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...“aber trotzdem ist der Dienst an den Kranken wohl der herrlichste, den es gibt.“. Fremdes und Vertrautes, das waren lebensbestimmende Motive der Basler Missionskrankenschwestern, die als unverheiratete Frauen einen Teil ihres Lebens in fernen Ländern verbrachten und Grenzen überschritten, in einer Zeit, in welcher der Grenzstein für Frauen genau markiert war. Mutig und entschlossen stellten sie sich den Herausforderungen im fremden Land und wurden in der Regel auch nicht enttäuscht, im Gegenteil sie vollbrachten “aussergewöhnliches”. Dieses Quellenbuch eröffnet den Zugang zu diesem wichtigen kapitel der Pflegegschichte. Gleichzeitig mit den missionarischen Quellen werden Originaltexte über die krankenpflegerische Tätigkeit von Missionskrankenschwestern vorgestellt. In der Tat sind entsprechende Untersuchungen zu diesem Thema bis heute rar. Trotz des expliziten Bezuges zu Missionskrankenschwestern geht es nicht eigentlich darum, ausschliesslich „Frauenquellen“ darzustellen. Der Zugang zu den Frauen erschliesst sich vielmehr auf indirektem Weg über die Männer; deshalb werden „Männerquellen“ genauso berücksichtigt. Somit geben die hier ausgewählten, verschiedenen Originaldokumente einen guten Einblick in die Geschichte und den Werdegang von Missionskrankenschwestern. Das Buch eignet sich hervorrragend für die Arbeit in Wissenschaft, Schule und Ausbildung.
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Seitenzahl: 156
Veröffentlichungsjahr: 2014
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ORWORT
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INLEITUNG
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INWEISE ZUR BENUTZUNG
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INFÜHRUNG IN DIE
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1. Für und wider die Frauenmission
2. Protokollsitzung des Komites vom Mittwoch, 17. Januar 1894
3. Königl. Württembg. Landes-Hebammenschule
4. Fräulein L. Müller, Kalikut, den 25. März 1903
5. Jahresbericht von Sophie Hertlein, Februar 1907
6. Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat
7. An das Missionskomitee in Basel, September 1908
8. Fräulein Adèle Verdan, Bonaku, den 3. April 1909
9. Mohammedanische Dankbarkeit
10. Fräulein Marie Geiger, Kalikut, 21. Oktober 1909
11. An das Missionskomitee in Basel, Dezember 1909
12. Aus dem Bericht von Frl. E. Lempp in Bettigeri (Indien)
13. Brief von Fräulein Emma Lempp aus Bettigeri, 8. Februar 1911
14. Zeugnis der königl. Württembergischen Landeshebammenschule
15. Goldküste
16. Brief von Fräulein Adele Verdan, Aburi, den 26. März 1912
17. Brief von Mina Bahlinger an den Missionsinspektor
18. Blick in ein afrikanisches Missionsspital
19. Die ärztliche Mission in Bali
20. Fräulein Mina Föll, Bonaku, 16. Juli 1913
21. Fräulein Mina Bahlinger, Bettigeri, den 15. Januar 1914
22. Lebenslauf von Elisabeth Niederhäuser
23. Die Arbeit der ärztlichen Missionsschwester und ihrer Gehilfinnen in Indien
24. Verlobungserlaubnis
25. Instruktionen für die zum zweitenmal aufs Missionsfeld aber zum erstenmal nach China ausreisende Schwester Anna Hetzler, Basel, den 23. Januar 1924
26. Gesuch zur Heimkehr
27. Auszug aus einem Brief von Schwester Christina Bauer
28. Nachruf von Elisabeth Weinbrenner, geb. Niederhäuser
29. Das missionsärztliche Personal
30. Die Schwesternausbildung
31. Arbeitszeugnis
32. Als die Boten, die Frieden verkündigen
33. Brief aus dem Missionsspital in Calicut an den Direktor in Basel, 11. August 1930
34. Brief aus dem Missionsspital in Calicut an den Direktor in Basel, 8. Juni 1930
35. Brief aus dem Missionsspital in Calicut an den Direktor in Basel, 29. Juni 1931
36. Brief aus Koeala Kapoeas, 13. Januar 1932
37. Eine Munschi-Stunde
38. An das Borneo-Inspektorat
39. Vom Missions=Spital in Agogo (Goldküste)
40. Not und Hilfe bei unsern schwarzen Kranken
41. Heidnischer Aberglaube
42. Diakonissendienst in Indien
43. Ein Chinesenkind kommt zur Welt
44. Einiges über die Zusammenarbeit mit inländischem Personal
45. Schwesternhilfe auf engstem Raum
46. Die Ausbildung von eingeborenen Krankenpflegern und –pflegerinnen
K
URZBIOGRAFIEN DER ERWÄHNTEN
M
ISSIONSKRANKENSCHWESTERN
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UELLENNACHWEIS
Die Erforschung der Geschichte der christlichen Mission in aussereuropäischen Ländern hat sich in den letzten Jahren rasch entwickelt. Welche Relevanz missionswissenschaftliche Forschung - insbesondere die von Missionarinnen und Missionaren hinterlassenen Schriften - hat, zeigen zahlreiche bereits erschienene Publikationen. Mit diesem Quellenbuch liegt ein weiteres Beispiel für die hohe Qualität und Anzahl derjenigen Quellen vor, welche die überseeische, historisch orientierte Forschung betreffen. Die entsprechenden Texte haben bis heute in den europäischen Archiven der Missionsgesellschaften geschlummert, und werden nun einem breiteren Publikum zugänglich gemacht.
Gleichzeitig mit den missionarischen Quellen werden Originaltexte über die krankenpflegerische Tätigkeit von Missionskrankenschwestern vorgestellt. In der Tat sind entsprechende Untersuchungen zu diesem Thema bis heute rar. Trotz des expliziten Bezuges zu Missionskrankenschwestern geht es nicht eigentlich darum, ausschliesslich „Frauenquellen“ darzustellen. Der Zugang zu den Frauen erschliesst sich vielmehr auf indirektem Weg über die Männer; deshalb werden „Männerquellen“ genauso berücksichtigt.
Somit geben die hier ausgewählten, verschiedenen Originaldokumente einen guten Einblick in die Geschichte und den Werdegang von Missionskrankenschwestern.
Dieses Buch enthält interessante Briefe, Berichte, Nekrologe, Zeugnisse und Protokolle, welche die krankenpflegerische und missionarische Tätigkeit von europäischen Missionskrankenschwestern in Übersee beschreibt. Diese unverheirateten Krankenschwestern waren um die Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Jahrhundert für die Basler Mission in China, Indien, Kalimantan sowie Ghana und Kamerun tätig.
Die Leserin und der Leser erfahren aus den Textquellen genaueres über die Herkunft und die Motivation der Missionskrankenschwestern bis hin zu deren Arbeits- und Lebensweise im fremden Land. Da die Missionskrankenschwestern im Missionsgebiet lebten und arbeiteten, hatten sie sehr nahen Kontakt zur einheimischen Bevölkerung. Wie schwierig und zum Teil auch gefährlich ihr Arbeitsalltag aussah, geht ebenfalls aus dem Quellenmaterial hervor. Trotz allem liessen sich die ledigen Frauen bewusst in ein fremdes Land aussenden, um krankenpflegerische und evangelische Arbeiten unter den indigenen Menschen aufzubauen oder fortzuführen. Die vorliegenden Quellen geben zum einen Auskunft über einen bisher beinahe unerforschten Frauenberuf, zum anderen führen sie in ganz andere Kulturen und in das jeweilige zeitgenössische und politische Geschehen ein. Sie sollen daher nicht nur als Literaturhinweise verstanden werden, sondern auch zum weiteren Studium anregen.
Die im Quellenteil aufgenommenen Texte sind chronologisch aufgelistet. Das zum Teil handschriftliche Quellenmaterial wurde von der Herausgeberin aus der alten deutschen Schrift in unsere heutige Schrift übersetzt. Eigennamen (also Personen- oder Ortsnamen) werden in der Originalform wiedergegeben. Existieren von einem Namen mehrere Originalformen, werden diese angegeben. Die Texte wurden in ihrer eigenen Sprachgestalt, ihrer literarischen Ausformung und Diktion wiedergegeben. Dies mag gelegentlich erhöhte Anforderungen an die Leserin und den Leser stellen, bzw. zu gewissen Verständnisschwierigkeiten führen. Wo hingegen eine kurze Erklärung im Hinblick auf das Textverständnis notwendig erscheint, wird eine solche in eckigen Klammern [...] eingefügt. In runden Klammern (...) stehen hingegen solche Sätze, die auch im Originaltext in Klammern gesetzt sind. Treten Sperrungen oder Hervorhebungen in den Texten selbst auf, so sind diese jeweils aus der Quelle übernommen worden. Es sind also in keinem Fall Hinzufügungen der Herausgeberin.
Das handschriftliche und maschinengeschriebene Quellenmaterial, auf welchem das vorliegende Buch beruht, stammt aus dem Archiv der Basler Mission. Die Archivalien umfassen einen Zeitraum zwischen 1884 und 1938.
Die Quellen gliedern sich in Verordnungen, Komiteeprotokolle und Korrespondenz, die sich in den Personalakten der Basler Missionarinnen befinden. Das sogenannte Schwesternverzeichnis umfasst sämtliche Personalakten der Basler Missionarinnen. Hierin befindet sich die gesamte offizielle Korrespondenz zwischen den Missionarinnen und dem Leitungsgremium der Basler Mission.
In den Komiteeprotokollen wurde jede Sitzung des Komitees, der Leitung der Basler Mission, festgehalten.
Als weitere Textquellen finden sich Berichte und Briefe von Missionskrankenschwestern, welche in den Zeitschriften „Mitteilungen aus der Basler Frauenmission” - ab 1929 „Unser Dienst in der Mission. Monatsblatt der Frauenmission” - und dem „Evangelischen Missionsmagazin“, sowie dem „Verein für ärztliche Mission“ herausgegeben wurden.
Zudem finden sich Nachrufe, die zwischen 1932 und 1934 in der Hauszeitung der Basler Mission, dem „Evangelischen Heidenboten“, erschienen sind.
Für und wider die Frauenmission
Protokollsitzung des Komites vom Mittwoch, 17. Januar 1894
Königl. Württembg. Landes-Hebammenschule
Fräulein L. Müller, Kalikut, den 25. März 1903
Jahresbericht von Sophie Hertlein, Februar 1907
Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat
An das Missionskomitee in Basel, September 1908
Fräulein Adèle Verdan, Bonaku, den 3. April 1909
Mohammedanische Dankbarkeit
Fräulein Marie Geiger, Kalikut, 21. Oktober 1909
An das Missionskomitee in Basel, Dezember 1909
Aus dem Bericht von Frl. E. Lempp in Bettigeri (Indien)
Brief von Fräulein Emma Lempp aus Bettigeri, 8. Februar 1911
Zeugnis der königl. Württembergischen Landeshebammenschule
Goldküste
Brief von Fräulein Adele Verdan, Aburi, den 26. März 1912
Brief von Mina Bahlinger an den Missionsinspektor
Blick in ein afrikanisches Missionsspital
Die ärztliche Mission in Bali
Fräulein Mina Föll, Bonaku, 16. Juli 1913
Fräulein Mina Bahlinger, Bettigeri, den 15. Januar 1914
Lebenslauf von Elisabeth Niederhäuser
Die Arbeit der ärztlichen Missionsschwester und ihrer Gehilfinnen in Indien
Verlobungserlaubnis
Instruktionen für die zum zweitenmal aufs Missionsfeld aber zum erstenmal nach China ausreisende Schwester Anna Hetzler, Basel, den 23. Januar 1924
Gesuch zur Heimkehr
Auszug aus einem Brief von Schwester Christina Bauer
Nachruf von Elisabeth Weinbrenner, geb. Niederhäuser
Das missionsärztliche Personal
Die Schwesternausbildung
Arbeitszeugnis
Als die Boten, die Frieden verkündigen
Brief aus dem Missionsspital in Calicut an den Direktor in Basel, 11. August 1930
Brief aus dem Missionsspital in Calicut an den Direktor in Basel, 8. Juni 1930
Brief aus dem Missionsspital in Calicut an den Direktor in Basel, 29. Juni 1931
Brief aus Koeala Kapoeas, 13. Januar 1932
Eine Munschi-Stunde
An das Borneo-Inspektorat
Vom Missions=Spital in Agogo (Goldküste)
Not und Hilfe bei unsern schwarzen Kranken
Heidnischer Aberglaube
Diakonissendienst in Indien
Ein Chinesenkind kommt zur Welt
Einiges über die Zusammenarbeit mit inländischem Personal
Schwesternhilfe auf engstem Raum
Die Ausbildung von eingeborenen Krankenpflegern und –pflegerinnen
(Evangelisches Missionsmagazin, 1884, S. 184-185)
„Sollte man aber etwa daran denken, eine zukünftige Zenanamissionsjungfrau in einem Missionsspital zu beschäftigen, so würde dies wiederum mehr zu einer Umgehung als zur Erreichung der Heidenfrauen führen. Ich will nicht davon reden, dass man in den ca. 12 Spitälern, die jetzt schon in Malabar existieren, fast nur männliche Krankenpfleger und Diener anstellt und anstellen kann. Auch in einem Missionsspital, wo männliche und weibliche Kranke sind, gienge die Anstellung von europäischen Jungfrauen absolut (?) nicht an. Man müsste ein Spital speziell für Frauen einrichten und NB. in jedem Fall die Medizin, Kost usw., sowie jetzt die Regierung auch thut, gratis verabreichen, um überhaupt Patienten zu kriegen. Allein, weshalb soll man unseren weiblichen Gemeindegliedern die Gelegenheit abschneiden, sich und den Christen unter einander auch durch Krankenpflege Handreichung zu thun! Sobald es die Europäer thun, halten sich die schwarzen Christen erfahrungsgemäss dieser Pflicht für entbunden.
Ein Missionsspital aber, würde eben ohne allen Zweifel eine neue Auflage der Gemeindeunterstützung und Armenversorgung werden und vielleicht auch eine Taufbewerbermaschine für das zweite Jahrhundert unsrer indischen Mission. Da würde es eben viele kranke oder krank sein wollende Gemeindeglieder oder Taufbewerber geben, welche in Krankenhaus und Armenhaus nebst Medizin auch Nahrung, Kleidung, Obdach und ein bequemes Leben von der Mission erhalten wollen. Man würde wohl dieselben Erfahrungen machen, die man auch in der Missionsökonomie gemacht hat. Dass sonach ein deutsches Fräulein sich bei solcher Art von Zenanamissionsarbeit nicht befriedigt fühlen könnte und sich möglichst bald hinaussehnen würde, bedarf wohl keines Beweises.“
(Archiv Basler Mission: Komiteeprotokoll vom 17. Januar 1894, § 35)
Frl. Vogel Stuttgart 12. I; vgl. § 3 Bruder Schulers Braut spricht selber die Bereitwilligkeit aus, einen geburtshilflichen Kurs mitzumachen, was das Komite begrüsst.
Bei diesem Anlass werden die prinzipiellen Gedanken über die Teilnahme von Bräuten an solche Kurse ausgetauscht, und Inspektor beantragt, den Entwurf eines zu druckenden Schriftstücks auszuarbeiten, worin die Stellung des Komites zu den geburtshilflichen Kursen wiederlegt ist. Es wird darin auszuprobieren sein, 1) wie wichtig es ist, dass Missionsfrauen sowohl den europäischen Schwestern als auch den eingeborenen Frauen bei Geburten die oft für Leben oder Tod entscheidende Hilfe leisten können; 2) dass aber, wie das Komite völlig ausklemmt, nicht jedes Mädchen die richtige körperliche Kraft und innere Freudigkeit für diese Sache besitze und es daher jeder Braut freistehen solle, sich die allerdings sehr wünschenswerte Hebammenausbildung zu erwerben oder nicht.
(Archiv Basler Mission: Schwesternverzeichnis Nr. 46/Mathilde Kalmbach)
Königl. Württembg. Landes-Hebammenschule
Nachdem die Hebammenschülerin Mathilde Kalmbach von Überberg, o/a Nagold einen vollständigen Unterrichtskurs in der Hebammenkunst an der Lehranstalt zu Stuttgart durchgemacht hat u. auch über die Pflichten u. das Verhalten der Hebammen in ihrem Dienste gehörig belehrt worden ist, hat sie bei der am 27. u. 28. Januar bestandenen Prüfung
im theoretischen Teil: sehr gute Kenntnisse
im praktischen Teil: sehr gute Kenntnisse gezeigt,
im Betragen das Zeugnis sehr gut
im Fleiss das Zeugnis sehr gut erhalten.
Derselben wird hiernach das Zeugnis I. Klasse erteilt u. sie zur Übung der Hebammenkunst in ihrem ganzen Umfang ermächtigt, ihr die Erlaubnis erteilt, auf ärztliche Verordnung beim weiblichen Geschlecht zu schröpfen.
Stuttgart, d. 31. Januar 1898
Mitglied des Medizinischen Kollegiums: — Direktor:
gez. Kocher — gez. Dr. Walcher
(Archiv Basler Mission: Y. 5: Mitteilungen aus der Basler Frauenmission, Nr. 4, Juli 1903, S. 60-62)
Habe ich morgens 9 Uhr meinen Munschi absolviert, so greife ich flugs nach meinem Sonnenhut und gehe hinüber in unsern Spital. Die Arbeit ist schon in vollem Gange, und es ist ein buntes Bild, das sich mir bietet. Die Veranda ist voll von Männern, Frauen und Kindern jeden Alters, die alle auf Linderung ihrer Schmerzen und Heilung ihrer Gebrechen warten. Aber es kann eben nur eins ums andere untersucht und beraten werden, und immer strömen wieder neue Leute herein, so dass es für manche eine lange Wartezeit gibt. Aber diese Wartezeit sollte den Leutchen nicht gar so lästig sein, steht doch den Männern, unser lieber alter Katechist, der sie mit ganzem Eifer und aller Freundlichkeit einladet, zum Wunderarzt Jesus zu kommen, um bei ihm Heilung und Frieden für Leib und Seele zu finden. Zu den Frauen hat sich unsere bewährte Bibelfrau Maria gesetzt. Sie liest ihnen eine biblische Geschichte vor, die sie nachher mit beredeter Zunge auslegt.
Ich lasse meine Augen über die bunte Gesellschaft schweifen, um zu sehen, wo meine Hilfe am nötigsten ist. Gerade vor dem Eingang ins Konsultationszimmer ist von aussen her eine Tragbahre angelehnt. In dieser haben vier Männer ein etwa 6jähriges Büblein gebracht. Als sie es das erste Mal brachten, war sein Körperchen dick mit Wasser angefüllt, die Beine fest geschwollen, die Arme hingegen wie ein paar dünne Stecken an den unförmigen Körper, und das Gesichtchen sah so elend aus. Das Kind wurde jeden zweiten Tag gebracht, und nun hat sich das Wasser fast verloren, die Beine sind lange nicht mehr so geschwollen, und der kleine Bursche sieht viel heller aus seinen Augen. Die Leute sind so dankbar. Einmal brachten sie einen Korb Gemüse, und neulich kam der Vater mit einem lebendig eingefangenen Hasen an einer Schnur.
Dann sind auch noch zwei ganz Kleine da. Das eine hat einen Abszess am Hinterkopf, das andere einen unter dem Arm. Da gibt es natürlich herzzerreissendes Geschrei und Gestrampel, bis der Verband sitzt; wissen doch die kleinen Patienten auch gar nicht, warum die bösen Leute sie so plagen. Doch bald sind sie getröstet und werden von ihren zärtlichen Müttern geliebkost und heimgetragen.
Nun ist mein kleines Zimmer auf einmal leer, aber draussen auf der Veranda sind noch viele. Dort steht ein 10-jähriger Bub mit seiner Mutter. Er hat sich die Schulter ausgerenkt, und ausserdem hat er noch ein Geschwür unter dem Arm. Da ist ein anderer kleiner Junge, dem beim Spielen ein Auge schwer verletzt worden ist. Er ist ein tapferer kleiner Bursche und zuckt nie beim Verbinden. Ja wenn man an ihm vorbeigeht, strahlt er einen mit dem unverbundenen Auge glücklich an. Das arme Kind weiss nicht, dass das eine Auge wahrscheinlich verloren ist.
Mein kleiner Musikmeister ist auch da und thront auf Grossmutters Hüfte. Er ist ein herziger, zehn Monate alter Junge, der wegen seiner krummen Füsschen wohl zwei Monate im Spital war. Da hat er dann gar oft meiner Gehilfin, die im Spital ihr Zimmer hat, ein langes Schlaflied gesungen, wofür sie ihm jenen Schmeichelnamen gab. Und der Musikmeister ist er geblieben. Aber trotz allem Schreien ist er mein erkorener Liebling. Wenn einen der kleine schwarze Lockenkopf mit den schwarzen Augen so herzig ansieht, so muss man ihn lieb haben. Er war ja auch lange bei uns, bis seine operierten Füsschen heil waren. Die Grossmutter bringt ihn noch alle paar Tage, denn der kleine Mann hat Husten und Fieber. Überhaupt wird er, seit er daheim ist, immer elender, dass man ihn am Ende wieder ins Spital nehmen muss.
Wenn ich zwischen dem Verbinden Zeit habe, so gehe ich hinüber in unser Frauenspital, Bethlehem, um die Frauen fertig zu machen und meine kleinen braunen Kindchen zu baden. Es sind selten mehr als zwei Frauen auf einmal da.
Gegen ½12 Uhr lichtet sich allmählich das Getriebe auf der Veranda. Doch was kommt denn dort noch? Am Ende ein Schwerkranker? Was wollen wohl all die vielen Leute? Zwölf erwachsene Männer bringen einen Knaben, der aber nicht sterbenskrank ist, sondern stramm an seines Vaters Hand einhergeht. Er hat nur einen Polypen in der Nase, der bald entfernt ist, und fröhlich zieht er mit seiner Eskorte wieder ab.
Jetzt ist die Veranda ganz leer, und wir verlassen den Schauplatz unserer Morgenarbeit und gehen zum Frühstück. Nachmittags von 3 Uhr an ist das Spital wieder offen für Hilfsuchende von auswärts, doch kommen nicht so viele wie am Morgen. Die Zahl der täglichen Patienten schwankt zwischen 100 und 150.
Es ist eine herzerfreuende Arbeit und trägt manch freundliches Salim ein. Doch ist das, will’s Gott, nicht das einzige Resultat unserer Arbeit, sondern dass alle die vielen, die hilfsuchend hierher kommen, eine Ahnung bekommen und ein Verlangen nach dem Herrn, der unser Licht und Leben, unsere Freude und Trost, unser Erlöser, unser Ein und Alles ist. Das ist die Frucht, die wir von unserer Arbeit wünschen und erbitten.
(Archiv Basler Mission: Jahresbericht von Sophie Hertlein, Aburi, den 6. Februar 1907, D-1,86-12)
Bald bin ich ein und ein halbes Jahr hier auf der Goldküste in meiner Arbeit, über die ich in den folgenden Zeilen einiges berichten will.