Prozessmanagement im Gesundheitswesen - Peter Kukla - E-Book

Prozessmanagement im Gesundheitswesen E-Book

Peter Kukla

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Beschreibung

Steigende Anforderungen an Qualität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit sind in Gesundheitseinrichtungen inzwischen dauerhaft präsent und erfordern neue Ansätze und neue Modelle. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden und um langfristig erfolgreich zu sein, ist es für Verantwortliche zwingend notwendig, sich kontinuierlich mit den Prozessen zu beschäftigen. Die im Dezember 2014 erschienene ÖNORM K 1960 „Prozess-Referenzmodell für Gesundheitseinrichtungen“ liefert eine Grundstruktur für die erfolgreiche Umsetzung und Implementierung eines Prozessmanagement-Modells in Gesundheitseinrichtungen. Dieses Praxishandbuch verbindet methodische Ansätze mit etablierten Standards und setzt diese in den internationalen Kontext von Zertifizierungen und Organisationen. Es wird der Bezug zur ISO 9001 „Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen“ in Gesundheitseinrichtungen erläutert; weiteres werden einschlägige Zertifizierungen und Organisationen wie zum Beispiel EFQM (European Foundation for Quality Management), KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität) und die Joint Commission on Accreditation of Healthcare näher beschrieben. Darüber hinaus gibt der Autor Einblicke in aktuelle Umsetzungsprojekte und liefert Anregungen für eigene Vorhaben. Praxisbeispiele aus Österreich (Universitätsklinikum Graz), Deutschland (Universitätsmedizin Göttingen), der Schweiz (Universitätsspital Zürich) und Schweden (Karolinska Universitätsspital) veranschaulichen die Umsetzung in Gesundheitseinrichtungen: Was sind die 10 Schlüsselfaktoren? Was sagen Expertinnen und Experten dazu? Die erste Publikation im deutschsprachigen Raum zur ÖNORM K 1960 ist Ihr Schlüssel zum Erfolg in Gesundheitseinrichtungen. Normen: ÖNORM K 1960:2014 12 01 Prozess-Referenzmodell für Gesundheitseinrichtungen ÖNORM K 1920:2007 Systematische Entwicklung von Leitlinien als Entscheidungshilfen für Leistungserbringer und Patienten über die angemessene Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen in ÖNORM K 1930:2009 Erstellung klinischer Pfade ÖNORM K 1930:2009 Erstellung klinischer Pfade ÖNORM EN/ISO 9000:2015 Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe ÖNORM EN/ISO 9001:2015 Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen ÖNORM A 9009:2013 Prozesse in Managementsystemen-Anleitungen ÖNORM EN 15224:2012 Dienstleistungen in der Gesundheitsversorgung – Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen nach EN ISO 9001:2008 ÖNORM ISO/IEC 15504:2013 Informationstechnik – Prozessbewertung (alle Teile)

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Impressum

ISBN978-3-85402-310-4

Auch als Buch verfügbar:

ISBN 978-3-85402-309-8

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1. Auflage 2015

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.

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auch bei nur auszugsweiser Verwertung,

sind nur mit ausdrücklicher Zustimmung der

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Alle Angaben in diesem Fachbuch erfolgen

trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr

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Geschlechtsbezogene Aussagen sind auf Grund der Gleichstellung für beiderlei Geschlechter aufzufassen bzw. auszulegen.

© Austrian Standards plus GmbH, Wien 2015

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T +43 1 213 00-300

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E [email protected]

www.austrian-standards.at/fachliteratur

LEKTORAT UND PROJEKTBETREUUNG

Gertraud Reznicek

COVER – FOTOCREDIT

©Jörg Gaisbauer, iStock.com/fonikum

GESTALTUNG

Alexander Mang

DRUCK

Morawa Lesezirkel GesmbH, 1140 Wien

Inhalt

Vorwort

Einleitung

1Prozessmanagement im Gesundheitswesen

1.1Begriffsdefinition Prozess

1.2Abgrenzung zu klinischen Pfaden

1.3Ziele und Nutzen von Prozessmanagement im Gesundheitswesen

2Prozessmanagement-Aspekte

2.1Kundenorientierung

2.2Prozessorientierung

2.3Mitarbeiterorientierung

2.4Prozesslebenszyklus

3Qualitätsstandards im Gesundheitswesen

3.1EFQM

3.2KTQ

3.3Joint Commission International

4Normen im Prozessmanagement

4.1Der Begriff Norm

4.2ÖNORM A 9009:2013 04 01 Prozesse in Managementsystemen – Anleitungen

4.3ISO 9001 Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen

4.4ÖNORM EN 15224:2012 Dienstleistungen in der Gesundheitsversorgung – Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen nach EN ISO 9001:2008

4.5ÖNORM ISO/IEC 15504:2013 Informationstechnik – Prozessbewertung

5ÖNORM K 1960:2014 Prozess-Referenzmodell für Gesundheitseinrichtungen – Inhalte und Erläuterungen

5.1ÖNORM K 1960:2014 im Kontext

5.2Begriffsbestimmung Prozessreferenzmodell

5.3Anwendungsbereich der Norm

5.4Nutzen der Norm

5.5Referenzprozesslandkarte

5.6Referenzprozesse – Darstellung

5.7Indikatoren – Abgrenzung

6Praxisanleitung zur Umsetzung der ÖNORM K 1960:2014

6.1Vorgehensmodell für die erfolgreiche Umsetzung der ÖNORM K 1960:2014

6.2Strategische Positionierung

6.2.1Commitment der Führung (Schlüsselfaktor 1)

6.2.2Change Management im Gesundheitswesen (Schlüsselfaktor 2)

6.2.3Rollen und Verantwortlichkeiten (Schlüsselfaktor 3)

6.3Umsetzung des Prozess-Referenzmodells

6.3.1Methodik (Schlüsselfaktor 4)

6.3.2Beteiligung und Kommunikation (Schlüsselfaktor 5)

6.3.3Ausbildung (Schlüsselfaktor 6)

6.4Steuerung durch Indikatoren

6.4.1Umsetzung der Indikatoren

6.4.2Prozessziele (Schlüsselfaktor 7)

6.4.3Prozessmessung (Schlüsselfaktor 8)

6.4.4Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (Schlüsselfaktor 9)

6.5Bewertung der Umsetzung

6.5.1Assessment-Modell

6.5.2Prozess-Assessment (Schlüsselfaktor 10)

7Praxisbeispiele

7.1Österreich: LKH-UNIV. Klinikum Graz

7.1.1Vorstellung LKH-Univ. Klinikum Graz

7.1.2Prozessmanagement Positionierung im LKH-Univ. Klinikum Graz

7.1.3Implementierung im LKH-Univ. Klinikum Graz

7.1.4Indikatoren im LKH-Univ. Klinikum Graz

7.1.5 Gemeinsame Ambulanzorganisation Kinderzentrum

7.1.6Comprehensive Cancer Center

7.1.7Erfolgsfaktoren für Prozessmanagement im LKH-Univ. Klinikum Graz

7.2Deutschland: Universitätsmedizin Göttingen

7.2.1Vorstellung Universitätsmedizin Göttingen (UMG)

7.2.2Prozessmanagement Positionierung im UMG

7.2.3Implementierung im UMG

7.2.4Indikatoren im UMG

7.2.5UniversitätsKrebszentrum Göttingen (G-CCC)

7.2.6Erfolgsfaktoren für Prozessmanagement im UMG

7.3Schweiz: UniversitätsSpital Zürich

7.3.1Vorstellung UniversitätsSpital Zürich

7.3.2Prozessmanagement Positionierung im USZ

7.3.3Implementierung im USZ

7.3.4Indikatoren im USZ

7.3.5Effizienzsteigerung in Ambulanzprozessen

7.3.6Lean Hospital

7.3.7Erfolgsfaktoren für Prozessmanagement im USZ

7.4Schweden: Karolinska Universitätsspital

7.4.1Vorstellung Karolinska Universitätsspital

7.4.2Prozessmanagement Positionierung im Karolinska Universitätsspital

7.4.3Das Karolinska Modell: Value Based Health Care

7.4.4Implementierung im Karolinska Universitätsspital

7.4.5Indikatoren im Karolinska Universitätsspital

7.4.6Das Brustkrebszentrum im Karolinska Universitätsspital

7.4.7Erfolgsfaktoren für Prozessmanagement im Karolinska Universitätsspital

8Resümee und Ausblick

9Verzeichnisse

9.1Literatur

9.2Abbildungen

9.3Tabellen

10Der Autor

Vorwort

Das Gesundheitswesen ist ökonomisch wohl eindeutig dem Dienstleistungsbereich zuzuordnen. Darüber hinaus ist ein definierter Mindestqualitätsstandard gerade in diesem Bereich von zentraler Bedeutung. Jeder einzelne Fall muss auch schon aus medizinischen Gründen genau dokumentiert werden und es muss zudem sichergestellt sein, dass verschiedene Personen Prozesse zu verschiedenen Zeitpunkten während der Diagnose oder Behandlung übernehmen können.

Es ließen sich noch viele andere Punkte finden, warum gerade das Gesundheitswesen ein Paradebeispiel für die kritische Bedeutung von professionellem Prozessmanagement ist. Naturgemäß werden die Prozesse immer komplexer, je größer die handelnden Einheiten sind, je höher also der Patientendurchsatz ist, je mehr Schnittstellen es zwischen verschiedenen Akteuren gibt und je komplexer die Prozesse insgesamt sind. Es ist daher nicht verwunderlich, dass man meist zuerst an Krankenhäuser denkt, wenn es um professionelles und standardisiertes Prozessmanagement geht. Schnell wird aber auch klar, dass auch der extramurale Bereich sowie die vielen anderen Felder des Gesundheitswesens in hohem Ausmaß betroffen sind. So sind exakt definierte Prozesse insbesondere an den Schnittstellen der unterschiedlichen Systembereiche sowie an den Berührungspunkten der Akteure von großer Relevanz.

Auch die verschiedenen Bereiche, in denen Prozesse effizient gestaltet werden müssen, umspannen die gesamte Breite medizinischer, pflegerischer und betriebswirtschaftlicher Felder. Das Management von Notfällen ist ebenso betroffen wie Bauprojekte oder das Management einer Arztpraxis. Da es um die Gesundheit von Menschen geht, sollen Risiken nach Möglichkeit vermieden bzw. minimiert werden. Funktionsfähiges Risikomanagement und auch Qualitätsmanagement ist aber letztlich untrennbar mit der erfolgreichen Implementierung von professionellem Prozessmanagement verknüpft. Nur wer weiß, was er tut, kann auch analysieren, wobei Risken auftreten können, wie diesen begegnet werden soll und wie die Qualität des Ergebnisses gesichert oder erhöht werden kann.

Es wird also rasch deutlich, dass Prozessmanagement im Gesundheitswesen kein Selbstzweck ist, sondern ein Schlüsselfaktor zur Erreichung der Kernziele der jeweiligen Einrichtung: die Gesundheit von Menschen zu erhalten oder wiederherzustellen. Damit wird auch recht schnell klar, dass der mit der Einführung oder Professionalisierung eines Prozessmanagementrahmens verbundene Aufwand sich betriebswirtschaftlich und inhaltlich auszahlt. Nicht nur aller Anfang ist allerdings oft schwer, sondern wesentlich ist auch die Vergleichbarkeit und Konsistenz über unterschiedliche Einrichtungen hinweg im Rahmen organisationsübergreifender Versorgungsprozesse.

Daher ist ein Referenzmodell für den Aufbau und die Bewertung von Managementprozessen, Kernprozessen und unterstützenden Prozessen im Gesundheitswesen einerseits ein essenzieller Bestandteil auf der Ebene des Gesamtsystems, dient aber andererseits auf der Mikroebene zur Vermeidung des sprichwörtlich ständig neu erfundenen Rades. Dieses Referenzmodell steht nun auf nationaler Ebene in Österreich zur Verfügung. Allerdings ist die Implementierung und Anwendung des Referenzmodells der für die Praxis letztlich bedeutende Schritt. In diesem Sinne ist auch dieses Praxishandbuch zu verstehen, das Unterstützung bei der Gestaltung und Implementierung eines effizienten Prozessmanagementsystems bieten soll.

Untrennbar mit dem Prozessmanagement sind aber auch entsprechende Indikatoren verknüpft. Eine nachhaltige Überwachung und Steuerung der Prozesse im Gesundheitsbereich ist nur anhand klar definierter und operational anwendbarer Kennzahlen möglich. Während in bestimmten Bereichen – wie zum Beispiel bei den betriebswirtschaftlich-administrativen Prozessen – die Definition und Auswahl von Indikatoren oft recht naheliegend ist und stark auf Geldgrößen (Kosten) fokussiert, gibt es Falle der Leistungsindikatoren in den Kernprozessen oft erhebliche Unwegsamkeiten. Auch in diesem Sinne umspannt das vorliegende Praxishandbuch den gesamten Bogen des Prozessmanagements.

Für die Leistungsfähigkeit des gesamten Gesundheitssystems stellt effektives und effizientes Prozessmanagement letztlich einen wesentlichen künftigen Erfolgsfaktor dar. Das laufende Optimieren von Prozessen im Gesundheitswesen ist daher ein jedenfalls lohnendes Unterfangen – für jede einzelne Organisation, aber auch für das Gesamtsystem.

Wien, Juli 2015 Gottfried Haber

Einleitung

Univ.-Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber ist Vizedekan der Fakultät für Gesundheit & Medizin an der Donau-Universität Krems, Stv.Leiter des Departments für Gesundheitswissenschaften und Biomedizin sowie Leiter des Zentrums für Management im Gesundheitswesen und des Forschungsbereichs Wirtschaft-, Budget und Finanzpolitik. Er ist Vizepräsident des Fiskalrates der Republik Österreich und Mitglied des Generalrates der Oesterreichischen Nationalbank.

Von den Erfahrungen anderer zu profitieren und sich dabei an einem standardisierten Referenzmodell zu orientieren, ist für viele Branchen wie Industrie, Pharma, Telekom und IT, die sich mit Prozessen und Prozessmanagement beschäftigen, längst eine Selbstverständlichkeit geworden.

Der Nutzen von Synergieeffekten, zur Standortbestimmung, als Hilfestellung bei der Etablierung von Prozessen und zum Benchmarking mit anderen Organisationen war den Einrichtungen des Gesundheitswesens, die sich mit den eigenen Prozessen beschäftigen, um Qualität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu steigern, jedoch bis dato verwehrt.

Zwar gibt es viele erfolgreiche Umsetzungen von Prozessen in den Einrichtungen des Gesundheitswesens, jedoch sind diese weitgehend auf die eigene Organisation beschränkt. Ein Austausch von Erfahrungen findet oft nur punktuell statt und erschwert damit die Nutzung von Synergien auf breiter Basis, die eigene Standortbestimmung und den Vergleich zu einem allgemein anerkannten Standard als Basis für notwendige Verbesserungen.

Im Jahr 2010 wurde daher seitens der Gesellschaft für Prozessmanagement eine Arbeitsgruppe gegründet, um diese Lücke zu schließen und ein Prozessreferenzmodell für Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen zu erarbeiten. Ziel dabei war die Entwicklung einer generischen Prozessreferenzlandkarte sowie eines Sets an Basispraktiken in Anlehnung an die ISO/IEC 15504:2013 Informationstechnik – Prozessbewertung (insbesondere die Teile 1-5), die Unterstützung in drei Punkten ermöglichen:

+Orientierung bei der Erstellung einer Prozesslandkarte

+Hilfsmittel für die Ermittlung der Vollständigkeit der eigenen Prozesse

+Grundlage für die Ermittlung der Prozessreifegrade nach ISO/IEC 15504[1]

Gemeinsam mit Vertretern von Organisationen im Gesundheitswesen wurde in weiterer Folge eine Prozesslandkarte erstellt, die sechs Kernprozesse umfasst:

+Patient aufnehmen

+Diagnostik durchführen

+Therapie durchführen

+Patient pflegen

+Patient entlassen

+Patientendokumentation führen

Für jeden der Prozesse wurden in weiterer Folge Zweck, Ergebnisse und Basis-Praktiken erarbeitet. Dabei wurde die Praxistauglichkeit der Definitionen während der laufenden Erarbeitung durch Assessments in zwei Krankenhäusern (öffentlich und privat) überprüft. Mit den Erfahrungen aus den Assessments wurde in weiterer Folge die Erarbeitung der Kernprozesse weiter vertieft und die Ergebnisse schließlich in einem Geschäftsprozess-Assessment-Modell für ein GesundheitsManagementSystem (GPAM-GMS) im Jahr 2012 zusammengefasst.

Der Wichtigkeit eines einheitlichen Standards für die Weiterentwicklung zum Thema Prozess-und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen trug in weiterer Folge das Austrian Standards Institute Rechnung, indem eine eigene Arbeitsgruppe zur Erarbeitung einer ÖNORM noch im Jahr 2012 gegründet wurde.

Mit dem vorhandenen GPAM-GMS als Ausgangspunkt hat die Arbeitsgruppe, mit bemerkenswerten persönlichen Engagement die ÖNORM K 1960:2014 Prozess-Referenzmodell für Gesundheitseinrichtungen geschaffen, die nicht nur ein, aus den Erfahrungen vieler Organisationen entstandenes, Prozessreferenzmodell enthält, sondern auch ein Set an Indikatoren als Basis für den Aufbau einer Prozesssteuerung. Darüber hinaus stellt die Norm die Verbindung zu bereits im Gesundheitswesen etablierten Normen und Qualitätsstandards her.

Die Teilnehmer der Arbeitsgruppe stellten einen repräsentativen interdisziplinären Querschnitt des österreichischen Gesundheitswesens dar. So waren die Mehrzahl der Verbünde, Privatkrankenhäuser, Sozialversicherungen und universitäre Einrichtungen vertreten.

Die Freigabe der fertiggestellten Norm zum Druck erfolgte außerdem im übergeordneten Komitee des Austrian Standards Institutes unter anderem durch Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit und der Ärztekammer.

Das vorliegende Praxishandbuch liefert Ihnen eine Handlungsanleitung zur Anwendung der ÖNORM K 1960:2014. Ziel des Buches ist es Ihnen gleichzeitig eine Hilfestellung für die Umsetzung von Prozessmanagement in Ihrer Organisation zu bieten. Dies wird anhand von zehn Schlüsselfaktoren mit Praxistipps dargestellt, die eine erfolgreiche Einbettung des Prozessreferenzmodells in ein gesamthaftes Prozessmanagementsystem in Einrichtungen des Gesundheitswesens ermöglichen.

Ergänzend beinhaltet das Buch Praxisbeispiele aus vier Universitätskliniken aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Schweden, die Einblick in die Umsetzung von Prozessmanagement und in aktuelle Vorhaben in europäischen Organisationen gewähren und ihre Erfolgsfaktoren sichtbar machen.

An dieser Stelle möchte ich mich bei den Menschen bedanken, die zum Entstehen dieses Buches beigetragen haben:

Herzlicher Dank gilt den Teilnehmern an den Gesprächen und Interviews im Rahmen der Praxisbeispiele: Mag. Dr. Gerald Sendlhofer und Ing. DI Herbert Kogler, MSc vom LKH-Univ. Klinikum Graz; Manuela Heymann; Dr. Thomas Rohak; Frank Olschewsky; Verena Pfeiffer; Dr. Helge K. Schumacher; Dr. med.Tobias Overbeck; Prof. Dr. Sabine Blaschke und Kay Schulze von der Universitätsmedizin Göttingen, Stefan Wick, MSc; Philippe Waespe; Barbara Bichsel-von Arb; Sandra Späni und Philipp Meyer Hänel vom Universitätsspital Zürich sowie Andreas Ringman-Uggla, MD. PhD., Elham Hedayati, MD. PhD. und Renée Lindberg vom Karolinska Universitätsspital.

Außerordentlicher Dank an Univ. Prof. MMag Gottfried Haber für sein Vorwort zu diesem Buch.

Besonderer Dank geht an Dipl.Kff. Elisabeth Engstberger vom Wiener Krankenanstaltenverbund, Brigitte Gram von der Donau-Universität Krems sowie Mag.(FH) Michaela Reisner, MA von der Quality Austria für ihre Unterstützung und an Dr. Martina Augl, MBA und Harald Nagiller von den Tirol Kliniken für ihr Praxisbeispiel zur haptischen Prozessmodellierung mittels Strukturlegetisch.

Aufrichtiger Dank schließlich auch an den Verlag Austrian Standards plus GmbH und an Mag. Gertraud Reznicek für ihre Unterstützung und die Möglichkeit, ein Buch zu diesem wichtigen Thema im Gesundheitswesen zu schreiben.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern viele hilfreiche Impulse und für Ihre Praxis relevanten Nutzen. Über Ihre Kommentare, Ihr Feedback und Ihre Verbesserungsvorschläge freue ich mich unter [email protected]!

Wien, Juli 2015 Peter Kukla

1

Vgl. Gesellschaft für Prozessmanagement 2012, S.5

1PROZESSMANAGEMENT IM GESUNDHEITSWESEN

„In den letzten Jahrzehnten ist der Begriff „Prozess” auch im Bereich der Dienstleistungen und besonders im Gesundheitswesen zunehmend in den Mittelpunkt gerückt. Ursprünglich eher in der Technik verankert, sind die Vorteile des Prozessdenkens, insbesondere eindeutige Definitionen und Verantwortlichkeiten, Steuern und Messen, auch im Gesundheitswesen erkannt worden.  Besonders in der Medizin wird damit ein wissens- und faktenbasiertes Arbeiten erheblich gefördert.“

Prim.MR Dr. Herbert Stekel, Abteilungsvorstand Zentrallabor, AKH Allgemeines Krankenhaus der Stadt Linz

Gesundheitseinrichtungen sind in den letzten Jahren einer immer stärker wirkenden Dynamik der Veränderung unterworfen: Zu den wachsenden Einschränkungen in Bezug auf die Kosten kommt der steigende Anspruch in Bezug auf die Qualität der Leistung und auf den wachsenden Wettbewerb. Dem werden die herkömmlichen Handlungsmuster und Organisationsmaßnahmen nur unzureichend gerecht.

Aufgrund dieser Faktoren, aber auch durch veränderte Rahmenbedingungen der Gesundheitspolitik, müssen Einrichtungen des Gesundheitswesens eine neue Standortbestimmung vornehmen und den damit einhergehenden Strategiewandel auch in Hinblick auf erforderliche Struktur- und Organisationsmaßnahmen betrachten müssen. Eine fortgesetzte Steuerung von Einrichtungen im Gesundheitswesen nur über Forderung nach Effizienz und Kostensenkung greift dabei zu kurz und wird auch zu Problemen hinsichtlich der Funktionsfähigkeit der Einheiten führen. Eine Strategie hinsichtlich Sicherung der Patientenversorgung, der Qualität und der Kostenbegrenzung bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung beinhaltet eine Analyse und Neuausrichtung insbesondere der Leistungsprozesse hinsichtlich Qualität, Zeit und Kosten.[2]

Effiziente Abläufe für die Versorgung sichern auch die Wirtschaftlichkeit in den Einrichtungen. Liegt doch gerade darin eine wichtige Möglichkeit, Kostendämpfungen zu erzielen und Erlöse zu erwirtschaften, die wiederum in die Qualität der Versorgung investiert werden können. Damit rücken die Verbesserung der Prozesse für die medizinische Leistungsqualität und der Service zwangsläufig in den Mittelpunkt der Versorgung, auch in Hinblick auf den verstärkten Wettbewerb um die Patienten. Denn im Gegensatz zu anderen Branchen kann man Patienten nicht mit preisgünstigeren Diagnose- und Therapieleistungen locken, da sie in den meisten Fällen die Leistungen nicht selbst bezahlen, sondern dies von Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen übernommen wird. Das Thema Qualität wird daher mehr und mehr bestimmender Faktor bei der Auswahl des Patienten, für welches Krankenhaus er sich bei der Inanspruchnahme der benötigten Leistung entscheidet. Dabei ist diese Entscheidung längst nicht mehr allein durch den zuweisenden Arzt oder die Empfehlung aus dem Freundes- und Bekanntenkreis beeinflusst, vielmehr gewinnen hier klar definierte Qualitätsparameter, die auch mit Zertifizierungen belegt sind, sowie die Anwendung von Referenzmodellen immer mehr an Bedeutung für den Kunden.[3]

Um die sich dynamisch änderten Rahmenbedingungen in Bezug auf Qualität, Effektivität und Effizienz im Gesundheitswesen besser bewältigen zu können, ist es erforderlich, sich stärker mit den eigenen Prozessen zu beschäftigen und die traditionelle, funktionsorientierte Denkweise durch eine prozessorientierte Sichtweise zu ergänzen. (vglKapitel 2.4)

1.1BEGRIFFSDEFINITION PROZESS

In der EN ISO 9000:2015 Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe wird der Begriff Prozess als „Satz zusammenhängender und sich gegenseitig beeinflussender Tätigkeiten, der Eingaben zum Erzielen eines vorgesehenen Ergebnisses verwendet“ beschrieben.[4]

Für das Gesundheitswesen genauer definiert wurde der Begriff in der ÖNORM EN 15224:2012 „Dienstleistungen in der Gesundheitsversorgung-Qualitätsmanagemensysteme – Anforderungen nach EN ISO 9001:2008“ als Prozess, in dem der Patient und das medizinische Fachpersonal mit dem Ziel zusammenwirken, direkt oder indirekt auf den Gesundheitszustand des Patienten Einfluss zu nehmen.

Der vorrangige Auslöser und das angestrebte Ziel eines Prozesses im Gesundheitswesen ist demnach der gesundheitliche Zustand bzw. Verbesserung des Patienten.[5]

1.2ABGRENZUNG ZU KLINISCHEN PFADEN

Wenn man von Prozessen im Gesundheitswesen spricht, kommt es immer wieder zu Unklarheiten bezüglich der Unterscheidung von Prozessen gegenüber klinischen Behandlungspfaden.

Unter klinischen Pfaden versteht man einen berufsgruppenübergreifenden Behandlungsablauf auf evidenzbasierter Grundlage (Leitlinien), der die Erwartungen des Patienten ebenso berücksichtigt wie die Qualität und die Wirtschaftlichkeit.[6]

Wissenschaftliche Grundlage für die Versorgung mittels klinischen Pfaden ist die Evidence-based Medicine, wo aufgrund von klinischen Studien, Leitlinien und Veröffentlichungen – und damit anhand des aktuellsten Standes der modernen Medizin – die Behandlung der Patienten festgelegt wird.

Im Gegensatz zum Prozess, bei dem die administrativen Abläufe im Mittelpunkt der Betrachtung stehen (beispielsweise bei dem Prozess „Patient administrativ aufnehmen“), beschreiben klinische Pfade die Versorgung eines Patienten anhand einer bestimmten Diagnose vom Erstkontakt bis zur Entlassung. Hierbei wird vorher genau bestimmt, welche Untersuchungen, Verfahren, Medikation etc. der Patient an jedem Tag der Behandlung erhält.[7]

Das Prozessreferenzmodell der ÖNORM K 1960:2014 beinhaltet ausschließlich administrativ-organisatorische Prozesse und keine klinischen Pfade.

1.3ZIELE UND NUTZEN VON PROZESSMANAGEMENT IM GESUNDHEITSWESEN

„Es ist heute eigentlich eine „Conditio sine qua non“ dass, wenn man qualitativ hochwertige Arbeit macht, dass man zusätzlich die Prozesse abbilden muss.“

Dr. Andreas Brezina, Leiter des Brustgesundheitszentrums, Goldenes Kreuz Privatklinik

Gerade in Hinblick auf die Anforderungen an Effektivität und Qualität sowie unter den Rahmenbedingungen der Beteiligung von verschiedenen Berufsgruppen, Fachgebieten und Abteilungen kommt dem Einsatz von Prozessmanagement im Gesundheitswesen besondere Bedeutung zu. Gehören doch die eindeutige Definition von Verantwortlichkeiten und Kompetenzen – neben der Verbesserung der Ablauftransparenz, Kommunikation und der Steigerung der Qualität und Produktivität – zu den eindeutigen Nutzenaspekten von Prozessmanagement.

Die damit einhergehende Ausrichtung aller Prozesse an den Patienten als Schlüsselkunden trägt ebenso zur Sicherstellung und kontinuierlichen Verbesserung der Leistungen bei wie die Mess- und Überwachbarkeit der Ergebnisse.[8]

Durch klar definierte Abläufe in den Einrichtungen sind auch die häufigen Probleme im Gesundheitswesen wie Wartezeiten, fehlende Befunde, Therapieverschiebungen oder Doppeluntersuchungen zu lösen. Darüber hinaus fördert der Einsatz von Prozessmanagement im Gesundheitswesen auch das ganzheitliche, bereichsübergreifende Denken und Handeln. So können neue Potenziale erkannt und es kann die kontinuierliche Verbesserung der Abläufe gestärkt werden.[9]

Dabei bewegt sich Prozessmanagement jedoch im Spannungsfeld zwischen notwendiger Standardisierung und erforderlicher Flexibilität.