Professor Zamorra 1179 - Stefan Hensch - E-Book

Professor Zamorra 1179 E-Book

Stefan Hensch

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Beschreibung

Der Teufel aus der Flasche

Nicole blickte zu Zamorra hinüber. Wie Haie umrundeten die schwebenden Schwarzblütler den Professor, bereit jederzeit zuzuschlagen. Außerdem hatten sich die Dämonen verwandelt und zeigten nun ihre wahre Natur. Gierig klafften ihre Mäuler auseinander, und mehrreihige Gebisse mit überdimensionierten Zähnen waren zu erkennen. Die Hände hatten sich in Klauen verwandelt, die tödlichen Dolchen in ihrer Gefährlichkeit in nichts nachstanden. Es war offensichtlich, die Angreifer würden sehr bald zuschlagen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Teufel aus der Flasche

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Iuliia Stepashova/shutterstock

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8404-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Der Teufel aus der Flasche

von Stefan Hensch

Nicole blickte zu Zamorra hinüber. Wie Haie umrundeten die schwebenden Schwarzblütler den Professor, bereit jederzeit zuzuschlagen. Außerdem hatten sich die Dämonen verwandelt und zeigten nun ihre wahre Natur. Gierig klafften ihre Mäuler auseinander, und mehrreihige Gebisse mit überdimensionierten Zähnen waren zu erkennen. Die Hände hatten sich in Klauen verwandelt, die tödlichen Dolchen in ihrer Gefährlichkeit in nichts nachstanden.

Es war offensichtlich, die Angreifer würden sehr bald zuschlagen …

New York, 1983

Sheryls dunkle Augen schienen Blitze auszustoßen. »Sammy und ich interessieren dich überhaupt nicht mehr, Brandon. Wir sind Staffage in deinem Leben. Du lebst doch nur noch für deine verdammte Arbeit!«

Nicht immer die gleichen Diskussionen, dachte Brandon Hoffa. Und alles nur, weil er ein paar Unterlagen aus dem Büro holen wollte.

Seine attraktive Frau hatte sich zwischen ihm und der Haustür wie ein Eishockeytorwart aufgebaut. Sie würde ihn nicht so einfach gehen lassen.

»Oder wartet Esther im Büro auf dich? Geht es hier in Wirklichkeit darum, dass du mich mit deiner Sekretärin betrügst?«

Die attraktive Brünette hatte mit schlafwandlerischer Sicherheit den Knopf gefunden, den Brandon Hoffa rotsehen ließ. Der ehemalige Footballspieler hatte einfach genug. Er würde seine Frau niemals betrügen. Schon gar nicht mit seiner Sekretärin, und das wusste Sheryl!

Das Gespräch dauerte jetzt schon fast zehn Minuten. und Dabei hatte es immer mehr Fahrt aufgenommen. Gottlob war die zehnjährige Sammy an diesem Sonntag bei ihrer Großmutter.

Hoffa griff sich den Autoschlüssel vom Haken und marschierte entschlossen auf seine Frau zu.

»Wenn du jetzt fährst, kannst du ganz bei Esther bleiben!«

Doch Hoffa hatte genug vom Reden, antwortete auf seine eigene Art. Mit sanfter Gewalt fasste er seine Frau an den Schultern, um sie zur Seite zu schieben. Eine wilde Tirade ergoss sich über ihn. Er hörte nicht darauf, warf die Haustür ins Schloss. Der Job hatte Priorität. Außerdem würde er in nur knapp einer halben Stunde aus dem Büro zurück sein. Hoffentlich würde sich Sheryl dann wieder beruhigt haben.

Als er die Fahrertür seiner blauen Corvette aufschloss, schüttelte er unmerklich den Kopf. Er wusste es besser.Sie würde sich natürlich nicht beruhigen. Der Tag war gelaufen, das musste er akzeptieren. Missmutig drehte der Broker den Zündschlüssel um. Der kräftige Motor erwachte mit seinem tiefen Brodeln zum Leben, Hoffa setzte rückwärts aus der Einfahrt auf die Straße zurück.

Als Brandon den ersten Gang einlegte, trafen einige Regentropfen die Frontscheibe. Auch wenn er nicht daran geglaubt hatte, der Wetterbericht behielt recht. Hoffentlich würde der angemeldete Starkregen nicht so schlimm werden. Um sich zu informieren, schaltete er das Autoradio ein. I travel the world and the seven seas, Everybody’s looking for something, drangen die Eurythmics aus den Boxen der Corvette, und er presste die Lippen zu einem Strich zusammen. Träume, dachte er. Wovon träumte eigentlich seine Frau Sheryl? Er hatte geglaubt, dass sie vor allem eine Familie, materielle Sicherheit und ein eigenes Haus wollte. Doch da hatte er sich getäuscht, denn das alles hatten sie. Aber seine Frau war unglücklicher als je zuvor. Brandon wusste aber nicht, warum. Dafür hatte er aber gehört, was bei einigen seiner ehemaligen Kommilitonen los war. Dort haperte es an der materiellen Seite. Die Jungs mussten sich anhören, dass sie nicht genug Geld nach Hause brachten.

Der Regen wurde stärker, als Brandon auf die Landstraße abbog, die ihn direkt zum Büro führte. Genervt passte er seine Fahrweise an, denn der Sportwagen war als Heckschleuder bekannt. Auf nasser Fahrbahn war er nicht ganz einfach zu kontrollieren.

Vor ihm schlängelte sich auf der Gegenfahrbahn ein kleiner Konvoi aus einer Kurve. Ein betagter beigefarbener Van führte die Kolonne an. Er fuhr deutlich langsamer als die Witterung es erforderte.

Das Lied im Radio war zu Ende, und die Stimme des Radiomoderators warnte vor starken Regenfällen im ganzen Staat New York. Na, vielen Dank, dachte Hoffa. Das hätte er jetzt auch ohne fremde Hilfe erkannt.

Unvermittelt schlug das Schicksal erbarmungslos zu. Der Van hatte ihn fast erreicht, als ein Wagen dahinter ruckartig ausscherte. Ein Scheinwerferpaar raste auf die Corvette zu.

Instinktiv riss Hoffa das Lenkrad nach rechts. Doch was bei trockenen Bedingungen funktioniert hätte, führte jetzt zu einem katastrophalen Ergebnis. Das Heck der Corvette brach aus. Der Wagen drehte sich um die eigene Achse. Hoffa trat das Bremspedal bis zum Bodenblech durch. Reifen quietschten, er wurde hin und her geworfen. Aber die Corvette kam zum Stehen.

Die Scheinwerfer waren jetzt gleißend hell, und Brandon sah nichts anderes mehr.

Sekundenbruchteile später erfasste das andere Fahrzeug den Sportwagen. Krachend bohrte sich der schwarze Lincoln tief in die Fahrerseite der Corvette. Die Querbeschleunigung und der vernichtende Aufprall führten dazu, dass der Kopf von Brandon Hoffa hart gegen die B-Säule des Sportwagens schlug. Sein Bewusstsein wurde ausgeschaltet, bevor sein Gehirn von den massiven Schmerzimpulsen aus den zahlreichen Frakturen und Weichteilverletzungen überflutet wurde …

Château Montagne

Nicole saß am Schreibtisch, um die Akten der letzten Fälle zu bearbeiten. Im nächsten Schritt würden Pascal Lafitte und Faolan die Aufzeichnungen digitalisieren. Es war wieder eine ganz schön harte Zeit für die beiden Dämonenjäger gewesen. Ihrem Vorsatz, mal etwas achtsamer mit sich selbst umzugehen, hatten sie wieder nicht entsprechen können. Der Kampf gegen die Finsternis kannte leider keine Geschäftszeiten. Wehmütig dachte sie an den letzten Urlaub zurück. Aber der hatte die Bezeichnung nicht verdient.

Da klingelte das Telefon. Nicole legte die schlanke Hand auf den Hörer, zögerte aber. Höchstwahrscheinlich bedeutete der Anruf neue Arbeit. Am Klingelton hörte sie, dass von extern angerufen wurde. Was wäre, wenn sie einfach mal nicht ans Telefon ging? Würde sich irgendein anderer Dämonenjäger der Sache annehmen, oder wäre das das Ende der Welt?

Ein spitzbübisches Lächeln machte sich auf ihrem fast völlig symmetrischen Gesicht breit. Eine gute Portion Ironie war immer noch der beste Schutz vor Stress. Beim dritten Klingeln nahm sie den Hörer ab und meldete sich.

»Guten Tag Mademoiselle Duval«, erklang eine sympathische Frauenstimme. »Mein Name ist Marie Schmitt. Ich rufe aus Saint Etienne an. Ich weiß gar nicht, ob ich richtig bei Ihnen bin?«

»Worum geht es denn, Madame Schmitt?«

Die Anruferin seufzte. »Es geht um meinen Sohn Max. Ich liebe ihn, wie jede Mutter ihr Kind liebt. Aber mein Sohn ist ein richtiger Taugenichts. Zwei Ausbildungen hat er schon abgebrochen, jetzt schläft er bis in den Nachmittag und lebt nur in den Tag hinein!«

»Kann es sein, dass Sie auf der Suche nach einem Psychologen sind, Madame Schmitt? Professor Zamorra ist aber von Hause aus Parapsychologe und kein Therapeut.«

Die Frau atmete tief ein und wieder aus. »Nein, Mademoiselle Duval. Es haben sich schon einige Psychologen die Zähne an meinem Sohn ausgebissen. Darum geht es nicht. Es ist vielmehr so, nun …«, die Frau suchte nach den richtigen Worten. »Max scheint quasi über Nacht zu Geld gekommen zu sein. Zu sehr viel Geld sogar!«

Nicole begann, mit einem Kugelschreiber Kreise auf der Schreibtischunterlage zu malen. »Hat er sich vielleicht mit falschen Freunden eingelassen, Madame Schmitt?«

Dieses Mal kam die Antwort viel schneller, fast wie aus der Pistole geschossen. »Genau das glaube ich, Mademoiselle Duval!«

»Aber wie könnte ihnen der Professor in diesem Fall behilflich sein? Würden Sie nicht besser die örtliche Polizei einschalten?«

»Sie missverstehen mich weiterhin. Ich rede nicht von falschen menschlichen Freunden!«

Die Antwort der Frau verschlug Nicole die Sprache. Sie war es nach ihrem langen Kampf gewohnt, es mit Dämonen zu tun zu haben, die arglose Menschen ins Verderben lockten. Das gewöhnliche Menschen aber ernsthaft von einem dämonischen Pakt sprachen, war äußerst selten.

»Sprechen Sie da aus eigener Erfahrung?«, wollte Nicole wissen.

Sekunden hörte Nicole nur den Atem der Anruferin.

»Das ist leider richtig«, antwortete die Frau nach einer Weile. »Es ist aber bereits recht lange her, und ich möchte eigentlich nicht mehr darüber sprechen.«

Die Antwort reichte Nicole. Dennoch war sie aber unsicher, ob dieser Fall wirklich etwas für Zamorra war. Auch wenn die Frau sicherlich Hilfe benötigte, war der Terminplan des Professors bis zum Bersten gefüllt. Da waren die außerplanmäßigen Notfälle und Katastrophen noch überhaupt nicht berücksichtigt.

»Ich zahle den doppelten Stundensatz des Professors. Mein Gefühl sagt mir, dass mein Sohn dringend Hilfe benötigt. Ich möchte, dass er sie vom besten Experten überhaupt bekommt.«

Nicole rieb mit der Zunge entlang ihrer Schneidezähne. Da war Etwas in der Stimme der Frau, das bei ihr eine Gänsehaut ausgelöst hatte. Es war Madame Schmitt todernst. Sie wollte, dass ihrem Sohn geholfen wurde. Nicole würde sich keinen Deut anders verhalten, wenn es um das Wohl ihres eigenen Kindes ginge. »Ich werde mit dem Professor über Ihren Fall sprechen. Verstehen Sie das aber bitte nicht als Zusage, unser Terminkalender ist extrem voll.«

Marie Schmitt bedankte sich aufrichtig und verabschiedete sich.

Als Nicole den Hörer auflegte, verharrte ihre Hand erneut auf dem Apparat. Zamorra würde Zeit haben, dafür würde sie sorgen. Vielleicht ging es dieses Mal nicht um die Rettung der Erde, sondern nur um das Schicksal eines jungen Mannes. Aber zuerst musste Nicole Zamorra den Fall clever verkaufen. Sie hatte da schon so eine Idee!

New York, 1983

Sheryl Hoffa saß wie paralysiert im Krankenzimmer ihres Mannes und hielt seine Hand. Wenn die attraktive Frau mit den schulterlangen Haaren noch Tränen gehabt hätte, hätte sie sie geweint. Stattdessen saß sie still am Krankenbett. Ihre ganze Welt schrumpfte auf die intakte Hand ihres Mannes zusammen, die sie umklammert hielt.

So schnell es ging, war sie ins Krankenhaus gefahren, als die Polizei sie angerufen hatte. Den Weg kannte sie wie im Schlaf. Die routinierte Fahrerin legte die Strecke zurück, ohne sich später an irgendein Detail davon zu erinnern. Nun saß sie an der Seite von Brandon und hielt seine Hand, unbeweglich, seit Stunden.

Doktor Myers hatte ihr gesagt, dass diese Nacht der Prüfstein war. Brandon war sofort operiert worden, als ihn der Rettungswagen eingeliefert hatte. Bei der Operation hatten sich die Ärzte auf die inneren Verletzungen konzentriert, weil Brandon sehr viel Blut verloren hatte. Wenn ihr Mann die Nacht überlebte, hatten die Ärzte mit ihrer Heilkunst die Blutungen stoppen können.

Doktor Myers hatte ihr gesagt, dass sie im Augenblick nicht mehr für Brandon tun konnten. Die Frakturen und massiven Weichteilverletzungen hatte man nur provisorisch versorgt, denn für eine bessere Versorgung waren weitere Operationen nötig.

Doch Sheryl sah nur die gesunde rechte Hand von Brandon, Ihr Verstand blendete die seltsam deformierte linke Körperhälfte, die Verbände an seinem Schädel und die zahlreichen Schläuche aus. Andernfalls wäre sie wahnsinnig geworden. Ebenso nahm Sheryl Hoffa die lebenserhaltenden Maschinen um ihren Mann wahr und gleichzeitig doch wieder nicht.

Tief in ihrem Inneren wusste sie es besser. Ihr Ehemann war nur noch eine Hülle. Ja, eine warme und pulsierende Hülle. Irgendjemand oder irgendetwas hatte darin das sprichwörtliche Licht ausgeschaltet. Sie wusste zwar nicht woher sie die Gewissheit nahm, aber sie wusste es. Nichts würde mehr so sein, wie es einmal war. Gleichzeitig wusste sie noch etwas anderes. Dieses Wissen stammte nicht aus dem rationalen Teil ihres Verstandes. Es war eine leise Stimme, die zu ihr sprach. Die Stimme sagte immer und immer wieder das Gleiche. Es ist deine Schuld! Deine Schuld! Deine Schuld!

Wenn Sie nicht wieder Streit vom Zaun gebrochen hätte, würde Brandon jetzt nicht hier liegen. Sie war es gewesen, die ihn absichtlich mit ihren Unterstellungen provoziert und wütend gemacht hatte. Wenn Brandon neben seinem Job etwas beherrschte, war es das Autofahren. Um seine potenten Kunden zu besuchen, war ihr Ehemann viele Tausende von Kilometer im Jahr mit dem Auto unterwegs. Unter normalen Umständen hätte er den Unfall verhindern können. Vielleicht war er einfach zu schnell unterwegs gewesen, weil die Wut durch ihn pulsierte. Möglicherweise hatte er den anderen Fahrer schon länger gesehen, war aber nicht rechtzeitig vom Gas gegangen. Egal wie sie es drehte und wendete, sie selbst trug die Schuld an dem Autounfall.

Der andere Fahrer war noch an der Unfallstelle verstorben. Der Mann kam aus einem Nachbarort und war nicht angeschnallt gewesen. Nur weil sie sich nicht im Griff gehabt hatte, hatte sie einen unbeteiligten Menschen getötet Sie war nicht viel besser als eine Mörderin!

Wegen ihr würde Sammy nun entweder ohne Vater oder mit einem Pflegefall aufwachsen.

Doch noch hatte sie Hoffnung. Ihr Mann hatte bereits eine stattliche Summe zur Altersvorsorge auf die Seite gelegt. Das Geld würde sie nehmen, um die bestmögliche Therapie für Brandon zu ermöglichen. Dazu musste er noch die nächste Nacht überstehen. Sie würde in dieser Nacht keine Sekunde von seiner Seite weichen. Aber das war erst der Anfang. Sie würde alles tun, damit es ihrer kleinen Familie wieder gut ging. Alles!

Château Montagne

Der glatzköpfige Russe schien lediglich aus Muskulatur, Sehnen und Knochen zu bestehen. Außerdem war er zum Äußersten entschlossen. Damit er sich besser bewegen konnte, kämpfte er mit freiem Oberkörper. Zamorra sah die zahlreichen Tätowierungen, aber er hatte alle Hände voll zu tun. Sein Gegner feuerte gerade eine explosive Kombination aus Schlägen ab, die der unakademischste Professor der Welt kaum noch blocken konnte. Er machte einige schnelle Schritte zurück, um aus der Reichweite des Russen zu kommen.

Der Angreifer variierte blitzschnell seine Strategie. Er setzte zu einem Roundhousekick an und traf Zamorra mit voller Kraft in die ungeschützte Flanke. Der Treffer trieb ihm die Luft aus den Lungen. Schmerzhaft stöhnte er auf.

Blitzschnell packte der Glatzkopf den Parapsychologen an seiner Jacke, wollte ihn zu Boden schmeißen. Dort würde er Zamorra den Rest geben.

Aber der Professor hatte den Tritt weggesteckt. Seine Erfahrung und Intuition warnten ihn vor diesem Angriff. Statt sich gegen den Griff des Angreifers zu stemmen, gab er einfach nach. Er riss den Gegner mit sich nach unten, machte eine Rolle. Der Russe verlor das Gleichgewicht, und Zamorra nutzte es eiskalt aus. Er setzte den Hebel, hämmerte ihn rücklings hinter sich auf die Matte. Flink kam er auf die Beine, kniete sich auf den Oberkörper des Russen. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er einen Schlag zum ungeschützten Hals seines Gegners andeutete.

Da ertönte direkt neben Zamorra ein Klatschen. Nicole stand mit einem anerkennenden Lächeln am Rand der Matte. Der Professor war stolz auf seine Leistung, aber leicht war ihm der Sieg nicht gefallen. Er hielt Sergej Fomin die Rechte hin und half ihm auf die Beine.

»Du hast gelernt, Zamorra. Das gefällt mir!«, lobte ihn der Russe in akzentfreiem Französisch.

»Ich habe einen guten Trainer«, entgegnete der Professor und fing sich einen Klaps auf die Schulter ein.

Nicole musterte den völlig ausgepowerten, wie ein gerupftes Huhn wirkenden Zamorra. »Was ist das jetzt wieder für ein Kampfstil?«

Der Professor hob die Hand und winkte Fomin, als dieser sich verabschiedete. »Systema«, antwortete er. »Sergej war früher bei den russischen Fallschirmjägern. Heute trainiert er zahlreiche Prominente. Man munkelt, er soll Keanu Reeves trainiert haben.«

»Und nicht zuletzt trainiert er nun den Meister des Übersinnlichen!«

Nicole trat zu Zamorra und zog ihn zu sich.

»Wie wäre es nach der Dusche mit einer anständigen Massage?«

Er runzelte die Stirn. »Kennst du denn einen guten Masseur?«

Für den Spruch fing er sich einen bösen Blick von Nicole ein. »Wie komme ich denn zu dem Vergnügen«, wollte er wissen.

Nicole sah ihn unschuldig an. »Es würde dich nur maximal eine Stunde deiner Zeit kosten.«

Zamorra seufzte. Er wusste, dass er verloren hatte. »Aber nur, wenn die Masseurin ganz besondere Techniken im Repertoire hat«, antwortete er deshalb resignierend.

Nicole beließ es bei einem verheißungsvollen Lächeln als Antwort, und der Professor fügte sich seinem wahrlich fürchterlichen Schicksal …

Am Nachmittag saß Marie Schmitt im Büro des Châteaus. Sie entsprach voll und ganz dem Klischee einer resoluten und patenten Frau Anfang fünfzig. Bereits leicht angegraute blonde Haare, dezentes Make-up und etwas zu wenig Falten, als es ihrem Alter entsprach.

Zamorra hatte von Nicole zwar schon einiges erfahren, wollte die Details aber nochmals von der Frau selbst hören.

»Es geht um meinen Sohn. Er ist momentan arbeitslos. Als einzige nennenswerte Leistung hat er bereits zwei Ausbildungen abgebrochen.« Die Besucherin spürte den Blick von Zamorra und zuckte mit den Schultern. »Max hat einfach nicht die nötige Ausdauer, etwas bis zum Ende durchzuziehen. Das fing schon in der Schule an. Dort hat er zuerst die Zigaretten und anschließend das Marihuana für sich entdeckt hat. Seitdem chillt er nur noch, wie er das Abhängen nennt. Wenn er nicht zu benebelt ist, spielt er mit seiner verdammten Spielkonsole. An Arbeit denkt er nicht einmal mehr.«

Der Professor hörte deutlich die Frustration und die Enttäuschung der Mutter. »Und das hat sich nun geändert?«