Professor Zamorra 1331 - Stefan Hensch - E-Book

Professor Zamorra 1331 E-Book

Stefan Hensch

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Beschreibung

Franny sah auf ihre Armbanduhr. "Die Proben gehen noch etwa eine Dreiviertelstunde. Danach kannst du deine Nicole sehen, bis die Vorstellung anfängt. Sie wird heute zum ersten Mal auftreten, da sie ja bereits den ganzen Tag trainieren konnte - mit den Löwen." Zamorra schluckte. "Darf ich mir die Vorstellung ansehen?" Franny lachte und tätschelte seine Schulter. "Aber natürlich, Zamorra. Wir müssen sogar. So sind die Regeln im Circus Obscura ..."

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Seitenzahl: 124

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Circus Obscura

Leserseite

Vorschau

Impressum

Circus Obscura

von Stefan Hensch

Zamorra tauchte ins kalte Wasser, das sofort über ihm zusammenschlug.

Schnell sog sich seine Kleidung und damit auch die Zwangsjacke voll. Das Material hing schwer an ihm und veränderte die Art, wie er sich bewegen konnte. Die stählerne Kugel fixierte ihn unterhalb der Wasseroberfläche. Selbst wenn er es wollte, würde er mit ihr nicht auftauchen können! Seine Lungen schienen zu bersten.

Luft! Alles in ihm schrie danach.

Er wollte atmen – wollte leben!

Hereinspaziert in den furchterregendsten Circus aller Zei‍ten!

Aber Vorsicht: Der Besuch könnte tödlich sein!

Cosne-Cours-sur-Loire

Das geräumige Schlafgemach hätte gut ins Château Montagne gepasst, doch es gehörte zu dem großzügigen Anwesen aus dem 16. Jahrhundert, das sich im Departement Nièvre in der Region Bourgogne-Franche-Comté befand.

Die Farbe Weiß dominierte das Zimmer und die 100-Quadratmeter-Grenze musste es mühelos sprengen. Die Westwand war herausgenommen und gegen ein Panoramafenster ausgetauscht worden. Aus der Badewanne davor konnte genüsslich der Sonnenuntergang verfolgt werden.

Um das strenge Weiß aufzubrechen, hatte der Verantwortliche die ursprünglichen Balken erhalten, was dem Schlafzimmer eine loftartige Note verlieh.

Zentrum des Gemachs war das edle Grand-Vividus-Bett, das selbstverständlich in mühevoller Handarbeit hergestellt worden war. Momentan lag der Hausherr in der edlen Mohair-Polsterung und wirkte beinahe wie ein kleiner Junge im Bett seiner Eltern.

Bruno Hanon war jedoch ein erwachsener Mann und Erbe eines großen Papier-Imperiums. Vor seiner Hochzeit im letzten Jahr war er einer von Frankreichs begehrtesten Junggesellen gewesen. Jetzt war kaum noch etwas vom einstigen Glanz übrig, denn Hanon konnte kaum noch aus eigener Kraft sitzen.

Sein Körper war ausgemergelt, die Haut schlaff und fahl geworden. Eine heimtückische Kraft hielt den einstigen Playboy in ihren Krallen, und selbst die besten Ärzte des Landes konnten ihm nicht mehr helfen. In seiner Not hatte er sich an den Mann gewandt, der ihm von einem Freund unter der Hand empfohlen worden war: Professor Zamorra.

Der Meister des Übersinnlichen und dessen atemberaubende Lebensgefährtin Nicole Duval waren der exklusiven Anfrage gefolgt und hatten bereits mit den Untersuchungen begonnen.

»Bislang konnten wir keinen Hinweis bezüglich eines schwarzmagische Einflusses feststellen, Monsieur Hanon«, erklärte Zamorra.

Der Mann hörte aufmerksam zu und gab ein Seufzen von sich. »Sind Sie ganz sicher?«, fragte er mit brüchiger Stimme.

»Wir haben das gesamte Anwesen einem detaillierten Scan unterzogen, und das Ergebnis war eindeutig. Hier gibt es keine feinstofflichen Gefahrenquellen«, bestätigte Nicole.

Schweigen breitete sich aus. Mühselig stemmte sich Hanon auf die Ellenbogen hoch. »Ich bin überzeugt, dass es sich um einen Fluch handelt. Haben Sie die Möglichkeit auch schon ausgeschlossen?«

Zamorra setzte zu einer Antwort an, wurde jedoch von einem Klopfen an der Schlafzimmertür unterbrochen. Nicole und Zamorra blickten gleichzeitig dorthin und sahen, wie eine junge Frau den Raum betrat.

Der Meister des Übersinnlichen schluckte. Es war Cecile Hanon, die Ehefrau ihres Auftraggebers und ebenso eine Erscheinung, wie Nicole es war. Lange dunkelbraune Haare, die ihr offen bis weit über die Schultern fielen, Stundenglasfigur, sinnliche Lippen und ein Teint, der an Cappuccino erinnerte. Am Ende war es jedoch ein völlig anderes Detail, das ihn in Beschlag nahm, und zwar die leicht nach unten gezogene Nase, die eine Tendenz zur Hakenform aufwies.

Perfekte Imperfektion, dachte er und konnte sich gleichzeitig nicht daran erinnern, woher er das Zitat kannte. Doch es stimmte. Die etwas zu prominente Nase betonte Celine Hanons Anmut und körperlichen Vorzüge, anstelle sie zu beeinträchtigen.

»Haben Sie herausfinden können, wie Bruno geholfen werden kann?«

Die beiden Dämonenjäger wechselten einen stummen Blick miteinander. Zamorra sah in Nicoles Augen, dass sie einen ganz ähnlichen Verdacht hegte. Er brachte Celine auf den Stand der Dinge und blickte sie ernst an. »Könnte es sein, dass Ihr Mann Feinde hat?«

»Menschen in meiner Position haben nichts als Feinde«, antwortete Bruno Hanon schwach vom Bett aus. »Geld und Besitz wecken Begehrlichkeiten.«

Zamorra stimmte nickend zu. »Das trifft nicht nur auf Geld und Besitz zu.«

»Wie meinen Sie das?«, wollte Celine wissen.

Nicole zog die linke Augenbraue in die Höhe. »Schönheit ist mindestens genauso anziehend.«

Stöhnend drückte sich Hanon auf und schwang die Beine aus dem Bett. »Eben haben Sie zwar gesagt, dass es hier keine schwarzmagischen Einflüsse gibt und doch scheinen Sie einen Verdacht zu hegen.«

»Ganz richtig, Monsieur Hanon. Würden Sie uns wohl in die Küche begleiten?«

Die Ehefrau des Kranken stimmte zu. »Ich hole nur eben den Rollstuhl. Bruno wollte das scheußliche Ding nicht ständig in seiner Nähe haben.«

Die Küche des Herrenhauses stand der eines Edelrestaurants in nichts nach. Mühelos konnten zwei Köche parallel an zwei Kochinseln arbeiten. Ebenso standen zwei Gasherde bereit. An den Wandhalterungen waren zahlreiche Töpfe und Pfannen angebracht.

In der angrenzenden Kühlkammer konnten Vorräte gelagert werden, um eine komplette Fußballmannschaft für ein verlängertes Wochenende zu versorgen. Damit der Abwasch bewältigt werden konnte, hatte man im hinteren Teil der Küche eine Spülstation eingerichtet.

»Ihre Mahlzeiten werden ausschließlich von Ihrem Koch Gaspard Samake und der Küchenhilfe Nanette Daniel zubereitet?«

Celine Hanon nickte. »Gaspard ist ein Juwel. Er kombiniert die französische Küche mit Einflüssen aus seiner Heimat Mali.«

»Wo ist Ihr Koch heute?«, wollte Nicole wissen. »Vorhin habe ich nur Nanette gesehen.«

»Er hat sich heute entschuldigt – kurz nachdem er das Mittagessen zubereitet hatte. Ihm war wohl übel.«

Nicole sah auf ihre TI-Watch. »Jetzt ist es kurz nach fünf. Viel Zeit ist also nicht vergangen.«

»Dürfte ich fragen, was Sie vorhaben?«, fragte Bruno Hanon von seinem Rollstuhl aus.

Zamorra lächelte, holte Merlins Stern hervor und löste ihn mit dem Schnellverschluss von der Halskette.

»Wir werden gleich ein Experiment durchführen, das wir Zeitschau nennen. Wenn unser Verdacht zutrifft, sollten wir schon bald die Ursache für Ihren Zustand herausgefunden haben.«

»Mit Ihrem hübschen Amulett?«, fragte Celine Hanon neugierig.

»Ganz recht. Treten Sie doch etwas näher, dann können Sie es mit eigenen Augen sehen«, sagte Zamorra freundlich und nahm auf einem Küchenstuhl Platz.

Nicole und die Hanons sahen ihm über die Schulter, während er mit Daumen und Zeigefinger Manipulationen an den Hieroglyphen an Merlins Stern vornahm und sich in eine Halbtrance versetzte.

Sein Körper entspannte sich, und beinahe augenblicklich erschien im Kreis der Sternzeichen ein Bild aus der Küche, auf dem alle Anwesenden aus der Vogelperspektive zu sehen waren. Das Amulett bediente sich bei der Zeitschau an Zamorras Lebensenergie, weshalb der Meister des Übernatürlichen auch nicht unbegrenzt weit in die Vergangenheit sehen konnte. Eine Dauer von acht Stunden galt als Grenze.

Zamorra blendete alles außer der Zeitschau aus und fokussierte sich auf das Amulett, während es fortwährend seine Lebensenergie anzapfte. Nanette tauchte auf der Projektionsfläche von Merlins Stern auf. Zamorra sah dabei zu, wie das Mittagessen in seine Bestandteile zerlegt wurde.

Der Parapsychologe begann zu schwitzen. Er hörte seinen Herzschlag im rechten Ohr.

Er spulte im Schnelldurchlauf zurück, hielt die Zeitschau dann an einer bestimmten Stelle an und ließ das Geschehen vorwärts und somit in der richtigen Reihenfolge laufen.

Ein großer Mann erschien auf dem Amulett. Er trug die Uniform eines Kochs. Seine Haut stand dazu in starkem Kontrast. Das musste Gaspard Samake sein.

Nanette erschien erneut im Bild, wandte dem Koch aber den Rücken zu.

Eine Alarmglocke schrillte im Parapsychologen auf. Er hatte richtig gelegen und stand kurz davor, das Geheimnis zu lüften, das spürte er.

Denn der Koch hielt plötzlich ein kleines Fläschchen in der Hand, kippte etwas von dem Inhalt in den Topf vor ihm, dann sah er sich nach der Küchenhilfe um, um nicht entdeckt zu werden.

»Gift«, brach es aus Zamorras Lippen hervor.

Er entließ sich aus der Halbtrance und keuchte.

»Warum sollte Gaspard mir das antun? Was hätte er davon?«, fragte Hanon fassungslos.

Celine Hanon war dagegen blass geworden.

»Ich dachte immer, ich hätte es mir nur eingebildet. Gaspards Verhalten hat sich mir gegenüber in letzter Zeit verändert. Ständig bemerkte ich, wie er mich ansah, und vielleicht war er sogar etwas zu freundlich.«

Nicole sah die junge Frau ernst an.

»So wie es aussieht, will Ihr Koch Ihren Mann aus dem Weg räumen, um Sie ganz für sich allein zu haben.«

Zamorras Kehle war knochentrocken. Er räusperte sich.

»Ich würde mein Geld auf Pfeilgift setzen. Es ist nur schwer nachweisbar. Rufen Sie die Gendarmerie, die ...«, begann er und verdrehte die Augen. Der Körper des Parapsychologen erschlaffte. Er sackte auf dem Stuhl zusammen.

Nicole griff gedankenschnell zu, ehe er von der Sitzfläche rutschen konnte.

Zamorra öffnete die Augen. Das Röhren des Rennauspuffs von Nicoles Supersportwagen hatte ihn geweckt. Jemand hatte ihn auf den knüppelharten Sportsitz auf der Beifahrerseite gesetzt und die Gurte besonders fest angezogen.

»Na, Träumerle, gut geschlafen?«, fragte Nicole nach einem Seitenblick auf ihn.

Zamorra zog ohnehin das sanfte Understatement seiner Göttin der brutalen Gewalt und Kompromisslosigkeit des Manhart vor. In seinem momentanen Zustand wünschte er sich das sanfte Gleiten des Pallas DS noch sehnlicher herbei, denn das hätte ihn umso schneller wieder einschlafen lassen. Sein Körper war so schwer, als wäre er mit flüssigem Stahl gefühlt.

»Fantastisch«, presste er hervor. »Absolut fantastisch.«

Nicole steuerte den Sportwagen durch eine Kurvenkombination und Zamorra fühlte sich an das Formel 1-Rennen in Monaco erinnert. »Wir sind bald zurück, Chef. Dann kannst du es dir im Schlafzimmer gemütlich machen und neue Energie tanken.«

Sie gingen in eine lang gezogene Linkskurve, und Zamorra spürte, dass das Heck des Wagen kurz vorm Ausbrechen war. Nicole behielt die Kontrolle und beschleunigte, als sie den Kurvenausgang erreichten.

Der gelbe Manhart schoss auf einer Geraden dahin und näherte sich einem langsam fahrenden Traktor. Kurz davor wand sich die Landstraße in eine nicht einsehbare Kurve, doch Nicole dachte überhaupt nicht daran zu bremsen.

Zamorra kämpfte darum, die bleischweren Lider offen zu halten.

Nicole steuerte auf die Gegenfahrbahn. Als sie mit dem Trecker auf gleicher Höhe waren, tauchte ein Fahrzeug vor ihnen auf. Die Zeit verlangsamte sich und lief in Zeitlupe ab. Trotzdem konnte Zamorra rein gar nichts tun, um das Unvermeidliche zu verhindern.

Mit fast schon brutaler Klarheit erkannte er, dass es sich um einen roten Ford Kombi mit dem weißen Schriftzug des Werkzeugherstellers HILTI handelte.

»Nicole«, krächzte er.

Die Welt schmolz auf die Distanz zwischen den beiden Fahrzeugen zusammen. Es blieben nur noch wenige Meter bis zum Zusammenstoß. Adrenalin flutete seinen Kreislauf, was auch seinen Verstand befeuerte.

Wie schnell waren sie unterwegs, und wie viele Sachen hatte der entgegen kommende Wagen drauf? Wenn er zusätzlich die Distanz schätzte, konnte er die Zeit bis zum Aufprall grob überschlagen.

Herr im Himmel, was denke ich da für einen Schwachsinn? Für Millisekunden dachte Zamorra, die Zeit würde anhalten. Nicole, die Fahrzeuge und alles andere schien eingefroren zu sein. Nur er selbst war nicht davon betroffen. Aber was half ihm das? Es gab rein gar nichts, was er tun konnte, und das wusste er auch. Vielleicht war das der Augenblick, an dem alles enden würde.

Hilflos holte er Merlins Stern hervor und umklammerte die Silberscheibe. Der Moment war zu Ende, und es gab keine Atempause mehr. Die Welt erwachte erbarmungslos aus ihrer Starre. Nicole lenkte ruckartig nach rechts. ABS, ESP und Traktionskontrolle waren beim Manhart standardmäßig deaktiviert, da es um puren Motorsport ging.

Der rote Kombi raste knapp an ihnen vorbei. Der Manhart bockte, die Reifen blockierten, und ihr Heck erwischte die Schnauze des Traktors.

Nicole arbeitete wie besessen am Lenkrad, doch es half nichts. Der Sportwagen schleuderte von der Fahrbahn und krachte seitlich in die Leitplanke. Das geschah mit einer solchen Gewalt, dass die Streckenbegrenzung wie eine Sprungschanze funktionierte und den Manhart in die schleuderte. Als sich der Wagen um die eigene Achse drehte, schloss Zamorra die Augen. Es war vorbei. Einen solchen Unfall überlebte man nicht.

Den ersten Zusammenstoß bekam Zamorra noch mit. Glas explodierte. Stahl wurde kreischend zerrissen, als eine Titanfaust die Fahrerseite traf.

Dann war Ende.

Zamorra verlor das Bewusstsein.

Ein Geräusch. Musik? Er dachte darüber nach und vermutete, dass es so war. Die Erinnerung schlug über ihm zusammen wie ein Tsunami und drohte ihn in den Abgrund des Wahnsinns zu reißen, aus dem es kein Entkommen mehr gab.

Der Fall Hanon, die kraftraubende Zeitschau, ein hinterhältiger Koch, die Rückfahrt zum Château und der schwere Unfall. Was war dann passiert? Wie ging es Nicole?

Zamorra riss die Augen auf. Es war dunkel. Außerhalb des Raumes gab es undefinierbare Geräusche. Wichtiger war jedoch, was er nicht hörte. Egal, wie sehr er sich auch anstrengte, da waren kein Piepen oder sonstige Geräusche, die für gewöhnlich von elektrischen Geräten wie Herzmonitoren oder Lungenmaschinen produziert wurden.

Ist das hier also kein Krankenzimmer?

Vorsichtig drehte er den Kopf zur Seite und war überrascht, wie einfach es ihm gelang. Nichts schränkte die Bewegung ein. Da waren kein Beatmungsschlauch und keine Fixation zur Ruhigstellung seiner Wirbelsäule. Wie war das nur möglich? Der Unfall war schwer gewesen. Es grenzte an ein Wunder, dass er überlebt hatte. Dass er unverletzt war, hielt er für schlicht unmöglich.

Irritiert konzentrierte er sich und suchte nach Anzeichen von Schmerzen, fand jedoch keine. Natürlich gab es gute Schmerzmittel, meist erzeugten sie im Tausch für die Schmerzen eine Taubheit oder Übelkeit. Zamorra spürte nichts davon. Ganz im Gegenteil, er war überraschend klar im Kopf.

Jetzt sah er auch zur anderen Seite und hielt erschrocken inne, als er ein Rascheln hörte.

»Du bist also endlich wach«, hörte er eine Frauenstimme, und ein matter Lichtschein breitete sich aus.

Das Licht reichte aus, um zu erkennen, dass dies mit Sicherheit kein Krankenzimmer war. Ganz im Gegenteil, es sah eher wie das Schlafzimmer in einem Wohnwagen älterer Bauart aus. Sehr beengt, viel Kunststoff und ein fest geschraubter Tisch am Boden.

Vorsichtig drehte sich Zamorra zur Sprecherin, da er keine nachteiligen Reaktionen provozieren wollte. Er erblickte eine recht betagte Frau in einem Kittel und einer großen Hornbrille. Sie saß auf einem schmalen Hocker. Ihre lebhaften Augen betrachteten ihn. »Ich dachte schon, du wolltest gar nicht mehr aufwachen.«

Da ihm nichts fehlte, setzte sich der Professor langsam auf. »Ich erinner mich an einen Unfall, ab dann setzt meine Erinnerung aus. Wo bin ich hier?«

Die Frau lachte hell, so als sei das ein Witz gewesen. »Ich bin France, aber alle nennen mich Franny. Robert hat dich und deine Begleiterin in eurem Autowrack gefunden und hergebracht. Willkommen im Circus Obscura!«, erklärte Franny mit einem etwas nachdenklichen Gesichtsausdruck.

Begleiterin, durchzuckte es Zamorra. Wie hatte ihm nur Nicole entfallen können? Vielleicht hatte er doch etwas abbekommen, einen Schlag gegen den Kopf beispielsweise.

»Wie geht es ihr?«

Franny machte eine wegwerfende Geste und lächelte.

»Euer Wagen ist zwar völlig zerstört, aber ihr beide hattet beinahe überirdisches Glück. Nicole sogar noch etwas mehr als du. Sie bereitet sogar schon ihre Nummer vor.«

Zamorra glaubte, sich verhört zu haben.

»Wie bitte?«

Die ältere Frau lächelte.

»Fast jeder im Circus Obscura hat eine Nummer, die er während der Aufführung darbietet. Deine Freundin arbeitet bei den Löwen, Zamorra.«

Er stutze. Nicole musste Franny seinen Namen verraten haben.

»Ich träume noch, oder?«

Hatte Franny zuvor nachdenklich gewirkt, sah der Professor jetzt echte Traurigkeit auf ihren Gesichtszügen.

»Keineswegs, mein lieber Junge. Der Circus Obscura ist von nun an euer Zuhause.«