Professor Zamorra 1177 - Stefan Hensch - E-Book

Professor Zamorra 1177 E-Book

Stefan Hensch

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Bestien aus dem Subraum

Zamorra sah die Weltkugel vor sich. Er hatte Fotografien aus dem Weltall und von der Mondoberfläche gesehen, die die Erde auf diese Art und Weise gezeigt hatten.Doch in sich trug er die Gewissheit, dass dies keine Fotografie war. Der Anblick erfüllte ihn mit Ehrfurcht, doch dann begann sich der Planet drastisch zu verändern. Erst langsam und dann immer schneller zeigten sich bräunliche Verfärbungen auf dem majestätischen blauen Planeten. Was der Parapsychologe sah, glich dem Verwesungsprozess eines Apfels, aber hier war ein ganzer Planet betroffen ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 146

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Bestien aus dem Subraum

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Tithi Luadthong/shutterstock

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8306-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Bestien aus dem Subraum

von Stefan Hensch

Zamorra sah die Weltkugel vor sich. Er hatte Fotografien aus dem Weltall und von der Mondoberfläche gesehen, die die Erde auf diese Art und Weise gezeigt hatten. Doch in sich trug er die Gewissheit, dass dies keine Fotografie war.

Der Anblick erfüllte ihn mit Ehrfurcht, doch dann begann sich der Planet drastisch zu verändern. Erst langsam und dann immer schneller zeigten sich bräunliche Verfärbungen auf dem majestätischen blauen Planeten.

Was der Parapsychologe sah, glich dem Verwesungsprozess eines Apfels, aber hier war ein ganzer Planet betroffen …

Greenwich

Sam Lawson saß am Frühstückstisch, und seine erste Tasse Kaffee war noch halb voll. Das bedeutete für Jane, dass sie ihre bessere Hälfte besser noch nicht ansprechen sollte. Sam war nicht einfach nur ein Morgenmuffel. Vor der zweiten Tasse Kaffee war der junge Bankangestellte absolut nicht ansprechbar. In der Hinsicht glich Sam einem in die Jahre gekommenen Computer, der zum Hochfahren einfach etwas mehr Zeit brauchte. Aus dem Grund lief beim Ehepaar Lawson in der Küche schon zum Frühstück der Fernseher, denn Jane war das krasse Gegenteil ihres Göttergatten. Das war zu Beginn ihrer Beziehung ein echtes Problem gewesen, doch Jane hatte sich auch an diese Eigenheit von Sam gewöhnt.

Während Jane interessiert auf die Mattscheibe starrte, trank Sam mechanisch in kleinen Schlucken seinen Wachmacher und leerte seine Tasse. Mit einem verschlafenen Gesichtsausdruck schenkte er sich die zweite Tasse Kaffee ein. So sah der typische Morgen bei den Lawsons aus. Doch heute würde das Leben des Ehepaars ziemlich durcheinandergewirbelt werden!

Das Koffein zeigte seine Wirkung. Von Minute zu Minute wurde Sam fitter, und sein Gesichtsfeld erweiterte sich. Halb unterbewusst nahm er wahr, dass die Sendung von einem Werbeblock unterbrochen wurde. Jane sah aber stur weiter auf den Fernseher, sodass sich Sam fragte, wer von ihnen beiden gerade eigentlich wach wurde und wer wieder einschlief.

»Sam, da musst du dich einfach melden!«, rief Jane.

»Was?«

Die Ehefrau sah ihren immer noch nicht gerade fitten Ehemann ungläubig an. »Na guck doch, der Werbespot!«

Widerwillig schaute er zum Fernseher und sah, wie eine Telefonnummer eingeblendet wurde. »Sind Sie medial begabt? Melden Sie sich bei unserer Hotline und nehmen Sie an einer großen TV-Show teil!«

Ohne den Kopf zu drehen, blickte Sam zu seiner Frau. »Das ist doch Humbug! Was soll ich denn im Fernsehen?«

Auf dem Fernsehbildschirm erschien eine Einblendung in goldenen Lettern, und ein Jingle wurde eingespielt.

»250.000 Pfund! So viel wie Paul Potts bei Britain`s Got Talent gewonnen hat. Damit wären wir definitiv die Hypothek los!«

Sam schüttelte den Kopf. »Ich bin aber nicht Paul Potts, ich kann noch nicht mal singen!«

Doch Jane hatte schon entschieden. Die schlanke Frau mit dem blonden Kurzhaarschnitt stand von ihrem Platz auf und ging zum Telefon.

»Jane, ich bitte dich!«, versuchte es Sam unterwürfig.

Doch die Blondine wählte schon mit fliegenden Fingern die Nummer, die sie gerade im Fernsehspot gesehen hatte. Wenn ihr Göttergatte schon sonderbare Vorahnungen hatte und sie keinerlei Geheimnisse vor ihm haben konnte, dann sollte sich das wenigstens auch mal auszahlen!

Nach kurzem Warten hörte die schlanke Frau ein Freizeichen. Kurze Zeit später lief eine Bandansage ab, die sie dazu aufforderte, Namen und Telefonnummer der Person zu nennen, die teilnehmen wollte. »Sam Lawson, 020-8305-9619«, sagte Jane und legte auf.

»Wir hören sowieso niemals etwas von denen, das ist doch nur Nepp, um Geld mit den Anrufen zu machen, und wahrscheinlich landen unsere Daten jetzt in irgendeiner Datenbank!«

Jane verzog das Gesicht zu einer Grimasse und ahmte ihren Ehemann nach. »Ich weiß zwar jedes Mal, was meine Frau mir zum Geburtstag kauft und wann sie mich anflunkert, aber die Lottozahlen kann ich natürlich nicht voraussagen!«

Bevor Sam zu einer Antwort ansetzen konnte, drückte sie ihrem Mann einen flüchtigen Kuss auf die Wange und huschte in den Flur. »Schatz, die Arbeit ruft! Du versuchst jetzt einmal, deine Gabe mit Gewinn einzusetzen, jammere deshalb jetzt nicht rum!« Ohne eine Antwort abzuwarten, zog sie die Haustüre hinter sich ins Schloss und machte sich auf den Weg.

Sam sah in seine zweite Tasse Kaffee, die noch nicht einmal zur Hälfte geleert war. Heute war einfach kein guter Tag, wobei ihm das normalerweise erst an seinem Arbeitsplatz in der Bank auffiel. Das konnte ja noch heiter werden!

Und Sam Lawson ahnte gar nicht, wie recht er wieder einmal behalten sollte, denn genau in dem Moment klingelte das Telefon.

»Lawson«, meldete er sich knapp. Der Anrufer sprach, und Sam hörte zu.

»Ja, das ist richtig.«, sagte der junge Banker nach kurzer Zeit und verzog dabei das Gesicht. Doch er musste wieder daran denken, was Jane gesagt hatte. Vielleicht bot sich da jetzt ja wirklich die Gelegenheit, endlich mal etwas mit seinen Fähigkeiten zu verdienen. Sam hatte regelmäßig die seltsamsten Eingebungen, die sich bisher allesamt auf mysteriöse Art und Weise bewahrheitet hatten. Aber wie oft hatte er versucht, beim Lotto zu tricksen? Es hatte einfach nicht funktionieren wollen, so als wäre da eine Blockade, die ihm den großen Gewinn verwehrte

»Ja, da habe ich schon Feierabend. Das lässt sich einrichten!«, antwortete er.

Das Gespräch war beendet, und der Banker hielt kurz inne. Jane würde zufrieden sein, denn er hatte soeben ein Termin für das seltsame Casting vereinbart und zwar noch heute! Wenn er jetzt nur nicht so ein mieses Gefühl gehabt hätte, aber das war sicher völlig unbegründet …

In einer anderen Dimension, jenseits von Raum und Zeit

Es gibt so viele Schöpfungsmythen, wie es auch Völker gibt. Viele dieser Schöpfungsgeschichten gehen davon aus, dass Gott die Welt aus dem Chaos erschaffen hat. In einigen Schriften wird das Chaos fälschlicherweise auch als Nichts interpretiert, aber kann man überhaupt Materie aus dem Nichts heraus erschaffen?

Das Chaos hatte vor der Ordnung geherrscht, und es war keinesfalls ein nichtstoffliches Vakuum, sondern Unordnung, Wildheit und Boshaftigkeit. All das spiegelte sich in den Kreaturen wider, die vor unglaublich fernen Zeiten in ein Gefängnis außerhalb unserer Dimension getrieben worden waren. Die Wesen hatten keinen Namen und verfügten lediglich über ein Kollektivbewusstsein, wie es auch bei Bienen- und Fischschwärmen der Fall war. Doch der Unterschied zu diesen Lebewesen war kaum zu übersehen. Bei den Wesen des Subraums handelte es sich um eine schier endlose Zahl von Kreaturen aus reiner Muskelmasse, die zudem nur aus Klauen und Zähnen zu bestehen schienen und nur entfernt humanoide Züge aufwiesen. Die deutlich übermannshohen Monstren vegetierten nun schon seit unzähligen Zeiten zusammengerollt in einem tiefen Dämmerschlaf. Ihr Metabolismus hatte einfach ausgesetzt, und es war, als bestünden ihre Körper lediglich aus unbelebter Materie. Doch das war eine der Eigenschaften, die die Wesen von ihrem Ursprung geerbt hatten, dem Chaos!

Eines der Wesen am Rand des unermesslich großen Schwarms schlug ein Auge auf, denn etwas hatte sich verändert. Sofort pulsierte wieder das Leben in der Kreatur aus Horn, Muskeln und Zähnen. Neugierig richtete sie sich auf und legte den Kopf schräg. Schnell schoss eine bläuliche Zunge zwischen dem aus mehreren Zahnreihen bestehenden Kiefer hervor und züngelte tastend mit den Rezeptoren darauf in die Richtung, aus der das Wesen etwas gewittert hatte. Es war sich ganz sicher. Da war etwas gewesen, etwas aus Fleisch und Blut, das es töten und mit dem Keim des Chaos infizieren konnte!

Die Gier flammte durch den Körper des monströsen Wesens. Es breitete die vier Arme aus und rieb spielerisch die gut fingerlangen Klauen aneinander. Wenn die Beute näher kam, würden auch die anderen Bestien des Schwarms aufgeweckt. Im Subraum lebte, tötete und fraß man im Kollektiv!

Doch das Wesen hatte die Witterung verloren, die Beute war wieder verschwunden. Mit einem Seufzer sank die Bestie wieder in sich zusammen, und ihr zentrales Nervensystem schaltete sich wieder völlig ab. Metabolismus und Atmung des Wesens hörten auf, und es war, als hätte es sich niemals bewegt und wäre schon seit Unzeiten nicht mehr lebendig.

Doch die Bestien waren nicht tot, nur weil sie Jahrhunderte, wenn nicht sogar Jahrtausende, in einer todesähnlichen Stasis verweilten. Damit die Kreaturen starben, musste erst der Tod die Zeit besiegen, denn dies war das Reich des Chaos!

Berlin, Hotel Estrel

Professor Zamorra zweifelte an sich selbst. Neben seiner Rolle als Dämonenjäger hatte er auch immer noch den Zwängen und Gepflogenheiten des akademischen Betriebs zu entsprechen versucht. Vorträge und Keynotes, Vorlesungen als Gastdozent, Lesungen in Buchhandlungen und die Produktion wissenschaftlicher Texte waren davon unter anderem die Stützpfeiler gewesen. Dabei hatte er es immer wieder auch mit Kritikern und Skeptikern zu tun bekommen, deshalb bereitete ihm der Umgang mit solchen Leuten keinerlei Bauchschmerzen mehr.

Doch gerade in dem Moment, als er in den Badezimmerspiegel des Hotels sah, war er ratlos, weshalb er die Buchung zu dem Vortrag überhaupt angenommen hatte. Sicher, das exorbitant hohe Honorar hatte sein eigenes, definitiv nicht unbedeutendes, Gewicht in die Waagschale geschmissen.

Aber spätestens, als er den Namen seines Auftraggebers gehört hatte, hätte er stutzig werden müssen. Forum Hochtechnologie, hörte sich jedenfalls sehr eindeutig an. Es erwarteten ihn keine geduldigen Studenten, wohlmeinenden Kollegen oder interessierten Laien. Stattdessen würde er in einem Saal vor Managern, Ingenieuren, Physikern und vielleicht sogar Politikern stehen. Also stellte sich nicht die Frage, ob vielleicht ein Skeptiker unter seinen Zuhörern war. Zamorra fragte sich vielmehr, ob es in dem Veranstaltungsraum des Hotels überhaupt einen einzigen auch nur halbwegs neutralen Zuhörer geben würde!

Er atmete tief ein und schloss die Augen, atmete langsam aus und noch einmal ein. Als er die Augen wieder öffnete, hatte er sich immerhin etwas beruhigt. Die haben eine stattliche Summe bezahlt, dachte der Professor. Ob jemand aus purem Sadismus viel Geld ausgab, nur um jemanden vor einer Menschenmenge zu demütigen, oder auf neudeutsch, zu grillen?

Ein Grinsen machte sich auf seinem Spiegelbild breit, denn er wusste, dass es solche Menschen natürlich gab. Aber das Lächeln brach das Eis. Er verfügte über genug Erfahrung, um jede Situation meistern zu können. Außerdem trug Zamorra Merlins Stern auf der Brust! Wenn seine mächtigste Waffe gegen Dämonen und andere Wesen des Schattenreichs eingesetzt werden konnte, dann musste sie doch auch ihre Wirkung in dem Haifischbecken aus Top-Managern und Technokraten zeigen!

»Es ist mir eine ganz besondere Freude, Ihnen heute Abend den weltweit renommierten Parapsychologen Professor Zamorra DeMontagne von der Sorbonne in Paris vorstellen zu dürfen!«, sagte die bezaubernde Moderatorin des Abends. Der Parapsychologe hatte schon wieder den Namen der Frau vergessen, bedankte sich aber brav mit einem Nicken.

Beifall füllte den restlos ausgebuchten Saal aus, und der Professor trat an das Sprecherpult. Ein Nerd aus der Technik hatte ihm vorher ein nahezu unsichtbares und drahtloses Headset verpasst, sodass sich Zamorra während seines Vortrags frei auf der Bühne bewegen konnte.

Zu Beginn wollte er es aber ganz klassisch angehen lassen. Das Lampenfieber war wie weggeblasen, als er der Menge zunickte. »Vielen Dank für die Einladung zu dem Abend und den freundlichen Empfang.«

Zamorra deutete ohne hinzusehen auf die Leinwand auf der Bühne. »Ich möchte Ihnen heute etwas zum Thema Parapsychologie und deren Perspektiven zu Reisen durch Zeit und Raum vortragen.«

Der Professor machte eine Pause und sah ins Publikum, um zu überprüfen, ob bereits die üblichen Spaßvögel und sonstigen Störer aktiv wurden. Die Beleuchtung der Bühne erschwerte sein Unterfangen zwar etwas, aber im Saal war es ruhig, und er konnte weit und breit keinen Störenfried entdecken. Sollten seine Befürchtungen also völlig unberechtigt gewesen sein?

Zamorra war auf der Mitte der Bühne angekommen und verharrte. Der Vortrag war bisher gut gelaufen, das spürte er als routinierter Vortragsredner einfach. Auf der Leinwand hinter ihm erschien eine Darstellung, die den Anwesenden definitiv aus Funk und Fernsehen bekannt sein musste. Er drehte sich herum und zeigte auf das Bild der NCC-1701 und damit auf das Raumschiff, das auch unter dem Namen Enterprise weltberühmt geworden war.

»Hollywood hat die Idee des Hyperraums durch Serien und Kinofilme einem Massenpublikum zugänglich gemacht. Ich ziehe jedoch definitiv die Bezeichnung Subraum vor, denn es handelt sich nicht um eine Dimension, die anderen Dimensionen übergeordnet wäre. Genau genommen handelt es sich eher um einen Raum zwischen den Dimensionen.«

Zamorra ging zum Pult und nahm einen Schluck Wasser. Das Publikum hörte ihm weiterhin aufmerksam zu und zeigte immer noch keine Ermüdungserscheinungen. »Nach allem, was ich gesagt habe, wissen wir, dass die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten eben keine Gerade, sondern ein Punkt ist. Das habe ich ihnen ja bereits am Beispiel eines Wurmlochs skizziert. Betrachten wir das Konstrukt des Subraums, dann müsste sich eine solche Verbindung auch künstlich erschaffen lassen. Das einzige Problem bei dem Unterfangen ist das gleiche Problem, wie es auch zwangsläufig bei Zeitreisen entsteht.«

Zamorra machte eine Pause und nickte unmerklich einer Person hinter der Bühne zu. Aus den Lautsprechern des Raums Drang die deutsche Synchronstimme von James T. Kirk, dem Kapitän der USS Enterprise. »Energie!«

Das Publikum erkannte den Fingerzeig, und Zamorra erntete Lacher und Applaus. Daraufhin nickte er und bedankte sich für die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer.

Die Moderatorin erschien wieder auf der Bühne und bedankte sich nun ihrerseits im Namen der Besucher bei ihm für den Vortrag.

Als Nächstes war noch eine kurze Runde Q&A eingeplant, deshalb blieb der Professor noch auf seiner Position. Im Publikum erhob sich ein älterer Mann, der einen altmodischen Anzug trug. In der Brusttasche sah Zamorra zwei Kugelschreiber und wusste sofort, dass es sich entweder um einen Ingenieur oder einen Physiker handeln musste, denn bei dem Zuhörer übertrumpfte glasklar Funktionalität jede Form der Ästhetik.

Ein Helfer brachte das Mikrofon zu dem Mann, der es mit einer linkischen Bewegung entgegennahm. »Sie haben sehr anschaulich über die Chancen und den Nutzen einer Technologie gesprochen, die sich des Subraums äh … bemächtigt. Was ist aber mit den Gefahren?«

Überrascht zog Zamorra die linke Augenbraue in die Höhe. Er hatte absichtlich ausschließlich von den Chancen und positiven Aspekten der Theorie gesprochen, denn gerade die Risiken boten Skeptikern genug Munition.

»Sehen Sie, jede Technologie birgt sowohl Risiken als auch Chancen. Hier ging es heute Abend ja auch nur ausschließlich um die Perspektive, die die Parapsychologie auf das Thema des Subraums einnimmt.« Zamorra machte eine kurze Pause und hatte schon gehofft, dass die durchaus ausweichende Antwort dem älteren Herrn im ebenso altmodischen Anzug genügen würde, doch da hatte er sich getäuscht. Der Mann blieb stehen und sah ihn mit einem schmalen Lächeln herausfordernd an.

»Denkbar wären zum Beispiel Fehler bei der Navigation durch den Subraum. Nach allem, was wir heute annehmen, müssen unsere Naturgesetze und unsere Logik dort nicht unbedingt gelten. Das könnte dazu führen, dass der Reisende an einem ganz anderen Ziel ankommt.« Zamorra spürte immer noch den prüfenden Blick des Fragestellers auf sich, ebenso aber auch das aufrichtige Interesse des Mannes. »Sie denken aber in eine ganz bestimmte Richtung, oder? Was beschäftigt Sie?«

Der ältliche Mann nickte schnell. »Ich stelle mir die Frage, ob nicht auch etwas durch den Subraum zu uns kommen könnte!«

Die Frage hatte es durchaus in sich, was der Professor auch durch die Reaktion des Publikums widergespiegelt bekam. Wie gebannt verfolgten die Zuhörer das Gespräch und hingen an seinen Lippen.

Blitzschnell überschlug er seine Optionen und entschied sich für eine gemäßigte Antwort, denn er wollte den Vortrag nicht eskalieren lassen. Die Wahrheit fand zwar immer ihren Weg, aber das war nicht der Ort und auch nicht die richtige Zeit für die Anekdoten eines Dämonenjägers.

»Wenn wir unsere Theorie dahingehend erweitern wollen, dass es da draußen intelligentes Leben gibt, dann kann ich die Frage durchaus bejahen!«

Der Mann bedankte sich und nahm wieder Platz.

Als Nächstes folgten ein paar sehr oberflächliche Fragen, und die Veranstaltung neigte sich ihrem Ende zu.

Durchaus mit sich und der Leistung des Abends zufrieden, ging Zamorra von der Bühne. Jemand berührte ihn sachte an der Schulter. Überrascht drehte er sich um und sah sich wieder dem Fragesteller von vorhin gegenüber.

»Ich wollte Sie keinesfalls in Verlegenheit bringen, Herr Professor! Mein Name ist Doktor Eric Cartland.«, sagte der Mann und reichte dem Parapsychologen zuerst seine Rechte und danach eine Visitenkarte.

Doch bevor Zamorra etwas erwidern konnte, erschien der Veranstalter des Abends und nahm den Professor überschwänglich voll und ganz in Beschlag, um ihn einigen vermeintlich ganz besonders wichtigen Gästen vorzustellen.

Forschungseinrichtung der Gray Corporation, irgendwo in der Eifel, Deutschland

John Phelps betrachtete die monströsen Transformatoren mit einer Mischung aus professionellem Interesse und Faszination. Als Physiker waren ihm die Wirkungen des Elektromagnetismus absolut geläufig, doch die Anwendungsmöglichkeiten dieser Technik waren definitiv noch lange nicht erschöpft. Weiterhin gab es Wirkungen des Elektromagnetismus, die bisher gar nicht oder nur völlig unzureichend untersucht worden waren. Hier leistete Doktor Cartland als Leiter des Projekts absolute Pionierarbeit.

Das Steckenpferd von Cartland waren rotierende Magnetfelder. Bei einem der vorherigen Versuche hatte der Projektleiter quasi zufällig eine sehr bemerkenswerte Entdeckung gemacht, auf der nun die aktuellen Experimente basierten. Er hatte beobachtet, dass es in einem spezifischen Frequenzbereich beim Kontakt von zwei gleich starken, aber gegenläufig rotierenden Magnetfeldern zu einer Art magnetischer Verwirbelung im Raum kam. Das jetzige Experiment sollte untersuchen, wie ein drittes Magnetfeld sich auf den Versuchsaufbau auswirkte.

Phelps selbst bastelte noch an seiner akademischen Karriere und assistierte deshalb Doktor Cartland bei seiner Arbeit. Man konnte auch sagen, dass Phelps die Drecksarbeit erledigte. Reparaturen an der Anlage, Putzaktionen und Besorgungsfahrten waren das Tagesgeschäft des jungen Physikers.