Prüf- und Warnpflicht im Bauvertrag gemäß ÖNORM B 2110 - Hans Gölles - E-Book

Prüf- und Warnpflicht im Bauvertrag gemäß ÖNORM B 2110 E-Book

Hans Gölles

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Beschreibung

Eine kooperative Kommunikation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ist ein „Musthave“. Die Mitteilung von Bedenken des Auftragnehmers ist ein wichtiger Teil der Kommunikation. Zum späteren „guten Miteinander“ gehört die sorgfältige Vorbereitung und Zusammenstellung der Ausschreibungsunterlagen, die dabei erfolgende umfassende Information über den Leistungsgegenstand und die Umstände der Leistungserbringung, aber auch die sorgfältige Angebotslegung. Der Bieter darf den Auftraggeber nicht „ins offene Messer laufen lassen“ und muss ihn über bestimmte Fehler der Ausschreibungsunterlagen vor Vertragsabschluss aufklären. Basis hierfür sind: ÖNORM B 2110, ÖNORM A 2050, BVergG und ABGB. Im vollen Umfang greift die Warnpflicht des Auftragnehmers ab dem Vertragsabschluss. Versäumte Warnung ist ein Risiko des Auftragnehmers, nämlich Entgeltverlust, Gewährleistung und Schadenersatz. Die Kehrseite dieses Risikos ist die Chance des Auftragnehmers, seine Bedenken mit Vorschlägen zur Verbesserung der Anweisungen oder Beistellungen des Auftraggebers zu verknüpfen, die eine bessere Bauausführung und Zusatzangebote ermöglichen. Basis hierfür sind: ÖNORM B 2110 und ABGB. Die Autoren stellen das weite Feld der Prüf-, Aufklärungs- und Warnpflicht dar und wollen damit für Projekt- und Bauleiter, ÖBA, Architekten, Bauwirtschaftsberater, Baujuristen und Anwälte eine vertiefte Information geben, welche Fallen zu vermeiden sind und welche Chancen genützt werden können.

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Impressum

ISBN 978-3-85402-312-8

Auch als Buch verfügbar:

ISBN 978-3-85402-311-1

2., aktualisierte Auflage 2015

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Alle Rechte vorbehalten.

Nachdruck oder Vervielfältigung, Aufnahme

auf oder in sonstige Medien oder Datenträger,

auch bei nur auszugsweiser Verwertung,

sind nur mit ausdrücklicher Zustimmung der

Austrian Standards plus GmbH gestattet.

Alle Angaben in diesem Fachbuch erfolgen

trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr

und eine Haftung der Autorin oder des Verlages

ist ausgeschlossen.

Geschlechtsbezogene Aussagen sind auf Grund der

Gleichstellung für beiderlei Geschlechter aufzufassen

bzw. auszulegen.

© Austrian Standards plus GmbH, Wien 2015

Die Austrian Standards plus GmbH ist ein

Unternehmen von Austrian Standards Institute.

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1020 Wien, Heinestraße 38

T +43 1 213 00-300

F +43 1 213 00-818

E [email protected]

www.austrian-standards.at/fachliteratur

LEKTORAT UND PROJEKTBETREUUNG

Gertraud Reznicek

COVER – FOTOCREDIT

© fotolia/goodluz

GESTALTUNG

Martin Aschauer

DRUCK

digiDruck GesmbH, 1100 Wien

Inhalt

Vorwort

Hinweise für den Leser

Abkürzungsverzeichnis

1 Zusammenhang von vorvertraglicher und werkvertraglicher Pflicht zu Aufklärung bzw Warnung

1.1 Warnpflicht als Regelung der Gefahrtragung bei der Erfüllung des Vertrags

1.2 Vorvertragliche Aufklärungs- und Informationspflichten von AG und Bieter

1.3 Vergleichende Betrachtung der vorvertraglichen Aufklärung und der bauvertraglichen Warnung

1.3.1 Gegenstand der vorvertraglichen Aufklärungspflicht

1.3.2 Gegenstand der bauvertraglichen Warnpflicht

1.3.3 Exkurs: Prüf- und Warnpflicht zu Ausschreibungsunterlagen gem BVergG?

2 Vorvertragliche Informations- und Aufklärungspflicht

2.1 Literaturmeinungen zur vorvertraglichen Aufklärungspflicht des Bieters

2.2 Vorvertragliche Pflichten gem ABGB

2.3 Vorvertragliche Pflichten gem ÖNORM B 2110

2.4 Vorvertragliche Pflichten des AG bei der Ausschreibung eines Bauauftrags (gem BVergG bzw ÖNORM A 2050)

2.5 Pflichten des Bieters bei der Angebotserstellung gem BVergG

2.6 Exkurs: Prüfung der Ausschreibungsangaben zum Baugrund

2.7 Entfall der vorvertraglichen Prüf- und Aufklärungspflicht des Bieters

2.8 Vorvertragliche Hinweispflicht zu Mehrkostenrisiko des AG aufgrund von Ausschreibungsfehlern?

2.8.1 Mehrkosten bei einem Kostenvoranschlag gem § 1170a ABGB

2.9 Rechtsfolgen für eine Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht

2.10 Schlichte ursprüngliche Unmöglichkeit der Leistung

2.11 Zusammenfassung zur vorvertraglichen Aufklärungspflicht

2.11.1 Prüfung der Ausschreibungsunterlagen

2.11.2 Prüf- und Aufklärungspflicht des Bieters

2.11.3 Verbesserungsvorschläge des Bieters zu den Ausschreibungsunterlagen?

2.11.4 Vorvertragliche Hinweispflicht des Bieters zu Mehrkostenrisiko?

3 Grundlagen der bauvertraglichen Warnpflicht

3.1 § 1168a ABGB und P 6.2.4 ÖNORM B 2110

3.2 Verhältnis von Gesetzes- und ÖNORM B 2110-Regelung

3.3 Rahmen der bauvertraglichen Warnpflicht gem ÖNORM B 2110

3.4 Prüf- und Warnpflicht gem ÖNORM B 2110

4 Stoff und Anweisung als Prüfungsgegenstand

4.1 Stoff iSd § 1168a ABGB

4.2 Anweisung iSd § 1168a ABGB

4.2.1 Konstruktive Leistungsbeschreibung samt LV als Anweisung

4.2.2 Leistungsziel-Angabe als Anweisung beim funktionalen Bauvertrag

4.3 Vorleistungen anderer Unternehmer des AG bzw des AG selbst

4.4 Exkurs: Baugrund als beigestellter Stoff

4.4.1 Was ist Risiko?

4.4.2 Was ist Baugrundrisiko?

4.4.3 Wer trägt das Baugrundrisiko?

4.4.4 Baugrund in der Baupraxis

4.4.5 Baugrunduntersuchungen durch den AG

4.4.6 Pflicht zu Baugrundprüfung durch den AN?

4.4.7 Prüfung des vom AG beigestellten Baugrundgutachtens durch den AN?

4.4.8 Pflicht des AG, Baugrundrisiko hintanzuhalten

4.4.9 Übertragung von Baugrundrisiko auf den AN

4.4.10 Baugrundrisiko bei Pauschalpreisvereinbarung und bei Kostenvoranschlag unter ausdrücklicher Gewährleistung für seine Richtigkeit

4.4.11 OGH-Entscheidungen zum Baugrundrisiko

5 Werkvertragliche Prüfpflicht

5.1 Was sind „offenbare“ Mängel von Anweisungen und Stoffen gem § 1168a ABGB?

5.2 Prüfpflicht für „erkennbare“ Mängel gem ÖNORM B 2110

6 Warnpflicht

6.1 Form der Warnung

6.2 Zeitpunkt der Warnung

6.3 Deutlichkeit der Warnung

6.4 Warnung bei Anweisung zur Verwendung neuer Baustoffe oder neuer Baumethoden bzw zur Abweichung von den Regeln der Technik

6.5 Vorschlag des AN zur Behebung bzw Verbesserung des Mangels der Anweisung bzw Beistellung

7 Einschränkung bzw Erweiterung der Warnpflicht

7.1 Entfall bzw Einschränkung der Prüf- und Warnpflicht

7.1.1 Entfall der bauvertraglichen Warnpflicht

7.1.2 Möglichkeit der vertraglichen Einschränkung

7.1.3 Einschränkung bei fachkundigem bzw bei sachverständig beratenem AG

7.2 Erweiterung der Prüf- und Warnpflicht

7.2.1 Vertragliche Erweiterung

7.2.2 Warnpflicht bei Überwälzung von AG-Risiken auf den AN

7.2.3 Erweiterung der Warnpflicht bei neuen Baumethoden oder Baustoffen sowie neuen ÖNORMEN

8 Pflichten des AG nach Erhalt der Bedenkenmitteilung

8.1 Mitwirkungspflicht des AG

8.2 Pflicht zur Entscheidung des AG über die Warnung

8.2.1 Berücksichtigung der Warnung und des Verbesserungsvorschlags

8.2.2 Genehmigung des Verbesserungsvorschlags

8.2.3 Ablehnung der Warnung

8.2.4 Rücktritt des AG vom Vertrag

8.3 Folgen der Unterlassung der Entscheidung des AG

8.4 Exkurs: Koordinationspflicht und Überwachungsrecht des AG

8.4.1 Koordination durch AG (Bauherrn)

8.4.2 Überwachung

8.4.3 Haftung für Fehler bei Koordinierung oder Überwachung

8.4.4 Sorgen des AN für das Zusammenwirken der Lieferanten und SU

9 Rechtsfolgen bei Erfüllung der Prüf- und Warnpflicht

9.1 Leistungsänderung durch AG

9.2 Bestehen des AG auf ungeänderter Ausführung der Leistung

9.3 Abbestellung des Werks (Vertragsrücktritt)

10 Folgen einer Verletzung der Prüf- und Warnpflicht

10.1 Rechtsfolgen gem ÖNORM B 2110

10.2 Übersicht zu Gewährleistung und Schadenersatz

10.2.1 Kurzübersicht Gewährleistung

10.2.2 Kurzübersicht Schadenersatz aus Vertragsverletzung des AN bzw AG

10.2.3 Vertrauensschaden

10.2.4 Vertrauensschaden aus Verletzung vorvertraglicher Pflichten

10.3 Differenzierung der Rechtsfolgen der Warnpflicht

10.3.1 Rechtsfolgen bei Nichtübernahme des Bauwerks

10.3.2 Rechtsfolgen bei Übernahme des Bauwerks

10.3.3 Folgen bei übermäßiger Warnung („Überwarnung“)

10.3.4 Folgen eines unzureichenden Verbesserungsvorschlags

10.3.5 Folgen der Warnpflichtverletzung gem ÖNORM B 2110

10.4 Sowieso-Kosten und irrtumsrechtliche Vertragsanpassung

10.4.1 Anspruch des AN auf Ersatz der Sowieso-Kosten bei Einheits- bzw Pauschalpreisen gem ÖNORM B 2110

10.4.2 Irrtumsrechtliche Vertragsanpassung bei konstruktiven Bauverträgen

10.5 Mitverschulden des AG

10.6 Mitverschulden mehrerer AN

11 Musterbriefe für den AN

12 Auszüge aus der ÖNORM B 2110:2013

12.1 Prüf- und Warnpflicht

12.2 Befreiung von der Haftung

12.3 Pflicht des AG, Ausführungsunterlagen dem AN so rechtzeitig beizustellen, dass diesem die Prüfung noch vor Beginn der Ausführung möglich ist

Vorwort

Mängel oder Schäden an einem Bauwerk können nicht nur auf Ausführungsfehler des Auftragnehmers, sondern auch auf eine untaugliche Anweisung oder mangelhafte Beistellung des Auftraggebers zurückzuführen sein. Hierzu stellen sich insbesondere folgende Fragen:

+Inwieweit trägt nicht der Auftraggeber, sondern der Auftragnehmer das Risiko für Mängel des Bauwerks infolge von Anweisungen bzw Beistellungen des Auftraggebers, die untauglich bzw schädlich für die fachgemäße und mangelfreie Leistungserbringung sind?

+Inwieweit sind Fehler der Ausschreibungsunterlagen oder der Anweisungen während der Bauausführung eine Basis für Claimmanagement des Auftragnehmers?

Zu bedenken sind in der Praxis auch Zusammenhänge der Regelungen der ÖNORM B 2110[1] sowie des ABGB zum Bauvertrag mit den vorvertraglichen Regelungen der ÖNORM A 2050[2] sowie des BVergG 2006[3]. Die ÖNORM A 2050 und das BVergG enthalten einige allgemein gültige Grundsätze für die vorvertraglichen Pflichten des Auftraggebers und des Auftragnehmers, die weitgehende Auswirkungen auf die Ausführung der Bauleistungen haben können.

Die Autoren möchten für Baupraktiker und Baujuristen Informationen zu grundlegenden Fragen vermitteln, zB:

+Inwieweit trifft den Auftragnehmer eine Warnpflicht?

+Wann ist der Auftragnehmer von der Warnpflicht befreit?

+Inwieweit trifft sowohl den Auftraggeber während der Ausschreibungsphase als auch den Bieter während der Angebotsphase eine vorvertragliche Hinweispflicht?

+Wann bedeuten Mängel der Ausschreibungsunterlagen, dass das Bau-Soll (die vertraglich geschuldete Leistung) unzureichend beschrieben ist, sodass eine Warnung des Auftragnehmers während der Ausführung bewirkt, dass der AN einen Zusatzauftrag mit einem fortgeschriebenen Bau-Soll lukrieren kann?

+Etc.

Bei der Lösung von Fällen der Baupraxis kommt es jeweils auf die konkreten Umstände und auf die Beweismöglichkeiten an, sodass unterschiedliche Rechtsmeinungen sowie unterschiedliche Ergebnisse bei Entscheidungen von Gerichten nicht ausgeschlossen werden können. Die Autoren schließen jegliche Haftung für die Ausführungen in diesem Werk aus. Dies gilt auch für die „Musterbriefe“ im Anhang dieses Werks.

Graz/Wien, September 2015

Hans Gölles, Doris Link

1Werkvertragsnorm für „Allgemeine Vertragsbestimmungen für Bauleistungen“ von 2013.03.15.

2Verfahrensnorm für „Vergabe von Aufträgen über Leistungen“ von 2006.11.01.

3In der Fassung von 2014.

Hinweise für den Leser

Die 2. Auflage stellt eine umfangreiche Überarbeitung der 1. Auflage von 2010 dar und bezieht auch neuere Literatur der Autoren ein. Dies ist insbesondere in Buchform

+Gölles/Link, ÖNORM-Bauvertrag – Praxiskommentar, 1. Auflage 2011, Austrian Standards plus Publishing (in den Literaturhinweisen der Fußnoten mit „aaO“ bezeichnet)

+Gölles, Das Bau-Soll im Bauvertrag (Kap. 9) in Straube/Aicher (Hrsg.), Handbuch Bauvertrags- und Haftungsrecht[4] I (Stand 2014)

+Gölles, Funktionaler Bauvertrag (Kap. 10) in Straube/Aicher, Handbuch I (Stand 2014)

+Gölles, Vorvertragliche Prüf- und Aufklärungspflicht (Kap 12) in Straube/Aicher, Handbuch II (Stand 2014)

+Gölles (Hrsg.), Praxisleitfaden Bundesvergabegesetz 2006, 1. Auflage 2009, Austrian Standards plus Publishing

+Fruhmann/Gölles/Pachner/Steiner, BVergG 2006, 3. Auflage 2011

+Link, Risikomanagement als integrativer Bestandteil des Kostenmanagements in Oberndorfer/Haring (Hrsg), Organisation und Kostencontrolling von Bauprojekten, 2015.

Bauvertragliche und bauwirtschaftliche Beiträge der Autoren in Fachzeitschriften mit Bezug auf die Ausführungen in diesem Buch werden jeweils in den Fußnoten angeführt.

Wesentlicher Bestandteil der Darstellung der Prüf- und Warnpflicht ist die gesamthafte Interpretation der jeweiligen Pflichten des Auftraggebers bzw des Bieters/Auftragnehmers beim Bauvertrag[5], die in ÖNORMEN[6] und in Gesetzen enthalten sind:

+ÖNORM B 2110 bzw ÖNORM B 2118

+ÖNORM A 2050

+ABGB sowie UGB

+BVergG 2006[7].

Die jeweiligen dem Buchtext zugrunde liegenden ÖNORM- bzw Gesetzesbestimmungen werden im Buchtext jeweils angegeben, so dass der Leser auch den Originaltext der Vorschriften leicht finden kann.

4Im Folgenden mit „Straube/Aicher, Handbuch“ bezeichnet.

5Beginnend mit der Ausschreibung, während der Ausführung der Bauarbeiten und über die Übernahme der Bauleistungen hinaus.

6ÖNORMEN in der jeweils zuletzt publizierten Fassung.

7In der mehrfach novellierten Fassung per 2014.

Abkürzungsverzeichnis

AaO am angeführten Ort

ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch

Abschn Abschnitt

Abs Absatz

AG Auftraggeber (Besteller)

AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen

AN Auftragnehmer (Werkunternehmer)

Aufl Auflage

BVergG Bundesvergabegesetz

bzw beziehungsweise

c i c culpa in contrahendo (Verschulden bei Vertragsabschluss)

dt deutsch, -e, -er, -es

ecolex Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht (Manz)

Fn Fußnote

gem gemäß

GU Generalunternehmer

hA herrschende Ansicht

Hrsg Herausgeber

idF in der Fassung

idR in der Regel

iHd in Höhe des

iHv in Höhe von

insb insbesondere

iSd im Sinne des

iSv im Sinne von

iZm im Zusammenhang mit

JBl Juristische Blätter

Kap Kapitel

KSchG Konsumentenschutzgesetz

LB Leistungsbeschreibung

LV Leistungsverzeichnis

maW mit anderen Worten

m Anm mit Anmerkung von

m Hinw mit Hinweis (auf)

MKF Mehrkostenforderung; Mehr- oder Minderkostenforderung

Nr Nummer

ÖJZ Österreichische Juristenzeitung

ÖBA Örtliche Bauaufsicht

P Punkt

RDB Rechtsdatenbank (Manz)

RIS Rechtsinformationssystem (des Bundeskanzleramtes)

Rz Randziffer

s siehe

S Seite

sog sogenannte (-r, -s)

SU Subunternehmer

ua unter anderem

udgl und dergleichen

uE unseres Erachtens

usw und so weiter

uU unter Umständen

vgl vergleiche

VK dt Vergabekammer

VOB-A dt Verdingungsordnung für Bauleistungen

Z Ziffer

zB zum Beispiel

zT zum Teil

ZRB Zeitschrift für Recht des Bauwesens (Verlag Österreich)

ZVB Zeitschrift für Vergaberecht und Bauvertragsrecht (Manz)

1ZUSAMMENHANG VON VORVERTRAGLICHER UND WERKVERTRAGLICHER PFLICHT ZU AUFKLÄRUNG BZW WARNUNG

1.1WARNPFLICHT ALS REGELUNG DER GEFAHRTRAGUNG BEI DER ERFÜLLUNG DES VERTRAGS

Die sowohl im ABGB als auch in der ÖNORM B 2110[8] enthaltenen Bestimmungen zur Warnpflicht stehen mit der Zuordnung einer Gefahr (eines Risikos) zur jeweiligen Sphäre der beiden Vertragspartner in Zusammenhang und sind Regelungen zur Gefahrtragung[9]. Grundsätzliche Bestimmungen zur Gefahrtragung finden sich in den §§ 1168, 1168a und 1447 ABGB.

Gefahrtragung (Risikotragung) eines Vertragspartners besteht grundsätzlich dafür, dass er für die Auswirkungen eines Ereignisses oder Umstands aus seiner Sphäre einzustehen hat, aber bei der sog „neutralen“ Sphäre auch für die ihn treffenden Ereignisse[10], die weder er noch der andere Vertragspartner verschuldet hat.

Zu differenzieren ist zwischen Leistungs- sowie Preisgefahr:

+Bei der Leistungsgefahr geht es darum, ob und in welchem Umfang bei Beschädigung oder Zerstörung des Bauwerks vor seiner Übernahme der AN die Beschädigung beheben oder das Werk wieder errichten muss.

+Bei der Preisgefahr geht es darum, welche Auswirkung es auf die Pflicht zur Vergütung der Bauleistung hat, wenn ein Ereignis das Bauwerk vor der Übernahme zerstört oder beschädigt hat.

§ 1168 Abs 1 ABGB gibt die Antwort auf die Frage: Gehört die „Gefahr“ (das Risiko) für die vertragsgemäße Errichtung bzw für das Misslingen des Bauwerks in die Sphäre des AN oder in die des AG?

Unterschieden wird allgemein zwischen

+Sphäre des AG,

+Sphäre des AN sowie

+„neutraler“ Sphäre[11].

Diese Sphärenverteilung des ABGB wird in P 7.2 ÖNORM B 2110 speziell adaptiert und näher konkretisiert.

+Der AG trägt die Preisgefahr, wenn die Ausführung des Bauwerks durch Umstände in der Sphäre des AG unterbleibt; der AN behält den Entgeltanspruch abzüglich der Ersparnis infolge des Unterbleibens der restlichen Leistung (§ 1168 Abs 1 S 1).

+Misslingt das Bauwerk infolge von Umständen aus der AN-Sphäre oder aus der neutralen Sphäre, verliert nach der ABGB-Regelung der AN den Entgeltanspruch (nach der ÖNORM-Regelung etwas abweichend geregelt: zB Gefahrtragung des AG bei Beschädigung oder Zerstörung durch ein „unabwendbares Ereignis“ gem P 12.1.1 iVm P 7.2.1 ÖNORM B 2110).

+Gem § 1168a S 1 ABGB trägt der AN im Falle des Zugrundegehens des Werkes durch bloßen Zufall vor seiner Übernahme die Preisgefahr.

+Der AN ist grundsätzlich nicht zur Gewährleistung verpflichtet, wenn durch Umstände in der Sphäre des AG eine Mangelhaftigkeit des Bauwerks verursacht wurde, insoferne der AN die Warnpflicht gem § 1168a S 3 ABGB bzw gem P 6.2.4 ÖNORM B 2110 nicht schuldhaft verletzt hat.

Die „werkvertragliche Warnpflicht“ (ABGB) bzw die „bauvertragliche Warnpflicht“ (ÖNORM B 2110) beginnt ab dem Abschluss des Bauvertrags. Zeitlich vorausgehend gehört zur Warnpflicht als Vorstufe die Pflicht zur Prüfung, ob für den AN als sorgfältigen Unternehmer erkennbar ist, dass die Anweisung oder Beistellung des AG untauglich für die Erreichung des Bau-Solls[12] ist.

Die Prüf- und Warnpflicht des AN darf nicht isoliert bloß als Sorgfaltspflicht des AN gesehen werden; sie hat zeitlich vorgelagert als Sorgfaltspflicht des AG eine umfassende Pflicht des AG, die Umstände der Leistungserbringung abzuklären, hierzu Untersuchungen vorzunehmen und sein gesamtes angebots- bzw ausführungsrelevante Wissen als Information bzw Aufklärung dem Bieter bekanntzugeben.

1.2VORVERTRAGLICHE AUFKLÄRUNGS- UND INFORMATIONSPFLICHTEN VON AG UND BIETER

Für Werkverträge sehen die ABGB-Bestimmungen vor, dass vor Vertragsabschluss die „Noch-nicht-Vertragspartner“ jeweils vorvertragliche Pflichten gegenüber dem Vertragspartner in spe haben. Zu den vorvertraglichen Pflichten gehört, dass

+einerseits der AG die Bieter vollständig über den Leistungsgegenstand und die Umstände der Leistungserbringung informiert[13] sowie

+andererseits der Bieter den AG über seine für ihn erkennbaren Bedenken gegen die in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehene Bauausführung informiert bzw aufklärt.

Festlegungen von vorvertraglichen Pflichten bei privaten sowie öffentlichen Bauaufträgen enthalten die ÖNORM B 2110 sowie die ÖNORM A 2050 und das BVergG.

Die ÖNORM B 2110 gibt in P 4.2 „Hinweise für die Ausschreibung und die Erstellung von Angeboten“ und legt fest, welche Informationen die Ausschreibungsunterlagen grundsätzlich enthalten müssen. Diese „Hinweise“ sind ein Katalog von vorvertraglichen Pflichten insb des AG.

Die ÖNORM A 2050[14] regelt die Vergabe von Aufträgen über Leistungen und enthält in P 5.2 Vorschriften, wie der AG die Beschreibung der Leistung zu gestalten hat

+einerseits mit einer konstruktiven Leistungsbeschreibung oder

+andererseits mit einer funktionalen Leistungsbeschreibung.

Die Vorschriften in P 5.2 ÖNORM A 2050 enthalten vorvertragliche Pflichten des AG für die Gestaltung der Ausschreibungsunterlagen. Einige dieser Vorschriften haben auch eine Auswirkung auf die Abwicklung des Bauvertrags, zB darauf, was Bestandteil des Bau-Solls gem P 3.8 ÖNORM B 2110 ist.

P 6.1 und 6.2 ÖNORM A 2050 enthalten vorvertragliche Pflichten des Bieters.

Bei Auftragsvergaben, bei denen das BVergG anzuwenden ist, ergeben sich vergaberechtlich Pflichten des AG zur Aufklärung, Information etc gegenüber den Bietern (s insb §§ 79, 90, 96, 97 und 99 BVergG)[15].

Wesentliche vorvertragliche Pflichten des AG sind in der ÖNORM A 2050 und im BVergG gleich umschrieben. Diese Korrespondenz der vorvertraglichen Pflichten für die Gestaltung der Ausschreibungsunterlagen zeigt, dass es sich hierbei um allgemein gültige Grundsätze für Ausschreibungen von Bauaufträgen handelt, die nicht zur Disposition des AG stehen.

TABELLE 1

GESTALTUNGSVORSCHRIFTEN FÜR AUSSCHREIBUNGSUNTERLAGEN (BVERGG)

So wie der AG hat auch der AN nicht erst ab Abschluss des Vertrags eine Pflicht zur Aufklärung bzw Warnung seines Vertragspartners. Schon „vorvertraglich“ besteht eine Aufklärungs- bzw Hinweispflicht des Bieters zu den in den Ausschreibungsunterlagen vom AG angegebenen Anweisungen[16] und angekündigten Beistellungen.

Die vorvertragliche Aufklärungspflicht des Bieters hat das Ziel, den AG vor Schaden (Mangelhaftigkeit des Bauwerks) zu schützen – dies analog der werkvertraglichen Warnpflicht.

Betroffen von der vorvertraglichen Aufklärungspflicht ist an sich jeder Unternehmer (Bieter), der sich am Ausschreibungsverfahren beteiligt. Auswirkung auf die Erbringung der Bauleistung kann eine versäumte Aufklärung nur beim AN haben (nicht bei den Bietern, die nicht den Zuschlag erhalten haben).

So wie schon die werkvertragliche Warnpflicht nur im Rahmen der eigenen vertraglich geschuldeten Leistung[17] des AN besteht und nicht „überspannt“ werden darf, gilt dies auch bei der vorvertraglichen Aufklärungspflicht des Bieters.

Die vorvertragliche Aufklärungspflicht hat im Vergleich zur vertraglichen Warnpflicht einen geringeren Umfang: Nicht alle Aspekte der bauvertraglichen Warnpflicht sind Gegenstand der vorvertraglichen Aufklärungspflicht:

+Es gibt ja beim konstruktiven Bauvertrag in der Angebotsphase erst Ausschreibungspläne oder erst eine „Vorstatik“, die eine geringere Genauigkeit haben als die Ausführungspläne des Planers des AG oder die für die Ausführung maßgebliche endgültige „Statische Berechnung“ des Statikers des AG.

+Beim funktionalen Bauvertrag gibt es in der Angebotsphase noch weniger Spezifizierung des vom AG erwarteten Bauwerks, zB kein LV und keine dem LV entsprechenden Ausschreibungspläne, sondern eher nur Leitpläne zur Visualisierung des vom AG in den Ausschreibungsunterlagen beschriebenen (funktionalen) Leistungsziels[18].

1.3VERGLEICHENDE BETRACHTUNG DER VORVERTRAGLICHEN AUFKLÄRUNG UND DER BAUVERTRAGLICHEN WARNUNG

1.3.1Gegenstand der vorvertraglichen Aufklärungspflicht

Eine vorvertragliche Aufklärungspflicht kann sich naturgemäß nur auf die die Angaben zur Ausführung der Leistung beziehen, die in den vom AG zur Verfügung gestellten Ausschreibungsunterlagen enthalten sind. Maßgeblich ist hierbei nur die Version, die für die Angebotserstellung dem Bieter zur Verfügung gestellt wurde.

Noch nicht beziehen kann sich die vorvertragliche Aufklärungspflicht auf die weiteren Bereiche der bauvertraglichen Warnpflicht beim konstruktiven Bauvertrag, die erst nach Vertragsabschluss zum Tragen kommen, also zB nicht auf Ausführungspläne 1:50 für den Polier, Anweisungen zur Leistungsänderung[19], tatsächliche Materialbeistellungen oder Beistellung einer nach Beauftragung des AN erbrachten Vorleistung eines anderen AN wie zB Estrichherstellung durch den Estrichhersteller vor Bodenverlegung durch den AN für Bodenverlegung. Vor Vertragsabschluss gibt es beim konstruktiven Bauvertrag zwar „Ausschreibungs-Anweisungen zur Ausführung“[20], aber noch keine „für die Leistungserbringung beigestellten Materialien[21]“ und auch keine „beigestellten Vorleistungen“, mit denen oder auf denen aufbauend der AN (weiter-)baut. Allenfalls können technische Angaben in den Ausschreibungsunterlagen zu vorgesehenen Materialbeistellungen oder zu bereits getätigten Vorleistungen (die also vor der Angebotslegung vor Ort bereits besichtigt[22] werden können) unter eine vorvertragliche Prüfpflicht fallen.

Beim funktionalen Bauvertrag ist für den Bieter statt einer detaillierten Beschreibung des vom AG konkret geplanten Bauwerks in den Ausschreibungsunterlagen nur ein Rahmen in technischer und funktioneller Hinsicht beschrieben, der für den Entwurf des konkreten Bauwerks durch den Bieter maßgeblich ist. Dies bewirkt, dass beim funktionalen Bauvertrag nur wenige konkrete Anweisungen des AG vorliegen, zu denen der Bieter zu einer Prüfung aufgerufen ist[23], ob die Angaben des AG in der Ausschreibung für die Herstellung des Bauwerks tauglich sind.

1.3.2Gegenstand der bauvertraglichen Warnpflicht

Die Pflicht des AN, vor Mängeln bei Anweisungen oder Beistellungen des AG zu warnen, soll den AG vor einer Beschädigung oder vor einem Untergang des Werks infolge fehlerhafter Anweisungen oder Beistellungen des AG schützen – der AN wird als Sachverständiger[24] hinsichtlich seines Gewerks in die Pflicht genommen.

Die bauvertragliche Prüf- und Warnpflicht des AN ist umfangreicher und intensiver als die vorvertragliche Aufklärungspflicht des Bieters:

Gem ABGB ist der AG bei „offenbarer“ (= erkennbarer) Untauglichkeit

+des vom AG beigestellten „Stoffs“ oder

+der „Anweisung“ des AG

vom AN zu warnen. Dabei geht es darum, dass während der Leistungserbringung der AG vor Untergang, Zerstörung, Beschädigung oder Mangelhaftigkeit des herzustellenden bzw zu übergebenden (Bau-)Werks geschützt wird.

In der ÖNORM B 2110 wird dies konkretisiert als bauvertragliche Pflicht zur „Mitteilung von erkennbaren Mängeln und von Bedenken“ hinsichtlich

+zur Verfügung gestellter Ausführungsunterlagen

+erteilter Anweisungen

+beigestellter Materialien

+beigestellter Vorleistungen (des AG oder anderer vom AG beauftragter Professionisten).

Zur Warnpflicht gehört – zeitlich vorgelagert – auch eine Prüfpflicht des AN, ob „Bedenken“ geboten sind.

Ein unterschiedlicher Umfang der Warnpflicht ergibt sich aus den Unterschiedlichkeiten zwischen einerseits dem Bauvertrag mit konstruktiver Leistungsbeschreibung und andererseits dem Bauvertrag mit funktionaler Leistungsbeschreibung[25].

In der ÖNORM B 2110 wird aktuell nur das Modell des „konstruktiven“ Bauvertrags, aber nicht das Modell des „funktionalen“ Bauvertrags abgebildet: Die ÖNORM-Regelung in P 6.2.4 passt somit punktgenau nur für den konstruktiven Bauvertrag. Für den funktionalen Bauvertrag ist grundsätzlich von der Warnpflicht gem ABGB auszugehen und die ABGB-Regelung entsprechend den Besonderheiten des funktionalen Bauvertrags zu interpretieren.

TABELLE 2

ARTEN DES BAUVERTRAGS GEM WAHL DER LB

1.3.3Exkurs: Prüf- und Warnpflicht zu Ausschreibungsunterlagen gem BVergG?

Das BVergG regelt Wettbewerb im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe und im Bereich der Auftragsvergabe im Sektorenbereich. Dabei erfolgen verschiedentlich Beschränkungen der zivilrechtlichen Vertragsfreiheit (Privatautonomie), aber keine speziellen Bestimmungen zur Abänderung des subsidiären Werkvertragsrechts gem ABGB, insb auch keine Abweichungen zur Warnpflicht.

Die Regelung in § 106 Abs 6 BVergG[26] darf nicht missverstanden werden: Hier liegt eine vergaberechtliche (Mitteilungs-)Obliegenheit der Bieter vor, mangelhafte oder unvollständige Ausschreibungsunterlagen zu rügen (hinsichtlich vergaberechtlicher Verstöße[27]) und eine vergabegesetzkonforme Berichtigung der Ausschreibungsunterlagen zu verlangen (zB Streichung unzulässiger oder diskriminierender technischer Spezifikationen oder Kriterien[28]oder überwälzter nicht kalkulierbarer Risiken[29]).

Zur Frage der Zulässigkeit der Übertragung von Risiken des AG auf den AN ist auch die Bestimmung in P 4.2.5 ÖNORM B 2110 zu beachten: „Insoweit der AG mit der Ausschreibung Risiken oder besondere Auflagen zu übertragen beabsichtigt, sind diese klar ersichtlich zu machen und kalkulierbar darzustellen.“ Hier sollte es wohl meist im wirtschaftlichen Interesse der Bieter liegen, den AG darauf hinzuweisen, wenn nach Auffassung des Bieters eine Verschiebung eines Risikos der Bauausführung aus der Sphäre des AG in die Sphäre des AN in den Ausschreibungsunterlagen enthalten ist.

P 4.2.5 ÖNORM B 2110 verdeutlicht über den Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe hinaus, dass auch bei privaten Auftragsvergaben „unkalkulierbare Risiken“ einer Bauausführung zur Sphäre des AG gehören.

8Allgemeine Vertragsbestimmungen für Bauleistungen – Werkvertragsnorm, Ausgabe 2013-03-15.

9Vgl P 12.1 iZm P 7.1 ÖNORM B 2110.

10Also für ein „zufälliges Ereignis“, das die Bauwerkserstellung beeinträchtigt, stört, verzögert, behindert

oder gar verunmöglicht als Gefahrtragung des AN gem ABGB.

11Die neutrale Sphäre ist jene Sphäre, die weder dem AG noch dem AN zuzuordnen ist. Die Gefahrtragung trifft den Vertragspartner, der den Schaden hat.

12Die vertraglich geschuldete Leistung wird in der ÖNORM B 2110 als Bau-Soll umschrieben (P 3.8).

13In der Praxis zusammengefasst in den „Ausschreibungsunterlagen“.

14Vergabe von Aufträgen über Leistungen – Ausschreibung, Angebot, Zuschlag – Verfahrensnorm, Ausgabe 2006-11-01.

15Vgl hierzu Gölles (Hg), Praxisleitfaden BVergG 2006 (Austrian Standards plus Publishing 2009), Rz 485f, 614f, 621f, 636f und 657f.

16Das sind insb die Leistungsbeschreibung, das Leistungsverzeichnis bei konstruktiver Leistungsbeschreibung, technische Ausarbeitungen wie zB eine statische Berechnung, Ausschreibungspläne etc.

17Somit im Rahmen des in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehenen Bau-Solls (bei einer konstruktiven Leistungsbeschreibung).

18S Gölles, Bauvertrag: Anordnungsrecht des Bestellers beim funktionalen Bauvertrag?, ecolex 2014, S 768; vgl § 97 Abs 1 BVergG.

19ISd P 7.1 ÖNORM B 2110.

20ZB Ausschreibungspläne, aber noch keine Detail-Ausführungspläne; eine Entwurfsstatik, aber noch keine Detailstatik.

21Die Ankündigung einer Materialbeistellung in den Ausschreibungsunterlagen ist noch keine tatsächlich erfolgte Materialbeistellung. Erst nach Auftragserteilung, wenn das Material tatsächlich (materiell) zu Verfügung gestellt wird, kann eine allfällige Prüfung geboten sein, zB wenn kein Zertifikat über die Materialqualität vorliegt).

22S P 4.2.1.4 ÖNORM B 2110: Bieterpflicht zur Besichtigung der „örtlichen Gegebenheiten“.

23S Gölles, Warnpflicht des Bauunternehmers beim Bauvertrag, ecolex 2014, S 1032f.

24Gem § 1298 ABGB.

25Beide Auftragsmodelle sind in Abgrenzung zueinander in der ÖNORM A 2050 sowie im BVergG abgebildet – zT als Wiedergabe allgemein gültiger Grundsätze, so dass die im BVergG abgebildeten allgemein gültigen Grundsätze für einerseits den konstruktiven und andererseits den funktionalen Bauvertrag auch bei Bauverträgen außerhalb des Bereichs der öffentlichen Auftragsvergabe maßgeblich sind.

26S Gölles (Hrsg), Praxisleitfaden BVergG 2006 (2009), Rz 716f.

27ZB Verstöße gegen §§ 79, 97, 99 BVergG.

28Vgl Gölles (Hrsg), aaO, zB Rz 426f, 649f.

29Vgl Gölles (Hrsg), aaO, Rz 493f.

2VORVERTRAGLICHE INFORMATIONS- UND AUFKLÄRUNGSPFLICHT

Für eine sorgfältige Ausschreibung liegt die Verantwortung beim AG (auch für seine sachverständigen Erfüllungsgehilfen, die bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen mitwirken).

Für eine sorgfältige Preisermittlung auf Grundlage der Ausschreibungsunterlagen hat der AN die Verantwortung.

Diese Rollenverteilung gibt P 7.2 ÖNORM B 2110 wieder:

+Der Sphäre des AG sind „alle vom AG zur Verfügung gestellten Unterlagen (z. B. Ausschreibungs-, Ausführungsunterlagen) ...“ zugeordnet. (Hervorhebung von den Verfassern)

+Der Sphäre des AN sind „ alle vom AN auf Grundlage der Ausschreibungsunterlagen zur Preisermittlung und Ausführung getroffenen Annahmen (Kalkulationsrisiko) ...“ zugeordnet. (Hervorhebung von den Verfassern)

+Eine umfassende Prüfung und allenfalls Verbesserung der Ausschreibungsunterlagen insgesamt ist nicht Aufgabe des Bieters.

Zur Ablehnung von Mehrkostenforderungen des AN beim konstruktiven Bauvertrag kommt von der Seite des AG gelegentlich als Argument für die Ablehnung, den AN hätte als Bieter bereits während der Angebotsfrist die Verpflichtung getroffen, die Ausschreibungsunterlagen und Pläne mit Sorgfalt zu prüfen, Fehler und Ungereimtheiten aufzudecken, die Ausschreibungsunterlagen auf Richtigkeit bzw Vollständigkeit zu prüfen und allenfalls Leistungspositionen, die im Ausschreibungs-LV fehlen, im Angebot zu inkludieren. Unterstellt wird hierbei, der Bieter hätte bereits bei der Angebotsabgabe eine „Warnpflicht zu Ausschreibungsfehlern“ gehabt, sodass er mangels (vorvertraglicher) Warnung zur Erhebung von (Mehrkosten-)Forderungen während der Bauzeit nicht berechtigt sei, also die Kosten zu tragen hätte, die bei richtiger Ausführung der fehlerhaft ausgeschriebenen Leistungsteile bzw bei Ausführung der vergessenen Positionen anfallen. Solche Argumentationen sind verfehlt, weil es von Gesetzes wegen keine so weit gehende vorvertragliche Prüf- und Warnpflicht gibt. Die vorvertragliche Aufklärungspflicht des Bieters ergibt sich aus der vorvertraglichen Pflicht zur Sorgfalt und zur Wahrung der berechtigten Interessen des Vertragspartners und darf nicht überspannt werden. Schon gar nicht sind solche Argumentationen geeignet, den Ersatz von Sowieso-Kosten zu verweigern, zB was die Ausführung der vergessenen LV-Position „sowieso“ gekostet hätte.

2.1LITERATURMEINUNGEN ZUR VORVERTRAGLICHEN AUFKLÄRUNGSPFLICHT DES BIETERS

In der früheren Fachliteratur finden sich grosso modo einander ähnliche Meinungen, die eher nur in Detailfragen divergieren. Manche meinen, dass der Bieter (nur) eine vorvertragliche „Aufklärungs- und Hinweispflicht“ hat; andere meinen, dass der Bieter eine vorvertragliche „Warnpflicht“ hat, die vergleichsweise weniger streng ist als die werkvertragliche Warnpflicht gem ÖNORM B 2110 bzw gem ABGB. Vor Vertragsabschluss geht es nicht nur um eine Aufklärungspflicht des Bieters, sondern auch um Informations- und Aufklärungspflichten des AG – also wechselseitig. Nach Vertragsabschluss geht es nicht nur um die Warnpflicht des AN, sondern beim konstruktiven Bauvertrag auch um Mitwirkungspflichten des AG, zB um rechtzeitige Beistellung der Ausführungspläne.

Gölles[30]: „In einer gewissen Analogie zur werkvertraglichen Warnpflicht ist die vorvertragliche Hinweis- und Aufklärungspflicht eine Sorgfaltspflicht in contrahendo, für die meines Erachtens der Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB bzw § 347 UGB in Analogie herangezogen werden kann (zumindest für den Bieter, allenfalls auch für den Werkbesteller in spe, wenn er fachkundig bzw sachverständig beraten ist). [...] Zu prüfen sind die Ausschreibungsunterlagen nicht hinsichtlich jeglicher Ausschreibungsfehler, sondern bloß auf eine Übereinstimmung der technischen Ausschreibungsvorgaben für das herzustellende Werk mit den anerkannten Regeln der Technik (gem. Punkt 6.2.1.1 ÖNORM B 2110 hat der Auftragnehmer die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ einzuhalten). Eine Prüfpflicht des Bieters vor Vertragsabschluss für technische Fehler der Ausschreibungsunterlagen kann nur für grobe bzw gravierende Fehler bestehen, die leicht auffallen.“

Gölles[31]: Zu unterscheiden ist aufgrund der Unterschiede in der Art der Leistungsbeschreibung zwischen der konstruktiven und der funktionalen Ausschreibung. „Analog zur werkvertraglichen Warnpflicht gibt es eine vorvertragliche Aufklärungspflicht des (späteren) AN – allerdings weniger streng als die Warnpflicht gem P 6.2.4 ÖNORM B 2110.“

„a) Konstruktiver Bauvertrag

Gegenstand einer vorvertraglichen „Prüf- und Aufklärungspflicht“ sind die Ausschreibungsunterlagen des AG, insb die konstruktive Leistungsbeschreibung, das Leistungsverzeichnis, die technischen Unterlagen und Pläne etc, also die vom AG „konstruktiv“ dargestellte „vorgesehene Art der Ausführung.

Gegenstand einer Prüfung und allfälligen Mitteilung von erkennbaren Mängeln der „konstruktiven“ Ausschreibungsunterlagen oder von Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung sind diese Ausschreibungsunterlagen.“

„b) Funktional-Bauvertrag

Bei der Funktional-Ausschreibung gibt es nicht so konkrete Ausführungsunterlagen [des AG] wie bei der konstruktiven Ausschreibung. Somit betrifft die vorvertragliche Prüf- und Aufklärungspflicht die vom AG in den Ausschreibungsunterlagen für das Funktional-Angebot vorgegebenen Maßgaben: Das sind insb die Mindestanforderungen „in technischer, wirtschaftlicher, gestalterischer und funktionsbedingter Hinsicht“.

Gegenstand einer Prüfung und allfälligen Mitteilung von Mängeln der „funktionalen“ Ausschreibungsunterlagen sind diese Ausschreibungsunterlagen, insb die technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen und funktionalen Kriterien, die den zwingenden Rahmen für das Funktional-Angebot beinhalten [...].“

Eine schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Sorgfaltspflicht (sowohl seitens des Bieters als auch des AG) kann eine Schadenersatzhaftung[32] bewirken.

TABELLE 3

GESTALTUNG DES BAU-SOLLS

Schopf[33]hält zB fest, dass im Angebots(Vorvertrags-)stadium vorvertragliche Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten beider Vertragspartner bestehen: Entsprechend den vorvertraglichen Pflichten beider Vertragspartner bejaht Schopf grundsätzlich „für das Angebotsstadium eine Prüf- und Warnpflicht“, die jedoch nicht so streng ist wie die Warnpflicht nach Auftragserteilung. Nach Schopf müsste der Bieter die Ausschreibungsunterlagen nur einer „oberflächlichen“ Prüfung auf grobe Fehler unterziehen und wäre bei „Auffallen“ eines solchen Fehlers zu einer Aufklärung des AG verpflichtet.

Kurbos[34] meint, dass es einerseits keine „vorvertragliche Warnpflicht“, sondern (nur) eine „vorvertragliche Aufklärungspflicht“ und andererseits eine „vertragliche Prüf- und Warnpflicht“ gibt. Im Falle eines Bestehens einer Warnpflicht in der Angebotsphase hätten uU alle Bieter (auch jene, die den Zuschlag nicht erhalten haben) ein Problem bei einer Nicht-Warnung bei einer „vergessenen Leistung“. Kurbos sieht durch OGH 13.09.2006, 3 Ob 122/05w und OLG Graz 14.10.2009, 3R 112/09d bestätigt, dass die Fälle einer falschen Ausschreibung eindeutig in die Sphäre des AG fallen, seien es Mengenfehler im LV, Fehler der Ausschreibungspläne etc. Bloß fahrlässige Fehlkalkulation des den Auftrag erhaltenden Bieters (infolge Nichterkennens der Ausschreibungsfehler) steht einer Irrtumsanfechtung durch den AN nicht im Wege.

Längle