15,99 €
Wo Menschen zusammenleben, knirscht es manchmal. Missverständnisse, Missstimmungen, Missmut – kurz: Psychokram. Dass es dabei um Krankheiten wie Ängste oder Depressionen geht, ist trotz steigender Zahlen eher die Ausnahme. Die meisten Psycho-Probleme im Alltag kann man ohne lange Ursachenforschung, Couch und Therapie lösen. Mit Rolf Schmiels Psycho-Hacks geht es oft schneller und besser. Mit gelassener Heiterkeit präsentiert der erfahrene Psychologe einfache Tools und Tricks aus der Verhaltenstherapie, sogenannte Hacks, die schnell und effektiv helfen können, schwierige Situationen zu bewältigen. Dieser Werkzeugkasten bietet 111 verblüffend wirksame "Psychohacks" gegen die psychologischen Hürden des Alltags. Vom "Wir-müssen-reden"-Beziehungsgespräch und Aufschieberitis über vergessene Namen, Gesichter und Hausschlüssel bis zum inneren Schweinehund und dem ewigen Streit um das Geschirr in der Spüle. Kurzweilig, mit vielen spannenden Beispielen, dazu leicht und verständlich geschrieben, ist dieses Buch rundum alltagstauglich und praxisorientiert. Ein Erste-Hilfe-Kasten für die Seele, den jede*r griffbereit haben sollte.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 279
Veröffentlichungsjahr: 2023
Vorwort
Einleitung
»Wir müssen reden!«Wie man Paargespräche zum Erfolg bringt
Von der To-do-Liste erschlagenWie man Aufgaben sortiert – und die Durchführung schafft
»Das ist Jens und das ist … äh …«Schlechtes Gedächtnis – was hilft?
»Krieg, Energie, Inflation … Ich krieg die Krise!«Wie du belastende Situationen besser überstehst
»Jetzt mal ehrlich!«Feedback geben und verarbeiten
Die Qual der unbegrenzten MöglichkeitenEntscheidungen treffen und dazu stehen
»Papa ist super, aber Mama nervt«Wie man Erziehungsrollen fairer verteilt
»Och nö – nicht wieder dieses Thema!«Wie man Gespräche umlenkt, ohne unhöflich zu sein
Tausendmal berührt …Vertragen sich Amor, Eros und Freundschaft?
Schlechter Schlaf – mieser MorgenSo vermeidest du abendliches Grübeln und morgendliches Muffeln
Bloß keinen Ärger machen?Wie man die Scheu vor Konflikten überwindet
ReingefunktWenn Expartner nicht von der Bühne gehen wollen
»Malen am Strand? Geht’s noch?«Weiterbildung – aber wie?
Keine Macht dem Sofa!Gute Vorsätze – gute Umsetzung
Familiäre GrenzverletzungWenn Verwandte des Partners übergriffig werden
Nackenschläge in SerieWie man mit Niederlagen umgeht
Die unendliche Leichtigkeit der LangeweileDer Weg zu mehr Kreativität
Gebranntes KindWie du es schaffst, den Schatten einer unglücklichen Beziehung loszuwerden
»Alles in mir schreit: weg hier!«Wie schwierige Unterhaltungen gelingen
»Alles super!«Wie man mit Rosarote-Brille-Trägern umgeht
Too much information!Wie man intime Details achtsam handhabt
Ist das noch Kaufrausch oder schon Sucht?Wenn impulsives Verhalten zerstörerisch wird
»Oh Gott, ich hasse Rampenlicht!«So überwindest du deine Schüchternheit
»Niemand sieht, was ich leiste!«Wie du mit fehlender Wertschätzung umgehst
»Morgen fang ich wirklich an!«Wie man den inneren Schweinehund überlistet
»Ich bin so dick und hässlich!«Wie du deine Selbstakzeptanz verbesserst
»Ich könnte jeden Abend aus der Haut fahren!«Wie man es schafft, Stress und Frust nicht an den Falschen auszulassen
»Und der Ohrfeigen-Oscar geht an …«Wie du dich selbst unter Kontrolle behältst
»Mir graust schon jetzt vor Weihnachten …«Wenn bei Familienfesten der immergleiche Streit ausbricht
»Sagen Sie jetzt nichts!«Wie man Toilettenfehler und Fashion Fails diskret behandelt
»Und das nennst du Erziehung?!«Wenn Eltern unterschiedlicher Meinung sind
»Sag mal, geht’s noch?!«Wie man auf unverschämte Menschen reagiert
»Wieso die und nicht ich?«Wie man mit Neid umgeht – dem eigenen und dem der anderen
»Überfordere ich mein Kind?«Wie man unnötigen Leistungsdruck in der Erziehung vermeidet
»Nein, du bist dran mit Zahlen!«Wie man die Geldfrage ohne Stress löst
»Und wenn das ein Riesenfehler ist?!?«Wie du mutig deinen Weg gehst
Trösten – wie geht das eigentlich?Was die Seele in der Trauer wirklich braucht
»Boah, nervt mich dieser Lärm!«Wie du souverän auf Störungen reagierst
Keine Kraft für gar nix!Ein Trick, um schnell Energie zu tanken
… große Kinder, große SorgenWenn Eltern nicht loslassen können
»Soll ich’s wirklich machen oder lass ich’s lieber sein?«Welcher Risikotyp bist du?
»Keiner versteht mich!«Wie du auf allumfassendes Klagen reagierst
»Für Entspannung hab ich gerade echt keine Zeit!«Wie das mit dieser Achtsamkeit funktioniert
»Räum endlich deine blöden Socken weg!«Wie Wertschätzung in der Partnerschaft gelingt
»Aber es hätte doch so schön sein können …«Wenn Träume zu Fesseln werden
Ja, Krisen kann man proben!Ein ungewöhnliches Trainingswochenende
Friede, Freude und VerlogenheitWie geht man mit alten Kränkungen in der Familie um?
»Schaff ich doch sowieso nicht …«Wie du negatives Denken bekämpfst
»Ist das jetzt das Ende?«Nur zwei Betten oder doch schon Trennung?
»Kann mich mal bitte jemand wegbeamen?!«Ein Ehrenplatz für peinliche Momente
Die geschenkte StundeWie du zusätzliche Zeit findest, wenn der Bär steppt
Sind Kavaliere wirklich out?Wie man heute Komplimente macht
Ordnung ist das halbe Leben – und der ganze FrustWie man im Zusammenleben Unterschiede respektiert
»Hilfe, mein Kind kommt in die Schule!«Wenn die Eltern noch nicht schulreif sind
Das heikle Verhalten paarungsbereiter KollegenWenn die Liebe zum Beruf zur Liebe im Beruf wird
Bist du vielleicht ein Ja-Sager?Wie du lernst, ohne Angst und eindeutig Nein zu sagen
»I feel you!«Empathie kann man üben
Toxisches Team?Wie man für bessere Stimmung im Kollegenkreis sorgt
»Mit denen nie wieder!«Wie ein Urlaub für alle harmonisch wird
Danksagung
Über den Autor & noch viel mehr
Für Leonard
»Eine Krise kann jeder Idiot haben. Was uns zu schaffen macht, ist der Alltag.«
(Anton Tschechow)
Psychohacks? Was soll das denn bitte sein? Das Wort »Hack« ist noch nicht sehr lange gebräuchlich im Deutschen. Man kennt es vor allem von Computerhackern, die einen Dreh gefunden haben, in ein geschütztes Netzwerk einzudringen. Auch »Lifehacks« kennen manche – technische Tricks und Kniffe, um Alltagsprobleme zu lösen. Rasierschaum hilft gegen eine quietschende Tür genauso gut wie Maschinenöl. Lederschuhe kann man auch mit Hautcreme pflegen – schließlich ist Leder auch nur Haut. Und wenn man am Stiel eines Kochlöffels eine Wäscheklammer befestigt, kann man ihn an den Topfrand lehnen, ohne dass er reinrutscht. So was in der Art.
Aber was sollen Wäscheklammern bitte mit psychischen Problemen zu tun haben? Ist es nicht eine Verhöhnung von psychisch Kranken, wenn ich behaupte, es gebe für viele Situationen recht einfache Tricks, um sie zu bewältigen? Als ich einem Freund von diesem Buchprojekt erzählte, sprach ich über genau diese Sorge: Ich könnte als oberflächlicher »Gute-Laune-Onkel« missverstanden werden. Darauf sah er mich entgeistert an: »Du?! Bei deiner Qualifikation? Und mit deiner Geschichte?! Du spinnst!« Er spielte darauf an, dass mein Leben keineswegs immer ein fröhlicher Spaziergang war und ist. Wegen einer Hauterkrankung musste ich als Baby sechs Wochen lang von meiner Mutter getrennt und steril im Krankenhaus behandelt werden. Erst im Rahmen einer Therapie, mit etwa vierzig Jahren, wurde mir bewusst, dass diese frühe Bindungsstörung der Ursprung meiner vielen Ängste ist. Meine Eltern waren liebevolle, aber auch sehr strenge Christen, was mich von vielem ausschloss, das meinen Freunden erlaubt wurde. Mein Vater verstarb viel zu jung nach seinem dritten Herzinfarkt. Mit Anfang dreißig hatte ich einen sechsstelligen Schuldenberg und stand vor der Privatinsolvenz. Zwei unserer Kinder kamen tot zur Welt, was meine Frau und damit unsere Familie extrem belastet hat. Ich musste mich mit der Möglichkeit einer potenziell tödlichen Krebserkrankung auseinandersetzen. Meine Mutter ist Demenzpatientin. Das erzähle ich nicht, um zu jammern, sondern um deutlich zu machen, dass ich weiß, was Krisen bedeuten. Ich war oft genug ratlos in meinem Leben. Und ich blätterte damals viel in psychologischer Ratgeberliteratur. Aber ich habe dort fast nie konkrete Antworten auf meine Fragen und Nöte gefunden. Dafür viele diffuse Ratschläge wie »Du musst lernen loszulassen« oder »Du musst dein Ich stark machen«. Aber keine handfesten Erklärungen, was ich tun könnte. Viele Coaching-Tipps klingen total einleuchtend: »Sei entspannter/spontaner/kreativer.« Oder: »Hör deiner Frau besser zu.« Aber sie sind oberflächlich, weil nicht gesagt wird, wie man es macht und woran man erkennt, dass es funktioniert.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Selbstverständlich sind Therapien und oft auch tiefenpsychologische Methoden nötig, damit Patient:innen verstehen, was mit ihnen los ist und woher es kommt. Um schädliche Muster zu erkennen, die sie bisher nie hinterfragt haben – und deshalb immer weiter befolgen. Und um zu erkennen, welche unguten Verhaltensweisen in ihrer Kindheit angelegt wurden. Ich habe, wie gesagt, selbst davon profitiert. Aber viel zu oft enden therapeutische Ansätze leider beim Wissen und der Diagnose. Der nächste Schritt, nämlich die Umwandlung von Strukturen und Gewohnheiten, wird oft vergessen oder hinausgeschoben. Dabei geht es doch genau darum: etwas zu ändern, um die eigene Belastbarkeit zu erhöhen. Psychologie heißt: Muster erkennen – Muster durchbrechen – gesündere neue Muster erschaffen. Wenn ich zum Orthopäden gehe, will ich schließlich nicht nur darüber sprechen, dass und warum ich Knieschmerzen habe. Ich will auch ein Rezept für Physiotherapie und für orthopädische Schuhe, damit ich mein Knie künftig durch Laufen nicht weiter schädige. Ich will, dass es wieder besser wird. Und stell dir einen Urologen vor, der deine Nierenschmerzen »hochinteressant« findet und dir die Herkunft erklärt und dich dann mit dem Rat »Sie müssen Ihre Harnperformance verbessern!« nach Hause schickt? Ohne Schmerzmittel und wirksamen Therapievorschlag. Vermutlich wechselst du sofort den Arzt, oder?
Mich stört, dass Menschen zu wenig ermutigt werden, den Absprung aus dem Therapiesystem zu wagen. Denn das ist nicht für einen Daueraufenthalt gedacht. Es hilft Menschen nicht dabei, im Leben klarzukommen, wenn sie über viele Jahre hinweg drei Therapeuten haben, dort dreimal wöchentlich um sich selbst kreisen und immer nur bestätigt bekommen, dass sie wirklich ganz arme Hascherl sind. Natürlich sind innere Prozesse wichtig – aber sie sollten irgendwann auch mal Ergebnisse zeitigen, die auch die Mitmenschen sehen können. Die Frage, die nach einer nicht allzu langen Zeit der Selbstbeschäftigung im Vordergrund stehen sollte, heißt: »Und was wirst du zukünftig anders machen?« Da geht es dann um Verhaltenstherapie statt um Selbsterforschung. Und oft um recht einfache »Hacks«. Ich hätte mir damals, wie gesagt, ganz konkrete Tipps gewünscht. Wie geht das denn, mein Ich zu stärken? Wie mache ich das? Wann? Wo? Und was brauche ich dafür?
Goldene Tipps wie »Du musst einfach mal runterkommen, dich so richtig entspannen und dich ganz auf dich einlassen!« vertragen sich außerdem in der Regel schlecht mit der Pflege der Oma, den Schulsorgen der Kinder und dem nächsten Kundenauftrag. Kurz: dem Leben. Aber gerade die Menschen, die sagen: »Für Entspannung und Yoga hab ich gerade überhaupt keine Zeit!«, brauchen Hilfe. Einen Werkzeugkasten, in den man greifen kann, um eine bestimmte Situation zu bewältigen oder einfach aus einer destruktiven Gedankenschleife rauszukommen. Dieses Werkzeug sind die Psychohacks.
Übrigens: Ich nutze viele der Psychohacks selbst regelmäßig. Meine persönlichen Top 5 sind:
-Schrei-Baum
-WhatsApp dich selbst!
-Brain Booster
-ABC-Technik für mehr Empathie
-Wau-Wau-Walk
Aus all meinen Lebenskrisen habe ich zwei Dinge mitgenommen: Aufgeben macht nichts besser. Und: Es gibt immer eine Lösung. Auch für dich.
Rolf Schmiel, im Oktober 2022
Nicht mit allem, was einen seelisch beschäftigt, muss man zum Therapeuten. Manchmal genügt auch ein Hund. Oder ein Gummiband. Oder eben ein Psychohack. Es gibt schließlich nicht nur »psychisch krank« oder »psychisch gesund«. Millionen von Menschen allein in Deutschland stehen mitten in einem fordernden Leben – Familie, Beziehung, Beruf – und haben gleichzeitig mit psychischen Belastungen zu tun. Das gilt übrigens auch für Menschen, die von allen bewundert werden. Denn was Leute nach außen darstellen und über sich erzählen, hat häufig wenig mit dem zu tun, was real bei ihnen los ist. Dieses Buch richtet sich an alle vom Leben geforderten Menschen – egal, ob sie schon therapieerfahren sind oder nicht. Übrigens kenne ich einen dieser Menschen ziemlich gut – er schaut mich nämlich an, wenn ich vor einem Spiegel stehe.
Dies ist dabei kein psychologisches Fachbuch – und zwar mit voller Absicht. Keine Fußnoten, keine Studienergebnisse, kein Literaturverzeichnis. Ich greife hier auf meine über zwanzigjährige Berufserfahrung als Psychologe zurück und verzichte darauf, mich hinter Fremdwörtern zu verstecken und wissenschaftliches Tiefseetauchen zu veranstalten. Psychohacks sind leicht verständliche und einfach umsetzbare psychologische Tipps und Tricks, die garantiert Spaß machen und dich weiterbringen. Hier geht es weder um tiefenpsychologische Ursachenforschung noch um wolkige Heilerweisheiten.
Was soll dieses Buch leisten? Spielen wir es einmal durch an einem der häufigsten Streitpunkte in Beziehungen und Familien: dem Thema Ordnung. Ich will nicht die Frage beantworten, warum Menschen unterschiedliche Ordnungsbedürfnisse haben. Sondern dir ganz pragmatisch erklären: So erreichst du, dass dein Ordnungsbedürfnis befriedigt wird, ohne dass es zu viele Konflikte gibt. Ich will nicht die x-te neurologische Analyse liefern und ausführen, was genau bei einem Streit im Gehirn passiert und welche Neuronen feuern. Ich will dir Werkzeuge an die Hand geben, zu intervenieren, also praktisch etwas zu tun, um die Situation zu verbessern. Mit möglichst konkreten, anschaulichen Tipps, die Perspektive geben. Die dir die Frage beantworten, die zu oft unbeantwortet bleibt: »Und wie geht das genau?«
Mein Buch soll auch helfen, die verbreitete Abneigung gegen die Psychologie abzubauen. Viele lehnen meinen Berufsstand ab, weil da »doch immer nur gequatscht, gequatscht, gequatscht wird und nichts rauskommt«. Aber Psychologie wirkt. Überall und immer. Sehen kann man das oft in Bereichen, die nichts mit Therapie und Couch zu tun haben. Etwa im Sport. Oder in der Kunst. Schauspieler könnten nicht arbeiten ohne Psychologie, und Profisportler wären verloren. Warum liefern mir diese Lebensbereiche viele Anregungen? Weil es hier auf konkretes Handeln ankommt. Auf handfeste Veränderungen. Auf pragmatische Maßnahmen. Ein Sportpsychologe, der sich mit permanenten Analysen zufriedengäbe, ohne zu sagen, was Spieler X wie verändern soll, wäre seinen Job ganz schnell los. Psychologie kann viel – wenn man sie konsequent nutzt. Ich will auch das Wissen über psychologische Zusammenhänge vergrößern. Oft haben Menschen keine oder verzerrte Vorstellungen und missverstehen psychologische Konzepte wie das vom »inneren Kind« oder das »positive Denken«. Dann geistern völlig falsche und abwegige Interpretationen und Belehrungen durch die Welt. Bei den Psychohacks ist die Gefahr solcher Missverständnisse gering. Dafür sind sie zu einfach.
Ich weiß, dass manche Kolleg:innen meine Psychohacks genau wegen dieser Einfachheit belächeln. Sie seien banal, heißt es dann. Stimmt. Die Psychohacks wirken oft simpel – oder sind es sogar. So wie der Rat eines Arztes, täglich eine halbe Stunde spazieren zu gehen und das Rauchen aufzugeben, banal ist. Das Schöne ist: Gerade die einfachen Dinge funktionieren oft am besten. Banal ist nicht selten auch genial. Und die Reaktion vieler Menschen auf die Psychohacks, die ich im Radio, im Fernsehen und bei Vorträgen vorschlage, zeigt mir, dass genau dieses genial Einfache funktioniert. Natürlich kann nicht jeder Psychohack die Situation ändern – aber er hilft, besser mit ihr zurechtzukommen und eine Veränderung einzuleiten. Weil es dafür einen möglichst trivialen und ganz konkreten ersten Schritt braucht. Dieser erste Schritt durchbricht Muster. Und darauf kommt es an.
Für wen sind die Psychohacks nicht gedacht? Zum einen für »schlecht gelaunte Intellektuelle«. So nenne ich gern und in genussvoller Verallgemeinerung Leute, die einen gut zu lesenden Text mit leicht umzusetzenden und direkt wirksamen Hinweisen verdächtig finden, weil auch Nichtakademiker ihn verstehen. Die darauf herumreiten, dass die wahren Ursachen doch woanders und viel tiefer lägen – und die ihr eigenes Verhalten niemals auch nur um einen Millimeter überdenken oder gar verändern würden. Aber Psychologie soll allen Menschen helfen, die sie brauchen, und nicht nur Akademikern.
Zum anderen sind Psychohacks nichts für Menschen, die im klinischen Sinne psychisch erkrankt sind. Wer an einer Angststörung, an Depression oder Borderline leidet oder mit einem Betroffenen zusammenlebt, dem hilft kein Psychohack, sondern nur Therapie – und manchmal leider auch nur Pharmazie. Dieses Buch wendet sich also an psychisch gesunde Menschen, die manchmal schlecht drauf sind und bestimmte Sorgen und Fragen haben, die aber in der Regel stabil sind. Und natürlich an alle, die sich für die spannende Welt der Psychologie interessieren.
So wie alles im Leben sollten Psychohacks nicht schematisch betrachtet werden. Ein Psychohack reagiert auf eine bestimmte Frage oder Not. Wenn man diese aber gar nicht hat, sollte man auch den Psychohack nicht eins zu eins anwenden. Und: Jeder hat seine Lernfelder. Das heißt, in vielen Situationen kommt es sehr darauf an, was für ein Typ Mensch du bist, und entsprechend hilft dir vielleicht ein ganz anderer Psychohack als einem anderen Menschen in der gleichen Lage. Ein Beispiel: Wenn du im Restaurant immer stundenlang grübelnd vor der Karte sitzt und dich nicht entscheiden kannst, dann bestell bei den nächsten drei Restaurantbesuchen das Gericht, das dir beim letzten Besuch richtig gut geschmeckt hat. Wenn du aber im Gegenteil stolz darauf bist, dass du dich im Restaurant immer blitzschnell entscheidest, weil du immer Schnitzel bestellst: Lies doch mal in Ruhe die Karte und bestell mal etwas anderes. Wenn du immer nur von »Change« schwärmst und stolz erzählst, dass du es in keinem Job, in keiner Wohnung und in keiner Beziehung länger als sechs Monate aushältst: Geh zum Kontinuitätsberater. Und lerne mal, am Ball zu bleiben. Wenn du aber seit zwanzig Jahren weder neue Möbel noch neue Klamotten gekauft hast: Change!
Ins Allgemeine gewendet lautet mein Rat: Schau immer, wer du bist, bevor du einen Psychohack anwendest. Und erhöhe die Anzahl deiner Alternativen, damit dir möglichst viele Verhaltensmuster zur Verfügung stehen. Wenn du ohnehin schüchtern bist, solltest du also die Verzwergungstaktik nicht anwenden. Aber als 1,90-Alphamännchen ist es klug, dich manchmal kleiner zu machen, um anderen die Angst zu nehmen. Klein und zart kann auch mal laut und deutlich werden – große, dominante Typen provozieren damit sofort Gegenwehr, die dürfen auch mal kurz schrumpfen. Mach dir also auch immer eines bewusst: Von wo aus kommunizierst du?
Vielleicht ist dir schon aufgefallen, dass ich dich in diesem Buch duze. Dies ist kein Zufall, sondern der erste kleine Psychohack. Aus der psychologischen Forschung wissen wir, dass »Du«-Botschaften besser und wohlwollender verarbeitet werden. Das liegt daran, dass wir von unserer Geburt an mindestens die ersten sechzehn Jahre geduzt werden. Dies ist die Zeit, in der wir am meisten lernen und uns am intensivsten entwickeln. Darüber hinaus sind es auch im Erwachsenenalter meist nahestehende Personen, die uns duzen. Ein »Sie« hören wir dann, wenn es amtlich wird oder eine persönliche Distanz existiert. Da ich dich in deiner Entwicklung von Herzen unterstützen und auf diesem Weg mit meinen Impulsen persönlich begleiten möchte, habe ich mich dazu entschieden, dich zu duzen. Ich hoffe, das ist okay für dich.
Und jetzt geht es los. Denk dran: Psychohacks sind Powersnacks – kleine, leicht verdauliche Häppchen mit starker Wirkung. Wie ein Energieriegel. Dieses Buch ist wie ein Büfett, auf dem ich eine große Auswahl dieser Snacks angerichtet habe. Vielleicht brauchst du nicht jeden Snack, und manche werden dir vielleicht nicht ganz so gut schmecken wie andere. Das kannst du nur selbst herausfinden – durch Probieren. Auch wie viel du auf einmal verträgst, musst du selbst einschätzen. Jedes Kapitel steht für sich. Also: Hau rein! Guten Appetit!
Achtung, Binsenweisheit: In Partnerschaften gibt es Konflikte. Zum Beispiel infolge von Missverständnissen. Oder aufgrund unterschiedlicher Meinungen, Bedürfnisse und Interessen. Oder auch wegen extremer Belastungen – Kinder, Beruf, alte Eltern, Geldsorgen … Dazu kommen zwei verschiedene Persönlichkeiten, Temperamente und Kommunikationsstile – der eine zieht sich im Konfliktfall eher zurück, die andere geht das Thema offensiv an. Jedenfalls fällt (hoffentlich) irgendwann der kluge Satz: »Wir müssen reden.« Und das bedeutet: nicht mal schnell zwischen Tür und Angel ein paar Argumente oder Beschimpfungen austauschen, sondern einen geregelten Rahmen schaffen und in Ruhe miteinander sprechen. Aber auch solche »ruhigen« Gespräche laufen oft genug aus dem Ruder – weil ein Partner sich unverstanden fühlt, weil einer seine Interessen partout durchsetzen will, weil man einander nicht ausreden lässt oder was auch immer. Und beide Partner verlassen das Gespräch mit dem frustrierenden Gefühl, nicht mal in einem geordneten Rahmen und außerhalb der akuten, emotionalen Streitsituation eine Verständigung hinzubekommen. Aber wenn man an dem Punkt ist, solche klärenden Gespräche lieber zu meiden, weil sie immer wieder eskalieren, herrscht höchste Alarmstufe.
Wie also bekommt man es hin, dass beide Partner mit einem guten Gefühl und einem Erfolgserlebnis aus einem solchen Gespräch gehen?
Konfliktgespräche sind anstrengend – auch weil nicht jeder dasselbe Tempo beim Verarbeiten von Informationen und Emotionen hat. Und während sich der eine geradezu wohlfühlt in der heißen Küche der herumfliegenden Wahrheiten, muss der andere immer wieder mal runterkommen und sich »abkühlen«. Deshalb ist es wichtig, das Bedürfnis nach einer Pause zu respektieren und jedem individuell die Möglichkeit einer solchen zu schaffen. Ein klassischer Fall von Wertschätzung in der Partnerschaft. Dabei hilft die Kommunikationskerze, eine alte asiatische Tradition. Auf dem Tisch zwischen euch steht eine Kerze, die ihr zu Beginn des Gesprächs anzündet. Das Kerzenlicht schafft eine entspannende Atmosphäre. Und es vermittelt trotz des zu klärenden Konflikts einen Hauch Romantik und erinnert euch daran, warum ihr zusammen seid und bleiben wollt. Dadurch geht ihr respektvoller miteinander um. Sobald die Situation für einen der Gesprächspartner zu anstrengend wird und er – egal aus welchen Gründen – eine Pause braucht, pustet er/sie die Kerze aus. Diese Regel beugt Überforderungen vor. Der Wunsch nach einer Pause muss nicht begründet werden – aber er ist mit der Verpflichtung verbunden, die Kerze nach der Pause wieder anzustecken und den anderen wieder ins Gespräch zu holen.
Regeln wie diese bilden immer einen Rahmen und führen damit automatisch zu einer besseren Kommunikation. Studien zeigen, dass Diskussionen weniger hitzig und zugleich zielführender sind, wenn sie nicht zwischen Tür und Angel, sondern geregelt stattfinden. Also, Kerze an! Du brauchst kein Special Equipment – eine einfache Haushaltskerze reicht aus. Und vielleicht kann das abschließende gemeinsame Auspusten der Kerze nach geglückter Klärung sogar eine besonders schöne Form der partnerschaftlichen Kommunikation einleiten.
Ein Dauerthema in Beziehungen und in Konfliktgesprächen ist das Gefühl, dass das Gegenüber gar nicht richtig zuhört. Das lässt sich vor allem am Unterbrechen festmachen. Aber auch daran, dass jemand einfach seinen Stiefel weiter durchzieht, nicht auf die Argumente des Gegenübers eingeht und kein Gespür hat für die Dynamik und die Schwingungen des Gesprächs sowie für die unausgesprochenen Bedürfnisse des anderen.
Bei nordamerikanischen Ureinwohnern wurde ein reich verzierter »Redestab« angeblich immer erst dann vom Redner weitergereicht, wenn dieser sich tatsächlich verstanden fühlte. Zum Beispiel weil das Gegenüber seinen Standpunkt so zusammengefasst hatte, dass er merkte: Das, was ich ausdrücken wollte, ist angekommen. Der Indianische Redestab wird auch gern in paartherapeutischen Gesprächen eingesetzt – jedenfalls in solchen, in denen sein Missbrauch als Waffe keine Gefahr ist.
Insbesondere Männern fällt das ruhige Zuhören oft schwer. Ich habe das mal bei mir selbst mit einer Stoppuhr überprüft und war regelrecht erschüttert: Obwohl Zuhören ein entscheidender Teil meines Berufs ist, dauerte es bei mir anfangs keine dreißig Sekunden, bevor ich den Drang hatte, etwas zu erwidern. Ich empfehle jedem Mann, mal selbst mit einer Eieruhr oder einem Timer zu messen, wie lange er ruhig und konzentriert (!) zuhören kann, ohne eine Antwort oder eine Lösung auf den Lippen zu haben. Die meisten Männer gehen davon aus, dass ihr Wissen dem des Gegenübers überlegen ist. Und sie kommunizieren lösungsorientiert statt beziehungsorientiert. Aber Lösungen interessieren viele Menschen – und ja, besonders Frauen – in Krisensituationen nicht vorrangig. Sie brauchen erst einmal jemanden, der ihnen zuhört. Wohlgemerkt: Lösungsorientiertes Denken ist nicht per se falsch. Aber in manchen Situationen ist es unangemessen und nicht das Gefragte. Es ist eine gute Übung, erst mal nur zuzuhören und es auch mal zu ertragen, wenn ein paar Sekunden lang nichts gesagt wird. Oder die Partnerin weint. Wenn die verunsicherte Frau dann fragt, wieso man nichts sage, kann man richtig Punkte machen mit der Antwort: »Ich hör erst mal zu.« Und auch der simple Satz »Ja, das ist wirklich ein blöder Mist, der dir da passiert ist!« ist viel häufiger der richtige, als viele Männer es sich vorstellen können.
Man soll kein Fahrrad mit plattem Reifen fahren. Sprich: Man kann im Zustand der Erschöpfung kein vernünftiges Paargespräch führen. Dann kann es passieren, dass einer nur dasitzt und zu allem nickt, die besprochenen Änderungen aber trotzdem nicht eintreten, weil die Energie fehlt, sich wirklich damit auseinanderzusetzen und dann auch etwas zu verändern.
Deshalb sollte man vor ernsthafter Beziehungsarbeit immer checken, ob die Energie dafür auch da ist. Und notfalls klar aussprechen, dass sie fehlt: »Schatz, ich bin einfach zu erledigt zum Reden. Ich weiß, dass Beziehung auch Arbeit bedeutet und unsere Konfliktgespräche wichtig sind. Aber die Krise in meinem Betrieb und die Krankheit meiner Mutter fordern mich zu mehr als hundert Prozent. Für Beziehungsarbeit fehlt mir gerade einfach die Power. Es tut mir leid. Was sollen wir tun?« Oder einfach gesagt: »Ich bin momentan ein platter Reifen. Bevor ich mich wirklich mit unserer Beziehung beschäftigen kann, muss da erst mal wieder Luft rein.« Dann hat man allerdings auch die Verantwortung, sich zu kümmern. Jahrelang auf die fehlende Luft im Reifen hinzuweisen, ohne sich um Abhilfe zu bemühen, geht nicht. Wer Erschöpfung nur als Vorwand missbraucht, lästigen Diskussionen aus dem Weg zu gehen, spielt unfair.
Wenn man merkt, dass der Partner zu platt ist zum Reden, kann man das übrigens durchaus liebevoll ansprechen und so einen gewissen Druck aufbauen, es nicht schleifen zu lassen: »Ich wünsche dir, dass du etwas tun kannst, um bald wieder in deine Kraft zu kommen. Wie kann ich dich dabei unterstützen?«
Ebenfalls tabu ist die Wiederherstellung der eigenen Kraft auf Kosten des Partners. Sich aufs Sofa packen, »Mir geht’s schlecht!« oder »Jetzt bin ich mal dran!« stöhnen und dem Partner alle Aufgaben überlassen ist kein akzeptabler Weg. Das hieße, sich die Luft beim anderen zu pumpen. Es muss aber frische Luft von außen in den Reifen kommen. Und man muss sich die Energie durch eigene Aktivitäten holen und nicht durch »Mitfahren« beim Partner, weil man ihm das Treten so noch schwerer macht. Beziehungsglück lässt sich aber nie erreichen, wenn bei beiden die Luft raus ist. Also: Fahrt mal getrennt in Urlaub oder auf Kur, wenn möglich. Fang an Sport zu treiben. Such dir einen Chor. Tu etwas für deine Energietanks – und komm dann zurück an den Tisch mit der Kommunikationskerze und dem Indianischen Redestab. Die Partnerin wird es dir danken.
Der normale Bürowahnsinn sieht ja vielfach so aus: Du kommst morgens frohgemut zur Arbeit und weißt, dass heute drei wichtige Aufgaben anstehen, dazu der übliche Kleinkram. Binnen einer Stunde ergeben sich aus den neuen Mails und den Anrufen und Besuchen der Kolleg:innen und Vorgesetzten (»asap«) siebzehn weitere Dinge, die unbedingt bis zum Abend erledigt sein sollen. Während des Tages wirst du permanent von der Arbeit abgehalten, weil es mal wieder zugeht wie in einem Taubenschlag: Sitzungen, Anrufe, »Nur mal ganz kurz«-Kollegenbesuche, dazu die Pausen und … WhatsApp. Und wenn du abends nach zwei Überstunden völlig geschafft nach Hause gehst, sind die drei Aufgaben vom Morgen weiterhin unerledigt – und einige weitere noch dazugekommen. Du erstickst förmlich in unerledigter Arbeit.
Wie organisierst du in diesem Chaos deine Aufgaben – und zwar so, dass du nicht entmutigt wirst durch die schiere Menge? Viele arbeiten mit To-do-Listen, auf denen sie durchstreichen, was erledigt ist. Dieses Durchstreichen ist zwar ein befriedigender Moment – aber der wiegt den Frust darüber meistens nicht auf, dass die To-do-Liste immer länger wird und niemals abgearbeitet ist. Und solche nicht abgearbeiteten Listen reduzieren deine Selbstwirksamkeitsüberzeugung, weil du nie die positive Erfahrung machst, wirklich etwas hinzubekommen. Das frustriert und killt jegliche Motivation. Deshalb versuch es doch mal anders.
Dieser Hack ist leichter umzusetzen als auszusprechen – versprochen! Du nimmst dir nur vier Dinge vor und jede dieser Aufgaben bekommt einen eigenen kleinen Zettel. Sobald du eine Aufgabe erledigt hast, spießt du den Zettel, wie du es vielleicht von den Bons in der Gastronomie kennst, auf einen Spieß. Wenn du alle vier Aufgaben erledigt und aufgespießt hast, schreibst du dir die nächsten vier Zettel. Im Gegensatz zu klassischen To-do-Listen, auf denen du Aufgaben abhakst oder durchstreichst, um die unerledigten Teile dann am Ende des Tages auf einen neuen Zettel zu übertragen und die alte Liste wegzuschmeißen, siehst du auf dem Spieß, wie viel du wirklich schaffst: Nach einigen Tagen prangt dort ein regelrechtes Macher-Schaschlik. Das tut deiner Selbstwirksamkeitsüberzeugung gut, und das Macher-Schaschlik wird zum echten Motivations-Booster. So machst du die Erfahrung, dass du eine Menge kannst, und hast direkt vor Augen, wie gut du eigentlich bist. Das stärkt dein Selbstbewusstsein, sodass du noch sicherer an kommende Aufgaben herangehst.
Natürlich kann man sich einen Spaß daraus machen, auch kleine Dinge wie »Kantinenmenü checken« und »Papierkorb leeren« auf Schaschlik-Zettel oder auf die To-do-Liste zu packen und so öfter mal etwas zum Aufspießen oder Durchstreichen zu haben. Aber besonders effizient ist das nicht.
Wenn du dich im Laufe eines Tages nicht verzetteln und mehr schaffen willst, besorg dir eine Blanko-Postkarte, die du sichtbar am Arbeitsplatz platzierst. Auf diese Postkarte schreibst du dir die ZWEI-MINUTEN-REGEL: »Unter zwei Minuten Aufwand: sofort machen! Über zwei Minuten Aufwand: für später planen.« Bekommst du eine E-Mail oder einen Anruf und du weißt, dass das Ganze sich innerhalb von dreißig Sekunden abarbeiten lässt: dann los! Du bist ja sowieso gerade rausgerissen worden aus dem Flow. Und das soll wegen dieser Bagatelle nicht später noch ein zweites Mal passieren. Wenn die Aufgabe aber länger als zwei Minuten beansprucht, planst du sie für ein konkretes Zeitfenster zu einem späteren Zeitpunkt ein. Diese Arbeitsweise hilft dir, den Tag deutlich besser zu organisieren: Kleinere Aufgaben werden direkt aus dem Kopf gestrichen und du hast Platz für größere und wichtigere Sachen. Es wäre viel aufwendiger, alles, was man in unter zwei Minuten erledigen kann, erst aufzuschreiben und sich die ganze Zeit daran zu erinnern, als es direkt zu tun, wenn es aufpoppt.
Leider helfen beide Hacks nicht dabei, aus zwanzig Aufgaben nur noch drei zu machen. Es bleibt meist dabei, dass man mehr zu erledigen hat, als man an einem Tag schaffen kann. Deshalb gilt es, Prioritäten zu setzen. Aber wie?
Vielen bekannt sein dürfte die Regel, beim Priorisieren Wichtiges von Eiligem zu unterscheiden. Dass die Kollegin dir nur noch in den nächsten zwei Stunden Gelegenheit gibt, deine Meinung zu ihren Ideen für die Weihnachtsfeier-Deko zu äußern, bedeutet nicht, dass du dich damit jetzt beschäftigen sollst, nur weil die Auftragsbestätigung des Großkunden erst in drei Stunden fertig sein muss. Natürlich geht der Großkunde vor, und die Weihnachtsfeier wird auch ohne deinen Senf zur Deko so schön wie immer. Aber auch bei Menschen, die die Eilig-wichtig-Regel kennen, gerät die »Unbedingt sofort«-Liste oft viel zu lang. Deshalb Klartext: Eine Prioritätenliste mit mehr als drei Punkten ist keine Prioritätenliste. Also wähle die drei wichtigsten Sachen aus, arbeite sie ab, steck sie auf den Spieß – und schreib dann eine neue 3er-Liste. Bei einer 10er-Liste hingegen hast du am Ende des Tages höchstwahrscheinlich etwa sieben Aufgaben angefangen und eine oder keine abgeschlossen. Und vielleicht ist das Allerwichtigste liegen geblieben.
Eine häufige Frage von Menschen mit (zu) vielen Aufgaben ist: Womit fange ich morgens an?
Leute, die ausschließlich nach dem Lustprinzip leben, schieben den unangenehmen Anruf beim Chef meist so lange auf, bis der so richtig sauer ist. Andere leben nach dem Motto »Eat the frog in the morning«, beginnen also mit dem Schlimmsten. Ich empfehle einen Mittelweg: Fang nicht sofort mit dem Unangenehmsten an, sondern leg dir eine leichte, schnelle Sache ganz nach oben – sozusagen zum Warmlaufen und damit du mit einem Erfolgserlebnis in den Tag startest. Dann erst schluckst du die Kröte. Und wenn die weggeschafft ist, belohnst du dich wieder mit einer (relativ angenehmen) Spaßaufgabe. Durch diese »Sandwichmethode«, die die Kröte sozusagen in angenehme Aufgaben einwickelt, gehst du positiver in den Tag. Wenn du aber schon seit dem Vorabend weißt, mit welchem frustrierenden Mist dein Arbeitstag beginnen wird, hast du keinen Bock auf den Start in den Tag und schläfst eventuell schlechter.
Du gehst mit einem Bekannten die Straße entlang, als plötzlich eine Frau freudig auf dich zukommt, dich mit deinem Vornamen begrüßt und dann immer abwechselnd dich und deinen Begleiter erwartungsvoll anschaut. Du willst die beiden bekannt machen, aber dir fällt ihr Name partout nicht ein. Und du kannst schließlich nicht deinen Bekannten mit Namen vorstellen und sie nicht! Die Leere in deinem Kopf wird immer größer. Ist es eine Kollegin? Oder kennst du sie aus dem Sportverein? Aus dem Bioladen? Vom Elternabend? Verflixt!
Wer mit seinem Namen angesprochen wird, fühlt sich gesehen und wahrgenommen – und daher gut. Und wer erlebt, dass man sich nicht an seinen Namen erinnern kann, verliert ein Stück Selbstwertgefühl und Stärke. Und deshalb ist ein schlechtes Namensgedächtnis ein echter Fluch. Menschen, die davon betroffen sind, sind zum Beispiel blockiert, weil sie jemandem in unerwarteter Umgebung begegnen: etwa der Kollegin am Urlaubsstrand. Dem Fitnesstrainer bei einer Wohnungsbesichtigung. Dem Klempner beim Schulfest.
Wer sich aber Namen merken kann, wirkt auf Anhieb wertschätzender, intelligenter und sympathischer. Und jetzt die gute Nachricht: Du kannst es trainieren. Also, worauf wartest du noch?
Mit dem »Brain Booster« wird das Namenmerken zum Kinderspiel. Er ist eine Mischung aus drei einfachen Techniken der Kognitionspsychologie:
1.Du musst bewusst nach dem Namen fragen, genau hinhören und ihn auch vollständig verstehen. Notfalls fragst du nach, auch mehrfach. Das ist bei komplizierten Namen oder einer lauten Umgebung ganz normal und viel weniger peinlich als ein späteres »Hallo, äh … äh …«. Die meisten Namen vergessen wir nämlich gar nicht, sondern wir nehmen sie gar nicht erst richtig wahr.
2.Sobald du den Namen richtig verstanden und gehört hast, wiederholst du ihn direkt einige Male. »Schön, dich kennenzulernen, Jürgen! Es ist doch für dich okay, dass ich dich Jürgen nenne? Ich bin der Rolf. Jürgen, kannst du mir sagen … usw.« Die mehrfache Wiederholung verankert den Namen im Bewusstsein. Allerdings braucht es ein wenig Fingerspitzengefühl, damit du es nicht übertreibst und aufdringlich wirkst. Oder jeder merkt, dass du gerade eine mnemotechnische Übung durchziehst – so heißen Gedächtnistechniken.
3.Mit dem letzten Schritt wird der Name unvergesslich. Du überlegst, wen du kennst, der auch so heißt. Und in der Fantasie heftest du ein Foto des Namensvetters an die Brust des neuen Bekannten. Auf diese Weise wird der Name noch auf anderer Ebene verankert. Selbst wenn du den Namen der frischen Begegnung eine Stunde später nicht mehr nennen könntest: Der Brust-Button mit dem Foto des Namensvetters wird zur perfekten Gedächtnisstütze. Sobald du den Menschen siehst, fällt dir der Name mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder ein. Weil dir dein gleichnamiger Studienfreund vor das innere Auge tritt. Dieser Tipp hilft vor allem denjenigen, die sehr bildhaft denken.
Noch mal zusammengefasst, falls du es nur überflogen oder schon wieder vergessen hast: den neuen Namen bewusst wahrnehmen, ihn mehrfach wiederholen und ihn mit dem Bild eines vertrauten Namensvetters verbinden. So schnell wird man zum Mega-Hirn! Übrigens: Wenn ich Seminare mit bis zu zwanzig Teilnehmern leite, helfen mir diese Techniken dabei, alle Namen bereits nach der Vormittagsrunde sicher zu kennen, was regelmäßig für Verwunderung sorgt. Und die Leute positiv für mich einnimmt.