Profiling Murder Fall 1 - 3 - Dania Dicken - E-Book

Profiling Murder Fall 1 - 3 E-Book

Dania Dicken

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Beschreibung

Laurie Walsh war eine erfolgreiche Polizistin. Bis sie aus Notwehr schießen musste - und ein Mensch starb. Die Bilder verfolgen sie jede Nacht - selbst jetzt, mehr als ein Jahr später. Doch dann meldet sich ihr ehemaliger Partner Jake und bittet sie um Hilfe bei einem Fall. Und Laurie wird klar, wie sehr ihr Herz noch an der Polizeiarbeit hängt. Immer wieder hilft sie Jake fortan bei harten Fällen, die die Ermittler tief erschüttern. Und gerät dabei nicht selten selbst ins Visier der Täter ...

Folge 1: Ein Serienmörder treibt sein Unwesen in Baltimore. Sein perfides Spiel hält die Stadt in Atem: Er holt sich die Frauen unbemerkt vom Straßenstrich, quält und foltert sie tagelang und verstümmelt sie noch kurz vor ihrem Tod. Und die Polizei tappt im Dunkeln. Erst dank Lauries Hilfe kommt Detective Jake McNeill dem Täter schließlich doch auf die Spur. Aber dann verschwindet eine weitere junge Prostituierte - und diesmal kennt Laurie sie persönlich.

Folge 2: Ein Mann ersticht seine Verlobte auf brutalste Art und Weise - und ruft selbst den Notruf. Angeblich hat ein Dämon ihm befohlen, die Tat zu begehen. Doch Jake glaubt ihm sein Geständnis nicht: Der Mann hatte kein Motiv, ist nicht psychisch krank und stand auch nicht unter dem Einfluss irgendwelcher Drogen. Wieder bittet er Laurie um Unterstützung. Doch diesmal wird Laurie tiefer in den Fall gezogen, als ihr lieb ist ...

Folge 3: In Phoenix arbeitet Laurie endlich wieder als Polizistin an Jakes Seite. Gleich ihr erster gemeinsamer Fall hat es in sich: Im Lake Pleasant National Park wurden stark verweste Leichenteile gefunden - von mehreren Personen, alle zerstückelt. Ihre Ermittlungen ergeben, dass alle Opfer Obdachlose, Junkies und Prostituierte waren - und dass zahlreiche weitere Menschen vermisst werden. Doch auch der Täter hat von den Ermittlungen Wind bekommen und fasst einen perfiden Plan - mit Laurie in der Hauptrolle.

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Seitenzahl: 486

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

CoverPROFILING MURDER – Die SerieÜber diese FolgeÜber die AutorinTitelImpressumFall 1: Blutige TränenDonnerstag, 18. AprilFreitag, 19. AprilSamstag, 20. AprilSamstag, 20. AprilSonntag, 21. AprilMontag, 22. AprilMittwoch, 24. AprilDonnerstag, 25. AprilFreitag, 26. AprilSamstag, 27. AprilMontag, 29. AprilSamstag, 4. MaiFall 2: Kalter AbgrundDienstag, 21. MaiDonnerstag, 23. MaiSamstag, 25. MaiMontag, 27. MaiDienstag, 28. MaiMittwoch, 29. MaiDonnerstag, 30. MaiFreitag, 31. MaiSamstag, 1. JuniFreitag, 7. JuniDonnerstag, 27. JuniFall 3: Langsamer TodDienstag, 9. Juli Mittwoch, 10. Juli Donnerstag, 11. JuliFreitag, 12. JuliSamstag, 13. JuliMontag, 15. JuliDienstag, 16. JuliMittwoch, 17. JuliDonnerstag, 18. JuliFreitag, 19. Juli, morgensFreitag, 19. Juli, nachmittagsSamstag, 20. JuliMittwoch, 24. Juli

PROFILING MURDER – Die Serie

Laurie Walsh war eine erfolgreiche Polizistin. Bis sie aus Notwehr schießen musste – und ein Mensch starb. Die Bilder verfolgen sie jede Nacht – selbst jetzt, mehr als ein Jahr später. Doch dann meldet sich ihr ehemaliger Partner Jake und bittet sie um Hilfe bei einem Fall. Und Laurie wird klar, wie sehr ihr Herz noch an der Polizeiarbeit hängt. Immer wieder hilft sie Jake fortan bei harten Fällen, die die Ermittler tief erschüttern. Und gerät dabei nicht selten selbst ins Visier der Täter ...

Profiling Murder – Fall 1: Blutige Tränen

Ein Serienmörder treibt sein Unwesen in Baltimore. Sein perfides Spiel hält die Stadt in Atem: Er holt sich die Frauen unbemerkt vom Straßenstrich, quält und foltert sie tagelang und verstümmelt sie noch kurz vor ihrem Tod. Und die Polizei tappt im Dunkeln. Erst dank Lauries Hilfe kommt Detective Jake McNeill dem Täter schließlich doch auf die Spur. Aber dann verschwindet eine weitere junge Prostituierte – und diesmal kennt Laurie sie persönlich ...

Profiling Murder – Fall 2: Kalter Abgrund

Ein Mann ersticht seine Verlobte auf brutalste Art und Weise – und ruft selbst den Notruf. Angeblich hat ein Dämon ihm befohlen, die Tat zu begehen. Doch Jake glaubt ihm sein Geständnis nicht: Der Mann hatte kein Motiv, ist nicht psychisch krank und stand auch nicht unter dem Einfluss irgendwelcher Drogen. Wieder bittet er Laurie um Unterstützung. Doch diesmal wird Laurie tiefer in den Fall gezogen, als ihr lieb ist ...

Profiling Murder – Fall 3: Langsamer Tod

In Phoenix arbeitet Laurie endlich wieder als Polizistin an Jakes Seite. Gleich ihr erster gemeinsamer Fall hat es in sich: Im Lake Pleasant National Park wurden stark verweste Leichenteile gefunden – von mehreren Personen, alle zerstückelt. Ihre Ermittlungen ergeben, dass alle Opfer Obdachlose, Junkies und Prostituierte waren - und dass zahlreiche weitere Menschen vermisst werden. Doch auch der Täter hat von den Ermittlungen Wind bekommen und fasst einen perfiden Plan – mit Laurie in der Hauptrolle.

Über die Autorin

Dania Dicken, Jahrgang 1985, schrieb ihr erstes Buch als Zehnjährige – per Hand und mit dem guten Gefühl, eine Berufung gefunden zu haben, die bleiben würde. Während ihres Studiums verfasste sie dann zunächst Fantasyromane, die sie im Selbstverlag veröffentlichte. Nach einigen Semestern beschloss sie, ihr Soziologiestudium an der Universität Duisburg gegen einen interdisziplinären Psychologie- und Informatik-Studiengang zu tauschen, was sich schnell als richtige Entscheidung erwies. Mit den Grundlagen aus dem Psychologiestudium setzte sie ein lang gehegtes Vorhaben in die Tat um und schreibt seitdem spannende Profiler-Thriller. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter in Krefeld und widmet sich hauptberuflich dem Verfassen spannender Bücher.

Dania Dicken

Fall 1–3

beTHRILLED

 

Digitale Erstausgabe

 

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

 

Für alle Originalausgaben:

Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

 

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

 

Lektorat/Projektmanagement: Anna-Lena Meyhöfer

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von Motiven von © Shutterstock: Picsfive | Vladimir Arndt | Here

eBook-Erstellung: Dörlemann Satz, Lemförde

 

ISBN 978-3-7325-8233-4

 

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Dania Dicken

Fall 1Blutige Tränen

Donnerstag, 18. April

Beim Betreten der Bar fühlte Laurie sich wie zu Hause. Sie wurde empfangen von nicht zu lauter Musik, Gelächter und gedimmtem Licht, das zusammen mit den Backsteinwänden für die typische Atmosphäre der Sidebar Tavern sorgte. In der düsteren Rockkneipe lief man selten Gefahr, auf Touristen zu stoßen. Dafür war sie zu klein und nach neun Uhr abends mit täglichen Bandauftritten auch zu laut.

Nach kurzem Suchen entdeckte sie Jake an der Theke und ging lächelnd auf ihn zu. Er bemerkte sie nicht gleich, war zu sehr in sein Gespräch mit Barkeeperin Norma vertieft. Doch bevor Laurie ihn erreicht hatte, wandte er sich ihr zu und rutschte von seinem Barhocker.

»Hey«, sagte er und umarmte sie auf dieselbe kollegiale Art wie früher. Lächelnd erwiderte Laurie die Umarmung.

»Schön, dich zu sehen«, erwiderte sie die Begrüßung und nahm neben ihm an der Theke Platz. Norma nickte ihr gleich zu und grinste sie an.

»Du lebst ja auch noch. Wie immer?«

Laurie nickte. »Wie immer.«

Erst, als sie Jake wieder ansah, wurde ihr bewusst, dass er sie interessiert anstarrte.

»Was?«, fragte sie irritiert.

»Nichts. Ich habe nur gerade festgestellt, dass du gut aussiehst – so ausgeglichen.«

»Danke. Dir ging es aber auch schon schlechter.«

Jakes anschließendes Lachen klang halb amüsiert, halb resigniert. »Dabei hätte ich gerade ausreichend Gründe, unzählige Überstunden anzuhäufen.«

»Aber du bist hier.«

»Ja, weil ich mich darauf gefreut habe, meine alte Partnerin wiederzusehen. Du fehlst mir wirklich, Laurie.«

»Kommst du denn mit Alex nicht zurecht?«

»Doch, sicher. Aber ich wünschte trotzdem, du hättest deine Dienstmarke nicht an den Nagel gehängt.«

Laurie zuckte bedauernd mit den Schultern. »Ehrlich gesagt mag ich meinen neuen Job.«

»Junkies therapieren … Ist das kein aussichtsloser Kampf?«

»Nicht grundsätzlich. Es hat was, den Leuten zu helfen, bevor man die Handschellen klicken lassen muss.«

»Okay, das verstehe ich. Mir bleibt ja gerade wieder nur, Leichen einzusammeln …«

»Und das als Detective bei der Mordkommission des Baltimore PD!«, neckte Laurie ihn nicht ganz ernst gemeint, aber er knuffte sie trotzdem in die Seite. Plötzlich wich der heitere Ausdruck aus seinen markanten Zügen und Jake wurde unerwartet ernst.

»Ich bin nicht sicher, ob wir es mit einem Serienmörder zu tun haben.«

Norma stellte einen Ipanema vor Laurie ab, die der Barkeeperin ein paar Dollars hinschob. Während Laurie begann, am Strohhalm zu knabbern, musterte sie Jake abwartend.

Ihr früherer Kollege war nicht übermäßig groß, aber muskulös gebaut, hatte markante Gesichtszüge und kurzes dunkles Haar. Sein Dreitagebart war gepflegt, so schlimm konnte der Stress also noch nicht sein.

»Das Ganze ist eine unschöne Sache«, begann Jake nach einem Augenblick des Zögerns und beugte sich zu ihr hinüber, bevor er weitersprach. »Vielleicht hast du von der Frauenleiche gehört, die vor zwei Wochen in Elwood Park in einer Mülltonne gefunden wurde.«

Laurie überlegte kurz, schüttelte dann aber den Kopf. »Bislang nicht.«

»Eine junge Frau, splitternackt. Am Montag wurde auf jeden Fall eine zweite Leiche südlich der Interstate 895 im Marschland gefunden und wir haben die Sache jetzt auf dem Tisch.«

»Wie kommt ihr denn zu der Ehre?«

»Alex hatte mal einen ähnlichen Fall in Philly. Da war es auch ein Serienmörder.«

»Hat er ihn erwischt?«

Jake nickte. »Das scheint ihn zu qualifizieren. Aber unter uns gesagt: Ich muss gestehen, dass wir immer noch im Dunkeln tappen.«

Laurie wusste nicht gleich, was sie erwidern sollte. Sie kannte Alex Lowe, Jakes neuen Partner. Er war schon Mitte dreißig und kam aus Philadelphia. Weil seine Verlobte einen Job am renommierten Johns Hopkins Hospital ergattert hatte, war er mit ihr nach Baltimore gezogen.

»Kein Verdächtiger?«

Jake schüttelte seufzend den Kopf. »Leider nicht, nein. Wir haben nicht mal DNA-Spuren.«

»Das macht es nicht besser.«

»Nein.«

Laurie bemerkte, dass Jake sein Diensthandy in der Hand hielt, es aber nicht auf die Theke legte.

»Ich werde dich jetzt nicht bitten, die Vorschriften zu missachten«, sagte Laurie, um ihn aus seiner Zwickmühle zu befreien, doch er schüttelte den Kopf.

»Das ist es nicht. Wir waren Partner, Laurie, und tatsächlich wäre mir deine Meinung sehr wichtig. Allerdings ist das kein schöner Anblick.«

Das entlockte ihr nur ein Schulterzucken. »Deine Entscheidung.«

»Okay …« Jake schaute sich um, aber es war niemand in ihrer Nähe und sie saßen ohnehin etwas abseits, deshalb nahm er sein Handy nun doch hoch und öffnete die Fotos. Dann reichte er es Laurie.

Gleich das erste Bild verschlug ihr fast den Atem. Auf einer fast vollen Mülltonne lag die seltsam verrenkte splitternackte Leiche einer jungen Frau mit braunem Haar. Sie war voller Blut. Aufmerksam studierte Laurie auch die nächsten Fotos, die einige unschöne Details in Nahaufnahme zeigten.

An den Handgelenken trug die Tote noch Fesseln, die Seile hatten sie ihr blutig gescheuert. Sie war mit Klebeband geknebelt, die kleinen Äderchen in ihren Augen waren geplatzt, sodass ihre Augäpfel rötlich statt weiß schimmerten. Die Würgemale an ihrem Hals passten dazu.

Auch an den Fußgelenken waren noch Stricke festgeknotet. Darauf achtete Laurie jedoch kaum. Sie betrachtete entsetzt die Verstümmelungen, die der Täter der Frau beigebracht hatte. Sie hatte blutige Bisswunden an den Brüsten und an ihren Beinen klebte getrocknetes Blut – viel getrocknetes Blut.

»Die Fotos aus der Gerichtsmedizin habe ich nicht hier«, sagte Jake leise. »Dort konnte man auf einigen Aufnahmen ganz gut sehen, dass der Täter sie wohl beschnitten haben muss, ganz präzise und gründlich.«

Laurie schluckte und verzog das Gesicht. »Das ist abstoßend.«

»So etwas habe ich noch nie gesehen. Der Pathologe meinte, dass sie wahrscheinlich tagelang gefoltert wurde. Vergewaltigt, geschlagen, man hat sie hungern lassen …« Jake schüttelte den Kopf. »Das raubt mir den Schlaf.«

»Das musst du mir nicht sagen«, murmelte Laurie.

»Die Tote aus dem Elwood Park ist Tonya Dawson, neunzehn, aus Washington, DC. Eine Ausreißerin, die hier auf den Strich gegangen ist. Soweit wir es rekonstruieren konnten, wurde sie dienstags zuletzt gesehen. Die Leiche wurde am folgenden Montag gefunden, da war sie laut Gerichtsmediziner etwa vierundzwanzig Stunden tot. Sie wurde erwürgt.«

»Und die andere Tote?«

»Die Fotos kommen gleich im Anschluss.«

Laurie wischte weiter mit dem Finger über das Display und verzog das Gesicht beim Anblick der nächsten Leiche. Sie lag im Wasser, in ihren dunklen Haaren hatten sich Pflanzenteile verfangen und der Körper war schon ein wenig aufgedunsen. Trotzdem hatte auch sie an Hand- und Fußgelenken noch Reste ihrer Fesseln und auch, wenn Blutspuren in diesem Fall fehlten, traf das auf die Verstümmelungen nicht zu. Auch sie war mit Biss- und Schnittwunden übersät.

»Das ist Hannah Spencer, achtzehn, hier aus Baltimore. Sie ist ebenfalls von zu Hause abgehauen, hat Drogen genommen und ist gelegentlich anschaffen gegangen. Sie ist am Sonntag vor einer Woche verschwunden und wurde Montag gefunden. Gelebt hat sie wohl noch bis Freitag«, erklärte Jake.

»Sieht fast ganz genauso aus.«

»Ja, das ist garantiert derselbe Täter. Nachweisen können wir es nicht, weil keine fremden DNA-Spuren gefunden wurden, aber wir überprüfen schon alle registrierten Sexualstraftäter in der Gegend. Bislang haben wir keinen Hinweis darauf, dass einer von ihnen als Täter infrage kommt. Für das, was der Typ mit den Frauen macht, braucht er ein abgelegenes Versteck oder einen sicheren Keller. Das haben wir uns bei allen Straftätern angesehen, aber nichts.«

»Vielleicht ist er nicht aus der Gegend. Oder er ist nicht vorbestraft.«

»Auf jeden Fall ist der Kerl gerissen und vorsichtig. Alex ist sich ziemlich sicher, dass wir seine DNA in der Datenbank haben, sonst würde er wohl kaum ein Kondom für die Vergewaltigungen benutzen. Und ganz ehrlich – mit so etwas Krassem fängt man doch nicht an. Der Kerl ist kein unbeschriebenes Blatt. Da bin ich mir sicher.«

»Auf jeden Fall schnappt er sich Opfer, an die er leicht rankommt.«

»Tonya wurde zuletzt auf dem Straßenstrich der South Conkling in Highlandtown gesehen«, sagte Jake. »Eine Täterbeschreibung haben wir nicht, nur eine Zeugenaussage, die einen dunklen Van beschreibt. Kein Modell, kein Kennzeichen. Tonya ist wohl freiwillig eingestiegen. Bei Hannah war es ähnlich, sie ist von der Dundalk Avenue verschwunden. Das hat überhaupt keiner mitbekommen. Bis jetzt haben wir zwei junge Frauen, die jemand regelrecht zu Tode gefoltert hat und Alex ist ziemlich nervös, weil der Abstand zwischen den Morden nicht sonderlich groß ist. Wenn wir Pech haben, sucht der Täter sich nächste Woche ein neues Opfer. Dann haben wir nicht nur eine weitere Tote, sondern auch ganz schlechte Presse … und ehrlich gesagt weiß ich nicht, was ich dagegen tun soll. Wir haben exakt gar nichts.«

Laurie schaute sich die Fotos erneut an. »Definitiv die gleiche Vorgehensweise.«

»Ja, das war derselbe Typ. Aber was sollen wir jetzt machen? Wovor sollen wir die Prostituierten warnen? Ich will keine Panik verbreiten.«

Die Zwickmühle, in der Jake sich befand, kannte Laurie nur zu gut. Foltermorde an Prostituierten verübt von einem Serienmörder – Laurie sah die Schlagzeile schon vor sich: Perverser Frauenmörder terrorisiert Baltimore – Polizei tappt im Dunkeln.

»Was sagt Alex dazu?«

»Er kennt einen Profiler beim FBI und hat ihm die Akten gezeigt, aber ehrlich gesagt hatten wir die Erkenntnisse alle schon selbst. Wir suchen einen Frauenhasser zwischen fünfundzwanzig und vierzig, der einschlägig vorbestraft ist. Er muss vertrauenerweckend genug sein, damit die Frauen in sein Auto steigen und er hat irgendwo Grundbesitz, wo er sie tagelang verstecken und foltern kann. Sein Auto ist groß genug, sowohl ein entführtes Opfer als auch eine Leiche zu transportieren. Er ist ein Sadist, der nicht aufhören wird, wenn wir ihn nicht stoppen.« Seufzend schüttelte er den Kopf. »Das war mir auch vorher schon klar.«

»Ich spitze mal die Ohren bei meinen Klienten«, bot Laurie an. »Einige von den Mädchen, die ich unterstütze, gehen ab und zu auf den Strich, um sich den nächsten Schuss zu finanzieren. Vielleicht haben die etwas gehört oder gesehen.«

»Danke, das ist nett von dir. Ich hatte jetzt auch nicht erwartet, dass du die große Erleuchtung hast … Wir beißen uns ja schon die Zähne daran aus«, sagte Jake frustriert.

»Wenn ihr nichts habt außer zwei Leichen, ist das auch verdammt schwierig«, versuchte Laurie, ihn aufzubauen.

»Lassen wir das.« Jake setzte sein schönstes Lächeln auf. »Wie geht es dir denn sonst so? Triffst du dich mit jemandem?«

»Eigentlich ziemlich gut. Mein Job ist manchmal anstrengend, aber welcher Job ist das nicht?«

»Wem sagst du das!«

»Was den Stress angeht, unterscheidet sich der Job des Sozialarbeiters nicht sehr von dem eines Polizisten. Es kann frustrierend sein, wenn jemand, den man gerade noch durch einen Entzug geschleust und in eine Therapie vermittelt hat, wieder rückfällig wird. Am schlimmsten ist es, wenn die Klienten einen Termin versäumen. Du weißt nie, was los ist. Haben sie ihn auf einem Trip bloß vergessen oder sind sie tot?«

Jake nickte ernst. »Das kann ich mir gut vorstellen. Wäre nichts für mich.«

»Bis jetzt gefällt es mir. Ansonsten ist es gerade eher ruhig bei mir. Mein letztes Date ist jetzt ein paar Monate her, aber daraus wurde nichts«, sagte Laurie ohne hörbares Bedauern. »Bist du immer noch mit Jennifer zusammen?«

Jake nickte, ohne Laurie anzusehen, und trank noch einen Schluck Bier. »Daran hat sich nichts verändert.«

Während sie sich über die Arbeit und auch private Dinge unterhielten, füllte die Sidebar sich zunehmend mit Leben. Laurie hatte sich nicht nur dort mit Jake getroffen, weil die Bar nicht weit vom Police Department entfernt lag und sie deshalb früher oft dort gewesen waren, sondern auch ihre neue Arbeitsstelle lag ganz in der Nähe. So hatten sie sich gleich nach Feierabend dort verabredet.

Laurie freute sich, dass ein Treffen mit Jake endlich geklappt hatte. Zuletzt hatten sie sich vor etwa einem Jahr gesehen und als sie so mit ihm sprach, wurde ihr bewusst, dass das eigentlich viel zu lange her war. Auch privat hatte sie sich mit ihm immer gut verstanden und während sie ihn ansah, spürte sie deutlich, dass er sie immer noch vermisste. Sie konnte es verstehen, denn sie waren nicht nur ein tolles Team gewesen – sie hatte ihm das Leben gerettet. Er hatte schon damals keinen Hehl daraus gemacht, dass ihre Kündigung ihn sehr getroffen hatte. Doch sie hatte auch etwas Abstand zu allem gebraucht, was mit ihrem alten Job zusammenhing, und das betraf auch Jake.

Als es in der Bar immer lauter und voller wurde und die Band, die am Abend auftreten würde, ihren Soundcheck begann, beschlossen Jake und Laurie, sich auf den Heimweg zu machen. Sie kämpfen sich durch die anderen Besucher hindurch zum Ausgang und blieben noch kurz unweit der Tür stehen. Fröstelnd zog Laurie die Schultern hoch. Der Frühlingsabend war kühl.

»Es hat mich sehr gefreut«, stellte Jake fest. »Lass uns das bald wiederholen.«

»Gute Idee. Ich melde mich bei dir, sollte ich von meinen Klienten etwas erfahren.«

»Ja, unbedingt. Das ist nett von dir. Drück uns die Daumen, dass wir diesen Perversen bald kriegen, bevor noch jemand stirbt …«

»Das schafft ihr«, sagte Laurie überzeugt und umarmte Jake zum Abschied. »Wir sehen uns.«

»Unbedingt. Pass auf dich auf.«

Laurie nickte und ging zur St. Paul Street, um von dort aus mit dem Bus nach Hause zu fahren. Mit dem Auto wäre sie kaum schneller gewesen, deshalb machte sie es meist so. Jake verschwand in die entgegengesetzte Richtung.

Ein Gefühl von Wehmut begleitete Laurie auf ihrem Weg nach Hause. Sie hatte gern bei der Polizei mit dem drei Jahre älteren Jake zusammengearbeitet. Er hatte sie nie spüren lassen, dass sie eine Frau war. An der Police Academy war das anders gewesen und so mancher männliche Kollege hatte bei ihrem raschen Aufstieg zum Detective offen gefragt, bei wem sie sich hochgeschlafen hatte. Doch während Laurie solche Spitzen lieber ignorierte, hatte Jake den Kollegen gründlich die Meinung gegeigt.

Sie waren schon zusammen Streife gefahren, bevor sie sich bei der Mordkommission wieder begegneten und erneut Partner wurden. Die beiden waren ein gutes Team gewesen – bis Laurie an diesem einen Abend vor zwei Jahren einen Mann erschossen hatte. Will Forester hatte sich gewaltsam seiner Festnahme widersetzt und plötzlich eine Waffe gezogen. Er hatte damit sogar auf Jake geschossen, ihn aber glücklicherweise verfehlt. Laurie hatte nicht lang gezögert, das Feuer erwidert und Forester zweimal in die Brust getroffen. Er war noch vor dem Eintreffen der Sanitäter an seinem eigenen Blut erstickt.

Als Laurie auch nach Monaten noch seine starren Augen im Traum vor sich sah, sein vor Blut gurgelndes Röcheln hörte und zitternd aus dem Schlaf hochfuhr, wenn sie sich sein abrupt endendes Zucken und Krampfen vorstellte, beschloss sie, keine Waffe mehr in die Hand zu nehmen und zog daraus die Konsequenzen. Es war nicht so, dass sie nicht gern Polizistin gewesen wäre – sie liebte den Job und in Baltimore gab es für die Mordkommission immer genug zu tun. Die Mordrate lag weitaus höher als in New York oder Chicago, die Stadtbevölkerung bestand zu zwei Dritteln aus Afroamerikanern und ein Viertel der Einwohner lebte unter der Armutsgrenze – das sorgte immer für sozialen Sprengstoff.

Aber sie konnte ihre Waffe nicht mehr in die Hand nehmen. Sie bekam Schweißausbrüche, wenn sie an der Straßenecke vorbeikam, an der es passiert war. Ihr Brustkorb fühlte sich an wie in einer Schraubzwinge, wenn sie das Department betrat. Niemand hatte ihr Vorwürfe gemacht, auch nicht sie selbst – aber sie konnte diesen Job nicht mehr machen. Es ging einfach nicht.

Also hatte sie ihn schweren Herzens aufgegeben und verdiente ihr Geld jetzt mit einer anderen Herzensangelegenheit: Sie war Sozialarbeiterin in einem Drogenberatungs- und Therapiezentrum in der Innenstadt und erlebte dort nun Tag für Tag hautnah, dass Baltimore auch ein nicht zu unterschätzendes Drogenproblem hatte. Sie unterstützte Junkies und Alkoholabhängige dabei, ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen. Sie half bei Behördengängen, vermittelte Rechtsberatungen, überzeugte Abhängige davon, einen Entzug und eine Therapie zu machen. Anderen organisierte sie eine Wohnung, half bei der Arbeitssuche und allen übrigen Problemen, die so anfielen. Ein anstrengender Job, ähnlich wie bei der Polizei, aber es gefiel ihr. Und das, obwohl sie auch dort manchmal mit dem Tod konfrontiert wurde.

Manchmal vermisste sie Jake wirklich. Mit ihm konnte man Pferde stehlen und er hatte sie immer mit Respekt behandelt. Und auch, wenn er wirklich attraktiv war, hatte es diesbezüglich nie Unklarheiten gegeben: Er hatte seine Freundin und Laurie befand sich immer noch auf der Suche.

In Federal Hill stieg sie aus und lief das letzte Stück bis zu ihrer Wohnung nach Hause. Sie lag einen Steinwurf vom Riverside Park entfernt in einem lebendigen Viertel, was Laurie sehr sympathisch fand. Dort lebte sie nun schon seit einer ganzen Weile – allein, was okay war, auch wenn sie es gern anders gehabt hätte.

Dass sie nicht in einer Beziehung lebte, lag zumindest nicht an ihrem Äußeren. Sie war durchschnittlich groß, schlank, hatte schulterlanges braunes Haar und dunkle Augen, die ihr letzter Freund als geheimnisvoll bezeichnet hatte. Unansehnlich war sie nicht und es fiel ihr selten schwer, einen Mann für sich zu begeistern. Schwieriger fiel es ihr, ihn auch zu halten.

Ihr letzter Freund war nicht damit zurechtgekommen, dass sie als Polizistin arbeitete – nicht nur, weil sie viele Überstunden schieben musste, sondern weil das in einer Stadt wie Baltimore tatsächlich kein ungefährlicher Job war. Ein paar Wochen vor ihren tödlichen Schüssen auf Forester hatte er sich von ihr getrennt, und seitdem hatte es nur einige One-Night-Stands oder kurzen Affären gegeben.

Sie kam zurecht. In der Ferne hörte sie Polizeisirenen und in der Luft lag ein leicht salziger Geruch. Baltimore war eben eine Hafenstadt. In den letzten Jahren hatte sie sich gemausert, und inzwischen ließ sich der Inner Harbor durchaus als Touristenattraktion bezeichnen. Aber Laurie hatte die Stadt auch anders gekannt. Sie war vor neunundzwanzig Jahren dort geboren und hatte bislang nie einen Grund gehabt wegzuziehen. Deshalb lebte sie immer noch hier und versuchte, das Leben dort ein wenig besser zu machen.

In ihrer Wohnung angekommen ließ sie die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Vor der Garderobe entledigte sie sich ihrer Schuhe und der Jacke. Als sie ihre Tasche abstellte, streifte ihr Blick das gerahmte Foto auf der Kommode, das sie mit ihrer jüngeren Schwester Samantha zeigte. Auf dem Bild war Sam sechzehn und sie selbst achtzehn. Sam hatte ihren Arm um Laurie gelegt, grinste breit in die Kamera und hatte spitzbübisch ein Auge zugekniffen.

Zu gern hätte Laurie gewusst, wie Sam heute vielleicht aussah.

***

Er liebte den salzigen Geschmack von Tränen, wenn er sich mit Blut mischte. Das war sein Lebenselixier. Es gab nichts Besseres, als ihre Tränen zu kosten, wenn er Sex mit ihnen hatte, oder ihr Blut zwischen den Fingern zu spüren. Ihre erstickten Schreie erregten ihn, wenn er sich ihnen nur näherte und in ihren Augen blanke Panik sah, weil sie genau wussten, was jetzt passieren würde. Was er mit ihnen machen würde. Wie weh er ihnen tun würde.

Der Keller war so leer ohne ein wehrloses Mädchen darin. Das durfte nicht mehr lang so bleiben, das hielt er nicht aus. Er wollte ein neues Mädchen.

Besser noch zwei …

Er schlief besonders gut, wenn er wusste, dass unten im Keller seine persönliche Sklavin auf ihn wartete, heimlich weinte und zwischen Todesangst und Hoffnung schwankte. Das taten die kleinen Schlampen sogar noch, wenn er beschloss, es zu Ende zu bringen und zum letzten Mal seine Hände um ihre Kehle schloss. Inzwischen wusste er, wie er zudrücken musste – nicht zu fest, sonst zerquetschte er ihren Kehlkopf und sie starben schneller, als ihm lieb war. Nein … Er musste Geduld haben. Es machte ihn an zuzudrücken, wenn er gerade seinen Spaß mit ihnen hatte. Dann zappelten sie und rissen die Augen panisch auf. In diesen Momenten hatte er das Sagen, da hatte er die Macht.

Er musste sich noch einmal ansehen, wie sie starb. Bei der letzten Kleinen war das besonders prickelnd gewesen. Das war einfach ein phänomenaler Anblick und er war froh, es dokumentiert zu haben. Deshalb sprang er in der Aufnahme noch einmal zurück und landete unversehens zu weit vorn, was ihn jedoch nicht störte. Er sah sich auch gern noch einmal auf Video an, wie sie an ihren Fesseln zerrte und vergeblich versuchte, ihre Qual hinauszuschreien, als das Messer angesetzt wurde und das Blut endlich zu fließen begann …

Ein wohliger Schauer überlief ihn und er spürte, wie sich in seinem Schritt etwas regte. Ja, er musste unbedingt ein neues Mädchen holen. Er brauchte es. Wäre es nicht zu unvorsichtig gewesen, wäre er am liebsten sofort aufgebrochen, aber er wollte nicht zu viel riskieren.

Deshalb beschloss er, lieber das Video noch ein wenig laufen zu lassen. Mit jeder Szene schoss mehr Blut in seine Lendengegend, während er das Geschehen auf der Videoaufnahme sah. Die qualvollen Laute waren Musik in seinen Ohren.

Schließlich stand er auf und ging auf die Suche. Wo war die kleine Hure? Er brauchte sie jetzt. Sie sah es ihm an, als er sie in der Küche entdeckte und barsch dazu aufforderte, ihm zu folgen. Sie wusste, was von ihr erwartet wurde und folgte ihm anstandslos. Das war jetzt immerhin besser als nichts.

»Wir sollten morgen wieder los«, sagte er, bevor er seine Hose aufknöpfte und beobachtete, wie sie sich für ihn bereit machte.

Freitag, 19. April

»Nee, auf Turkey sein ist wirklich die Hölle. Das brauche ich nicht wieder. Das war so scheiße, dass ich allein deshalb clean bleiben will.« Tara nahm noch einen Schluck Kaffee und blickte kurz gedankenverloren aus dem Fenster. Wie meist trug sie einen Hoodie und hatte die Schultern hochgezogen. Laurie hatte bei ihr erst einmal erlebt, dass sie etwas Kurzärmeliges trug. Sie wollte ihre alten Ritzernarben lieber verstecken.

Taras blondiertes Haar mit dem dunklen Haaransatz war frisch gewaschen und sie hatte sich endlich eine neue Jeans gekauft. Sie war eine der Klientinnen, die Laurie glauben ließen, dass ihr Job zu etwas gut war. Ihre Geschichte war traurig – missbraucht vom Stiefvater, mit fünfzehn von zu Hause ausgerissen, auf der Straße schnell an die Nadel gekommen und mit siebzehn fast an einer Überdosis Heroin gestorben. Sie ging regelmäßig auf den Strich, um ihre Sucht überhaupt bezahlen zu können und lebte in einem leerstehenden Haus zusammen mit ein paar anderen Junkies – bis jetzt. Eine zweite Überdosis hatte sie zum Umdenken gebracht. Sie war verhaftet worden, und die Polizei hatte sie vor die Wahl gestellt: Entweder eine Anklage wegen Prostitution und Drogenbesitz oder sie machte einen Entzug und begab sich in Therapie. Inzwischen war sie neunzehn und seit acht Monaten clean. Laurie hatte ihr eine Sozialwohnung vermittelt und unterstützte sie jetzt bei der Suche nach einem Job.

»Du kannst stolz darauf sein, dass du nicht nur den Entzug geschafft hast, sondern auch die Therapie. Das Härteste hast du schon hinter dir, Tara. Ich bin sicher, wir finden einen guten Job für dich«, versuchte Laurie, sie zu ermutigen.

»Reicht, wenn er nicht scheiße ist.« Tara lachte laut. »Alles ist besser, als auf den Strich zu müssen.«

»Du gehst aber nicht mehr, oder?«

»Nein«, sagte Tara gleich, aber ihr Unterton verriet sie.

»Das kannst du nicht machen – wenn die Polizei dich erwischt …« mahnte Laurie.

»Nein, ich gehe echt nicht. Aber ich hatte so meine Stammkunden. Einer von denen ruft mich immer noch ab und zu an und mit ihm treffe ich mich, wenn er Bock hat. Das ist leicht verdientes Geld. Ich kann es brauchen.«

Laurie hätte am liebsten die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, aber sie hatte gelernt, nicht zu streng zu sein. Sie wollte, dass ihre Klienten ihr vertrauten und sie musste ihnen das eine oder andere durchgehen lassen, um dieses Vertrauen aufrechtzuerhalten. Anders ging es nicht.

»Aber dann lass dich nicht erwischen«, schärfte sie ihr besorgt ein.

»Nein, das kriegt die Polizei doch gar nicht raus. Dass ich das letzte Mal auf dem Strich war, ist eine Weile her. Wenn man den Zeitungen glauben darf, ist das auch gut so.«

»Was meinst du?«

»Da sind doch zwei Mädchen vom Strich verschwunden, die tot aufgefunden wurden. Nicht, dass da so ein Irrer unterwegs ist, der Nutten umbringt …«

Sofort wurde Laurie hellhörig. Darüber hatte sie mit Jake doch am Vorabend noch gesprochen.

»Weißt du irgendwas darüber?«, fragte sie gleich.

Tara zuckte mit den Schultern. »Was soll ich darüber wissen? Ich bin ja nicht mehr dort.«

»Kanntest du eine der Toten?«

»Ich glaube, eine der beiden habe ich mal gesehen. Aber kennen wäre jetzt zu viel gesagt. Man guckt ja auf dem Strich ein wenig nacheinander, fotografiert die Kennzeichen der Autos, in die die anderen Mädchen einsteigen … Es passiert ja immer wieder irgendwas. Manche lassen sich nach getaner Arbeit das Geld wieder abnehmen oder andere werden gleich vergewaltigt. Ist mir auch passiert«, sagte Tara und tat das in einem emotionslosen, beinahe gleichgültigen Tonfall. »Ich habe auch schon so einigen kranken Scheiß auf dem Strich erlebt. Einer hat mich mit nach Hause genommen und wollte, dass seine Frau zusieht. Einer wollte, dass ich auf ihn drauf pinkle … Und einer wollte, dass ich sein bestes Stück mit einem Messer bearbeite. Ich kann Ihnen sagen …«

»Bleib da weg«, fiel Laurie ihr ins Wort, ohne sich anmerken zu lassen, wie furchtbar sie Taras Ausführungen fand.

»Ja, mach ich ja schon. Deshalb sag ich ja, es reicht, wenn mein neuer Job nicht mehr scheiße ist.«

»Das kriegen wir hin.« Laurie warf einen Blick auf die Uhr. »Die Zeit ist schon wieder vorbei. Sehen wir uns nächste Woche zur gleichen Zeit?«

»Klar.« Tara stand auf. »Machen Sie es gut, Miss Walsh.«

»Du auch.«

Laurie verließ ihr Büro nur wenige Augenblicke nach Tara. Es war Mittag und sie hatte Hunger, deshalb beschloss sie, zu Subway zwei Blocks weiter zu gehen. Manchmal ging sie mit Kollegen essen, aber an diesem Tag hatte sie keine Lust.

Sie wollte nachdenken.

Während sie zwischen den Bürogebäuden Downtowns anderen hungrigen Angestellten in der Mittagspause auswich, überlegte sie. Tatsächlich ließ Jakes Fall sie alles andere als kalt.

Routiniert bestellte sie bei Subway ihr Mittagessen, nahm das Baguette in einer Tüte entgegen und ging damit hinüber zum Preston Gardens Park. Es war nur eine kleine Grünfläche, aber sie fand dort oft ein ruhiges Plätzchen, wo sie sich hinsetzen und in Ruhe essen konnte.

Jemand machte sich die Mühe, Prostituierte zu entführen, sie tagelang gefangen zu halten und zu foltern. Er ließ sie hungern, fügte ihnen Schmerzen zu, vergewaltige und verstümmelte sie. Jake hatte es so formuliert, dass der Täter die Opfer beschnitten hatte.

Das fand Laurie außergewöhnlich. Damals in ihrer Zeit mit Jake hatte sie in einigen der rund dreihundert Mordfälle, die sich jährlich in Baltimore ereigneten, ermittelt und darunter waren auch vergewaltigte und getötete Frauen gewesen, häufig Prostituierte. Sie erinnerte sich an so manche grausame Tat – unvergessen waren für sie die Taten von Dennis Kearney, einem brutalen Schlägertyp, der seinen Opfern die Zunge herausgeschnitten und sie, wie er später in seinem Geständnis angegeben hatte, vor seinem Schlafzimmerspiegel vergewaltigt und ermordet hatte. Sie hatten ihn geschnappt, nachdem er drei Frauen umgebracht hatte und Laurie erinnerte sich gut daran, dass Dennis nur mit ihr über die Details der Taten sprechen wollte. Vermutlich löste sie in ihm irgendwas aus, weil sie seinen Opfern äußerlich halbwegs ähnelte. Bei Jake hatte er immer gemauert.

Er hatte ihr erzählt, dass er seine Opfer am Ende kniend vor dem Spiegel fixiert und ihnen die Kehle durchgeschnitten hatte. So hätten sie sich selbst beim Sterben zusehen können. Laurie wusste noch, wie sie nach diesem Geständnis freiwillig mehrmals zur psychologischen Beraterin der Polizei gegangen war und dort darüber geflucht hatte, dass sie nachts nicht mehr schlafen konnte, ohne Kearneys Stimme in ihren Gedanken zu hören und die grausamen Bilder zu sehen, die diese Stimme heraufbeschworen hatte.

Aber selbst Dennis Kearney, der ihr so einige Albträume beschert hatte, war niemals dazu übergegangen, die Genitalien seiner Opfer zu verstümmeln. Das kannte sie auch von keinem anderen Täter – jedenfalls nicht so wie in Jakes Fall.

In einem Seminar, das sie als frisch gebackener Detective besucht hatte, wurden Fallbeispiele berühmter Mörder behandelt. Es war darum gegangen, den Polizisten den Blick dafür zu schärfen, was alles möglich war. Viele Mörder hielten sich auch bei ihren Opfern an die gleiche Ethnie, aber das war keine Zwangsläufigkeit. Bei toten Frauen musste man zuerst an den Partner denken – vom eigenen Lebensgefährten ging für Frauen meist das höchste Risiko aus. In diesem Seminar hatte Laurie auch davon gehört, wo der Unterschied zwischen Serien- und Massenmördern lag. Sie hatte erfahren, dass manche Menschen mit anderen im Team mordeten. Und natürlich war nicht jeder Täter männlich.

So, wie Tara das erzählt hatte, war ein Szenario in ihrem Kopf entstanden. Ein Freier, der eine Nutte mit nach Hause nahm, um dort vor den Augen seiner Frau mit ihr zu schlafen …

Das hätte gepasst. Vielleicht war die Genitalverstümmelung, die der Täter seinen Opfern zufügte, als Strafe gedacht und nicht bloß als schmerzhafte und qualvolle Folter. Und vielleicht ging das gar nicht vom Mann aus, sondern von seiner Partnerin. Möglicherweise wollte sie die Opfer blutig bestrafen, wollte ihnen alles nehmen, was mit Spaß und Lust zu tun hatte.

Es war nur so ein Gefühl, aber irgendwie hätte das für sie gepasst. Sie wusste auch, dass es bereits ähnliche Fälle gegeben hatte, in denen ein Mann mit seiner Partnerin zusammen vergewaltigte und mordete – und nicht immer war der Mann die treibende Kraft …

In der Mittagspause kam sie nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, denn sie musste zurück ins Büro. Bei ihrer nächsten Klientin musste sie sich dazu zwingen, sich auf sie zu konzentrieren. Die ganze Zeit kreisten ihre Gedanken darum, auf welche Fallbeispiele sie sich hätte berufen können. Als ihr nächster Termin angebrochen war, ohne dass der Klient aufgetaucht wäre, machte sie sich erst einmal Sorgen um ihn. Wenig später entdeckte sie jedoch, dass er ihr eine Nachricht geschrieben hatte, um abzusagen. Er gab an, krank zu sein, was Laurie erst einmal nicht infrage stellte.

Das kam ihr gelegen. Sie öffnete ihren Browser und bemühte eine Suchmaschine, um das kanadische Serienmörderpaar zu finden, das ihr durch den Kopf ging. Schließlich fand sie Karla Homolka und Paul Bernardo, die als »Ken und Barbie Killer« bekannt geworden waren und zusammen drei junge Frauen vergewaltigt, gefoltert und getötet hatten – beginnend mit Karlas eigener jüngerer Schwester Tammy, die sie gemeinsam mit einem Cocktail aus Alkohol und Beruhigungsmitteln betäubt hatten. So konnte Paul sie in Ruhe vergewaltigen, während Karla alles auf Video festhielt.

Das war für Laurie ein gutes Beispiel, denn in diesem Fall hatte die Frau ihren Partner nicht bloß unterstützt, sie hatte es minutiös geplant und nicht zuletzt hatte sie ihn noch ermutigt. Sie war vergleichsweise mild bestraft worden, weil ihre Anwälte einen Deal für sie ausgehandelt hatten, doch im Anschluss daran war herausgekommen, dass tatsächlich Karla diejenige war, die Paul mitunter noch gesagt hatte, was er mit seinen Opfern tun sollte. Sie war besessen von ihm gewesen und hatte alles getan, um ihn zufrieden zu stellen – und wenn das bedeutete, dass sie mit ihm Schulmädchen quälte und tötete, dann war das eben so.

Das musste sie Jake sagen. Sie konnte ihre Gedankengänge mit nichts begründen als ihrem Instinkt, aber vielleicht war das ja ein Ansatz. Er hatte um ihre Meinung gebeten, also würde er sie kriegen.

Doch zunächst musste sie noch einen weiteren Termin hinter sich bringen und einen Bericht schreiben.

Als sie beides endlich geschafft hatte, warf sie einen Blick auf die Uhr und kam zu dem Schluss, dass Jake noch im Büro sein würde. So gut kannte sie ihn. Seine Pünktlichkeit vom Vortag war eher die Ausnahme.

Sie beschloss, es zu riskieren und lief hinüber zum Police Department, das keine halbe Meile entfernt lag. Natürlich hätte sie auch anrufen können, aber sie wollte ganz bewusst hingehen. Sie war schon lange nicht mehr dort gewesen und irgendwie reizte es sie, herauszufinden, wie sie wohl inzwischen auf den Anblick des Gebäudes reagierte.

Ein warmer Wind wehte durch die Straßen Baltimores. Das war ihr Zuhause, zu dem sie eine spezielle Verbundenheit spürte. Zwar gab es eigentlich nicht viel, was sie dort hielt, aber sie hätte auch keinen Grund gehabt fortzugehen.

Sie hatte das Police Department fast erreicht, als ihr zwei Streifenwagen mit Blaulicht und Sirene entgegenschossen. Die beiden Autos rasten an ihr vorbei und Laurie drehte sich zu ihnen um. Vor ein paar Jahren hatte sie selbst noch in einem der Streifenwagen gesessen und war zu Einsätzen gerufen worden. Wenn sie ehrlich zu sich war, vermisste sie es schon ein wenig. Eine Dienstmarke und eine Waffe zu tragen hatte sich immer gut angefühlt.

Sie beschloss, den Haupteingang zu benutzen und dort ganz offiziell nach Jake zu fragen. Zu ihrem Erstaunen fühlte es sich weit weniger seltsam oder unangenehm an, das Polizeihauptquartier zu betreten, als sie erwartet hatte. Unten in der Haupthalle ging sie ohne Umschweife zu Verna und grinste, als ihre ehemalige Kollegin kurz die Stirn in Falten legte, bis sich schließlich Erkenntnis auf ihrem Gesicht abzeichnete.

»Laurie, Liebes! Dass man dich auch noch mal wieder sieht … Gut siehst du aus. Wie geht es dir?«

»Bestens, und dir?«

»Kann nicht klagen, denke ich. Kommst du nun doch wieder zurück?«

»Nein«, sagte Laurie mit dem schönsten Lächeln, das sie zustande brachte. »Ich wollte zu Jake. Ist er noch im Büro?«

Verna warf einen kurzen Blick auf ihren Computerbildschirm und nickte dann. »Sollte noch am Platz sein. Kennst ihn ja, den alten Workaholic. Ich kündige dich an. Den Weg kennst du ja noch.«

Laurie nickte und wartete kurz, bis Verna ihr grünes Licht gab, dann ging sie durch die Sicherheitsschleuse zum Aufzug.

Tatsächlich fühlte es sich unerwartet vertraut an. Sie fuhr in die fünfte Etage und folgte dort dem Gang bis in das Büro, in dem sie auch damals schon mit Jake zusammengearbeitet hatte. Auf dem Gang stand immer noch derselbe Kopierer, es lag ein leichter Duft von Kaffee in der Luft, Neonröhren erhellten den Gang. Alles wie früher.

Augenblicke später war sie am Ziel. Die Detectives Jake McNeill und Alex Lowe hatten zwei benachbarte Arbeitsplätze in einer Ecke des Großraumbüros. Für Laurie war es eigenartig, nun jemand anderen an ihrem früheren Schreibtisch zu sehen. Jake entdeckte Laurie jedoch zuerst und stand gleich auf. Dann wurde auch der blonde Mann neben Jake aufmerksam und lächelte, als er sie sah.

»So schnell sieht man sich wieder.« Jake umarmte Laurie zur Begrüßung. Als Alex aufstand, um sie per Handschlag zu begrüßen, musterte Laurie den großen, schlanken Mann kurz. Er bot ihr seinen Stuhl an, während er sich auf die Kante seines Schreibtischs hockte.

»Hast du etwa schon Sehnsucht nach Jake?«, neckte er Laurie augenzwinkernd.

»Wegen gestern?« Es überraschte sie nicht, dass Alex Bescheid wusste. »Nicht wirklich. Ich habe nur nachgedacht.«

»Und?«, fragte Jake neugierig. Alex verzog keine Miene.

»Ich musste an Dennis Kearney denken. Das war definitiv der durchgeknallteste Psychopath, der mir je begegnet ist, aber auch er hat nicht an den Genitalien seiner Opfer herumgeschnitten. Und weißt du, warum?«

»Du wirst es uns bestimmt jetzt sagen«, erwiderte Jake augenzwinkernd.

»Weil er ein Mann ist.«

»Unser Täter hier ist aber auch einer«, hakte Alex gleich ein. »Die beiden Frauen wurden vergewaltigt.«

»Ja, schon klar. Aber was, wenn er nicht allein foltert und mordet? Vielleicht hat er eine Partnerin, die ihm hilft.«

Die beiden Detectives wechselten einen erstaunten Blick.

»Du glaubst, eine Frau tut das anderen Frauen an?« Jake war entsetzt.

»Das hat es schon gegeben«, erwiderte Laurie und erzählte den beiden von Paul Bernardo und Karla Homolka. »Was, wenn es hier auch so ist? Natürlich vergewaltigt der Mann die Opfer, aber die Verstümmelungen gehen vielleicht auf eine Mittäterin zurück.«

»Bist du sicher?«, fragte Alex. »Klingt für mich nicht sehr wahrscheinlich.«

»Es ist ja auch nur eine Idee. Vielleicht liefert euch das einen neuen Ansatz.«

»Wir sollten es vielleicht im Hinterkopf behalten. Möglich ist alles und das ist für einen männlichen Täter tatsächlich untypisch«, gab Jake zu.

»Findest du? Der Kerl hat den Opfern so fest in die Brust gebissen, dass wir anhand der Zahnabdrücke einen Vergleich anstellen lassen könnten. Und wer hat so etwas gemacht? Genau, Ted Bundy. Ein Mann.«

»Ja, aber warum sollte ein Mann eine Frau an den Genitalien verstümmeln, wenn …« Laurie hielt kurz inne. »Es sei denn, er steht auf Blut. Aber für mich ist das sehr symbolisch. Das sollte man nicht vergessen.«

»Tue ich nicht.« Jake schielte kurz zu Alex. »Ich denke heute Abend noch mal darüber nach. Das Wochenende liegt ja sowieso auf Eis.«

»Pessimist«, murmelte Alex. »Aber du hast recht, wir sollten Feierabend machen.«

Jake nickte und fuhr seinen Rechner herunter. Auf dem Weg zum Aufzug brachte er seine Kaffeetasse in die Küche. Laurie begleitete die beiden und erwiderte Alex’ neugierigen Blick unverhohlen, während sie in den Aufzug stiegen.

»Einmal Detective, immer Detective, was?«, sagte Alex zu Laurie.

»Wir haben gestern Abend über den Fall gesprochen und das ist mir dazu eingefallen. Eine Klientin hat mich drauf gebracht – eine junge Frau, die für ihren Drogenkonsum anschaffen gegangen ist. Sie meinte, es gibt Männer, die Nutten mit nach Hause nehmen, um dort vor den Augen ihrer Frau Sex zu haben.«

»Dennis Kearney hat euch versaut«, stellte Alex kopfschüttelnd fest.

»Du hast doch selbst auch schon in einem Serienmordfall ermittelt«, entgegnete Jake beim Verlassen des Aufzugs. »Deshalb haben wir doch gerade den Fall der beiden toten Frauen auf dem Tisch.«

»Ja, schon klar«, sagte Alex und wollte noch etwas hinzufügen, aber da wurden sie an der Sicherheitsschleuse von einem drahtigen jungen Mann mit dunklem Haar abgefangen, der sein Handy in der einen und einen Presseausweis in der anderen Hand hielt.

»Detective McNeill!« Jake verdrehte schon die Augen und wollte sich an ihm vorbeimogeln, aber der Reporter stellte sich ihm in den Weg.

»Verschwinden Sie, Robbins, ich habe schon Feierabend«, knurrte Jake gereizt. Offensichtlich kannte er den Journalisten bereits.

»Man sagte mir, dass Sie mit Detective Lowe im Fall des Baltimore Slayers ermitteln. Ist es richtig, dass die beiden Frauen vor ihrem Tod verstümmelt wurden?«, bohrte Robbins.

»Der Baltimore Slayer?« Jake war fassungslos. »Nennen Sie ihn jetzt schon so?«

»Irgendwie müssen wir ihn doch nennen. Also, was können Sie mir sagen?«

»Zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt nichts«, schaltete sich nun auch Alex ein. »Kommen Sie am Montag wieder.«

»Aber irgendwas muss in die Sonntagsausgabe. Die Leute haben ein Recht darauf, zu erfahren, was in der Stadt vor sich geht. Kommen Sie schon!«

»Montag«, wiederholte Jake nur und machte, dass er zum Ausgang kam. »Wir sehen uns, Laurie.«

Sie nahm seine Flucht nicht persönlich, denn er wollte bloß möglichst viel Abstand zwischen sich und Robbins bringen, das war ihr völlig klar. Der Reporter versuchte noch, Alex etwas zu entlocken, aber als beide verschwunden waren, blieb er frustriert vor der Tür stehen und blickte zu Laurie.

»Sie können mir vermutlich auch nichts sagen, oder?«, fragte er hoffnungslos.

»Ich bin nicht mal bei der Polizei.«

Robbins stöhnte gequält. Er hatte keine unsympathische Ausstrahlung, im Gegenteil. Irgendwas an ihm erinnerte Laurie an Jim Watts, den Mädchenschwarm aus der Highschool. Sein wacher Blick huschte über jeden Anwesenden in der großen Halle.

»Sie sehen auch viel zu gut aus für eine Polizistin«, erwiderte Robbins frustriert.

Laurie lachte. »Tatsächlich war ich mal Detective.«

»Was, ist das Ihr Ernst?«

»Ist es. Habe ich jetzt Ihr Weltbild zerstört?«

»Absolut!«, rief Robbins und lachte dann. »Sie heißen Laurie?«

»Stimmt.«

»Liam Robbins, Baltimore Sun. Wissen Sie denn gar nichts über den Fall des Slayers?«

Fragend zog sie eine Braue in die Höhe. »Wenn Sie ihn den Baltimore Slayer nennen, bekomme ich leider Ohrenbluten.«

Wieder lachte Robbins. Es klang echt und mitreißend. »Sie gefallen mir, Laurie. Was wollten Sie von den Detectives?«

»Was geht das denn die Baltimore Sun an?«, erwiderte sie nicht unfreundlich.

»Stimmt, Sie haben mich«, sagte Robbins und hielt ihr galant die Tür auf. »Berufskrankheit. Ich stelle den ganzen Tag lang nur Fragen.«

»Fast wie die Polizei.« Laurie blieb kurz stehen und überlegte, wie sie am besten den Heimweg antrat.

»Kann ich Sie irgendwohin mitnehmen?«, fragte Robbins, der plötzlich einen Autoschlüssel in der Hand hielt.

»Nein, danke.«

»Schade. Unterwegs hätte ich Ihnen gern noch ein bisschen zugehört. Ich mag Ihre Stimme.«

»Danke.«

»Ich sage es jetzt einfach«, begann Robbins erneut und zückte eine Visitenkarte. »Ich weiß nicht, ob Sie Single sind – aber wenn es so ist und Sie am Wochenende nicht wissen, mit wem Sie einen Cocktail trinken sollen, rufen Sie mich an.«

Laurie zögerte kurz, doch dann nahm sie seine Karte und nickte ihm zu. »Noch einen schönen Abend, Liam.«

Er wollte noch etwas erwidern, schwieg jedoch und blickte ihr nur hinterher, während sie sich auf den Weg machte. Vermutlich war es am klügsten, wenn sie vor dem Büro in den üblichen Bus stieg und nach Hause fuhr.

Einen Block weiter lief sie an einem Papierkorb vorbei und hatte die Hand, in der sie Robbins’ Visitenkarte hielt, schon ausgestreckt, um sie in den Abfalleimer zu werfen. Sie hielt inne und steckte die Karte in ihre Hosentasche.

Man wusste ja nie.

Samstag, 20. April

Pure Todesangst stand in dem Blick der Frau geschrieben, die mit Händen und Füßen ans Bett gefesselt war und wie verrückt an den Stricken zerrte. Sie versuchte alles, um sich zu befreien und zog so heftig an ihren Fesseln, dass sie immer stärker einschnitten. Stellenweise waren sie schon voller Blut. Sie zappelte und schrie erstickt, aber das Klebeband auf ihren Lippen verhinderte, dass sie den maskierten Täter anbetteln konnte.

Laurie stockte der Atem. Er würde es tun. Er würde die Frau töten. Verstümmelt hatte er sie bereits – oder war das die andere Gestalt gewesen, die sie weiter hinten im Raum schemenhaft in einer Ecke ausmachen konnte?

Die gefesselte Frau lag in einer Lache ihres eigenen Blutes. Es war so viel Blut, dass die Luft schwer davon war. Laurie glaubte, es riechen zu können. Reglos sah sie mit an, wie der Mann die Frau losband und schließlich blutend vor dem Bett in die Knie zwang. Er fixierte ihre Arme links und rechts an den Bettpfosten und blieb mit einem siegreichen Grinsen neben ihr stehen. Dabei starrte er in einen Spiegel. Er verhielt sich wie Dennis Kearney. Aber er war es nicht.

Laurie wünschte, sie hätte irgendwas tun können, aber sie starrte nur wie gelähmt auf die Waffe in ihrer Hand. Sie wagte es nicht zu schießen. Sie konnte einfach nicht. Sie hatte schon jemanden getötet und das ließ sie bis heute nicht los …

Als ein Schatten von der Seite herbeisprang und sich auf den Täter stürzte, erschrak sie so sehr, dass sich ein Schuss löste. Der Schatten ging getroffen zu Boden und landete auf dem Rücken. Jetzt sah Laurie, dass es Jake war. Er hatte die Frau retten wollen und sie hatte auf ihn geschossen.

Schweißgebadet schrak sie hoch und stellte fest, dass es stockfinster war. Der Blick auf den Radiowecker verriet ihr die Uhrzeit: 3:48 Uhr. Wunderbar, dachte sie gequält und ließ sich wieder auf ihr Kissen fallen.

Sie hasste es. Seit ihren tödlichen Schüssen auf Forester hatte sie Schlafstörungen. Sie waren seltener geworden, seit sie nicht mehr bei der Polizei arbeitete, aber sie waren nie ganz verschwunden. Entweder konnte sie nicht richtig einschlafen oder sie schrak aus Albträumen hoch. Und ob sie jetzt noch einmal einschlafen konnte, stand in den Sternen.

Während sie mürrisch aus dem Bett stieg und ins Bad ging, überlegte sie, was sie da gerade eigentlich im Traum gesehen hatte. Da vermischte sich alles – Forester, Kearney, Jakes neuester Fall und Jake selbst. Sie hatte noch nie geträumt, dass ihre Schüsse auf Jake gingen, und die Vorstellung machte ihr Angst. Mit leerem Blick saß sie auf der Toilette und starrte vor sich hin. Als sie fertig war, schlurfte sie schlaftrunken in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Das war wie ein Reflex. Sie hatte festgestellt, dass es sie beruhigte, nach solchen nächtlichen Episoden irgendwas zu essen. Im Kühlschrank fand sie nichts, was sie interessiert hätte, aber der Blick ins Gefrierfach offenbarte einen noch halb vollen Becher Ben&Jerry’s Chocolate Therapy. Ja, Schokoladentherapie war genau das, was jetzt helfen würde.

Sie schnappte sich den Becher, einen Löffel und setzte sich an den kleinen Tisch in ihrer Küche. Auch durch die geschlossenen Fenster hörte sie von fern Polizeisirenen. Es war finster draußen, im Haus war es ruhig. Vermutlich war Laurie als Einzige auf den Beinen.

Ein tödlicher Schuss auf Jake … Der Gedanke ließ sie nicht los. Damals hatte sie ihn gerettet, aber sie hätte ihn auch verletzen können. Zum Glück war das nicht passiert. Jake war immer ein guter Freund für sie gewesen, wenn auch nicht mehr als das. Die Frage hatte sich nie gestellt.

Aber sie musste zugeben, dass sie sich einsam fühlte und das Wiedersehen mit Jake irgendwie daran gerührt hatte. Während sie jeden Löffel Schokoladeneis genoss, glitt ihr Blick über die Fotopinnwand über dem Esstisch. Daran hingen einige Fotos, die sie mit Jake zeigten. Auf anderen war sie mit ihrer besten Freundin Maggie Walker zu sehen. Es waren auch Bilder dazwischen, auf denen sie mit verschiedenen Männern abgelichtet war.

Was das anging, war sie sehr unstetig. Sie hatte noch keine Beziehung gehabt, die länger als ein Jahr oder zwei gehalten hatte, und es frustrierte sie. Ihr war auch klar, woher das kam und es ärgerte sie noch mehr, dass sie es nicht ändern konnte.

Ihre eigenen Eltern hatten sich getrennt, als Laurie zehn war. Aus guten Gründen, denn ihr Vater war ein gewalttätiger Trinker, der Lauries Mutter nicht nur einmal geschlagen hatte. An seinen Töchtern hatte er sich nie vergriffen, aber das Ganze hatte Narben auf Lauries Seele hinterlassen. Seitdem hielt sie sich selbst für bindungsgestört und wunderte sich auch nicht darüber, dass sie nun in der Beratungsstelle versuchte, Abhängigen zu helfen. Zwar hatte sie dort meist mit Abhängigen harter Drogen zu tun, aber jeder einzelne Alkoholkranke, der mal dazwischen war, erinnerte sie an ihren Vater, der vor sechs Jahren an Leberversagen gestorben war. Gesehen hatte sie ihn zuletzt, als sie die Highschool verlassen hatte. Er hatte keine Rolle mehr in ihrem Leben gespielt – aber geprägt hatte er es. Es ärgerte sie, dass sie das einfach nicht vergessen konnte.

Jahrelang hatte sie das alles mit Samantha ausmachen können, hatte sich ihrer Schwester anvertraut und sich angenommen gefühlt. Natürlich, Sam hatte das ja selbst durchgemacht. Aber seit Sams Verschwinden war es schwieriger für Laurie. Bevor sie beschlossen hatte, sich bei der Polizei zu bewerben, hatte sie sich gehörig die Hörner abgestoßen und war jedes Wochenende feiern gegangen. Nur selten war sie ohne einen Mann nach Hause gekommen, aber noch seltener hatte sich daraus etwas ergeben.

Dabei wünschte Laurie sich nichts mehr als jemanden, bei dem sie sich einfach fallen lassen konnte. Das hätte so gutgetan.

Laurie setzte wieder den Deckel auf den Eisbecher und schaute auf die Uhr. Zehn nach vier. Sie war immer noch müde und ging wieder ins Bett. Tatsächlich gelang es ihr sogar, wieder einzuschlafen.

Sie erwachte erst gegen halb zehn wieder und war wacher, als erwartet. Guter Dinge machte sie sich ein Frühstück und widmete sich danach dem Haushalt. Gegen Mittag beschloss sie, ihre beste Freundin anzurufen und zu hören, wie es ihr ging.

Mit Maggie Walker war sie seit der Highschool befreundet. Maggie hatte all das, wovon Laurie immer geträumt hatte. Zum Führerschein bekam sie ein Auto, ihre Eltern zahlten ihr das College und mit Mitte zwanzig hatte sie ihre Jugendliebe geheiratet. Inzwischen hatten Maggie und Josh zwei entzückende Kinder, Oliver und Natalie.

Tatsächlich hatte Laurie ihr das wirklich nie geneidet, sondern immer von Herzen gegönnt. Sie war nur manchmal traurig, dass ihr kein ähnliches Glück zuteilwurde. Nein, sie hockte seit Jahren in derselben Zweizimmerwohnung, ließ ihr altes Auto meist in der Tiefgarage des Apartmentkomplexes verstauben, weil es ständig irgendwelche Macken hatte, therapierte tagein, tagaus Menschen mit Suchtproblemen und träumte heimlich davon, wie Dornröschen vom Traumprinzen wachgeküsst zu werden.

Es war gegen eins, als sie Maggies Nummer wählte. Nach wenigen Augenblicken war ihre beste Freundin in der Leitung und freute sich riesig, von Laurie zu hören.

»Toll, dass du anrufst. Die Kids schlafen gerade, also habe ich Zeit«, sagte Maggie.

»Weiß ich doch«, erwiderte Laurie grinsend und klemmte das Telefon zwischen Kinn und Schulter ein.

»Wie geht es dir?«

»Gut, und euch?«

»Ach …« Maggie seufzte theatralisch. »Ollie hatte gerade mal wieder eine Erkältung und Nat zahnt ganz fürchterlich. Ich habe preisverdächtige Ringe unter den Augen.«

Laurie grinste. »Du siehst bestimmt immer noch hinreißend aus.«

»Das sagt Josh auch. Ihr lügt mich schamlos an.«

»Das würden wir doch nie tun.«

Maggie lachte. Ihr Lachen klang immer warm und herzlich. »Schwindlerin. Was gibt es Neues bei dir?«

»Nichts«, behauptete Laurie. »Ich hatte nur Lust, mit dir zu reden. Ansonsten ist alles beim Alten. Ich kann dir nur erzählen, dass ich mich vorgestern mit Jake getroffen habe.«

»Oh, ist doch toll. Wie geht es ihm? Erzähl doch mal.«

Laurie berichtete ausführlich von ihrem Treffen und davon, dass Jake an einem großen Fall arbeitete. Als sie das hörte, lachte Maggie belustigt.

»Du vermisst es, gib’s zu.«

»Was?«

»Na, die Polizeiarbeit. Wenn du ihn schon im Department besuchst und ihm Tipps gibst …«

»Er hat mich gefragt.«

»Schon klar, aber du hast doch voll angebissen.«

»Hm«, machte Laurie unschlüssig. »Spannender ist eigentlich, dass mich ein Reporter von der Baltimore Sun angebaggert hat.«

»Sieht er gut aus?«

»Schon.«

»Triff dich doch mit ihm.«

»Ich habe vielleicht fünf Sätze mit ihm gewechselt.«

»Dann geh mit ihm essen und mach fünfhundert draus. Wird Zeit, dass du unter die Haube kommst.«

Laurie seufzte. Maggie hatte mal wieder in die richtige Kerbe geschlagen. »Eine richtige Beziehung wäre mal schön.«

»Die kriegst du nicht ohne ein erstes Date.«

»Wohl wahr. Mal sehen … Ich habe heute Abend tatsächlich noch nichts vor.«

»Siehst du. Dass du zuletzt mit einem Mann aus warst, ist doch schon wieder viel zu lang her.«

Da hatte Maggie allerdings recht. Flirten, lachen, guter Sex – all das fehlte Laurie.

»Vielleicht gehe ich wirklich mal mit ihm aus.«

»Das wollte ich hören. Lass nichts anbrennen, hörst du?«

»Ich doch nicht«, erwiderte Laurie amüsiert. Sie sprachen nicht mehr lang, weil Maggie noch alle Hände voll zu tun hatte, aber das Telefonat hatte Lauries Stimmung längst gehoben.

Kurz entschlossen holte sie die Visitenkarte von Liam Robbins aus ihrer Jackentasche und tippte seine Handynummer ab, um ihm eine Nachricht zu schicken.

Steht das Angebot mit dem Cocktail noch? Laurie

Sie legte das Handy weg und rechnete gar nicht mit einer baldigen Antwort. Aber sie hatte sich gerade erst etwas zu trinken genommen, als ihr Handy vibrierte.

Selbstverständlich. Man kriegt gute Cocktails im Steakhaus am Inner Harbor. Da sieht man viel vom Light City Festival. Klingt das gut? Wie wäre es um 19 Uhr? Liam

Laurie grinste zufrieden und tippte schnell ihre Antwort. Steakhaus geht immer. Bin um 19 Uhr dort.

Sie schickte die Nachricht ab und lehnte sich zufrieden an den Türrahmen. Manchmal waren die Dinge herrlich unkompliziert.

***

Am Inner Harbor waren eigentlich immer Touristen anzutreffen, aber das störte Laurie nicht. Sie konnte es verstehen, denn der Anfang der sechziger Jahre neugestaltete Innenstadtbereich war wirklich einladend. Dort befanden sich unter anderem zahlreiche Museen, historische Schiffe, Konzerthallen und das National Aquarium. Im Dunkeln war der Bereich gleich am Wasser herrlich bunt erleuchtet, vor allem beim derzeitigen Light City Festival, das über drei Wochen lief.

Jeder in Baltimore kannte den roten Schriftzug von Phillips Seafood, die riesige Gitarre des Hard Rock Cafés und die Front des Buchladens Barnes&Noble. Dort stöberte Laurie immer wieder gern nach Lesestoff.

Das Steakhaus, das Liam als Treffpunkt vorgeschlagen hatte, lag in Sichtweite des Aquariums und des Hard Rock Cafés. Als Laurie dort erschien, erwartete Liam sie bereits und grinste, als er sie entdeckte.

»Du bist tatsächlich gekommen. Ist es okay, wenn ich dich Laurie nenne?«

»Selbstverständlich«, sagte sie und begrüßte ihn mit einer kurzen Umarmung.

»Hast du Hunger oder wollen wir an die Bar?«

Laurie verzog verlegen das Gesicht. »Gegen ein gutes Steak hätte ich nichts …«

»Das ist die richtige Antwort! Du bist selbstverständlich eingeladen.«

Erst wollte sie protestieren, aber dann überlegte sie es sich anders. Diese nette und großzügige Geste abzulehnen wäre ihr unhöflich erschienen. Liam war wohl nur im beruflichen Kontext eine Nervensäge – privat schien er sehr sympathisch zu sein.

Er bequatschte den Kellner, ihnen einen Tisch an der Fensterfront zu geben und musterte Laurie gut gelaunt, während sie ihm gegenüber Platz nahm.

»Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du mir geschrieben hast. Ich war so damit beschäftigt, den Detective zu nerven, dass ich dich erst gar nicht wahrgenommen habe – und dann dachte ich, du musst mich für einen ziemlichen Idioten halten.«

»Du bist ja nicht der erste Reporter, mit dem ich zu tun habe«, erwiderte sie achselzuckend.

»Klar, wenn du auch bei der Polizei warst … Hattest du damals mit dem Erbsenzähler McNeill zu tun?«

»Ich war seine Partnerin.«

Gequält verzog Liam das Gesicht und lachte. »Weißt du, ich liebe es, mit Anlauf in Fettnäpfchen zu springen.«

Sein Lachen war ansteckend und Laurie mochte seinen Humor, deshalb lachte sie mit. »Das konntest du nicht wissen, ich bin seit achtzehn Monaten weg.«

»Und was machst du inzwischen?«

Laurie erzählte ihm von ihrer Arbeit in der Suchtberatungsstelle. Gespannt hörte Liam ihr zu und brachte seine Hochachtung darüber zum Ausdruck, dass sie einen solchen Job machte.

»Ehrlich, das könnte ich nicht. Ich habe als Reporter immer wieder mit schlimmen Geschichten zu tun, die mich echt fertig machen. Aber das …«

Laurie zuckte mit den Schultern. »Das gehört dazu. Aber ich liebe meinen Job und ich glaube, ich bin auch ganz gut darin.«

»Das kann ich mir vorstellen. Du bist auch ein Mensch … Wie soll ich das sagen?« Er suchte nach Worten. »Du wirkst vertrauenswürdig. Großherzig. Als Sozialarbeiterin bist du bestimmt richtig gut.«

»Charmeur.« Laurie und versuchte, nicht rot zu werden – auch wenn sie nicht wirklich die Kontrolle darüber hatte.

»Nein, ehrlich! Wobei ich dich auch gern als Polizistin erlebt hätte. Warum bist du dort weg?«

»Weil ich jemanden im Dienst erschossen habe«, sagte sie ohne Umschweife.

»Oh.«

»Ich bin da sehr direkt, ich weiß. Aber so kann ich am besten damit umgehen, denn durch diesen Schuss habe ich meinem Partner das Leben gerettet.«

»Dann war es nicht falsch.«

»Nein, aber es hat mich verfolgt. Tut es manchmal immer noch.« Den Blick nach draußen gerichtet, nippte Laurie an ihrer Cola.

»Was war dein schlimmster Fall?«

Laurie nahm ihm seine Neugier nicht übel und musste nur den Namen Dennis Kearney erwähnen, als Liam schon große Augen machte. Er fragte ihr ungeniert Löcher in den Bauch, nachdem sie bestellt hatten und auf ihr Essen warteten, aber das störte Laurie nicht. Ihr erster Eindruck, dass Liam sympathisch war und mit ihr auf einer Wellenlänge lag, hatte sich bis jetzt bewahrheitet.

Während Laurie ihr T-Bone-Steak bearbeitete, nutzte sie die Chance, mehr über Liam zu erfahren.

»Kommst du auch aus Baltimore?«