Psychische Belastungen bei Krebserkrankungen - Katrin Reuter - E-Book

Psychische Belastungen bei Krebserkrankungen E-Book

Katrin Reuter

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Beschreibung

Eine Krebserkrankung konfrontiert Betroffene mit zahlreichen körperlichen, psychischen und sozialen Belastungen, die in vielen Fällen behandlungsbedürftig sind. Die supportiv-expressive Gruppentherapie (SEGT) ist ein spezifischer gruppentherapeutischer Ansatz für die Psychotherapie mit Krebspatienten, die auf den Arbeiten von Irvin Yalom zu existenzieller Psychotherapie und prozessorientierter Gruppentherapie basiert. In diesem Band wird die in den USA von David Spiegel und Kollegen entwickelte und für den deutschsprachigen Raum adaptierte Kurzzeitintervention der SEGT beschrieben. Nach einem einleitenden Überblick über das derzeitige psychoonkologische Behandlungsfeld werden die für die psychotherapeutische Arbeit mit Krebspatienten in Gruppen relevanten klinisch-philosophischen Konzepte Yaloms zusammengefasst. Anschließend wird die auf 12 Sitzungen angelegte Kurzzeittherapie ausführlich beschrieben. Die Grundpfeiler der SEGT bestehen in der Förderung von Unterstützung und Bindung innerhalb und außerhalb der Gruppe, der Stärkung des emotionalen Ausdrucks und der Bearbeitung von existenziellen Fragen und Anliegen. Dem therapeutischen Vorgehen liegen dabei unterstützende und emotionsfokussierende Prinzipien zugrunde. Anhand von Interventions- und Fallbeispielen wird die Durchführung praxisnah illustriert. Eine ausführliche Übersicht zum Stand der Wirksamkeitsforschung zur SEGT schließt den Band ab.

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Katrin Reuter

David Spiegel

Psychische Belastungen bei Krebserkrankungen

Gruppentherapie nach dem supportiv-expressiven Ansatz

unter Mitarbeit von

Agata Drozd und Catherine Classen

mit einem Vorwort von

Irvin Yalom

Praxis der psychodynamischen Psychotherapie –

analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

Band 9

Psychische Belastungen bei Krebserkrankungen

Dr. Katrin Reuter, Prof. Dr. David Spiegel

Herausgeber der Reihe:

Prof. Dr. Manfred E. Beutel, Prof. Dr. Stephan Doering, Prof. Dr. Falk Leichsenring, Prof. Dr. Günter Reich

Dr. Katrin Reuter, geb. 1966. Psychologische Psychotherapeutin, Psychoonkologin und Supervisorin. Ausgebildet in kognitiver Verhaltenstherapie, Hypnotherapie, Gruppen- und systemischer Therapie. Langjährige klinische und wissenschaftliche Tätigkeit an der Psychiatrischen Universitätsklinik Freiburg mit Schwerpunkt Psychoonkologie und Forschungsaufenthalt an der Stanford University, School of Medicine, USA. Seit 2012 tätig als niedergelassene Psychotherapeutin und Psychoonkologin in Freiburg.

Prof. Dr. David Spiegel, geb. 1945. Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeut. Willson Professor and Associate Chair of Psychiatry & Behavioral Sciences, Direktor des Center on Stress and Health und wissenschaftlicher Leiter des Center for Integrative Medicine an der Stanford University School of Medicine, USA. Tätigkeits- und Forschungsschwerpunkte: Klinische Hypnose, Psychosoziale Onkologie, Stressphysiologie, Trauma und Psychotherapie.

Wichtiger Hinweis:Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen,Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oderin digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht.Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen einessolchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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E-Mail: [email protected]

Internet: www.hogrefe.de

Satz: ARThür Grafik-Design & Kunst, Weimar

Format: EPUB

1. Auflage 2016

© 2016 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-8409-2503-0; E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-8444-2503-1)

ISBN 978-3-8017-2503-7

http://doi.org/10.1026/02503-000

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Anmerkung:

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Inhaltsverzeichnis

Geleitwort der Reihenherausgeber

Vorwort von Irvin Yalom

Einleitung und Danksagung

1 Grundlagen

1.1 Psychoonkologie

1.1.1 Zur psychischen und sozialen Situation von Krebspatienten

1.1.2 Epidemiologie psychischer Belastungen und Störungen

1.1.3 Diagnostik und Indikation

1.2 Existenzielle Perspektiven in der Psychotherapie

1.2.1 Die Wurzeln der existenziellen Psychotherapie

1.2.2 Das existenzielle Paradigma Irvin Yaloms

1.3 Interaktions- und prozessorientierte Gruppenpsychotherapie

1.3.1 Wirkfaktoren

1.3.2 Der Gruppentherapieprozess

2 Der klinische Ansatz der supportiv-expressiven Gruppentherapie

2.1 Ursprünge und Entwicklungslinien

2.2 Die Grundpfeiler des therapeutischen Konzeptes

Unterstützung aufbauen und Bindungen aktiv schaffen

Emotionale Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeit fördern

Sich den existenziellen Fragen und Anliegen zuwenden

2.3 Behandlungsziele

Die Unterstützung durch Freunde und Familie fördern

Die Arzt-Patient-Beziehung stärken

Die Copingstrategien erweitern

„Detoxifying death“ (den Tod „entgiften“)

Einen Lebensplan entwickeln

Bearbeitung erkrankungsbezogener Themen

Integration eines veränderten Körper- und Selbstbildes

Bearbeitung individueller Themen der Patienten

Verbesserung der Lebensqualität und Rückgang psychischer Belastung

2.4 Vorbereitung der Gruppen

2.4.1 Aufbau und Zusammensetzung

2.4.2 Das Erstgespräch

2.5 Die Therapiephasen

2.5.1 Gruppenaufbau (Sitzungen 1 bis 3)

2.5.2 Arbeitsphase – die mittleren Sitzungen (Sitzungen 4 bis 9)

2.5.3 Abschluss- und Abschiedsphase (Sitzungen 10 bis 12 und Follow-up-Sitzung)

2.6 Therapeutische Prinzipien

2.6.1 Aufgaben der Therapeuten

2.6.2 Strategien und Interventionen

2.6.3 Arbeit mit den existenziellen Themen

2.7 Spezifische Gruppensituationen

Kontakt der Teilnehmer außerhalb der Gruppensitzungen

Umgang mit Fehlzeiten

2.7.1 Herausfordernde Momente

2.7.2 „Schwierige“ Teilnehmer

3 Wirksamkeit der supportiv-expressiven Gruppentherapie

3.1 Psychosoziale Veränderungen bei Tumorpatienten – eine systematische Übersicht

Psychisches Befinden, auch im Folgenden

Traumasymptome

Angst und Depression

Ausdruck von Emotionen

Soziale Unterstützung

Krankheitsverarbeitung

Lebensqualität

Schmerz

Selbstwert

Subjektiv wahrgenommener Stress

Sexualität und Körperbild

3.2 SEGT bei anderen Erkrankungen

3.3 Bewertung

4 Weiterführende Literatur

5 Literatur

Anhang

|1|Geleitwort der Reihenherausgeber

Liebe Leserinnen und Leser,

der gruppentherapeutische Behandlungsansatz von Irvin Yalom und David Spiegel gab der Psychoonkologie wichtige Impulse. Spiegel nannte seinen gruppentherapeutischen Ansatz „supportiv-expressive Gruppentherapie.“ Damit betonte er, dass die Methode stützende Elemente beinhaltet und auch explizit emotionalen Ausdruck und Entlastung in der Gruppe fördern soll. Gerade die „Furchtlosigkeit“ gegenüber starken Gefühlen der Verzweiflung und existenzieller Bedrohung ist ein Kernmerkmal. Damit unterscheidet sich freilich der Sprachgebrauch von Luborskys Konzept der „supportiv-expressiven Therapie“ (SET), welches mehreren Manualen dieser Reihe (Generalisierte Angststörung, Behandlung depressiver Störungen bei Krebserkrankungen, Soziale Phobie) zugrunde liegt. Es finden sich viele Bezüge auf Daseins-analytische und logotherapeutische Ansätze, die eine Nähe zur humanistischen Psychotherapie aufweisen. Zudem wirft die potenziell lebensbedrohliche Erkrankung existenzielle Fragen auf, die in anderen Behandlungen weniger bedeutsam sind, hier aber zentral sind und dementsprechend thematisiert werden. Wir sind daher sehr froh, dass Frau Dr. Katrin Reuter und Herr Prof. David Spiegel dieses Manual für unsere Reihe in einer höchst anschaulichen und praxisnahen Bearbeitung erstellt haben. Aus unserer Sicht sind die präzise beschriebenen Behandlungstechniken für psychodynamische Psychotherapeuten von großem Nutzen.

In diesem Sinne danken wir dem Autorenteam und wünschen dem Manual eine gute Verbreitung und Resonanz.

Manfred E. Beutel

Stephan Doering

Falk Leichsenring

Günter Reich

|2|Vorwort von Irvin Yalom

Wenn man wie ich daran glaubt, dass Menschen am Fehlen dauerhafter und erfüllender Beziehungen leiden und mitunter verzweifeln, so ist Gruppentherapie offensichtlich die ideale Arena, um zu verstehen und zu verändern, was zwischen ihnen und anderen vor sich geht. Während meiner Arbeit in Stanford beobachtete ich, dass Menschen mit einer Krebserkrankung stark isoliert waren. Einerseits zogen sich die Patienten selbst zurück, weil sie befürchteten, ihre Angst würde Freunde und Familie zu sehr bedrücken. Andererseits distanzierten sich die ihnen nahestehenden Menschen, da sie nicht wussten, wie sie mit ihnen kommunizieren sollten. In den Therapiegruppen konnte diese Isolierung rückgängig gemacht werden und die Betroffenen begannen, über das zu sprechen, was für sie wesentlich war und was sie mit niemandem sonst teilen konnten. Ich habe dabei viel über die Konfrontation mit dem Tod und wie man ihm begegnen kann erfahren. Ich denke, dass Menschen mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung eine Menge über Leben und Sterben lernen und es wichtig für sie ist, dies weiterzugeben.

Schon immer hatte ich den Eindruck, dass die Psychotherapie nicht mit Freud, Jung oder anderen Therapeuten des 19. Jahrhundert begann, sondern bereits lange vorher entstanden ist. Menschen stellen sich seit jeher Fragen über das Leben und wie sie mit ihren Ängsten umgehen können. Meiner Ansicht nach hat unser Fachgebiet seine Wurzeln bei den griechischen Philosophen wie Platon und Epikur und weiter bei den „Lebensphilosophen“ wie Nietzsche, Schopenhauer und den Existenzialisten. Von ihnen habe ich die Grundlagen für meine existenzielle Psychotherapie erhalten. Viele große Denker haben die Überzeugung formuliert, dass es unsere Hauptaufgabe sei, uns unserer Endlichkeit bewusst zu werden, eine stimmige Haltung dazu zu finden und das Leben in möglichst vollen Zügen zu genießen.

Ich habe große Hochachtung vor dem, was die supportiv-expressive Gruppentherapie Krebspatienten bieten kann und Davids Arbeiten beschreiben das sehr gut. Diese Therapie hat über die Jahre mehreren tausend Patienten dabei geholfen, sich gegenseitig zu unterstützen und ein Gefühl für Sinn und Perspektiven zu entwickeln. Ich freue mich daher, dass der Ansatz im deutschsprachigen Raum Eingang findet. Ich wünsche diesem ersten deutschen Buch, welches eine gelungene Verbindung aus theoretischen Zusammenfassungen und klinisch-praktischen Handlungsanweisungen darstellt, viele interessierte Leser.

Prof. Irvin Yalom

|3|Einleitung und Danksagung

Die supportiv-expressive Gruppentherapie (SEGT) hat sich seit den 70er Jahren als spezifischer gruppentherapeutischer Ansatz für die Psychotherapie mit Krebspatienten1 entwickelt. Sie basiert auf Irvin Yaloms Arbeiten zu existenzieller Psychotherapie und prozessorientierter Gruppentherapie. Sie verbindet unterstützende und emotionsfokussierende Prinzipien, um den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit einer potenziell lebensbedrohlichen Erkrankung gerecht zu werden. Unter der Leitung von David Spiegel wurde der Ansatz systematisiert und empirisch untersucht. Die zum Teil sehr bekannt gewordenen Studien seiner Arbeitsgruppe stießen umfangreiche wissenschaftliche Aktivitäten in mehreren Ländern an, welche maßgeblich zur Entwicklung der Psychoonkologie in den letzten zwanzig Jahren beitrugen.

Psychosoziale Angebote sind heute integrale Bestandteile einer ganzheitlichen onkologischen Versorgung und Gruppenkonzepte haben darin einen festen Platz. Auch die Gruppentherapie als spezifische Methode verzeichnet in den letzten Jahren wieder ein zunehmendes Interesse im klinischen Feld. Dieses Buch möchte die SEGT daher in ihrer theoretischen Einbettung vorstellen und dem Kliniker gleichzeitig einen Leitfaden für die praktische Umsetzung des therapeutischen Verfahrens an die Hand geben. Dazu wird nach einem Überblick in das derzeitige psychoonkologische Behandlungsfeld der möglicherweise gewagte Versuch unternommen, den faszinierenden philosophischen und zeitgeschichtlichen Hintergrund sowie die wichtigsten psychotherapeutischen Konzepte Yaloms in verdichteter Art und Weise zusammenzufassen. Wie kaum ein anderer setzt Yalom auf die Kraft der Beziehung und die Arbeit im gegenwärtigen Moment und sein klinischer Grundsatz kann als „Philosophie in Aktion“ bezeichnet werden. Im zweiten Abschnitt des Buches wird Wert auf therapeutische Praktikabilität gelegt und der Ansatz, soweit es seine prozesshafte Orientierung erlaubt, in Manualform dargestellt. Beim beschriebenen Ansatz handelt es sich um die aus den USA stammende Kurzzeitintervention über 12 Sitzungen mit den in Deutschland entwickelten Adaptationen. Abschließend wird im dritten Kapitel eine ausführliche Übersicht zum Stand der Forschung zur SEGT gegeben.

|4|Das Buch entspringt einem Forschungsaufenthalt von Katrin Reuter an der Stanford-Universität vor mehreren Jahren. Die kontinuierliche und unterstützende Kooperation mit David Spiegel und seinem Team stellte die unerlässliche Grundlage für das Arbeiten mit dem supportiv-expressiven Ansatz in Deutschland dar. Den Herausgebern dieser Reihe danken wir für den Anstoß und die Gelegenheit, dieses lange geplante Buch zu realisieren. Eine Reihe von Personen, sowohl diesseits wie jenseits des Atlantiks, haben maßgeblich zu seinem Entstehen beigetragen. Zuallererst Catherine Classen, die unter Mitarbeit von Agata Drozd die Forschungsübersicht verfasst hat und die Erstautorin zusammen mit Jeanine Giese-Davis und Patricia Fobair während ihrer Zeit in Stanford in SEGT ausgebildet und gefördert hat. Ein besonderer Dank geht an Markus Birmele, ohne dessen Engagement als Freund und Kollege diese Arbeit in Deutschland niemals entstanden wäre. Mit ihm sind an dieser Stelle Gisela Mehren, die die erste Übersetzung des Manuals vorbereitet hat, und all die Therapeutinnen zu nennen, die dazu beigetragen haben, den Ansatz zu erproben und zu adaptieren. „Last but not least“ geht unser Dank an alle Patientinnen und Patienten, die sich auf den therapeutischen Weg in den Gruppen mit uns einlassen und von denen wir am allermeisten lernen dürfen.

Freiburg und Palo Alto, im Juni 2015

Katrin Reuter

David Spiegel

1

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Text für männliche und weibliche Personen stets die männliche Schreibform gewählt.

|5|1 Grundlagen

1.1 Psychoonkologie

Krankheit existiert gewissermaßen erst dann, wenn wir sie zur Kenntnis nehmen, benennen und auf sie reagieren.

(übersetzt aus Rosenberg, 1989, S. 1)

Die Psychoonkologie ist heute ein unverzichtbarer Bestandteil der modernen onkologischen Therapien. Als interdisziplinäres Fachgebiet beschäftigt sie sich mit der Bedeutung psychosozialer Faktoren für die Entwicklung, die Behandlung und den Verlauf von Krebserkrankungen sowie mit den individuellen, familiären und sozialen Prozessen der Krankheitsverarbeitung. Sie hat als Aufgabe, ihre Erkenntnisse und Ansätze in alle Sektoren der onkologischen Versorgung einzubringen (Prävention, Früherkennung, Diagnostik, Behandlung, Rehabilitation und Palliativbetreuung) und sie dadurch betroffenen Patienten und ihren Angehörigen zur Verfügung zu stellen. Zunehmend festere Verankerung erfährt die Psychoonkologie seit einigen Jahren durch die Zentrenbildung im medizinischen Sektor (Organzentren, Onkologischen Zentren und Onkologischen Spitzenzentren) und deren Vorgaben zu psychoonkologischer Versorgung. Sowohl gesundheitspolitisch als auch wissenschaftlich steigt ihre Bedeutung somit stetig (Reuter & Zeiss, 2014).

Psychotherapeutische Interventionen stellen ein Teilbereich der Psychoonkologie dar, die insbesondere in der ambulanten Versorgung von Krebspatienten zum Tragen kommen. Insgesamt zeichnet sich das Feld der Einzel- und Gruppenpsychotherapie in der Psychoonkologie durch integratives Vorgehen aus. Seit etwa zwei Jahrzehnten werden zunehmend problem- und settingspezifische Interventionen entwickelt, die schulenübergreifend verschiedene Methoden integrieren. Dennoch lassen sich die eigenständigen psychotherapeutischen Verfahren, wie im vorliegenden Fall die supportiv-expressive Gruppentherapie, dem psychodynamischen oder kognitiv-behavioralen Grundverständnis zuordnen (Reuter, 2011).

|6|1.1.1 Zur psychischen und sozialen Situation von Krebspatienten

Die medizinischen Fortschritte in Diagnostik und Therapie von Tumorerkrankungen führen erfreulicherweise zu einem Anstieg der Überlebensraten in Deutschland und den anderen Industrieländern (Gondos, Bray & Brewster, 2008; Robert Koch-Institut & Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland, 2013). Insbesondere im Bereich der zielgerichteten molekularen Therapien werden in den letzten Jahren zunehmend neue Substanzen entdeckt, die auch für bisher ausweglose Situationen die Hoffnung der Patienten steigen lassen (Stein & Bokemeyer, 2014). Die Erkrankung konfrontiert die Betroffenen jedoch nach wie vor, oder gerade im Zusammenhang mit den komplexen medizinischen Behandlungsverfahren, mit einer Vielzahl von biologischen und psychosozialen Stressoren und ist mit zum Teil erheblichen Belastungen für sie selbst und ihre Angehörigen verbunden. Emotionale Belastungsreaktionen (z. B. Schock, Traurigkeit, Hilflosigkeit) und bestimmte Verhaltensweisen (z. B. Rückzug, Aggression) der Patienten sind in der Regel nicht Ausdruck einer pathologischen Entwicklung, sondern nachvollziehbare Reaktionen auf den Lebenseinschnitt. Eine onkologische Erkrankung stellt für die Patienten somit nicht nur in den krisenhaften Phasen der Erkrankung, wie Tumorprogress und Rezidive, eine extreme Belastung dar, sondern auch im Aushalten der modernen Behandlungsmethoden und deren Nebenwirkungen (Reuter & Zeiss, 2014).

Zu den biologischen Stressoren gehören z. B. Schmerzen, neurobiologische Beschwerden und Stoffwechselstörungen als Folge der Behandlungen. Zu den psychosozialen Stressoren zählen Kontrollverlust, Körperbildveränderungen, Veränderungen der Lebensplanung und der sozialen Rollen sowie Isolation und schwierige Behandlungsentscheidungen. Die Stressoren treffen auf die persönlichen Eigenschaften (z. B. Bewältigungsstrategien, Bindungsstil, kognitive und emotionale Persönlichkeitseigenschaften, Ressourcen, frühere Krankheitserfahrungen, Spiritualität) und die soziale Situation des Betroffenen und treten mit ihnen in Wechselwirkung. Daraus ergibt sich der individuelle Belastungsgrad der Person (Li, Hales & Rodin, 2010). Ebenfalls mit den körperlichen und psychischen Belastungsfaktoren sind durch eine Krebserkrankung ausgelöste existenzielle und spirituelle Krisen assoziiert (Visser, Garssen & Vingerhoets, 2010). Für Patienten mit fortgeschrittenen Erkrankungen und in der palliativen Situation werden existenzielle Belastungen heute unter dem Begriff der Demoralisierung untersucht. Dieser beinhaltet insbesondere den Verlust von Hoffnung und Lebenssinn und hat sich in der Abgrenzung zu depressiven Entwicklungen bei Tumorpatienten als hilfreich erwiesen (Clarke & Kissane, 2002; Robinson, Kissane, Brooker & Burney, 2014). Die Exploration dieser Zusammenhänge bei den Patienten ist die Grundlage psychoonkologischen Arbeitens und fließt sowohl im einzeltherapeutischen wie auch im gruppentherapeutischen Setting in die Therapieplanung ein.

|7|1.1.2 Epidemiologie psychischer Belastungen und Störungen

Psychische Belastung, wie Depressivität, Ängste und allgemeiner Distress, treten bei bis zu 60 % der Tumorpatienten auf (Gao, Bennett, Stark, Murray & Higginson, 2010; Zabora, BrintzenhofeSzoc, Curbow, Hooker & Piantadosi, 2001). Distress wird definiert als ein emotional und kognitiv unangenehmer psychischer Zustand, der die Verarbeitung der Erkrankung und ihrer Folgen behindert (National Comprehensive Cancer Network, 2013). Bei auftretenden Ängsten geht es in vielen Fällen um die Angst vor dem Wiederauftreten („Rezidivangst“) bzw. Fortschreiten der Erkrankung („Progredienzangst“; Mehnert, Berg, Henrich & Herschbach, 2009). Häufig treten Depressivität und Ängste zusammen auf (Burgess et al., 2005).

Fallbeispiel Frau T.