte Ziele erreichen zu können.
1.4.2 Arbeitssysteme39Mit Hilfe von Arbeitssystemen sind beliebig komplexe Arbeitsprozesse beschreibbar, die an einem oder mehreren Arbeitsplätzen vollzogen werden. Sie ordnen sich im Unternehmen als Subsysteme eines Produktionssystems ein, mit deren Hilfe der Produktionsprozess und die daran beteiligten Ressourcen veranschaulicht werden können.
Die Bestimmungsgrößen eines Arbeitssystems sind:
Aufgabe: Zweck des Arbeitssystems.
Input: Arbeitsvoraussetzungen in Form von Arbeitsobjekten (z. B. Rohstoffen), Informationen, Energie.
Mensch: Jene Ressource, die Aktionen in Form von Arbeitshandlungen vollzieht.
Arbeits- oder Sachmittel: Jene Ressource, die Aktionen in Form technischer Operationen vollzieht („Betriebsmittel“).
Ablauf: Das zeitlich-logische Zusammenwirken von Mensch und Arbeits-/Sachmittel bei der Transformation des Inputs in einen Output.
Output: Arbeitsergebnisse in Form von Arbeitsprojekten, Informationen, Energie, Abfällen.
Umwelt: Physikalische, chemische, biologische, aber auch organisatorische und soziale Wirkungsgrößen, die das Systemverhalten und die Eigenschaften der Bestimmungsgrößen, insbesondere der Ressourcen, beeinflussen.
1.4.3 Industrial EngineeringDer Begriff Industrial Engineering ist in der Literatur sehr vielfältig beschrieben und umfasst im angelsächsischen Sprachraum unterschiedliche Aspekte des Produktions- und auch Qualitätsmanagements als in der deutschsprachigen Literatur.40
Im MTM-Handbuch definieren BOKRANZ und LANDAU Industrial Engineering „für die Planung und Durchführung komplexer Rationalisierungsvorhaben, bei denen typischerweise technische, arbeitswirtschaftliche, organisatorische, betriebswirtschaftliche und juristische Probleme zu lösen sind, mit der Absicht, die Produktivität, Wirtschaftlichkeit oder Rentabilität eines Unternehmens oder seiner Bereiche zu verbessern“ . Sie erweitern diese interdisziplinäre Sicht um psychologische, pädagogische und informationswissenschaftliche Fragestellungen und weisen auf die hohe Bedeutung der Betrachtung des gesamten Produktentstehungsprozesses im Industrial Engineering hin.41
Diese Sichtweise liegt auch dem vorliegenden Buch zugrunde.
Endnoten
1vgl. Steven, 2007, S.8f
2acatech, Abschlussbericht Industrie 4.0, 2015
3Fraunhofer IPA / IFF Universität Stuttgart, 2012, F.2
4In dem 1934 erschienen Buch “Economic Control of Quality of Manufactured Product” beschreibt Walter Andrew Shewart seine Idee, die erforderlichen Prozesslenkungen auf der Basis von Stichprobenergebnissen regelmäßig entnommener und geprüfter Strichproben durchzuführen.
5Japanisches Management-Konzept, welches in den 50er Jahren vom Japaner Taiichi Ohno erfunden wurde.
6vgl. Bartel, 2010, S.3 f
7vgl. Nagel, 1991, S. 115
8Richter, 1999, S. 52
9vgl. Schulte-Zurhausen, 2010, S. 14
10vgl. Schulte-Zurhausen, 2010, S. 14
11vgl. Lechner; Egger; Schauer, 2008, S. 115
12vgl. Bühner, 2004, S. 152 f; Kiener, 2009, S. 46
13Lechner; Egger; Schauer, 2008, S. 116
14vgl. Bühner, 2004, S. 152 f; Kiener, 2009, S. 46 f
15Lechner; Egger; Schauer, 2008, S. 117
16vgl. Bühner, 2004, S. 153 f; Kiener, 2009, S. 47 f
17Lechner; Egger; Schauer, 2008, S. 118
18vgl. Bühner, 2004, S. 127 ff
19vgl. Lechner; Egger; Schauer, 2008, S. 120
20vgl. Bühner, 2004, S. 141 ff; Bergmann; Garrecht, 2008, S. 69 f
21vgl. Lechner; Egger; Schauer, 2008, S. 121
22vgl. Junge, 2010, S. 93; Bergmann; Garrecht, 2008, S. 71 f
23vgl. Lechner; Egger; Schauer, 2008, S. 121
24vgl. Wagner; Käfer, 2008, S. 11 ff
25Wagner; Käfer, 2008, S. 12
26Wagner; Käfer, 2008, S. 26 ff
27vgl. Pfeifer, 2010, S. 78 ff
28Pfeifer, 2010, S. 78
29Pfeifer, 2010, S. 79
30vgl. Jung, 2009, S. 34
31vgl. Kistner; Steven, 2009, S. 55
32vgl. Kistner; Steven, 2009, S. 55
33vgl. Kuhlang, 2010, S. 5
34vgl. Kuhlang, 2010, S. 5
35Kuhlang, 2010, S. 6
36Kuhlang, 2010, S. 6
37vgl. Dyckhoff, 2006, S. 142
38vgl. Kuhlang, 2015
39vgl. Bokranz, 2012
40vgl. Kuhlang, 2012b
41vgl. Bokranz, 2012
Die industrielle Entwicklung hat mit zunehmenden Stückzahlen und mit wachsender Vielfalt der Produkte eine große Anzahl von Organisationsformen der Fertigung/Produktion entstehen lassen. Stückzahlen, Vielfalt und Art der Arbeitsteilung sind beispielsweise wichtige Einflussgrößen der Fertigung.
2.1 ArbeitsteilungBÜCHER definierte 1946 in seinem Werk „Arbeitsteilung und soziale Klassenbildung“ vier Formen der Arbeitsteilung1:
Berufsbildung: Ausgehend von der Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau kommt es zur Ausgliederung einzelner Funktionen aus dem Haushalt, die verselbstständigt werden.
Berufsspaltung: Die in sich komplexen Berufe werden nochmals gespalten, z. B. Schmied in Hufschmied, Nagelschmied etc. (Spezialisation).
Arbeitszerlegung: Zerlegung eines Produktionsprozesses in mehrere, jeweils auf eine Person oder Personengruppe entfallende Teilprozesse. Die Arbeitszerlegung führt evtl. zur Zerlegung eines Betriebes in mehrere Teilbetriebe (Produktionsteilung).
Territoriale Arbeitsteilung: Jedes Gebiet (als Einheit) spezialisiert sich auf die standortmäßig günstigste Produktion.
Im Produktionsmanagement ist hauptsächlich die Form der Arbeitszerlegung relevant und wird im Folgenden synonym zum Begriff Arbeitsteilung verwendet.
2.1.1 Geschichte der ArbeitsteilungDie Geschichte des Studiums der menschlichen Arbeit zeigt eindrucksvoll, welche Bedeutung der Arbeitsteilung für die dauernden Produktivitätserhöhungen zukommt. Drei markante Beispiele seien zitiert:
AUGUSTINUS (4. Jh.) beschreibt die Tätigkeiten in einer Silberschmiede:
„Ein kleines Gefäß geht, um fertig zu werden, durch die Hände vieler Arbeiter, obwohl es von einem, der seine Kunst vollkommen versteht, hergestellt werden könnte. Aber man glaubt, der Menge der Arbeiter sei am besten gedient, wenn jeder einzelne einen besonderen Teil der Fabrikation schnell und leicht erlerne, damit nicht alle genötigt würden, sich in langer Zeit und mit viel Mühe im ganzen Gebiet des betreffenden Handwerks auszubilden.“
ADAM SMITH (1723‒1790), der Klassiker der Nationalökonomie, schildert in seinem berühmten Buch „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“ die Vorteile der Arbeitsteilung anhand des berühmten Beispiels der Stecknadelfertigung:
„Ein Arbeiter, der noch niemals Stecknadeln gemacht hat und auch nicht dazu angelernt ist (erst die Arbeitsteilung hat daraus ein selbständiges Gewerbe gemacht), so dass er auch mit den dazu eingesetzten Maschinen nicht vertraut ist (auch zu deren Erfindung hat die Arbeitsteilung vermutlich Anlass gegeben), könnte, selbst wenn er sehr fleißig ist, täglich höchstens eine, sicherlich aber keine zwanzig Nadeln herstellen. Aber so, wie die Herstellung von Stecknadeln heute betrieben wird, ist sie nicht nur als Ganzes ein Gewerbe. Sie zerfällt vielmehr in eine Reihe getrennter Arbeitsgänge, die zumeist zur fachlichen Spezialisierung geführt haben. Der eine Arbeiter zieht den Draht, der andere streckt ihn, ein dritter schneidet ihn, ein vierter spitzt ihn zu, ein fünfter schleift das obere Ende, damit der Kopf aufgesetzt werden kann. Auch die Herstellung des Kopfes erfordert zwei oder drei Arbeitsgänge. Das Ansetzen des Kopfes ist eine eigene Tätigkeit, ebenso das Weißglühen der Nadel, ja, selbst das Verpacken der Nadeln ist eine Arbeit für sich. Um eine Stecknadel anzufertigen, sind somit etwa 19 verschiedene Arbeitsgänge notwendig, die in einigen Fabriken jeweils verschiedene Arbeiter besorgen, während in anderen ein einzelner zwei oder drei davon ausführt. Ich selbst habe eine kleine Manufaktur dieser Art gesehen, in der nur 10 Leute beschäftigt waren, so dass einige von ihnen zwei oder drei solcher Arbeiten übernehmen mussten. Obwohl sie nun sehr arm und nur recht und schlecht mit dem nötigen Werkzeug ausgerüstet waren, konnten sie zusammen am Tage doch etwa 12 Pfund Stecknadeln anfertigen, wenn sie sich einigermaßen anstrengten. Rechnet man für ein Pfund über 4000 Stecknadeln mittlerer Größe, so waren 10 Arbeiter imstande, täglich etwa 48000 Nadeln herzustellen, jede Person also ungefähr 4800 Stück. Hätten sie indes alle einzeln und unabhängig voneinander gearbeitet, noch dazu ohne besondere Ausbildung, so hätte der einzelne gewiss nicht einmal 20, vielleicht sogar keine einzige Nadel am Tag zustande gebracht. Mit anderen Worten, sie hätten mit Sicherheit nicht den zweihundertvierzigsten, vielleicht nicht einmal den vierhundertachtzigsten Teil von dem produziert, was sie nunmehr infolge einer sinnvollen Teilung und Verknüpfung der einzelnen Arbeitsgänge zu erzeugen imstande waren.“
Adam SMITH führt die enorme Steigerung der Arbeitsmenge, die die gleiche Anzahl von Menschen infolge der Arbeitsteilung zu leisten vermag, auf drei verschiedene Faktoren zurück:
„Die größere Geschicklichkeit jedes einzelnen Arbeiters“ (gemeint ist hier der Einübungseffekt bei hoher Spezialisierung)
„Die Ersparnis an Zeit, die gewöhnlich beim Wechsel von einer Tätigkeit zur anderen verloren geht“ (Übergangszeit im heutigen Sprachgebrauch)
„Die Erfindung einer Reihe von Maschinen, welche die Arbeit erleichtern, die Arbeitszeit verkürzen und den Einzelnen in den Stand setzen, die Arbeit vieler zu leisten“.
HENRY FORD (1863‒1947) setzte mit der ersten Fließfertigung einen Meilenstein in der industriellen Entwicklung. Der Erfolg wurde im Wesentlichen durch das ‒ damals neuartige ‒ Bestreben erzielt „die Arbeit zu den Arbeitern hinzuschaffen, statt umgekehrt“. Dabei wurden durch Ford's Grundregeln
„Ordne Werkzeuge wie Arbeiter in der Reihenfolge der bevorstehenden Verrichtungen, so dass jeder Teil während des Prozesses der Zusammensetzung einen möglichst geringen Weg zurück-zulegen hat.“
„Bediene dich der Gleitbahnen oder anderer Transportmittel, damit der Arbeiter nach vollendeter Verrichtung den Teil, an dem er gearbeitet hat, stets an dem gleichen Fleck - der sich selbstverständlich an der handlichsten Stelle befinden muss - fallen lassen kann. Wenn möglich, nutze die Schwerkraft aus, um den betreffenden Teil dem nächsten Arbeiter zuzuführen.“
„Bediene dich der Montagebahnen, um die zusammenzusetzenden Teile in handlichen Zwischenräumen an- und abfahren zu lassen.“
eine „Verminderung der Ansprüche an die Denktätigkeit des Arbeitenden und eine Reduzierung seiner Bewegungen auf das Mindestmaß“ erreicht.
Diese Zerlegung der Arbeit in kleinste Elemente („Der Mann, der den Bolzen eintreibt, setzt nicht gleichzeitig die Schraubenmutter auf; wer die Mutter anbringt, schraubt sie nicht fest.“) erforderte nur kurze Anlernzeiten und kam der damaligen Struktur der Arbeitnehmer entgegen, denn zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Schulbildung gering, der Anteil der Einwanderer groß und viele der Beschäftigten waren bäuerlicher Herkunft.
2.1.2 Art- und Mengenteilung2Unter Art- bzw. Mengenteilung versteht man die Verteilung eines Arbeitsauftrages nach Art bzw. Menge auf mehrere Menschen.
2.1.2.1 MengenteilungMengenteilung ist die Verteilung eines Arbeitsauftrages auf mehrere Menschen derart, dass jeder den gesamten Ablauf an einer Teilmenge ausführt (siehe Bild 2.1).
Beispiel: Herstellung von Schränken. Bei Mengenteilung fertigt jeder Arbeiter an einem Arbeitsplatz einen Schrank, wobei an jedem Arbeitsplatz alle Arbeitsgänge ausgeführt werden.
Bild 2.1 Mengenteilung
Artteilung ist die Verteilung eines Arbeitsauftrages auf mehrere Menschen derart, dass jeder einen Teil des Gesamtablaufes eines Auftrages an der Gesamtmenge ausführt (siehe Bild 2.2).
Beispiel: Bei der Artteilung fertigen ebenfalls vier Arbeiter vier Schränke. Die Aufteilung in Zuschneiden, Hobeln, Fräsen, Schlitzen, Bohren, Zusammenbauen erfolgt jedoch so, dass jeder eine andere Art Arbeit an der Gesamtmenge ausführt. Ziel der Artteilung ist es, durch Spezialisierung die Mengenleistung zu erhöhen.
Bild 2.2 Artteilung
Da die fortschreitende Zerlegung des Produktionsprozesses den einzelnen Arbeitnehmern immer geringere Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung ließ, ist eine Gegenbewegung gegen diesen Taylorismus bzw. Fordismus entstanden, deren Oberbegriff Arbeitsstrukturierung lautet.
Unter Arbeitsstrukturierung wird Humanisierung mit dem Ziel verstanden, dass „bei Erhalt oder Steigerung der Leistung die Arbeitsinhalte möglichst mit den Fähigkeiten und Zielen des einzelnen Mitarbeiters übereinstimmen“.
Verschiedene Maßnahmen der Arbeitsstrukturierung werden anhand möglicher Umorganisationen einer Fließfertigung in den folgenden Abbildungen gezeigt. Gemeinsames Kennzeichen der Maßnahmen ist das Rückgängigmachen extremer Arbeitsteilung (im REFA-Sprachgebrauch durch Übergang von Artteilung auf Mengenteilung).
Bild 2.3 „Konventionelle“ Fließfertigung
Ausgehend von einer „konventionellen Fließfertigung“ bestehend aus 6 Stationen mit weitest gehender Arbeitsteilung, wird durch Einrichtung von 2 parallelen Linien mit je 3 Arbeitsplätzen eine Arbeitserweiterung (job enlargement) vorgenommen (siehe Bild 2.4). Hierbei haben sich gegenüber der konventionellen Fließfertigung die Taktzeit und die Zahl der Tätigkeiten je Person verdoppelt und die je Person bearbeitete Menge halbiert.
Bild 2.4 Job enlargement
Ist diese Arbeitserweiterung durch Zusammenfassung verschieden qualifizierter Tätigkeiten zustande gekommen, kann gleichzeitig von Arbeitsbereicherung (job enrichment) gesprochen werden.
Ein zusätzlicher regelmäßiger Arbeitsplatzwechsel (job rotation) bewirkt eine Ausdehnung des Tätigkeitsspielraumes gegenüber der konventionellen Fließfertigung auf das 6-fache (siehe Bild 2.5).
Bild 2.5 Job rotation
Sind der Wechsel und überhaupt die Art der Zusammenarbeit nicht reglementiert, wird von einer autonomen Arbeitsgruppe, der Organisationsform mit maximalem Handlungsspielraum gesprochen (siehe Bild 2.6).
Bild 2.6 Autonome Gruppe
Das Merkmal Fertigungstyp, oft auch Prozesstyp oder Fertigungsart genannt, charakterisiert die Häufigkeit der Leistungswiederholung im Produktionsprozess. Als maßgebende Kriterien zur Differenzierung des Merkmals dienen die durchschnittliche Auflagenhöhe der Erzeugnisse (Losgröße) und die durchschnittliche Wiederholhäufigkeit der Erzeugnisse pro Jahr (Auflagefrequenz). Folgende grundlegende Fertigungstypen werden unterschieden:
Einzelfertigung (Prozesstyp 3)
Serienfertigung (Prozesstyp 2)
Massenfertigung (Prozesstyp 1)
Der Fertigungstyp hat einen wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung der gesamten Produktion, so zum Beispiel auf die Anordnung der Arbeitsplätze, ihre Verkettung, den Materialfluss, die Möglichkeit zur Mechanisierung und Automatisierung und vielem mehr. Die folgende Bild 2.7 stellt einen Vergleich der wichtigsten Fertigungstypen hinsichtlich verschiedener Kriterien dar.
Bild 2.7 Vergleich der wichtigsten Fertigungstypen
In Unternehmen herrscht oftmals die Meinung, dass die Organisation der Fertigung/Produktion in allen Bereichen an den Kriterien der Einzelfertigung orientiert werden muss, weil sich die produzierten Endprodukte in verschiedenen Details unterscheiden und somit den Charakteristika der Einzelfertigung entsprechen.
Betrachtet man die Aufträge im Detail, so wird häufig deutlich, dass viele Aufträge nur marginale Unterschiede aufweisen. Viele, oftmals wichtige Baugruppen sind in jedem oder in vielen Aufträgen identisch vorhanden. Für die Produktion solcher Baugruppen kann so nicht von Einzelfertigung gesprochen werden. In solchen Fällen ließen sich alternative Fertigungstechniken mit höherem Automatisierungsgrad einsetzen, wodurch Herstellungskosten gesenkt werden können.
An diesem Beispiel wird deutlich, dass die Entscheidung, welcher Fertigungstyp vorliegt, nicht pauschal auf Fertigprodukt-Ebene getroffen werden kann, wenn die Produktionsbereiche neu gestaltet werden sollen. Aus dieser Erkenntnis lassen sich in vielen Fällen erhebliche Rationalisierungspotenziale ableiten.
2.2.1 EinzelfertigungDie Einzelfertigung zeichnet sich dadurch aus, dass die Produkte nur einmal oder in nur sehr geringer Auflagenhöhe produziert werden. Eine Wiederholung der Leistungserstellung gleicher oder fast gleicher Erzeugnisse findet nicht statt. Zwar kann später dasselbe Produkt noch einmal produziert werden, doch liegt hier eigentlich keine Wiederholung des Produktionsprozesses vor, da die Wiederholung des Prozesses nicht planbar ist und der Prozess neu geplant werden muss.
2.2.2 SerienfertigungDie Serienfertigung kennzeichnet sich durch die wiederholte Produktion ein und desselben Produkts. Der Produktionsprozess ist aber im Gegensatz zu der Massenfertigung durch die zu produzierende Stückzahl begrenzt. Abhängig von der Größe der Serie (Klein- oder Großserie) erfolgt von Zeit zu Zeit eine Umstellung der Produktionsanlage auf neue Produkte oder Produktvarianten.
Für die Definition der Serienfertigung ist insbesondere die Bestimmung der Seriengröße problematisch. Es hat sich herausgestellt, dass firmenspezifisch unterschiedliche Vorstellungen herrschen, was unter einer Klein- oder einer Großserie zu verstehen ist. Für einen Kfz-Hersteller sind beispielsweise 1.000 Fahrzeuge eine Kleinserie. Hingegen können in der Baumaschinenbranche 1.000 verkaufte Einheiten bereits eine Großserie darstellen.
2.2.2.1 Reine SerienfertigungVon reiner Serienfertigung spricht man, wenn Produkte, zwischen denen eine partielle Übereinstimmung im Produktionsprozess besteht, zu großen Stückzahlen zusammengefasst werden, um die Fertigung zu vereinheitlichen (z. B. Produktion von PKW vor 30 Jahren).
2.2.2.2 Variantenreiche SerienfertigungAufgrund steigender Kundenanforderungen ist die heutige Produktionslandschaft von variantenreicher Serienfertigung sehr stark geprägt. Sämtliche kundenspezifischen Anforderungen müssen heutzutage mit flexiblen und wandlungsfähigen Ressourcen gefertigt werden können. Früher hat Henry Ford sein „Modell T“ in Massenproduktion (siehe unten) auf einer darauf 100 % abgestimmten Produktionslinie fertigen lassen. Heutzutage existieren real mehrere Millionen Möglichkeiten an Konfigurationen des kundenindividuellen Automobils, das auf ein und derselben Linie gefertigt werden muss. Dementsprechend steigen die Anforderungen an Organisation, Personal und Abläufe, um trotzdem qualitativ hochwertige Erzeugnisse produzieren zu können.
Diese Entwicklung, die auch kleinere Losgrößen je Variante mit sich bringt, kann auf sämtliche Branchen und Geschäftsmodelle übertragen werden. Unternehmen müssen in der Lage sein, mit den auftretenden Schwierigkeiten umgehen zu können und diese erfolgreich meistern. Ansonsten ist ein Scheitern vorprogrammiert.
2.2.2.3 SortenfertigungIm Gegensatz zur reinen Serienfertigung werden bei der Sortenfertigung gleiche Rohmaterialien zugrunde gelegt. Die verschiedenen Sorten können auf denselben Produktionsanlagen mit minimalen produktionstechnischen Umstellungen produziert werden (z. B. Produktion von Schuhen).
2.2.2.4 ChargenfertigungKennzeichen der Chargenfertigung sind sich ständig ändernde Ausgangsbedingungen, die das Produktionsergebnis von Charge zu Charge unterschiedlich ausfallen lassen. Als Charge wird jene Menge bezeichnet, die in einem Produktionsvorgang hergestellt wird. Während die Produktqualität innerhalb der Charge konstant ist, ergeben sich Abweichungen im Vergleich mit anderen Chargen (z. B. Einfärben von Textilien, Weinproduktion).
2.2.3 MassenfertigungEine Massenfertigung liegt vor, wenn die Erzeugnisse in sehr hohen Stückzahlen ununterbrochen auf den gleichen Betriebsmitteln und immer in derselben Reihenfolge der Arbeitsschritte produziert werden. Der Unterschied zur Serienfertigung liegt in der Absicht, ein Erzeugnis zeitlich und mengenmäßig „unbegrenzt“ herzustellen (z. B. Normteile).
2.2.4 Kontinuierliche Fertigung oder ProzessfertigungKennzeichnend für diesen Fertigungstyp ist, dass das fertige Erzeugnis nicht in Stück abzählbar ist. Dies gilt sowohl für feste, flüssige als auch gasförmige Medien, z. B. Papierindustrie, Erdölindustrie. Der Output kann demzufolge in [kg], [m³], [m²] usw. je Zeiteinheit gemessen und angegeben werden.
2.3 Fertigungsprinzipien6Bild 2.8 Einteilung der Fertigungsprinzipien
Unter dem Begriff Fertigungsprinzip (in der Literatur werden auch die Begriffe „Produktionsprinzipien“ und „Produktionsform“ verwendet) versteht man die räumliche Anordnung und die zeitliche Bindung der Produktionsmittel zueinander, die Einbindung des Menschen und die Art des Durchlaufs der Werkstücke durch die Produktion. Die Festlegung des Fertigungsprinzips hat entscheidenden Einfluss auf die Materialdurchlaufzeiten sowie den Koordinationsaufwand für die Sicherstellung eines optimalen Produktionsablaufs.
Es gilt eine Produktionsform zu wählen, die folgende Faktoren im Unternehmen optimiert:
Hohe Kapazitätsauslastung
Minimierung der Lagerbestände
Verringerung der Durchlaufzeiten
Hohe Termintreue
Kundenorientierte Problemlösung
2.3.1 Verrichtungsprinzip2.3.1.1 WerkstattfertigungDie Werkstattfertigung funktioniert nach dem Verrichtungsprinzip. Arbeitssysteme mit gleichen oder gleichartigen Tätigkeiten werden in den Betrieben räumlich zusammengefasst (siehe Bild 2.9). Dabei handelt es sich im Grunde ebenfalls um Einzelplatzarbeit, mit dem Unterschied, dass die Werkstattfertigung durch das Vorherrschen der Maschine bestimmt wird (wird auch als maschinelle Werkbankfertigung bezeichnet). Zwischen den verschiedenen Werkstätten wandert das Material ohne einheitlichen Fluss hin und her. Da die Bearbeitungszeiten meist sehr stark variieren können, kommt es zu Stauungen vor den Maschinen.
Bild 2.9 Schema einer Werkstattfertigung
Aufgrund der oben genannten Probleme wird die Werkstattfertigung vorwiegend zur Produktion leicht zu fördernder und lagernder Einzelteile und zur Produktion von Kleinserien eingesetzt.
Vorteile:
Hohe Anpassungsfähigkeit bei Absatzschwankungen
Hohe Flexibilität bezüglich Änderung der Art und Menge des Produktionsprogramms
Hohe Flexibilität bezüglich Änderung der Produktionsabläufe
Hohe Produktivität an den einzelnen Arbeitsplätzen durch Spezialisierung
Motivationsgrundlage für Arbeiter durch interessante und abwechslungsreiche Tätigkeiten
Geringe Störanfälligkeit bei Betriebsmittel- oder Personalausfall, da auf andere Maschinen ausgewichen werden kann
Geringe Störanfälligkeit bei Materialzufuhrproblemen, da jedes Arbeitssystem bei Lieferschwierigkeiten mit der Ausführung anderer Aufträge betraut werden kann
Geringerer Kapitalbedarf im Vergleich zum Flussprinzip
Möglichkeit der Selbstbestimmung des Arbeitstempos durch den Arbeiter nach momentaner Leistungsfähigkeit, Motivation und Disposition
Möglichkeit der Einzel- und Serienfertigung
Nachteile:
Zeitlich lückenlose Abstimmung der Arbeitsgänge und Arbeitsgangfolgen für mehrere Erzeugnisse gleichzeitig ist nicht möglich, weil dadurch auf der einen Seite Engpässe und auf der anderen Seite Überkapazitäten entstehen würden
Häufiges Umrüsten der Maschinen erforderlich und dadurch bedingte schlechte Betriebsmittelauslastung
Lange Lagerzeiten, hoher Lagerraumbedarf und daraus resultierende hohe Lagerkosten bzw. hohe Kapitalbindung
Lange Durchlaufzeiten (betragen in der Regel ein Vielfaches der Bearbeitungszeit) und meistens mangelnde Liefertreue
Unübersichtliche Materialflüsse und allgemein schlechte Transparenz
Lange Transportwege und daraus resultierend hohe Transportkosten
Hoher Steuerungsaufwand (sowohl in der Produktion als auch beim Transport) durch unübersichtlichen Produktionsablauf
Hohe Qualifikation der Mitarbeiter notwendig
Meistens hohe Qualifikation der Mitarbeiter notwendig
2.3.1.2 WerkbankfertigungDas Kennzeichen der Werkbankfertigung ist die Einzelplatzarbeit mit isolierten Arbeitsplätzen (siehe Bild 2.10). Es wird mit Handwerkzeugen, Kleinmaschinen und Vorrichtungen gearbeitet. Alle erforderlichen Betriebsmittel müssen im Griffbereich des Arbeiters angeordnet sein.
Die Werkbankfertigung wird vorwiegend im Handwerksbereich ohne großen Maschinenaufwand zur Herstellung von Einzelstücken angewandt. In der Industrie wird die Werkbankfertigung hauptsächlich in Reparaturabteilungen und Hilfsbetrieben wie Werkzeugbau und Modelltischlerei angewandt.
Bild 2.10 Schema der Werkbankfertigung
Die Reihenfertigung funktioniert nach dem Flussprinzip. Die Arbeitsplätze sind nach der geplanten Reihenfolge des Arbeitsablaufes angeordnet, allerdings gibt es keine exakte zeitliche Abstimmung der einzelnen Arbeitsplätze, sondern nur eine gewisse Harmonisierung des Arbeitsablaufes in Form einer groben Leistungsabstimmung. Die Weitergabe der Werkstücke zum nachfolgenden Arbeitsplatz erfolgt nicht in einem bestimmten Rhythmus. Zwischen den einzelnen Arbeitsplätzen sind unregelmäßig große Vorratspuffer eingerichtet (siehe Bild 2.11).
Bild 2.11 Schema der Reihenfertigung
Die Reihenfertigung wird angewandt, wenn Fließfertigung zwar erwünscht, aber wegen der Unmöglichkeit einer genauen zeitlichen Abstimmung nicht realisiert werden kann (z. B. bei häufigem Typenwechsel). Die Haupteinsatzgebiete des Flussprinzips sind die Vorfertigung und Montage in der Serien- und Massenfertigung.
Vorteile:
Transparenter Materialfluss
Kürzere Förderwege
Gute Betriebsmittelauslastung
Größere Flexibilität als die Fließfertigung bei eventuellen Umstellungen der Erzeugnisse
Kostenvorteile durch Spezialisierung der Arbeitsplätze auf bestimmte Zwecke
Einfache Kontrolle der Produktion
Nachteile:
Verlangt große Mengen und eine gewisse Gleichmäßigkeit der Produkte
Störanfälligkeit des Gesamtarbeitssystems nimmt zu
Betriebsmittel müssen stationiert werden
Nur für große Stückzahlen geeignet
2.3.2.2 FließfertigungSie ist eine zeitlich und räumlich streng taktgebundene Folge von Arbeitsgängen mit genauer Leistungsabstimmung, ohne Zwischenstapel und nur begrenzten Puffermöglichkeiten. Im Idealfall ist ein glatter Materialdurchlauf mit ständiger ‒ höchstens durch eventuelle kurze Förderzeiten unterbrochener ‒ Bearbeitung möglich (siehe Bild 2.12). Folgende zwei Arten der Fließfertigung werden unterschieden:
Fließband: Linie, an der die Bearbeitung der Werkstücke durch Arbeiter erfolgt.
Fließstraße: Linie, an der starr verkettete Maschinen die Werkstücke bearbeiten.
Bild 2.12 Schema der Fließfertigung
Nach der Verknüpfung von Arbeits- und Transportabschnitten werden drei Typen der Fließfertigung unterschieden:
Kontinuierliche Fließfertigung: